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Verfahren zur Herstellung von wasserlöslichen Polymerisationsprodukten
aus am Stickstoffatom unsubstituierten 1,2-Alkyleniminen Es ist bekannt, Äthylenimin
mit Hilfe von Säuren oder anderen Stoffen, die mit Äthylenimin Kationen bilden können,
zu polymerisieren (vgl. zum Beispiel die deutsche Patentschrift 665 791 und H 0
u b e n -Weil, »Methoden der Organischen Chemie«, 4.aufs lage, 1958, Bd. 11/2, S.
259ff.).
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Aus der deutschen Patentschrift 888 170 ist es weiterhin bekannt,
N-substituierte Äthyleniminderivate, z. B. den aus Äthylenimin und Methylacrylat
hergestellten p-Äthyleniminopropionsäuremethylester, zu polymerisieren. Je nach
den Ausgangsmaterialien erhält man hierbei teils wasserlösliche, teils wasserunlösliche
Polymerisate.
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Ferner ist es aus der deutschen Patentschrift 711408 bekannt, daß
man durch Umsetzung von monomeren oder polymeren 1,2-Alkyleniminen mit aliphatischen
oder cyclischen Carbonsäuren oder deren Anhydriden und Estern polymere Stoffe erhält.
Die beschriebenen Verfahrensprodukte sind jedoch wasserunlöslich und demgemäß für
viele Verwendungszwecke nicht geeignet.
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Wasserlösliche Polymerisate von 1,2-Alkyleniminen, insbesondere von
Äthylenimin, sowie auch chemisch modifizierte Polymerisate dieser Art haben große
technische Bedeutung, vor allem in der Papierindustrie. Als Zusatz zum Faserstoffbrei
bewirken diese Mittel unter anderem eine Mahigraderniedrigung, eine Naßverfestigung
des Papiers und eine Beschleunigung der Entwässerung des Faserbreies bei der Blattbildung.
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Die letztgenannte Wirkung wurde bei den bisher bekannten Mitteln
dieser Art vielfach von der Erscheinung begleitet, daß die Transparenz des Papiers
unregelmäßig wird, und zwar um so mehr, je größer die Entwässerungsgeschwindigkeit
ist.
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Es wurde nun gefunden, daß man für papiertechnische Zwecke hervorragend
geeignete wasserlösliche Polymerisationsprodukte aus am Stickstoffatom unsubstituierten
1,2-Alkyleniminen einerseits und o;"B-ungesättigten Carbonsäuren oder deren Säurechloriden,
Estern oder Anhydriden andererseits bei Temperaturen von 20 bis 200"C erhält, wenn
man 1 Mol des 1,2-Alkylenimins in wäßriger oder Wasser enthaltender organischer
Lösung mit 0,001 bis 0,5 Mol, vorzugsweise 0,01 bis 0,3 Mol, einer a,ß-ungesättigten
Carbonsäure oder eines Säurechlorids, Esters oder Anhydrids dieser Säuren so lange
umsetzt, bis die Viskosität einer lgewichtsprozentigen wäßrigen Lösung des Umsetzungsprodukts
bei 20"C mindestens 1,2 cP, vorzugsweise mindestens 1,5 cP, beträgt.
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Besonders gute Ergebnisse wurden erzielt, wenn man zunächst die Hauptmenge,
etwa 900/0, der os"S-un-
gesättigten Säuren oder von deren genannten Derivaten in
Wasser oder einem Gemisch aus Wasser und einem organischen Lösungsmittel vorlegt
und das in Wasser gelöste 1,2-Alkylenimin bei Temperaturen zwischen 70 und 100"C
langsam zulaufen läßt oder wenn man die Reaktionspartner gleichzeitig in das vorher
erhitzte Wasser bzw. Lösungsmittelgemisch einlaufen läßt und wenn man das so erhaltene
Polymerisat danach mit der restlichen Menge der a,ßungesättigten Säure bzw. des
Derivates reagieren läßt.
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Als 1,2-Alkylenimine kommen am Stickstoffatom unsubstituierte Verbindungen
dieser Klasse in Betracht, insbesondere das Äthylenimin und ferner dessen an den
Kohlenstoffatomen durch Methyl- oder Äthylgruppen substituierte Derivate mit insgesamt
nicht mehr als 6 Kohlenstoffatomen. Beispiele hierfür sind unter anderem 1,2-Propylenimin,
2,3-Butylenimin und 1,2-Butylenimin. Man kann auch von Mischungen dieser Verbindungen
ausgehen.
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Die Umsetzungspartner der 1,2-Alkylenimine sind ganz allgemein ein-
oder zweibasische aliphatische, cycloaliphatische und araliphatische cx,B-ungesättigte
Carbonsäuren, deren Säurechloride, Ester und Anhydride, soweit die Säuren letztere
zu bilden vermögen, oder Gemische der Säuren und/oder ihrer Derivate. Diese Verbindungen
können substituiert sein, z. B. durch Halogenatome, Carbonamidgruppen, Acetylgruppen
und Cyangruppen.
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Die größte Bedeutung kommt den Anhydriden und Estern zu und unter
diesen dem Maleinsäureanhydrid und den niederen Estern der Acryl-, Methacryl- und
Maleinsäure, wie den Methyl- und Äthylestern.
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Als Beispiele weiterer geeigneter Verbindungen seien genannt: Acrylsäure,
Crotonsäure, Zimtsäureäthylester,
Hepten-1-carbonsäure, Hexahydrozimtsäure,
Butylidenmalonsäuredimethylester, Cyclohexylidenmalonsäuredimethylester, Cyclophentylidenacetessigsäureäthylester
und Benzalcyanessigsäureäthylester. Auch hier kann man Gemische dieser Verbindungen
verwenden. Da alle diese Verbindungen durch Reaktion mit Wasser Protonen zu liefern
vermögen, erübrigt sich im allgemeinen die Mitverwendung zusätzlicher Polymerisationsinitiatoren.
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Als Reaktionsmedium eignen sich vor allem Wasser und daneben Gemische
mit wasserlöslichen organischen Flüssigkeiten, wie Methanol, Äthanol, Aceton, Dioxan
oder Dimethylformamid. Man kann die Reaktion bei Temperaturen zwischen 20 und 200"C
vornehmen, bevorzugt jedoch in der Regel in einem Bereich zwischen 70 und 120°C.
Liegen die Temperaturen über dem Siedepunkt des Lösungsmittels, so nimmt man die
Reaktion zweckmäßigerweise unter entsprechend erhöhtem flruck vor.
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Hat das Verfahrensprodukt die gewünschte Viskosität erreicht, wie
man durch Kontrollversuche unschwer feststellen kann, so läßt man das Reaktion gemisch
auf Raumtemperatur abkühlen. Eine merkliche Umsetzung findet dann normalerweise
nicht mehr statt.
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Es wurde beobachtet, daß die papierteclmischen Eigenschaften der
Verfahrensprodukte um so besser sind, je höher deren Viskosität ist. Es muß jedoch
vermieden werden, daß man in einen Viskositätsbereich gelangt, bei dem die Viskosität
mit fortschreitender Reaktion sprunghaft ansteigt, da die Produkte in diesem Bereich
leicht den Gelpunkt überschreiten und wasserunlöslich zu werden drohen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren, das man kontinuierlich oder diskcntinuierlich
ausführen kann, liefert hochviskose farblose bis gelbliche Lösungen, die man unmittelbar
verwenden kann, insbesondere als Hilfs mittel bei der Papierherstellung. Diese Mittel
bewirken vor allem eine erhöhte Entwässerungsgeschwindigkeit des Faserstoffbreies,
ohne die Gleichmäßigkeit der Qualität des Papierszu beeinträchtigen, sowie eine
gegenüber der Wirkung herkömmlicher Mittel vert besserte Mahlgraderniedrigung. Diese
Wirlcung wurde bei allen gängigen Faserstoffarten auf Cellulosebasis beobachtet,
z.B. bei gebleichtem und vor allem ungebleichtem Sulfitzellstoff. Die erforderlichen
Mengen liegen etwa zwischen 0,03 und O;l5 Gewichtsprozent, bezogen auf den Faserstoffgehalt
des Papierbreies.-Im übrigen werden die erfindungsgemäß erhältlicher Produkte auf
dem Papiergebiet in der gleichen Weise angewandt wie die herkömmlichen Papierhilfsmittel
dieser Art, z.B. das Polyäthylenimin.
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Im folgenden sind Teile und Prozente Gewichtseinheiten. Die Viskositäten
wurden bei 20"C mit dem Hoeppler-Viskosimeter in Centipoise (cP) bestimmt.
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Beispiel 1 Zu 240 Teilen Dimethylformamid läßt man bei 80"C gleichzeitig
4128 Teile einer 500/0eigen wäßrigen Äthyleniminlösung und 48 Teile Acrylsäuremethyi
ester innerhalb von 2 bis 3 Stunden langsam zulaufen.
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Hierbei erhöht sich die Temperatur allmählich auf 100"C. Danach hält
man das Reaktionsgemisch noca weitere 3 Stunden auf 100"C und kühlt es sodann auf
Raumtemperatur ab. Die so erhaltene 48,10/,igt homogene Lösung des Verfahrensprodukts
hat eine Viskosität von ungefähr 4000 cP.
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Versetit :man 250 Teile der so erhaltenen Lösung bei 30 bis 40"C
mit weiteren 2 Teilen Acrylsäuremethylester und erwärmt das Gemisch noch 45 Minuten
auf 80 bis 900 C, so steigt die Viskosität der Lösung auf 34000 cP (10/0ige Lösung:
1,5 cP). Das Produkt eignet sich hervorragend als Papierhilfsmittel zur Erhöhung
der Entwässerungsgeschwindigkeit.
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Beispiel 2 Man versetzt 250 Teile der nach dem ersten Absatz von
Beispiel 1 erhaltenen Lösung bei Raumtemperatur mit 4,5 Teilen Acrylsäuremethylester,
erwärmt schnell auf 80 bis 90etc, hält das Reaktionsgemisch 1 Stunde lang bei dieser
Temperatur und fügt dabei insgesamt 800 Teile Wasser in dem Maße zu, daß die hochviskose
Lösung stets noch gut rührbar bleibt.
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Eine 10/0ige Lösung dieses Produkts hat die Vis. kosität 2,3 cP.
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Zum Nachweis des technischen Fortschritts ist in der folgenden Tabelle
angegeben, auf welche Werte der Mahlgrad eines ungebleichten - Suffitzellstoffes
durch Zusätze des Verfahrensprodukts und von handelsüblichem Polyäthylenimin herabgesetzt
werden kann (jeweils bezogen auf Feststoffe).
Mahlgrad [OSR] nach Zusatz von |
0,000/01 0,100/01 0,150/01 0,2501 0,400/O |
Verfahrensprodukt |
von Beispiel 2 ... (63) 1 58 53 36 28 |
Handelsübliches |
Polyäthylenimin . . (63) 62 55 41 33 |
Weiterhin ist bemerkenswert, daß die Flockung; wirkung des Verfahrensprodukts auf
die Sulfitzellstofffasern im Betriebs- und Abwasser der Papiermaschinen fast anderthalbmal
so groß ist wie die des handelsüblichen Polyäthylenimins.
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Beispiel 3 Eine- Mischung aus 313 Teilen der nach dem ersten Absatz
von Beispiel 1 erhaltenen Lösung wird zusammen mit 687 Teilen Wasser und 60 Teilen
Acryl säuremethylester auf 80°C erwärmt und danach noch ungefähr 1 Stunde bei 80
bis 90"C gehalten. Während dieser Zeit beginnt die Viskosität der Lösung sehr stark
anzusteigen, weshalb man im Laufe von etwa 3 Stunden 2120 Teile Wasser zugibt und
die Lösung danach abkühlt.-Eine 1°/Oige Lösung des Verfahrensprodukts hat die Viskosität
3,4 cP. Es eignet sich vorzüglich als Hilfsmittel bei der Papierherstellung.
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Beispiel 4 Man erwärmt eine aus 30 Teilen Dimethylformamid, 20 Teilen
Acrylsäuremethylester und 200 Teilen einer 250/0eigen wäßrigen Äthyleniminlösung
bei 40"C hergestellte Lösung auf 85 bis 900 C, wobei die Polymerisation der Reaktionspartner
sehr rasch einsetzt. Nach ungefähr 20 Minuten gibt man hierzu im Laufe von 11/2
Stunden weitere t2 Teile der Äthyleniminlösung; hält die Temperatur sodann noch
2 Stunden lang auf 85 bis 90°C und kühlt dann ab.
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Die 1°/Oige Lösung des Verfahrensprodukts hat die Viskosität 1,2
cP. Es eignet sich gut als Mittel zur MahlgradsenkEng-hei der Papierfabrikation.
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Beispiel 5 Man versetzt eine Mischung aus 60 Teilen Dimethylformamid
und 5 Teilen Maleinsäureanhydrid im Laufe von 11/2 Stunden nach und nach mit 1032
Teilen 500/,dem wäßrigem Äthylenimin und erhöht die Temperatur dabei auf 90"C. Danach
hält man das Reaktionsgemisch noch weitere 3 Stunden bei 90 bis 100"C und kühlt
es dann auf Raumtemperatur ab.
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Die 1°/Oige Lösung des Verfahrensprodukts, das sich als Papierhilfsmittel
eignet, hat die Viskosität 1,2 cP.