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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Kollisionsvermeidungs-
oder Kollisionsfolgenminderungssystems eines Fahrzeugs nach dem
Oberbegriff des Patentanspruches 1 sowie ein Kollisionsvermeidungs-
oder Kollisionsfolgenminderungssystem nach dem Oberbegriff des Patentanspruches
15.
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Es
sind vielfach Systeme zur Abstands- und Geschwindigkeitsregelung
bekannt, die nicht nur im Zweifelsfall in ein Bremsmanöver eingreifen,
sondern sogar Auffahrunfälle
vorhersehen können
und dadurch die Gefahr für
die Passagiere auf ein Minimum reduzieren. Bei diesem so genannten „Collision
Mitigation System" (CMS)
werden bereits vor einer möglichen
Kollision mit einem potentiellen Kollisionspartner alle nötigen Gegenmaßnahmen
automatisch eingeleitet. So berechnet das bekannte CMS die Wahrscheinlichkeit
einer Kollision auf Grund von Fahrbedingungen, einem Abstand zum
vorausfahrenden Fahrzeug und einer relativen Geschwindigkeit. Falls nötig, greift
das CMS dann selbständig
ein, um Kollisionen zu verhindern. Der Zeitpunkt für diesen
Systemeingriff basiert auf einer notwendigen Sollverzögerung sowie
auf einer Fahrerreaktionszeit. Vor dem Systemeingriff wird bei dem
bekannten CMS eine optische und/oder akustische Warnfunktion aktiviert.
Es erfolgt dabei jedoch keine zusätzliche Sicherungsfunktion
für den
Fahrer.
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Ein
gattungsgemäßes Verfahren
bzw. eine gattungsgemäße Vorrichtung
sind aus der
DE 102
58 617 A1 bekannt. Dort wird in Abhängigkeit vom Abstand zwischen
dem Fahrzeug und einem Hindernis und der verbleibenden Zeitdauer
bis zum Aufprall des Fahrzeugs auf das Hindernis zunächst eine
optische und/oder akustische Fahrerwarnung und gegebenenfalls eine
weitere, haptische Fahrerwarnung ausgelöst bevor ein Notbremsvorgang
zur Vermeidung des Auffahrens auf das Hindernis bzw. zur Verminderung
der Unfallfolgen ausgelöst
wird. Die beim Notbremsvorgang erreichbare Verzögerung kann entweder im Bereich
zwischen 5 m/s
2 und 7 m/s
2 fest
vorgegeben oder anhand von Größen wie
Fahrzeugmasse, Belag, Reibwert, Fahrbahnbeschaffenheit, etc. bestimmt
werden.
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Der
Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein weiter entwickeltes Verfahren
zum Betreiben eines Kollisionsvermeidungs- oder Kollisionsfolgenminderungssystems
eines Fahrzeugs sowie ein dazugehöriges verbessertes Kollisionsvermeidungs- oder
Kollisionsfolgenminderungssystem bereitzustellen.
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Die
Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die
Merkmale der unabhängigen
Patentansprüche gelöst.
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Bei
dem erfindungsgemäßen Verfahren,
bei welchem eine die verbleibende Zeitdauer bis zum Aufprall des
Fahrzeugs auf ein Hindernis beschreibende Zeitdauergröße ermittelt.
Erreicht die Zeitdauergröße einen
ersten Zeitdauerschwellenwert, wird eine erste Warnfunktion und/oder
Informationsfunktion aktiviert. Erreicht die Zeitdauergröße einen
zweiten Zeitdauerschwellenwert erfolgt ein Systemeingriff, bei dem
zumindest eine autonome Teilbremsung durchgeführt wird. Wenn nach Erreichen
des ersten oder zweiten Zeitdauerschwellenwertes eine Gefahrbremsbedingung
erfüllt
ist, dann wird ein automatische Gefahrbremsvorgang bzw. Notbremsvorgang
mit maximal möglicher
Bremsverzögerung
ausgelöst.
Zur Prüfung
der Erfüllung
der Gefahrenbremsbedingung wird eine die Bremspedalstellung be schreibende
Pedalstellungsgröße und zumindest in
einem Wertebereich der Pedalstellungsgröße zusätzlich eine die Bremspedalgeschwindigkeit
beschreibende Pedalgeschwindigkeitsgröße ausgewertet. Dabei kann
der Bremsdruck in den Radbremseinrichtungen des Fahrzeugs so weit
erhöht
werden, bis zumindest eines der Räder die Blockiergrenze erreicht
hat.
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Bei
der Erfindung wird der Gefahrbremsvorgang daher nur dann ausgelöst, wenn
der Fahrer dies durch eine die Gefahrbremsbedingung erfüllende Bremspedalbetätigung anfordert
bzw. auslöst.
Somit behält
der Fahrer die Hoheit über
die Durchführung
des Gefahrbremsvorgangs. Die Anforderung des Gefahrenbremsvorgangs
kann durch die Auswertung der Pedalstellungsgröße und gegebenenfalls zusätzlich der
Pedalgeschwindigkeitsgröße sicher
festgestellt werden. Zur weiteren Verbesserung der Sicherheit wird
durch den autonomen Teilbremsvorgang bereits vor einem eventuellen
Gefahrbremsvorgang die kinetische Energie des Fahrzeugs reduziert.
Dadurch kann die Unfallgefahr verringert oder zumindest die Unfallfolgen
gemindert werden.
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Als
erste Warnfunktion und/oder Informationsfunktion können beispielsweise
akustische Warnsignale (z.B. auffällige Töne/Klänge, Sprachausgaben oder auch
Handlungsempfehlungen) und/oder optische Warnsignale (z.B. Lichtsignale)
abgegeben werden. Ferner sind visuelle Warnsignale, beispielsweise
optische Handlungsanweisungen auf dem Display oder Darstellungen
des Fahrzeugs und des Hindernisses auf dem Display, und/oder auch
haptische Warnsignale, beispielsweise Vibrationen oder Rütteln des
Lenkrads, möglich.
Als haptisches Warnsignal kann auch ein Gurtzupfen – das heißt eine
abwechselndes Spannen und Lösen
des Fahrer-Sicherheitsgurtes – erfolgen,
wodurch der Fahrer besonders eindringlich auf eine bevorstehende
Gefahrensituation aufmerksam gemacht wird.
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Vorteilhafte
Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den abhängigen Patentansprüchen und
der Figurenbeschreibung.
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Vorteilhafterweise
ist die Gefahrbremsbedingung erfüllt,
wenn die Pedalstellungsgröße einen
ersten Pedalstellungsschwellenwert überschreitet. Dabei wird davon
ausgegangen, dass in diesem Bereich der Pedalstellungsgröße oberhalb
des ersten Pedalstellungsschwellenwertes unabhängig von der Pedalgeschwindigkeitsgröße ein Gefahrbremsvorgang vom
Fahrer angefordert wird.
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Die
Gefahrbremsbedingung kann unabhängig
von der Pedalgeschwindigkeitsgröße nicht
erfüllt sein,
wenn die Pedalstellungsgröße einen
zweiten Pedalstellungsschwellenwert unterschreitet. Bei einer Pedalstellungsgröße unterhalb
des Pedalstellungsschwellenwertes ist von einem Bremsvorgang außerhalb
einer Gefahrensituation auszugehen.
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Dabei
ist es möglich,
dass die Gefahrbremsbedingung erfüllt ist, wenn die Pedalstellungsgröße zumindest
dem zweiten Pedalstellungsschwellenwert und höchstens dem ersten Pedalstellungsschwellenwert
entspricht und die Pedalgeschwindigkeitsgröße gleichzeitig einen von der
Pedalstellungsgröße abhängigen Pedalgeschwindigkeitsschwellenwert überschreitet.
Im Bereich vom zweiten Pedalstellungsschwellenwert bis zum ersten
Pedalstellungsschwellenwert hängt
die Erfüllung
der Gefahrbremsbedingung zusätzlich
zur Pedalstellungsgröße auch
von der Pedalgeschwindigkeitsgröße ab. Der Pedalgeschwindigkeitsschwellenwert
ist in diesem Bereich aber nicht konstant, sondern abhängig von der
Pedalstellungsgröße vorgegeben.
Dadurch besteht eine sehr variable Vorgabemöglichkeit für die Gefahrbremsbedingung,
die auch an Fahrzustände des
Fahrzeugs und/oder an das Fahrverhalten des Fahrers adaptierbar
ist.
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Der
Pedalgeschwindigkeitsschwellenwert kann dabei in Abhängigkeit
von der Pedalstellungsgröße abschnittsweise
linear vorgegeben sein, wodurch eine einfache Vorgabe des Verlaufs
des Pedalgeschwindigkeitsschwellenwertes bei ausreichend genauer
Anpassbarkeit zur Unterscheidung von Pedalbetätigungen zur Anforderung von
Gefahrenbremsvorgängen
einerseits und Pedalbetätigungen zur
Anforderung von dosierten Zielbremsvorgängen andererseits möglich ist.
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Dadurch,
dass bei der Überprüfung, ob
die Gefahrbremsbedingung erfüllt
ist, eine die Fahrzeuglängsdynamik
beschreibende Längsdynamikgröße und insbesondere
die Fahrzeuglängsgeschwindigkeit
berücksichtigt
wird, ist gewährleistet, dass
die aktuelle Fahrzeuglängsdynamik
bei der Prüfung
der Erfüllung
der Gefahrbremsbedingung berücksichtigt
wird. Der Fahrzustand des Fahrzeugs kann daher bei der Prüfung der
Erfüllung
der Gefahrbremsbedingung berücksichtigt
werden.
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Es
ist dabei von Vorteil, wenn der erste Pedalstellungsschwellenwert
und/oder der zweite Pedalstellungsschwellenwert und/oder der Pedalgeschwindigkeitsschwellenwert
vom Fahrzustand des Fahrzeugs wie z.B. von der Längsdynamikgröße und insbesondere
von der Fahrzeuglängsgeschwindigkeit
abhängig
sind. Dadurch wird die Unterscheidbarkeit zwischen der Anforderung
von dosierten Zielbremsvorgängen
und Gefahrbremsvorgängen
unter Berücksichtigung
des Fahrzustandes des Fahrzeugs weiter verbessert.
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Bevorzugt
kann bei Erreichen des zweiten Zeitdauerschwellenwertes eine weitere
Sicherungsmaßnahme
und insbesondere eine Insassenfixierung, beispielsweise in Form
einer Gurtstraffung, erfolgen. Durch die Gurtstraffung zusätzlich zum
Teilbremsvorgang wird nicht nur der Fahrer gewarnt, sondern gleichzeitig
die Sicherheit der Fahrzeuginsassen im Falle eines Unfalls erhöht.
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Eine
während
dem autonomen Teilbremsvorgang eingestellte Teilbremsverzögerung kann
in einer bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung auf einen Betrag
begrenzt werden, der unterhalb einer für eine Kollisionsvermeidung
erforderlichen Sollverzögerung
liegt. Dies hat den Vorteil, dass das Kollisionsvermeidungssystem
nicht missbräuchlich
als „Abstandsassistent" genutzt werden kann,
sondern dass zur Vermeidung einer möglichen Kollision ein Aufmerksamkeitsgrad
des Fahrers vorausgesetzt wird. Die Teilbremsverzögerung kann
dabei beispielsweise etwa 90% einer maximal erreichbaren Bremsverzögerung betragen.
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Die
Teilbremsverzögerung
wird dabei vorzugsweise abhängig
von der Fahrzeuglängsgeschwindigkeit
ermittelt. Insbesondere kann die Teilbremsverzögerung mit steigender Fahrzeuglängsgeschwindigkeit
beispielsweise stufenweise abnehmen. Bei niedrigen Fahrzeuglängsgeschwindigkeiten kann
eine höhere
Bremsverzögerung
eingestellt werden als bei höheren
Fahrzeuglängsgeschwindigkeiten.
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Weiterhin
ist es vorteilhaft, wenn beim Systemeingriff bei Erreichen des zweiten
Zeitdauerschwellenwertes ein autonomer Lenkeingriff erfolgt. Der Systemeingriff
zur Kollisionsvermeidung oder Kollisionsfolgenminderung kann mithin
als autonomer Bremseingriff und als autonomer Lenkeingriff ausgestaltet
sein.
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Auf
Anforderung durch den Fahrer kann der Systemeingriff und/oder der
Gefahrbremsvorgang deaktiviert werden. Beispielsweise kann für die Deaktivierung
des Systemeingriffs bzw. des Gefahrbremsvorgangs aus Pedalstellungsgröße und/oder Pedalgeschwindigkeitsgröße ein Deaktivierungsschwellenwert
ermittelt werden. Bei einer einfachen zu realisierenden Ausführung kann
der Deaktivierungsschwellenwert als prozentualer Wert der Pedalstellungsgröße vorgegeben
sein und beispielsweise –50%
betragen, was einer Verringerung der Pedalstellungsgröße um 50%
durch einer Verlagerung des Bremspedals in Richtung der Bremspedalruhestellung
entspricht. Eine Deaktivierung des Systemeingriffs bzw. des Gefahrbremsvorgangs
würde bei
diesem Beispiel somit bei einer Zurücknahme des Bremspedals ausgehend
von der aktuellen Bremspedalstellung um mindestens den halben aktuellen
Pedalweg erfolgen.
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Ferner
besteht die Möglichkeit
den bei Erreichen des zweiten Zeitdauerschwellenwertes ausgelösten Systemeingriff
und/oder den Gefahrbremsvorgang durch eine einen Lenkschwellenwert überschreitende
Lenkradbewegung des Fahrers deaktiviert wird. Aus einer derartigen
Lenkaktivität
des Fahrers wird auf ein eingeleitetes Ausweichmanöver geschlossen.
Um dem Fahrer die Hoheit über
die Wahl des geeigneten Mittels zur Unfallvermeidung bzw. Unfallfolgenminderung
zu überlassen
erfolgt die Deaktivierung der autonom eingeleiteten Maßnahmen.
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Zweckmäßigerweise
werden der bei Erreichen des zweiten Zeitdauerschwellenwertes ausgelöste Systemeingriff
und/oder der Gefahrbremsvorgang durch eine durch den Fahrer ausgelöste Längsbeschleunigung
des Fahrzeugs deaktiviert.
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Nach
der Deaktivierung des Systemeingriffs und/oder des Gefahrbremsvorgangs,
kann die akustische und/oder optische Warnung oder Information des
Fahrers aufrechterhalten werden, um die noch bestehende Gefahrensituation
anzuzeigen.
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Im
Folgenden wird die Erfindung anhand eines in der Zeichnung dargestellten
Ausführungsbeispiels
näher erläutert. Dabei
zeigen:
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1 ein
Ausführungsbeispiel
eines Kollisionsvermeidungs- oder Kollisionsfolgenminderungssystems
in Blockschaltbild ähnlicher
schematischer Darstellung,
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2 eine
Diagramm das die Pedalgeschwindigkeitsgröße über der Pedalstellungsgröße zeigt
mit zwei beispielhaft eingezeichneten Trajektorien,
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3 eine
schematische Darstellung des zeitlichen Verlaufs einer Fahrsituation
mit einem sich an ein Hindernis annähernden Fahrzeug.
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In 1 ist
blockschaltbildartig ein Kollisionsvermeidungs- und/oder Kollisionsfolgenminderungssystems 5 zur
Vermeidung eines Auffahrunfalls bzw. zur Verminderung der Folgen
eines Auffahrunfalls eines Fahrzeugs 6 auf ein Hindernis 7 dargestellt.
Das Kollisionsvermeidungs- und/oder Kollisionsfolgenminderungssystems 5 weist
eine Abstandsermittlungseinrichtung 12 auf. Die Abstandsermittlungseinrichtung 12 ermittelt
eine den Abstand D zwischen dem Fahrzeug 6 und dem Hindernis 7 beschreibende
Abstandsgröße A. Beim
bevorzugten Ausführungsbeispiel
ist die Abstandsgröße A von dem
in Fahrtrichtung 13 des Fahrzeugs 6 gemessenen
Abstand D des Fahrzeugs 6 zum Hindernis 7 gebildet.
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Die
Abstandermittlungseinrichtung 12 weist umgebungserfassende
Sensoren, beispielsweise in Form eines Radars, eines Lidars (Lidar
= light detection and ranging), eines Videosensors und/oder ein Ultraschallsensors
auf. Besonders bevorzugt sind die umgebungserfassenden Sensoren
als 77 GHz Radar-Sensor
ausgebildet, der eine Reichweite zwischen etwa 7 und 150 m bei einem Öffnungswinkel von
ca. 9° haben
kann. Alternativ oder zusätzlich können auch
24 GHz Radar-Sensoren vorgesehen sein, die jeweils eine Reichweite
von etwa 0,1 bis 30 m bei einem Öffnungswinkel
von ca. 45° haben
können,
wodurch die Qualität
der Hinderniserkennung verbessert werden kann. Insbesondere ist
eine verbesserte Erfassung stehender Hindernisse möglich. Die
Abstandsermittlungseinrichtung kann Bestandteil einer im Fahrzeug 6 vorhandenen,
an sich bereits bekannten Abstandsregeltempomateinrichtung zur Regelung
der Fahrzeuglängsgeschwindigkeit
vx und des Abstandes D zu vorausfahrenden Fahrzeugen sein.
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Die
vom Abstand D gebildete Abstandsgröße A wird von der Abstandsermittlungseinrichtung 12 an
eine Steuereinheit 16 übermittelt.
Die Steuereinheit 16 ermittelt aus dem Abstand D und der
Fahrzeuglängsgeschwindigkeit
vx – die
der Steuereinheit 16 von einen Längsgeschwindigkeitssensor 17 übermittelt
wird – eine
Zeitdauergröße, die
die verbleibende Zeitdauer h bis zum Aufprall des Fahrzeugs 6 auf das
Hindernis 7 angibt. In Abhängigkeit vom Betrag der Zeitdauergröße bzw.
der Zeitdauer h wird zunächst
zumindest eine Fahrerwarnung hervorgerufen. Hierfür ist die
Steuereinheit 16 mit einem optischen und akustischen Fahrerwarnsystem 19 und
einem haptischen Fahrerwarnsystem 20 verbunden.
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Weiterhin
wird eine die Bremspedalstellung eines Bremspedals 24 des
Fahrzeugs 6 beschreibende Pedalstellungsgröße px an
die Steuereinheit 16 übertragen.
Die Pedalstellungsgröße px ergibt sich
beispielsgemäß durch
den Pedalweg ps, der von einem Pedalwegsensor 25 erfasst
wird, und einem im Hauptbremszylinder 26 des Bremssystems 27 des Fahrzeugs 6 durch
die Bremspedalstellung erzeugten Hauptbremszylinderdruck pd, der
von einem Drucksensor 28 gemessen wird. In Abwandlung zur bevorzugten
Ausführungsform
könnte
auch lediglich einer der beiden Werte Pedalweg ps oder Hauptbremszylinderdruck
pd als Pedalstellungsgröße px verwendet
werden. Auch andere mit der Bremspedalstellung korrelierte Größen wie
die Pedalkraft könnten
alternativ oder zusätzlich
zur Bildung der Pedalstellungsgröße px dienen.
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Zur
automatischen Auslösung
eines Bremsvorgangs kann die Steuereinheit 16 das Bremssystem 27 ansteuern,
wie dies schematisch in 1 dargestellt ist. Dabei kann
unabhängig
von der durch den Fahrer durch die Betätigung des Bremspedals 24 angeforderten
Bremsverzögerung
z in einer oder mehreren der Radbremseinrichtungen des Bremssystems 24 ein
Bremsdruck bzw. eine Bremskraft aufgebaut werden.
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Anhand
der 2 und 3 wird nunmehr der zeitliche
Ablauf bei der Annäherung
des Fahrzeugs 6 an das Hindernis 7 beschrieben,
das im vorliegenden Fall ebenfalls von einem im Wesentlichen dieselbe
Fahrtrichtung 13 aufweisenden Fahrzeug gebildet ist.
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Aus
der verbleibenden Zeitdauer h wird in der Steuereinheit 16 zunächst ein
erster Bremszeitpunkt für
eine Kollisionsvermeidung durch einen Bremsvorgang mit einem ersten
Bremsverzögerungswert
z0 ermittelt. Dieser erste Bremszeitpunkt entspricht einem ersten
Zeitdauerschwellenwert h0. Der erste Zeitdauerschwellenwert h0 wird
beim bevorzugten Ausführungsbeispiel
zu etwa 2,0 s bis 3,0 s gewählt.
Daraus wird dann der erste Bremsverzögerungswert z0 ermittelt, der
von weiteren Größen wie
Fahrzeuglängsgeschwindigkeit
vx, Relativgeschwindigkeit des Fahrzeugs 6 zum Hindernis 7 und Abstand
D zum Hindernis 7 abhängt.
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Erreicht
die verbleibende Zeitdauer h diesen ersten Zeitdauerschwellenwert
h0, löst
die Steuereinheit 16 durch Ansteue rung des optischen und
akustischen Fahrerwarnsystems 19 und des haptischen Fahrerwarnsystems 20 zunächst eine
erste Warnfunktion mit optischer, akustischer und haptischer Fahrerwarnung
aus, die den Fahrer vor der möglicherweise
bevorstehenden Kollision mit dem Hindernis warnt. Der Fahrer wird
dadurch aufgefordert einen Bremsvorgang einzuleiten, um den Auffahrunfall zu
verhindern. Optische und akustische Fahrerwarnungen sind an sich
bekannt und können
vielfältig ausgestaltet
sein.
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Zur
haptischen Fahrerwarnung wird das haptische Fahrerwarnsystem 20 angesteuert,
das beispielsgemäß ein Gurtzupfen
am Fahrer-Sicherheitsgurt verursacht. Dabei wird der Fahrer-Sicherheitsgurt abwechselnd
gespannt und wieder gelöst.
Auch andere haptische Fahrerwarnungen wie Vibrieren des Lenkrades
oder des Fahrersitzes können
durch das haptische Fahrerwarnsystem 20 ausgelöst werden.
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In
Abwandlung zum dargestellten Ausführungsbeispiel können die
optische, akustische und die haptische Fahrerwarnung auch zeitlich
nacheinander ausgelöst
werden und sozusagen verschiedene Eskalationsstufen der Fahrerwarnung
bilden.
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Reagiert
der Fahrer nicht oder nur unzureichend, so dass die Kollisionsgefahr
nach wie vor besteht, wenn die verbleibende Zeitdauer h einen zweiten
Zeitdauerschwellenwert h1 erreicht hat, wird durch die Steuereinheit 16 zur
weiteren haptischen Fahrerwarnung und zum Abbau der kinetischen
Energie des Fahrzeugs 6 das Betriebsbremssystem 27 angesteuert
und ein Teilbremsvorgang mit einer vorgegebenen Teilbremskraft bzw.
einer vorgegebenen Teilbremsverzögerung
z1 eingestellt.
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Beim
bevorzugten Ausführungsbeispiel
beträgt
die Teilbremsverzögerung
z1 bis zu 90% einer maximal erreichbaren Brems verzögerung z,
wobei die Teilbremsverzögerung
z1 abhängig
von der Fahrzeuglängsgeschwindigkeit
vx vorgegeben ist. Mit zunehmender Fahrzeuglängsgeschwindigkeit vx nimmt die
vorgegebene Teilbremsverzögerung
z1 stufenweise ab. Beispielsgemäß wird bei
niedrigen Fahrzeuglängsgeschwindigkeiten
vx bis zu etwa 50 km/h eine Teilbremsverzögerung von etwa 4m/s2 eingestellt, bei Fahrzeuglängsgeschwindigkeiten
vx von etwa 50 km/h bis etwa bis 150 km/h eine Teilbremsverzögerung von
etwa 3m/s2 und bei Fahrzeuglängsgeschwindigkeiten
von etwa über
150 km/h eine Teilbremsverzögerung
von etwa 2m/s2. Die während des Teilbremsvorgangs
eingestellte Teilbremsverzögerung
z1 ist dabei so gewählt,
dass sie betragsmäßig kleiner
ist als die Sollverzögerung,
die zum Zeitpunkt des Erreichend des zweiten Zeitdauerschwellenwertes
h1 notwendig wäre,
um bei der aktuellen Fahrzeuglängsgeschwindigkeit
vx, dem aktuellen Abstand D des Fahrzeugs 6 zum Hindernis 7 und
der aktuellen Relativgeschwindigkeit zwischen Fahrzeug 6 und
Hindernis 7 ein Auffahren auf das Hindernis 7 zu
verhindern. Dadurch wird der Missbrauch des Kollisionsvermeidungs-
oder Kollisionsfolgenminderungssystems 5 als Mittel zum
Einstellen des Abstands zu einem vorausfahrenden Fahrzeug verhindert.
Die Verantwortung über
das Einleiten notwendiger Maßnahmen
zum Beenden oder Verhindern von Gefahrensituationen im Straßenverkehr
bleibt somit beim Fahrer.
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Der
zweite Zeitdauerschwellenwert h1 kann beispielsweise so gewählt werden,
dass bis zu dem letztmöglichen
Zeitpunkt, zu dem durch einen Lenkeingriff oder Bremseingriff eine
Kollision des Fahrzeugs 6 mit dem Hindernis 7 vermieden
werden kann, noch eine vorgegebene Handlungszeitspanne verbleibt,
die beim Ausführungsbeispiel
etwa 1,0 s bis 2,0 s beträgt.
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Bei
Erreichen eines zweiten Zeitdauerschwellenwerts h1 erfolgt zudem
eine Insassenfixierung der Fahrzeuginsassen in Form einer reversiblen Gurtstraffung
als weitere Sicherungsmaßnahme.
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Eine
alternative Ausgestaltung der Erfindung kann zusätzlich zum Teilbremsvorgang
auch ein selbsttätiger
Lenkeingriff vorsehen, mit dem Ziel, das Fahrzeug 6 am
Hindernis 7 zur Unfallvermeidung vorbei zu lenken oder
das Fahrzeug 6 in Bezug auf das Hindernis 7 in
derart auszurichten, dass bei einem etwaigen Auffahrunfall die Unfallfolgen
für die Unfallbeteiligten
möglichst
gering sind. Hierfür
ist die Kenntnis der Position, Ausrichtung und Art des Hindernisses 7 erforderlich,
die beispielsweise aus den Daten einer Objekterkennungseinrichtung
erlangt werden kann.
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Nach
dem Erreichen des ersten oder zweiten Zeitdauerschwellenwertes h0
bzw. h1 prüft
die Steuereinheit 16, ob eine vorgegebene Gefahrbremsbedingung
erfüllt
ist. Sofern dies zutrifft steuert die Steuereinheit 16 das
Bremssystem 27 des Fahrzeugs 6 an und löst einen
Gefahrbremsvorgang mit der maximal erreichbaren Bremsverzögerung zmax
aus. Bei dem in 3 beispielhaft dargestellten
zeitlichen Ablauf ist dies zu einem Zeitpunkt der Fall, an dem die verbleibende
Zeitdauer h den Zeitdauerwert h2 annimmt. Dabei wird die Bremskraft
bzw. der Bremsdruck in den Radbremseinrichtungen des Fahrzeugs 6 erhöht bis zumindest
eines der gebremsten Fahrzeugräder
seine Blockierschwelle erreicht hat und eine an sich bekannte Blockierschutzregelung – wie z.B.
ABS – eingreift.
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Die
Erfüllung
der Gefahrbremsbedingung wird anhand der Pedalstellungsgröße px und
einer aus der zeitlichen Änderung
der Pedalstellungsgröße px ermittelten
Pedalgeschwindigkeitsgröße pv geprüft.
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2 zeigt
ein Koordinatensystem, wobei die Abszisse Werte für die Pedalstellungsgröße px und
die Ordinate Werte für
die Pedalgeschwindigkeitsgröße pv angibt.
Der Ursprung des Koordinatensystems ist mit U gekennzeichnet. Positive
Werte der Pedalgeschwindigkeitsgröße pv bedeuten, dass das Bremspedal 24 von
seiner unbetätigten
Ausgangs- oder Ruhestellung heraus bewegt wird, während negative
Werte der Pedalgeschwindigkeitsgröße pv eine Rücknahmebewegung
des Bremspedals 24 aus einer ausgelenkten, betätigten Stellung
zurück
in die unbetätigte
Ausgangsstellung beschreiben. Die Ausgangsstellung des Bremspedals 24 ist
durch den Ursprung U des Koordinatensystems angegeben.
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Mit
Hilfe von Fahrversuchen wurde ermittelt, dass durch einen Fahrer
durch Betätigung
des Bremspedals 24 verursachte dosierte Zielbremsvorgänge einerseits
und Gefahrbremsvorgänge
andererseits anhand der sich ergebenden Trajektorien im Pedalstellungsgrößen-Pedalgeschwindigkeitsgrößen-Koordinatensystem
unterscheiden lassen. Die Trajektorien beginnen und enden immer
im Ursprung U des Koordinatensystems. In 2 sind eine
einen dosierten Zielbremsvorgang beschreibende erste Trajektorie 30 und
eine einen Gefahrbremsvorgang charakterisierende zweite Trajektorie 31 für eine Fahrzeuglängsgeschwindigkeit
von etwa 50–70
km/h beispielhaft dargestellt.
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Aus
den Fahrversuchen hat sich ergeben, dass sich das Koordinatensystem
in einen Zielbremsbereich 33 und einen Gefahrbremsbereich 34 unterteilen
lässt,
wobei sich die beiden Bereiche 33, 34 abhängig von
der Fahrzeuglängsgeschwindigkeit verändern. Die
als durchgezogene Linie dargestellte erste Bereichsgrenze 35 gilt
für Fahrzeuglängsgeschwindigkeiten
von etwa 50–70
km/h.
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In
diesem Geschwindigkeitsbereich ergeben sich für dosierte Zielbremsvorgänge Trajektorien,
die im Wesentlichen in einem Bereichsabschnitt 38 des Zielbremsbereichs 33 liegen,
der sich ausgehend vom Ursprung U entlang der Abszisse bis zu einem Endpunkt 39 erstreckt
und in etwa symmetrisch zur Abszisse ausgebildet ist. Die Breite
des Bereichsabschnitts quer zur Abszisse gesehen 38 nimmt
ausgehend vom Ursprung bis zu einer maximalen Breite zu und verringert
sich dann zunächst
stärker
und anschließend
schwächer
bis zum Endpunkt 39 hin.
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Die
Gefahrbremsbedingung ist erfüllt,
wenn die die Pedalbetätigung
des Bremspedals 24 beschreibende Trajektorie den Zielbremsbereich 33 zumindest
an einer Stelle verlässt.
Die Gefahrbremsbedingung ist beispielsgemäß unabhängig von der Pedalgeschwindigkeitsgröße pv dann
erfüllt,
wenn die Pedalstellungsgröße px einen
ersten Pedalstellungsschwellenwert px1 überschreitet. Eine Pedalstellungsgröße px, deren
Betrag größer ist
als der erste Pedalstellungsschwellenwert px1 überschreitet die erste Bereichsgrenze 35.
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Ist
der Betrag der Pedalstellungsgröße px kleiner
als ein zweiter Pedalstellungsschwellenwert px2, dann ist die Gefahrbremsbedingung
unabhängig von
der Pedalgeschwindigkeitsgröße pv nicht
erfüllt. Die
Trajektorie verläuft
dann immer im Zielbremsbereich 33.
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Wenn
die Pedalstellungsgröße zumindest dem
zweiten Pedalstellungsschwellenwert px2 und höchstens dem ersten Pedalstellungsschwellenwert px1
entspricht, wird die Gefahrbremsbedingung nur dann erfüllt, wenn
gleichzeitig die Pedalgeschwindigkeitsgröße pv einen von der Pedalstellungsgröße px abhängigen Pedalgeschwindigkeitsschwellenwert pvs überschreitet.
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Der
Pedalgeschwindigkeitsschwellenwert pvs ist positiv und wird verringert
sich mit zunehmenden Werten der Pedalstellungsgröße px. Beim bevorzugten Ausführungsbeispiel
verläuft
der Pedalgeschwindigkeitsschwellenwert pvs in Abhängigkeit von
der Pedalstellungsgröße px abschnittsweise
linear und weist hier zwei Abschnitte mit jeweils konstanter Steigung
auf, wobei ein erster Abschnitt 40 ausgehend vom zweiten
Pedalstellungsschwellenwert px2 mit größer werdender Pedalstellungsgröße px betragsmäßig stärker abfällt als
ein sich daran anschließender
zweiter Abschnitt 41, der am ersten Pedalstellungsschwellenwert
px1 endet.
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Für eine höhere Fahrzeuglängsgeschwindigkeit
vx ergibt sich eine zweite Bereichsgrenze 45, die zu betragsmäßig größeren Werten
der Pedalstellungsgröße hin verschoben
ist, wobei der grundsätzliche
Verlauf erhalten bleibt. Die zweite Bereichsgrenze kann beispielsweise
durch Multiplikation der ersten Bereichsgrenze 35 mit einem
Faktor erhalten werden. Dabei ergeben sich dann auch ein veränderter
erster und zweiter Pedalstellungsschwellenwert px1' bzw, px2'.
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Der
bei Erreichen des zweiten Zeitdauerschwellenwertes h1 ausgelöste Systemeingriff
und der Gefahrbremsvorgang können
beim Ausführungsbeispiel
wieder deaktiviert werden, wenn ein Abbruchkriterium erfüllt ist.
Das Abbruchkriterium ist dann erfüllt, wenn eine durch den Fahrer
ausgelöste Längsbeschleunigung
des Fahrzeugs 6 festgestellt wird. Beispielsweise kann
der Steuereinheit 16 hierfür die Fahrpedalstellung oder
das Signal eines Längsbeschleunigungssensors übermittelt
werden.
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Zur
Erfüllung
des Abbruchkriteriums ist auch ein Deaktivierungsschwellenwert für die Pedalstellungsgröße px vorgegeben.
Der Deaktivierungsschwellenwert beträgt beispielsweise –50%, so
dass das Abbruchkriterium erfüllt
ist, wenn sich die Pe dalstellunggröße px um 50% verringert hat.
Wenn mithin das Bremspedal 24 in Richtung seiner Ausgangs- oder
Ruhestellung bewegt wird und sich die Pedalstellungsgröße dadurch
um zumindest 50% verringert hat, ist das Abbruchkriterium erfüllt.
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Ferner
kann das Abbruchkriterium bei einer alternativen Ausführung auch
dann erfüllt
sein, wenn eine einen Lenkschwellenwert überschreitende Lenkradbewegung
des Fahrers festgestellt wird. Die Lenkradbewegung kann dabei durch
den Lenkradwinkel und/oder das Lenkradmoment und/oder eine zeitliche
Ableitung dieser Größen beschrieben
werden. Hierfür
müsste
der Steuereinheit 16 zumindest eine dieser die Lenkradbewegung
beschreibenden Größen übermittelt
werden.
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Weiterhin
ist das Abbruchkriterium erfüllt, wenn
der Fahrer das Kollisionsvermeidungs- oder Kollisionsfolgenminderungssystems 5 durch
eine entsprechende Bedientätigkeit
ausschaltet, was beispielsweise durch eine entsprechende Menüauswahl in
einem Fahrzeuginstrument erfolgen kann. Wenn die Abstandsermittlungseinrichtung 12 eine
Störung aufweist
oder das Hindernis nicht sicher erkannt werden kann, ist das Abbruchkriterium
ebenfalls erfüllt.
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Nachdem
durch das Erfüllen
des Abbruchkriteriums die Deaktivierung des Systemeingriffs und/oder
des Gefahrbremsvorgangs erfolgt ist, kann die akustische und/oder
optische und/oder haptische Warnung oder Information des Fahrers
aufrechterhalten bleiben, insbesondere dann, solange der erste Zeitschwellenwert
h0 aufgrund einem veränderten Fahrzustand
oder einer veränderten
Verkehrssituation nicht wieder unterschritten wurde.