BEI FREUNDEN VAN GOGHS IN ARLES
REISEERINNERUNGEN VON
MAX BRAUMANN
f^\er Maler Vincent van Gogh war von so tiefer
Verehrung für die japanische Kunst erfüllt*,
daß er den Plan faßte, nach Japan zu reisen, um
dort an den Quellen Anregung und Befruchtung
für sein Schaffen zu empfangen. Aber schon in
Arles, vermutlich auf der Fahrt nach der Hafen-
stadt Marseille, verzichtete er auf dieses abenteuer-
liche Unternehmen, zu dessen Durchführung ihm
die nötigen Geldmittel fehlten.
Wie er seinem späteren Freund Serret erzählte,
wollte er in Arles zunächst nur kurz seine Fahrt
unterbrechen. Aber der leuchtende Himmel der
Provence ließ ihn nicht mehr los, und so beschloß
er, zu bleiben und sich mit den vielfältigen Problemen
auseinanderzusetzen, die dort auf ihn einstürmten.
* Er schrieb seinem Bruder Theo aus Arles: „Ich glaube
bestimmt, daß ich immer die hiesige Natur lieben werde.
Es geht einem wie mit der japanischen Kunst: Liebt man
sie einmal, so kommt man nicht mehr davon los."
Mehr einem Zufall als vorgefaßter Absicht Vin-
cents dankt also die Stadt Arles ihre Verknüpfung
mit dem Leben und dem Werk van Goghs.
Wenn man heute in Arles Umfrage hält, wird
man kaum eine Spur dankbarer Erinnerung an den
großen Maler entdecken. Nur wenigen ist sein
Name bekannt; und diesen auch mehr der bizarren
Äußerlichkeiten seines Lebens wegen. Unser Wirt,
der vortreffliche und geschätzte Kochkünstler
Thevot, erzählt uns, es habe schon einmal ein
deutscher Maler nach dem „verrückten Sonder-
ling" Nachforschungen angestellt, dessen Malereien
jetzt mit Gold aufgewogen würden. Das beste sei es
wohl, den Arzt Dr. Rey aufzusuchen, der draußen
in der Rue du pont, kurz vor der Brücke nach
der Vorstadt Trinquetaille, seine Praxis ausübe.
Derselbe habe seines Wissens van Gogh persön-
lich gekannt und ihm ärztlichen Beistand ge-
leistet.
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REISEERINNERUNGEN VON
MAX BRAUMANN
f^\er Maler Vincent van Gogh war von so tiefer
Verehrung für die japanische Kunst erfüllt*,
daß er den Plan faßte, nach Japan zu reisen, um
dort an den Quellen Anregung und Befruchtung
für sein Schaffen zu empfangen. Aber schon in
Arles, vermutlich auf der Fahrt nach der Hafen-
stadt Marseille, verzichtete er auf dieses abenteuer-
liche Unternehmen, zu dessen Durchführung ihm
die nötigen Geldmittel fehlten.
Wie er seinem späteren Freund Serret erzählte,
wollte er in Arles zunächst nur kurz seine Fahrt
unterbrechen. Aber der leuchtende Himmel der
Provence ließ ihn nicht mehr los, und so beschloß
er, zu bleiben und sich mit den vielfältigen Problemen
auseinanderzusetzen, die dort auf ihn einstürmten.
* Er schrieb seinem Bruder Theo aus Arles: „Ich glaube
bestimmt, daß ich immer die hiesige Natur lieben werde.
Es geht einem wie mit der japanischen Kunst: Liebt man
sie einmal, so kommt man nicht mehr davon los."
Mehr einem Zufall als vorgefaßter Absicht Vin-
cents dankt also die Stadt Arles ihre Verknüpfung
mit dem Leben und dem Werk van Goghs.
Wenn man heute in Arles Umfrage hält, wird
man kaum eine Spur dankbarer Erinnerung an den
großen Maler entdecken. Nur wenigen ist sein
Name bekannt; und diesen auch mehr der bizarren
Äußerlichkeiten seines Lebens wegen. Unser Wirt,
der vortreffliche und geschätzte Kochkünstler
Thevot, erzählt uns, es habe schon einmal ein
deutscher Maler nach dem „verrückten Sonder-
ling" Nachforschungen angestellt, dessen Malereien
jetzt mit Gold aufgewogen würden. Das beste sei es
wohl, den Arzt Dr. Rey aufzusuchen, der draußen
in der Rue du pont, kurz vor der Brücke nach
der Vorstadt Trinquetaille, seine Praxis ausübe.
Derselbe habe seines Wissens van Gogh persön-
lich gekannt und ihm ärztlichen Beistand ge-
leistet.
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