FKRDINAND VON RAYSKI, FREIIN ISIDORA VON FRIESEN
BERLINER PRIVATBESITZ
ERINNERUNG AN FERDINAND VON RAYSKI
VON
ERHARD GÖPEL
In einer Alt-Berliner Wohnung fand sich zwischen Aqua-
rellen Hildebrands, Miniaturen und alten Photographien
das von Ferdinand von Rayski gemalte Bildnis der Isidore
von Friesen. In der Biographie Grautoffs wird es nach dem
Katalog der Arnoldschen Ausstellung (1907, Nr. 42) als ver-
schollen aufgeführt. Ein Ölbild mittlerer Größe (41 : 23,5)
trägt das Porträt keine Signatur, nur auf der oberen Leiste
des Keilrahmens die Bemerkung: „Isidore v. Friesen", unten
„v. Rayski". Durch die leichte Wendung des Körpers, die
sanfte Neigung des Kopfes ist eine Belebung der Vorder-
ansicht erreicht. Das weiße Biedermeierkleid mit den bauschi-
gen Ärmeln läßt Hals und Schultern frei, die ein weißer
Schleier umhüllt. Dunkelbraune Stecklocken rahmen das
Oval des Gesichtes, um die Lippen spielt ein leichtes Lä-
cheln, die dunkeln Augen blicken im Original heiterer als
es die Abbildung gibt. Die schmale Nase, das Kinn, die
Augen sind sicher und frei gemalt, während Mund und
leicht gerötete Wangen nicht von der Konvention abweichen.
Die etwas schwere Malerei des rosa-violetten Hintergrundes
steht im Gegensatz zu der erstaunlich freien Wiedergabe
von Schleier, Schulter und Kleid, die im Stil des späteren
Rayski gehalten sind. Von der Ausstellung bei Arnold ge-
langte das Bildnis in den Besitz der Tochter der Dargestellten,
der ich die folgenden Angaben großenteils danke.
Wegen ihrer außerordentlichen Schönheit von der Dres-
dener Hofgesellschaft gefeiert, mußte die Freiin Isidore von
Friesen dem ihr entfernt verwandten Ferdinand von Rayski
auffallen, als er nach dem Ballenstedter militärischen Inter-
mezzo 1831 wieder nach Dresden zurückkehrte. Seine finan-
zielle Situation ist im Augenblick nicht die beste, er beginnt
wieder zu malen, malt auch die schöne Isidore von Friesen,
faßt eine heftige Zuneigung und macht — so will es die
Friesensche Familientradition — einen Heiratsantrag. Der
Vater weist ihn ab: Das Malen sei schon ein schweres Brot,
was aber wenn er das Augenlicht verlöre, wo er schon jetzt
mit einem grünen Schirm (wie ihn Anton Graff auf seinem
Selbstporträt trägt) über den Augen malen müsse!" — Das
begonnene Bildnis wird nicht beendet, nie abgeliefert und
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BERLINER PRIVATBESITZ
ERINNERUNG AN FERDINAND VON RAYSKI
VON
ERHARD GÖPEL
In einer Alt-Berliner Wohnung fand sich zwischen Aqua-
rellen Hildebrands, Miniaturen und alten Photographien
das von Ferdinand von Rayski gemalte Bildnis der Isidore
von Friesen. In der Biographie Grautoffs wird es nach dem
Katalog der Arnoldschen Ausstellung (1907, Nr. 42) als ver-
schollen aufgeführt. Ein Ölbild mittlerer Größe (41 : 23,5)
trägt das Porträt keine Signatur, nur auf der oberen Leiste
des Keilrahmens die Bemerkung: „Isidore v. Friesen", unten
„v. Rayski". Durch die leichte Wendung des Körpers, die
sanfte Neigung des Kopfes ist eine Belebung der Vorder-
ansicht erreicht. Das weiße Biedermeierkleid mit den bauschi-
gen Ärmeln läßt Hals und Schultern frei, die ein weißer
Schleier umhüllt. Dunkelbraune Stecklocken rahmen das
Oval des Gesichtes, um die Lippen spielt ein leichtes Lä-
cheln, die dunkeln Augen blicken im Original heiterer als
es die Abbildung gibt. Die schmale Nase, das Kinn, die
Augen sind sicher und frei gemalt, während Mund und
leicht gerötete Wangen nicht von der Konvention abweichen.
Die etwas schwere Malerei des rosa-violetten Hintergrundes
steht im Gegensatz zu der erstaunlich freien Wiedergabe
von Schleier, Schulter und Kleid, die im Stil des späteren
Rayski gehalten sind. Von der Ausstellung bei Arnold ge-
langte das Bildnis in den Besitz der Tochter der Dargestellten,
der ich die folgenden Angaben großenteils danke.
Wegen ihrer außerordentlichen Schönheit von der Dres-
dener Hofgesellschaft gefeiert, mußte die Freiin Isidore von
Friesen dem ihr entfernt verwandten Ferdinand von Rayski
auffallen, als er nach dem Ballenstedter militärischen Inter-
mezzo 1831 wieder nach Dresden zurückkehrte. Seine finan-
zielle Situation ist im Augenblick nicht die beste, er beginnt
wieder zu malen, malt auch die schöne Isidore von Friesen,
faßt eine heftige Zuneigung und macht — so will es die
Friesensche Familientradition — einen Heiratsantrag. Der
Vater weist ihn ab: Das Malen sei schon ein schweres Brot,
was aber wenn er das Augenlicht verlöre, wo er schon jetzt
mit einem grünen Schirm (wie ihn Anton Graff auf seinem
Selbstporträt trägt) über den Augen malen müsse!" — Das
begonnene Bildnis wird nicht beendet, nie abgeliefert und
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