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DE2829142C3 - Verbesserung des Abbaus von mit toxischen Stoffen belasteten Abwässern - Google Patents

Verbesserung des Abbaus von mit toxischen Stoffen belasteten Abwässern

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DE2829142C3
DE2829142C3 DE2829142A DE2829142A DE2829142C3 DE 2829142 C3 DE2829142 C3 DE 2829142C3 DE 2829142 A DE2829142 A DE 2829142A DE 2829142 A DE2829142 A DE 2829142A DE 2829142 C3 DE2829142 C3 DE 2829142C3
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toxic substances
wastewater
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biology
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DE2829142A
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Nikolaus 6800 Mannheim Reuss
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REUSS, NIKOLAUS, 6800 MANNHEIM, DE
Original Assignee
Boehringer Mannheim GmbH
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Publication date
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    • C02TREATMENT OF WATER, WASTE WATER, SEWAGE, OR SLUDGE
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    • C02F3/1231Treatments of toxic sewage
    • CCHEMISTRY; METALLURGY
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Description

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Züchten von Bakterienpopulationen, die zum Abbau von mit toxischen Stoffen belasteten Abwässern geeignet sind, bei dem durch eine allmähliche Steigerung der einem biologischen Schlamm zugeführten Konzentrationen an toxischen Stoffen eine Selektion bestimmter Bakterienpopulationen erreicht wird.
Abwasserkläranlagen haben den Zweck, die im Abwasser enthaltene Schmutzlast durch mechanische und biologische Verfahren zu beseitigen. Bei den biologischen Reinigungsverfahren unterscheidet man zwischen dem aeroben Verfahren, bei dem die Verunreinigungen in Bakterienzellen mit Hilfe von Sauerstoff abgebaut werden, und dem anaeroben Verfahren, bei dem die organischen Bestandteile der Abwasserschmutzlast ohne Sauerstoffzufuhr umgesetzt werden, wobei hauptsächlich Methangas entsteht.
Es handelt sich in beiden Fällen im biologische Prozesse mit Bakterienmischkulturen, die sich der Schmutzwasserbelastung der jeweiligen Kläranlage in gewissem Grad anpassen, jedoch sehr empfindlich gegenüber einigen chemischen Substanzen reagieren. In allen bekannten Fällen wird vom Betreiber der Kläranlage durch verbindliche Auflagen verlangt und durch strenge Kontrollen sichergestellt, dass die Konzentrationen an toxisch wirkenden Substanzen gewisse Grenzwerte nicht überschreiten, da sonst erhebliche Störungen in der Funktion der Anlage und hohe Sachschäden entstehen. Die meisten Abwässer häuslicher und gewerblicher Art enthalten keine für eine Abwasserbiologie schädliche Stoffkonzentrationen.
In der Fachliteratur (z. B. Österr. Abwasserrundschau 1969, S. 99) werden als für den biologischen Abbau schädliche Konzentrationen an toxisch wirkenden Substanzen im Abwasser und Schlamm beispielsweise folgende Werte angegeben:
Dementsprechend schreiben die Entwässerungssatzungen aller kommunalen Kläranlagen Grenzbedingungen für das Einleiten toxischer Substanzen vor, die zwar - den lokalen Bedingungen entsprechend - untereinander abweichen, aber übereinstimmend die auf die Abwasserbiologie toxisch wirkenden Stoffe begrenzen. Einige dieser Auflagen sind als Beispiel aufgeführt:
Organische Lösungsmittel
- "keine" bzw. "nach spezieller Festlegung"
Chlorkohlenwasserstoffe
- "dürfen nicht eingeleitet werden"
Chrom[hoch]3+
- "max 3,0 mg/l"
Chlorkohlenwasserstoffe und Chrom[hoch]3+ -Ionen lagern sich im Belebtschlamm stark an und gefährden dadurch die Faulturmbiologie auch dann, wenn sie nur in relativ kleinen Mengen in den zugeleiteten Abwässern vorhanden sind.
Die chemische Industrie hat sich von Anfang an mit dem Problem, die Konzentrationen der auf die Bakterienkulturen toxisch wirkenden Stoffe unter den vorgeschriebenen Grenzwerten zu halten, auseinandersetzen müssen. Zuweilen wurden für die Abläufe einzelner Reaktionsprozesse technologisch anspruchsvolle und kostspielige Vorreinigungsstufen entwickelt, die ihre Grenzen da finden, wo die geforderten Werte verfahrenstechnisch nicht erreichbar und/oder wirtschaftlich nicht vertretbar sind. In manchen Fällen, in denen diese Grenzen überschritten werden, sind mit großem Aufwand werkseigene Kläranlagen für die Vorabbeseitigung der auf die Biologie toxisch wirkenden Stoffe errichtet worden. Bei diesen Anlagen wirkt sich auch nachteilig aus, dass auf den bewährten, leicht assimilierbaren stickstoff- und phosphorhaltigen Nährboden des häuslichen Abwassers verzichtet werden muß. Bisher ist es lediglich gelungen, Anlagen für den verhältnismäßig kostspieligen aeroben Abbau erfolgreich zu betreiben. Wegen der negativen Erfahrung mit den auf toxische Substanzen sehr empfindlichen Mikroorganismen wurde die Entwicklung anaerober Abbaustufen nicht mehr verfolgt. Es ist keine Anlage einer Gemeinde oder der chemischen Industrie bekannt, die mit Erfolg mit chemischen, spezifisch toxischen Stoffen belastete Abwässer auch anaerob - daher verhältnismäßig kostensparend - reinigt.
Aus der DE-OS 16 09 020 ist ein Verfahren zur biologischen Endreinigung hochkonzentrierter und/oder toxischer Abwässer bekannt. Hierbei werden die in der Kläranlage befindlichen Mikroorganismen in einem stark belüfteten System durch schrittweise Erhöhung der Konzentration an toxischen Stoffen bzw. Erhöhung der Durchflußrate an diese toxischen Bestandteile adaptiert. Nach diesem Verfahren kann die Abbaufähigkeit des Belebtschlammes soweit gesteigert werden, dass er die in dem Abwasser der Braunkohlen-Industrie üblicherweise vorkommenden toxischen Stoffe abzubauen vermag. Die auf diese Weise erzielbare Steigerung der Abbaufähigkeit des Belebtschlammes genügt jedoch nicht, um die weitaus höhere Belastung des Abwassers der chemischen Industrie beseitigen zu können. Außerdem betrifft dieses Verfahren lediglich die aerobe und nicht die anaerobe Stufe einer Kläranlage.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine verfahrenstechnisch einfache, wirtschaftliche Möglichkeit für die biologische Reinigung von chemisch belasteten Abwässern zu finden, nach der nicht nur aerob, sondern auch anaerob abgebaut werden kann.
Gemäß der Erfindung wird diese Aufgabe dadurch gelöst, dass die Biologie einer stoßweisen Belastung mit den toxischen Stoffen unterworfen wird, wobei die Konzentration an toxischen Stoffen bei den einzelnen Stößen so bemessen wird, dass die Biologie nahezu zusammenbricht und dass die zeitlichen Abstände zwischen den einzelnen Stößen, in denen den Bakterienpopulationen als deren übliches Nährmedium wieder normal belastetes Abwasser zugeführt wird, so angesetzt werden, dass der Biologie ausreichend Zeit zur Regeneration zur Verfügung steht.
Ferner betrifft die Erfindung ein Verfahren zur biologischen Reinigung von mit toxischen Stoffen belasteten Abwässern, das darin besteht, dass der Abbau in einer Kläranlage erfolgt, in der Bakterienpopulationen verwendet werden, die in der oben beschriebenen Weise gezüchtet worden sind.
Überraschenderweise wurde festgestellt, dass die Kapazität für den Abbau von mit toxischen Stoffen stark belasteten Abwässern einer üblichen Kläranlage wesentlich erhöht werden kann, indem man die vorhandenen Bakterienpopulationen so weit verändert, dass sie sowohl in der aeroben als auch in der empfindlicheren anaeroben Stufe weit höhere Konzentrationen an toxischen Stoffen abzubauen vermögen als diejenigen, die den bisher angesetzten Grenzwerten entsprechen.
Zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens werden zunächst die anfänglich vertretbaren, von der aeroben Belebtschlamm-Biologie gerade noch abbaubaren Konzentrationen der toxischen Stoffe ermittelt. Hierzu wird in bekannter Weise während mindestens 5 Tagen die Sauerstoffzehrung (biologischer Sauerstoffbedarf, BSB) von Mischungen bestimmt, welche die zu testende, toxische Substanz bzw. Substanzen oder die mit toxischen Stoffen belasteten Abwässer in verschiedenen Konzentrationen enthalten. Der Verlauf des Sauerstoffverbrauches dieser Mischungen wird mit dem Verlauf des BSB-Abbaues normaler kommunaler oder industrieller Abwässer verglichen, die diese Substanzen nicht oder nur in Spuren enthalten. Bei geringer Belastung mit toxischen Stoffen gleicht der Verlauf der Sauerstoffzehrung der Testmischungen demjenigen der üblichen Abwässer. Mit steigender Konzentration an toxischen Substanzen wird von den Testmischungen weniger Sauerstoff verbraucht als von den Vergleichsgemischen, da die Abwasserbiologie durch die Schadstoffe zunehmend gestört wird. Wird die Konzentration an toxischen Stoffen so weit gesteigert, dass die Abwasserbiologie völlig vergiftet wird, so ist keinerlei Sauerstoffaufnahme mehr festzustellen. Eine eventuell mögliche synergistische Wirkung der Schadstoffe eines bestimmten Abwassers mit denen anderer Einleiter ist bereits an dieser Stelle zu berücksichtigen und gegebenenfalls zu bestimmen.
Mit Hilfe solcher Vorversuche lassen sich Grenzwerte gewinnen, bei denen die untersuchte aerobe Belebtschlammbiologie gerade noch nicht geschädigt wird.
Um die Bakterienpopulationen in der Kläranlage erfindungsgemäß zu verändern, werden dem normalerweise zufließenden Abwasser stoßweise die betreffenden toxischen Stoffe, Stoffgemische oder die mit toxischen Stoffen belasteten Abwässer in zunehmenden Konzentrationen zugegeben. Als Kriterium für die zuzuführende Menge dient das Verhalten der Abwasserbiologie der Kläranlage selbst.
In der aeroben Stufe eignet sich als Beobachtungsgröße insbesondere die Nahrungsaufnahme durch die Bakterien im Belebtschlammbecken, d. h. mit anderen Worten, die Abbaurate in dieser Stufe. Als charakteristische Meßgröße bietet sich hierfür der chemische Sauerstoffbedarf des Abwassers (CSB-Wert) an. In einer völlig intakten Kläranlage sinkt dieser CSB-Wert während des Durchlaufens durch das Belebtschlammbecken auf 10-15% des Ausgangswertes. Man spricht von einem 85- bis 90%igen CSB-Abbau. Die Schadstoffkonzentration eines jeden Stoßes soll nun so bemessen werden, dass der CSB-Abbau auf 25-5%, vorzugsweise auf 20-15% absinkt. Der Wert von 5% sollte nicht unterschritten werden, da sonst die Gefahr besteht, dass die Belebtschlammbiologie völlig zusammenbricht und sich nicht mehr erholt.
Als ein weiteres Kriterium zur aeroben Abwasserbiologie kann die Menge der Biomasse herangezogen werden. Bei normaler Funktion der aeroben Stufe wird gewöhnlich Überschußschlamm produziert, der anaerob weiterbehandelt werden kann. Erfährt die Belebtschlammbiologie eine äußergewöhnliche Belastung durch toxisch wirkende Stoffe, so nimmt die Biomasse in Abhängigkeit von der Schadstoffmenge ab. Bei Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens soll nach jedem Stoß die Biomasse nicht unter 10%, vorzugsweise nicht unter 20% des Ausgangswertes sinken.
Auch das mikroskopische Erscheinungsbild des Belebtschlammes gibt qualitativ Aufschluß über den Zustand der Belebtschlammbiologie. Während die Bakterien im Normalzustand klar umrissene, einfache geometrische Formen, z. B. runde Scheibchen oder gerade Stäbchen aufweisen, erscheinen sie mit zunehmender Vergiftung als wesentlich komplexere geometrische Figuren.
Aus runden Scheibchen werden beispielsweise stark zerklüftete, flächenartige Gebilden, aus geraden Stäbchen längeren, stark gewundenen Fäden. Die Übergänge sind fließend.
Prinzipiell ist es auch möglich, die Sauerstoffaufnahme bzw. die CO[tief]2-Abgabe, die mit zunehmender Vergiftung der Bakterienpopulationen geringer wird, als Maß für die Funktionsfähigkeit der Abwasserbiologie heranzuziehen.
Die Wirksamkeit einer anaeroben Behandlung kann mit großem Vorteil anhand der Gasentwicklung überprüft werden. Die Konzentration an Schadstoffen jedes einzelnen Stoßes soll so bemessen sein, dass die Faulgasmenge auf 20-2% vorzugsweise 10-5% des Ausgangswertes bei normaler Funktion der anaeroben Bakterienpopulation abfällt. Die Faulturmbiologie kann sich auch dann noch erholen, wenn die Faulgasproduktion kurzfristig völlig zum Erliegen kommt. Wird längere Zeit kein Faulgas erzeugt, so sind die anaeroben Faulturmbakterien nicht mehr regenerierfähig. Die Ursache hierfür ist darin zu suchen, dass mit abnehmender Faulgasmenge die Konzentration an freien, organischen Säuren, charakterisiert durch die sogenannte Säurezahl, zunimmt, da der Abbau der organischen Schadstoffe nicht mehr bis zu Methan, Wasserstoff und Wasser erfolgt. Freie organische Säuren stellen aber ebenfalls Schadstoff für die Faulturmbiologie dar. Bei völligem Stillstand der Faulgasproduktion steigt die Säurezahl an. Die stark angereicherten, organischen Säuren vergiften dann bald vollständig die anaeroben Bakterienpopulationen.
Nachdem in dem ersten Stoß der Kläranlage so viel mit toxischen Stoffen belastetes Abwasser zugeleitet worden ist, dass die Abwasserbiologie bis zu den vorstehend näher charakterisierten Grenzen zusammenbricht, wird den Bakterienpopulationen als deren übliches Nährmedium wieder normal belastetes Abwasser zugeführt. Nach einer ausreichenden Erholungsphase, in der die biologischen Abbauprozesse wieder anzulaufen beginnen und sich neue Biomasse bildet, erhält man eine Bakterienpopulation, die gegen toxische Stoffe weniger empfindlich ist als vor dieser Stoßbehandlung. Nachdem die CSB-Abbaurate der Kläranlage wieder bis zum Ausgangswert von ungefähr 85-90% angestiegen ist, kann eine zweite Stoßbelastung der Kläranlage mit Abwasser, das die Schadstoffe in einer höheren Konzentration als beim ersten Stoß enthält, erfolgen.
Dieser Wechsel von Belasten und Regenerieren der Abwasserbiologie wird so lange wiederholt, bis Bakterienpopulationen mit der gewünschten Widerstandsfähigkeit gegenüber dem einzuleitenden Abwasser gezüchtet worden sind.
Die bisherige Erfahrung hat gezeigt, dass beim ersten Stoß ungefähr die ein- bis zweifache, beim zweiten Stoß die zwei- bis fünffache, beim dritten Stoß die fünf- bis zehnfache Menge an toxischen Stoffen bezogen auf die nach der oben beschriebenen Methode der Sauerstoffzehrung ermittelte Grenzwert-Konzentration zugeleitet werden kann. Eine ungefähr zehnfache Steigerung der Abbaufähigkeit gegenüber mit toxischen Stoffen belasteten Abwässern einer üblichen Kläranlage lässt sich in drei bis fünf, eine hundertfache Steigerung in 12 bis 15 Selektionsschritten erreichen. Besonders vorteilhaft ist es, wenn die für die jeweilige Stoßbelastung erforderliche Menge an toxischen Stoffen bzw. an mit Schadstoffen belasteten Abwässern nicht auf einmal, sondern in mehreren, vorzugsweise in zwei bis drei Portionen zugesetzt und die Reaktion der Abwasserbiologie auf die einzelnen Zusätze beobachtet wird. Dadurch lässt sich der angestrebte teilweise Zusammenbruch der Abwasserbiologie leichter und exakter bis zu den oben näher beschriebenen Grenzen heranführen und das Risiko, dass die Bakterienpopulationen doch zu stark belastet und dadurch vollständig vergiftet werden, nahezu vermeiden.
Um zu einer bestimmten Widerstandsfähigkeit der Bakterienpopulationen einer Kläranlage zu gelangen, lassen sich unter Umständen bis zu drei der oben beschriebenen Selektionsschritte einsparen, wenn vor der Selektion ein Adaptionsprozeß durchgeführt wird. Hierzu werden die Schadstoffe in den gemäß obigen Ausführungen ermittelten Grenzwertkonzentrationen, bei denen die Abwasserbiologie gerade noch nicht geschädigt wird, kontinuierlich längere Zeit der Kläranlage zugeführt. Dabei nimmt die Belüftungszeit für einen ungefähr 90%igen BSB-Abbau (der biologische Sauerstoffbedarf sinkt auf 10% des Ausgangswertes) während dieser Zeit ab und nähert sich schließlich asymptotisch einem Grenzwert. Die Erfahrung hat gezeigt, dass nach einigen Monaten die Adaptionsfähigkeit der Bakterienpopulationen eine gewisse Grenze erreicht hat, d. h. auf diesem Wege nicht weiter gesteigert werden kann.
Mit Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens lassen sich Bakterienpopulationen züchten, welche die bisher als schädlich angesehenen Stoffe die praxisnahen Mengen ohne weiteres abzubauen vermögen. Dadurch wird die Abbaufähigkeit der bisher üblichen Kläranlagen wesentlich erhöht, ohne dass sonstige Parameter geändert werden müssen.
Aufgrund dieser Ergebnisse können einige Grenzwerte der zur Zeit gültigen Entwässerungssatzungen drastisch erhöht werden. Viele kommunale Kläranlagen haben die Möglichkeit, durch Aufnahme spezieller Industrieabwässer die vorhandenen Kapazitäten besser auszulasten und ihren Wirkungsgrad zu erweitern. Kostspielige, zusätzliche Vor- und Nachreinigungsstufen, die bisher vor allem bei chemischen Prozessen in vielen Fällen notwendig waren, können entfallen.
Die Durchführung des erfindungsgemäßen Selektionsprozesses ist nicht nur auf die Abwasserbiologie einer kommunalen Kläranlage beschränkt. Es ist durchaus möglich, Bakterienpopulationen, die stark mit toxischen Stoffen belastete Abwässer abzubauen vermögen, in entsprechend konzipierten Labor- oder Technikumsanlagen nach dem erfindungsgemäßen Verfahren zu züchten. Die so erhaltenen Bakterienpopulationen lassen sich in üblicher Weise konservieren. Sie können jederzeit in bekannter Weise vermehrt und in üblichen Kläranlagen zum raschen Aufbau einer zum Abbau mit toxischen Stoffen stark belasteter Abwässer geeigneten Abwasserbiologie eingesetzt werden.
Die vorliegende Erfindung wird durch den folgenden Versuchsbericht näher erläutert.
A) Laborversuche
Die Untersuchungen wurden mit den für die Abwasserbiologie besonders schädlichen chlorierten Kohlenwasserstoffen, insbesondere mit Chloroform durchgeführt. Zusätzlich wurden zwei charakteristische Industrieabläufe eingesetzt, die mit bestimmen toxischen Stoffen verunreinigt waren.
Für die Laborversuche wurden eine Attisholz-Anlage aus zwei hintereinandergeschalteten 5-Liter-Belebtschlammbecken mit Nachklärbecken und Schlammrückführung sowie eine Linde-Anlage aus einer 3-Liter-Belebtschlammstufe mit Nachklärbecken und Schlammrückführung benutzt. Zum aeroben Abbau der organischen Begleitstoffe wurde bei der Attisholz-Anlage Luft und bei der Linde-Anlage Sauerstoff zugeführt.
1. Grenzwertbestimmungen
Um die Konzentration zu bestimmen, bei der die zu untersuchenden toxischen Stoffe, Stoffgemische oder Abwässer, die mit toxischen Stoffen belastet sind, die biologischen Prozesse in der Kläranlage noch nicht in nennenswertem Maße stören, wurden den obengenannten Versuchsanlagen Lösungen zugeführt, in denen die zu untersuchenden Stoffe, Stoffgemische oder toxische Abwässer in Konzentrationen von 5 bis 500 mg/l steigend zugesetzt worden waren. Während mindestens fünf Tagen wurde mit Hilfe eines handelsüblichen "Sapromat"-Gerätes der biologische Sauerstoffbedarf (BSB[tief]5-Wert) bestimmt. Die für die Testgemische erhaltene Abbaurate des biologischen Sauerstoffbedarfs (BSB-Abbau) wurde mit derjenigen verglichen, die analog durchgeführten Versuche für eine Lösung erhalten wurde, in der die Testgemische nicht enthalten waren.
Als Grenzwert wird diejenige Konzentration an toxischem Stoff, Stoffgemisch oder toxischer Abwässer angesehen, bei der der BSB-Abbau des Testgemisches deutlich unter demjenigen der mit toxischen Stoffen nicht belasteten Vergleichslösung liegt. Die so gewonnenen Grenzwerte sind mit einem Fehler von 10-20% behaftet. Sie sind jedoch hinreichend genau, um auf Basis dieser Ergebnisse die anschließenden Adaptions- und Selektionsprozesse durchzuführen.
Solche Grenzwertbestimmungen wurden durchgeführt für Chloroform, für ein Chloroform-Tetrachlorkohlenstoff-Gemisch [ChlorKW-Stoff] im Verhältnis 1:1 und für zwei verschiedene toxische Abwässer, die der chemischen Produktion eines pharmazeutischen Produktes entnommen worden sind, im folgenden "Ablauf A" und "Ablauf B" genannt.
Als Grenzwerte für diese Testgemische wurden gefunden:
2. Adaptionsversuche
In eine der oben näher beschriebenen Modellanlage wurde 6 Monate lang kontinuierlich ein Chloroform-Wasser-Gemisch eingeleitet, wobei die Chloroform-Konzentration gemäß dem oben ermittelten Grenzwert bei 70 mg/l lag. Die Belüftungszeit, die der durchschnittlichen Verweilzeit in einer Kläranlageneinheit entspricht, verringerte sich im Laufe dieser Zeit für einen 90%igen BSB-Abbau von anfänglich 24 Stunden auf 12 Stunden.
Bei einem analogen Versuch mit einem Gemisch aus Chloroform und Tetrachlor-Kohlenstoff (1:1) mit einer Konzentration von 80 mg/l Wasser konnte der Belüftungszeit ebenfalls um die Hälfte reduziert werden.
In einem weiteren Versuch wurde in die Attisholz-Anlage normales häusliches Abwasser, dem 2% toxisches Abwasser aus der eigenen Fabrik zugesetzt waren, eingeleitet. Dieses Mischungsverhältnis entspricht der zu erwartenden Relation zwischen Stadtabwasser und Fabrikabwasser, wenn das gesamte toxische Abwasser dem städtischen Abwassersystem zugeleitet werden würde. Die BSB-Werte für das häusliche Abwasser lagen bei 200-300 mg/l; die CSB-Werte (chemischer Sauerstoffbedarf) bei 300-400 mg/l. Chlorkohlenwasserstoffe sind nur in Spuren enthalten. Das toxische Abwasser wies bei Versuchsdurchführung einen durchschnittlichen BSB-Wert von ca. 2000 mg/l und CSB-Wert von 3500 mg/l auf. Im Durchschnitt waren 200 mg/l Chlorkohlenwasserstoffe enthalten.
Ferner wurde das toxische Abwasser ohne Verdünnung durch Stadtabwasser der Modellanlage zugeleitet. Einige charakteristische Messwerte aus dieser Versuchsreihe sind in der folgenden Tabelle wiedergegeben.
Es ist zu erkennen, dass sowohl mit dem künstlichen Chloroform-Wasser- bzw. dem Chloroform-Tetrachlorkohlenstoff-Wasser-Gemisch als auch mit einem charakteristischen Industriewasser eine gewisse Adaption der Abwasserbiologie eintritt. Dieser Prozeß ist langwierig und führt schließlich zu einer asymptotischen Phase. Die Anpassungsfähigkeit der Bakterienkulturen ist folglich begrenzt und lässt sich auf diese Weise nicht weiter steigern.
3. Selektionsversuche
In die Modellanlage, welche die bereits adaptierten Bakterienkulturen enthielt, wurde während der gesamten Versuchsdauer kontinuierlich als normales Nährmedium häusliches Abwasser eingeleitet. Zum Start des Selektionsprozesses wurde in einem Stoß 100 mg/l Chloroform zugegeben. Die CSB-Abbaurate fiel bis auf 20% zurück. Nach zwei Tagen war wieder ein CSB-Abbau von 85% erreicht. Es wurde in einen Stoß 200 mg/l Chloroform zugegeben, worauf die CSB-Abbaurate bis auf 15% abfiel. Nach wiederum zwei Tagen
Wartezeit hatte sich die Abwasserbiologie wieder regeneriert. Es wurden weitere 400 mg/l Chloroform zugegeben. Die CSB-Abbaurate sank vorübergehend auf 10% und stieg im Laufe von drei Tagen auf ihren ursprünglichen Wert von 85%.
Die so modifizierte Abwasserbiologie wurde dann kontinuierlich mit einem Chloroform-Wasser-Gemisch mit 70 mg Chloroform/l Wasser belastet. Es zeigte sich, dass die vor Durchführung des Selektionsprozesses für einen CSB-Abbau von 85% erforderliche Belüftungszeit von 12 Stunden auf 3-4 Stunden verkürzt werden konnte.
Nach einem in analoger Weise durchgeführten Selektionsprozeß mit normalem Produktionsabwasser konnte die Belüftungszeit von 80 Stunden nach der Adaption auf 46 Stunden nach einmaliger Selektion bzw. auf 24 Stunden nach wiederholter Selektion herabgesetzt werden.
4. Faulturmversuche
Chlorkohlenwasserstoffe lagern sich im Schlamm der Belebtschlammbecken. Der Überschußschlamm gelangt in den Faulturm (anaerobe Behandlung) und kann dort schon bei geringen Konzentrationen Störungen hervorrufen. Es war daher zu testen, ob und wie weit sich auch die Faulturmbiologie auf die Verarbeitung höherer Konzentrationen an Chloroform und auch anderer toxischer Stoffe adaptieren bzw. selektieren lässt.
Es wurde hierzu täglich eine bestimmte Menge Frischschlamm aus einer mit normal belastetem Abwasser laufenden aeroben Stufe einem 4-Liter-Laborfaulturm zugeführt. Außerdem wurde dieser mit steigenden Chloroformzugaben belastet. Die folgende Tabelle 1 gibt eine Übersicht über den zeitlichen Ablauf dieser Versuchsreihe und über die eingeleiteten Chloroformmengen. Zur Auswertung wurde die produzierte Faulgasmenge herangezogen. "Normal" gibt an, dass das aufgefangene Volumen der Menge, die von einer normal arbeitenden, nicht vergifteten Anlage produziert wird, entspricht. "80%" bedeuten 80% der erwarteten Gasproduktion.
Tabelle 1
Verhalten der Faulturmbiologie gegenüber steigenden Chloroform-Zugaben
Nach einer Erholungsphase von ca. einer Woche, in der sich die Faulgasentwicklung wieder völlig normalisierte, wurde der obige Versuch wiederholt. Die Chloroformzugabe wurde auf 100 mg/l Faulschlamm gesteigert, wobei die Faulgasmenge kurzfristig auf 50% des Normalwertes zurückfiel.
In analoger Weise wurde das Verhalten der Faulturmbiologie auf steigende Konzentrationen eines charakteristischen toxischen Abwassers ("Ablauf A") untersucht. Die Ergebnisse sind in Tabelle 2 zusammengestellt.
Tabelle 2
Verhalten der Faulturmbiologie gegenüber steigenden Mengen eines charakteristischen toxischen Abwassers ("Ablauf A")
Nach einer Regenerierphase von ca. einer Woche wurde der Versuch wiederholt. Er wurde bei einer maximalen Zugabe von 25 000 mg Ablauf A/Liter Faulschlamm bei 50% Faulgasentwicklung abgebrochen.
Diese Versuche zeigen, dass auch die Faulturmbiologie modifiziert werden kann. Die Ergebnisse lassen ferner erkennen, dass die anaerobe Biozönose durch Chloroform bzw. durch andere Schadstoffe auch in verhältnismäßig hohen Konzentrationen nicht nur nicht vergiftet wird, sondern überraschenderweise in der Lage ist, diese Stoffe entgegen den Aussagen in der Literatur in gewissem Grade noch abzubauen.
B) Technikumsversuche
Um möglichst genau die Verhältnisse in einer städtischen Kläranlage simulieren zu können, wurde eine halbtechnische Anlage errichtet, die eine maßstabgerechte Verkleinerung der Kläranlage einer mittelgroßen Stadt darstellt. Die Anlage weist in der aeroben Stufe im wesentlichen ein Vorklärbecken (B 9) mit einem Inhalt von 2 m [hoch]3, ein Belebtschlammbecken (B 10) von 1 m[hoch]3 Inhalt sowie ein Nachklärbecken (B 11) von 4 m[hoch]3 Inhalt und für die anaerobe Behandlung einen 0,5-m[hoch]3-Faulturm (B 13) auf.
Hauptziel dieser Technikumsversuche war es, die Abwasserbiologie in der gesamten Anlage so weit zu modifizieren, daß sie ein Abwassergemische abzubauen vermag, das sich beim Einleiten des gesamten Produktionsabwassers in das städtische Kanalsystem ergibt. Um möglichst exakte Erkenntnisse zu erhalten, wurden die Betriebsbedingungen so weit wie möglich der städtischen Anlage angepasst. So betrug beispielsweise die mittlere Verweilzeit im 1-m[hoch]3-Belebtschlammbecken 1 Stunde. Die Frischschlammzugabe zum 0,5-m[hoch]3-Faulturm wurde so eingestellt, dass eine mittlere Verweilzeit von 10 Tagen eingehalten wurde.
Aufbau der aeroben Behandlung
Zu Beginn dieser Versuchsreihe wurde das Vorklärbecken (B 9) mit 2 m[hoch]3 städtische Abwasser und das Belebtschlammbecken (B 10) mit 1 m[hoch]3 Belebtschlamm aus der städtischen Kläranlage gefüllt. Danach wurde städtisches Abwasser eingeleitet, um eine der städtischen Kläranlage möglichst ähnliche Abwasserbiologie aufzubauen. Der Durchsatz an Abwasser wurde von anfänglich 400 l/h auf 1000 l/h, was einer mittleren Verweilzeit von 1 h im Belebtschlamm entspricht, gesteigert. Diese Vorphase dauerte vier Wochen.
Einleiten von Fabrikabwasser
(nur Abläufe aus chemischer Produktion)
in die aerobe Stufe
Nach der Aufbauphase der Abwasserbiologie, in der die CSB-Abbaurate auf ca. 90% und die BSB-Abbaurate auf > 70% stieg, wurde dem städtischen Abwasser in stufenweise steigender Konzentration Fabrikwasser zugesetzt. Es wurde mit einem Fabrikwasseranteil von 0,4 Volumen-% gestartet. Die CSB-Abbaurate fiel anfänglich deutlich zurück, erholte sich jedoch rasch wieder und hatte innerhalb einer Woche ihren Ausgangswert wieder erreicht. Der Fabrikwasseranteil wurde auf 0,8 Volumen-% gesteigert, was wiederum ein Absinken und nachfolgendes Ansteigen des CSB-Abbaus zur Folge hatte. Es folgte eine Steigerung des Fabrikwasseranteils auf 1,2 und schließlich auf 2 Volumen-%. Der letztere Wert entspricht den Konzentrationsverhältnissen, die bei vollständigem Einleiten des Fabrikwassers in die Kanalisation zu erwarten sind. In Tabelle 3 sind der zeitliche Ablauf dieses Versuches, die durchgesetzten Mengen sowie einige charakteristische Messdaten angegeben.
Tabelle 3
Verhalten der halbtechnischen Anlage auf zunehmende Konzentration an Fabrikwasser
Diese Versuchsreihe zeigt, dass sich die aerobe Stufe der halbtechnischen Anlage ohne große Schwierigkeiten so weit modifizieren lässt, dass sie das zu erwartende Gemisch, städtisches Abwasser und Fabrikabwasser in ausreichendem Maße abzubauen vermag.
Aufbau der anaeroben Behandlung
Der Faulturm (B 13) wurde mit 500 l Faulschlamm aus der städtischen Kläranlage gefüllt und danach mit 50 l Mischschlamm/Tag aus der aeroben Stufe beschickt. Nach ca. vier Wochen waren ungefähr 95% des Faulturminhalts durch Mischschlamm aus der aeroben Stufe ausgetauscht. Bei einer täglichen Beschickung mit 50 l Mischschlamm entstehen 500-600 l Faulgas/Tag das aus nahezu 70% Methan und ca. 30% Kohlendioxid besteht.
Chloroformbelastung
Zunächst wurde in die Versuchsanlage, der weiterhin kontinuierlich ca. 1000 l/h städtisches Abwasser mit 2% Fabrikwasser zugeführt wurden, zusätzlich mehrere Tage lang konstante Mengen Chloroform eingeleitet. Tabelle 4 gibt Auskunft über die eingeleiteten Mengen und den erzielten aeroben und anaeroben Abbau.
Tabelle 4
Kontinuierliche Zugabe von Chloroform (CHCl[tief]3)
Die in Tabelle 4 aufgeführten Daten zeigen deutlich, dass sowohl im Belebtschlammbecken als auch im Faulturm der Versuchsanlage die eingeleitete Chloroformmenge ohne weiteres abgebaut werden kann.
Es wurde weiterhin der synergistische Effekt von Tetrachlorkohlenstoffzugaben untersucht. Hierzu wurde der halbtechnischen Kläranlage neben Chloroform zusätzlich Tetrachlorkohlenstoff zugeführt. Tabelle 5 gibt Auskunft über den Versuchsverlauf.
Tabelle 5
Kontinuierliche Zugabe von Chloroform (CHCl[tief]3) und Tetrachlorkohlenstoff (CCl[tief]4)
Tabelle Seite 8 bis Seite 9
Den Daten der Tabelle 5 ist zu entnehmen, dass
a) der Abbau des Chloroforms durch die Zugabe von Tetrachlorkohlenstoff nicht gestört wird und dass
b) die zugesetzte Menge an Tetrachlorkohlenstoff bereits im Belebtschlammbecken praktisch zu 100% abgebaut wird.
Nach diesen Versuchen, bei denen die Reaktion der Abwasserbiologie auf relativ geringe Mengen Chlorkohlenwasserstoffe getestet werden sollte, wurde mit der Selektion der Bakterienmischkulturen durch stoßweise Belastung mit steigenden Konzentrationen an Chloroform begonnen. Es wurde hierzu der Versuchsanlage kontinuierlich ca. 1000 l/h städtische Abwasser mit 4 Volumen-% Fabrikabwasser zugeführt. Zweimal wöchentlich wurden größere, von Woche zu Woche steigende Mengen an Chloroform zugegeben. In Tabelle 6 sind die näheren Einzelheiten zu dieser Versuchsreihe angegeben.
Tabelle 6
Stoßweise Belastung durch Chloroform
Tabelle Seite 9 bis Seite 10
Die Werte der Tabelle 6 zeigen, dass sich die Abwasserbiologie nach jedem Chloroform-Stoß innerhalb weniger Tage erholte. Die nächsthöhere Belastung konnte ohne weiteres aufgenommen und verarbeitet werden. Der Versuch wurde bei einer Zugabe von 2 x 20 t/Woche abgebrochen, einem Wert, der weit über den tatsächlich vorkommenden bzw. zu erwartenden Verhältnissen liegt.
Besonders bemerkenswert war es, dass die empfindliche anaerobe Biozönose durch die zeitweise relativ hohen Chloroform-Konzentrationen im zugesetzten Frischschlamm nicht vergiftet worden ist, sondern im Gegenteil diese zu über 90% abzubauen vermochte.
Die auf diese Weise erhaltenen Bakterienpopulationen des Belebtschlammbeckens und des Faulturms lassen sich "im Ganzen" konservieren. Auch nach monatelanger Lagerung hatten sie von ihrer Abbaufähigkeit gegenüber toxischen Stoffen nur wenig eingebüßt und konnten sofort wieder zum Abbau von toxischer Stoffe enthaltenden Abwässern eingesetzt werden.
C) Belastbarkeit durch andere toxische Stoffe
Um zu überprüfen, ob und inwieweit die nach den unter B) beschriebenen Adaptions- und Selektionsversuchen gewonnenen Bakterienmischkulturen im Stande sind auch andere in Industrieabwässern normalerweise vorkommenden toxischen Stoffe zu verarbeiten, wurden mit zwei Laborfaultürmen mit 2 l bzw. 4 l Inhalt entsprechende Belastungsteste durchgeführt. Faulturmversuche wurden gewählt, weil die anaerobe Biozönose die schwächste und empfindlichste Stelle einer Abwasserbehandlung darstellt und ganz besonders der Gefahr ausgesetzt ist, durch die in dem Belebtschlammbecken nicht abgebauten toxischen Stoffe vergiftet zu werden.
Für diese Versuche wurden die Faultürme mit Frischschlamm aus der oben näher bezeichneten halb-technischen Versuchsanlage gefüllt und auch durch tägliche Frischschlammzugaben aus dieser Anlage betrieben. Der halbtechnischen Anlage wurden während dieser Zeit konstant ca. 1000 l/h städtisches Abwasser mit 4 Volumen-% Fabrikwasser zugeführt.
Die zu testende toxische Substanz wurde in täglich steigender Konzentration dem Faulturm zugeleitet. Als Beobachtungsgrößen dienten die Faulgasentwicklung und die Säurebildung im Faulschlamm (Säurezahl). In Tabelle 7 sind die getesteten Substanzen sowie die ermittelten Grenzbereiche angegeben.
Tabelle 7
Zusammenstellung der ermittelten Grenzbereiche
Bei den unteren Grenzwerten läuft der Faulturmbetrieb gerade noch störungsfrei. Bei den oberen Werten ist die Faulgasentwicklung schon erheblich eingeschränkt; es bilden sich in beträchtlichem Maße Säuren. Die Störungen sind jedoch noch nicht so ausgeprägt, gefundenen Grenzwerte liegen etwa um das 10-1000-fache über den zitierten Literaturangaben.
D) Zusammenfassung der Versuchsergebnisse
Die durchgeführten, oben näher beschriebenen Versuche, insbesondere die Versuche mit der einer städtischen Kläranlage angepassten halbtechnischen Versuchsanlage, machen die Möglichkeit deutlich, die Bakterienmischkulturen der Kläranlagen nach dem erfindungsgemäßen Verfahren so zu modifizieren, dass sie ohne Schwierigkeiten auch mit toxischen Stoffen stärker belastete Industrieabwässer aufnehmen können. Es konnte gezeigt werden, dass von der modifizierten Abwasserbiologie selbst kurzfristige Stoßbelastungen durch einzelne toxische Stoffe verkraftet werden. Die Belastbarkeit liegt weit über den bisher in der Literatur, dass die Faulturmbiologie irreparabel geschädigt ist. Die aufgeführten Werte und auch über den Konzentrationen, die normalerweise beim Einleiten von Industrieabwässern in städtischen Abwassersysteme zu erwarten sind.

Claims (8)

1. Verfahren zum Züchten von Bakterienpopulationen, die zum Abbau von mit toxischen Stoffen belasteten Abwässern geeignet sind, bei dem durch eine allmähliche Steigerung der einem biologischen Schlamm zugeführten Konzentrationen an toxischen Stoffen eine Selektion bestimmter Bakterienpopulationen erreicht wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Biologie einer stoßweisen Belastung mit den toxischen Stoffen unterworfen wird, wobei die Konzentration an toxischen Stoffen bei den einzelnen Stößen so bemessen wird, dass die Biologie nahezu zusammenbricht und dass die zeitlichen Abstände zwischen den einzelnen Stößen, in denen den Bakterienpopulationen als deren übliches Nährmedium wieder normal belastetes Abwasser zugeführt wird, so angesetzt werden, dass der Biologie ausreichend Zeit zur Regeneration zur Verfügung steht.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Konzentration an toxischen Stoffen bei den einzelnen Stößen so bemessen wird, dass in dem den biologischen Schlamm enthaltenden Becken, z. B. Belebtschlammbecken einer Kläranlage, die Abbaurate, gemessen anhand des chemischen Sauerstoffbedarfs (CSB-Abbaurate), auf 25% bis 5% sinkt.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Konzentration an toxischen Stoffen bei einzelnen Stößen so bemessen wird, dass im Belebtschlammbecken die CSB-Abbaurate auf 20% bis 15% sinkt.
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Konzentration an toxischen Stoffen bei den einzelnen Stößen so bemessen wird, dass die Biomasse eines Belebtschlammbeckens nicht unter 10% des Ausgangswertes sinkt.
5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Konzentration an toxischen Stoffen bei den einzelnen Stößen so bemessen wird, dass die Biomasse eines Belebtschlammbeckens nicht unter 20% des Ausgangswertes sinkt.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1-5, dadurch gekennzeichnet, dass die Konzentration an toxischen Stoffen bei den einzelnen Stufen so bemessen wird, dass die in einer gegebenenfalls vorgesehenen anaeroben Stufe produzierte Faulgasmenge auf 20% bis 2% des Ausgangswertes sinkt.
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Konzentration an toxischen Stoffen bei den einzelnen Stufen so bemessen wird, dass die in der anaeroben Stufe produzierte Faulgasmenge auf 10% bis 5% des Ausgangswertes sinkt.
8. Verfahren zur biologischen Reinigung von mit toxischen Stoffen belasteten Abwässern, dadurch gekennzeichnet, dass der Abbau in einer Kläranlage erfolgt, in der Bakterienpopulationen verwendet werden, die nach einem der Ansprüche 1-7 gezüchtet worden sind.
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