1 Die wesentlichen Strukturen und Prozesse des Kölner Stadtteils Ehrenfeld sind Folgeer- scheinungen des wirtschaftlichen Umbruchs und des damit in Zusammenhang stehenden Wandels der Bevölkerungsstruktur. 2 Die räumlichen Folgen des...
more1 Die wesentlichen Strukturen und Prozesse des Kölner Stadtteils Ehrenfeld sind Folgeer- scheinungen des wirtschaftlichen Umbruchs und des damit in Zusammenhang stehenden Wandels der Bevölkerungsstruktur.
2 Die räumlichen Folgen des Wandels sind auf den ehemals industriell genutzten Flächen in Ehrenfeld in Form von verschiedenartigen Folgenutzungen zu erkennen. Überlokale Bedeutung haben die Veranstaltungsorte "Live Music Hall", "Bel Air" und "Under- ground" erlangt; auf einigen Grundstücken werden zur Zeit Büros und Wohnungen gebaut und einige Gelände liegen entweder brach oder sind im Verhältnis zu ihrem Potential untergenutzt.
3 Wirtschaftlich ist die ehemals starken industrielle Prägung des Stadtteils einer Ausbrei- tung des Dienstleistungssektors bei gleichzeitig hohen Raten an Arbeitslosen und Sozial- hilfeempfangenden gewichen.
4 Soziale Folge des Wandels ist zum einen die Aufteilung der Bevölkerung Ehrenfelds in drei Milieus: Die alteingesessene deutsche Bevölkerung, in der vorliegenden Arbeit die "Traditionellen" genannt; die eingewanderte nichtdeutsche Bevölkerung, "Auslände- rinnen und Ausländer" genannt, und schließlich die zugezogene "alternative" Bevölkerung. Alle drei Gruppen zeichnen sich durch eigene Räume und Institutionen, sowie durch innere Differenzierung aus.
Zum anderen ist ein Auseinandergehen der 'Sozialen Schere', d.h. größer werdende Unterschiede zwischen Arm und Reich, auch für Ehrenfeld anzunehmen. Diese Beobachtung läßt sich allerdings wegen mangelndem Datenmaterial schwer belegen.
5 Innerhalb des Zeitraums, der dieser Arbeit zugrunde liegt, lassen sich die wesentlichen Entwicklungen des Untersuchungsraums anhand folgender Prozesse zusammenfassen:
• Ehrenfeld ist Zielgebiet von Arbeitsmigration gewesen.
• Die Deindustrialisierung hat räumliche, wirtschaftliche und soziale Spuren im
Stadtteil hinterlassen.
• Im Prozeß der Tertiärisierung sind relativ wenige, neue und anders
strukturierte Arbeitsplätze entstanden.
• Neue Lebensstile finden in Ehrenfeld Räume zur Verwirklichung.
• Die Veränderung des kommunalen politischen Paradigmas ist in der
Kürzung städtischer Dienstleistungen festzustellen. Darüber hinaus trägt sie sicherlich auch zu den kommunal initiierten baulichen Aufwertungsmaßnahmen des Stadtteils bei.
• Diese Aufwertungsmaßnahmen sowie die Ausbreitung der neuen Lebensstile stehen im Zusammenhang mit dem Fortschreiten der Gentrification. Für diesen Prozeß muß in Ehrenfeld ein Pionierstadium angenommen werden.
6 Die Bevölkerung des Stadtteils nimmt die Prozesse Rezenten Wandels in sehr unter- schiedlichem Maße wahr. Die "Alternativen" genießen den Stadtteil und fühlen sich hier wohl, für die "Traditionellen" könnte es besser sein, und zwar so wie es früher war. Allgemein ist bei letzterer Bevölkerungsgruppe zu beobachten, daß vieles offenbar primär als Schicksal betrachtet wird, und eine Sicht der Veränderungen in theoretischen Zusammenhängen selten ist. Diese Feststellung bestätigt These zwei der Eingangs- überlegungen (vgl. I.B.). Lediglich die Bevölkerungsgruppe der "Alternativen" weist hinsichtlich der Gentrification eine kritische Perzeption auf.
7 Die Denkansätze der Regulationsschule erweisen sich als hilfreich für das Verständnis Rezenten Wandels in Ehrenfeld. Sie eröffnen den Blick auf Zusam- menhänge sowohl zwischen heterogenen Entwicklungen im Stadtteil selbst als auch zwischen lokalen Beobachtungen und globalen Verhältnissen. Dadurch erhalten die Untersuchungsergebnisse bezüglich Ehrenfeld exemplarischen Charakter auch für andere, ähnlich strukturierte gründerzeitliche Ausbauvierteln deutscher Großstädte. Qualitative Methoden erweisen sich als geeignet, die Vorstellungsbilder des eigenen Stadtteils von seiten der Bewohnerinnen und Bewohner zu erfassen.