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Verfahren zur Herstellung einer in Wunden aufsaugbaren Paste aus Bindegewebe
Die Wundverklebung erfolgt nach Vorstellungen von H all e r durch einen gelatinösen
Stoff der aus den Gefäßen, den Vasa aquosa, austritt, die L e e u w e n h o e k
und B o erhave (I7I3) zuerst beschrieben. Nach der Lehre von H ii n t e r (1794)
kommt die erste Vereinigung der Wunde durch Gerinnung des zwischen die Wunde ergossenen
Blutes zustande. T h o m s e n (1821) war der Ansicht, daß eine Wunde durch eine
gallertartige Substanz vereinigt wird die er bereits 4 Stunden nach der Verwundung
im Tierversuch feststellte. R e m a k s Entdeckung der Teilung der embryonalen Zellen,
die immer bestimmter hervortretende Überzeugung. daß die pathologischen Gewebe ebensowenig
wie die normalen sich von einem extrazellulären Cystoblastom bilden, die fortgesetzten
Bemühungen V i r c h o w s, für alle pathologischen Neubildungen die Herkunft von
normalen Elementen nachzuweisen, gipfelten in dem Satz: Omnis cellula e cellula
(1855).
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Bereits Vircholv ging einen Schritt weiter.
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Er nahm der plastischen Lymphe, dem Fibrin, ihre Bedeutung als amorphes
Blastom.
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Virchow suchte wahrscheinlich zu machen, daß das Fibrin bei den Entzündungsprozessen
überhaupt nicht aus der Flüssigkeit stamme, sondern ein Lokalprodukt des Gewebes
sei.
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Die alte, von H u n t e r bekämpfte Lehre von der Einschmelzung des
Gewebes kam wieder zu Ehren. Soweit der Stand der Technik und seine Entwicklung.
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Das Verfahren der vorliegenden Erfindung macht nun Bindegewebe in
Form einer Paste zur Deckung von Wunden nutzbar. Der einfache Wundverband saugt
durch die Kapillarkräfte des verwandten Gewebes einen großen Teil der Wundabsonderung
ab; es bildet sich aber je nach der Saugfähigkeit unter dem Verband erfahrungsgemäß
eine mehr oder minder größere Stauung des Wundsaftes, deren Größe sich nach der
Durchlässigkeit des Verbandes richtet. Eine noch größere Behinderung des Abschlusses
der Wundabsonderung wird herbeigeführt, wenn man den Verband
durch
Auftragung eines Fettes oder Öles undurchlässig macht dem sog. Salbenverballd.
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Die als Salbengrundlage verwandten Fette oder Öle kommen mit der
Wunde in unmittelbare Berührung und geben einen dichten Film. Die demischen Reaktionen,
die sich unter einem Salbenverband abspielen. sind von den in den Salben eingebrachten
Füllmitteln und den physikalischen Eigenschaften der Salbengrundlage abhängig.
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Man hat hereits in die Salbengrundlage Mittel eingebracht, die die
Wundheilung nach dem Wunsche des Arztes beeinflussen sollen: in dem einen Falle
soll das in die Salbe eingebrachte Mittel eine zu starke Wucherung der Wundflächen
abdämmen, was z. B. durch Beimischung von Argent. nitricum in dio Salbengrundlage
geschieht, bei anderen Wunden soll die Sprossung der Fleischwärzchen und die Überhäutung
angeregt werden. Man hat hierzu Öle mit reichem Gehalt an Phytosteinen benutzt.
wie z. B. den Perubalsam. in neuerer Zeit vitaminhaltige Salben, wie Lebertransalbe.
Auch Farbstoffe wurden verwandt, wie z. B. Scharlachrotsalbe. Nach dem Aufkommen
der keimtötenden Präparate der Sulfonamidreihe hat man auch diese durch Einbringung
in die Salbe mit der Wunde in Berührung gebracht. Auch arteigenesundartfremdes Gewebe
hat man in Wunden eingebracht. man verwandte hierzu am häufigsten Muskelgewebe,
das entweder frisch entnommen oder besonders vorbereitet wurde zur das aus dem Blut
des Tiers gewonnene Serum wurde versuchsweise in Wunden eingeführt.
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Diese Art der Verwendung des tierischen Gewebes hat aber keine größere
praktische Bedeutung gewonnen, zumal die Haftbarkeit in Wunden schlecht ist.
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Das Verfahren der vorliegenden Erfindung macht nun das Bindegewebe
in Form einer aufsaugbaren. anhaftenden Paste für Wunden nutzlar. Das Verfahren
gemäß der Erfindung geht davon aus, daß das Bindegewebe in der Form, in der es im
Tierkörper vorliegt. nicht zur Deckung von Wunden benutzt werden kann. Daher wird
erfindungsgemäß das Bindegewebe in seiner kolloidalen Bindung so weit zerstört,
daß eine hochviscose, nicht klebende Lösung entsteht. Die Lösung unterscheidet sich
in ihren kolloidalen Reaktionen durchaus von der Gelatine. Das Bindegewebe. z. B.
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Sehnen, wird also getrocknet. bis auf einen Wassergehalt von etwa
10 bis 20%. und mechanisch, z. B. Klopfen, BrEchen. behandelt.
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Das in dieser Weise vorbereitete Bindegewebe nird unter Zusatz von
Wasser. z. B. auf 50 Gewichtsteile Schne 50 Gewichtsteile Wasser. weiter mechanischer
Gewalt, z. 13. durch Rühren oder Schlagen. ausgesetzt, bis eine homogene kolloidale
Lösung voll den be schriebenen Eigenschaften entsteht. Durch Zusatz von geringen
Mengen von Säuren oder Alkalien, z. B. Kaliumhydroxyd 1%, Ameisensäure 2%, berechnet
auf vorstehende Gesamtlösung, und Zufügung leichter Wärme bis 72 C kann die Lösung
beschleunigt werden.
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In der so hergestellten Lösung ist die leimgebende Substanz, das
Kollagen, in einer niedrigkondensierten, leicht löslichen Phase und einer hochkondensierten,
schlecht wasserlösliegen Phase nachweisbar.
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Da die Filmbildung der im ersten Gang des Verfahrens hergestellten
Lösung für eine Filmbildung in Wunden nicht ausreicht, wird im zweiten Gang des
Verfahrens die hergerichtete Sehnenlösung mit einer gerillgere Menge eines Kautschuklatex
oder einer wäßrigen Dispersion eines der bekannten Kunststoffe vermischt, z.B. 20%,
berechnet auf die obige Lösung. Das geschieht am besten im Emulgator. Dadurch wird
eine sahnenartige Paste gewonnen, die sich zum Einbringen in Wunden ausgezeichnet
eignet. Zur Beeinilussung der Wundheilung können in diese Paste die bekannten Arzneimittel
auch der Sulfonamin reihe eingebracht werden.
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Die gemäß der Erfindung hergerichtete kolloidale Lösung des Bindegewebes
dringt in menschliches Gewebe außerordentlich rasch ein. wie bei Prüfungen am menschlichen
Auge gefunden wurde, wenn die beschriebene Lösung mit Novocain versetzt wurde. In
die beschriebene Lösung eingebrachte Substanzen. auch Arzneimittel, lagern sich
an die ll(her kondensierte harte Phase der leimgebenden Substanz in der erfindungsgemäß
hergestellten Lösung an.
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Die erfindungsgemäß angefertigte Wundpaste stellt in ihrer Art und
auch ihrer Wirkungsweise etwas durchaus Neues dar. Die Wundpaste ist ein neu gebildetes
kolloidales System, das durch Bindung zweier völlig verschiedener Systeme, der desaggetrierten
Substanz des Bindegewebes einerseits und dem System des Kautschuklatex bzw. der
wäßrigen Dispersion des Kunststoffes, gebildet wird.
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Im Filmversuch ergibt die erfindungsgemäß angefertigte Wundpaste
wasserklare Filme.
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Die erfindungsgemäß hergerichtete Paste ist fast fettfrei. Durch
ihren dem menschlichen Bindegewebe ähnlichen Aufbar vermag die erfindungsgemäß angefertigte
Paste in besonders innige Berührung mit den Wundflächen zu treten. Die Wundflächen
trennen sich von der eingeführten Paste nicht mehr. wie dies bei fetthaltigen Salben
beobachter wird. Für den Austausch der Gewebeflüssigkeit ist die erfindungsgemäß
hergestellte Wundpaste daher besonders geeignet. Arzneimittel, die in die erfindungsgemäß
angefertigte Paste eingebracht sind, werden nur langsam von der
hochkondensierten
Phase des Bindegewebes abgegeben, an die sie sich anlagern. Dies ist für eine Heilwirkung
hesonders günstig.
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Durch die bei der Austrocknung der Wundpaste auftretende Filmbildung
nähern sich die Wundränder mechanisch. Der zur Filmbildung hinzugefügte Kautschuklatex
oder die wäßrige Dispersion des Kunststoffes bewirkt gleichzeitig, daß der Verband
sofort auf den Wunden haftet.
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Die Wundpaste schmerzt nicht, während Klebmittel in ätherischer Lösung
in Berührung mit der Wunde gekommen, erhebliche Schmerzen hervorrufen.