DIE GEFÄLSCHTE KUNST
EXPERTISEN — RESTAURIERUNGEN — FÄLSCHUNGEN
I
T^\ie Expertise ist eines der Symptome der börsen-
mäßigen Gestaltung des Kunstmarktes. Wie
man Aktien, kauft, ohne etwas von dem Unter-
nehmen zu wissen, das der Name deckt, so kauft
man Echtheitsbescheinigungen nur auf den Namen
hin, dessen Marktbewertung man aus den Kurs-
berichten der Auktionsergebnisse kennt. Das Bild
ist Nebensache. Es wird wenig nützen, den Samm-
lern zu predigen, sie sollten ihren eigenen Augen
trauen, und man kann ihnen keinen schlechteren
Rat geben, sofern eben diesen Augen nicht zu
trauen ist. Vielleicht wird die Klarstellung, die in
diesen Blättern versucht wurde, manchem die
Augen öffnen, nicht für die Kunst, aber für den
Irrtum, in dem er sich befand, wenn er mit einer
Expertise auf den Namen Rembrandt oder Dau-
mier einen bestimmten Anteil auf das von diesen
Meistern in Form von Bildern hinterlassene Kapital
zu erwerben glaubte. Im übrigen verdient ein
solcher Käufer nicht mehr Mitleid als ein Börsen-
spekulant, der sein Geld verliert und gewöhnlich
für den Spott nicht zu sorgen hat. Schuld haben
immer die Betrogenen, weil sie die Dummen waren.
So lange sie an ihren Zettel glauben, sind sie glück-
lich, und es wäre schade, wenn sie einen echten
Corot besäßen, da ihnen der falsche genügt. Die
Expertisen aber werden an Wert erst dann ver-
lieren, wenn die Käufer von Kunstwerken nicht
mehr Kapitalanlage, sondern Befriedigung eines
ästhetischen Bedürfnisses suchen. Im übrigen ist
die Expertisenkrankheit nicht neu. So lange es
Sammler gibt, hat man ihnen minderwertige Kunst-
werke unter großen Namen angehängt. Die alten
Kataloge berühmter Kunstsammlungen enthalten
Beispiele zur Genüge. Neu ist lediglich die wissen-
schaftliche Form stilkritischer Bestimmung, deren
hypothetischer Charakter vielfach verkannt wird.
Gegen Expertisen kämpfen, heißt das Ideal eines
201
EXPERTISEN — RESTAURIERUNGEN — FÄLSCHUNGEN
I
T^\ie Expertise ist eines der Symptome der börsen-
mäßigen Gestaltung des Kunstmarktes. Wie
man Aktien, kauft, ohne etwas von dem Unter-
nehmen zu wissen, das der Name deckt, so kauft
man Echtheitsbescheinigungen nur auf den Namen
hin, dessen Marktbewertung man aus den Kurs-
berichten der Auktionsergebnisse kennt. Das Bild
ist Nebensache. Es wird wenig nützen, den Samm-
lern zu predigen, sie sollten ihren eigenen Augen
trauen, und man kann ihnen keinen schlechteren
Rat geben, sofern eben diesen Augen nicht zu
trauen ist. Vielleicht wird die Klarstellung, die in
diesen Blättern versucht wurde, manchem die
Augen öffnen, nicht für die Kunst, aber für den
Irrtum, in dem er sich befand, wenn er mit einer
Expertise auf den Namen Rembrandt oder Dau-
mier einen bestimmten Anteil auf das von diesen
Meistern in Form von Bildern hinterlassene Kapital
zu erwerben glaubte. Im übrigen verdient ein
solcher Käufer nicht mehr Mitleid als ein Börsen-
spekulant, der sein Geld verliert und gewöhnlich
für den Spott nicht zu sorgen hat. Schuld haben
immer die Betrogenen, weil sie die Dummen waren.
So lange sie an ihren Zettel glauben, sind sie glück-
lich, und es wäre schade, wenn sie einen echten
Corot besäßen, da ihnen der falsche genügt. Die
Expertisen aber werden an Wert erst dann ver-
lieren, wenn die Käufer von Kunstwerken nicht
mehr Kapitalanlage, sondern Befriedigung eines
ästhetischen Bedürfnisses suchen. Im übrigen ist
die Expertisenkrankheit nicht neu. So lange es
Sammler gibt, hat man ihnen minderwertige Kunst-
werke unter großen Namen angehängt. Die alten
Kataloge berühmter Kunstsammlungen enthalten
Beispiele zur Genüge. Neu ist lediglich die wissen-
schaftliche Form stilkritischer Bestimmung, deren
hypothetischer Charakter vielfach verkannt wird.
Gegen Expertisen kämpfen, heißt das Ideal eines
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