KURZBESCHREIBUNG Aus der Gegenüberstellung vertikaler und horizontaler Ströme folgt die Einsicht, dass eine hierarchisch organisierte Raumplanung wesentliche Möglichkeiten zur Bewältigung ihrer Herausforderungen ungenutzt lässt. Anhand...
moreKURZBESCHREIBUNG
Aus der Gegenüberstellung vertikaler und horizontaler Ströme folgt die Einsicht, dass eine hierarchisch organisierte Raumplanung wesentliche Möglichkeiten zur Bewältigung ihrer Herausforderungen ungenutzt lässt. Anhand mehrerer Fallbeispiele wird die Bedeutung lokaler Schwärme, Netzwerke und Gemeinschaften für die Stadtentwicklung analysiert. Auf diese Analyse wird eine Kritik herkömmlicher Beteiligungsverfahren in der Bauleitplanung gestützt und die Empfehlung abgeleitet, Raumplanung solle nicht nur Partizipation gewähren, sondern gemeinschaftsbildende Prozesse beobachten und unterstützen.
FORSCHUNGSFRAGEN
• Was sind die wesentlichen Elemente horizontaler Ströme?
• Wie kann ein Modell der horizontalen Stadtentwicklung aussehen und wo finden sich die traditionellen Akteure der Stadtentwicklung darin wieder?
INHALTSANGABE
Mängel in der Bürgerbeteiligung wurden in den letzten Jahren wieder vermehrt für die Verzögerung technischer Großprojekte (z.B. Stuttgart 21) verantwortlich gemacht. Aber auch in kleinteiligen Planungsprozessen erweist sich das bauleitplanerische Instrumentarium der Öffentlichkeitsbeteiligung als unzureichend (insb. § 3 BauGB). Ein Thema ist in die Raumplanungsdiskussion zurückgekehrt: Wie könnte die Raumplanung die widerstreitenden Bürgerinteressen besser berücksichtigen? Die provokante Antwort der vorliegenden Diplomarbeit lautet: durch eine andere Art der Raumplanung. Die Partizipation nach Art des § 3 BauGB sei tot, nun müsse »horizontal« geplant werden, um eine ausgewogene Verhandlungssituation zwischen Staat, Markt und Gesellschaft zu gewährleisten.
Partizipation nach Art des § 3 BauGB geht davon aus, dass hierarchisch organisierte Bauleitplanung (»vertikale Planung«) zu wirkungsvollen und sozialverträglichen Ergebnissen führt und der Öffentlichkeit lediglich ein Anhörungsrecht gewährt werden müsse. Horizontale Stadtentwicklung erblickt in der Öffentlichkeit, der Gesellschaft oder den Bürgerinnen und Bürgern bzw. Bewohnerinnen und Bewohner einer Stadt selbst die Entscheidungs- und Handlungsträger der Stadtentwicklung. Planungstheoretisch wird diese Überlegung aus der politischen Ideengeschichte (u.a. Mandeville, Rousseau, A. Smith), sozialwissenschaftlichen Theorien (Luhmann, Deleuze & Guattari) sowie der Beobachtung aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen abgeleitet: Wissensallmenden und Facebook-Gemeinschaften würden auf »Schwarmintelligenz« und Gemeinschaftssinn basieren, nicht auf Gehorsam gegenüber heteronomer Normerzeugung.
Die theoretischen Überlegungen werden anhand von sechs Fallbeispielen für selbstorganisierte, raumwirksame Projekte getestet – Prinzessinnengärten (Berlin), Utopiastadt (Wuppertal), Next Hamburg (Hamburg), n.a.t.u.r.-Festival (Bochum), Ölberg eG (Wuppertal) und St. Pauli selber machen (Hamburg). Gemeinsam ist diesen Projekten, dass staatliches oder kommunales Handeln keine oder eine nur untergeordnete Rolle für die Stadtentwicklung spielt. Die Stabilisierung und Aufwertung eines marginalen Quartiers oder die Inszenierung urbaner Freiräume wird von lokalen Initiativen getragen, die in der Diplomarbeit in Sphären des Schwarms, des Netzwerks und der Gemeinschaft eingeteilt werden. Räumliche Planung, so die Schlussfolgerung, solle die Selbstorganisation der Bewohnerinnen und Bewohner städtischer Quartiere nutzen, unterstützen, verräumlichen, mitorganisieren.