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Die Erfindung betrifft ein kristallisierbares Lithiumaluminiumsilikat-Glas, das in transparente LAS-Glaskeramiken umwandelbar ist, gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1. Die Erfindung bezieht sich auch auf die daraus hergestellte Glaskeramik, ein Verfahren zu deren Herstellung und die Verwendung einer solchen LAS-Glaskeramik.
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Es ist generell bekannt, dass sich Gläser aus dem System Li2O-Al2O3-SiO2 in Glaskeramiken mit Hochquarz-Mischkristallen oder Keatit-Mischkristallen als Hauptkristallphasen umwandeln lassen. Für den ersten Typ von Glaskeramiken finden sich in der Literatur auch die Synonyme „β-Quarz“ oder „β-Eukryptit“ und für den zweiten Typ „β-Spodumen“ als Bezeichnung für die Kristallphasen.
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Schlüsseleigenschaften dieser LAS-Glaskeramiken sind ihre Transparenz, gute chemische Beständigkeit gegen Säuren und Laugen, hohe mechanische Festigkeit und ihr niedriger thermischer Ausdehnungskoeffizient in einem Temperaturbereich von Raumtemperatur bis Anwendungstemperatur von α20/700 < 1,5·10–6/K. In der Regel wird das thermische Ausdehnungsverhalten so eingestellt, dass die Werkstoffe im Bereich ihrer Anwendungstemperaturen über sehr niedrige Ausdehnung, meist 0 ± 0,3·10–6/K verfügen. So wird z. B. bei Anwendung als Substratmaterial, wie für Farbfilter, Displayanzeigen, Sensor, Halbleiterscheiben-Präzisionstische, auch als wafer stages bezeichnet, oder Spiegelträger für Teleskope die thermische Ausdehnung im Bereich der Raumtemperatur minimiert.
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Für Anwendungen als Brandschutzverglasung, transparente Kaminsichtscheiben, als Ofensichtscheibe außen oder im Ofeninneren sowie als Kochfläche mit farbiger Unterseitenbeschichtung wird die thermische Nullausdehnung in einem Temperaturbereich zwischen Raumtemperatur und ca. 700 °C auf möglichst niedrige Werte von < 1,5·10–6/K, bevorzugt 0 ± 0,3·10–6/K eingestellt. Aufgrund der niedrigen thermischen Ausdehnung bei ihren Anwendungstemperaturen, kombiniert mit hoher mechanischer Festigkeit besitzen diese Glaskeramiken eine ausgezeichnete Temperaturunterschiedsfestigkeit und Temperaturwechselbeständigkeit. Anforderungen für den Einsatz bei hohen Temperaturen beinhalten, dass die die Glaskeramiken die geforderten Eigenschaften (wie z.B. thermische Ausdehnung, Transmission, Aufbau von Spannungen) während ihrer Lebensdauer beibehalten. Hinsichtlich Temperaturbelastbarkeit ist die wenn auch geringe Schrumpfung der Glaskeramik (compaction) bei hohen Temperaturen die kritische Größe. Da die Glaskeramikartikel im Einsatz meist ungleichmäßig durchwärmt werden, bauen sich mit der Zeit durch die unterschiedlich starke Schrumpfung Spannungen im Artikel auf.
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Transparenz in Verbindung mit geringer Streuung ist das wesentliche Merkmal, das die transparenten Glaskeramiken von den eingefärbten transparenten Glaskeramiken unterscheidet. Bei letzteren wird, typisch für Kochflächen, zur Einfärbung im Volumen insbesondere V2O5 zugesetzt, um die Lichttransmission zu verringern und ein schwarzes Erscheinungsbild zu erreichen. Bei den eingefärbten transparenten Glaskeramiken beträgt die Lichttransmission üblicherweise weniger als 30 und meist weniger als 10 % gegenüber mehr als 80 % bei denen des transparenten Typs (bei 4 mm Dicke).
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Bei der Anwendung als Kochfläche werden die transparenten Glaskeramikplatten auf der Unterseite meist mit einer blickdichten farbigen Beschichtung versehen, um die Durchsicht auf die technischen Einbauten zu verhindern und die farbliche Anmutung bereitzustellen. Aussparungen in der Unterseitenbeschichtung ermöglichen das Anbringen von farbigen und weißen Displayanzeigen, meist Leuchtdioden. Hohe Transparenz verbunden mit geringer Streuung ist auch bei dieser Anwendung wesentlich, damit die Farben der Unterseitenbeschichtung und der Anzeigen nicht verfälscht werden und die Anzeigen klar und deutlich sichtbar sind.
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Hohe Transparenz bedeutet hohe Lichttransmission und geringe Farbe und damit auch geringe Absorption, da die Absorptionsbanden je nach Lage im visuell sichtbaren Spektrum sowohl die Lichttransmission erniedrigen als auch die Farbe erhöhen. Die Lichttransmission wird beschrieben durch den Y-Wert (brightness) gemäß dem CIE-Normfarbsystem. Die deutsche Umsetzung der internationalen CIE-Norm ist in der DIN 5033 festgelegt. Die dafür erforderlichen spektralphotometrischen Messungen erfolgen im Rahmen der Erfindung für 4 mm dicke polierte Proben in einem Spektralbereich zwischen 380 und 780 nm. Aus den gemessenen spektralen Werten in dem Bereich, der das sichtbare Lichtspektrum repräsentiert, wird die Lichttransmission mit Wahl von Normlichtart und Beobachterwinkel berechnet. Es hat sich bei Glaskeramiken eingebürgert als Maß für die Farbe die Größe c* (Buntheit) aus dem CIELAB Farbsystem mit den Koordinaten L*, a*, b* heranzuziehen, gemäß der Berechnung:
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Das Farbmodell ist in der DIN EN ISO 11664-4 „Colorimetry – Part 4: CIE 1976 L*a*b* Colour space“ genormt. Die Koordinaten des CIELAB Farbsystems lassen sich in bekannter Weise aus den Farbkoordinaten und der Lichttransmission Y des CIE Farbsystems berechnen. Die Bestimmung des c*-Wertes der Proben erfolgt aus den durchgeführten spektralphotometrischen Messungen der Transmission mit den gewählten Parametern für Normlichtart und Beobachterwinkel.
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Die Streuung der Glaskeramiken wird durch Messung der Trübung (engl. haze) bestimmt. Trübung ist nach ASTM D1003-13 der prozentuale Anteil durchgelassenen Lichts, der vom eingestrahlten Lichtbündel im Mittel um mehr als 2,5° abweicht.
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Die großtechnische Herstellung transparenter Glaskeramiken erfolgt in mehreren Stufen. Zunächst wird das kristallisierbare Ausgangsglas aus einem Gemisch aus Scherben und pulverförmigen Gemengerohstoffen geschmolzen und geläutert. Die Glasschmelze erreicht dabei Temperaturen von 1550 °C bis maximal 1750 °C, meist bis zu 1700 °C. Fallweise wird auch eine Hochtemperaturläuterung oberhalb 1700°C, üblicherweise bei Temperaturen um 1900°C eingesetzt. Für transparente Glaskeramiken sind Arsen- und Antimonoxid bei konventionellen Läutertemperaturen unter 1700 °C hinsichtlich guter Blasenqualitäten technisch und wirtschaftlich bewährte Läutermittel. Arsenoxid ist für die Transparenz (hohe Lichttransmission und geringe Farbe) der Glaskeramik besonders vorteilhaft. Auch wenn diese Läutermittel fest im Glasgerüst eingebunden sind, so sind sie doch unter Sicherheits- und Umweltschutzaspekten nachteilig. So müssen bei der Rohstoffgewinnung, der Rohstoffaufbereitung und wegen des Verdampfens aus der Schmelze bei der Glasherstellung besondere Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden. Es gibt deswegen zahlreiche Entwicklungsanstrengungen, diese Stoffe zu ersetzen, die aber auf technische und wirtschaftliche Nachteile stoßen.
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Zunehmend wird als Ersatz das umweltfreundliche Läutermittel SnO2 allein oder in Kombination mit einem oder mehreren Läuterzusätzen wie Halogeniden (F, Cl, Br), CeO2, Schwefelverbindungen propagiert. Die Verwendung von SnO2 ist jedoch mit Nachteilen verbunden. SnO2 selbst ist als Läutermittel technisch weniger effektiv und benötigt höhere Temperaturen zur Abgabe des läuteraktiven Sauerstoffs. Höhere Konzentrationen an SnO2 in der Größenordnung des eingesetzten As2O3 um ca. 0,6 bis 1 Gew.-% sind jedoch wegen der Entglasung von Sn-haltigen Kristallen bei der Heißformgebung nachteilig. Der für transparente Glaskeramiken zweite wesentliche Nachteil bei der Substitution von Arsen- durch Zinnoxid als Läutermittel besteht darin, dass SnO2 zu einer zusätzlichen Absorption führt und die Farbe erhöht. Bei höheren Läutertemperaturen verstärkt sich die Absorption, da diese mit dem höheren Anteil an Sn2+ zunimmt.
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In den Schriften
JP H11-228 180 A und
JP H11-228 181 A wird die umweltfreundliche Läuterung von LAS-Gläsern ohne Verwendung von Arsenoxid durch eine Kombination der Läutermittel 0,1–2 Gew.-% SnO
2 und Cl beschrieben. Der mit dem Einsatz von SnO
2 verbundene gelbbraune Farbton ist für transparente Glaskeramiken äußerst nachteilig. Die Schriften liefern keine Hinweise, wie der SnO
2-Gehalt begrenzt werden muss, um geringe Absorption und ausreichende Entglasungsfestigkeit sicherzustellen.
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Die Kombinationsläuterung von SnO
2 in Verbindung mit Fluor- bzw. Brom-Verbindungen wird in den Schriften
EP 1 899 276 A1 , bzw.
EP 1 901 999 A1 offenbart. Diese Halogenide sind jedoch wegen ihrer Verdampfung aus Umweltgesichtspunkten problematisch und nachteilig hinsichtlich der Korrosion der Einbauten bei der Schmelze und Formgebung.
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Nach dem Einschmelzen und Läutern erfährt das Glas üblicherweise eine Heißformgebung durch Walzen, Gießen, Pressen oder Floaten. Für die meisten Anwendungen transparenter Glaskeramiken werden diese in flacher Form benötigt, beispielsweise in Form von Scheiben. Das Walzen und neuerdings auch Floaten wird zur Herstellung der Platten eingesetzt. Für die wirtschaftliche Herstellung dieser LAS-Gläser sind zum einen eine niedrige Schmelztemperatur und eine niedrige Verarbeitungstemperatur VA bei der Heißformgebung gewünscht. Zum anderen darf das Glas bei der Formgebung keine Entglasung zeigen, das heißt, es dürfen sich keine störenden Kristalle bilden, die in den Glaskeramik-Artikeln die Festigkeit erniedrigen oder visuell störend sind. Der bei der Formgebung über Walzen kritische kälteste Bereich ist der Kontakt der Glasschmelze mit der Ziehdüse aus Edelmetall (üblicherweise aus einer Pt/Rh Legierung), bevor das Glas durch die Walzen geformt und abgekühlt wird.
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Das kristallisierbare LAS-Glas wird in einem anschließenden Temperaturprozess durch gesteuerte Kristallisation (Keramisierung) in die Glaskeramik umgewandelt. Diese Keramisierung erfolgt in einem zweistufigen Temperaturprozess, bei dem zunächst durch Keimbildung bei einer Temperatur zwischen 680 und 800°C Keime, üblicherweise aus ZrO2/TiO2-Mischkristallen, erzeugt werden. Auch SnO2 ist an der Keimbildung beteiligt. Die Hochquarz-Mischkristalle wachsen bei erhöhter Temperatur auf diesen Keimen auf. Bei der maximalen Herstelltemperatur um etwa 900°C wird das Gefüge der Glaskeramik homogenisiert und die optischen, physikalischen und chemischen Eigenschaften eingestellt. Für eine wirtschaftliche Herstellung sind kurze Keramisierungszeiten vorteilhaft.
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Die weitere Umwandlung in Keatit-Mischkristalle erfolgt bei Temperaturerhöhung in einem Temperaturbereich von ca. 950 °C bis 1250 °C. Mit der Umwandlung erhöht sich der thermische Ausdehnungskoeffizient der Glaskeramik, und durch weiteres Kristallwachstum und damit einhergehende Lichtstreuung wandelt sich das transparente in transluzentes bis opakes Aussehen um.
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Eine wesentliche Hürde für den Einsatz von SnO2 als umweltfreundliches Läutermittel besteht in der zusätzlichen Absorption durch die entstehenden Sn/Ti-Komplexe. Die Sn/Ti-Farbkomplexe färben stärker als die bekannten Fe/Ti-Farbkomplexe und dieser Nachteil hat bei transparenten Glaskeramiken bisher die Substitution des Läutermittels Arsenoxid durch SnO2 erschwert. Die Sn/Ti-Farbkomplexe haben sich besonders durch erhöhte Farbe c* als nachteilig erwiesen. Die Fe/Ti-Farbkomplexe führen zu einer rotbraunen, die Sn/Ti-Farbkomplexe zu einer gelbbraunen Farbe. Der Absorptionsmechanismus beider Farbkomplexe beruht mutmaßlich auf elektronischen Übergängen (charge transfer) zwischen den beiden benachbarten polyvalenten Kationen. Die Bildung der genannten charge-transfer-Farbkomplexe findet maßgeblich bei der Kristallisation statt. Um die Konzentrationen der Farbkomplexe zu verringern, ist es vorteilhaft, die Keimbildungs- und Kristallisationszeiten zu verkürzen. Dem steht entgegen, dass die Verkürzung der Keimbildungszeit zu verstärkter Lichtstreuung und die Verkürzung der Kristallisationszeit zu Unebenheiten des Artikels führen.
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In den technischen Gemengerohstoffen für die Schmelzen sind weitere färbende Elemente wie Cr, Mn, Ni, V und besonders Fe als Verunreinigungen enthalten. Das Fe färbt außer über die Fe/Ti-Farbkomplexe auch ionisch als Fe2+ oder Fe3+. Wegen der hohen Kosten eisenarmer Rohstoffe ist es unwirtschaftlich, den Fe2O3-Gehalt auf Werte unter 100 ppm zu verringern.
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Ebenso hat der Ansatz, den für die Farbkomplexe verantwortlichen wirksamen Keimbildner TiO
2 zu vermeiden (
WO 2008/065167 A1 ) oder zu begrenzen (
WO 2008/065166 A1 ) bisher nicht zu einer technischen Umsetzung geführt. Die erforderlichen höheren Gehalte der alternativen Keimbildner ZrO
2 und/oder SnO
2 führen zu Nachteilen bei der Schmelze und Formgebung, wie höhere Schmelzund Formgebungstemperaturen sowie unzureichende Entglasungsfestigkeit bei der Formgebung.
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WO 2013/124373 A1 beschreibt die physikalische Entfärbung von transparenten Glaskeramiken mit Hochquarz-Mischkristallen als Hauptkristallphase, die bis auf unvermeidliche Rohstoffverunreinigungen frei von Arsen und Antimon sind, durch Zusätze von 0,005–0,15 Gew.% Nd
2O
3. Das Prinzip des Entfärbens beruht darauf, dass die vorhandenen Absorptionsbanden durch komplementäre Absorptionsbanden des Entfärbemittels neutralisiert werden. Dies führt naturgemäß zu stärkerer Absorption des Lichts und erniedrigt damit die Lichttransmission. Um günstige Fertigungsbedingungen, d.h. niedrige Schmelz- und niedrige Formgebungstemperaturen zu erreichen, enthalten die Beispielgläser dieser Schrift 0,44 bis 0,93 Gew.-% der viskositätsabsenkenden Komponente MgO. Auch das für die Einstellung von Kristallzusammensetzung und Zusammensetzung der Restglasphase beschriebene Summenverhältnis der zweiwertigen Komponenten MgO + ZnO > CaO + SrO + BaO bedeutet höhere MgO-Gehalte.
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Die Schrift
WO 2013/171288 A1 offenbart transparente, im Wesentlichen farbarme und nicht streuende Glaskeramik-Artikel mit Hochquarz-Mischkristallen, die Glaskeramiken sowie die Vorläufergläser. Die Zusammensetzungen der LAS-Glaskeramiken sind bis auf unvermeidliche Spurengehalte frei von Arsen-, Antimonoxid und Selten-Erdoxiden wie Nd
2O
3. Die offenbarte Zusammensetzung enthält 62–72 Gew.-% SiO
2, 20–23 Gew.-% Al
2O
3, 2,8–5 Gew.-% Li
2O, 0,1–0,6 Gew.-% SnO
2, 1,9–4 Gew.-% TiO
2, 1,6–3 Gew.-% ZrO
2, weniger als 0,4 Gew.-% MgO, weniger als 250 ppm Fe
2O
3 und 2,5–6 Gew.-%. ZnO + BaO + SrO. Die mittlere Kristallitgröße beträgt weniger als 35 nm. Nachteilig für die beanspruchten Zusammensetzungen sind neben den hohen Schmelztemperaturen vor allem die erhöhten Verarbeitungstemperaturen V
A, die für die Formgebung mit Walzen aufgrund der höheren Temperaturen ein enges Prozessfenster und geringere Standzeiten der Anlage bedeuten.
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US 2013/0130887 A1 offenbart eine LAS-Glaskeramik mit ausgewählter Zusammensetzung 55–75 Gew.-% SiO
2, 20,5–27 Gew.-% Al
2O
3, ≥ 2 Gew.-% Li
2O, 1,5–3 Gew.-% TiO
2, 3,8–5 Gew.-% TiO
2 + ZrO
2, 0,1–0,5 Gew.-% SnO
2, und den Komponentenbeziehungen 3,7 ≤ Li
2O + 0,741 MgO + 0,367 ZnO ≤ 4,5 und SrO + 1,847 CaO ≤ 0,5. Die beiden Komponentenbeziehungen sollen dazu dienen, die Farbe der transparenten Glaskeramiken zu vermindern. Diese Schrift liefert keinen Hinweis, wie die Optimierung der Streuung und der Fertigungseigenschaften bewerkstelligt werden kann.
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Die Schrift
WO 2016/038319 A offenbart transparente, farblose und nichtlichtstreuende Glaskeramikplatten, die Kristalle vom Hochquarz-Mischkristalltyp enthalten, deren chemische Zusammensetzung keine Oxide des As, Sb und Nd enthält mit einer ausgewählten Zusammensetzung, 55–75 Gew.-% SiO
2, 12–25 Gew.-% Al
2O
3, 2–5 Gew.-% Li
2O, 0–< 2 Gew.-% Na
2O + K
2O, 0–< 7 Gew.-% Li
2O + Na
2O + K
2O, 0,3–5 Gew.-% CaO, 0–5 Gew.-% MgO, 0–5 Gew.-% SrO, 0,5–10 Gew.-% BaO, > 1 Gew.-% CaO + BaO, 0–5 Gew.-% ZnO, ≤ 1,9 Gew.-% TiO
2, ≤ 3 Gew.-% ZrO
2, > 3,8 Gew.-% TiO
2 + ZrO
2, ≥ 0,1 Gew.-% SnO
2 und der Komponentenbeziehung SnO
2/(SnO
2 + ZrO
2 + TiO
2) < 0,1. Der Mindestgehalt der Keimbildner TiO
2 und ZrO
2 soll eine Streuung des Glaskeramikartikels vermeiden und der maximale Gehalt an TiO
2 ist zur Vermeidung der Gelbfärbung des Artikels begrenzt.
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Es besteht daher Bedarf, ein ganzes Bündel von gegenläufigen Forderungen an Glas und Glaskeramik, wie Umweltfreundlichkeit sowie wirtschaftliche Herstellung des Glases ohne Nachteile bei der Produktqualität der Glaskeramik, wie Lichttransmission, Farbe sowie Streuung bei kurzen Keramisierungszeiten zu vereinbaren.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein kristallisierbares Lithiumaluminiumsilikat-Glas zu finden,
- – das über eine umweltfreundliche Zusammensetzung verfügt,
- – das günstige Fertigungseigenschaften für eine wirtschaftliche Herstellung besitzt,
- – das sich mit Keramisierungszeiten von unter 300 Minuten in eine transparente LAS-Glaskeramik mit Hochquarz-Mischkristallen als vorherrschende Kristallphase umwandeln lässt,
- – wobei die Glaskeramik geringe Farbe, hohe Lichttransmission und eine geringe Streuung aufweist,
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Diese Aufgabe wird durch das in Patentanspruch 1 beschriebene kristallisierbare Lithiumaluminiumsilikat-Glas und die daraus hergestellte Glaskeramik gelöst.
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Es ist auch Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zur Herstellung des Glases und der Glaskeramik und deren Verwendung zu finden. Diese Aufgaben werden durch die weiteren unabhängigen Ansprüche gelöst.
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Hierbei genügt die Glaskeramik den Anforderungen der Anwendungen wie z. B. chemische Beständigkeit, mechanische Festigkeit, Transparenz (geringe Farbe, hohe Lichttransmission), geringe Streuung, Temperaturbelastbarkeit und Langzeitstabilität hinsichtlich Änderungen ihrer Eigenschaften (wie z.B. thermische Ausdehnung, Transmission, Aufbau von Spannungen). Unter umweltfreundlicher Zusammensetzung wird verstanden, dass das kristallisierbare Glas bis auf unvermeidliche Rohstoffverunreinigungen technisch frei ist von Arsen- und Antimonoxid als übliche Läutermittel. Als Verunreinigung liegen beide Komponenten in Gehalten von weniger als 1000 ppm, bevorzugt in Gehalten von weniger als 500 ppm, besonders bevorzugt weniger als 200 ppm vor. Außer beim Ausnahmefall, wenn bei der Schmelze Fremdscherben einer transparenten Glaskeramik mit Arsenoxid als Läutermittel zugesetzt werden, wird auf den Zusatz verzichtet.
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In aufwändigen Versuchsreihen wurde ein eng eingegrenzter Zusammensetzungsbereich gefunden, der günstige Fertigungseigenschaften mit geringer Farbe, hoher Lichttransmission und geringer Streuung der LAS-Glaskeramik verknüpft.
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Die günstigen Fertigungseigenschaften für eine wirtschaftliche Herstellung beinhalten kostengünstige Gemengerohstoffe, niedrige Schmelz- und Formgebungstemperaturen, eine für konventionelle Läuterung ausreichende Menge an dem Läutermittel SnO2, Entglasungsfestigkeit und kurze Keramisierungszeiten. Bei den kurzen Keramisierungszeiten wird eine hohe Lichttransmission ohne visuell störende Lichtstreuung (Trübung) oder Farbe erreicht.
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Für eine wirtschaftliche Herstellung ist eine niedrige Schmelztemperatur vorteilhaft und wird durch eine niedrigere Viskosität der Glasschmelze bei hohen Temperaturen sichergestellt. Hierfür ist die Temperatur, bei der die Viskosität der Glasschmelze 102 dPas beträgt, eine charakteristische Größe. Diese sogenannte 102-Temperatur liegt für die erfindungsgemäßen Gläser vorzugsweise bei weniger als 1770 °C, bevorzugt weniger als 1765 °C und besonders bevorzugt weniger als 1760 °C. Die niedrige Viskosität der Glasschmelze bei hohen Temperaturen erlaubt es, die Temperatur in der Schmelzwanne niedriger einzustellen und verlängert damit die Lebensdauer der Schmelzwanne. Der Energieverbrauch bezogen auf die Menge der hergestellten Glaskeramik wird vermindert. Da eine niedrige Glasviskosität auch den Aufstieg von Blasen und damit die Läuterung begünstigt, ist eine niedrige Glasviskosität auch vorteilhaft für die Blasenqualität.
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Es ist wirtschaftlich vorteilhaft, die Temperatur bei der Formgebung abzusenken. Die Standzeiten der Formgebungswerkzeuge werden erhöht, und es fällt weniger abzuführende Verlustwärme an. Die Formgebung, meist durch Walzen oder Floaten, findet bei einer Viskosität der Glasschmelze von 104 dPas statt. Diese Temperatur wird auch als Verarbeitungstemperatur VA bezeichnet und liegt für die erfindungsgemäßen Gläser vorzugsweise bei höchstens 1330 °C, bevorzugt bei höchstens 1325 °C.
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Das kristallisierbare Glas verfügt bei der Formgebung aus der Schmelze über eine ausreichende Entglasungsfestigkeit. Bei der Formgebung im Kontakt mit dem Formgebungsmaterial (z. B. Edelmetall bei der Ziehdüse im Walzprozess) bilden sich im Glas keine für die Festigkeit der Glaskeramik kritischen und visuell auffälligen Kristalle. Die Grenztemperatur, unterhalb der es zu kritischen Entglasungen kommt, d.h. die obere Entglasungsgrenze (OEG), liegt vorzugsweise mindestens 10 °C unter der Verarbeitungstemperatur VA. Bei dieser Mindestdifferenz wird für den Formgebungsprozess ein ausreichendes Prozessfenster definiert. Besonders vorteilhaft ist ein Prozessfenster VA-OEG, das mindestens 20 °C beträgt. VA-OEG ist also ein Maß für die Entglasungsfestigkeit.
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Darüber hinaus erfüllt die aus dem kristallisierbaren Glas hergestellte transparente LAS-Glaskeramik bestimmte Eigenschaften. Die Lichttransmission Y soll hoch sein, und die Farbe c* soll gering sein, damit die Durchsicht auf Gegenstände oder auf eine Unterseitenbeschichtung sowie die Ansicht von Anzeigen nicht verdunkelt oder im Farbton verfälscht wird. Die transparente Glaskeramik soll ohne visuell störende Lichtstreuung sein, damit Durchsicht und die Anzeigen klar sind und nicht gestört werden. Dies soll auch bei den angestrebten kurzen Keramisierungszeiten gewährleistet sein.
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Die Gehalte der für die Bildung von Kristallphasen und Restglas verantwortlichen Komponenten sind so optimiert, dass die Werte der Lichttransmission, Farbe und Streuung bei kurzen Keramisierungszeiten erreicht werden. Unter kurzer Keramisierungszeit wird verstanden, dass die Glaskeramik in einer Zeit von weniger als 300 Minuten, bevorzugt weniger als 200 Minuten und besonders bevorzugt weniger als 150 Minuten aus dem kristallisierbaren LAS-Glas hergestellt ist.
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Um all diese Eigenschaften zu realisieren, enthält sowohl das erfindungsgemäße kristallisierbare Lithiumaluminiumsilikat-Glas, als auch die aus dem Glas herstellbare bzw. hergestellte erfindungsgemäße Glaskeramik folgende Komponenten (in Gew.-% auf Oxidbasis):
Li2O 3,4–4,1
Al2O3 20–22,5
SiO2 64–68
Na2O + K2O 0,4–1,2
MgO 0,05–< 0,4
CaO 0–1
CaO + BaO 0,7–1,8
CaO + SrO + BaO 0,8–2
ZnO 0,3–2,2
TiO2 1,8–< 2,5
ZrO2 1,6–< 2,1
SnO2 0,2–0,35
TiO2 + ZrO2 + SnO2 3,8–4,8
P2O5 0–3
Fe2O3 > 0,01–0,02,
mit der Bedingung (dabei beide in Gew.-%) B1:
0,15 < MgO/SnO2 < 1,7
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Bevorzugt gilt die Bedingung (ebenfalls beide in Gew.-%) B2:
0,4 < MgO/SnO2 < 1,7.
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Die Oxide Li2O, Al2O3 und SiO2 sind bzw. werden in den angegebenen Grenzen notwendige Bestandteile der Hochquarz- und/oder Keatit-Mischkristallphasen.
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Der Gehalt an Li2O soll 3,4 bis 4,1 Gew.-% betragen. Der Mindestgehalt ist erforderlich, um die gewünschte niedrige Verarbeitungstemperatur zu erreichen. Es hat sich gezeigt, dass es bei höheren Gehalten als 4,1 Gew.-% schwierig ist, die gewünschte niedrige Farbe c* der Glaskeramik bei kurzen Keramisierungszeiten zu erreichen. Bevorzugt beträgt der Li2O Gehalt weniger als 4 Gew.-%.
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Der ausgewählte Gehalt an Al2O3 beträgt 20–22,5 Gew.-%. Höhere Gehalte sind nachteilig wegen der Neigung zu Entglasung von Mullit bei der Formgebung. Weiter hat sich gezeigt, dass mit höheren Gehalten die Streuung bei kurzen Keramisierungszeiten zunimmt. Der Mindestgehalt beträgt 20 Gew.-%, weil dies für die Bildung ausreichender Mengen der Mischkristalle und die geringe Farbe c* der Glaskeramik von Vorteil ist. Der Al2O3-Mindestgehalt beträgt bevorzugt mindestens 20,5 Gew.-%.
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Der Gehalt an SiO2 soll mindestens 64 Gew.-% betragen, weil dies für die geforderten Eigenschaften der Glaskeramik, wie z.B. niedrige thermische Ausdehnung und chemische Beständigkeit vorteilhaft ist. Darüber hinaus wird die Streuung bei kurzen Keramisierungszeiten verringert. Besonders vorteilhaft ist ein Mindestgehalt von 65 Gew.-%. Der SiO2-Gehalt soll maximal 68 Gew.-% betragen, weil diese Komponente die Verarbeitungstemperatur des Glases und die Schmelztemperatur erhöht. Bevorzugt beträgt der SiO2-Gehalt maximal 67,5 Gew.-%.
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Die Alkalien Na2O und K2O sind bzw. werden Bestandteile der Restglasphase der Glaskeramik und verbessern die Schmelzbarkeit und die Entglasungsfestigkeit bei der Formgebung. Darüber hinaus sind sie für die Erniedrigung der Verarbeitungstemperatur vorteilhaft. Die Summe der Alkalien Na2O + K2O soll mindestens 0,4 Gew.-% betragen. Zu hohe Gehalte beeinträchtigen das Kristallisationsverhalten bei der Umwandlung des kristallisierbaren Ausgangsglases in die Glaskeramik und führen zu Streuung bei kurzen Keramisierungszeiten. Außerdem wirken sich höhere Gehalte ungünstig auf die Farbe der transparenten Glaskeramiken aus. Die Summe der Alkalien Na2O + K2O beträgt vorzugsweise maximal 1,2 Gew.-% und besonders bevorzugt maximal 1,0 Gew.-%.
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Es hat sich gezeigt, dass die Komponente Na2O für geringe Werte der Farbe c* bei kurzen Keramisierungszeiten günstiger ist. Deshalb beträgt der Gehalt an K2O bevorzugt weniger als 0,2 Gew.-%. Es ist also bevorzugt, dass der Na2O-Gehalt höher ist als der K2O-Gehalt (beide in Gew.-%). Besonders vorteilhaft ist, wenn (für beide in Gew.-%) eine Bedingung gilt: Na2O/K2O > 2. Besonders bevorzugt beträgt (für beide in Gew.-%) die Bedingung > 3.
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Um die aufgeführten gewünschten Eigenschaften der Glaskeramik zu erreichen, kommt der Auswahl des MgO-Gehaltes besondere Bedeutung zu. MgO ist sowohl Bestandteil der Mischkristalle als auch der Restglasphase und hat daher starken Einfluss auf viele Eigenschaften. Die Komponente erniedrigt die Schmelz- und Verarbeitungstemperatur des Glases und begünstigt daher die wirtschaftliche Herstellung. In der Glaskeramik erhöht die Komponente die thermische Ausdehnung und führt zu einer nachteiligen Verstärkung der Farbe. Dies wird der Begünstigung der Ausbildung von Fe/Ti- und Sn/Ti-Farbspezies zugeschrieben. Der MgO-Gehalt beträgt 0,05–< 0,4 Gew.-%. Bevorzugt ist der Mindestgehalt größer als 0,1 Gew.-%. Besonders bevorzugt beträgt der Mindestgehalt an MgO 0,15 Gew.-%. In einem MgO-Wertebereich von 0,2 Gew.-% bis 0,35 Gew.-% lassen sich die Anforderungen an Farbe der Glaskeramik und Verarbeitungstemperatur besonders gut miteinander verbinden.
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Die Erdalkalien CaO, SrO und BaO werden nicht in die Mischkristallphasen eingebaut, sondern verbleiben in der Restglasphase der Glaskeramik. Sie sind vorteilhaft, um die Schmelz- und Verarbeitungstemperaturen abzusenken. Zu hohe Gehalte beeinträchtigen das Keimbildungs- und Kristallisationsverhalten bei der Umwandlung des kristallisierbaren Glases in die Glaskeramik. Außerdem wirken sich höhere Gehalte ungünstig auf die Zeit-/Temperaturbelastbarkeit der Glaskeramik aus.
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Die Komponente CaO hat sich als vorteilhaft erwiesen, um die Entglasungsfestigkeit zu verbessern und um den Brechungsindex der Restglasphase einzustellen. Sie ist in Gehalten von 0 bis 1 Gew.-% enthalten. Bevorzugt beträgt der Gehalt mehr als 0,01 Gew.-% und ebenfalls bevorzugt bis zu 0,8 Gew.-%.
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Insbesondere um besonders gute Werte der Entglasungsfestigkeit und geringe Farbe der Glaskeramik zu vereinbaren, ist es vorteilhaft, wenn der Gehalt an CaO mindestens 0,28 Gew.-% beträgt. Besonders bevorzugt ist die Obergrenze für den CaO-Gehalt weniger als 0,5 Gew.-%, insbesondere wenn bei kurzen Keramisierungszeiten besonders geringe Streuung gewünscht ist.
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Um die Streuung bei kurzen Keramisierungszeiten zu vermindern, ist es wichtig, die Brechungsindices von Restglasphase und Mischkristallphase anzugleichen. Dies wird durch die Wahl der Erdalkalien und durch besondere Komponentenbeziehungen untereinander erreicht. Die Summe der Erdalkalien CaO + SrO + BaO beträgt 0,8 bis 2 Gew.-%.
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Um bei kurzen Keramisierungszeiten neben der Streuung auch die Farbe zu minimieren, ist es vorteilhaft, wenn die Komponenten CaO und BaO mit eher höheren und die Komponente SrO mit eher niedrigen Gehalten gewählt werden. Es gilt daher die Beziehung, dass die Summe der CaO + BaO Gehalte 0,7–1,8 Gew.-% beträgt. Höhere Gehalte sind nachteilig für die Entglasungsfestigkeit. Das Verhältnis der Erdalkalien ist bevorzugt so gewählt, dass eine Beziehung gilt (dabei alle in Gew.-%): (CaO + BaO)/SrO > 3. Bevorzugt wird der SrO-Gehalt unter 0,5 Gew.-% gewählt.
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Der BaO-Gehalt beträgt bevorzugt 0 bis 1,5 Gew.-% und der SrO-Gehalt bevorzugt 0 bis 0,5 Gew.-%. Besonders bevorzugt ist ein BaO-Gehalt von wenigstens 0,3 Gew.-%. Besonders bevorzugt ist ein BaO-Gehalt von höchstens 1,2 Gew.-%. Besonders bevorzugt ist ein SrO-Gehalt von wenigstens 0,005 Gew.-%. Besonders bevorzugt ist ein SrO-Gehalt von höchstens 0,3 Gew.-%.
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Die gewählten Bereiche und Beziehungen für die Alkalien Na2O, K2O und die Erdalkalien CaO, SrO, BaO, die in die Restglasphase der Glaskeramik eingebaut werden, sind wesentlich, um die gewünschten günstige Fertigungseigenschaften des Glases mit geringer Farbe, hoher Lichttransmission und geringer Streuung der Glaskeramik zu vereinbaren, insbesondere wenn mit kurzen Keramisierungszeiten gearbeitet wird.
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Die Alkalien Na2O, K2O und die Erdalkalien CaO, SrO, BaO reichern sich außer in der Restglasphase zwischen den Kristallen auch an der Oberfläche der Glaskeramik an. Beim Keramisieren bildet sich eine ca. 100 bis 1000 nm dicke glasige Oberflächenschicht, die nahezu frei ist von Kristallen und die mit diesen Elementen angereichert ist, wobei Li2O abgereichert ist. Diese glasige Oberflächenschicht wirkt sich günstig auf die Säurebeständigkeit der Glaskeramikoberfläche aus. Dafür sind die Summengehalte der Alkalien und Erdalkalien mit ihren Grenzen wichtig. Für ausreichende Dicke der glasigen Schicht von mindestens 50 nm sind die Mindestgehalte beider Klassen von Komponenten erforderlich. Höhere Summengehalte als die Obergrenzen bei einer oder beiden Klassen führen zu höheren Dicken der glasigen Schicht, die für die Festigkeit der Glaskeramik nachteilig sind.
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Die Komponente ZnO wird in die Mischkristallphasen eingebaut, und ein Teil verbleibt auch in der Restglasphase. Die Komponente ist vorteilhaft für die Erniedrigung der Verarbeitungstemperatur des Glases und für verminderte Streuung bei kurzen Keramisierungszeiten. Der ZnO-Gehalt soll mindestens 0,3 Gew.-% betragen. Der ZnO-Gehalt ist wegen der Verdampfungsneigung aus der Glasschmelze und wegen der Problematik der Bildung unerwünschter Kristallphasen wie Zn-Spinell (Gahnit) bei der Keramisierung auf Werte von höchstens 2,2 Gew.-% begrenzt. Bevorzugt ist ein Gehalt von wenigstens 1,1 Gew.-% und von maximal 2,1 Gew.-%.
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Die Komponente TiO2 ist als wirksamer Keimbildner unverzichtbar für die Transparenz der Glaskeramik. Sie führt zu hohen Keimbildungsraten und damit auch bei kurzen Keramisierungszeiten zu ausreichender Bildung von Keimen und damit kleiner mittlerer Kristallitgröße. Damit ist es möglich, auch bei kurzen Keramisierungszeiten Glaskeramiken ohne visuell störende Streuung zu erhalten. Höhere TiO2-Gehalte sind aber aufgrund der Bildung von Fe/Ti-Farbkomplexen und Sn/Ti-Farbkomplexen kritisch. Daher sollte der TiO2-Anteil 1,8 bis < 2,5 Gew.-% betragen. Bevorzugt ist ein minimaler TiO2-Gehalt von > 1,9 Gew.-%. Besonders bevorzugt ist ein TiO2-Gehalt von mindestens 2 Gew.-%.
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Als weitere Keimbildner sind ZrO2 und SnO2 vorgesehen. Der ZrO2-Gehalt ist auf weniger als 2,1 Gew.-%, vorzugsweise auf weniger als 2 Gew.-% begrenzt, da höhere Gehalte das Einschmelzverhalten des Gemenges bei der Glasherstellung verschlechtern und bei wirtschaftlichen Wannendurchsätzen zu Relikten im Glas führen können. Weiter kann es bei der Formgebung zur Entglasung durch Bildung von Zr-haltigen Kristallen kommen. Da die Komponente hilft, höhere Gehalte des alternativen Keimbildner TiO2 zu vermeiden, ist sie für die Bereitstellung einer Glaskeramik mit niedriger Farbe c* von Vorteil. Ihr Mindestgehalt beträgt 1,6 Gew.-%. Der Auswahl des SnO2-Gehaltes kommt im Rahmen der Erfindung besondere Bedeutung zu. SnO2 ist sowohl Keimbildner als auch Läutermittel und hat daher starken Einfluss auf viele Eigenschaften, insbesondere ist es kritisch für die Farbe der Glaskeramik wegen der Bildung der Sn/Ti-Farbspezies bei der Kristallisation. Um der Forderung sowohl nach ausreichender Läuterwirkung als auch geringer Farbe Rechnung zu tragen, beträgt der SnO2-Gehalt in einem eng begrenzten Bereich 0,2 bis 0,35 Gew.-%. Bevorzugt beträgt der SnO2-Gehalt höchstens 0,33 Gew.-% und besonders bevorzugt höchstens 0,31 Gew.-%, um die Gefahr einer Entglasung Sn-haltiger Kristalle weiter zu verringern. Für gute Läuterung ist ein Mindestgehalt von mehr als 0,25 Gew.-% besonders vorteilhaft. Nach der Läuterung gelten als gute Blasenqualitäten insbesondere solche mit Blasenzahlen von unter 5, bevorzugt unter 2 Blasen/kg im kristallisierbaren Ausgangsglas bzw. in der Glaskeramik (gemessen ab Blasengrößen größer als 0,1 mm in einer Dimension).
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Die Summe der Keimbildner TiO2 + ZrO2 + SnO2 soll 3,8 bis 4,8 Gew.-% betragen. Der Mindestgehalt ist für eine ausreichend schnelle Keimbildung erforderlich. Bevorzugt beträgt der Mindestgehalt 3,9 Gew.-% um die Streuung bei schneller Keramisierung weiter zu vermindern. Die Obergrenze von 4,8 Gew.-% ergibt sich aus der Forderung nach Entglasungsfestigkeit.
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Zur Verbesserung der Schmelzbarkeit und Entglasungsfestigkeit bei der Formgebung können bis zu 3 Gew.-% P2O5 enthalten sein. Höhere Gehalte sind nachteilig für die chemische Beständigkeit und bewirken Streuung der Glaskeramik bei kurzen Keramisierungszeiten. Eine bevorzugte Untergrenze liegt bei 0,01 Gew.-%, eine bevorzugte Obergrenze bei 1,5 Gew.-% P2O5. Besonders bevorzugt ist eine Obergrenze des P2O5-Gehaltes von 0,8 Gew.-%. Eine besonders bevorzugte Untergrenze liegt bei 0,02 Gew.-%.
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Auch der Zusatz von bis zu 1 Gew.-% B2O3 verbessert Schmelzbarkeit und Entglasungsfestigkeit, ist aber nachteilig für die Zeit-/Temperaturbelastbarkeit der Glaskeramik. Bevorzugt ist die Glaskeramik technisch frei von B2O3, das heißt die Gehalte liegen unter 500 ppm.
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Wegen der hohen Kosten eisenarmer Gemengerohstoffe ist es unwirtschaftlich, den Fe2O3-Gehalt des kristallisierbaren Glases auf Werte unter 0,01 Gew.-%, also auf weniger als 100 ppm zu begrenzen. Da auch beim Recycling von Scherben ein Eintrag von Eisen über die Zerkleinerung stattfindet, beträgt der Fe2O3-Gehalt mehr als 0,01 Gew.-%. Andererseits erhöht sich mit dem Fe2O3-Gehalt auch die Konzentration der Fe/Ti-Farbkomplexe in der Glaskeramik. Die Farbe (Buntheit) c* wird erhöht und durch Absorption wird die Lichttransmission Y (brightness) vermindert. Das kristallisierbare Glas und die daraus hergestellte Glaskeramik sollen deswegen höchstens 0,02 Gew.-%, bevorzugt bis zu 0,018 Gew.-% an Fe2O3 enthalten. Aus demselben Grunde wegen der Verschlechterung von Lichttransmission und Farbe enthält das Glas bis auf unvermeidliche Verunreinigungen vorzugsweise keine weiteren färbenden Verbindungen wie solche des Cr, Ni, Cu, V, Mo, S. Die Gehalte betragen üblicherweise zwischen 2 bis weniger als 20 ppm.
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Dem Komponentenverhältnis MgO/SnO2 kommt eine entscheidende Bedeutung zu um Läuterbarkeit, Transparenz und günstige Fertigungseigenschaften zu vereinbaren. Für die Angleichung der Brechungsindizes von Kristallphase und Restglasphase zur Vermeidung von Streuung bei kurzen Keramisierungszeiten werden bei der vorliegenden Erfindung neue Lösungen gefunden. So können Farbe c* und Lichttransmission Y ohne Nachteile bei der wirtschaftlichen Herstellung weiter verbessert werden, beziehungsweise werden die Eigenschaften bei höheren SnO2-Gehalten nicht unzulässig verschlechtert. Das erfindungsgemäße Glas besitzt ein Verhältnis der Komponenten MgO zu SnO2 (beide in Gew.-%) von größer als 0,15 bis kleiner als 1,7 (Bedingung B1). Dies ist eine wesentliche Bedingung, um die gewünschten günstigen Fertigungseigenschaften des Glases mit geringer Farbe, hoher Lichttransmission und geringer Streuung der Glaskeramik auch bei kurzen Keramisierungszeiten zu vereinbaren. Vorteilhafterweise ist das Verhältnis der Komponenten MgO zu SnO2 größer als 0,4 und kleiner als 1,7 (Bedingung B2), besonders bevorzugt wenigstens 0,7. Vorteilhafterweise beträgt das Verhältnis weniger als 1,5, insbesondere von 0,7 bis kleiner als 1,3. In diesen bevorzugten Bereichen in Verbindung mit den spezifizierten Zusammensetzungen stellt sich der gewünschte Effekt einer Minimierung der Farbe und Lichtstreuung bei schneller Keramisierung verknüpft mit niedrigen Verarbeitungstemperaturen VA besonders vorteilhaft ein.
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In einer bevorzugten Ausführungsform enthält sowohl das erfindungsgemäße kristallisierbare Lithiumaluminiumsilikat-Glas, als auch die aus dem Glas herstellbare bzw. hergestellte erfindungsgemäße Glaskeramik folgende Komponenten als Hauptbestandteile (in Gew.-% auf Oxidbasis):
Li2O 3,4–< 4
Al2O3 20,5–22,5
SiO2 65–67,5
Na2O + K2O 0,4–1,0
MgO > 0,1–< 0,4,
CaO > 0,01–0,8
CaO + BaO 0,7–1,8
SrO 0–0,5
BaO 0–1,5
CaO + SrO + BaO 0,8–2
ZnO 1,1–2,1
TiO2 > 1,9–< 2,5
ZrO2 1,6–< 2,0
SnO2 0,2–0,33
TiO2 + ZrO2 + SnO2 3,9–4,8
P2O5 0–3, bevorzugt 0,01–1,5
Fe2O3 > 0,01–0,018
mit der Bedingung B2:
0,4 < MgO/SnO2 < 1,7
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Bei den aus den erfindungsgemäßen Lithiumaluminiumsilikat-Gläsern hergestellten transparenten Glaskeramiken wird die störende auf Fe/Ti- und/oder Sn/Ti-Farbkomplexen beruhende Farbe in einer bevorzugten Ausführungsform durch Zusätze von Nd2O3 in Gehalten von 0,005 Gew.-% (50 ppm) bis 0,2 Gew.-% (2000 ppm) verringert. Unterhalb von 50 ppm Nd2O3 ist die entfärbende Wirkung gering, und oberhalb von 2000 ppm wird die Lichttransmission durch die Absorption der Nd-Banden im Bereich des sichtbaren Lichtes unerwünscht verschlechtert. Um diese beiden gegenläufigen Effekte zu optimieren, beträgt der Gehalt an Nd2O3 bevorzugt mehr als 100 ppm und bevorzugt bis zu 1500 ppm. Weitere bevorzugte Untergrenzen für Nd2O3 sind 0,03 Gew.-%, insbesondere 0,05 Gew.-%.
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Für die Optimierung hinsichtlich geringer Farbe der Glaskeramik hat es sich als vorteilhaft erwiesen, wenn für die Gehalte der Komponenten Nd2O3 und Fe2O3 (beide in Gew.-%) die Bedingung Nd2O3/Fe2O3 > 2 erfüllt wird. Um die Lichttransmission nicht zu sehr zu beeinträchtigen, wird weiter bevorzugt, wenn die Gehalte Nd2O3/Fe2O3 < 9 betragen.
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Zusätze von CoO in Mengen bis zu 30 ppm können die Entfärbung unterstützen. Bevorzugt ist ein CoO-Gehalt von 0,1 ppm bis 20 ppm CoO. Die Obergrenzen für das CoO beruhen darauf, dass es nur teilweise entfärbende Wirkung hat und in transparenten Glaskeramiken bei höheren Gehalten auch einen rötlichen Farbstich verursacht.
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Bevorzugt wird auf den Zusatz von Halogenidverbindungen als Läuterhilfsmittel verzichtet. Diese verdampfen bei der Schmelze und gelangen in die Schmelzwannenatmosphäre. Dabei bilden sich korrosive Verbindungen wie HF, HCl und HBr. Diese sind nachteilig wegen der Korrosion der Feuerfeststeine in der Schmelzwanne und im Abgasstrang. Die Gläser und Glaskeramiken sind daher bis auf unvermeidliche Spuren frei von F, Cl, Br, und deren einzelne Gehalte betragen weniger als 500 ppm.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform besitzt das kristallisierbare Lithiumaluminiumsilikat-Glas bzw. der daraus hergestellte Artikel aus Grünglas oder nach Umwandlung aus Glaskeramik bevorzugt eine Zusammensetzung, die in Gew.-% auf Oxidbasis enthält:
Li2O 3,4–< 4
Al2O3 20,5–22,5
SiO2 65–67,5
Na2O + K2O 0,4–1,0
MgO > 0,1–< 0,4
CaO > 0,1–0,8
CaO + BaO 0,7–1,8
SrO 0–0,5
BaO 0–1,5
CaO + SrO + BaO 0,8–2
ZnO 1,1–2,1
B2O3 0–1
TiO2 > 1,9–< 2,5
ZrO2 1,6–< 2,0
SnO2 0,2–0,33
TiO2 + ZrO2 + SnO2 3,9–4,8
P2O5 0,01–0,8
Fe2O3 > 0,01–0,018
Nd2O3 0,005–0,2
mit der Bedingung B2:
0,4 < MgO/SnO2 < 1,7
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Um die wirtschaftliche Herstellung mit hoher Lichttransmission, geringer Farbe und geringer Streuung bei kurzen Keramisierungszeiten weiter zu verbessern, besitzt das kristallisierbare Lithiumaluminiumsilikat-Glas bzw. der daraus hergestellte Artikel eine besonders bevorzugte Zusammensetzung, die in Gew.% auf Oxidbasis enthält:
Li2O 3,4–< 4
Al2O3 20,5–22,5
SiO2 65–67,5
Na2O + K2O 0,4–1,0
MgO > 0,1–< 0,4,
CaO 0,28–0,8
CaO + BaO 0,7–1,8
SrO 0–0,5
BaO 0–1,5
CaO + SrO + BaO 0,8–2
ZnO 1,1–2,1
B2O3 0–1
TiO2 > 1,9–< 2,5
ZrO2 1,6–< 2,0
SnO2 0,2–0,33
TiO2 + ZrO2 + SnO2 3,9–4,8
P2O5 0,01–0,8
Fe2O3 > 0,01–0,018
Nd2O3 > 0,01–0,15
mit der Bedingung B2:
0,4 < MgO/SnO2 < 1,7
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Die zuvor genannten Zusammensetzungen sind so zu verstehen, dass die aufgeführten Komponenten wenigstens 98 Gew.-%, in der Regel 99 Gew.-% der Gesamtzusammensetzung betragen. Verbindungen einer Vielzahl von Elementen wie z. B. F, Cl, den Alkalien Rb, Cs oder Elementen wie Mn, Hf sind bei den großtechnisch verwendeten Gemengerohstoffen übliche Verunreinigungen. Andere Verbindungen wie z.B. solche der Elemente W, Nb, Ta, Y, Mo, Seltene Erden, Bi, V, Cr, Ni können in geringen Anteilen, typischerweise im ppm-Bereich, enthalten sein.
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Der Wassergehalt der kristallisierbaren Gläser zur Herstellung der Glaskeramiken liegt abhängig von der Wahl der Gemengerohstoffe und den Prozessbedingungen bei der Schmelze vorzugsweise zwischen 0,015 und 0,06 mol/l. Dies entspricht β-OH-Werten von 0,16 bis 0,64 mm
–1. Bei der Umwandlung in die Glaskeramik ändert sich die IR-Bande, die zur Bestimmung des Wassergehaltes herangezogen wird. Dadurch ändert sich der β-OH-Werten für die Glaskeramik, ohne dass sich dabei der Wassergehalt ändert. Dies und die Methode zur Bestimmung der β-OH-Werte ist z. B. in der
EP 1 074 520 A1 beschrieben.
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Die kristallisierbaren Gläser werden durch den weiter unten beschriebenen mehrstufigen Temperaturprozess in die Glaskeramik umgewandelt.
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In einer ersten Ausführungsform ist die Glaskeramik transparent und enthält Hochquarz-Mischkristalle als Hauptkristallphase.
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Für die Minimierung der Streuung ist es vorteilhaft, die Kristallitgrößen zu minimieren. Allerdings waren dafür bisher wirtschaftlich nachteilige längere Keimbildungs- und Keramisierungszeiten erforderlich. Mit der erfindungsgemäßen Zusammensetzung werden Glaskeramiken erhalten, bei denen die Brechungsindizes von Restglas und Kristallphase angeglichen sind. Es sind daher höhere mittlere Kristallitgrößen für die Hochquarz-Mischkristalle möglich als mit bekannten Zusammensetzungen. Bevorzugt besitzen die Hochquarz-Mischkristalle der Glaskeramik nach Keramisierung eine mittlere Kristallitgröße von mindestens 30 nm. Besonders bevorzugt ist die mittlere Kristallitgröße größer als 35 nm. Die wegen zunehmender Streuung bevorzugte Obergrenze ist eine mittlere Kristallitgröße kleiner als 50 nm.
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Der Kristallphasenanteil der Hochquarz-Mischkristalle der Glaskeramik beträgt vorzugsweise wenigstens 65 Gew.-% und vorzugsweise höchstens 80 Gew.-%. Dieser Bereich ist vorteilhaft, um die gewünschten mechanischen und thermischen Eigenschaften der Glaskeramik zu erhalten.
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Für eine 4 mm dicke transparente Glaskeramik ist die Lichttransmission (brightness) Y größer als 82 %, bevorzugt größer als 83 % und besonders bevorzugt größer als 84 %. Die Farbe c* beträgt höchstens 5,5, bevorzugt weniger als 4,5 und besonders bevorzugt weniger als 4.
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Die Messung der Streuung (engl. haze) nach ASTM D1003-13 ergibt für 4 mm dicke polierte Proben der LAS-Glaskeramik Haze-Werte bevorzugt weniger als 2,5, bevorzugt weniger als 2 % und besonders bevorzugt weniger als 1,5 %. Die erfindungsgemäße transparente Glaskeramik weist damit keine visuell störende Lichtstreuung auf; dadurch wird die Durchsicht auf Gegenstände und leuchtende Anzeigen nicht verfälscht. Die Anzeigen von Displays unter der Glaskeramikplatte können dadurch klar und die Konturen scharf und ohne Trübung sichtbar sein.
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Die Merkmale der erfindungsgemäßen Glaskeramik beruhen vorzugsweise auf der Kombination einer definierten Zusammensetzung, die der des Grünglases entspricht, aus dem sie entstanden ist, mit einer angepassten schnellen Keramisierung mit einer Gesamtdauer von weniger als 300 Minuten, wie sie mit dem erfindungsgemäßen Verfahren und in den Beispielen beschrieben wird.
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Die thermische Ausdehnung der Glaskeramik wird üblicherweise in einem Temperaturbereich zwischen Raumtemperatur und ca. 700 °C auf Werte um 0 ± 0,3·10–6/K eingestellt. Es hat sich jedoch gezeigt, dass negative Werte für die Optimierung der Farbe vorteilhaft sind, weil sie einen erweiterten Zusammensetzungsbereich mit niedrigen MgO-Gehalten und der Bedingung B1 erlauben. Bevorzugt beträgt die thermische Ausdehnung α20/700 < –0,25·10–6/K und besonders bevorzugt < –0,32·10–6/K. Die thermische Ausdehnung α20/700 ist größer als –0,6, bevorzugt größer als –0,5·10–6/K, da sonst die thermisch induzierten Spannungen zwischen kalten und heißen Bereichen beim Erhitzen des Glaskeramik-Artikels zu hoch werden. Durch die negative Ausdehnung erschließen sich zusätzliche Anwendungen bei der Athermalisierung optischer Bauteile, ohne dass der Einsatz bei den üblichen Anwendungen gefährdet wird, weil die Abweichung von der Nullausdehnung klein ist.
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In einer anderen Ausführungsform enthält die Glaskeramik Keatit-Mischkristalle als Hauptkristallphase. Aus wirtschaftlichen Gründen ist es vorteilhaft, wenn aus der gleichen Zusammensetzung des kristallisierbaren Lithiumaluminiumsilikat-Glases sowohl transparente Glaskeramiken mit Hochquarz-Mischkristallen als Hauptkristallphase als auch Glaskeramiken mit Keatit-Mischkristallen als Hauptkristallphase hergestellt werden können. Durch die Ausgestaltung des Keramisierungsprogramms, insbesondere durch die Wahl von Maximaltemperatur und Haltezeit, lässt sich bei letzteren das Aussehen von transparent über transluzent bis opak einstellen. Die mittlere Kristallitgröße ist bevorzugt größer als 60 nm. Der Kristallphasenanteil beträgt mehr als 60 Gew.-% und bevorzugt mehr als 80 Gew.-%. Durch die unterschiedlichen Eigenschaftskombinationen der beiden Glaskeramik-Ausführungen wird eine Vielzahl von Anwendungen wirtschaftlich vorteilhaft bedient.
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Die bevorzugte Geometrie für die erfindungsgemäßen Glaskeramiken bzw. die daraus hergestellten Artikel ist in Form von Platten. Die Platte weist vorzugsweise eine Dicke von 2 mm bis 20 mm auf, weil sich damit wichtige Anwendungen erschließen. Bei geringeren Dicken wird die Festigkeit beeinträchtigt, höhere Dicken sind aufgrund des höheren Materialbedarfs weniger wirtschaftlich. Bis auf die Anwendung als Sicherheitsglas, bei der es auf hohe Festigkeiten ankommt, wird die Dicke daher bevorzugt unter 6 mm gewählt.
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Geeignete Formgebungsverfahren für die plattenförmige Geometrie sind insbesondere Walzen und Floaten. Bevorzugtes Formgebungsverfahren aus der Glasschmelze ist das über zwei Walzen, da dieses Verfahren wegen der schnelleren Abkühlung Vorteile hat, wenn die Zusammensetzungen zu Oberflächenkristallisation neigen. Der bevorzugte erfindungsgemäße Artikel ist eine gewalzte Glaskeramikplatte.
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Die Glaskeramikplatte und die vorzugsweise daraus hergestellten Artikel können dabei nicht nur eben ausgeformt sein, sondern auch dreidimensional verformt sein. Beispielsweise können abgekantete, gewinkelte oder gewölbte Platten verwendet werden. Die Platten können rechtwinklig oder in anderen Formen vorliegen sowie neben ebenen Bereichen dreidimensional verformte Bereiche wie z.B. Woks oder eingewalzte Stege oder Flächen als Erhebungen bzw. Vertiefungen enthalten. Die geometrischen Verformungen der Platten werden bei der Heißformgebung, z. B. durch strukturierte Formgebungswalzen, oder durch nachgelagerte Heißformgebung an den Ausgangsgläsern, zum Beispiel durch Brenner, Infrarotstrahler oder durch Schwerkraftsenken, vorgenommen. Beim Keramisieren wird mit unterstützenden keramischen Formen, z. B. ebenen Unterlagen gearbeitet, um unkontrollierte Änderungen der geometrischen Form zu vermeiden. Eine nachträgliche Politur einer oder beider Seiten ist optional möglich wenn es die Anwendung erfordert.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung des kristallisierbaren Lithiumaluminiumsilikat-Glases ist gekennzeichnet durch die Schritte:
- a) Bereitstellen eine Gemengesatzes aus technischen Rohstoffen enthaltend 20 bis 80 Gew.-% Scherben;
- b) Schmelze des Gemengesatzes und Läutern in konventionellem Aggregat bei Temperaturen unter 1750 °C;
- c) Abkühlen der Glasschmelze und Formgebung bei Temperaturen in der Nähe der Verarbeitungstemperatur VA, wobei die gewünschte Form des Artikels erzeugt wird;
- d) Kühlen in einem Entspannungsofen auf Raumtemperatur, wobei unerwünschte Spannungen im Glas entfernt werden.
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Der Gemengesatz ist so ausgebildet, dass nach der Schmelze ein Glas mit der erfindungsgemäßen Zusammensetzung und Eigenschaften entsteht. Durch den Scherbenzusatz wird das Einschmelzen begünstigt, und es lassen sich höhere Wannendurchsätze erhalten. Es wird auf ein zusätzliches Hochtemperatur-Läuteraggregat verzichtet und die maximale Temperatur der Glasschmelze in der Schmelzwanne beträgt weniger als 1750°C, bevorzugt weniger als 1700 °C, wie es mit konventioneller Technologie verträglich ist. Bei der Formgebung wird bevorzugt eine Glasband mit plattenförmiger Geometrie über Walzen hergestellt und zur Vermeidung von Spannungen in einem Kühlofen auf Raumtemperatur abgekühlt. Aus diesem Glasband werden nach Sicherstellung der Qualität hinsichtlich von Volumen- und Oberflächendefekten Platten der gewünschten Größe hergestellt.
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Der nächste Prozessschritt ist die Keramisierung auf ebenen oder dreidimensionalen, meist keramischen Unterlagen, die bevorzugt in einem Rollenofen durchgeführt wird. Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Keramisierung wird das thermisch entspannte kristallisierbare Ausgangsglas innerhalb von 3 min bis 60 min auf den Temperaturbereich von etwa 680 °C erhitzt. Die erforderlichen hohen Heizraten können großtechnisch in Rollenöfen realisiert werden. Dieser Temperaturbereich von etwa 680 °C entspricht in etwa der Transformationstemperatur des Glases. Oberhalb dieser Temperatur bis etwa 800 °C ist der Bereich mit hohen Keimbildungsraten. Der Temperaturbereich der Keimbildung wird über einen Zeitraum von 10 Minuten bis 100 Minuten durchfahren. Danach wird die Temperatur des Kristallisationskeime enthaltenden Glases innerhalb von 5 Minuten bis 80 Minuten auf eine Temperatur von 850 °C bis 950 °C, die sich durch hohe Kristallwachstumsgeschwindigkeiten der Hochquarz-Mischkristallphase auszeichnet, erhöht. Diese maximale Temperatur wird bis zu 60 Minuten gehalten. Dabei wird das Gefüge der Glaskeramik homogenisiert und die optischen, physikalischen und chemischen Eigenschaften eingestellt. Die erhaltene Glaskeramik wird in insgesamt weniger als 150 Minuten auf Raumtemperatur abgekühlt. Bevorzugt wird die Abkühlung bis ca. 700 °C mit langsamerer Rate durchgeführt. Insgesamt beträgt die Keramisierungszeit weniger als 300 Minuten, bevorzugt weniger als 200 Minuten und besonders bevorzugt weniger als 150 Minuten.
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Vorzugsweise findet die transparente Lithiumaluminiumsilikat-Glaskeramik mit Hochquarz-Mischkristallen als Hauptkristallphase Verwendung als Kaminsichtscheibe, Brandschutzglas, Backofensichtscheibe (insbesondere für Pyrolyseherde), Kochfläche ggf. mit Unterseitenbeschichtung, Abdeckung im Beleuchtungssektor, als Sicherheitsglas optional im Laminatverbund, als Trägerplatte oder Ofenauskleidung in thermischen Prozessen.
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Bei Kaminsichtscheiben wird eine gute Durchsicht auf den Brennraum und die Flammen gewünscht. Bei Kochflächen mit farbiger Unterseitenbeschichtung soll die Farbe der Unterseitenbeschichtung nicht durch die Farbe der Glaskeramik verfälscht werden. Für die genannten Verwendungen sind die erfindungsgemäßen hohe Werte der Lichttransmission (brightness) Y und die geringe Farbe c* in Verbindung mit der geringen unauffälligen Lichtstreuung bevorzugt.
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Diese Verwendungen werden alternativ auch durch eine transparente Lithiumaluminiumsilikat-Glaskeramik mit Keatit-Mischkristallen als Hauptkristallphase bedient.
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Durch Aufbringen einer blickdichten Beschichtung auf Ober- und/oder Unterseite lässt sich aus der transparenten Glaskeramik eine farbige Kochfläche mit der geforderten Abdeckung herstellen, um den Einblick in die technischen Einbauten unter der Kochfläche zu verhindern. Die Beheizung der Kochfläche erfolgt wie üblich mit Gasbrennern, Strahlungsbeheizungen oder induktiv.
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Aussparungen in der Beschichtung erlauben das Anbringen von Sensorbereichen, farbigen und weißen Anzeigenvorrichtungen sowie Displays.
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Es ist möglich, Beschichtungen auf Ober- und Unterseite der transparenten Glaskeramikplatte zu kombinieren und dabei auch teiltransparente Schichten einzubeziehen. Ebenso können Markierungen, z. B. für Kochzonen, aufgebracht werden. Dabei sind die bekannten verschiedenen Arten von Beschichtungen wie z. B. mit organischen oder anorganischen Dekorfarben, Lüsterfarben, Silikonund Sol-Gel-basierten Farben, gesputterten Schichten, metallischen, Oxinitrid-, Oxicarbid-Schichten und so weiter kombinierbar. Schichten können dabei auch übereinander aufgebracht werden. Auch bei Kamin- oder Ofensichtscheiben können Beschichtungen, wie z. B. zur blickdichten Abdeckung am Rand der Scheiben, gewünscht sein. Die Anordnung der Beschichtungen auf Ober- bzw. Unterseite der Glaskeramikplatte wird nach den ästhetischen und den spezifischen Anforderungen an chemische und physikalische Eigenschaften vorgenommen.
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Die Anzeigenvorrichtungen bestehen aus Licht emittierenden elektronischen Bauteilen, wie z. B. aus Leuchtdioden, OLEDs, LCDs, Fluoreszenzanzeigen. Es sind alle Formen von Anzeigen, punktuelle wie flächige, einschließlich 7-Segment Displays, möglich. Die Emissionsspektren der strahlenden Anzeigen können ein oder mehrere Maxima und breite Bereiche haben, so dass die Anzeigen farbig (wie z. B. blau, purpur, rot, grün, gelb, orange) oder weiß erscheinen. Aufgrund der geringen Farbe c* der Glaskeramik können auch schwarzweiße und farbige Displays oder Bildschirme ohne störende Farbverfälschung hergestellt werden. Die Farbe der Displays wird optional durch auf der Unterseite aufgebrachte Farbfilter oder Farbschichten verändert. Der Farbton der Anzeigen kann dadurch beeinflusst und ggf. auch korrigiert werden, wenn er durch die Glaskeramik verändert wird. Ebenso können Kontroll-, Sensor- und Steuerungs-/Bedienungselemente, wie z. B. solche des kapazitiven oder induktiven Typs, an der Glaskeramikplatte angebracht werden.
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Die Glaskeramik mit Keatit-Mischkristallen als Hauptkristallphase findet in transluzenter oder opaker Form bevorzugt Verwendung als Kochfläche, Trägerplatte für thermische Prozesse (setterplate), Abdeckplatte in Mikrowellenherden oder Auskleidung von Brennräumen. Dabei beträgt die Lichttransmission bevorzugt weniger als 15%.
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Weitere bevorzugte Verwendungen für beide Glaskeramiken, seien sie mit Hochquarz- oder mit Keatit-Mischkristallen als Hauptkristallphase, sind die als Trägerplatte oder Ofenauskleidung. In der Keramik-, Solar- oder Pharmaindustrie oder der Medizintechnik eignen sie sich insbesondere für Produktionsprozesse unter hochreinen Bedingungen, als Auskleidung von Öfen, in denen chemische oder physikalische Beschichtungsverfahren durchgeführt werden oder als chemisch resistente Laborausstattung. Weiter finden sie Verwendung als glaskeramischer Gegenstand für Hoch- oder extreme Niedrigtemperaturanwendungen, als Ofenfenster für Verbrennungsöfen, als Hitzeschild zur Abschirmung heißer Umgebungen, als Abdeckung für Reflektoren, Flutlichter, Projektoren, Beamer, Fotokopierer, für Anwendungen mit thermo-mechanischer Belastung, beispielsweise in Nachtsichtgeräten oder als Abdeckung für Heizelemente, insbesondere als Koch-, Grill- oder Bratfläche, als weiße Ware, als Heizkörperabdeckung, als Wafersubstrat, als Gegenstand mit UV-Schutz, als Fassadenplatte oder als Material für Gehäusekomponenten beispielsweise von elektronischen Geräten und/oder Abdeckgläser für IT wie Mobiltelefone, Laptops, Scannergläser oder als Komponente für ballistischen Schutz.
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Weitere bevorzugte Verwendungen für Gegenstände, die Glaskeramiken mit Keatit-Mischkristallen als Hauptkristallphase umfassen und deren thermische Ausdehnung von 25 °C bis 50 °C weniger als 0 ± 0,5·10–6/K beträgt, sind solche als Präzisionsbauteil bei Raumtemperatur, wie z. B. als Abstandsnormale oder als Wafer Stages, als Spiegelträgermaterial für reflektierende optische Bauteile wie in der Astronomie und in der LCD- oder EUV-Lithografie, oder als Lasergyroskop. Durch die Wahl der Keramisierungsbedingungen lassen sich aus den erfindungsgemäßen Zusammensetzungen Glaskeramiken mit niedriger thermischer Ausdehnung bei Raumtemperatur herstellen.
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Die transparenten Glaskeramiken der vorliegenden Erfindung erfüllen die Anforderungen an die Transparenz, was sowohl geringe Farbe als auch hohe Lichttransmission beinhaltet, an eine geringe Streuung, an eine hohe chemische Beständigkeit, mechanische Festigkeit, Temperaturbelastbarkeit und Langzeitstabilität hinsichtlich Änderungen ihrer Eigenschaften (wie z.B. thermische Ausdehnung, Transmission, Aufbau von Spannungen) ausreichend gut.
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Die vorliegende Erfindung wird anhand der folgenden Beispiele weiter verdeutlicht.
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In der einzigen Figur ist die Transmissionskurve der Glaskeramik von Beispiel 10 dargestellt.
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Die kristallisierbaren Gläser wurden aus in der Glasindustrie üblichen Gemengerohstoffen bei Temperaturen von 1620 °C, 4 Stunden eingeschmolzen. Als Gemengerohstoffe wurden Lithiumkarbonat, Aluminiumoxid, Aluminiumhydroxid, Aluminiummetaphosphat, Sand, Natron- und Kalisalpeter, Magnesiumoxid, Kalk, Strontiumkarbonat, Bariumkarbonat, Zinkoxid, Zinnoxid, Titanoxid, Zirkonsilikat und Neodymoxid eingesetzt, Mit dieser Wahl lassen sich die Forderungen nach wirtschaftlichen Rohstoffen und einem geringen Verunreinigungsgehalt an färbenden Verbindungen von Fe, Ni, Cr, V, Cu, Mo, S vereinbaren. Nach dem Einschmelzen des Gemenges in Tiegeln aus gesintertem Kieselglas wurden die Schmelzen in Pt/Rh-Tiegel mit Innentiegel aus Kieselglas umgegossen und bei Temperaturen von 1600 °C, 60 Minuten durch Rühren homogenisiert. Nach dieser Homogenisierung wurden die Gläser für 2 Stunden bei 1640 °C geläutert. Anschließend wurden Stücke von ca. 120 × 140 × 30 mm3 Größe gegossen und in einem Kühlofen beginnend ab 660 °C auf Raumtemperatur abgekühlt, um Spannungen abzubauen. Die Gussstücke wurden in die für die Untersuchungen und für die Keramisierung benötigten Größen unterteilt.
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Für einige Beispiele sind in Tabelle 1 Zusammensetzungen und Eigenschaften der kristallisierbaren Gläser aufgeführt. Neben den Gehalten der Komponenten sind auch die relevanten Komponentenbeziehungen dargestellt. Dabei handelt es sich bei den Gläsern 1 bis 11 um erfindungsgemäße Gläser, also Ausführungsbeispiele, und bei den Gläsern 12 bis 14 um Vergleichsgläser außerhalb der vorliegenden Erfindung, also Vergleichsbeispiele. Die Zusammensetzungen der Vergleichsgläser sind außerhalb der Erfindung und zeigen die beschriebenen Nachteile bei den Fertigungseigenschaften (Schmelz-, Verarbeitungstemperatur, Entglasungsfestigkeit) und/oder der Farbe nach Umwandlung in die Glaskeramik. Aufgrund von typischen Verunreinigungen in den verwendeten großtechnischen Gemengerohstoffen addieren sich die Zusammensetzungen nicht genau zu 100 Gew.-%. Typische Verunreinigungen, auch wenn nicht absichtlich in die Zusammensetzung eingeführt, sind F, Cl, B, Mn, Rb, Cs, Hf, die üblicherweise weniger als 0,2 Gew.-% betragen. Sie werden oft über die Rohstoffe für die verwandten Komponenten eingeschleppt, so z.B. Rb und Cs über die Na-, bzw. K-Rohstoffe, oder Hf über den Zr-Rohstoff.
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Der mit IR-Spektroskopie gemessene Wassergehalt der Gläser ist in Tabelle 1 angegeben.
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In Tabelle 1 sind auch die Eigenschaften im glasigen Zustand Transformationstemperatur Tg [°C], Verarbeitungstemperatur VA [°C], 102-Temperatur [°C], obere Entglasungsgrenze OEG [°C], Entglasungsfestigkeit VA-OEG und die Dichte [g/cm3] aufgeführt. Zur Messung der OEG werden die Gläser in Pt/Rh10-Tiegeln geschmolzen. Anschließend werden die Tiegel für 5 Stunden bei verschieden Temperaturen im Bereich der Verarbeitungstemperatur gehalten. Die oberste Temperatur, bei der die ersten Kristalle an der Kontaktfläche der Glasschmelze zur Tiegelwand auftreten, bestimmt die OEG.
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Die Tabelle 2 betrifft die aus den Gläsern der Tabelle 1 hergestellten Glaskeramiken mit Hochquarz-Mischkristallen als Hauptkristallphase. Dabei handelt es sich bei den Beispielen 1 bis 14 um Ausführungsbeispiele und bei den Beispielen 15 bis 18 um Vergleichsbeispiele. In Tabelle 2 sind für die jeweils angegebenen Keramisierungsprogramme, also Programm 1 oder Programm 2, Eigenschaften der Glaskeramiken, nämlich spektrale Transmission (Normlicht C, 2°, 4 mm Dicke) [%] bei 400 nm, Infrarottransmission(Normlicht C, 2°, 4 mm Dicke) [%] bei 1600 nm, thermische Ausdehnung zwischen 20 °C und 700°C [10–6/K], und der mittels Röntgenbeugung gemessener Phasengehalt [Gew.-%] der Hauptkristallphase, bestehend aus Hochquarz-Mischkristallen, sowie die mittlere Kristallitgröße [nm] aufgezeigt. In der Tabelle 2 sind auch die Lichttransmission Y und die Farbkoordinaten L*, a*, b* aus dem CIELAB-System und die Größe c* als Maß für die Farbe (Buntheit) sowie der Haze-Wert als Maß für die Streuung angegeben.
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Tabelle 3 zeigt die Beispiele 19 bis 21 für die aus dem Glas 8 der Tabelle 1 hergestellten Glaskeramiken mit Keatit-Mischkristallen als Hauptkristallphase. Neben den Größen aus Tabelle 2 sind zusätzlich auch die Farbwerte für die Messung in Remission dargestellt. Weiter ist qualitativ das Aussehen der Bespiele beschrieben.
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Bei dem Keramisierungsprogramm 1 wird bis zu einer Temperatur von 600 °C im Keramisierungsofen in 20 min aufgeheizt. Es wird weiter aufgeheizt. Die Gesamtzeit ab Raumtemperatur bis 680 °C beträgt 36 min. Der Temperaturbereich von 680 °C bis 800 °C ist für die Keimbildung wichtig. Daher wird weiter aufgeheizt. Die Gesamtzeit zwischen 680 °C bis 800 °C beträgt 64 min. Bei diesem Keramisierungsprogramm wird im Bereich der Keimbildung bei der Temperatur 750 °C wird eine Haltezeit von 30 min eingeführt. Oberhalb von ca. 800 °C erfolgt die Kristallisation der gewünschten Hochquarz-Mischkristallphase. In diesem Bereich ist auch die Bildung der störenden Fe/Ti- und Sn/Ti-Farbkomplexe verstärkt. Die Gesamtzeit von 800 °C bis Erreichen der Maximaltemperatur 903 °C beträgt 41 min. Bei der Maximaltemperatur von 903 °C, Haltezeit 10 min, wird die Zusammensetzung von Kristallen und Restglas eingestellt und die Mikrostruktur homogenisiert. Dabei werden die chemischen und physikalischen Eigenschaften der Glaskeramik eingestellt. Das Abkühlen erfolgt bis 700 °C gesteuert, dann wird die Probe auf Raumtemperatur durch Öffnen der Ofentür abgeschreckt; also zusammengefasst:
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Keramisierungsprogramm 1 (Keramisierungszeit 185 min):
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- a) schnelles Aufheizen von Raumtemperatur auf 600 °C in 20 min,
- b) Temperaturerhöhung von 600 °C auf Keimbildungstemperatur 750 °C innerhalb von 30 min (Heizrate 5 °C/min), Haltezeit 30 min,
- c) Temperaturerhöhung von 750 °C auf Maximaltemperatur 903 °C innerhalb von 61 min (Heizrate 2,5 °C/min), Haltezeit 10 min bei Maximaltemperatur,
- d) Abkühlen innerhalb von 34 min von 903 °C auf 700 °C (mit 6 °C/min), dann schnelle Abkühlung auf Raumtemperatur.
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Das Keramisierungsprogramm 2 ist für die erfindungsgemäßen Zusammensetzungen in Richtung kurze Keramisierungszeiten und geringere Farbe c* optimiert. Die Keimbildungszeiten dürfen gegenüber Programm 1 nur so weit verkürzt werden, dass die Streuung nicht visuell auffällig wird. In einem Laborofen, der hohe Heizraten ermöglicht, wird in 25 min auf 720 °C aufgeheizt. Die Gesamtzeit bis 680 °C beträgt 23,6 min. Der Temperaturbereich von 680 bis 800 °C ist für die Keimbildung wichtig. Die Gesamtzeit zwischen 680 °C bis 800 °C beträgt 21,4 min. Die Zeit in diesem Temperaturbereich wird so gewählt, dass keine visuell störende Streuung auftritt. Oberhalb 800 °C bis zur Maximaltemperatur 890 °C wird die Heizrate verringert, da in diesem Bereich die Kristallisation stattfindet. Der damit einhergehende Schrumpfungsprozess darf nicht zu schnell ablaufen, da es sonst zu Unebenheiten des Artikels kommen kann. Die Gesamtzeit von 800 °C bis Erreichen der Maximaltemperatur 890 °C beträgt 53 min, mit anschließender Haltezeit 10 min. Es wird die Zusammensetzung von Kristallen und Restglas eingestellt und die Mikrostruktur homogenisiert. Die Zeit in diesem Temperaturbereich wird für eine gute Ebenheit der Glaskeramikplatten optimiert. Das Abkühlen erfolgt bis 600 °C gesteuert, dann wird die Probe auf Raumtemperatur durch Öffnen der Ofentür abgeschreckt; also zusammengefasst:
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Keramisierungsprogramm 2, (Keramisierungszeit 137 min):
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- a) schnelles Aufheizen von Raumtemperatur auf 720 °C in 25 min,
- b) Temperaturerhöhung von 720 bis 800 °C in 20 min (Heizrate 4 °C/min),
- c) Temperaturerhöhung von 800 °C bis 890 °C in 53 min (Heizrate 1,7 °C/min), Haltezeit von 10 min bei Maximaltemperatur,
- d) Abkühlen innerhalb von 29 min von 890 °C auf 600 °C (mit 10 °C/min), dann schnelle Abkühlung auf Raumtemperatur.
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Mit einem zusätzlichen Keramisierungsprogramm 3 erfolgte die Umwandlung des kristallisierbaren Glases Nr. 8 (Tabelle 1) in Glaskeramiken mit Keatit-Mischkristallen als Hauptkristallphase. Bei diesem Programm wurde bis 890 °C wie bei Programm 2 verfahren, Dann wurde abweichend von Programm 2 ohne Haltezeit bei 890 °C mit einer Heizrate von 10 °C/min auf eine Maximaltemperatur Tmax mit Haltezeit tmax erhitzt (Angaben siehe Tabelle 3). Von der Maximaltemperatur wurde mit 5 °C/min auf 800 °C abgekühlt und dann schnell auf Raumtemperatur abgekühlt.
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Die Transmissionsmessungen wurden an polierten Platten der Dicke 4 mm mit Normlicht C, 2° mit dem Gerät Perkin-Elmer Lambda 900 durchgeführt. Aus den gemessenen spektralen Werten im Bereich zwischen 380 nm und 780 nm, der das sichtbare Lichtspektrum repräsentiert, wird die Lichttransmission Y nach DIN 5033 für die gewählte Normlichtart C und Beobachterwinkel 2° berechnet. Aus diesen Messungen werden ebenfalls die Farbkoordinaten L*, a*, b* aus dem CIELAB-System und die Größe c* berechnet. Auch die Messung der Remission erfolgte nach DIN 5033 mit diesen Parametern.
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Die Streuung der Glaskeramiken wird durch Messung der Trübung (engl. haze) bestimmt. Dabei werden 4 mm dicke, beidseitig polierte Proben mit einem Spektrophotometer (Methode B der Norm ASTM D1003-13) mit Normlicht C für den Spektralbereich 400–800 nm gemessen. Die Streuung wird durch den Haze-Wert in Tabelle 2 charakterisiert. Tabelle 1: Zusammensetzungen und Eigenschaften kristallisierbarer Gläser
Glas Nr. | | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 |
Zusammensetzung | Gew.% | | | | | | |
Li2O | | 3,72 | 3,76 | 3,74 | 3,57 | 3,70 | 3,74 |
Na2O | | 0,50 | 0,50 | 0,51 | 0,51 | 0,55 | 0,55 |
K2O | | 0,12 | 0,12 | 0,12 | 0,11 | 0,11 | 0,11 |
MgO | | 0,21 | 0,21 | 0,21 | 0,22 | 0,35 | 0,35 |
CaO | | 0,24 | 0,25 | 0,39 | 0,39 | 0,39 | 0,39 |
SrO | | 0,52 | | 0,01 | | | 0,07 |
BaO | | 0,53 | 0,55 | 0,89 | 0,89 | 0,89 | 0,82 |
ZnO | | 1,72 | 1,71 | 1,70 | 1,69 | 1,69 | 1,65 |
Al2O3 | | 21,3 | 21,4 | 21,3 | 21,3 | 21,4 | 21,4 |
SiO2 | | 66,7 | 67,0 | 66,7 | 66,9 | 66,5 | 66,4 |
TiO2 | | 2,22 | 2,23 | 2,22 | 2,22 | 2,23 | 2,26 |
ZrO2 | | 1,83 | 1,83 | 1,82 | 1,82 | 1,82 | 1,79 |
P2O5 | | | 0,02 | 0,03 | 0,03 | | 0,03 |
SnO2 | | 0,29 | 0,30 | 0,29 | 0,29 | 0,29 | 0,28 |
Fe2O3 | | 0,015 | 0,015 | 0,015 | 0,015 | 0,015 | 0,015 |
Nd2O3 | | | | | 0,006 | | 0,044 |
H2O-Gehalt (β-OH) | mm–1 | 0,41 | 0,42 | 0,41 | 0,41 | 0,45 | * |
Na2O + K2O | | 0,62 | 0,62 | 0,63 | 0,62 | 0,66 | 0,66 |
CaO + BaO | | 0,77 | 0,8 | 1,28 | 1,28 | 1,28 | 1,21 |
CaO + SrO + BaO | | 1,29 | 0,80 | 1,29 | 1,28 | 1,28 | 1,28 |
TiO2 + ZrO2 + SnO2 | | 4,34 | 4,36 | 4,33 | 4,33 | 4,34 | 4,33 |
MgO/SnO2 | | 0,72 | 0,70 | 0,72 | 0,76 | 1,21 | 1,25 |
Nd2O3/Fe2O3 | | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,40 | 0,00 | 2,93 |
Na2O/K2O | | 4,17 | 4,17 | 4,25 | 4,64 | 5,00 | 5,00 |
(CaO + BaO)/SrO | | 1,48 | | 128,00 | | | 17,79 |
Eigenschaften glasig | | | | | | | |
Transformationstemperatur Tg | °C | 685 | 693 | 686 | 697 | 690 | 685 |
102-Temperatur | °C | 1760 | 1766 | 1767 | 1765 | 1756 | 1754 |
Verarbeitungstemperatur VA | °C | 1324 | 1327 | 1322 | 1330 | 1317 | 1318 |
OEG-Temperatur | °C | 1315 | 1315 | 1255 | 1320 | 1280 | 1305 |
Entglasungsfestigkeit VA-OEG | °C | 9 | 12 | 67 | 10 | 37 | 13 |
Dichte | g/cm3 | 2,454 | 2,445 | 2,452 | 2,453 | 2,457 | 2,456 |
*nicht gemessen Tabelle 1 (Fortsetzung): Zusammensetzungen und Eigenschaften kristallisierbarer Gläser
Tabelle 2: Keramisierungsbedingungen und Eigenschaften der Glaskeramiken mit Hochquarz-Mischkristallen als Hauptkristallphase
*nicht gemessen Tabelle 2 (Fortsetzung): Keramisierungsbedingungen und Eigenschaften der Glaskeramiken mit Hochquarz-Mischkristallen als Hauptkristallphase
*nicht gemessen Tabelle 3: Keramisierungsbedingungen und Eigenschaften der Glaskeramiken mit Keatit-Mischkristallen als Hauptkristallphase
Beispiel Nr. | | 19 | 20 | 21 |
Glas Nr. | | 8 | 8 | 8 |
Aussehen | | tranparent bistransluzent | transluzent | opak |
Keramisierungsprogramm | | 3 | 3 | 3 |
Tmax | °C | 970 | 1080 | 1150 |
tmax | min | 60 | 30 | 30 |
Eigenschaften keramisiert | | | | |
Transmission Normlicht C, 2° 4 mm Dicke | | | | |
400 nm | % | 7,2 | < 0,01 | < 0,01 |
1600 nm | % | 86,8 | 76,9 | 19,3 |
Lichttransmission Y | % | 56,1 | 5,2 | 0,1 |
L* | | 79,6 | 27,4 | 0,6 |
a* | | –1,8 | 9,6 | 2 |
b* | | 27,4 | 38,3 | 1,0 |
c* | | 27,5 | 39,5 | 2,2 |
Remission Normlicht C, 2° 4 mm Dicke | | | | |
400 nm | % | 10,1 | 40,1 | 62,4 |
1600 nm | % | 8,9 | 11,1 | 46,0 |
Lichttransmission Y | % | 11,1 | 54,4 | 79,0 |
L* | | 39,7 | 78,7 | 91,2 |
a* | | –1,7 | –4,1 | –0,7 |
b* | | –6,3 | 0,3 | 2,5 |
c* | | 6,5 | 4,1 | 2,6 |
therm Ausdehnung α20/700 | 10–6/K | 1,09 | 1,09 | 1,05 |
Röntgenbeugung | | | | |
Keatit-Phasengehalt | % | 85 | 85 | 87 |
mittlere Kristallitgröße Keatit | nm | > 120 | > 120 | > 120 |