Dimensionsanalyse in Der STR Mungslehre
Dimensionsanalyse in Der STR Mungslehre
Dimensionsanalyse in Der STR Mungslehre
Spurk
Dimensionsanalyse
in der
Strömungslehre
Mit 72 Abbildungen
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© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1992
Ursprünglich erschienin bei Springer-Verlag Berlin Heidelberg in 1992
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zuzuziehen.
Satz: Reproduktionsfertige Vorlage des Autors
Umschlagentwurf: K. Lubina, Schöneiche
Dimensionsbetrachtungen reichen bis in die Anfänge der Mechanik und besonders der
Strömungslehre zurück. Zu der Fortentwicklung dieser Wissenschaften und zu dem Er-
kenntnisfortschritt der Naturwissenschaften allgemein haben Dimensionsbetrachtungen
wesentliche Beiträge geliefert und oft richtungsweisend neue Wissensgebiete eröffnet.
Leider verdeckt der Hinweis auf dimensions analytisch begründete Ansätze leicht die hin-
ter diesen Ansätzen stehende geistige Leistung und verführt zur Annahme, daß sich die
Mühen neuer Erkenntnisse durch hastige, rezeptartige Anwendungen dimensionsana-
lytischer Methoden vermeiden ließen. Gescheiterte Ansätze und bittere Enttäuschun-
gen sind die Folge und einhergehend die Ablehnung dieser Methoden überhaupt. Der
leichtfertige Umgang mit Dimensionsbetrachtungen wird durch Lehrbücher gefördert,
die Rezepturen in den Vordergrund stellen und an (wohl bekannten) Beispielen zei-
gen, wie leicht, ans Wunderbare grenzend, sich physikalische Erkenntnisse von tiefer
Bedeutung gewinnen lassen. Die formale Dimensionsanalyse kann aber aus einer Pro-
blemstellung nur die, für die Lösung unwichtige, Information entfernen, die über das
Maßsystem eingetreten ist. Das stellt noch keine physikalische Erkenntnis dar. Daher
kann die formale Durchführung der Dimensionsanalyse nicht im Vordergrund stehen,
zumal diese fast trivial ist. Im Vordergrund steht vielmehr die Durchdringung der ge-
gebenen Fragestellung, die Abstraktion und Vereinfachung des Problems, die es erst
gestattet, die relevanten physikalischen Größen zu erkennen und damit ihre Zahl auf
das für die Beschreibung absolut notwendige Minimum zu beschränken. Erst dann ist
eine Dimensionsanalyse sinnvoll, weil sie die notwendige Zahl der Veränderlichen wei-
ter reduziert. Aber dieser Satz der neuen Veränderlichen ist nicht eindeutig. Es gibt
unendlich viele Sätze und nur einer ist in der Regel zur Beantwortung der vorgelegten
Fragestellung geeignet. Auf der anderen Seite kann derselbe Satz bei physikalisch ganz
verschiedenen Problemen auftreten. Die Allgemeinheit der Dimensionsanalyse ist ihre
Stärke und ihre Schwäche zugleich: " ... it is fatally easy to prove too much and to get
more out of a problem than was put into it" (BATCIIELOR [1954]).
vi
Dieses Buch hat den Zweck, die sinnvolle Anwendung der Dimensionsbetrachtungen
zu fördern und zu zeigen, daß sich dann wertvolle Erkenntnisse und Einsichten gewin-
nen lassen. Die einfachen Methoden der Dimensionsanalyse sind auch ohne zusätzliche
Anstrengungen immer präsent und im täglichen Umgang mit Problemstellungen ein-
setzbar. Das Buch soll diesen Umgang lehren, es soll lehren, in "Dimensionen" zu
denken.
Das Buch besteht inhaltlich aus zwei Teilen. Der erste Teil, der für sich als Lehr-
buch der Dimensionsanalyse angesehen werden kann, ist den Methoden gewidmet. Er
führt auf anschaulichem und strengem Wege die für den logischen Aufbau der Dimen-
sionsanalyse notwendigen Definitionen der physikalischen Größe, der Basisgröße und
der abgeleiteten Größe ein und stellt das Basisgrößensystem und das Maßsystem vor.
Zahlreiche Beispiele demonstrieren die zweckmäßige Wahl des Basisgrößensystems und
die Bedeutung dimensionsbehafteter Konstanten. Im zweiten Kapitel werden die Me-
thoden zur Lösung einfacher Beispiele aus der Strömungslehre angewandt. Das dritte
Kapitel rückt die Modelltheorie als direkte Konsequenz der Dimensionsanalyse ins Be-
wußtsein. Dieser erste Teil des Buches kann ohne Vorkenntnisse der Strömungslehre
gelesen werden.
ISpurk, J. H.: Strömung/ehre. Berlin, lIeidelberg, New York, London, Paris, Tokyo: Springer, 1989
Inhaltsverzeichnis
2 Illustrative Beispiele 38
2.1 Das Widerstandsproblem . 38
2.2 Oberflächenwellen. 44
2.3 Schiffswellen . . . . 47
2.4 Rayleighs Beispiele 50
2.4.1 Spannungen in einer Brücke 51
2.4.2 Eigenschwingungen einer Flüssigkeit in einem Behälter 51
2.4.3 Eigenfrequenzen eines Helmholtz-Resonators und einer Stimmgabel 52
2.4.4 Eigenschwingungen eines flüssigen Sterns 52
2.4.5 Eigenschwingungen eines Tropfens. . . . 53
2.4.6 Die Temperaturabhängigkeit der Viskosität von Gasen 54
2.4.7 Langsame Tropfenbildung . . . . . . . . . . . 56
2.4.8 Äolische Töne und Karmansche Wirbelstraße 57
2.5 Gleitboote........................ 58
Inhaltsverzeichnis ix
2.6 Meßüberfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 60
3 Modelltheorie 62
3.1 Vollständige und unvollständige Ähnlichkeit 62
4 Strömungsmaschinen 65
4.1 Die Schiffsschraube 66
4.2 Hydraulische Maschinen 69
4.2.1 Die Cordier-Kurve 70
4.2.2 Kennlinien einstufiger Maschinen 74
4.2.3 Modellgesetze 79
4.2.4 Aufwertung 80
4.2.5 Kavitation . 95
4.3 Kennlinien bei kompressibler Strömung 98
5 Gleitlager 104
5.1 Zapfenlager mit inkompressibler Schmierflüssigkeit . 106
5.1.1 Geometrisch ähnliche Lager 106
5.1.2 Nichtähnliche Lager . 108
5.1.3 Randbedingungen . . 112
5.1.4 Ölfluß bei druckgeschmierten Lagern 117
5.1.5 Einfluß der Erwärmung. . . . . . . . 121
5.2 Zapfenlager mit gasförmigem Schmiermittel 125
7 Ähnlichkeitslösungen 196
7.1 Stationäre reibungsfreie Potentialströmung 196
Literaturverzeichnis 260
Sachverzeichnis 266
1 Einführung in die Dimensionsanalyse
The magic numbers in the engineering sciences today are the dimensionless numbers.
HERSEY [1966]
1.1 Einleitung
ld r--------------------------------------,
• MeBwerte
Approximation c., =
1 + 10 • Re·v ,
··
Reynolds-Zahl Re
vv = VV(U~,~,~,d) ; (1.1)
sie gibt die Maßzahl des Widerstandes VV (pro Tiefeneinheit) als Funktion der Maß-
zahlen der Anströmgeschwindigkeit U~, der Scherviskosität ~, der Dichte ~ und des
Zylinderdurchmessers dan.
Zusammenhänge wie (1.1) können auch als Beziehungen zwischen physikalischen Größen
angesehen werden, ein Standpunkt, den wir zuweilen einnehmen werden. Im konkreten
Fall betrachten wir sie aber als Gleichungen zwischen Maßzahlen, d. h. als Gleichungen,
die von den Maßzahlen der fraglichen physikalischen Größen erfüllt werden.
Bisher ist es nicht gelungen (auch nicht auf numerischem Wege), den Zusammenhang
(1.1) für den gesamten technisch interessierenden Wertebereich zu berechnen, so daß
man in dieser wichtigen Frage auf Experimente angewiesen ist. Bei einer unkritischen
Vorgehensweise könnte man zunächst VV als Funktion von U~ bei festgehaltenen ~ und d
für verschiedene ~ messen. Das Ergebnis der Messung bestünde in einem Kurvenblatt,
1.1 Einleitung 3
4><10'
• MeBwerte
Approximation c.. =
24/Re + 61(1 + Rem) + 0.4
.,.
" :: •••-A •••
···
10-1 ·"'-
6.. ,0·'
lcr
1:.......L....L..I.J..IJ..LU..---L...J.....I.J.J.LLIL...........J....U.J.J.IlJI....-.L...1.J..J.J.Wl....-L..J....L.u..w.l....-..L....L..LJ..L.wL.---L....L..I...u.w.I
in dem Wals Funktion von Uoo mit Tl als Scharparameter dargestellt ist. Für jede
Änderung in {} erhielte man ein neues Kurvenblatt, zusammen also eine Kartei von
Blättern mit {} als Blattparameter. Für jede Variation von d schließlich würde eine
solche Kartei von Blättern erzeugt. Bei Beantwortung der Fragestellung (1.1) durch
numerische Berechnung wäre man bei derselben Vorgehensweise auf eine entsprechend
große Anzahl von Rechenläufen angewiesen.
Mit den Methoden der Dimensionsanalyse läßt sich die gesuchte Funktion (1.1) auf den
Zusammenhang zwischen zwei dimensionslosen Größen
Cw = Cw(Re) (1.2)
der Flüssigkeit beschreiben, solange nur die Geschwindigkeit klein genug ist, um die
Annahme inkompressibler, isothermer Strömung zu rechtfertigen.
Die Funktion (1.2) selbst kann nicht aus einer Dimensionsanalyse gewonnen werden. Sie
muß experimentell ermittelt werden, wozu aber eine einzige Meßreihe mit einem Zylin-
der beliebigen Durchmessers in einer beliebigen Newtonschen Flüssigkeit bei variierter
Anströmung genügt. Abb. 1.1 zeigt diese experimentell bestimmte universelle Kurve,
bei der Widerstandsbeiwerte von Zylindern von der Dicke eines "Frauenhaars" bis zu
Zylindern in "Baumstammdicke" (PRANDTL [1921]) aufgetragen sind. Wie ersichtlich,
fallen alle Versuchsreihen auf eine einzige Kurve. In Abb. 1.2 ist die entsprechende
Kurve für Kugeln dargestellt, die später noch besprochen wird.
Für alle geometrisch ähnlichen Körper erhält man so jeweils eine Widerstandskurve der
Form (1.2). Wir benutzen die Gelegenheit, den Begriff der geometrischen Ähnlichkeit
zu erläutern: Die Geometrie eines Körpers läßt sich sowohl durch eine Anzahl von
Längen als auch durch eine Länge und eine Anzahl von Längenverhältnissen darstellen.
Geometrisch ähnliche Körper entstehen, wenn diese eine Länge verändert, die Längen-
verhältnisse aber beibehalten werden.
Im obigen Beispiel wurde schon die wichtigste Folge der Reduktion der Veränderlichen
sichtbar: Beziehungen zwischen dimensionsbehafteten physikalischen Größen können
auf Beziehungen zwischen dimensionslosen Größen zurückgeführt werden. Dieses Er-
gebnis vereinfacht und verallgemeinert Antworten auf physikalische Fragestellungen und
bildet die Grundlage der Modelltheorie und des Modellversuchswesens.
Verkürzt ausgedrückt: Physikalische Vorgänge werden nicht durch dimensionsbehaftete,
sondern durch dimensionslose Größen beschrieben.
Die Methoden der Dimensionsanalyse lassen sich allerdings nur auf Gleichungen anwen-
den, die dimensionshomogen sind, was aber, wie wir gleich sehen werden, keine wirkli-
che Einschränkung bedeutet. An dieser Stelle genügt es, unter dimensionshomogenen
Gleichungen solche Beziehungen zu verstehen, die den routinemäßigen Dimensionskon-
trollen - notwendige Bedingung für die Richtigkeit einer dimensionshomogenen oder
physikalischen Gleichung - der Ingenieure und Physiker standhalten. Die Dimensions-
kontrolle prüft bekanntlich, ob jeder Summand einer physikalischen Gleichung dieselbe
Dimension hat.
die bei verlustfreier Strömung die Flüssigkeitsgeschwindigkeit u aus einem großen Gefäß
mit dem Flüssigkeitsstand h über dem Ausfluß angibt, für alle Einheiten gültig, egal
ob die Höhe h in Metern, Fuß oder Angström gemessen wird.
Setzt man für die Erdbeschleunigung 9 den Zahlenwert 9.81 ein, d. h.
u = 4.43vh , (1.6)
so ist die resultierende Gleichung nicht mehr dimensionshomogen, daher keine phy-
sikalische Gleichung mehr, und nur noch für die Einheiten Meter und Sekunde der
Basisgrößen Länge und Zeit gültig. Selbstverständlich kann eine derartige Gleichung,
insbesondere wenn sie aus experimenteller Untersuchung erwächst, zweckmäßig sein.
In der angewandten Hydraulik finden sich viele, für praktische Zwecke nützliche Be-
ziehungen, die keine dimensionshomogenen Gleichungen sind und durch Angabe der
Einheiten ergänzt werden müssen. Diese Gleichungen sind richtig, da sie Ergebnisse
von Messungen wiedergeben, also Erfahrungen, d. h. universelle Naturgesetze in Glei-
chungen zusammenfassen.
Wir können (1.6) als das Ergebnis von Messungen der Ausflußgeschwindigkeit in Ab-
hängigkeit des Flüssigkeitsstandes auffassen, wobei der Experimentator die Ausflußge-
schwindigkeit in Metern pro Sekunde und den Flüssigkeitsstand in Metern mißt. Ein
Experimentator, der diese Größen in Fuß pro Minute und Fuß mißt, stellt dieselbe
Abhängigkeit fest; allerdings beträgt der Zahlenfaktor nunmehr 481.39 statt 4.43 und
hängt daher von den verwendeten Einheiten ab, d. h. der Zahlenfaktor ist dimensions-
behaftet. Wählt man also für die Größe in (1.6), deren Zahlenfaktor 4.43 ist, die Einheit
m 1/ 2 /s, so ist die Gleichung dimensionshomogen und dann auch für jede andere Wahl
der Einheiten gültig. Die Umrechnung des Zahlenwertes der dimensionsbehafteten Grö-
ße in den Einheiten Meter und Sekunde auf die Einheiten Fuß und Minute ergibt den
oben erwähnten Zahlenfaktor.
zu einer einzigen Konstanten zusammenfassen, in die man auch einen Zahlenfaktor ab-
sorbieren kann, wie es der Fall ist, wenn man die allgemeine Regel auf (1.6) anwendet.
Dimensionshomogene Gleichungen sind daher nicht vermöge einer höheren Ordnung
dimensionshomogen, sondern entstehen, weil Naturgesetze durch Einführung dimensi-
onsbehafteter Konstanten in eine dimensionshomogene Form gebracht wurden.
Größen, die ihre Zahlenwerte ändern, wenn die Einheiten der Basisgrößen geändert wer-
den, sind für die Zwecke der Dimensionsanalyse als Veränderliche zu zählen, und daher
sind auch die dimensionsbehafteten Konstanten Veränderliche im obigen verallgemei-
nerten Sinn. Die Nichtbeachtung dimensionsbehafteter Konstanten bei Schlußweisen
der Dimensionsanalyse führt in der Regel zu falschen Ergebnissen. Selbst aus dieser
noch beispielhaften Darstellung wird es schon einsichtig, daß das Auftreten dimensi-
onsbehafteter Konstanten von den gewählten Basisgrößen abhängt, während der Zah-
lenwert, wie oben gezeigt, von der Wahl der Einheiten im Basisgrößensystem festgelegt
wird.
Dies bietet zugleich die Möglichkeit, dimensionsbehafteten Konstanten, die ja mei-
stens Naturkonstanten sind, den Zahlenwert 1 zuzuweisen. Die sich dabei ergebenden
"natürlichen" Einheiten sind aber für die' Ingenieurwissenschaften ungeeignet. Wenn
man beispielsweise (PLANCK [1959]) der Boltzmannschen Konstanten, der Planckschen
Konstanten, der Lichtgeschwindigkeit und der Gravitationskonstanten der Reihe nach
den Zahlenwert 1 zuweist, ergibt sich die neue Einheit der Temperatur zu 3.6 * 1032 oe,
eine Temperatur, welche man höchstens Bruchteile von Sekunden nach dem" Urknall"
erwartet.
Eine Besonderheit physikalischer Gleichungen ist die, daß man die Maßzahlen verschie-
dener physikalischer Größen nicht addieren darf. Vom mathematischen Standpunkt aus
aber ist die Addition von Zahlen völlig korrekt, und es ist durchaus auch zulässig, z. B.
die Erhaltungssätze der Energie und der Masse zu addieren. Die resultierende Glei-
chung ist nicht dimensionshomogen, aber da die beiden Ausgangsgleichungen invariant
gegen Änderung der Einheiten der Basisgrößen waren, ist es auch ihre Summe. Die
entstandene Gleichung stellt einen Zusammenhang zwischen Zahlen dar, die aber nicht
Maßzahlen bekannter physikalischer Größen sein können, da keine physikalische Größe
"Leistung plus Massenänderung" im Gebrauch ist.
Es ist offensichtlich, daß man auf triviale Weise solche nicht dimensionshomogene Glei-
chungen erzeugen kann, die für jede Wahl der Einheiten der Basisgrößen gültig sind.
Sie liefern aber keine über die Ausgangsgleichungen hinausgehenden Informationen.
1.2 Definitionen und Begriffe 7
Vom Standpunkt einer Dimensionsbetrachtung ist nur wichtig, daß Gleichungen bzw.
Funktionen, die physikalische Zusammenhänge beschreiben, dimensionshomogen sind
oder gegebenenfalls in eine dimensionshomogene Form gebracht werden können.
Die Objekte, Vorgänge und Zustände, mit denen sich die Ingenieurwissenschaften be-
schäftigen, nennen wir physikalische Systeme oder - Gegenstände. Die Systeme sind über
ihre Merkmale der Beobachtung zugänglich. Wenn die Merkmale meßbar sind, d. h.
wenn sie durch reelle Zahlen darstellbar sind, nennen wir sie physikalische Größen.
Die Gegenstände selbst sind nicht meßbar, nur die Merkmale. So ist z. B. ein Zim-
mer selbst nicht meßbar, hat aber meßbare Merkmale: etwa seine Höhe, Breite oder
sein Volumeninhalt. Ein Massenpunkt ist nicht meßbar, wohl aber seine Koordinaten,
Geschwindigkeit, Masse etc. Wärmeleitung ist nicht meßbar, aber Temperaturvertei-
lung, Temperaturgradient, Wärmeleitfähigkeit etc. sind meßbare Größen, wobei wir
unter meßbaren Größen auch solche verstehen, die nicht direkt gemessen, sondern aus
gemessenen Größen berechnet werden können.
Die Menge der physikalischen Größen gleicher Art bildet die physikalische Größen-
art. Die Höhe eines Zimmers ist beispielsweise eine physikalische Größe der Größenart
Länge, genauso wie seine Breite und Länge physikalische Größen der Größenart Länge
sind.
Neben der Einheit legen wir den Nullpunkt und damit die Eins einer Maßstabsskala
fest, von der wir weiter verlangen, daß sie linear ist. Dies bedeutet insbesondere, daß
sich die Maßzahl einer physikalischen Größe verdoppelt, wenn die Einheit halbiert wird.
Das Verhältnis der Maßzahlen zweier Basisgrößen ist dann von der Wahl der Einheit
unabhängig. Dies ist eine notwendige Bedingung für die Anwendbarkeit der Dimen-
sionsanalyse.
Aus den weiter oben gemachten Bemerkungen ist ersichtlich, daß die Wahl der Ba-
sisgrößen, d. h. welche der physikalischen Größen die Rolle der Basisgrößen überneh-
men, weitgehend willkürlich ist. Wenn aber die Maßzahlen von physikalischen Größen
einer Größenart durch direkten Vergleich mit einem Standard ermittelt werden können,
so wählt man gerne diese Größenart als Grund- oder Basisgröpenart. Dies ist am
einsichtigsten bei der Größenart Länge, wo Maßzahlen direkt durch Vergleich mit dem
Urmeter, jedenfalls im Prinzip, feststell bar sind.
Wie die Wahl der Basisgrößen bzw. der Basisgrößenarten, so ist auch ihre Anzahl
weitgehend willkürlich. In der Mechanik wählt man oft Länge, Masse und Zeit als
Basisgrößenarten.
Die Gesamtheit der Basisgrößenarten bildet das Basisgröpensystem. Wir kennzeichnen
das Länge-Masse-Zeit-System durch die Symbole für Länge L, Masse M und der Zeit
T in eckigen Klammern: [LMT]-System.
Wir werden später auf die zweckmäßige Wahl von Basisgrößenarten eingehen; die obige
Wahl hängt aber auch wesentlich damit zusammen, daß für diese Größenarten sehr
genaue Standards vorliegen und der direkte Vergleich im Prinzip die Maßzahlen der
physikalischen Größen der entsprechenden Größenarten liefern kann. Z. B. könnte man
die Zeit mit der Periodendauer des Überganges zwischen den beiden Hyperfeinstruktur-
niveaus der Grundzustände von Atomen des Nuklids 133CS vergleichen. Aber auch den
Zahlenwert der Masse könnte man durch Vergleich mit der Masse des internationalen
Kilogrammprototyps ermitteln. (Schwere) Massen haben an derselben Stelle im Gra-
vitationsfeld nämlich dasselbe Gewicht und können daher mit Hebelwaagen verglichen
werden.
Die Einheiten der Basisgrößen bezeichnet man als Basiseinheiten und wählt vorzugs-
weise Meter (m), Kilogramm (kg) und Sekunde (s) im [LMT]-System. Die Einheiten
der Basisgrößen können auch Bruchteile oder Vielfache des Standards sein: Die Einheit
Meter z. B. war ursprünglich als das 1O- 7 fache des durch Paris gehenden Erdquadranten
1.2 Definitionen und Begriffe 9
definiert, später als Abstand zwischen zwei parallelen Linien auf einem Platin-Iridium-
Stab ("Urmeter"), dann als das 1650763.73fache der Wellenlänge der rot-orangen Linie
im Spektrum von Krypton-88 und schließlich als die Strecke, die Licht im Vakuum in
der Zeit 1/299792458 s durchläuft.
Die Gesamtheit der Basisgrößen und Basiseinheiten bildet das Maßsystem. Das oben
beschriebene Maßsystem wird auch als {m kg s}-System bezeichnet. Wir kennzeichnen
es mit den Symbolen der Basiseinheiten in geschweiften Klammern. Dasselbe Grundgrö-
ßensystem wie das {m kg s }-System verwendet das {cm g s }-System, benutzt aber als
Grundeinheiten Zentimeter (cm), Gramm (g) und Sekunde (s).
Das {m kg s}-System ist das Untersystem für Mechanik des allgemeinen internatio-
nalen Maßsystems {SI}-System, welches aus sieben Grundgrößen mit Grundeinheiten
besteht: Länge L (Meter m), Masse M (Kilogramm kg), Zeit T (Sekunde s), Tempera-
tur e (Kelvin K), Stoffmenge N (Mol mol), Stromstärke I (Ampere A) und Lichtstärke
S (Candela cd).
Diese entstehen auf natürliche Weise bei der Behandlung physikalischer Fragestellun-
gen: Zunächst wird die Berücksichtigung von Merkmalen nahegelegt, deren Maßzah-
len durch Vergleich mit bereits bekannten Größen ermittelt werden können. In dieser
Stufe werden die Basisgrößen festgelegt. Wenn wachsende Einsicht eine genauere Be-
schreibung ermöglicht, wird die Erfassung von Merkmalen notwendig, die außerhalb der
Merkmalmenge der verwendeten Basisgrößen liegen. Ihre Maßzahlen können also nicht
mehr durch direkten Vergleich ermittelt werden, sondern müssen aus den Maßzahlen
der Basisgrößen nach einer Vorschrift berechnet werden, die diese physikalischen Größen
10 1 Einführung in die Dimensionsanalyse
definiert. Nach dieser Vorgehensweise läßt sich bei jedem Problem die Art und Anzahl
der Basisgrößen treffen. Die Bevorzugung des [LMT]-Systems ist vom Standpunkt der
Dimensionsanalyse nur bei Problemen der Dynamik gerechtfertigt, wie wir später noch
zeigen werden.
Die Basisgrößen sind im folgenden Sinne unabhängig: Wird die Einheit einer Basisgrö-
ße geändert, so ändert sich nur die Maßzahl dieser Größe, die Maßzahlen der anderen
Basisgrößen bleiben unverändert. Nach Festlegung der Basisgrößen sind alle anderen
physikalischen Größen abgeleitete Größen, d. h. ihre Maßzahlen werden durch die die
physikalischen Größen definierende Rechenvorschrift ermittelt. Im allgemeinen ändern
sich die Maßzahlen der abgeleiteten Größen, wenn die Einheit auch nur einer Basisgröße
geändert wird.
Wir erläutern die Rechenvorschrift im [LMT]-System am Beispiel der abgeleiteten Grö-
ße Geschwindigkeit: Die Maßzahl der physikalischen Größe" Geschwindigkeit einer Ku-
gel" der Größenart" Geschwindigkeit" wird durch die Rechenvorschrift
ßs
u=- (1.7)
ßt
ermittelt, indem die Maßzahl des von der Kugel im Intervall ßt zurückgelegten Weges
ßs durch die Maßzahl des Zeitintervalls ßt dividiert wird. Diese Rechenvorschrift ist
für jede Wahl der Grundeinheiten gültig, und diese Eigenschaft der Invarianz gegen die
Wahl der Basiseinheiten muß jede Rechenvorschrift erfüllen, die Maßzahlen abgeleiteter
Größen aus Maßzahlen von Basisgrößen oder anderen abgeleiteten Größen liefert.
Nun läßt sich aber die Geschwindigkeit auch direkt messen, etwa durch Vergleich mit
der Lichtgeschwindigkeit über den Dopplereffekt. Dies kann die Wahl der Geschwindig-
keit als Basisgröße nahelegen, wobei dann die Länge eine abgeleitete Größe ist, deren
Maßzahl durch Multiplikation der Maßzahl der Geschwindigkeit mit der Maßzahl eines
Zeitintervalles folgt. In der Tat ist der jetzt gültige Standard der Länge ja gerade auf
diese Weise definiert.
Die Dimensionsformel (kurz: Dimension) gibt an, auf welche Weise die Zahlenwerte der
Grundgrößen in den Zahlenwert der abgeleiteten Größe eingehen. Im [LMT]-System
(Grundgrößen Länge, Masse, Zeit), in dem die Einheiten der Grundgrößen noch frei
wählbar sind, entnehmen wir (1.7) unmittelbar die Dimensionsformel
L
[u]= - (1.8)
T
und interpretieren [u] als die Dimension der physikalischen Größe "Geschwindigkeit der
1.2 Definitionen und Begriffe 11
Kugel", deren Maßzahl u ist. Im speziellen {m kg s}-Maßsystem erhalten wir aus (1.8)
die Einheit der Geschwindigkeit zu
m
{u} =- .
s
Wir werden später zeigen, daß die Dimensionsformeln aller abgeleiteten Größen Pro-
dukte von Potenzen der Symbole der Grundgrößenarten sind, also im [LMT]-System
die Form
(1.9)
(1.10)
nennt man dimensionslos. Mit (1.9) ergibt sich bei Wahl der Basiseinheiten Xl, X 2 ,
X3
(1.11 )
Aus der Darstellung (1.11) erhält man auch Formeln zur Umrechnung des Zahlenwerts
abgeleiteter Größen bei Änderungen der Basiseinheiten: Xl, X 2 , X3 seien die "alten"
und X~, X~, X~ die "neuen" Basiseinheiten. Dann folgt aus der Identität der physika-
lischen Größen in beiden Maßsystemen:
(1.12)
wobei x und x' die Maßzahlen der abgeleiteten Größe im alten bzw. neuen Maßsystem
sind. Für die Basiseinheiten gelte
(1.13)
d. h. die Einheit der Masse beispielsweise im neuen System ist das I/c2-fache der
Masseneinheit im alten System. Wir schreiben dann
(1.14)
12 1 Einführung in die Dimensionsanalyse
und erhalten durch Vergleich mit (1.12) für die Maßzahl der abgleiteten Größe im neuen
Maßsystem:
(1.15)
Wir verwenden dieses Ergebnis zur Präzisierung: Abgeleitete Größen sind Größen, de-
ren Maßzahlen sich unter der Transformation (1.13) gemäß (1.15) ändern.
Als Beispiel sei die Maßzahl der Erdbeschleunigung im [LMT]-System von den Grund-
einheiten m, kg, s umzurechnen auf die Grundeinheiten km, kg und h. Aus (1.14) ergibt
sich
so daß mit (1.15) und 9 = 9.81 für die Maßzahl g' folgt:
Im vorangegangenen Abschnitt haben wir gesehen, daß die Änderung der Grundeinheit
um das l/c-fache den Zahlenwert der Grundgröße um das c-fache verändert. Bilden
wir aber das Verhältnis der Maßzahlen zweier Basisgrößen derselben Größenart, etwa
Zimmerhöhe und Zimmerbreite, so ist das Verhältnis dieser Zahlenwerte unabhängig
von der Grundeinheit, denn eine Änderung der Grundeinheit um das l/c-fache vergrö-
ßert zwar die Maßzahl der Zimmerhöhe um das c-fache, aber auch der Zahlenwert der
Zimmerbreite ändert sich um den Faktor c, das Verhältnis beider Maßzahlen bleibt
unverändert. Aus der Ermittlungsvorschrift für die Maßzahlen der Grundgrößen ist
klar, daß das Verhältnis zweier Maßzahlen von Grundgrößen derselben Größenart von
der Wahl der Basiseinheiten unabhängig ist.
Die Forderung nach der Unabhängigkeit des Verhältnisses der Maßzahlen abgeleiteter
Größen derselben Größenart von der Wahl der Basiseinheiten ist von grundlegender
Bedeutung in der Dimensionsanalyse und stellt den Inhalt des Bridgman-Postulats der
"absoluten Bedeutung relativer Größen" dar: Die Aussage, daß sich z. B. ein Fahrzeug
doppelt so schnell bewegt wie ein anderes, hat absolute Bedeutung, d. h. sie ist un-
abhängig von der Wahl der Grundeinheiten.
Mit dem Bridgman-Postulat'läßt sich die Dimensionsformel (1.9) begründen: Wir be-
1.3 Das Bridgman-Postulat 13
(1.16)
wobei f die Funktion ist, die festlegt, wie die Maßzahlen Xi (i = 1 ... r) der beliebig
wählbaren Basisgrößen in den Zahlenwert x eingehen.
Eine andere physikalische Größe q derselben Größenart habe die Maßzahl Y, die sich
analog (1.16) aus den Zahlenwerten Yi (i = 1 ... r) derselben Basisgrößen berechnet:
(1.17)
Bei Änderung der Basiseinheiten gemäß (1.13), d. h. Xl = CIX~ bzw. Yi = clY{ etc.
folgt aus (1.16)
(1.18)
y'
=Y (1.20)
oder
(1.21 )
die für jede Wahl der Zahlenwerte c, (i = 1 ... r) gilt. Aus der partiellen Ableitung der
stetig differenzierbaren Funktion nach Cl gewinnen wir die Differentialgleichung
(1.22)
in der wir Cl ... Cr jetzt jeweils den Wert 1 zuweisen, so daß die Gleichung
Xl 8f(x! ... Xr) Yl 8 f(Yl ... Yr)
(1.23)
f(xI ... X r ) 8XI f(Yl ... Yr) 8Yl
entsteht. Die Funktionalgleichung (1.23) ist nur erfüllt, wenn beide Seiten gleich einer
Konstanten sind:
(1.24)
(1.25)
14 1 Einführung in die Dimensionsanalyse
wobei Cl wie angedeutet eine Funktion der Zahlenwerte der restlichen Grundgrößen ist.
Hätte man (1.21) statt nach CI nach C2 differenziert, so wäre die Gleichung
(1.26)
(1.27)
haben muß, wobei C nunmehr eine absolute Konstante ist, die wir beispielsweise durch
die Forderung festlegen können, daß der Zahlenwert der abgeleiteten Größe den Wert 1
annimmt, wenn alle Zahlenwerte der Grundgrößen 1 sind. Dann zeigt die Gleichung
(1.28)
daß sich die Maßzahl der abgeleiteten Größe als Produkt von Potenzen der Zahlenwerte
der Grundgrößen darstellen lassen muß und begründet daher die Dimensionsformel
(1.9). Gleichung (1.28) läßt sich auch ohne die einschränkende Forderung der Differen-
zierbarkeit gewinnen (BIRKHOFF [1950], GÖRTLER [1975]).
Ein physikalisches Problem besteht letztlich darin, die Maßzahl XI einer gesuchten phy-
sikalischen Größe PI zu ermitteln. Nur in fast trivialen Fällen läßt sich die Maßzahl
durch direkten Vergleich mit einer Größe derselben Art finden, in welchem Fall wir die
fragliche Größe als Basisgröße identifizieren. Im allgemeinen muß die Maßzahl aus den
Maßzahlen anderer gegebener Größen berechnet werden. Bei experimenteller Lösung
des Problems ist dies genauso, wenn die Maßzahl der gesuchten Größe nicht direkt
gemessen, sondern aus den Maßzahlen anderer gemessener Größen berechnet wird. Die
Ermittlung des Zahlenwertes, wie auch immer, macht es notwendig, ein Maßsystem,
d. h. Basisgrößen nebst Einheiten, für die aktuelle Fragestellung niederzulegen. Erst
dann kann die Maßzahl im Prinzip aus einem Zusammenhang der Form
(1.29)
1.4 Physikalische Größen und dimensions behaftete Konstanten 15
(1.30)
Neben den anderen physikalischen Größen, die den Zahlenwert Xl der physikalischen
Größe PI festlegen, gehen in den Zusammenhang (1.30) aber auch noch dimensionsbe-
haftete Konstanten ein, schon deswegen, weil wir den Zusammenhang als dimensions-
homogen voraussetzen. Wir fassen die physikalischen Größen, deren Maßzahlen sich
nicht nur bei Änderung der Basiseinheiten ändern; sondern auch, weil sie im mathe-
matischen Sinne abhängige oder unabhängige Veränderliche im betrachteten Problem
sind, mit den dimensionsbehafteten Konstanten, deren Maßzahlen sich nur bei Ände-
rung der Basiseinheiten ändern, zusammen und bezeichnen sie, wie schon erwähnt,
verallgemeinernd als Veränderliche.
Natürlich liegt der obige Zusammenhang im allgemeinen nicht vor, sondern muß erst
gefunden werden, sei es mit experimentellen oder theoretischen Methoden, häufiger mit
einer Synthese beider.
Über die Eindeutigkeit von (1.29) läßt sich aus mathematischer Sicht nichts sagen,
wenn keine mathematische Formulierung, etwa in Form von Differentialgleichung und
Randbedingungen, vorliegt, unter Umständen also, unter denen die Dimensionsanalyse
besonders hilfreich ist. Wir setzen aber immer voraus, daß ein eindeutiger Zusammen-
hang der Form (1.29) existiert und können ihn dann mit den Methoden der Dimensi-
onsanalyse vereinfachen und dadurch u. U. seine Ermittlung ermöglichen.
Gleichung (1.30) ist ein Zusammenhang zwischen Maßzahlen und enthält notwendiger-
weise Informationen, die vom Maßsystem herrühren. Da aber nach dem Bridgman-
Postulat nur relative Größen absolute Bedeutung haben, ist die im Maßsystem enthal-
tene Information irrelevant. Sie läßt sich durch die Forderung, daß die Beziehung (1.30)
invariant gegenüber Änderung der Basiseinheiten sein muß, aus der Beziehung entfer-
nen. Diese Elimination äußert sich in einer Reduktion in der Zahl der Veränderlichen
und schafft aus (1.30) eine äquivalente Beziehung
(1.31 )
1 Wir benutzen für explizite Funktionen das Symbol fn, auch für verschiedene Funktionen, und Fn
Der Index r, der die Zahl angibt, um die die Zahl der ursprünglichen n Veränderlichen
erniedrigt wurde, ist gleich der Zahl der Basisgrößen, genauer die kleinste Zahl der Ba-
sisgrößen, die nötig ist, die Dimensionen der auftretenden Veränderlichen zu bilden. Wir
werden später sehen, daß r der Rang einer Matrix (der sogenannten Dimensionsmalrix)
ist.
Hier bleibt zunächst festzuhalten, daß nur die Merkmale der physikalischen Gegenstände
eingegangen sind, welche sich durch das Maßsystem bewerten lassen und die wir phy-
sikalische Größen nennen. Physikalische Gegenstände oder Systeme haben aber auch
andere Merkmale, etwa Vektor- oder Tensoreigenschaften, die durch Zahlenwert und
Einheit nicht erfaßt sind. Man kann solche Eigenschaften für die Zwecke der Dimensi-
onsanalyse berücksichtigen, indem man etwa drei Basisgrößen der Länge einführt, für
je eine Komponente des Längenvektors und kann damit u. U. eine weitere Reduktion
der Veränderlichen erzielen. Wir machen aber von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch.
In diesem Zusammenhang weisen wir auch darauf hin, daß Dimensionshomogenität eine
notwendige, nicht aber hinreichende Bedingung für die Addition der Maßzahlen phy-
sikalischer Größen ist. So ist es nicht erlaubt, die Maßzahl der physikalischen Größe
Energie, die eine skalare Größe ist, mit der Maßzahl der physikalischen Größe Moment,
die eine Vektorgröße ist, zu addieren, obwohl beide Größen im [LMT]-System dieselbe
Dimension besitzen.
Weitere Vereinfachungen sind selbstverständlich möglich, wenn das (1.30) zugrunde lie-
gende Problem Symmetrie oder weitergehende Invarianzeigenschaften besitzt. Wenn
wir uns auch nicht scheuen, solche Eigenschaften im Zusammenhang mit den Anwen-
dungen der Dimensionsanalyse auszunutzen, so steht hier die Invarianz gegen Änderung
der Basiseinheiten im Vordergrund: Sie führt auf die Reduktion der Veränderlichen und
ist der Kern der Dimensionsanalyse.
Die Existenz und Eindeutigkeit des Zusammenhangs (1.30) beinhaltet natürlich, daß
die Veränderlichen Pi (i = 2 ... n) ausreichend dafür sind, die Veränderliche Pi eindeu-
tig innerhalb einer vorzugebenden Genauigkeit festzulegen. Die Nichtbeachtung einer
wesentlichen Veränderlichen führt nicht nur in (1.30) zum falschen Ergebnis, sondern
selbstverständlich auch in der reduzierten Form (1.31). Der Prozeß der Reduzierung
kann aus einem mangelhaft gestellten oder falsch verstandenen Problem kein sach-
gerecht beschriebenes Problem machen, ebensowenig wie der Prozeß der numerischen
Berechnung mit Hilfe eines Computers ein mathematisch unsachgemäß formuliertes Pro-
blem zu einem sachgemäß formulierten Problem macht, dessen Rand- und Anfangswerte
1.4 Physikalische Größen und dimensions behaftete Konstanten 17
dem Typus der zu lösenden Gleichungen angepaßt sind. Es ist ebenso einsichtig, daß
die Hinzunahme einer unwesentlichen Veränderlichen eine Information in den Zusam-
menhang einbringt, die unwichtig ist und die Ermittlung des Zusammenhangs unnötig
erschwert oder unmöglich macht und schon dem Leitgedanken der Dimensionsanalyse
zuwider läuft, nämlich unwichtige Infomationen zu eliminieren.
Am unproblematischsten ist die Auswahl der relevanten Veränderlichen, wenn die Fra-
gestellung bereits in Form einer mathematischen Formulierung vorliegt, d. h. wenn
beispielsweise die maßgeblichen Differentialgleichungen mit den problemangepaßten
Rand- und Anfangsbedingungen zur Verfügung stehen. Selbstverständlich können in
die Lösung, also in den Zusammenhang (1.30), nur Veränderliche (im verallgemeinerten
Sinn) eingehen, die entweder in den Differentialgleichungen selbst oder in den Rand-
und Anfangsbedingungen auftreten. Die Dimensionsanalyse zeigt durch die Reduzie-
rung dann die Form der Lösung und die dimensionslosen Kombinationen auf, in denen
die Veränderlichen in der Lösung auftreten.
Die Verwertung der oben erwähnten Symmetrie oder Invarianzeigenschaften, die über
die Dimensionsanalyse hinausgehen, setzt in der Regel voraus, daß das Problem in sach-
gemäßer mathematischer Formulierung vorliegt (BIRKIIOFF [1950]). Dies ist aber in den
wenigsten Anwendungsfällen gegeben. Dann dreht es sich darum, das Problem zunächst
einmal verstehen zu lernen, um wesentliche Veränderliche von unwesentlichen trennen
zu können: Erstere müssen berücksichtigt, letztere sollten vernachlässigt werden.
Dieser "Erkenntnisakt " ist ein langwieriger und viel Erfahrung erfordernder Vorgang,
bei dem Abstraktionsvermögen und Vereinfachung das physikalische Problem in ein
Modell abbilden. Bei dieser Modellbildung ist es oft nützlich, sich den Ausgang eines
Gedankenexperimentes zu überlegen, was Aufschlüsse über die Größen ermöglicht, die
die gesuchte Größe beeinflussen können oder von denen der Ausgang des Experimentes
nicht abhängen kann. Das einfachste Modell, welches im Sinne der Fragestellung ein
nichttriviales Ergebnis liefert, steht dabei am Anfang. Anhand dieses einfachsten Mo-
dells kann dann geprüft werden, ob es zu einer Übervereinfachung gekommen ist, ob
also wesentliche Aspekte des physikalischen Problems verloren gegangen sind.
Im Laufe dieses Prozesses ist es unumgänglich, daß man sich über die Bewegungsglei-
chungen (ebenfalls im verallgemeinerten Sinne), die im Problem wichtig sind, bis zu
dem Punkt Klarheit verschafft, daß man sie für das einfachste Modell hinschreiben
kann. Dies ist schon deswegen nötig, weil im Zusammenhang (1.30) auch dimensions-
behaftete Konstanten auftreten. Diese werden über Gleichungen eingeführt und sind,
ohne daß Gleichungen vorliegen, nicht zu erkennen. Es genügt aber durchaus, wenn die
18 1 Einführung in die Dimensionsanalyse
Gleichungen nur in einer primitiven, für eine angemessene mathematische Form noch
nicht ausreichenden Detaillierung zur Verfügung stehen. Selbstredend kann man ein
Problem mit den Methoden der Dimensionsanalyse (oder irgendwelchen anderen Me-
thoden) nicht angehen, wenn nicht einmal klar ist, ob es z. B. der Dynamik oder Statik
zuzuordnen ist.
Wenn wir im folgenden oft die Variablen, die das Problem bestimmen, als bekannt
voraussetzen, so deshalb, weil dieser Teil der Lösungsfindung nicht spezifisch ist für die
Anwendung der Dimensionsanalyse, sondern in jedem Fall zu leisten ist, ganz gleich, wie
das physikalische Problem angegangen wird. Wir verschweigen dabei nicht, daß dieser
Teil der schwierigste Teil der Lösungsfindung überhaupt ist. Rezeptartige Anleitungen
führen hierbei nur selten zum Ziel.
Oft fällt die Wahl des Grundgrößensystems bei dynamischen Problemen auf das [LMT]-
System. In diesem System ist die Kraft eine abgeleitete Größe, deren Dimensionsformel
sich aus dem Zweiten Newtonschen Gesetz in der Form (F Kraft, m Masse und a
Beschleunigung)
F=ma (1.32)
zu
(1.33)
1.4 Physikalische Größen und dimensionsbehaftete Konstanten 19
ergibt. Wählt man als Grundgrößen Länge, Kraft und Zeit ([LFT]-System) und be-
trachtet die Masse als abgeleitete Größe, so folgt deren Dimension wieder aus (1.32)
zu
(1.34)
N ach den vorhergehenden Ausführungen kann es aber von Vorteil sein, ein [LM FT]-
System zu verwenden, in dem sowohl Kraft als auch Masse als Grundgrößen vorkommen,
womit also die Zahl der Basisgrößen erhöht wird. Damit dann das Zweite Newtonsehe
Gesetz weiterhin eine dimensionshomogene Gleichung bleibt, führen wir eine dimensi-
onsbehaftete Konstante C ein, so daß (1.32) die Form
F= Cma (1.35)
(1.36)
besitzt. Bereits EULER (zitiert in MACAGNO [1971]) hat diese Form des Newton-
sehen Gesetzes benutzt und die Größe C aus Dimensionsgründen eingeführt. (Auf
einen Vorschlag von Gauss ist diese Konstante dann dimensionslos mit dem Zahlen-
wert Eins gewählt worden, was auf das [LMT]-System führt.) Der Zahlenwert dieser
dimensions behafteten Konstanten hängt von der Wahl der Basiseinheiten ab. Wenn im
[LM FT]-System die Einheiten der Basisgrößen der Reihe nach m, kg, N und s sind,
so ist der Zahlenwert der dimensionsbehafteten Konstanten C gleich 1 und die Einheit
N S2 /(kg m), wobei jetzt das Newton (N) eine Basisgröße und keine abgeleitete Größe
ist. Wählt man als Basiseinheit der Kraft das Kilopond (kp), so ist die Maßzahl der
Konstanten 1/9.80665 und die Einheit kp S2 / (kg m).
Eine abgestützte Masse m unterliegt auf der Erde als Folge der Gravitation einer Kraft,
die wir aus dem Newtonschen Gravitationsgesetz, mit m e als Erdmasse, zu
F -- C, rn1n
--- e -
gm (1.37)
r2
9 Eins, mit anderen Worten: 1 kg Masse ruft auf der Unterlage die Kraft von 1 kp
hervor.
Eine nicht abgestützte Masse erfährt unter dem Einfluß der Gravitationskraft nach
(1.37) eine Beschleunigung a, so daß jetzt das Zweite Newtonsehe Gesetz (1.35) zum
Tragen kommt:
mgg = Cma. (1.38)
Die Masse links (aus dem Gravitationsgesetz), die wir vorübergehend mit dem Index 9
gekennzeichnet haben, nennt man die "schwere Masse" und die Masse rechts im Zweiten
Newtonsehen Gesetz die "träge Masse".
Die experimentell festgestellte Gleichheit der trägen und der schweren Masse, trotz ihrer
begrifflichen Unabhängigkeit, spielt eine entscheidende Rolle bei den Schlußweisen, die
zur allgemeinen Relativitätstheorie führen.
Hier erlaubt sie uns die Beschleunigung
9 1 m m
a=-=---=981- (1.39)
C 1/9.81 S2 • s2
mg=ma (1.40)
oder
a = g, (1.41 )
Im folgenden wollen wir zeigen, wie Zahl und Auswahl der Basisgrößen die Behandlung
eines Problems beeinflussen. Wir betrachten dazu das mit (1.5) bekannte Ausflußpro-
blem aus dimensionsanalytischer Sicht: Wir vermuten, auch ohne Kenntnis von (1.5),
daß die Ausflußgeschwindigkeit u aus einem großen Behälter (siehe Abb. 1.3) von den
physikalischen Größen h (Höhe des Wasserstandes), 9 (Erdbeschleunigung), (! (Dichte
der Flüssigkeit) und." (Viskosität der Flüssigkeit) abhängt und postulieren gemäß (1.29)
1.4 Physikalische Größen und dimensionsbehaftete Konstanten 21
h
p.T]
- - -,-
..--- ~~~.~.•.. u
u = fn(h,g,g,71) (1.42)
Es dreht sich nun darum, diesen Zusammenhang auf einen Zusammenhang zwischen
dimensionslosen Größen II; (i = 1 ... n - r) gemäß (1.31) zu reduzieren. Auf eine
systematische Berechnung gehen wir später ein, stellen hier aber eine Methode vor, die
oft schneller zum Ziel führt und sowohl die dimensionslosen Größen wie auch ihre Anzahl
liefert (TAYLOR [1974]). Zunächst behandeln wir das Problem im [LMT]-System und
ordnen die Größen so an, daß die Exponenten in den Dimensionsformeln als Elemente
der Dimensionsmatrix erscheinen:
L 1 1 -3 -1 1
(1.44)
M 0 0 1 1 0
T -1 -2 0 -1 0
Es empfiehlt sich dabei, die gesuchte Größe (hier u) in die erste Spalte zu stellen und die
bei der Modellbildung gefundenen Größen in dynamische Größen, Materialgrößen, geo-
metrische Größen und dimensionsbehaftete Konstanten zu gruppieren. Eine Anordnung
22 1 Einführung in die Dimensionsanalyse
nach diesem Schema ist schon während des ersten Schrittes der Dimensionsanalyse, der
Modellbildung, oder bei einem Gedankenexperiment hilfreich.
Wenn wir aus der Liste der physikalischen Größen in (1.44) TI weglassen, betrachten
wir den reibungsfreien Austritt der Flüssigkeit, der, wie (1.5) zeigt, keinesfalls auf ein
triviales Ergebnis führt. Wir beschränken uns auf diesen Fall und entnehmen.(1.44}, daß
die Dichte (! aus dem Problem verschwinden muß, da offensichtlich keine der anderen
Größen die Basisgröße Masse enthält, was aber notwendig wäre, um mit der Dichte eine
dimensionslose Größe bilden zu können. Aus der verbleibenden Matrix
11 u 1 9 1 h 1
~ II-~ I-~ I~ I
(1.45)
berechnen wir die dimensionslosen Produkte, indem wir die Zeilen in einer Art Elimina-
tionsverfahren durch Multiplikation bzw. Division der physikalischen Größen der Reihe
nach zu Null machen und bekommen zunächst
(1.46)
da die unabhängigen Verhältnisse u/9 und u/ h keine Länge enthalten. Wir entnehmen
(1.46) die einzige dimensionslose Größe
Fn (;~) = 0 (1.47)
bzw.
u2
gh = const (1.48)
reduziert. Die Konstante auf der rechten Seite läßt sich nicht aus der Dimensionsanalyse
bestimmen. Dem Vergleich mit der analytischen Lösung (1.5) entnimmt man const = 2.
Zum selben Ergebnis (1.48) kommt man bei Verwendung eines [U LR]-Systems, in dem
die Geschwindigkeit, die Länge und die Dichte Basisgrößen sind:
1.4 Physikalische Größen und dimensionsbehaftete Konstanten 23
U 1 0 2 0
L 0 1 -1 0
R 0 0 0 1
Die Dichte kann wieder keine Rolle spielen, so daß die Restmatrix
Es ist zunächst erstaunlich, daß man unter Verwendung des [LM FT]-Systems nicht
wieder auf dieselbe Lösung geführt wird. Statt (1.44) erhält man nämlich
I\u\g \ (!\h\
L 1 0 -3 1
M 0 -1 1 0 (1.49)
F 0 1 0 0
T -1 0 0 0
und man erkennt, daß das Problem im [LM FT]-System in der vorliegenden Form keine
Lösung hat, denn es kann offensichtlich weder von 9 noch von u abhängen, da die Zeit
nur in u, die Kraft nur in 9 auftritt. Wenn die beiden physikalischen Größen 9 und u
aus dem Problem verschwinden, kann es auch nicht von (! abhängen, da dann die Masse
nur in (! auftritt.
11 u 1 9 1 fl 1 h 1 C 1
L 1 0 -3 1 -1
M 0 -1 1 0 -1 (1.50)
F 0 1 0 0 1
T -1 0 0 0 2
und ermittelt die dimensionslosen Produkte, indem man wie vorher versucht, durch
geeignete Bildung von Verhältnissen die Zeilen der Matrix der Reihe nach zu Null zu
machen, so erhält man zunächst die Matrix
L 1 -3 1
M 0 1 0 (1.51 )
F 0 0 0
T 0 0 0
die zeigt, daß fl aus dem Problem verschwinden muß und sich daher nur ein dimensi-
onsloses Produkt ergibt:
Durch Übergang vom [LM FT]-System ins [LMT]-System gewinnt man sofort das
Ergebnis (1.48), denn dann ist C dimensionslos mit der Maßzahl 1 und für 9 gilt
[g] = LT-2.
Als zweites Beispiel fragen wir nach dem Massenstrom m der Strömung einer Flüs-
sigkeit der Dichte fl und der Viskosität T/ durch ein unendlich langes Kreisrohr mit
Duchmesser d unter dem konstanten Druckgradienten J( = /)'p/ l. Es existiert also ein
Zusammenhang
Fn(ri1, 1\, Tj, fl, d) =0. (1.52)
Unter den geschilderten Umständen ist die Strömung im Rohr unbeschleunigt, so daß die
Newtonsehe Gleichung nicht zum Tragen kommt. Wir verwenden daher das [LMFT]-
1.4 Physikalische Größen und dimensions behaftete Konstanten 25
System, können aber die dimensionsbehaftete Konstante C weglassen, so daß die Di-
mensionsmatrix die Form
L 0 -3 -3 -2 1
M 1 0 1 0 0 (1.53)
F 0 1 0 1 0
T -1 0 0 1 0
L 0 -1 -3 1
M 1 0 1 0
F 0 0 0 0
T -1 -1 0 0
L 0 0
M 0 0
F 0 0
T -1 -1
bzw.
. gf{ d4
rn == const-- ( 1.55)
"l
lautet. Die Konstante ist im Rahmen der Dimensionsanalyse nicht zu ermitteln, sie
könnte aber durch ein einziges Experiment bestimmt werden.
26 1 Einführung in die Dimensionsanalyse
Analytisch ergibt sich aus der Lösung der Navier-Stokesschen Gleichungen das als
Hagen-Poiseuillesche Gleichung bekannte Durchflußgesetz
V = 'lrKd4 (1.56)
128 17 ,
L 0 -2 -3 -1 1
( 1.57)
M 1 1 1 1 0
T -1 -2 0 -1 0
mT,l m)
( gK (1.58)
Fn d4 ' 17 d = 0
ergibt. Dieses kompliziertere Ergebnis ist auf die Verwendung des [LMT]-Systems
zurückzuführen, in dem die Kraft eine abgeleitete Größe ist. Die Verwendung dieses
Grundgrößensystems impliziert, daß die Newtonsche Gleichung eine Rolle im betrach-
teten Problem spielt. Dies ist aber hier zunächst nicht der Fall, da die Strömung nach
Voraussetzung beschleunigungsfrei ist und demnach bei der Hagen- Poiseuilleschen Strö-
mung sich Druck- und Reibungskräfte allein die Waage halten.
Für dieses Problem ist die Verwendung des [LMT]-Systems also nicht zweckmäßig. Be-
trachtet man aber eine turbulente Rohrstömung, so ist zwar die gemittelte Strömung
beschleunigungsfrei, nicht aber die turbulenten Schwankungsbewegungen, die ja immer
instationär sind. Dann spielt die Newtonsche Gleichung bzw. ihr kontinuumsmecha-
nisches Äquivalent, die Impulsgleichung, eine Rolle, denn der erhöhte Widerstand ist
auf den Impulsfluß der Schwankungsbewegungen zurückzuführen. Das zusätzliche di-
mensionslose Produkt erlaubt es, (1.58) auch in der dimensionsanalytisch äquivalenten
Form
(1.59)
1.4 Physikalische Größen und dimensions behaftete Konstanten 27
zu schreiben, in der die physikalische Größe TJ nur noch in einem Produkt auftritt. Mit
wird das dimensionslose Produkt II 2 bis auf eine nebensächliche Konstante als Rey-
noldssche Zahl
Re = Ü f!d = Üd (1.60)
TJ v
identifiziert. Löst man (1.59) nach dem Druckgradienten K auf, so zeigt die Gleichung
R
, = ysfn(Re)
V2 f! , (1.61 )
daß der Druckabfall nicht mehr länger proportional zum Volumenst~om ist, wie dies in
laminarer Strömung durch (1.55) zum Ausdruck kommt, sondern mit dem Volumen-
strom stark ansteigt und schließlich proportional zu V2 wird. Die Funktion fn(Re) wird
im Grenzfall Re ~ 00 gegen eine endliche Konstante streben, denn aus physikalischen
Gründen kann fn(Re ~ 00) weder oszillieren, noch unendlich werden.
Will man den Massen- bzw. Volumenstrom auch in turbulenter Strömung beschreiben,
so muß man auch im [LM FT]-System durch Hinzunahme der dimensionsbehafteten
Konstanten C sicherstellen, daß die Newtonsehe Gleichung nicht ausgeschlossen wird.
In der Dimensionsmatrix (1.53) ist dann C als weitere physikalische Größe mitzuführen.
Man zeigt leicht, daß dann die dimensionslosen Produkte
(1.62)
Die angeführten Beispiele haben gezeigt, daß das Ergebnis einer Dimensionsanalyse
von der Wahl der Basisgrößen abhängen kann, und daß eine Erhöhung der Anzahl der
Basisgrößen unter Umständen ein schärferes Ergebnis liefert.
Wir schließen diese Beispiele ab mit der Betrachtung des Wärmeübergangproblems eines
umströmten Körpers in inkompressibler Strömung, das zu einer berühmten Kontroverse
28 1 Einführung in die Dimensionsanalyse
zwischen Rayleigh und Riabouchinsky geführt hat. Es wird nach dem Wärmefluß Q
vom Körper auf die Flüssigkeit gefragt, wenn zwischen der Temperatur der Flüssigkeit
im Unendlichen und dem Körper eine konstante Temperaturdifferenz aufrecht erhalten
wird. Die Strömung sei inkompressibel, so daß die Dichte nur in der Kombination
(!C p = C auftritt, wenn mit c die spezifische Wärme pro Volumen bezeichnet wird.
RAYLEIGH [1915J nahm zunächst an, daß die Strömung reibungsfrei sei und daher einen
Zusammenhang der Form
(1.63)
der von den Maßzahlen des Wärmeflusses Q, der spezifischen Wärme c, der Wärme-
leitfähigkeit der Flüssigkeit A, der Anströmgeschwindigkeit Uoo , der typischen Länge d
und der Temperaturdifferenz 2 /11) erfüllt wird. Abweichend von Rayleigh verwenden
wir aus didaktischen Gründen das [LMT0J-System.
Der Wärmefluß Qhat die Dimension einer Energie pro Zeiteinheit und hier die spezifi-
sche Wärme die einer Energie pro Temperatur- und Volumeneinheit, so daß die Dimen-
sionsformeln dieser angesprochenen Größen [QJ = M L 2 T- 3 und [cJ = M L -IT- 2 0- 1
lauten. Zusammen mit den Dimensionsformeln der anderen Größen ergibt sich dann
die Dimensionsmatrix
L 2 -1 1 1 1 0
M 1 1 1 0 0 0 (1.64 )
T -3 -2 -3 -1 0 0
0 0 -1 -1 0 0 1
Wir berechnen die dimensionslosen Produkte, indem wir wie vorher die Zeilen der Reihe
nach zu Null machen. Aus (1.64) ensteht zunächst
L 1 -2 1 1 0
M 0 0 0 0 0 (1.65)
T 0 1 -1 0 0
0 1 0 0 0 1
2Wir benutzen den Buchstaben iJ für die Temperatur durchweg, um Verwechslungen mit dem
Symbol für die Basisgröße Zeit zu vermeiden.
1.4 Physikalische Größen und dimensionsbehaftete Konstanten 29
dann
und schließlich
11 Q/(>'D.iJd) 1 cUood/>.1
~ ~ ~
(1.67)
11 1 I·
Die dimensionslosen Produkte lauten also
Q
II 1 = >.D.iJd '
und daher das zu (1.63) äquivalente Ergebnis
Riabouchinsky vertrat die Meinung, daß die Temperatur keine Basisgröße, sondern
nur eine abgeleitete Größe mit der Dimension einer Energie sein könnte, da (nach
der kinetischen Gastheorie) die Temperatur der mittleren kinetischen Energie eines
Moleküls proportional ist: < mv 2 /2 >= kiJ. In diesem Fall ist also die Temperatur
eine abgeleitete Größe, und wir ersetzen in der Dimensionsmatrix (1.64) die Dimension
der Temperatur in allen Dimensionsformeln durch die Dimension M L 2T-2. Wenn jetzt
e aus der Liste der Basisgrößen gestrichen wird erhalten wir
L 2 -3 -1 1 1 2
(1.69)
M 1 0 0 0 0 1
T -3 0 -1 -1 0 -2
L 0 -3 -1 1 1
(1.70)
M 0 0 0 0 0
T -1 0 -1 -1 0
30 1 Einführung in die Dimensionsanalyse
gewinnen, wobei die M-Zeile zu Null gemacht wurde. Hieraus entsteht die Matrix
~ -~ ~ -~ I-~
(1.71)
11 1 1 1
und weiter
~ ~ ~ ~
(1.72)
11 1 1 I'
Demnach treten die drei dimensionslosen Produkte
Q
III = >. ß1'J d '
auf. Statt ll3 können wir auch das Produkt ll2 ll3 = ll~ = c Uoo d/ >. ohne Einschränkung
der Allgemeinheit verwenden, so daß für das [LMT]-System das Ergebnis
(1. 73)
erhalten wird, das durch die zusätzliche Abhängigkeit von c~ eine wesentlich schwä-
chere Aussage darstellt.
Im Grunde genommen ist die Reduzierung der Basisgrößen darauf zurückzuführen, daß
die Boltzmannsche Konstante k im Ausdruck für die mittlere kinetische Energie
(1.74)
als dimensionslose Konstante bewertet wurde, so daß die Temperatur als abhängige Grö-
ße erscheint. Dies impliziert, daß Gleichung (1.74) beim vorliegenden Umströmungs-
problem eine Bedeutung hat, was aber bei inkompressibler Flüssigkeit nicht der Fall
ist.
Die Rayleigh-Riabouchinsky-Kontroverse läßt sich auflösen, wenn wir em [LMT0]-
System benutzen und kais dimensions behaftete Konstante mit der Dimensionsformel
[k] = M L 2 T- 2 0- 1 betrachten. Dann muß diese dimensionsbehaftete Konstante in die
Variablenliste aufgenommen werden, so daß der Zusammenhang (1.63) nun lautet
(1. 75)
1.4 Physikalische Größen und dimensions behaftete Konstanten 31
L 2 -1 1 1 1 0 2
M 1 1 1 0 0 0 1 (1.76)
T -3 -2 -3 -1 0 0 -2
0 0 -1 -1 0 0 1 -1
annimmt. Durch Multiplikation bzw. Division mit ..\ kann man zunächst die 0-Zeile zu
Null machen und dann die M-Zeile. So entsteht die Matrix
~ ~ ~ -~
(1.77)
11 1 0 1 1 1'
abliest. Man erhält also sinngemäß dasselbe Ergebnis wie bei Verwendung des [LMT]-
Systems:
(1.78)
Allerdings entnimmt man (1.78) eine wichtige Erkenntnis: Mit den Basiseinheiten m,
kg, sund K im [LMT0]-System ist der Zahlenwert der Boltzmann-Konstanten (1.38 *
1O- 23 kgm 2/(s2 K)) sehr klein. Der Zahlenwert von cd3 1k für das betrachtete Problem
wird damit so groß, daß man keine Abhängigkeit von dieser dimensionslosen Konstanten
erwartet. Es zeigt sich, daß Rayleighs Vorgehensweise, nämlich die Zahl der Basisgrößen
zu erhöhen, ohne die dimensionsbehaftete Konstante in der Variablenliste aufzunehmen,
geschickter war.
Dies war aber nur deshalb möglich, weil die Boltzmannsche Konstante in dem Umströ-
mungsproblem keine Bedeutung hatte. Hingegen spielt sie eine Rolle beim Wärmeüber-
gang in stark verdünnten Gasen und kann i. allg. nicht mehr vernachlässigt werden.
Die Verwendung des [LMT]-Systems führt dann zum selben Ergebnis wie das [LMT0]-
System.
Wir erweitern jetzt den Zusammenhang (1.68) durch Berücksichtigung des Reibungs-
einflusses, den wir über die kinematische Viskosität = "11 f! einbringen. Sie gibt 1/
Anlaß zu einem zusätzlichen dimensionslosen Produkt cl/I..\ = Cp"ll A, das wir auch als
32 1 Einführung in die Dimensionsanalyse
Prandtl-Zahl identifizieren, und das es uns erlaubt, die Pielet-Zahl c Uood/ >. durch die
Reynolds-Zahl >./(c v) (c Uood/ >') = Uood/v zu ersetzen und schreiben daher statt (1.68)
auch
(1. 79)
(1.80)
(1.81)
(1.82)
Schließlich läßt sich die Anzahl der Basisgrößen auch auf Eins verringern, wenn di-
mensionsbehaftete Konstanten aus anderen physikalischen Gesetzen oder auch Ma-
terialgesetzen dimensionslos werden. Dieses Vorgehen ist aber vom Standpunkt der
Dimensionsanalyse nicht interessant, im Gegenteil: Wie im vorangegangenen Beispiel
demonstriert, ist es oft vorteilhaft, die Anzahl der Basisgrößen zu erhöhen. Damit tre-
ten zwar dimensionsbehaftete Konstanten auf, so daß sich in der Regel die Zahl der
dimensionslosen Größen nicht verringert. Spielen aber für das spezielle Problem die
1.5 Das n- Theorem 33
Der Inhalt des lI-Theorems ist die Äquivalenz der Beziehungen (1.30) und (1.31). Die
dimensionslosen Produkte sind Potenzprodukte der physikalischen Größen Pi
n
n = np~} (1.83)
i=1
nIPx} .
n
[Pi] = nm
i=1
pt'} , (1.85)
wenn als allgemeines Symbol für die Basisgröße Pi verwendet wird, wobei ohne Ein-
schränkung der Allgemeinheit in (1.85) auch die physikalischen Größen enthalten sind,
die selbst Basisgrößen sind. Aus (1.84) und (1.85) folgt dann
j=1 i=1
m
(1.86)
Gleichung (1.86) ist erfüllt, wenn die Summe der Exponenten der i-ten Basisgröße null
ist oder, in anderen Worten, das homogene lineare Gleichungssystem
L
n
nichttriviale Lösungen für die nUnbekannten kj besitzt. Die reellen Koeffizienten aij
in (1.87) sind aus (1.85) bekannt: aij ist der Exponent der i-ten Basisgröße in der
34 1 Einführung in die Dimensionsanalyse
an
[ a21
(aij) = : (1.88)
amI
Bekanntlich besitzt eine quadratische Matrix eine Determinante D. Wenn diese ver-
schwindet,
D = det(aij) = 0 ,
nennt man die Matrix singulär, sonst regulär. Dimensionsmatrizen sind aber recht-
eckige Matrizen (n > m), und wir können aus diesen quadratische Teilmatrizen durch
Streichen von Spalten und Zeilen bilden. Wenn die Dimensionsmatrix eine quadratische
Teilmatrix mit r Zeilen und Spalten besitzt, deren Determinante ( Unterdeterminante )
nicht verschwindet, und alle quadratischen Teilmatrizen mit Zeilenzahlen größer r sin-
gulär sind, so hat die Dimensionsmatrix den Rang r und den Defekt d =n - r. Ein
lineares homogenes Gleichungssystem für n Unbekannte, dessen Koeffizientenmatrix
den Rang r hat, besteht nach einem Satz der· linearen Algebra aus r linear unabhängi-
gen Gleichungen und besitzt (außer der trivialen Lösung k j = 0) genau d = n - r linear
unabhängige Lösungen.
In der Regel ist der Rang der Dimensionsmatrix gleich der Zeilenzahl, also gleich der
Anzahl der Basisgrößen im gewählten Grundgrößensystem (r = m). Wenn aber r
kleiner als mist , so bedeutet dies ja, daß m - r Gleichungen von den übrigen Glei-
chungen linear abhängen, also durch Linearkombinationen dieser darstellbar sind. Es
mag zunächst verwundern, daß die Zahl r der Größen mit unabhängigen Dimensionen
kleiner sein kann als die Zahl m der Basisgrößen. Diese Situation entsteht aber, wenn
Basisgrößen immer nur in einer bestimmten Kombination in die abgeleiteten Größen
eingehen, z. B. wenn Mund T immer nur in der Kombination MT- 2 auftreten, wie es
bei Problemen der Statik typisch ist, wenn ein [LMTJ-System gewählt wird. Die Masse
spielt bei solchen Problemen keine Rolle und gelangt nur in die Dimensionsformeln, weil
im [LMTJ-System die Kraft eine abgeleitete Größe ist:
[FJ = LMT- 2 •
Offensichtlich würde die Wahl Masse pro Quadrat der Zeit als Basisgröße zu einem
Grundgrößensystem mit nur zwei Basisgrößen führen. Selbstverständlich kann man in
1.5 Das lI-Theorem 35
solchen Fällen die abhängigen Gleichungen weglassen, womit der Rang wieder gleich
der Zeilenzahl wird.
n d
L a;jkj =- L a ; j kj = b;, (i = l. .. r), (1.90)
j=d+l j=1
dessen rechte Seite b; durch die kj (j = 1 ... d) willkürlich zugewiesenen Werte bekannt
ist. Das Gleichungssystem (1.90) ist nach der Cramerschen Regel
(1.91 )
eindeutig lösbar, da die Determinante D = det(a;j) von Null verschieden ist. D, ist
die Determinante der Matrix, die sich ergibt, wenn man die I-te Spalte der Koeffizi-
entenmatrix durch die rechte Seite bi ersetzt. Die r Lösungen von (1.90) stellen dann
zusammen mit den d = n-r frei gewählten Unbekannten den n-dimensionalen Lösungs-
vektor k j (j = 1 ... n) dar, aus dem wir gemäß (1.83) ein dimensionsloses Produkt II
berechnen.
Aus dem System (1.90) erhalten wir d linear unabhängige n-dimensionale Lösungsvek-
toren k(i),j (i = 1 ... d; j = 1 ... n), wenn wir der Reihe nach den frei wählbaren d
Unbekannten d mal linear unabhängige Werte zuweisen und damit d mal die r Unbe-
kannten gemäß (1.91) ermitteln. Die lineare Unabhängigkeit ist schon sichergestellt,
wenn die Matrix der frei verfügbaren Unbekannten regulär ist, d. h.
k(J),l k(J),2
det
k(2),1 k(2),2 ki"']
k(2),d
#0 (1.92)
k(d),1 k(d),d
Aus den d Lösungsvektoren erhalten wir mit (1.83) dunabhängige dimensionslose Pro-
dukte II(i) (i = 1 ... d). Diese d Lösungsvektoren bilden ein Fundamentalsystem, d. h.
jede Lösung des Systems (1.90) ist durch die Linearkombination mit regulären C(m),;
d
k(m),i = L C(m),i k(i),j , (j = 1 .•• n) (1.93)
i=l
darstellbar. Die Lösungen sind nicht eindeutig, denn es liegt auf der Hand, daß die
Zuweisung gemäß (1.92) nicht eindeutig ist. Es gibt also unendlich viele Lösungen, von
denen jede aus d linear unabhängigen Vektoren besteht. Hierin liegt eine große Frei-
heit, die es erlaubt, beim selben Problem, einen dem jeweilig interessierenden Aspekt
angepaßten Lösungssatz II(i) zu verwenden. Von dieser Möglichkeit werden wir immer
wieder Gebrauch machen.
Für die systematische Berechnung der dimensionslosen Produkte ist die Zuweisung über
die Einheitsmatrix zweckmäßig. Bei dieser, wegen (1.93) die Allgemeinheit nicht ein-
schränkenden, Zuweisung
0 ..
~l
k(I),2 k(i),d
[ k"".
[t
k(2),l k(2),2 k(2),d
(1.94)
k(d),l k(d),d 0
(1.95)
II d 0 0 0
= PI P2P3 ··PdPd+I
1 k(d).d+l
··Pn
k(d).n
Wir denken uns jetzt diese Ausdrücke jeweils nach PI, P2 bis Pd aufgelöst und in (1.30)
eingesetzt, wodurch der Zusammenhang
(1.96)
entsteht. Nun ändern wir im festen aber beliebigen Grundgrößensystem die Einheiten
der Basisgrößen. Die Maßzahlen der abgeleiteten Größen ändern sich dann gemäß
1.5 Das li-Theorem 37
,= rr
Pi Pi
r
a'J
ci (1.97)
i=1
= 0, (1.98)
und wir folgern, daß Fn nicht von den noch dimensions behafteten Pd+l bis p~ abhängen
kann, da wir den Produkten durch geeignete Wahl von Ci, d. h. durch Änderung der
Basiseinheiten, jeden beliebigen Zahlenwert zuweisen können. Da aber Fn invariant
gegen Änderung der Basiseinheiten sein muß, schließen wir, daß Fn unabhängig von
den verbleibenden dimensionsbehafteten Größen sein muß.
Es genügt zu zeigen, daß den fraglichen Ausdrücken der Zahlenwert 1 zugewiesen werden
kann. Offensichtlich ist hierfür notwendig und hinreichend, daß das inhomogene lineare
Gleichungssystem
L aii ln(c;) = ln(pj) , (j = d + 1 ... n) (1.99)
i=1
eine eindeutige Lösung für die positiven Faktoren Ci besitzt. Dies ist der Fall: Die
Koeffizientenmatrix des Gleichungssystems (1.99) ist die Transponierte der regulären
Teilmatrix vom Rang r des Systems (1.90), daher selbst regulär, und die rechte Seite
ln(pj) ist voraussetzungsgemäß nicht für alle j gleich Null. Nach der Cramerschen Regel
läßt sich dann (1.99) eindeutig lösen, und (1.98) ist äquivalent zu
Aus der vorangegangenen Kausalkette ist somit auch die Äquivalenz zu (1.30) und damit
die Reduktion der n dimensionsbehafteten Veränderlichen auf d =n- r dimensionslose
Veränderliche gezeigt.
2 Illustrative Beispiele
Wir kehren jetzt zum Widerstandsproblem der Kugel zurück, das auch durch den Zu-
sammenhang (1.1) ausgedrückt wird, und bilden unter Verwendung des [LMT]-Systems
die Dimensionsmatrix
L 1 1 -1 -3 1
(2.1)
M 1 0 1 1 0
T -2 -1 -1 0 0
Zur Ermittlung der dimensionslosen Produkte kann man nach der in Abschnitt 1.4 ver-
wendeten (allgemeingültigen) Methode vorgehen und durch Bildung von Verhältnissen
Matrixzeilen zu Null machen oder das durch (1.89) bis (1.94) beschriebene Verfahren
verwenden, das bei größeren Matrizen vorzuziehen ist. Der Rang der Koeffizientenma-
trix aij des Gleichungssystems für die n = 5 Unbekannten ki
1 I -1 -3 1 0
(2.2)
1 0 1 1 0 0
-2 -1 -1 0 0 0
11 kl 1 k2 1 k3 1 k4 1 ks 1
~: ~ ~ =~ ~ ~
(2.3)
11 1 1 1 1 1
11 2 -_ Uooe d ,
7]
das die bekannte Reynoldssche Zahl ist, und das dimensionslose Produkt
welches in den aerodynamischen Anwendungen nicht verwendet wird. Da aber die bei-
den Lösungsvektoren k(i),j (i = 1 ... 2; j = 1 ... 5) ein Fundamentalsystem darstellen,
bilden wir gemäß (1.93) die neue Lösung
(2.4)
also
I W (2.6)
11 1 = eU2 d2 ' 00
welches, bis auf den dimensionsanalytisch unwesentlichen Faktor 8/,Tr, mit dem Wider-
standsbeiwert der Kugel
(2.7)
8W eUood) (2.8)
Fn ( e U~d211" --7]- =0
oder
(2.9)
Die Umformung eines vollständigen Satzes dimensionsloser Produkte, hier 111 und 112 ,
auf einen für den vorliegenden Aspekt zweckmäßigen Satz, hier Cw und Re, ist oft
wünschenswert und läßt sich direkt durch geeignete Kombination der dimensionslosen
40 2 Illustrative Beispiele
Produkte des ursprünglichen Satzes wie in (2.5) erreichen, ohne auf (1.93) zurückgreifen
zu müssen. Es ist dann aber darauf zu achten, daß der neue Satz auch tatsächlich
vollständig ist.
Wie bereits in Abschnitt 1.1 erwähnt, ist die Berechnung der unbekannten Funktion
(2.9) bisher nicht im gesamten interessierenden Reynolds-Zahl-Bereich gelungen. Für
die Grenzfälle Re -+ 00 und Re -+ 0 läßt sich aus der Dimensionsanalyse, kombi-
niert mit darüber hinausgehenden Erwägungen, das Verhalten der Widerstandskurve
darstellen. Wir schreiben (2.9) in der Gestalt
!! J2
W = 2" U!11""4 fn(Re) (2.10)
und fordern aus physikalischen Gründen, daß fn(Re) beschränkt bleibt für Re -+ 00.
Der Fall fn(Re) -+ 0 für Re -+ 00 bei festem Uoo und d, also für '1/!! = 11 -+ 0,
entspricht dem reibungsfreien Fall und liefert das unrealistische Ergebnis W = 0, das
als d'Alembertsches Paradoxon bekannt ist, wobei die in (1.1) erfaßten physikalischen
Größen schon implizieren, daß für 11 = 0 die Strömung dann auch rotationsfrei ist.
Daher hat fn(Re) einen endlichen, von Null verschiedenen Grenzwert, d. h.
Der Widerstand wird nur durch die Flüssigkeitseigenschaft Dichte geprägt, und man
spricht vom Trägheitswiderstand. Das Verhalten (2.11) wird durch Abb. 1.2 bestätigt,
der man auch die Konstante zu const = 004 entnimmt. Der scharfe Abfall bei Re '"
3 * 10 5 ist nicht reibungsbedingt, sondern auf den Umschlag der Grenzschicht zurück-
zuführen, der bei der Kugel eine Verringerung des Nachlaufes verursacht. Der Wider-
stand ist weiterhin trägheits bedingt und der Beiwert nimmt erneut einen konstanten,
aber kleineren, Wert an.
Der Grenzfall Re -+ 0 bei festem 11 entspricht dem Fall kleiner Trägheit, also !! -+ O.
Wenn der Widerstand nach (2.10) dann nicht verschwinden soll, so muß (2.10) die
spezielle Form
(2.12)
bzw.
11"
W = const SUoo'1d (2.13)
annehmen. Der Widerstand wird jetzt allein durch die Flüssigkeitseigenschaft Visko-
sität bestimmt. Die Theorie liefert in diesem Fall für die Konstante den Wert 24, und
2.1 Das Widerstandsproblem 41
(2.13) ist dann die Stokessche Widerstandsformel. Ein weiter, wenn auch nicht mehr
der gesamte Bereich der Reynolds-Zahl zwischen diesen Grenzwerten, ist bisher nur
durch das Experiment erreichbar.
Wir werden im folgenden oft bei asymptotischen Betrachtungen die Existenz eines von
Null verschiedenen Grenzwertes voraussetzen, auch wenn keine mathematischen Be-
weise vorliegen. Die Existenz ist oft vom Problem her gesichert, aber zuweilen existiert
der Grenzwert nicht und wir werden in solchen Fällen besonders darauf hinweisen.
Die experimentelle Ermittlung der Widerstandskurve kann im Prinzip mit einer Ku-
gel beliebigen Durchmessers erfolgen. Daher läßt sich auch der Widerstand einer Ku-
gel mit sehr großem Durchmesser (etwa eines Ballons) anhand einer Modellkugel mit
sehr viel kleinerem Durchmesser im Windkanal ermitteln. Beide Strömungen sind, wie
(2.9) zeigt, vollständig ähnlich, wenn die R~ynoldssche Zahl, und folglich der Wider-
standsbeiwert, gleich sind. Unter Umständen ist es aber nicht möglich, in einer gege-
benen Versuchsanlage, also bei gegebenem Maximaldurchmesser der Modellkugel, die
Reynoldssche Zahl des Originals zu erreichen, ohne die Geschwindigkeit so zu steigern,
daß die Kompressibilität der Luft eine Rolle spielt.
Da auch die Schallgeschwindigkeit a ein Maß für die Kompressibilität ist, liegt die Ver-
mutung nahe, es genüge diese Größe in (1.1) einzuführen, den Zusammenhang (2.9) um
die Mach-Zahl M oo = Uoo/a oo zu erweitern und ihn dadurch schon für alle kompressi-
blen Strömungen anwendbar zu machen. Dies ist nicht der Fall, denn es liegt auf der
Hand, daß die thermodynamischen Zustandsgleichungen und die Materialgleichungen
zusätzlich zu berücksichtigen sind. In kompressibler Strömung ist der Druck nicht mehr
unbestimmt wie in inkompressibler Strömung, wo bekanntlich nur Druckdifferenzen dy-
namisch eine Rolle spielen, sondern der absolute Druck tritt als thermodynamische
Veränderliche auf. Wir untersuchen zunächst welchen Einschränkungen die Material-
gleichungen und die Zustandsgleichungen bei ähnlichen Strömungen unterliegen, wenn
weiterhin die Geschwindigkeit, Dichte, Druck und der Durchmesser frei wählbar sind.
Man nennt die Strömungen dann dynamisch ähnlich. Wir beschränken uns auf linear
viskose, kompressible Flüssigkeiten, bei denen die Materialkonstanten, etwa 1/, von zwei
thermodynamischen Zustandsgrößen abhängen, wobei hier nach obigem nur p und I! in
Frage kommen:
(2.14)
Für einen ganz allgemeinen Zusammenhang, in dem eine Reihe von dimensionsbehaf-
teten Konstanten auftritt, die zu dimensionslosen Produkten Anlaß geben und die alle
42 2 Illustrative Beispiele
V 1 0 0 1
(2.16)
R 0 1 0 -n
p 0 0 1 -m
(2.17)
ab, wobei der Zahlenwert C'7 so sei, daß das Gleichheitszeichen gilt. Auf gleiche Weise
gelangen wir zu einem Zusammenhang für die Wärmeleitfähigkeit A:
(2.18)
wobei die Exponenten in beiden Beziehungen zunächst noch verschieden sein können.
Neben den Materialeigenschaften treten bei kompressibler Strömung noch die thermo-
dynamischen Zustandsgleichungen in das Problem ein. Als thermische Zustandsglei-
chung wählen wir
T = T(p,e) , (2.19)
da, wie in (2.14), p und e als die unabhängig Veränderlichen auftreten. Ebenso fordern
wir für die kalorische Zustandsgleichung die Form
e = e(p, e) . (2.20)
Dynamische Ähnlichkeit im obigen Sinne wird sich, wenn überhaupt, nur für die einfach-
sten Formen der Zustandsgleichungen erreichen lassen. Aber selbst in der einfachsten
Form muß wenigstens eine dimensionsbehaftete Konstante in der Beziehung (2.19) auf-
treten. Man kann auch hier (2.19) in die Form eines Potenzmonoms bringen, aber die
einzig wichtige Zustandsgleichung dieser Art ist die. Zustandsgleichung des thermisch
idealen Gases:
T=L. (2.21 )
Re
2.1 Das Widerstandsproblem 43
L 1 1 -1 -3 -1 1 2 2 1
M 1 0 1 1 1 1 0 0 0 (2.23)
T -2 -1 -2 0 -1 -3 -2 -2 0
0 0 0 0 0 0 -1 -1 -1 0
deren Rang sich zu 4 ergibt, so daß wir schließlich 5 dimensionslose Produkte erwarten.
Neben den zwei bekannten Produkten Reynolds-Zahl und Widerstandsbeiwert, treten
noch
und IIs = P~2 (2.24)
eoo 00
auf. Für das Produkt I1 3 können wir wegen R = Cp - c" auch 'Y - 1 bzw. 'Y = Cp/c"
nehmen, und damit ersetzen wir das Produkt II s durch
(2.26)
umformen, ist uns schon als Prandtlsche Zahl bekannt. Damit die Prandtl-Zahl aber
eine Konstante ist, müssen die Exponenten in (2.17) und (2.18) dieselben sein, d. h.
1 = n, k = m, was natürlich eine weitere Einschränkung bedeutet. Die Exponenten n
und m treten aber auch als zwei weitere dimensionslose Produkte auf, so daß der (2.9)
entsprechende Ausdruck nunmehr
(2.27)
2.2 Oberflächenwellen
Als nächstes Beispiel betrachten wir Wellen auf der Oberfläche einer tropfbaren, in-
kompressiblen Flüssigkeit und fragen nach der Phasengeschwindigkeit c dieser Wellen,
also z. B. nach der Geschwindigkeit, mit der sich Wellenberge fortbewegen. Wir ver-
nachlässigen den Einfluß der Viskosität der Flüssigkeit und beschränken uns auf den
Fall der kleinen Amplitude, d. h. klein im Vergleich zu allen anderen linearen Abmes-
sungen des Problems. Außerdem sollen die Eigenschaften des Mediums (Luft) oberhalb
der Oberfläche keinen Einfluß haben. Je nach der rückt reibenden Kraft unterscheidet
man zwischen Schwerewellen und Kapillarwellen .
Wir wenden uns zunächst Schwerewellen in seichtem Wasser zu, dessen Höhe h sei. Der
Zusammenhang der Phasengeschwindigkeit mit den anderen physikalischen Größen g, h
und {! ist also
Fn(c,g, h, (!) =0 . (2.28)
Ordnet man die Variablen wieder in einer Dimensionsmatrix und legt als Basisgrößen-
system ein [LMT]-System zugrunde, so erhält man
11 c 1 9 1 h 1 {! 1
L 1 1 1 -3
(2.29)
M 0 0 0 1
T -1 -2 0 0
Wie schon bei der Toricellischen Ausflußformel führt diese Matrix zu dem zwingenden
Schluß, daß die Dichte nicht in das betrachtete Problem eingehen kann, da sie die einzige
Größe ist, die die Dimension einer Masse enthält. Man liest als einziges dimensionsloses
Produkt
rr = _c_ (2.30)
,;gTi
2.2 Oberflächenwellen 45
folgt
c = ± const J9h . (2.32)
Die Phasengeschwindigkeit der Wellen hängt demnach von der Wassertiefe ab und
nimmt mit steigender Tiefe zu. Natürlich gilt (2.32) nur für Wellen in einer Flüssig-
keit konstanter Tiefe h. Wendet man diese Gleichung lokal auf den Fall abnehmender
Wassertiefe an, etwa in der Nähe eines Ufers, und bezeichnet mit h 1 die Höhe eines
Wellenberges, mit h 2 die Höhe eines benachbarten Wellentales, dann ist das Verhältnis
der entsprechenden Phasengeschwi ndigkeiten
(2.33)
und wir erkennen, daß Wellenberge sich schneller fortpflanzen als Wellentäler, was schon
qualitativ die Ursache des Brandens von Wellen erklärt.
Überträgt man die Formel (2.32) auf Wellen großer Tiefe, z. B. auf Meereswellen, so
wird das unrealistische Ergebnis erhalten, daß sich diese Wellen mit sehr großer Ge-
schwindigkeit fortbewegen. In diesem Fall ist die Wassertiefe h nicht die geeignete
Länge, um ein dimensionsloses Produkt zu bilden. Die einzig andere, das Problem cha-
rakterisierende, Länge ist aber die Wellenlänge >., so daß wir im Grenzfall >'1 h « 1 für
die Phasengeschwindigkeit die Beziehung
erhalten. Nach dem eben Gesagten ist dann auch klar, daß (2.32) nur für hl>' « 1
gilt. Beide Wellen arten werden als Schwerewellen bezeichnet. Wellen, deren Phasenge-
schwindigkeit nach (2.32) zu berechnen ist als lange Schwerewellen.
Die Beziehung (2.34) für die Phasengeschwindigkeit ist insofern bemerkenswert, als
die Phasengeschwindigkeit nun von der Wellenlänge abhängt, lange Wellen sich also
schneller fortpflanzen als kurze. Diese Abhängigkeit der Phasengeschwindigkeit von
der Wellenlänge wird als Dispersion bezeichnet, als normale Dispersion, wenn, wie hier,
die Ausbreitungsgeschwindigkeit mit der Wellenlänge wnimmt. Die Störung einer Was-
seroberfläche wird i. allg. zu einer Überlagerung von Wellen verschiedener Wellenlängen
führen. Die Form der resultierenden Welle wird sich demnach ändern, da die in ihr ent-
haltenen langen Wellen schneller fortschreiten als die kurzen. Dies im Gegensatz zu
46 2 lllustrative Beispiele
akustischen Wellen, die keine Dispersion zeigen (jedenfalls solange keine Relaxationsef-
fekte hervorgerufen werden) und Wellen unveränderlicher Form darstellen.
Wir haben bisher nur Schwerewellen betrachtet, also Bewegungen, die maßgeblich durch
die Schwerkraft beeinflußt sind. An der Trennfläche zwischen zwei Flüssigkeiten tritt
aber immer auch eine Oberflächenspannung auf. In ruhender Flüssigkeit ist die Druck-
differenz zweier Flüssigkeiten an ihrer Trennfläche proportional zur Oberflächenspan-
nung und zur mittleren Krümmung dieser Fläche. Eine wellenförmige Erhebung auf
der Flüssigkeitsoberfläche führt dazu, daß der Druck längs der Oberfläche veränderlich
ist, so daß eine Bewegung der Flüssigkeitsteilchen hervorgerufen wird, und wir vermu-
ten, daß auch die Oberflächenspannung Anlaß einer Wellenbewegung sein kann. Die
Dimension der Oberflächenspannung ist [Cl = MT- 2 , so daß die Dimensionsmatrix die
Form
11 c 1 9 1 ,\ 1 {! 1 C 1
L 1 I I -3 0
(2.35)
M 0 0 0 I 1
T -1 -2 0 0 -2
(2.37)
Der Grenzfall 9 ---+ 0, also die Wellenbewegung allein aufgrund der Oberflächenspan-
nung, macht es wünschenswert, daß 9 nur in einem dimensionslosen Produkt auftaucht.
Daher bilden wir
rr'1-- rr 1rr-
2
1/ 2 - (iI
-CYc' (2.38)
und erhalten
Die Größe a = ...;C / ({! g) hat die Dimension einer Länge und wird als Laplacesche
Länge bezeichnet. Der angesprochene Grenzfall wird darum für a/,\ ---+ 00 erreicht und
führt auf einen Zusammenhang der Porm
c= const~. (2.40)
2.3 Schiffswellen 47
Die so beschriebenen Wellen nennt man f(apillarwellen. Sie zeigen, ebenso wie Schwe-
rewellen, Dispersion. Jetzt nimmt die Phasengeschwindigkeit allerdings zu, wenn A
abnimmt (anormale Dispersion). Betrachtet man (2.34) und (2.40) und ändert, z. B.
in einem Experiment, die Wellenlänge A von kleinen Werten, bei denen (2.40) An-
wendung findet, zu großen Werten, für die (2.34) maßgebend ist, so nimmt die Pha-
sengeschwindigkeit zunächst ab und dann wieder zu. Daher gibt es ein Minimum der
Phasengeschwindigkeit. Aus einer analytischen Behandlung des Problems findet man
für den Zusammenhang (2.39)
c= (2.41 )
Aus {2 und C für Wasser ergibt sich die kleinst mögliche Phasengeschwindigkeit zu
c'" 23 cm/s.
2.3 Schiffswellen
Ein besonders schönes und reichhaltiges Wellensystem beobachtet man bei Schiffen.
Mit Hilfe der Dimensionsanalyse sowie zusätzlicher Überlegungen läßt sich dieses Wel-
lensystem beschreiben (EpSIITEYN [1977]).
Wir betrachten zunächst die durch eine punktförmige Störung der Wasseroberfläche
hervorgerufenen Wellen und fragen nach dem Ort konstanter Phase, also z. B. nach dem
Abstand r eines Wellenberges vom Ursprung der Störung nach einer Zeit t. Wie im
letzten Beispiel wird die Viskosität der Flüssigkeit vernachlässigt, die ja das betrachtete
Phänomen nicht erklären kann, und außerdem angenommen, daß die Wassertiefe h groß
im Vergleich zur Wellenlänge ist. Der gesuchte Zusammenhang ist also von der Form
Wie vorher kann die Dichte als einzige Größe mit der Dimension einer Masse im be-
trachteten Problem nicht auftreten und man wird auf das dimensionslose Produkt
r
- = <.p = const (2.43)
9 t2
geführt, dem man entnimmt, daß sich der Abstand des betrachteten Wellenberges qua-
dratisch mit der Zeit ändert und daher die Phasengeschwindigkeit mit der Zeit zunimmt.
48 2 illustrative Beispiele
v
(x .. ,y .. )
u
x
Abb. 2.1. Enveloppe der zu verschiedenen Zeiten hervorgerufenen Störungen gleicher Phase
Wirft man einen Stein in einen Teich, so beobachtet man eine Vielzahl von Wellenber-
gen, die sich mit zunehmender Geschwindigkeit vom Ort der Störung entfernen. Hätte
man zur festen Zeit t eine andere Phase, also einen anderen Wellenberg, ins Auge gefaßt,
so wäre man wieder auf (2.43) geführt worden. Es ist offensichtlich, daß die Konstante
r.p die Phase der hervorgerufenen Störung kennzeichnet, für verschiedene Phasen also
verschiedene Werte annimmt.
Wir werten die Störungen, die ein mit konstanter Geschwindigkeit sich geradlinig be-
wegendes Schiff hervorruft, als eine Sequenz von Störungen, wie sie durch (2.43) be-
schrieben werden. In der Zeit t, in der das Schiff die Strecke xo( t) = U t zurücklegt,
breitet sich die Störung gleichmäßig in alle Richtungen aus. Für einen Beobachter auf
dem Schiff liegen die zur Zeit t = 0 verursachten Störungen nach einer Zeit t auf einem
Kreis, dessen Gleichung mit
(2.44)
gegeben ist. Längs des Schiffsweges wird an jedem Ort xo(t), d. h. zu jeder Zeit t, eine
solche Störung hervorgerufen. Da die Ausbreitungsgeschwindigkeit dieser Störung aber
endlich ist, läßt sich eine Kurve angeben, die alle betrachteten Störungen einhüllt. Die
Gleichung dieser Enveloppe wird berechnet, indem man aus F = 0 und 8F/8t = 0 die
implizite Form
(2.45)
2.3 Schiffswellen 49
u
x
(2.46)
bildet. Für verschiedene Phasen <.p erhält man verschiedene der durch (2.45) und (2.46)
beschriebenen Kurven, <.p ist demnach Scharparameter. Jede dieser Enveloppen erreicht
für t = U/ (<.p g.../6) maximale Koordinatenwerte X m, Ym, die mit
(2.47)
und
(2.48)
50 2 Illustrative Beispiele
gegeben sind. Das Verhältnis Ym/xm = 1/../8 ist erstaunlicherweise von der Phase der
Störung unabhängig. Jede dieser Enveloppen berührt zwei Geraden, deren Schnittpunkt
im Ursprung des Koordinatensystems, also im Schiff, liegt und sich mit dem Schiff fort-
bewegt. Der Öffnungswinkel, den diese Geraden einschließen, ist 2/-! = 2 * 19.47°. Man
erwartet also entlang dieser Geraden auch dann eine endliche Störung der Oberfläche,
wenn, wie in diesem Beispiel, der Impuls der verursachenden Störung vernachlässigt
wurde. Tatsächlich beobachtet man bei einem mit konstanter Geschwindigkeit fahren-
den Schiff, aber auch bei Enten etwa, die über einen Teich schwimmen, ein Wellensy-
stem, welches durch zwei Geraden begrenzt und entlang dieser Geraden besonders stark
ausgeprägt ist. Insbesondere ist der Öffnungswinkel dieser Geraden von der Geschwin-
digkeit des schwimmenden Körpers unabhängig!
Vergleicht man dieses Ergebnis mit dem Machschen Kegel, der die Einhüllende der
kleinen Störungen ist, die ein Körper in einer Überschallströmung hervorruft, so findet
man für den Öffnungswinkel des Machsehen Kegels
. 1 a
Sill/-! = M = U' (2.49)
0"/ 2
F == const (2.51 )
gewinnt. Die Belastung, die allein aus dem Eigengewicht der Brücke erwächst, ist
F ~ {![3g, und man erhält aus (2.51)
0"
{!Ig == const . (2.52)
Gleiche Belastung im Sinne gleicher Spannung in Modell und Großausführung als Folge
des Eigengewichtes sind also nicht zu erreichen, wenn die Dichte von Modell und Groß-
ausführung gleich ist. Die Großausführung wird, bei gleichem Material, gerade um den
Maßstabsfaktor der Länge stärker belastet (siehe auch Kapitel 3).
Wird eine Flüssigkeit in einem tiefen Behälter zu Schwingungen angeregt, etwa durch
eine Erschütterung des Gefäßes, so schwingt die Flüssigkeit in Eigenformen. Jede dieser
Eigenformen ist mit einer Eigenfrequenz n verbunden, die außer von der Schwerkraft 9
von einer linearen Dimension 1 abhängt, die den Behälterquerschnitt kennzeichnet:
n == fn(g, I) . (2.53)
Die Dichte kann die Eigenfrequenz nicht beeinflussen, da außer ihr keine andere Variable
die Dimension einer Masse enthält. Man entnimmt (2.53) das einzige dimensionslose
Produkt
(2.54)
52 2 lllustrative Beispiele
Jf
so daß (2.53) die Form
n = const (2.55)
n=fn(a,l), (2.56)
geführt wird. Die Resonanzfrequenz nimmt also mit zunehmender Größe des Resona-
tors wie 1/1 ab.
Eng verwandt mit diesem Beispiel ist die Tonerzeugung mit Hilfe einer Stimmgabel.
Neben der typischen Längenabmessung I wird die Resonanzfrequenz nun von Elasti-
zitätsmodul E und Dichte {} der Stimmgabel bestimmt,
n = fn(E,{},I). (2.58)
Ein flüssiger Stern der Dichte {} wird aufgrund der eigenen Gravitation zusammenge-
halten. Die Dichte ist zwar i. allg. nicht homogen, beschränkt man sich aber auf Sterne
2.4 Rayleighs Beispiele 53
mit ähnlicher Dichteverteilung, so reicht zur Charakterisierung der Wert der Dichte an
einer Stelle, z. B. im Zentrum des Sterns, aus. Wenn dieser Stern nun freie Schwingun-
gen ausführt, so unterliegen die hervorgerufenen Bewegungen Randbedingungen. Diese
Randbedingungen führen zu Eigenschwingungen mit zugehörigen Eigenfrequenzen. Die
Eigenfrequenz n hängt vom Durchmesser des Sterns d, seiner Dichte (! und der Schwer-
kraft ab, die nun in der Form der Gravitationskonstanten G erscheint. Man erwartet
demnach eine Beziehung der Form
n = fn(d,{!,G). (2.60)
Verwendet man das [LMT]-System als Basisgrößensystem, so erhält man die Dimensi-
onsmatrix
11 n 1 d 1 {! 1 G 1
L 0 1 -3 3
(2.61 )
M 0 0 1 - 1
T -1 0 0 -2
Die M-Zeile verschwindet, wenn man {! mit G multipliziert. Dann gibt es aber außer d
keine Größe mit der Dimension einer Länge, so daß als dimensionsloses Produkt nur
n n
II 1 = -- oder "fiG = const (2.62)
HJ
bleibt. Die Eigenfrequenzen sind daher von der Größe des Sterns unabhängig und
nehmen proportional zur Wurzel seiner Dichte zu. Bei gleicher Dichte schwingen kleine
Sterne also genauso schnell wie große.
Im Zusammenhang mit den Wasserwellen haben wir gesehen, daß außer der Schwerkraft
auch die Oberflächenspannung Anlaß zu Oberflächenschwingungen geben kann. Bei
einem kleinen Wassertropfen z. B., dessen Oberfläche zu Schwingungen angeregt wird,
vermutet man eine Abhängigkeit der Eigenfrequenzen von der Oberflächenspannung,
von seiner Dichte und von seinem Durchmesser,
L 0 1 -3 0
(2.64)
M 0 0 1 1
T -1 0 0 -2
Dividiert man g durch G, so enthält keine Größe mehr die Dimension einer Masse und
es entsteht
11 n 1 d 1 giG 1
~ II-~ I~ I -: I
(2.65)
nvfiJ3
C = const (2.66)
bzw.
n = const~. (2:67)
In diesem Fall ist die Eigenfrequenz also von der Größe, genauer von der Masse, des
Tropfens abhängig, ein kleiner Tropfen schwingt demnach schneller als ein großer.
Die makroskopisch beobachtbare Eigenschaft Viskosität von Gasen hat ihre Ursache in
der thermischen Bewegung der Moleküle. Ist nämlich die Kontinuumsgeschwindigkeit
im Flüssigkeitsteilchen größer als in der Umgebung, so tragen die herauswandernden
Moleküle den Anteil, der Anlaß zu dieser Geschwindigkeit ist, mit sich. Die sie erset-
zenden einwandernden Moleküle haben Molekülgeschwindigkeiten mit einem geringerem
Anteil an der KontinuumsgeschwindigkeiL Als Folge findet ein Impulsaustausch statt,
der sich aus kontinuumstheoretischer Sicht als Viskosität bemerkbar macht.
Außer der Molekülmasse und der mittleren Molekülgeschwindigkeit wird die molekulare
Bewegung beeinfiußt durch die Kräfte, die zwischen den Molekülen wirken. Moleküle
eines Gases stoßen sich mit einer Kraft F ab, die mit zunehmendem Abstand r der
Moleküle schwächer wird und eine Beziehung der Form
(2.68)
2.4 Rayleighs Beispiele 55
nahelegt. Die Konstante I< hat die Dimension [I<] = M L1+ n T- 2 und ist, ebenso wie der
Exponent n, eine charakteristische Eigenschaft der betrachteten Moleküle. Wir fragen
nun nach der makroskopischen Größe Viskosität 1/ in Abhängigkeit der Moleküleigen-
schaften m, c und F. Die Kraft F ist aber nach (2.68) eine Funktion des Abstandes,
der ja veränderlich ist. Im Rahmen der Dimensionsanalyse wird diese Kraft beschrieben
durch die dimensionsbehaftete Konstante I<, deren Dimension den Exponenten n und
damit schon alle notwendige Information enthält. Wir suchen also einen Zusammen-
hang der Form
1/ = fn(m, c, I<) . (2.69)
Die unmittelbare Frage nach dem dimensionslosen Produkt bringt die mittlere Mo-
lekülgeschwindigkeit ins Ergebnis. Von Interesse ist die Abhängigkeit der Viskosität
von der Temperatur, die nach der kinetischen Gastheorie proportional zur mittleren
kinetischen Energie eines Moleküls ist:
(2.70)
Da die Masse m schon im Argument der gesuchten Funktion auftaucht, genügt es,
statt der mittleren Molekülgeschwindigkeit, k19 anzugeben. Wählt man k dimensi-
onslos, so ist die Temperatur eine abgeleitete Größe. Daher ersetzen wir (2.69) ohne
Einschränkung durch
1/ = fn(m,19,I<). (2.71)
11 1/ 1 m 1 19 1 I<
L -1 0 2 n+l
(2.72)
M I 1 1 1
T -1 0 -2 -2
Zunächst werden die Größen so kombiniert, daß die T-Zeile zu null wird,
1/ / ](1/2 1 m 1 19 /]( 1
1/
(](m)1/2 v
(_a/l<,)(n+3)/(2-2n)
,
= cons t (2.74)
56 2 Illustrative Beispiele
bzw.
.,., = const ([( m )1/2 (iJ / [(){n+3)/{2n-2) • (2.75)
Für n = 5 ist damit die Viskosität direkt proportional zur Temperatur, während im
Grenzfall n -+ 00 die Viskosität wie die Wurzel der Temperatur ansteigt.
Ein nicht vollständig geschlossener Wasserhahn tropft, d. h. Wasser löst sich in Tropfen-
form vom Hahn. Der Vorgang langsamer Tropfenbildung wird offensichtlich beeinflußt
von der Oberflächenspannung C der Flüssigkeit, die versucht, das Gewicht des Tropfens
aufzufangen und damit an den Wasserhahn zu binden, und der Schwerkraft g, die den
Tropfen nach unten zieht. Die Masse m des sich lösenden Tropfens hängt außerdem
vom Durchmesser d der Hahnöffnung und von der Dichte der Flüssigkeit (! ab, so daß
wir auf einen Zusammenhang
m = fn(d,g,C,(!) (2.76)
Diese Beziehung liefert schon das für den betrachteten Vorgang maßgebliche dimen-
sionslose Produkt
(2.78)
Ein weiteres dimensionsloses Produkt ergibt sich aus dem Verhältnis der tatsächlichen
Tropfenmasse zur Masse (!d 3 :
(2.79)
mg
Fn ( Cd' (!d3
m) = 0 (2.80)
2.4 Rayleighs Beispiele 57
an. Da die gesuchte Tropfenmasse in beiden Produkten auftritt, ist es sinnvoll, eine
neue Größe einzuführen,
(2.81)
(2.82)
Wenn ein zylindrischer Stab oder ein Draht umströmt wird, lösen sich unter bestimm-
ten Bedingungen periodische Wirbel von dem Zylinder ab. Die Wirbel ordnen sich
schließlich in Form einer J(armanschen Wirbelstraße an. Die Erscheinung tritt auch
an Freileitungen auf. Die Geschwindigkeitsschwankungen verursachen entsprechende
Druckschwankungen, die als "Summen" wahrnehmbar sind. Wir bemerken, daß dieser
instationäre Vorgang bei stationärer Anströmung auftritt.
Die Frequenz dieser äolischen Töne, bzw. die Frequenz, mit der sich die Wirbel vom
Zylinder lösen, wird beeinflußt von der Anströmgeschwindigkeit U, dem Drahtdurch-
messer d und den Flüssigkeitseigenschaften Dichte f! und Viskosität "I. Dichte und
Viskosität sind die einzigen Größen mit der Dimension einer Masse und treten folglich
nur als Verhältnis v = "1/ f! auf. Die Frequem: n erfüllt demnach den Zusammenhang
n = fn(U,d,v) . (2.84)
Wir machen die Frequenz mit der typischen Umströmungszeit d/U dimensionslos,
nd
fI l = Ti . (2.85)
Ih = Ud , (2.86)
v
58 2 Illustrative Beispiele
h
p.ry H
~~~~~~\~~~~~~~~~~~~
Abb. 2.4. Skizze des Gleitbootes
2.5 Gleitboote
Als nächstes Beispiel betrachten wir schnell fahrende Boote oder Gleitboote und fragen
nach der Auftriebskraft F. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Schiffen erhalten diese Boote
ihren Auftrieb nicht durch den hydrostatischen Auftrieb, sondern aufgrund der dynami-
schen Druckverteilung entlang der benetzten Fläche des Bootsrumpfes. Der Bootsrumpf
ist während der Fahrt um einen kleinen Winkel a gegenüber der ungestörten Wasser-
oberfläche geneigt. Beschränkt man sich auf geometrisch ähnliche Boote, so ist der
Bootsrumpf allein durch seine Breite b beschrieben. Der Auftrieb F wird außer von b
durch den Neigungswinkel a, die Geschwindigkeit U des Bootes, die Eintauchtiefe des
Bootes h, die Wasserhöhe H, die Dichte (1 des Wassers und die Schwerkraft 9 bestimmt:
Die Viskosität des Wassers wird hierbei nicht berücksichtigt, da die Bewegung des
2.5 Gleitboote 59
Wassers, und damit die Druckverteilung entlang des Bootsrumpfes, hauptsächlich durch
die Trägheit des Wassers und nicht durch seine Zähigkeit vorgeschrieben wird.
Wie vorher stellen wir durch Inspektion die dimensionslosen Produkte zusammen. Statt
der Eintauchtiefe kann man die benetzte Länge Z verwenden, die ebenfalls abhängig
Veränderliche ist. Der Auftrieb wird zweckmäßig mit dem dynamischen Druck und
der Fläche b2 dimensionslos gemacht, da die Bezugsfläche b Z die unbekannte Länge I
enthielte und man erhält den Auftriebsbeiwert
F
IIt = Ca = e U2b2 . (2.89)
(2.90)
und (2.91 )
U2
Il s = 9b ' (2.92)
das als Froudesche Zahl bekannt ist. Der Zusammenhang (2.88) reduziert sich nun auf
F ( b b U2 ) (2.93)
eU2b2 = fn a, I' H' gb .
Die Produkte sind offensichtlich voneinander unabhängig. Eine Vereinfachung läßt sich
erzielen, weil der Winkel a in der Regel klein ist. Der Auftrieb muß eine ungerade
Funktion von a sein und der erste Term einer Taylorentwicklung ist
F (b b U 2 ) (2.94)
eU2b2 = fn I' H' gb a.
Für gegebene Last und Geschwindigkeit stellt dies auch eine Gleichung für die benetzte
Länge (oder Eintauchtiefe) dar. Während sich der Auftrieb ermitteln läßt, ohne die
Flüssigkeitsreibung zu berücksichtigen, ist dies bei der Bestimmung des Widerstandes
nicht mehr zulässig. Mit der Viskosität tritt als neues dimensionsloses Produkt die
Reynolds-Zahl auf,
Il 6 = UZe. (2.95)
1)
60 2 lllustrative Beispiele
Der Widerstand, den das Boot erfährt, setzt sich zusammen aus einem Beitrag der von
der Reibung und damit von der Reynolds-Zahl bestimmt wird und einem Beitrag, der
sich aus der Projektion der Normalkraft aufgrund der Druckverteilung in die Bewe-
gungsrichtung des Bootes ergibt. Für kleine Neigungswinkel ist die Normalkraft gleich
der Auftriebskraft und die Projektion in Bewegungsrichtung gleich dieser Kraft multi-
pliziert mit o. Nimmt man an, daß sich beide Beiträge zum Widerstand unabhängig
voneinander bestimmen lassen, so legt dies einen additiven Ansatz der Form
W=Fo+Wr (2.96)
bzw.
CWg
Wb2 = Ca (b
= gU2 b U2 )
0, l' H' gb 0+ CWr
(Ulg)
--;;- (2.97)
Bei fester Auftriebskraft wird der Widerstand für kleine Winkel bestimmt durch den
Reibungswiderstand. Bei größeren Winkeln nimmt die Länge der benetzten Fläche
und damit der Reibungswiderstand ab und der Beitrag aufgrund der Projektion der
Normalkraft dominiert den Gesamtwiderstand. Der günstigste Neigungswinkel ergibt
sich aus der Forderung nach geringstem Widerstand bei festem Auftrieb zu
(2.99)
fn(b/l,b/H,U2/ g b) .
2.6 Meßüberfall
h ~II~
.
b
(2.102)
(2.103)
findet. Zu einer schärferen Aussage gelangt man mit der Annahme, daß der Volumen-
strom proportional zur Breite der Öffnung ist:
V
b= fn(h,g) . (2.104)
Außer Meßüberfällen mit rechteckigem Ausschnitt werden auch Überfälle mit dreiecki-
gem Ausschnitt benutzt. Bei diesen gilt
wobei 0 der halbe Öffnungswinkel des Dreiecks ist, so daß (2.103) auf
(2.107)
führt .
3 Modelltheorie
Bei den meisten Fragestellungen, die eine experimentelle Ermittlung eines unbekann-
ten Zusammenhangs erfordern, werden die notwendigen Experimente an einem Modell
ausgeführt, dessen Abmessungen größer oder kleiner als die des Originals sind.
In vielen Fällen sind die Abmessungen des Originals so groß, daß von vorneherein nur
ein verkleinertes Modell in Frage kommt. Man denke hierbei an die Untersuchung Von
Strömungen um Flugzeuge und Strömungen in Wasserturbinen und Pumpen.
Größere Modelle als das Original sind dann angezeigt, wenn die räumliche Auflösung
bei Messungen am Original zu gering wäre. Man denke dabei etwa an die Durch-
strömung eines kleinen Einspritzventils, bei dem die Druckverteilung im Innern zu
ermitteln ist. Wenn der Durchmesser einer für die Druckmessung notwendigen An-
bohrung die Größenordnung des Ventildurchmessers hat, so ist nicht nur die durch die
Druckbohrung verursachte Störung zu groß, sondern auch die räumliche Auflösung zu
klein.
Die Modelltheorie beruht nach den bisherigen Ausführungen auf der Tatsache, daß sich
jeder physikalische Zusammenhang auf einen Zusammenhang zwischen dimensionslosen
Größen zurückführen läßt. Wir denken uns dazu (1.31) nach einem beliebigen dimen-
sionslosen Produkt, etwa Ih, aufgelöst:
(3.1 )
Offensichtlich ändert sich Ih selbst dann nicht, wenn sich die in II i (i = 2 ... d) ent-
haltenen physikalischen Größen ändern, solange nur die dimensionslosen Produkte un-
verändert bleiben.
3.1 Vollständige und unvollständige Ähnlichkeit 63
Bezeichnen wir mit pj die physikalischen Größen des Modells und mit Pj die der Groß-
ausführung, so schreiben wir
d. h.
II M;(·)·J = 1 , (i = 1 ... d) .
n
(3.3)
j=l
In (3.3) sind die zur Bildung der dimensionslosen Produkte notwendigen Lösungen k(i),j
L
n
Gleichung (3.4) ist ein lineares Gleichungssystem mit d = n - r Gleichungen für die n
unbekannten Maßstabsfaktoren. Nach der Überlegung, die wir in Zusammenhang mit
(1.87) angestellt haben, sind diese d Gleichungen linear unabhängig, so daß mit der
Festlegung von n - d = r Maßstabsfaktoren die Lösung eindeutig wird. Dies bedeutet,
daß bei Einhaltung vollständiger Ähnlichkeit r der n Maßstabsfaktoren willkürlich fest-
gelegt werden können, während sich die übrigen aus (3.4) berechnen lassen. Wir führen
uns vor Augen, daß alle feststellbaren Änderungen der Zahlenwerte der physikalischen
Größen zwischen Modell und Großausführung genau dieselben sind, als hätte man die
r Basiseinheiten geändert.
Diese vollständige Ähnlichkeit ist aber in den meisten Fällen experimentell nicht zu ver-
wirklichen. Wir erwähnen zunächst die in diesem Zusammenhang wichtigste Tatsache,
daß geometrische Ähnlichkeit nur sehr schwer zu realisieren ist. So läßt sich etwa die re-
lative Rauhigkeit kfl (k ist die mittlere Rauhigkeitserhebung und I eine typische Länge
des Problems) in Modell und Original nicht konstant halten. Dasselbe gilt im Turboma-
schinenbau für das Verhältnis von Spalt- zu Schaufelhöhen. Die durch unvollständige
64 3 Modelltheorie
führungen gestattet schon beim Entwurf die Auswahl der zweckmäßigsten Bauart für
eine gegebene Aufgabe.
Als schon klassisches Beispiel (BUCKINGHAM [1914]) für die Anwendung der Modell-
theorie betrachten wir als gesuchte Größe den Schub S einer Schiffsschraube. Durch die
Schraubendrehung mit der Drehzahl n wird die der Schraube mit der Geschwindigkeit
U des Schiffes zuströmende Flüssigkeit der Dichte e beschleunigt. Die von der Schraube
erfaßte Flüssigkeit und damit der Schub hängen vom Durchmesser d der Schraube ab.
Die bisherigen pysikalischen Größen gehen aus der Erkenntnis in das Problem ein, daß
der Schub im Prinzip aus der Kontinuitätsgleichung und dem Impulssatz bestimmbar
sein muß. Auch von der Viskosität Tl erwartet man einen Einfluß, schon deswegen, weil
die Schubspannungen an der Schraube einen Beitrag zur Gesamtkraft an der Schraube
leisten. Wir betonen aber, daß bereits ein nichttriviales Er~ebnis bei Vernachlässigung
der Reibung erzielt wird. Der Einfluß der Erdanziehung ist nicht so offensichtlich wie
die der anderen physikalischen Größen. Im allgemeinen befindet sich die Schraube so
dicht unter der Oberfläche, daß durch die Drehung der Schraube Schwerewellen erzeugt
werden. Mit ihrer Ausbreitung ist ein Energiefluß verbunden, der von der Schrauben-
bewegung aufgebracht werden muß. Bei vollständiger geometrischer Ähnlichkeit wird
die Eintauchtiefe aber nicht als Veränderliche gezählt.
Im vorliegenden Problem spielt, wie erläutert, das Newtonsche Bewegungsgesetz, d. h.
der Impulssatz, eine Rolle, so daß als Basisgrößen-System das [LMT]-System angemes-
sen ist. Aus dem zu erwartenden Zusammenhang
Fn(S,n,U,Tl,e,d,g) =0 (4.1)
mit sieben physikalischen Größen und drei Basisgrößen entsteht daher ein Zusammen-
hang zwischen vier dimensionslosen Produkten. Diese lassen sich mit den Methoden
der Abschnitte 1.4 und 1.5 ermitteln. Da aber die Viskosität auftaucht, ist sofort ein
dimensionsloses Produkt als Reynoldssche Zahl identifiziert, wobei wir von den zwei
Möglichkeiten U und nd als typische Geschwindigkeit U wählen. Daher ist ein di-
mensionsloses Produkt die Reynoldssche Zahl und' als zweites wird unmittelbar das
Verhältnis der beiden Geschwindigkeiten U/ (n d) erkannt. Dieses Verhältnis ist gleich-
zeitig proportional dem Verhältnis des Weges, den das Schiff zurücklegt, zum Weg, den
4.1 Die Schiffsschraube 67
die Blattspitze der Schraube zurücklegt. Es wird daher Fortschrittsgrad genannt. Der
Schub läßt sich mit dem dynamischen Druck und der Fläche d2 dimensionslos machen,
und das verbleibende dimensionslose Produkt, in dem 9 auftritt ist die bereits bekannte
Froudesche Zahl
U2
Fr=-, (4.2)
gd
die typischerweise in Problemen erscheint, in denen die kinetische Energie und die po-
tentielle Lageenergie eine Rolle spielen. Daher ist (4.1) einem Zusammenhang zwischen
den angesprochenen dimensionslosen Produkten äquivalent, den wir uns nach der ge-
suchten Größe Schub in Form der Schubbelastung aufgelöst denken:
S
(! U 2 d2 = fn
(U9 d' -Tl-'
2 U{!d ndU) . (4.3)
Die vier dimensionslosen Produkte sind linear unabhängig, weil S, g, Tl und n jeweils
nur in einem Produkt auftreten.
Wenn die Schubbelastung in Modell und Großausführung gleich sein soll, so müssen
die Froudesche, die Reynoldssche Zahl und der Fortschrittsgrad gleiche Zahlenwerte in
Modell und Groß ausführung annehmen. Im Argument der Funktion (4.3) treten sechs
physikalische Größen auf, und aus der Gleichheit der 3 dimensionslosen Produkte folgen
drei Gleichungen für die sechs möglichen Maßstabsfaktoren, von denen also drei nach
den Ausführungen des letzten Abschnittes beliebig gewählt werden können. Wenn Mo-
dell und Großausführung in derselben Flüssigkeit unter dem Einfluß desselben Schwe-
refelds arbeiten, liegen schon drei der Maßstabsfaktoren fest:
erfordert offensichtlich
(4.6)
Mu = I/Md. (4.7)
Die beiden letzten Gleichungen sind nur für Mu = Md = 1 erfüllt. Gleichheit des
Fortschrittsgrades in Modell und Original verlangt weiterhin
M u =1 (4.8)
Mn Md
68 4 Strömungsmaschinen
(4.14)
d' = d/l0
oder
K = 0.1,
so ist die Drehzahl im Modellversuch ungefähr dreimal größer und die Geschwindigkeit
muß etwa zu 1/3 der Originalgeschwindigkeit gewählt werden. Der von der Modell-
schraube abgegebene Schub ist dann ein 1/1000 des Schubes der Großausführung. Der
Maßstabsfaktor der Reynoldsschen Zahl berechnet sich damit aus
(4.15)
4.2 Hydraulische Maschinen 69
zu
- MuM~Md -- K 3/2 ~ 0 03
M Re- 1""oo.J. , (4.16)
Mn
so daß die Reynoldssche Zahl nur etwa 3% der Original-Reynolds-Zahl ausmacht.
Wir übertragen nun die Überlegungen im Zusammenhang mit der Schiffsschraube auch
auf andere hydraulische Maschinen, wie Pumpen, Lüfter und Gebläse, aber auch auf
Kraftmaschinen, d. h. auf Turbinen und beschränken uns zunächst auf die Fälle, wo
die Kompressibilität der Flüssigkeit außer Betracht bleibt. An die Stelle des Schubes
tritt hier das Gefälle, das von der Turbine verarbeitet wird (bzw. die Förderhöhe der
Pumpe), und an die Stelle der Schiffsgeschwindigkeit tritt der Volumenstrom.
Wenn es nötig wird, konkret zu sein, denken wir an Pumpen (Arbeitsmaschinen), ohne
aber die grundsätzlichen Überlegungen hierauf zu beschränken.
Maßgebend für die Förderhöhe ist die Differenz des Gesamtdruckes über die Arbeits-
maschine, die wir aus der Bernoullischen Gleichung für inkompressible Strömung
zu
(4.18)
erhalten. Hier bezeichnet der Index 1 den Eintritt (Saugstutzen) und der Index 2 den
Austritt (Druckstutzen) der Maschine. Die Förderhöhe H ist durch
gegeben. Wenn durch den Pumpvorgang an einer eventuell vorhandenen freien Ober-
fläche keine Schwerewellen erzeugt werden, so tritt 9 nur in der Kombination e9 H im
Problem auf und die Froudesche Zahl entfällt. Der (4.1) entsprechende Zusammenhang
lautet nun
Fn(egH, V,n,e,7J,d) =0 . (4.20)
auftritt, die wir aber unberücksichtigt lassen, solange sie nur groß genug ist. Die ver-
bleibenden dimensionslosen Produkte folgen aus der Beziehung
L 1 0 -3 -1 3
(4.23)
M 0 0 1 1 0
T 0 -1 0 -2 -1
(4.24)
und
(4.25)
in denen die Dichte nicht mehr auftritt, was man bereits (4.23) hätte entnehmen können.
Üblicherweise verwendet man die Durchmesserzahl
die sich von Ih (4.24) nur durch einen irrelevanten Zahlenfaktor unterscheidet und die
man auch Durchmesserkennwert bzw. spezifischen Durchmesser nennt. Statt (4.25)
wird die SchnellauJzahl
(4.27)
verwendet, für die auch die Namen Drehzahlkennwert bzw. Schnelläufigkeit gebräuch-
lich sind. Damit gewinnen wir aus (4.20) die Darstellung
Wir nehmen in diese Beziehung noch den inneren Wirkungsgrad 'f/w auf, der ja schon
dimensionslos ist, und als zusätzliches dimensionsloses Produkt entsteht, wenn in (4.20)
noch die der Flüssigkeit zugeführte Leistung P aufgenommen wird. Sie unterscheidet
sich von der der Maschine zugeführten Leistung um Lager- und Büchsenreibungsver-
( .)±l
lustleistungen. Mit
./ __
"'w {!9pHV (4.29)
(wobei der negative Exponent für Kraftmaschinen steht und P dann die abgeführte
Leistung ist) entsteht die Beziehung
die noch allgemein für alle Strömungsmaschinen gilt, deren Verhalten durch die Größen
in Gleichung (4.20) bestimmt wird.
Ein Zusammenhang wie (4.30) zwischen vier dimensionslosen Produkten zuzüglich der
Längenverhältnisse Ki ist immer noch so allgemein, daß er von geringem Nutzen für
die Praxis ist. Dafür gilt der Zusammenhang aber auch für Maschinen verschieden-
ster Bauart, insbesondere sowohl für Axial- wie auch für Radialmaschinen. Speziellere
Formen von (4.30) erhält man, wenn Zusatzforderungen aufgestellt werden. Durch Be-
schränkung auf eine Bauart wird die Zahl der Längenverhältnisse Ki verringert, die
zum Vergleich mit Maschinen der gleichen Art notwendig sind. Weitere Reduktion
der Ki erreicht man durch Beschränkung auf eine Baureihe. Wenn die Maschinen in-
nerhalb der Baureihe streng geometrisch ähnlich sind, entfällt die Abhängigkeit von
den Längenverhältnissen Ki ganz. Dies ist trivialerweise auch der Fall, wenn der Zu-
sammenhang (4.30) für ein und dieselbe Maschine steht, für die bei genügend großen
Reynolds-Zahlen ein eindeutiger Zusammenhang CT = CT(8) zwischen Schnellaufzahl und
spezifischem Durchmesser besteht, mit dem (4.30) weiter eingeengt wird. Wir betrach-
72 4 Strömungsmaschinen
• Meßwerte I----
t----
\..
\. . Arbeitsmaschinen t----
Kraftmaschinen . I----
\ ...
\.~ .
.
,.
'"'. " ., •r--.. •
"-
' k .
.......
~
..... ~h
""-l.
Ourchmesser~ehl 6
ten hier aber zunächst die Anwendung von (4.30) im allgemeinen Fall, bei dem also u
und S prinzipiell als unabhängig anzusehen sind. Trägt man aber (CORDIER [1953])
Schnellaufzahlen u ausgeführter Arbeitsmaschinen unterschiedlicher Bauart über der
Durchmesserzahl S im Arbeitspunkt auf, der üblicherweise dem Punkt des besten Wir·
kungsgrades entspricht, so erhält man unter Inkaufnahme gewisser Streuungen dennoch
nur eine einzige Kurve, die Cordier·/(urve
u = u(t5) . (4.31)
Abbildung 4.1 zeigt diese Darstellung, bei der insgesamt Arbeitspunkte von 120 Ar·
beitsmaschinen radialer und axialer Bauart aufgetragen sind. Wie ersichtlich, ordnen
sich alle Maschinen ziemlich gut auf einer Kurve an, was nach (4.30) voraussetzt, daß
entweder der Wirkungsgrad und die Längenverhältnisse im wesentlichen für alle Ma·
schinen dieselben sind oder aber diese Größen im Zusammenhang (4.30) keine Rolle
spielen. Diese zunächst überraschende Tatsache findet ihre Erklärung darin, daß zum
einen nur Betriebspunkte beim besten Wirkungsgrad aufgenommen wurden, der zwar
für alle Bauarten nicht genau gleich aber doch in etwa gleich ist. Zum anderen wird die
Kurve abschnittsweise von Maschinen derselben Bauart besetzt. Das Gebiet der axialen
Bauweise liegt bei Schnelläufigkeiten u > 0.6, während Radialmaschinen der Bereich
4.2 Hydraulische Maschinen 73
der Schnelläufigkeit a < 0.6 zuzuordnen ist. Im Übergangsbereich sind die entscheiden-
den Längenverhältnisse 11:;, etwa Schaufelhöhe oder Kanalhöhe zu Spalthöhe, ziemlich
gleich. Die Streuungen sind natürlich auch darauf zurückzuführen, daß die Längen-
verhältnisse 11:; eben doch nicht konstant, d. h. die Maschinen nicht geometrisch ähnlich
sind, wie ja auch die Wirkungsgrade nicht dieselben sind. Im Zusammenhang mit dem
Wirkungsgrad sei daran erinnert, daß auch die Reynoldsschen Zahlen, deren Konstanz
vorausgesetzt wurde, in Wirklichkeit nicht konstant sind, was ebenfalls Streuungen der
Daten verursacht.
Die Bedeutung der Cordier-Kurve liegt nun darin, daß sie aufzeigt, auf welche Weise
sich ein gegebener Volumenstrom und gegebene Förderhöhe von Maschinen ganz unter-
schiedlicher Größe (Durchmesser) bewältigen lassen. Man wählt bei gegebenem V und
H den Durchmesser d, etwa wie er den vom Käufer geforderten Einbaudaten entspricht,
und legt so 6 fest. Dann wird die zugehörige Schnelläufigkeit a aus der Cordier-Kurve
bestimmt, und damit liegt bei gegebenem V und H die Drehzahl fest. Auf diese Weise
wird aufgrund der im Cordier-Diagramm zusammengefaßten Erfahrung die Bauart aus-
gewählt, die den besten Wirkungsgrad verspricht.
In die Cordier-Kurve fügen sich im Bereich größerer Schnelläufigkeiten und kleineren
Durchmesserzahlen die frei laufenden Arbeitsmaschinen, das sind Schiffsschrauben und
Propeller, zwanglos ein.
Bei Turbinen lassen sich aufgrund der beschleunigten Strömung und der damit ge-
genüber Arbeitsmaschinen verringerten Ablösegefahr größere Gefälle bei gegebenem
Volumen strom verarbeiten. Daher verschieben sich die optimalen Werte von a und 6
(siehe Abb. 4.1). Es zeigt sich aber auch hier, daß die unterschiedlichen Ausführungs-
formen auf einer Kurve liegen.
Bei nichtähnlichen Maschinen besteht natürlich erhebliche Freiheit hinsichtlich der Wahl
des typischen Durchmessers d, da sich dimensionsanalytisch völlig äquivalent d etwa
durch d) ersetzen ließe, wenn II:} z. B. das Verhältnis des Laufraddurchmessers am
(II:}
600
0
~60 0
CO)
0 0 0
0 0
400 11 0 0 10
10 <0 ..... N
..... 00
l 0 0 0 ~~
"" .
0
.. . ·· .
360 0 0
300
· ..
~
..s
~ 2900
.=
260
.· ··· .. .
. .. :
:t
a. 200
150
. . ."
100 .· . ~' ,.
: . "" · 1600
50
n - 1300 min' l
0
0 6 10 16 20 25 30
Volumenstrom Ii in 1/5
Abb. 4.2. Kennlinie einer Maschine in dimensionsbehafter Darstellung !Ind Linien gleichen Wirkungs-
grades (nach PETERMANN [1974])
Wir stellen uns nun auf den Standpunkt eines Versuchsingenieurs, der das Verhalten ei·
ner gegebenen Maschine untersucht. Maschinen werden ausgelegt für einen bestimmten
Volumenstrom, Förderhöhe und Drehzahl. Oft müssen diese Maschinen aber außer halb
des Auslegepunktes, also etwa mit anderer Drehzahl oder Volumenstrom betrieben wer-
den.
Das Verhalten der (Arbeits-) Maschinen läßt sich experimentell ermitteln, indem man
z. B. bei konstanter Drehzahl den Volumenstrom V durch Drosseln ändert. Die erhal-
tene Kennlinie 9 H als Funktion von V bei konstanter Drehzahl wird daher auch als
Drossellinie bezeichnet. Abb. 4.2 zeigt das ganze Kennlinienfeld einer Pumpe in dimen-
sionsbehafteter Darstellung. Mit den Methoden der Dimensionsanalyse läßt sich, bei
genügend großen Reynolds-Zahlen, das gesamte Kennfeld als einzige Kurve darstellen.
Wir gehen dazu vom allgemeinen Zusammenhang (4.30) aus, der sich hier, wo es sich
4.2 Hydraulische Maschinen 75
reduziert, weil wir zunächst eine so hohe Reynolds-Zahl voraussetzen, daß das Maschi-
nenverhalten von ihr nicht mehr abhängen möge.
Abb. 4.3 zeigt die Darstellung (4.33), die deutlich macht, daß jetzt eine speziellere Form
von (4.33), nämlich
8 = 8(0") (4.34)
Der Wirkungsgrad hängt also nur von 0" ab, ein Ergebnis, das natürlich unverändert
für geometrisch ähnliche Maschinen gilt.
Die Verwendung der Schnellaufzahl und des spezifischen Durchmessers bei Kennlinien
ist allerdings nicht üblich, da die interessierenden Größen Förderhöhe und Volumen-
strom in ihnen nichtlinear auftreten. Man gelangt zu dimensionslosen Größen in denen
diese physikalischen Größen linear auftreten, wenn in der Dimensionsmatrix die physi-
kalischen Größen V und {! 9 H die zwei ersten Spalten besetzen und die dimensionslosen
Produkte neu ermittelt werden. Es genügt aber hier, aus den schon bekannten dimen-
sionslosen Produkten 8 und 0" im Zusammenhang (4.28) zwei neue linear unabhängige
Produkte zu bilden. Das als Durchfiußzahl bzw. Durchfiußkennwert cp bekannte Pro-
dukt gewinnt man durch Kombination mit 0" und 8 in der Form
( 4.36)
(4.37)
Bei Benutzung dieser dimensionslosen Produkte reduziert sich das Kennfeld (Abb. 4.2)
wieder auf eine einzige Kennlinie:
.
0 .3 , . . - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - ,
..;. ;.
0 .25
• •
b
:cGI 0 .2 • i.
~
;;)
~ • •
• •
. .. • ••
Gi
c
s:.
u
III
0 _15 • ••
;
0 .1
, "
0 _06 '--_ _ _ _ _'--_ _ _ _ _--'--_ _ _ _ _-'--_ _ _ _--.J
3 e 9 12 16
Durchmesserzahl 6
die in Abb. 4.4 dargestellt ist. Diese Abbildung (ebenso wie Abb. 4.3) läßt keine Ab-
hängigkeit von der Reynoldsschen Zahl erkennen: Betriebspunkte mit verschiedenen
Drehzahlen, d. h. im vorliegenden Fall mit verschiedenen Reynolds-Zahlen, fallen auf
dieselbe Kennlinie. Somit ist die oben vorausgesetzte Unabhängigkeit von der Reynolds-
Zahl hier gegeben.
Wenn auch in vielen praktischen Fällen die Kennlinien von der Reynolds-Zahl un-
abhängig sind, so zeigt sich aber bei niedrigen Reynolds-Zahlen, etwa wenn Öle als
Fördermittel zum Einsatz kommen, ein deutlicher Einfluß der Reynolds-Zahl, so daß
(4.34) und (4.35) die Formen
0= o(<1,Re) (4.39)
bzw.
11", = 11"'(0', Re) (4.40)
bzw.
11", = 11",(ep, Re) (4.42)
4.2 Hydraulische Maschinen 77
1.3.--------------------------.....,
1.2 o o
o o o<0
o LO
M ci ci
ci
\.1 I
0.8
LO
~
o
0.8
1.8 .-------------------------------,
Re - 2.20 • 106
1.4 Re - 1.56· 10 6
Re - 1.10 • 106
1.2 Druckzahl1/t Re = 7.78 • 10·
Re = 5.50 • 104
0 .8
0 .8
o .~ Wirkungsgrad 7J w
0 .2
0
0 .1 0 .15 0 .2 0.26 0 .3 0 .36 0 .4
Durchflu6zahl 'P
Abb. 4.5. Gemessene Verläufe von Druckzahl und Wirkungsgrad als Funktion der Durchflußzahl mit
der Reynolds-Zahl als Scharparameter (nach ROTZOLL [1958])
78 4 Strömungsmaschinen
0 .8
0-- 10-----
~1r
fJ pt'"
/ /
/'
0 .7
~
~
"0
co
C.
CI)
CI
c:
:>
~ ~/ o V = 27.316 * 10· e m1/s
~ 0.8 V tJ. V ...~499 ....:.10-8.1!)2/s
0 .5
I
Reynolds-Zahl R/I
Abb. 4.6. Gemessener Verlauf des Wirkungsgrades als Funktion der Reynolds-Zahl (nach ROTZOLL
[1958))
wobei die Reynoldssche Zahl durch Drehzahländerung bei jeweils konstanter Viskosität
pro Kurvenabschnitt variiert ist. In den Überlappungsbereichen wird demnach dieselbe
Reynoldssche Zahl mit verschiedenen Werten von Drehzahl und Viskosität erzeugt.
Wenn der eindeutige Zusammenhang (4.43) streng gälte, müßten die Kurvenabschnitte
stetig ineinander übergehen. Die wahrscheinliche Ursache der Unstetigkeit liegt in der
Verletzung der geometrischen Ähnlichkeit, die selbst bei ein und derselben Maschine
bei verschiedenen Drehzahlen streng genommen nicht gewahrt bleiben kann. Unter
der verschiedenen Fliehkraftbeanspruchung verformt sich der Läufer unterschiedlich,
was z. B. das Spalt/Durchmesserverhältnis verändert. Obwohl (4.43) idealerweise auch
für geometrisch ähnliche Maschinen verschiedener Größe gilt, so ist auch hier, sogar a
4.2 Hydraulische Maschinen 79
4.2.3 Modellgesetze
In der Diskussion der Modellgesetze gehen wir am bequemsten von dem allgemeinen
Zusammenhang (4.32) aus, der nach dem Wirkungsgrad aufgelöst
lautet. Für Gleicheit des Wirkungsgrades in Modell und Großausführung müssen die auf
der rechten Seite auftretenden dimensionslosen Größen in Modell und Original gleich
sein. Diese Forderung führt wegen (4.36), (4.37) und der Reynoldsschen Zahl nach
(4.21) auf die drei Gleichungen
für die sechs Maßstabsfaktoren, von denen demnach drei frei wählbar sind. (Die spe-
zielle Form (4.42) liefert aus der Gleichheit von tp und Re den gleichen Wirkungsgrad
für Modell und Großausführung. Der Maßstab der Förderhöhe muß dann aus (4.41)
gewonnen werden, was insgesamt wieder die drei Gleichungen (4.46) ergibt.)
Wählt man für den Längenmaßstab Md = K und setzt Me = M'I = 1, verwendet also
für Modell und Großausführung dieselbe Flüssigkeit, so folgt aus der dritten Gleichung
in (4.46) zunächst
(4.47)
SOWIe
(4.49)
sind Drehzahl und Förderhöhe des Modells hundertmal größer als in der Großausfüh-
rung. Beide Forderungen lassen sich in der Praxis kaum verwirklichen, da die Material-
beanspruchung durch Flieh- und Druckkräfte in der Modellmaschine zu groß werden.
Den Maßstabsfaktor der zugeführten Leistung entnehmen wir dem dimensionslosen Pro-
dukt (4.29) zu IC\ d. h. der Modellmaschine wäre außerdem die zehnfache Leistung
zuzuführen.
Gibt man die Reynolds-Ähnlichkeit auf, so lassen sich vier Maßstabsfaktoren wählen.
Wir verfügen über den Maßstabsfaktor der Förderhöhe mit M gH = 1, haben dann die
Bedingungen
--1 - 1 __M·v_=l
(4.50)
K2M~ - , K3 M n
(4.51 )
und
(4.52)
ab. Mit dem als Beispiel gewählten Längenverhältnis von eins zu zehn (K = 0.1) wird
die Drehzahl des Modells jetzt nur zehIlmal größer und der Volumenstrom hundertmal
kleiner und daher die zugeführte Leistung ebenfalls hundertmal kleiner. Der Maßstabs-
faktor der Reynoldsschen Zahl beträgt
MRe=K=O.l, (4.53)
4.2.4 Aufwertung
Der Begriff der Aufwertung wird auch benutzt, wenn bei größeren Reynolds-Zahlen
gewonnene Modellergebnisse auf kleinere Reynolds-Zahlen umgerechnet werden, oder
allgemeiner, wenn bei unvollständiger Ähnlichkeit für den Unterschied dimensionsloser
Produkte zwischen Modell und Original korrigiert wird.
Als typischen Anwendungsfall betrachten wir die Wirkungsgradaufwertung einstufiger
Kreiselpumpen bezüglich der Reynoldsschen Zahl, bei der oft die Aufwertungsformel
~= (Re')'" (4.54)
1 - 77:" Re
verwendet wird, die in Anlehnung an das Blasiussche Widerstandsgesetz der turbulen-
ten Rohrströmung entstanden ist (PFLETDERER [1961]). (In (4.54) beziehen sich die
gestrichenen Größen auf die Modellmaschine. )
wobei 77w( 00, tp) der für Re -> 00 erhaltene Wirkungsgrad ist. Gleichung (4.55) impli-
ziert, daß die Funktion fn( Re, tp) für Re -> 00 endlich bleibt und deshalb dann von der
Reynolds-Zahl nur schwach abhängt. Aus (4.55) gewinnt man die Gleichung
und daraus für denselben Wert von t.p in Modell und Original, was unausgesprochen
auch der Anwendung der Pfleiderer-For'mel zugrunde liegt,
da In [fn( Re, t.p )/fn( Re', t.p)] wegen der geforderten Eigenschaften der Funktion fn(Re, tp)
dann sehr klein ist. Wenn die Verluste für sehr große Reynolds-Zahlen verschwinden,
ist der Wirkungsgrad 77w( 00, t.p) gleich Eins, und aus (4.57) entsteht unmittelbar die
Pfleiderer-Formel (4.54).
annimmt und in dieser Gestalt mit Q' == 1/5 für die Wirkungsgradaufwertung un-
abhängig vom Wert <p sowohl für Axial- und Radialpumpen als auch für Francis-
und Kaplanturbinen empfohlen wird (IEC [1965], IEC [1976]; letztgenannte Referenz
enthält Druckfehler in der Aufwerteformel auf Seite 73!). Die empfohlenen Werte für
V schwanken je nach Maschinentyp im Bereich 0.3 $ V $ 1. Der Vergleich mit der
allgemeinen Formel (4.42) zeigt, daß V von <p und wohl auch von Re abhängen muß.
Experimentell ermittelte Werte der Verlustkoeffizienten zeigen eine große Streuung,
deren Ursache noch weitgehend unbekannt ist, weisen aber auf eine Abhängigkeit von
<p und Re' / Re hin. Die theoretische Ermittlung von V über Verlustanalysen konnte
bisher keine Ergebnisse liefern, die mit Messungen übereinstimmen.
Wir geben hier eine dimensionsanalytische Deutung des Verlustkoeffizienten ausgehend
von Gleichung (4.57). Die Form (4.57) bleibt nämlich auch anwendbar, wenn der Wir-
kungsgrad 'T/w( 00, <p) einen von Eins verschiedenen Wert annimmt. Damit ist zu rechnen,
wenn Ablösungen auftreten, etwa bei Fehlanströmungen der Schaufeln im Teillastbe-
reich. Stoßverluste werden mit wachsender Reynolds-Zahl aber von Re unabhängig,
und zwar aus demselben Grund, aus dem der Widerstands beiwert stumpfer Körper von
der Reynolds-Zahl unabhängig wird. Diese Verluste sind mit der Reynolds-Zahl nicht
aufwertbar und werden nur durch den Grenzwert in der Formel (4.55) berücksichtigt.
Erwartungsgemäß sind diese Verluste am kleinsten bei <p- Werten, die der stoßfreien
Anströmung entsprechen, verschwinden aber auch dort nicht ganz. Analog zu (4.58)
gewinnen wir durch Umformen aus (4.57) die Gleichung
(4.60)
wobei wir jetzt die Abhängigkeit von Re' und <p auch in 'T/~ explizit angegeben haben, da
sie die Abhängigkeit des Verlustkoeffizienten von diesen Größen darlegt. Offensichtlich
ist V $ 1. Man erwartet, daß V in der Nähe des Auslegungspunktes am größten
ist. Dort sind die Verluste der Modellmaschine in der Hauptsache von der Reynolds-
Zahl geprägt, und 1 - 'T/~( Re', <p) ist dort am kleinsten. Im Teillastbereich, besonders
zu kleineren <p-Werten hin, wird auch 'T/~ durch Stoßverluste geprägt und muß sich
schließlich 'T/w(oo,<p) annähern; V nimmt daher ab, zumall - 'T/~(Re',<p) rasch größer
wird. Zu größeren <p- Werten hin, wo 'T/~ sowohl durch Stoß- und in stärkerem Maßstabe
durch Reibungsverluste bestimmt wird, nimmt der Zähler in (4.61) immer noch schneller
4.2 Hydraulische Maschinen 83
ab als der Nenner, weil 'l}w{ 00, cp) auch kleiner wird und V muß schließlich wie der Zähler
Null werden. Dieses Verhalten wird tendenziell durch die Erfahrung bestätigt, soweit
es sich aus den stark streuenden experimentellen Werten für V überhaupt ergründen
läßt. Die durch (4.61) gegebene Deutung von V als Verhältnis kleiner Differenzen
erklärt die Ursache der starken Streuungen: Man überlegt sich leicht, daß etwa ein
Meßfehler in 'I}:U einen um den Faktor (1 - 'I}:U)-2 erhöhten Fehler in Vergibt. Aus
diesen Gründen erscheint die Einführung des Verlustfaktors, der sich in praktisch allen
Aufwerteformeln findet, problematisch, und wir ziehen es vor, direkt mit (4.60) zu
arbeiten. Hier ist der Wert von 'l}w( 00, cp) noch unbekannt, er wird sich aber aus einer
Kombination von Theorie (die sich im Grenzfall Re -+ 00 einfacher gestaltet) und
Extrapolationen ausgeführter Maschinen ziemlich gut abschätzen lassen.
Bei der Verwendung der Pfleiderer-Formel wird für Cl' meist Cl' = 115 verwendet, Mes-
sungen zeigen aber, daß bei Anwendung dieser Formel Cl' dann von der Reynolds-Zahl
abhängt. Tatsächlich entspricht Cl' =
1/5 dem Exponenten von I/Re in dem Blasi-
usschen Widerstandsgesetz für die ebene Platte der Länge L in turbulenter Strömung
(SCHLICHTING [1979])
(4.62)
dessen Gültigkeit allerdings auf den Reynolds-Zahl Bereich 5 * 105 < ReL < 107 be-
schränkt ist. In den Anwendungen wird dieser Bereich sowohl nach unten, wo die
Strömung dann oft noch laminar ist und der Exponent in der entsprechenden Formel
dann Cl' = 1/2 ist, wie auch nach oben überschritten, wo der Exponent im (4.62) entspre-
chenden Potenzgesetz dann eher 1/7 ist. In diesem Bereich etwa bewegen sich auch die
aus Messungen durch Anwendung der Pfleiderer-Formel rückwärts berechneten Werte.
Es empfiehlt sich dabei, je nach der Reynolds-Zahl (der Modellmaschine), den Wert
des Exponenten Cl' anzupassen. Man wird aber eine noch genauere Aufwertung erwar-
ten können, wenn Cl' und 'l}w{ 00) aus Messungen bei verschiedenen Reynolds-Zahlen an
derselben (Modell-) Maschine, gemäß (4.57), ermittelt werden, die selbstverständlich
dann auch gilt. Die individuelle Aufwertungsformel aus den Daten der Modellmaschine
berücksichtigt dann auch Eigenarten der spezifischen Maschine, wie sie durch mehr oder
weniger aufwendige Entwicklungsarbeit entstehen können und die sich natürlich nicht
mit einer allgemeinen Aufwertformel erfassen lassen.
Zur Aufwertung der Druckzahl gehen wir von (4.41) aus und nutzen die Erkenntnis,
daß tP in zwei Fällen nur linear von cp abhängt und daher die Form
nahelegt. Bekanntlich ist einer dieser Fälle die schaufelkongruente Strömung (sehr dicht
stehende Schaufeln), der andere Fall tritt auf, wenn die Strömung im Absolutsystem
eine Potentialströmung ist.
Die noch dimensionsanalytisch allgemeine Form (4.63) spezialisieren wir unter Ausnut-
zung der experimentell bestätigten Erkenntnis, daß die Druckziffer an der Stelle '() =0
von der Reynolds-Zahl unabhängig ist, da die dort auftretenden Verluste im wesent-
lichen Stoßverluste sind und setzen weiter ß = 1. (Unter Umständen ist es jedoch
zweckmäßig, sich die Freiheit in der Wahl von ß zu erhalten.) Wie vorher nehmen
wir an, daß die Funktion fn('{), Re) für Re - t 00 einen endlichen Wert annimmt, der
dann von Re nur schwach abhängt. Für denselben Wert von '() im Modell und Original
entsteht aus (4.63) die Gleichung
für die Differenz der Druckziffern des Originals und Modells. Die Form (4.64) ist be-
sonders zweckmäßig, wenn auch noch fn('{)) eine absolute Konstante ist. Aber wie auch
immer, fn('{)) läßt sich aus (4.64) berechnen, wenn zwei gemessene Werte von 1jJ für zwei
verschiedene Reynolds-Zahlen, notfalls bei gleichem ,(), zur Verfügung stehen.
Aufwertungsformeln lassen sich auch aus einer Taylor-Entwicklung gewinnen, wenn
das dimensionslose Produkt, nach dem entwickelt wird, sich in Modell und Original
genügend wenig unterscheidet. Dies trifft für die Reynoldssche Zahl im allgemeinen
nicht zu, und deshalb schreiben wir in der Anwendung auf die Wirkungsgradaufwertung
(4.42) in der dimensionsanalytisch äquivalenten Gestalt
TJw=TJw('{),Re- l ) , (4.65)
da die Änderung in Re- I um den Faktor Re- 2 kleiner ist als die Änderung in Re . Aus
(4.65) und
TJw ( 1/Re
) = TJw (1/ Re') + ßTJw(1 / Re')
ß( I/Re)
( / /')
1 Re - 1 Re , (4.66)
wobei TJw(1/ Re') der Wirkungsgrad der Modellmaschine ist, für den wir weiterhin kurz
TJ~schreiben wollen. Offensichtlich ist ßTJw/ß{l/ Re') < 0, wenn ßTJw/ßRe' > 0 ist.
Im Gegensatz etwa zur Pfleiderer-Formel liefert (4.66) für Re - t 00 einen von Eins
verschiedenen Wert.
4.2 Hydra.ulische Ma.schinen 85
0.8
fe
,-
~
1-1-
& ~
/. v'
V·
~ 0 .7
I="
"0
'"0.
'"c:
CI
:>
"'e: 1I
~ 0 .8
J • Messwerte
0 .6
Reynolds-Zahl Re
Abb. 4.7. Aufwertung des Wirkungsgrades, Vergleich mit dem Meßwerten von ROTZOLL (1958)
1.1
•
• •
r ---
t
}I
/-
V • Messwerte .1
1I Aufwartung
0 .8
Reynolds-Zahl Re
Abb. 4.8. Aufwertung der Druckzahl, Vergleich mit dem Meßwerten von ROTZOLL (1958)
86 4 Strömungsmaschinen
Liegen zwei Werte von 'T/w bei verschiedenen Reynolds-Zahlen und gleichem Cf! vor, etwa
'T/:U und 'T/::', so läßt sich in (4.66) der Differentialquotient durch den Differenzenquotien-
ten ersetzen:
, (' ") Re" ( Re - Re' )
'T/w = 'T/w + 'T/ w - 'T/w Re Re' _ Re" . (4.67)
Wie Abb. 4.7 zeigt, ergeben sich Unterschiede zwischen den Aufwertungsformeln für den
Wirkungsgrad (4.67) und (4.60), während sich die Aufwertformel für.,p nach der Taylor-
Entwicklung von der Aufwertung (4.64) nicht unterscheidet, wenn ß = 1 gewählt wird.
Der Exponent Cl' in (4.60) sowie die Differenzenquotienten in den Taylor-Reihenentwick-
lungen wurden für Abb. 4.8 mit den Meßwerten bei Re = 5.5 * 104 und Re = 7.7 * 104
bestimmt.
Aufwerteformeln, wie die hier besprochenen, sind ihrem Wesen nach Extrapolations-
formeln. Dies trifft ebenso auch auf die Vielzahl von Formeln und Aufwerteverfah-
ren zu, die in der Spezialliteratur zu finden sind. Extrapolationen sind natürlich nur
zulässig, wenn die fragliche Funktion im Extrapolationsbereich genügend glatt ist. Un-
stetigkeitsähnliche Änderungen können aber besonders im Hinblick auf Reynolds-Zahl-
Aufwertung vorkommen, wenn z. B. die Strömung im Modell aufgrund der kleineren
Reynolds-Zahllaminar ist, dort Ablösung auftritt, die in der Großausführung bei tur-
bulenter Grenzschicht abwesend ist. In solchen Fällen läßt sich eine Aufwertung kaum
durchführen und u. U. ist der Aussagewert von Modellversuchen überhaupt in Frage
gestellt.
Als Beispiel für die Aufwertung bezüglich mehrerer dimensionsloser Produkte betrach-
ten wir eine Peltonturbine. Verluste bei diesem Maschinentyp entstehen durch Rei-
bung in den Düsen und becherförmigen Laufschaufeln. Die Freistrahlen beaufschlagen
aber immer nur einen Teil der Laufschaufeln, d. h. die vom Strahl benetzte Fläche
des Laufrades ist viel kleiner als bei anderen Maschinentypen und daher ist auch der
Reibungseinfluß viel kleiner als bei anderen Maschinentypen. Der das Laufrad verlas-
sende Strahl ist in mehr oder weniger große Tropfen aufgelöst, die unter dem Einfluß
der Schwerkraft ins Unterwasser fallen, aber auf diesem Weg oft das Laufrad und, bei
mehrdüsigen Maschinen, auch die Eintrittsstrahlen treffen. Neben den in (4.20) ange-
gebenen physikalischen Größen tritt hier die Gravitationskonstante 9 gesondert auf und
da die Tropfenbildung eine Folge der Kapillarspannung C ist, auch diese. Der (4.20)
entsprechende Ausdruck lautet daher für eine Ausführung mit z Düsen
ab. Statt der Druckzahl t/J wird im Zusammenhang mit Peltonturbinen die spezifische
Umfangsgeschwindigkeil
K =_1_= 7rnd (4.72)
" ,.fif "j2gH
benutzt, da der beste Wirkungsgrad in der Nähe des Punktes Ku = 1/2 angetroffen
wird. (Dort ist die kinetische Energie des um 180 Grad umgelenkten austretenden
Strahles gerade Null.) Wenn weiter die einzelnen Strahlen nicht interferieren, genügt
es, die Düsenzahl z in die Durchftußzahl einzuarbeiten, so daß statt cp die spezifische
Durchflußzahl
(4.73)
entsteht, in der die Breite B der becherförmigen Laufschaufel als Bezugsgröße gewählt
ist, was bei geometrisch ähnlichen Maschinen irrelevant ist aber den Zahlenwert na-
türlich ändert. In Verbindung mit Peltonturbinen, aber nicht nur dort, werden oft
statt der von uns bisher benutzten Froude- und Weber-Zahl die Quadratwurzeln dieser
Zahlen benutzt, und durch Kombination mit t/J, d/ B erhalten wir die neuen Froude-
und Weber-Zahlen, für die wir aber weiterhin dieselben Bezeichnungen beibehalten:
schreiben wir den Wirkungsgrad in der allgemeinen Darstellung (GREIN et al. [1986])
Soll der Wirkungsgrad in Modell und Großausführung derselbe sein, so schließen wir
aus der Gleichheit der in Frage stehenden dimensionslosen Produkte auf die fünf Be-
ziehungen für die acht Maßstabsfaktoren
Mn Md Mv == 1 MgH
1/2 == 1 , MI/2M2
M gH 'M M == 1 ,
gH d 9 d
von denen noch eine wegen Mg == 1 aufgegeben werden muß, da ja schon über die drei
frei wählbaren Faktoren verfügt wurde. Gleichgültig welche der Beziehungen verletzt
wird, die restlichen vier sind nur zu erfüllen, wenn Md == 1 gewählt wird, d. h. es ist
kein Modellversuch möglich, und wenigstens noch ein weiteres dimensionsloses Produkt
ist im Modell von der Großausführung verschieden.
Auf Reynolds- und Weber-Ähnlichkeit wird schon deshalb verzichtet, weil hierzu ein
hohes Gefälle notwendig wäre. Aber auch die Froudesche Ähnlichkeit wird oft nicht
beibehalten, weil es üblich ist, Peltonturbinen nicht aufzuwerten. In der Tat sehen die
gültigen IEe-Regeln keine Wirkungsgrad aufwertung für Peltonturbinen vor, und man
beschränkt sich auf Ähnlichkeit bezüglich Ku und '{JB.
Wir führen nun statt der Froude-Zahl Fr und der Weber-Zahl We die linear unabhängi-
gen Kombinationen
Wählen wir wie vorher M~ = M'1 = Me = 1 und außerdem Mg = 1 und geben die
Reynolds-Ähnlichkeit auf, deren Einfluß bei Freistrahlturbinen besonders gering ist, so
ergibt die Gleichheit der übrigen Produkte in (4.79) die vier Maßstabsgleichungen
MnMd -1 Mv
MgH
1/ 2 - , 1/22 =1 , Mg2H = 1 , MgH
i!.
=1 (4.80)
MgHMd
für die vier verbleibenden Maßstabsfaktoren. Da aber die beiden letzten Gleichungen
linear abhängig sind, kann ein weiterer Maßstabsfaktor frei gewählt werden. Mit Md = K,
und MgH = 1 ergibt sich Mn = K,-1 und Mv = K,2. Also ist ein Modellversuch möglich,
bei dem die dimensionslosen Produkte Ku, «JB, Fr 2Re, Fr We dieselben Werte behalten
wie in der Großausführung und daher der Wirkungsgrad 'T/w im Modell und Großaus-
führung bis auf den geringen Reynolds-Zahl Einfluß gleich ist. In diesem Fall finden
daher die z. Z. gültigen Regeln eine Rechtfertigung. Allerdings wird es nur selten
möglich sein, in Modell und Großausführung tatsächlich dieselbe Fallhöhe zu realisieren.
Peltonturbinen werden von Hause aus nur bei großen Gefällen eingesetzt, die sich in
der Regel im Laboratorium nicht nachbilden lassen. In solchen Fällen wird man daher
auch Peltonturbinen aufwerten müssen, in der Hauptsache bezüglich der Froude- und
Weber-Zahl, u. U. aber auch bezüglich der Reynoldsschen Zahl.
Eine besondere Schwierigkeit bei hydraulischen Maschinen entsteht, weil sich geome-
trische Ähnlichkeit bezüglich der Oberflächenrauhigkeit nicht verwirklichen läßt. Wie
aus der Rohrströmung bekannt ist, macht sich die Oberflächenrauhigkeit bemerkbar,
wenn die Rauhigkeitserhebungen aus der viskosen Unterschicht herausragen (siehe auch
Kapitel 6). Daher ist kein nennenswerter Einfluß feststellbar, wenn die Erhebungen klei-
ner sind als die viskose Unterschicht, deren Dicke von der Reynolds-Zahl abhängt. Man
spricht dann von einer hydraulisch glatten Wand, wenn für die schon in Kapitel 3 ein-
geführte relative Rauhigkeit (nach DIN: relative Rauheit) die Ungleichung kll < 1001 Re
gilt, in der die Reynoldssche Zahl mit der typischen Länge I gebildet ist. In diesem Fall
hängt der Wirkungsgrad nicht von der relativen Rauhigkeit ab, und es gilt weiterhin
Gleichung (4.42). Falls die Rauhigkeitserhebungen sehr viel größer sind, bezeichnet
man die Oberfläche als vollkommen rauh. Der Wirkungsgrad einer Maschine, deren
benetzte Flächen völlig rauh sind, hängt von der Reynolds-Zahl nicht ab. Die Verluste
haben dann den Charakter von Ablöseverlusten oder Trägheitsverlusten, die, wie be-
reits besprochen, von der Reynolds-Zahl unabhängig sind. An die Stelle der Gleichung
(4.42) tritt dann der Zusammenhang
Im Zwischenbereich aber hängt der Wirkungsgrad sowohl von der Reynoldsschen Zahl
als auch von der relativen Rauhigkeit ab:
Diese Form reduziert sich natürlich auf (4.42), wenn das Produkt kjZ in Modell und
Großausführung dasselbe ist, und das bisher Gesagte, insbesondere Gleichung (4.60),
gilt weiterhin.
Es liegt nun auf der Hand, im gegenteiligen Fall zuerst den Wirkungsgrad der Modell-
maschine TJ~ auf die Rauhigkeit der Großausführung umzurechnen, also die Rauhigkeit
der Modellmaschine auf den entsprechenden Wert der Großmaschine zu bringen, damit
die bisherigen Aufwertformeln anwendbar bleiben. Bei genügend kleinem Unterschied
der relativen Rauhigkeit läßt sich die kjl-Aufwertung wieder durch das erste Glied der
Taylor-Entwicklung bewältigen. Wenn wir der Übersicht halber als Symbol für die re-
lative Rauhigkeit der Großausführung Kr = kjl und für die Modellmaschine K~ = (kjZ)'
verwenden, so gilt
(4.83)
wobei TJ~(Kr) der auf die Rauhigkeit der Großmaschine umgerechnete Wirkungsgrad
der Modellmaschine ist. Sofern zwei Werte von TJ~ bei verschiedenen Werten von K~
Nv
1 - TJw = P , ( 4.84)
wenn N v die Verlustleistung ist, und erhalten bei festem P bzw. bei Vernachlässigung
von Gliedern zweiter Ordnung in (1- TJw)2,
(4.85)
Gleichung (4.85) beinhaltet die Annahme, daß bei Rauhigkeitsänderung die Verlustlei-
stung viel stärker beeinflußt wird als die Leistung selbst. Nimmt man nun an, daß die
relative Änderung der Verlustleistung durch die relative Änderung des Reibungsbeiwer-
tes Cf (oder der Widerstandszahl A) erfolgt, so entsteht die Gleichung
dCj
dTJw = -(I - TJw)- , (4.86)
Cf
4.2 Hydraulische Maschinen 91
0 .8
•
•
....-,- -
~ ~
~ ~ ""'~
~
~
/
~
V··
~ 0 .7
..
I:"
"0
0.
CI
c: V •
:::I
~
V
§ )
0 .8
V • Messwerte
I Aufwertu~ohr _
Aufwertung Platte
0 .6
Reynolds-Zahl Re
Abb. 4.9. Meßwerte von ROTZOLL (1958) und Wirkungsgradaufwertung mit Rohr- und Platten-
strömung
relevante typische Länge festzulegen, kann die Aufwertung nach diesen Vorschlägen er-
folgen. In Abb. 4.9 sind die Meßwerte von ROTZOLL [1958], die ja alle von derselben
Maschine stammen (d. h. It~ = It r ), mit der Aufwertung nach (4.88) verglichen. Der Dif-
ferentialquotient ist dabei einmal mit der Widerstandsformel für turbulente Strömung
in glatten Rohren berechnet worden, wobei die Reynolds-Zahl mit einem hydrauli-
schen Durchmesser OAD gebildet ist. Als "Modellmaschine" dient hier die Messung
bei Re = 5.5 * 104 • Die andere Kurve zeigt die Aufwertung mit dem Reibungsbei-
wert der Plattenströmung und einer mit dem Außendurchmesser D der Kreiselpumpe
gebildeten Reynolds-Zahl. Dabei ist nach der Blasius-Formel für die ebene Platte in
laminarer Strömung bis zur Reynolds-Zahl Re = 2.2 * 105 aufgewertet worden und
von dieser Reynolds-Zahl ab mit den Widerstandsbeiwerten der glatten Platte nach
Prandtl (SCHLICHTING [1979], Tabelle 21.1, S. 642). Der auffällig geringe Unterschied
zwischen den in Abb. 4.9 dargestellten AufwertungeT,lläßt sich leicht einsichtig machen,
wenn man zunächst (4.88) mit (4.86) (der Übersichtlichkeit halber für It r = It~) voll
ausschreibt
, , 8cJ(Re') 1 1 ( Re')
'T/w = 'T/w(Re) + [1 - 'T/w(Re )] 8(1/ Re) cJ(Re') Re' 1 - Re (4.89)
1 8cJ 1
(Fa)Platte = cf 8(1/ Re) Re' (4.90)
und
1 8)" 1
(Fa)Rohr = ~ 8(1/ Re) Re' (4.91 )
sind in Abb. 4.10 und Abb. 4.11 aufgetragen. (Für It r f. 0 sind die Kurven in Abb. 4.10
aus einer graphischen Darstellung des Widerstandsgesetzes numerisch ermittelt worden
und daher nur qualitativ zu verwenden. In diesem Zusammenhang weisen wir darauf
hin, daß die Extrapolation (4.89) nur sinnvoll ist über Reynolds-Zahlbereiche, in denen
sich die Faktoren Fa nur wenig und nur monoton ändern.) Für It r = 0 unterscheiden
sich die entsprechenden Kurven in Abb. 4.10 und Abb. 4.11 nur wenig, was die angespro-
chene Unempfindlichkeit erklärt. Eine Abhängigkeit von der Wahl der typischen Länge
in der Reynolds-Zahl ergibt sich nur durch die explizite Abhängigkeit der Faktoren Fa
von der Reynolds-Zahl, da bei geometrisch ähnlichen Maschinen das Verhältnis Re' / Re
in (4.89) von der Wahl der Bezugslänge unabhängig ist. Bei einem Widerstandsgesetz
in Potenzform, etwa
CJ = const * Re" , (4.92)
4.2 Hydraulische Maschinen 93
0 .26
0 .2 ~
0 . 16
\ 1\
r\ t--~ ", == 0
~ ......
\ t--.
.
!! 0 .1 1\, l1
10- 4
II 1\ 1\
10- 6
1\
1\
10 - 8
f\
1\
i>:
2*10- 4 ..1, ~ 2-10- 6 ~ 2*10 -8 ,
1\
\
~ 0 . 05
5*10 -4 6*10-&
1\5*1O~8 5*10- 7
0 11 11
11
1\ l\
VI
1\ V;\ V\ / l,X"
I'
-0 . 06 ~ [1V
V r-- "-../ i'- V 1"'---" 'f-'
-0 .1
106 107
Reynolds-Zahl Re
Abb. 4.10. Aufwertfaktor (4.90) ermittelt aus dem Widerstandsgesetz sandrauher Platten mit Kr =
k/l (SCHLICHTING [1979])
0 .2 ~~r-r;-HHtH---+-;-+i;+~---t-i-t+++Ht---t-~rr~
ld
Reynolds-Zahl Re
Abb. 4.11. Aufwertfaktor (4.91) berechnet aus der Widerstandsformel für Rohre nach Colebrooke
mit Kr = k/(2R)
94 4 Strömungsmaschinen
--.----.-
0 .911
Fr8ncisturbine : ........ -- .... - . P - 220 MW . H - 625 m
. '
-.
0 .94
' - . ~ .:..:....
0 .92 . -- --- ....
--- -'.. . ..-: .............
~ ................
~ / '~ . ..
"~
- ----
0 .9
Cl
'"Cl ~/
f,; /'
--~
7 /1
0 . 88
c:
ModelimeSS2!ng
j
~
- ---
• Prototyp messung
'I/
0 . 86
3
Aufwertung nach GI. (4 .60l
0 . 84
v' ~~t~l!r.!!:!~Q. ~~c_h_ gl.!':. L4.:l!!!.l!.14.:~Q>'
Abb. 4.12. Vergleich der Aufwertungen für eine Francisturbine (Messwerte mit freundlicher Geneh-
migung der Sulzer Escher Wyss AG, Zürich)
und hängt daher im selben Maße von der Reynolds-Zahl ab, wie der Exponent im
Potenzgesetz.
Abschließend sei mitgeteilt, daß die Aufwertformeln (4.60) und (4.89) anhand von ge-
messenen Wirkungsgradverläufen für Modell und Großausführungen getestet werden
konnten. Bei Pumpen und als Pumpen betriebenen Pumpturbinen ergab die Auswer-
tung einer Vielzahl von Maschinen einen von 'P fast unabhängigen Verlauf 77w( 00, 'P) =
0.95 bei a = 1/7. Für Francisturbinen und als Turbinen betriebene Pumpturbinen
konnte ein eindeutiger Zusammenhang 77w( 00, 'P / 'Popt) festgestellt werden, allerdings
mit größerer Streuung. Der »optimale Wert" 'Popt ist hier der Wert, für den der höchste
Wirkungsgrad angetroffen wird und ist aus Messungen an der Modellmaschine bekannt.
Insgesamt führt beim Vergleich, der auch mehrstufige Maschinen umfaßte, Gleichung
(4.60) auf eine zufriedenstellende Aufwertung. Die Aufwertung nach (4.89) ergab mei-
stens eine etwas zu geringe Aufwertung, allerdings arbeitet Gleichung (4.89) auch ohne
Rückgriff auf Experimente. Repräsentative Aufwertungen sind in Abb. 4.12 für eine
Francisturbine und in Abb. 4.13 für eine Pumpe dargestellt (BuTTENBENDER [1991]).
4.2 Hydraulische Maschinen 95
0 . 92
0 . 88
(::" 0 . 811
'0
~
CI 0 . 84
CI)
01
c:
~ 0 . 82
~
ModelimessJ!n....g'--_ __
~ 0 .8
• Prototypmessung
0 .78 Aufwertung n8ch GI. (4 .60)
Abb.4.13. Vergleich der Aufwertungen für eine zweistufige Radialpumpe (Messwerte mit freundlicher
Genehmigung der Sulzer Escher Wyss AG, Zürich)
4.2.5 Kavitation
Zur Blasenbildung kann es auch schon kommen, wenn die im Wasser absorbierte Luft
in den Unterdruckgebieten aus der Lösung geht, wie es durch das Henrysehe Gesetz
beschrieben wird. Dann können Blasen auch schon vor Erreichen des Dampfdruckes
entstehen.
Die Entstehung der Blasen setzt voraus, daß Kavitationskeime, meistens in Form von
mikroskopischen Teilchen oder Bläschen, im Wasser vorhanden sind. Wir gehen hier
aber nicht auf die Entstehung oder das Blasenwachstum ein, sondern begnügen uns mit
der Feststellung, daß in unbehandeltem Wasser genügend Keime zur Verfügung stehen
und daß die Kavitation in der Regel bei Unterschreiten des Dampfdruckes einsetzt.
Dann treten als weitere physikalische Größen, welche das Betriebsverhalten hydrauli-
scher Maschinen beeinflussen, der Dampfdruck Pd und ein weiterer Druck auf, der das
Druckniveau charakterisiert. Obwohl diese beiden Drücke Anlaß zu zwei dimensionslo-
sen Größen geben, genügt es in der Praxis, nur die Druckdifferenz bzw. die sich damit
ergebende dimensionslose Größe zu berücksichtigen. Wir sehen darin aber eine über
die Dimensionsanalyse hinausgehende Erkenntnis.
Den Ausdruck
_ Po - Pd
H ,,- , (4.94)
{!g
in dem Po der Umgebungsdruck ist, bezeichnet man als barometrische Saughöhe. Mit
der geodätischen Saughöhe H. (z. B. Abstand des Unterwassers zum Saugstutzen einer
Pumpe) und der Fallhöhe H gewinnen wir die dimensionslose Größe
Th = H" - H. (4.95)
H '
die als Thoma-Zahl bezeichnet wird. Beim Überschreiten einer bauartabhängigen kri-
tischen Thoma-Zahl besteht für die betreffende Maschine Kavitationsgefahr. Die so
eingeführte kritische Thoma-Zahl ist eine Erfahrungsgröße und nimmt für verschiedene
Bauarten ganz unterschiedliche Werte an, was hauptsächlich auf die Wahl der Fallhöhe
als Bezugsgröße zurückzuführen ist. Die Fallhöhe hat außerdem keinen direkten Einfluß
auf die Kavitation. Eine anschaulichere und auch allgemeiner anwendbare Kennzahl er-
halten wir, wenn wir in (4.95) bzw. (4.94) den Umgebungsdruck des Unterwassers mit
der Bernoullischen Gleichung (4.17)
po = PI + {!u~/2 + {!gH.
ersetzen und statt des Gefälles {!gH den Staudruck {! uU2 als Bezugsgröße verwenden.
Die entstehende Beziehung
(4.96)
4.2 Hydraulische Maschinen 97
was bedeutet, daß nur geringe Übergeschwindigkeiten zulässig sind. Wenn an Schiffs-
schrauben Werte von u = 0.2 erreicht werden, so ergibt sich die höchstzulässige Spitzen-
geschwindigkeit bei Atmosphärendruck und 20 Grad Celsius Wassertemperatur (PI =
1.013 * 105 N/m 2 , Pd = 0.025 N/m 2 ) zu 'Ul = 31.4 m/s. Die geringen Übergeschwindig-
keiten verlangen schwach belastete Profile, was im allgemeinen auf kleine Anstellwin-
kel und geringe Wölbung hinausläuft. Der vorgegebene Schub erfordert dann breite
Flügelblätter. Unter Umständen nimmt man aber auch Kavitation in Kauf und gestal-
tet die Schrauben so, daß die Blasen nicht auf der Propellerfläche zusammenfallen.
98 4 Strömungsmaschinen
Mit Ausnahme der Kavitation, die ja nur bei tropfbaren Flüssigkeiten auftreten kann,
gelten die bisher besprochenen Ähnlichkeitsgesetze hydraulischer Maschinen unver-
ändert auch für Maschinen, die Flüssigkeiten im allgemeinen Sinne, also auch Gase,
fördern, solange nur der Einfluß der Kompressibilität vernachlässigbar ist.
Wir besprechen nun die Einflüsse auf die Kennlinien, wenn dies nicht länger zutreffend
ist, also die Dichte am Eintritt sich von der Dichte am Austritt der Maschine deutlich
unterscheidet. Zur Veranschaulichung betrachten wir wieder den Verdichter, aber alle
prinzipiellen Ergebnisse lassen sich auch hier auf Kraftmaschinen übertragen. Wir
schließen Fremderwärmung aus und ebenso Dichteänderung als Folge der Volumenkraft
(letztere ist hier und in praktisch allen Ingenieursanwendungen vernachlässigbar). Der
Eigenerwärmung durch Dissipation der Verlustleistung wird bereits durch den inneren
Wirkungsgrad Rechnung getragen. Die kennzeichnende Zustandsgröße für die durch
Druckänderungen verursachten Dichteänderungen ist die Schallgeschwindigkeit, die auf
das bereits bekannte dimensionslose Produkt, die Mach-Zahl M führt. In der Tat, bei
allen stationären Strömungen unter obigen Einschränkungen, ist die Bedingung M 2 ~ 1
hinreichend für Annahme inkompressibler Strömung.
Im anderen, hier interessierenden Fall, tritt die Mach-Zahl als zusätzliche Veränderliche
in den Kennlinien auf (etwa in (4.41) und (4.42)). Man kann eine Referenz-Mach-Zahl
in die angesprochenen Beziehungen einführen, z. B. die Mach-Zahl gebildet mit der
Umfangsgeschwindigkeit und der Schallgeschwindigkeit am Eintritt oder Austritt, je
nach Zweckmäßigkeit, oft aber mit der Schallgeschwindigkeit im Ruhezustand. Diese
Mach-Zahl ist repräsentativ für den Mach-Zahl-Verlauf längs des Verdichtungsweges,
was im allgemeinen aber nur bei denselben Maschinen, beim selben Fördermedium und
demselben Referenzzustand sichergestellt ist! Daher gelten die Kennlinien zunächst
auch nur für ein und dasselbe Fördermedium. Bei einem zweiten Fördermedium wird
bei gleicher Referenz-Mach-Zahl der Mach-Zahl-Verlauf nur dann derselbe sein, wenn
die thermodynamischen Zustandsänderungen Ähnlichkeit besitzen, ansonsten ist die
Ähnlichkeit bezüglich des Mach-Zahl-Verlaufs gestört.
Wir haben bereits gezeigt (Abschnitt 2.1), daß der wichtigste Fall thermodynamischer
Ähnlichkeit das kalorisch ideale Gas betrifft, auf das wir uns hier im weiteren be-
schränken. Zwei verschiedene Gase mit demselben (konstanten) Verhältnis spezifischer
Wärmen'Y sind thermodynamisch ähnlich und haben bei derselben Referenz-Mach-Zahl
denselben Mach-Zahl-Verlauf (wenn auch die anderen Größen, z. B. in (4.41), konstant
4.3 Kennlinien bei kompressibler Strömung 99
sind). Daher lassen sich die Kennlinien auf alle kalorisch idealen Gase durch Hinzu-
nahme des Verhältnisses der spezifischen Wärmen, als Veränderliche ausdehnen. Aus
(4.41) und (4.42) entstehen dann
und
(4.101)
(4.102)
(4.103)
p = J dp/(1 (4.104)
p= -'_!!. (4.105)
, - 1 (1
1/! 2gH 2
= Jr2 n 2 d2 = Jr2 n 2 d2
[u~
--2-
- ui + , ,- 1 (P2 PI)]
(12 - (11
(4.106)
für die Druckziffer geht für inkompressible Strömung in den bereits bekannten Ausdruck
über. Dieser inkompressible Grenzfall wird für Gase aus der für kleine /:).p/p gültigen
Beziehung
/:).(1 1 /:).P
(4.107)
(die aus der logarithmischen Ableitung der Isentropenbeziehung entsteht) und der Iden-
tität erhalten.
( 4.108)
100 4 Strömungsmaschinen
{! = const (4.109)
entsteht aus der Isentropenbeziehung bei beliebigem P nur für , -+ 00, womit die
inkompressible Form unmittelbar aus (4.106) gewonnen wird. Mit, -+ 00 strebt auch
die Mach-Zahl gegen Null und daher verschwinden für den Grenzfall schon aus diesem
Grund die Veränderlichen, und M aus den Relationen (4.100) und (4.101).
Wenn die Differenz der kinetischen Energie (pro Masse) gegenüber der Differenz der
Druckfunktion vernachlässigbar ist, erhalten wir statt (4.103)
(4.110)
(4.111)
In (4.110) ist noch das Dichteverhältnis {!d {!2 aus der Isentropenbeziehung durch das
Druckverhältnis zu ersetzen, um die sogenannte Druckänderungsarbeit
gH = _ ' PI
'Y - 1 {!l
[(P2)7
PI
-1] (4.112)
zu erhalten. Diese isentrope Druckänderungsarbeit ist natürlich kleiner als die der
Flüssigkeit zugeführte Arbeit (pro Masse), die wir erhalten, wenn in (4.110) oder (4.111)
die am Austritt gemessenen Zustandsgrößen P2 = P2 und {!2 bzw. T; eingesetzt werden.
Damit ergibt sich im Einklang mit (4.29) der innere Wirkungsgrad zu
T2 - Tl
"lw = T.*2 - T· (4.113)
I
Ergänzend bemerken wir, daß neben dem inneren Wirkungsgrad "lw zuweilen auch der
polytrope lV.irkungsgrad "lpol verwendet wird, der entsteht, wenn im Verhältnis, das
zu Gleichung (4.113) führt, statt der isentropen Druckänderungsarbeit die polytrope
Druckänderungsarbeit
(gH)pol
n PI
= -n - 1 -{!l (-) [
P2 n-l
n
-
1
1 (4.114)
PI
4.3 Kennlinien bei kompressibler Strömung 101
I.e .---------r------r-------,----""T'"------,
1.4
--
t---=j::::=::~~~~~_t---t_--__j
~~.
12(-------t---~==t===~--~~----j-------1
~,
~
M - 0.440
~
M = 0 . 513_ r--~-H~-~~-----~
\\'\
:E
...o
CD
N
_ _.
0.589
M - ...
2 0 .8 1-- - - - 1 - ---1 M = q .659 I--+--+-rl~~f------I
o
0 .2
I-------+----==:f===---+-----..:.~w~
0 .1 0 .12
Durchf/uBzahl '"
Abb. 4.1 4. Druckzitrer als Funktion der Durchtlußzahl mit Machzahl als Scharparameter (berechnet
aus ECKERT und SCHNELL (1980))
wobei ui, T; gemessene Zustandsgrößen sind und der dann unbekannte Polytropenex.
ponent aus (4.115) gemäß
n-l In (T;/Td
--= (4.116)
n In (p2/pd
berechnet wird. Mit (4.115) schreiben wir die polytrope Druckänderungsarbeit in der
Form
(gH)1'ol = _n_ R (T; - Tl) (4.117)
n-l
und gewinnen den polytropen Wirkungsgritd zu
(4.119)
102 4 Strömungsmaschinen
1
1.2
M 0 .877 - -......
O.BO~
0 .8
0 .732
~
......
"'\\
N
:\
\
~ 0 .8 0 .659
~\ \
~
0.~B9
0 .4
-.....
--.... ~\
0 .513
0 .440
'\\
0 .2
o
\ \
Abb. 4.15. Kennlinie von Abb. 4.14 mit zweckmäßigerer Wahl der dimensionslosen Produkte (be-
rechnet aus ECKERT und SCHNELL [1980])
läßt sich daher als eine Schar von Kurven'" = "'(cp) mit Mals Scharparameter bei fe-
stem'Y darstellen (siehe Abb. 4.14) . Man erkennt, daß wichtige Bereiche der Kennlinien
unabhängig von M sind; erst bei großen Durchflußzahlen tritt der Einfluß der Mach-
Zahl hervor. Will man diesen Einfluß deutlicher hervorheben, empfiehlt sich die Bildung
neuer linear unabhängiger Produkte. Die Gestalt des Ausdruckes für die Druckände-
rungsarbeit legt das neue Produkt '" M 2 statt'" nahe: Mit der Schallgeschwindigkeit
für kalorisch ideale Gase und (4.112) gewinnen wir die Druckziffer in der Form
(4.120)
und daraus
(4.121)
Letztere Form macht auch deutlich, weshalb oft das Druckverhältnis P2/Pl statt '" M2
benutzt wird. Mit der Wahl von'" M 2 ersetzt man auch cp durch cp M und erhält die
(4.119) dimensionsanalytisch äquivalente Beziehung
(4.122)
4.3 Kennlinien bei kompressibler Strömung 103
die für die graphische Darstellung besser geignet ist (siehe Abb. 4.15). Sie gilt für
geometrisch ähnliche Maschinen bei allen Betriebsbedingungen und für kalorisch ideales
Gas mit festem aber beliebigem,. In den neuen Veränderlichen schreiben wir den
inneren Wirkungsgrad
(4.123)
Für festes 77w denkt man sich diese Beziehung nach M aufgelöst und erhält formal Linien
gleichen Wirkungsgrades in der 1/> M2_~ M-Ebene, wenn man M in (4.122) einsetzt.
Eine gegebenenfalls erforderliche Aufwertung bezüglich der Reynoldsschen Zahl kann
bei gleicher Mach-Zahl und gleichem ~ nach den Regeln des Abschnittes 4.2 erfolgen.
5 Gleitlager
Es ist eine bekannte, wenn auch in der Öffentlichkeit wenig beachtete Tatsache, daß
ein erheblicher Teil (etwa 30%) der weltweit produzierten Energie durch Reibung dis-
sipiert wird und damit für mechanische Arbeit nicht mehr verfügbar ist. Aber nicht
nur aus diesem Grund steht das Problem der Schmiermittelreibung im Interesse der
Ingenieure, sondern genauso aus Gründen der Lebensdauer und Betriebssicherheit von
Maschinen. Zur Entwicklung und wissenschaftlichen Durchdringung dieses Gebietes
haben von Anfang an Dimensionsbetrachtungen einen entscheidenden Beitrag gelei-
stet. Die theoretischen Grundlagen der hydrodynamischen Schmierung hat REYNOLDS
[1886] mit der nach ihm benannten Reynoldsschen Gleichung gelegt, die sich aus den
Navier-Stokesschen Gleichungen unter der grundlegenden Voraussetzung
aRe~lj a~l
ergibt. Hierin ist a eine typische Neigung der Gleitflächen zueinander, und die Rey-
nolds-Zahl ist gebildet mit der Höhe des Schmierspaltes.
Wir werden als konkreten und wichtigen Anwendungsfall das Zapfen- oder Radiallager
im Auge haben, dessen wichtigste geometrische Größen wir Abb. 5.1 entnehmen. Mit
der Reynoldsschen Gleichung
h(SO) = h - e cosSO
Damit sind zugleich alle physikalischen Größen bekannt, die in das Problem eingehen,
und bereits die erste Lösung der Reynoldsschen Gleichung (SOMMERFELD [1904]) für
ein (unendlich langes) Radiallager hat das entscheidende dimensionslose Produkt
Fh 2
So=-- (5.2)
,.,U W
hervortreten lassen. Hierbei ist F die Kraft · (pro Längeneinheit in axialer Richtung)
auf den Zapfen, der vom Flüssigkeitsfilm mit dem radialen Spiel h getragen wird. Som-
merfeld betont, daß mit diesem dimensionslosen Produkt (" unbenanntes Aggregat ")
ein Ähnlichkeitsgesetz der Schmiermittelreibung vorliegt, daß es also nicht etwa auf die
Belastung des Lagers ankommt oder die Umfangsgeschwindigkeit oder die Viskosität ,."
sondern nur auf diese dimensionslose Zahl, die man heute die Sommer/eid-Zahl nennt.
Diese Zahl tritt in vielerlei Formen auf, die alle dimensionsanalytisch äquivalent sind;
ihr Zahlenwert hängt natürlich von der speziellen Form ab, und der Vollständigkeit
halber geben wir sie an. So hat VOGELPOHL [19491 die Sommerfeld-Zahl für ein Lager
endlicher Breite
(5.3)
mit dem mittleren Druck p = F/(D B) aber die besonders einprägsame Form
p1jJ2
So=- (5.4)
"In
annimmt. Zur Unterscheidung dieser Sommerfeld-Zahl von derjenigen gemäß (5.2) wird
für letztere zuweilen auch das Symbol D. herangezogen. In einem Teil der amerikani-
schen Literatur wird der Kehrwert des 21!'-fachen der Sommerfeld-Zahl verwendet und
ebenfalls als Sommerfeldsche Zahl bezeichnet, zum Unterschied aber der Buchstabe S
als Symbol benutzt:
S=_I_. (5.5)
21!'So
Wie oben ausgeführt, hat Sommerfeld die Kennzahl aus einer schwierigen Lösung für das
unendlich lange Lager erhalten. HERSEY [1914] hat mit den damals durch die Arbeiten
von Buckingham gerade bekannt werdenden dimensionsanalytischen Methoden gezeigt,
daß sich die Kennzahlen der hydrodynamischen Schmierung ohne Rückgriff auf spezielle
Lösungen - und daher allgemeiner und einfacher - finden lassen. In der Ingenieurpraxis
allerdings konnten sich die Einsichten aus der Dimensionsanalyse nur gegen erheblichen
Widerstand durchsetzen, worüber sich Vogelpohl noch 1949 beklagt!
Bei der vorläufigen Beschränkung auf geometrisch ähnliche Lager genügt die Angabe
einer Länge zur Festlegung der Lagergeometrie. Als typische Länge wählen wir den Ra-
dius R, könnten aber ebenso die mittlere Spalthöhe, d. h. das radiale Spiel, wählen. Wir
fragen nun nach der Kraft, die der Schmierspalt tragen kann. Nach obigen Ausführun-
gen treten Zapfenumfangsgeschwindigkeit oder auch die Winkelgeschwindigkeit, Visko-
sität und Spalthöhe (bzw. der Radius) als die physikalischen Größen auf, von denen die
gesuchte Kraft abhängt. Der Druck ist, wie die Tragkraft, eine abhängige Veränder-
liche; anstelle der Frage nach der Kraft kann also auch die Frage nach dem mittleren
Druck p treten, und wir erhalten so die Abhängigkeit
p=fn(R,TJ,n) . (5.6)
5.1 Zapfenlager mit inkompressibler Schmierflüssigkeit 107
Mit den vier auftretenden physikalischen Größen läßt sich nur ein dimensionsloses Pro-
dukt bilden
p
- = const, (5.7)
n77
d. h. für alle geometrisch ähnlichen Lager ist der mittlere Druck gleich einer Konstanten
mal dem Produkt von Winkelgeschwindigkeit des Zapfens und der Viskosität. Diese
Konstante ist dieselbe für alle geometrisch ähnlichen Lager.
Es ist bemerkenswert, daß der Radius nicht mehr auftaucht. Hätte man R aus dem
Zusammenhang (5.6) von vorneherein weggelassen - wozu keine Veranlassung bestand
-, so hätte die verbleibende Dimensionsmatrix den Rang 2, und aus den 3 dann auftre-
tenden physikalischen Größen hätte sich wieder ein dimensionsloses Produkt, nämlich
(5.7) ergeben.
Die Frage nach der Kraft führt auf den Zusammenhang
in der die Kraft bezogen auf die Fläche R 2 erscheint. Im Hinblick auf die im deutschen
Sprachraum gebräuchliche Form der Sommerfeld-Zahl (5.3) und ohne Einschränkung
der Allgemeinheit verwenden wir aber weiterhin als Bezugsfläche D B , womit sich (5.9)
sinngemäß wieder auf (5.7) reduziert.
Geometrische Ähnlichkeit bedeutet auch, daß die Schmierspaltgeometrie ähnlich ist,
daß also die relative Exzentrizität f = e/h dieselbe ist und daher der Zusammenhang
f = X= fn (/n) (5.10)
Aus den fünf auftretenden physikalischen Größen bilden wir die zwei dimensionslosen
Produkte
W p
fIt = PR2 ' II 2 = 0. 1] .
(5.13)
Wie vorher bevorzugen wir auch in II I als Bezugsfläche D B statt R 2 und erhalten den
(5.12) gleichwertigen Zusammenhang
J.t
W
= P2R B = fn
(p)
0. 1] ,
(5.14)
mit dem als Reibungszahl J.t bezeichneten Verhältnis der Reibungskraft W und der
Tragkraft F = p2R B. Die Reibungszahl kann auch als dimensionslose Form der pro
Zeiteinheit dissipierten Energie angesehen werden.
Die bisher vorausgesetzte Ähnlichkeit ist bei Lagern, besonders bezüglich des relativen
Lagerspiels, kaum zu verwirklichen. Relative Lagerspiele liegen im Bereich von 10- 3
und sind in der Fertigung nicht genau herzustellen. Im Betrieb ändert sich das relative
Lagerspiel außerdem durch die Lagerbelastung und die Erwärmung. Aus diesem Grund
spielt das Modellwesen bei Gleitlageranwendungen keine Rolle.
Die Ergebnisse geometrisch ähnlicher Lager lassen sich aber durch Hinzunahme wei-
terer Längenverhältnisse "i auf geometrisch nichtähnliche Lager erweitern: Wenn wir
uns weiterhin auf Schmierspalte beschränken, die aus kreisförmigen Zapfen und Lager-
schalen gebildet werden, so ist die Schmierspaltgeometrie durch das relative Lagerspiel
und die relative Exzentrizität gekennzeichnet. Hinzu kommen noch das Verhältnis von
Lagerbreite B zu Zapfendurchmesser D (Seitenverhältnis) und bei teilumschlossenen
Lagern der Umschließungswinkel...,. Die (5.11) entsprechende Beziehung lautet also
P
0.1] = fn{E,1/J,B/D,...,). (5.15)
Während die Reynoldssche Gleichung bisher nur zur Identifikation der physikalischen
Größen benutzt wurde, läßt die Struktur der Gleichung eine weitere, über die Dimen-
sionsanalyse hinausgehende und daher schärfere Fassung der rechten Seite zu. Man
gelangt zu einer allgemein anwendbaren Vorgehensweise, wenn man alle abhängigen
und unabhängigen Größen, die in den Differentialgleichungen und den Randbedingun-
gen auftreten, mit physikalischen Größen derselben Art dimensionslos macht. Diese
problemspezifischen, charakteristischen Größen werden durch die Geometrie und die
5.1 Zapfenlager mit inkompressibler Schmierflüssigkeit 109
Randbedingungen festgelegt. Im weitesten Sinne sind sie die Ursache des Vorganges.
Mit der Lagerbelastung ist die charakteristische Größe p festgelegt, und die Lagergeo-
metrie bestimmt R. Damit schon lassen sich die abhängig Veränderliche p und die
unabhängig Veränderlichen x, z sowie die von x abhängige Spalthöhe h dimensionslos
machen. Wenn wir mit p, x, z und h nun auch die entsprechenden dimensionslosen
Größen bezeichnen, so nimmt die Reynoldssche Gleichung (5.1) die Gestalt
(5.16)
bzw.
(5.17)
an. Man entnimmt dieser Gleichung schon das dimensionslose Produkt P!(flTJ) und der
expliziten Form der dimensionslosen Spaltgeometrie
die dimensionslosen Produkte 1{l und t. Über die Randbedingungen, deren genauere
Diskussion wir noch zurückstellen, würden noch das Verhältnis B / D und der Um-
schließungswinkel, in das Problem eintreten.
An der mathematischen Formulierung und damit an der Lösung ändert sich nichts,
wenn die angesprochenen Produkte unabhängig von Lagergröße, Belastung und Dreh-
zahl dieselben bleiben, und dies begründet auf andere Weise die bekannten Ähnlich-
keitsgesetze. Ohne Lösung der Gleichung hat aber diese Vorgehensweise zunächst keine
über Geichung (5.15) hinausgehende Erkenntnisse geliefert, d. h. die Reduktion der
Veränderlichen erfolgt auch hier nur auf den durch das Maßsystem vorgegebenen Um-
fang. Zur angekündigten schärferen Fassung gelangt man, wenn man die angesproche-
nen charakteristischen Größen so wählt, daß die dimensionslosen Differentialausdrücke
die Größenordnung O( 1) annehmen und die Größenordnung der einzelnen Terme durch
die entstehenden Vorfaktoren geregelt werden. Offensichtlich kann man h dann mit
dem Lagerspiel It, x mit Rund z mit B dimensionslos machen, während p weiterhin
Bezugsgröße für den Druck bleibt. Damit gewinnt man die Reynoldssche Gleichung in
der Fassung
(5.19)
die schon, unabhängig von der Dimensionsbetrachtung, die wichtigen Grenzfälle erken-
nen läßt: Bei festem Rund B --> 00 erhält man die Differentialgleichung des unendlich
110 5 Gleitlager
langen Lagers, in der die Abhängigkeit von z aus der Differentialgleichung völlig ver-
schwindet. Bei festem Bund R -+ 00 erhält man die Differentialgleichung des unendlich
kurzen Lagers in der die Abhängigkeit von x nur parametrisch auftaucht. (5.19) bringt
man durch Umformung in die dimensionslose Gestalt
(5.20)
der wir jetzt die Sommerfeld-Zahl entnehmen können. Wenn das relative Spiel.,p nicht
in den Randbedingungen auftaucht, tritt es überhaupt nur in der Form der Sommerfeld-
Zahl auf und (5.15) nimmt folgende schärfere Fassung an:
(5.21)
p.=fn(So,B/D,'Y,t/J) , (5.22)
in dem das relative Spielt/J noch als unabhängig Veränderliche auftaucht. Erst die Be-
rechnung von p. bei bekanntem Druck und Geschwindigkeitsfeld im Schmierspalt zeigt,
5.1 Zapfenlager mit inkompressibler Schmierflüssigkeit 111
ld~~------------------------------~
~~ 810 '" 00
'~A
',~
~~.
lilQ. ':.'~
f}H~__':_l{~_
',~
10- 3 ,d ,a"
Sommerfeld-Zehl So
Abb. 5.2. Darstellung des Zusammenhangs (5.23) nach SASSENFELD und WALTHER (1954)
daß t/J nur in der Kombination I'/t/J auftritt, die man verallgemeinerte Reibungszahl
nennt und daher (5.22) die schärfere Form
bringen. Abbildung 5.2 und Abb. 5.3 sind Darstellungen bei der Zusammenhänge, die
zeigen, daß die Benutzung der Sommerfeld-Zahl als unabhängig Veränderliche die starke
Abhängigkeit vom Seitenverhältnis B / D eliminiert. Aus diesem Grund wird man oft die
Sommerfeld-Zahl als Veränderliche gegenüber der Exzentrizität bevorzugen, wie dies in
Abb. 5.4 (VOGELPOHL [1949]) geschehen ist, die eine Zusammenfassung einer Vielzahl
von experimentell ermittelten Reibungszahlen über einen sechs Zehnerpotenzen umfas-
senden Bereich der Sommerfeld-Zahl darstellt. Die Meßwerte liegen in einem Streifen,
der nach unten ziemlich gut durch die Geraden 2/$0 und 'Ir/(2So) und nach oben
durch 4/$0 und 'Ir/So begrenzt ist. Die verbleibende Spreizung innerhalb des Strei-
fens stellt in der Hauptsache den Einfluß des Seitenverhältnisses dar. Dieser Streifen
112 5 Gleitlager
'-- ..
. ... ... ...... .......' ......
..... . . . . . BIO =: V3
10' L-...............~....................~...............~....................~...............~
0.2 0 .4 0 .8 0 .8
leI. Exzentrizitlit /:
Abb. 5.3. Darstellung des Zusammenhangs (5 .24) nach SASSENFELD und WALTHER [1954)
ist auch in Abb. 5.2 eingezeichnet. Die theoretischen Ergebnisse liegen z. T. außerhalb
des Streifens. Die vermutliche Ursache ist in den verwendeten Randbedingungen zu
suchen. Wir wenden und daher einer Diskussion der Randbedingungen zu.
5.1.3 Randbedingungen
Für inkompressible Strömung läßt sich der Druck, wie schon in Kapitel 4 erwähnt, nur
bis auf eine Konstante ermitteln, eine Tatsache, die sich auch in der Reynoldsschen
Gleichung für inkompressible Strömung widerspiegelt, da nur Differenzen des Druckes
in ihr eine Rolle spielen. Das Druckniveau im Lager wird durch eine Randbedingung
festgelegt, etwa durch den Außendruck Pm . Wenn dieser Druck hoch genug ist, wie bei
einem tief eingetauchten Lager, dann treten keine Drucke auf, die niedriger sind als der
Sättigungsdruck im Öl absorbierter Gase oder der Dampfdruck des Öles selbst. Der
Schmierfilm ist dann kontinuierlich und der Druckverlauf relativ zum Außendruck ist
antisymmetrisch bezüglich der engsten Stelle im Schrnierspalt. Die theoretische Ermitt-
lung der Zusammenhänge (5.21) und (5.23) bereiten dann keine großen Schwierigkeiten.
Im anderen Fall zerreißt der Ölfilm im Unterdruckgebiet und es bilden sich Hohlräume,
deren Begrenzung unbekannt ist aber von dem Druckniveau im Lager abhängt. Die
5.1 Zapfenlager mit inkompressibler Schmierfiüssigkeit 113
lif ~~-----------------------------------,
Sommerfeld-Zahl So
inneren Ränder, d. h. die inneren Begrenzungen des Ölfilms bzw. der Hohlräume, sind
unbekannt und als Teil einer Lösung zu berechnen. Hier müssen zwei Randbedingungen
vorgeschrieben werden, z. B. der Druck im Hohlraum und der Gradient des Druckes an
der Begrenzung. Damit geht der Druck im Hohlraum, den wir verallgemeinernd auch
Kavitationsgebiet nennen, in die Liste der physikalischen Größen ein. Durch die axiale
Berandung des Lagers ist dort der Rand des Schmierfilmes festgelegt und nur eine
Randbedingung erfüllbar, die an den Außendruck. Im allgemeinen erscheinen daher
diese zwei Drucke bzw. Druckverhältnisse im Problem.
Meistens treten Hohlräume auf, wenn das Lager Atmosphärendruck ausgesetzt ist und
Luft in die Hohlräume eindringt. Damit ist der Außendruck gleich dem Druck im
Kavitationsgebiet und nur ein Druck bzw. Druckverhältnis (etwa Pa/P ) ist relevant.
Oft interessiert nur der Druck relativ zum Außendruck, den man in inkompressibler
Strömung auch Null setzen kann. Das heißt aber nicht, daß Pa/P aus dem Problem
verschwindet, sondern nur, daß die Rechnung für diesen speziellen Wert des dimensi-
onslosen Produkts ausgeführt ist. Wie erläutert, hängt ja die Ausdehnung des Kavita-
tionsgebietes von diesem Produkt ab. Wenn wir es im folgenden weglassen, dann im
Verständnis, daß die Ergebnisse im allgemeinen nur für einen Außendruck (in der Regel
Atmosphärendruck) gelten.
114 5 Gleitlager
Wenn durch geeignete Maßnahmen das Eindringen von Luft verhindert wird, so entsteht
trotzdem ein Hohlraum, weil im Öl gelöste Luft bei Unterschreiten des Atmosphären-
druckes oft schon aus der Lösung geht. Es entstehen Luftblasen, die sich sammeln
und einen Hohlraum bilden, wenn das Lager nur lange genug läuft. Dieses Kavitati-
onsgebiet nimmt etwa dieselbe Gestalt an, wie beim belüfteten Lager (siehe PRANDTL
[1937], DOWSON und TAYLOR [1979]). Bei wechselnder Belastung tritt dieser Vorgang
zurück: Wenn der Dampfdruck unterschritten wird, verdampft die Flüssigkeit und der
Hohlraum ist in der Hauptsache mit Dampf gefüllt. Unter diesen Betriebsbedingungen
kann es auch zur Kavitation kommen.
Neben einer Randbedingung an den Druck muß bei freien Rändern zu deren Festlegung
noch die Bedingung an den Druckgradienten treten. Es ist diese Bedingung, die noch
ungeklärt ist und die theoretische Ermittlung der Zusammenhänge (5.21) und (5.23) in
Frage stellt. Wenn die Position des Randes willkürlich vorgeschrieben wird, wie dies bei
der Gümbelschen Randbedingung der Fall ist, wo der Auslauf des Flüssigkeitsfilms in die
engste Stelle verlegt ist, so genügt es, den Druck dort vorzugeben. Wie man leicht zeigt,
führt die Gümbelsche Randbedingung aber auf eine Unstetigkeit im Volumenstrom, die
mit der Reynoldsschen Randbedingung
vermieden wird. Der Beginn des Schmierfilms wird oft im Zusammenhang mit der
Reynoldsschen oder der Gümbelschen Randbedingung an die Stelle größter Spalthöhe
gelegt, wo jetzt der Druck (meist Atmosphärendruck) als Randbedingung vorzuschrei-
ben ist. Die physikalische Realisierung würde dort aber eine axiale Schmiernut erfor-
dern, die Flüssigkeit unter Umgebungsdruck zuführt. Dies ließe sich aber nur für einen
Lastfall verwirklichen, weil die Positon der größten Spalthöhe lastabhängig ist. Man
kann sich vom Kunstgriff dieser imaginären Schmiernut freimachen und auch den An-
fang, d. h. die Wiederformung des Schmierfilms, sachgerecht als freien Rand behandeln,
dessen Lage man durch Erfüllung der Reynoldsschen Randbedingung berechnet.
Keine der bisher diskutierten Randbedingungen führt zu neuen dimensionslosen Pro-
dukten, so daß (5.21) und (5.24) in der angezeigten Form weiterhin gelten.
Bei hohen Exzentrizitäten bzw. großen Sommerfeldzahlen führt die Reynoldssche Rand-
bedingung auf Ergebnisse, die mit Messungen gut übereinstimmen (siehe auch Abb. 5.2).
Bei kleineren Exzentrizitäten treten u. U. ernstzunehmende Abweichungen auf, die
durch physikalisch andere Randbedingungen verursacht werden. Wir besprechen diese
Randbedingungen nur insoweit, als sie Anlaß zu neuen dimensionslosen Produkten ge-
5.1 Zapfenlager mit inkompressibler Schmierftüssigkeit 115
ben. Diese Randbedingungen für den Auslauf ähneln den klassischen Ablösebedingun-
gen einer Grenzschicht und implizieren einen positiven Druckgradienten am Blasenrand.
Der Druck selbst muß daher lokal im Schmierfilm kleiner sein als im Kavitationsge-
biet. Ablösung tritt an der feststehenden Wand (Lagerschale) an der Stelle auf, für die
du/dy 11/=0 = 0 gilt. Da die Geschwindigkeitsverteilung über der Spalthöhe durch
(5.26)
ßp 2", U
(5.27)
ßx = ----,;,2'
und damit lautet die Randbedingung in dimensionsloser Form (wenn wir mit p, x und
h wieder die dimensionslosen Größen bezeichnen)
und p = o. (5.28)
Die Bedingung (5.28), die noch kein neues Produkt enthält, kann nur näherungsweise
gültig sein, weil sie nur auf eine Rückströmung führt. Blasen sammeln sich vorzugs-
weise in diesem Rückströmungsgebiet, so daß dieses als Kavitationsgebiet erscheint.
Allerdings ist das Gebiet in axialer Richtung nicht durchgehend, sondern wechselt mit
Flüssigkeitssträhnen ab. Im wesentlichen ist bei dieser Ablösekavitation die Strömung
beim sehr langen Lager aber noch zweidimensional, weil nur wenig Flüssigkeit in den
Strähnen abfließt (TAYLOR [1963]). Der Rest wird vom Zapfen in einem Flüssigkeitsfilm
mitgeführt (siehe Abb. 5.5). Das Kavitationsgebiet fügt sich zwischen Lagerschale und
Flüssigkeitsfilm am Zapfen ein. Die Dicke des Films relativ zur Spalthöhe wird durch
die Oberflächenspannung C bestimmt, die Anlaß zum dimensionslosen Produkt", U/ C,
der Kapillarzahl, gibt. Daher wird die Ablösebedingung (5.27) durch eine Abhängigkeit
von", U/ C ergänzt:
ßp = 2", Uf (", U) (5.29)
ßx h2 n C .
Mit steigender Exzentrizität wird immer mehr Flüssigkeit in den Strähnen abgeführt.
Nimmt man an, daß die ganze Flüssigkeit in den Strähnen abfließt, dann wird der
Strähnenrand nicht durchströmt:
...........
. -------- . .
.z.\ ..... .... .
.. .
> . ~ .~ .~ .C---
. . . ........ .
~ ::: ~ ~~;~\~r~i~t~~ G
- a -s - - - - -
. ~ ..... '. . . . .. . . . ..... . .
~::::::C
. Strähnen .-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-. .
:::::::(
: : : : : : : .~.~.~~~~7
: .7.~.~.~.~.~.7.
x Lagerzapfen
Lagerschale
. 8p h3
und l!.=--- (5.31)
8z 1271
(5.32)
8x 8zdz h2 ·
Sowohl die Randbedingungen (5.32) wie auch (5.29) sind zusammen mit der Randbedin-
gung an den Druck für die Berechnung des unendlich langen Lagers verwendet worden.
Beide ergeben ähnliche Druckverteilungen und auch Unterdruckgebiete, so daß sich die
Anwendbarkeit der einen oder anderen nur schwer entscheiden läßt. Für Einzelheiten
verweisen wir auf DOWSON und TAYLOR (19791 und dort genannte Referenzen.
Auch die Wiederformung des Filmes, also die Bedingungen an den Beginn des Schmier-
filmes, sind noch nicht genügend geklärt. Die wenigen Rechnungen, die den Beginn des
freien Randes behandeln, benutzen dieselben Ansätze, die auch für den Auslauf ver-
wendet werden. Somit werden keine neuen dimensionslosen Produkte eingeführt. Für
5.1 Zapfenlager mit inkompressibler Schrnierflüssigkeit 117
So=fn(f,B/D,.,.,U/C,,) . (5.33)
Entsprechend ist dann auch Gleichung (5.24) zu erweitern. Das Kavitationsgebiet macht
keinen Beitrag zur Sommerfeld-Zahl, wenn der Druck dort gleich dem Umgebungsdruck
ist, man erwartet aber einen Beitrag zum Reibungsmoment.
Unter dem Gesichtspunkt der noch ungeklärten Randbedingungen sind die Abweichun-
gen zwischen Theorie und Experiment (siehe Abb. 5.2) zu bewerten.
Experimentelle Ergebnisse zeigen oft eine Unabhängigkeit des Reibmomentes von der
Belastung bei kleineren Exzentrizitäten und eine gute Übereinstimmung mit der Pe-
troffsehen Formel
(5.34)
bei voll umschlossenem Lager. Die Petroffsche Formel wird für den konzentrischen
Spalt erhalten, würde also das Reibungsmoment überschätzen. Diese Überschätzung
wird offensichtlich kompensiert durch Vernachlässigung der lastbedingten Erhöhung des
Reibmomentes.
Wie die vorhergehende Diskussion gezeigt hat, sind die Randbedingungen an den Druck-
gradienten über den Ölfluß ins Kavitationsgebiet formuliert. Die theoretische Vorher-
sage des Ölflusses wird daher durch das noch unvollständige Verständnis dieser Rand-
bedingungen besonders unsicher sein, wie es auch durch den Vergleich zwischen Theorie
und Experimenten zu Tage tritt. Systematische Untersuchungen, weder theoretischer
noch experimenteller Natur, über den Einfluß der Kavitationszahl sind bisher nicht be-
kannt geworden. Wir werden daher im folgenden die Abhängigkeit des Ölflusses von
der Kavitationszahl nicht explizit aufführen, aber ein Einfluß ist besonders bei kleinen
Exzentrizitäten und bei dem Ölfluß zu erwarten, der allein durch die Bewegung des
Zapfens verursacht wird. Oft wird aber Öl dem Lager unter dem Druck Pi zugeführt.
Dieser Ölfluß ist dann besonders schwierig vorherzusag~n, wenn an der Einleitungsstelle
der dynamisch erzeugte Druck n.,., vergleichbar mit dem Zuleitungsdruck Pi ist. Damit
wird unmittelbar der dimensionslose Druck p;jp bzw. p;j(nr,) eingeführt. Der gesamte
Öldurchsatz Q wird neben Pi noch durch den Druck p geprägt. Für geometrisch ähnliche
118 5 Gleitlager
Lager genügt die Angabe einer Länge, etwa R. Aus dem Zusammenhang
zwischen den sechs physikalischen Größen entsteht der Zusammenhang zwischen den
dimensionslosen Produkten
Q
R3!1
(Pi p)
= fn ji' 7]!1 ' (5.36)
gültig für alle geometrisch ähnlichen Lager bei gleichem Umgebungsdruck. Wegen der
für ähnliche Lager gültigen Beziehung (5.10) schreiben wir für (5.36) auch
Q
R3!1 = fn (Pi)
ji'f. . (5.37)
Die Erweiterung auf geometrisch nichtähnliche Lager führt neben den bereits bekann-
ten dimensionslosen Produkten B / D, t/J, , noch Längenverhältnisse bzw. Winkel ein,
welche die Form und Lage der Öltasche charakterisieren. Wir werden uns im folgenden
auf kreisrunde Öltaschen oder Ölbohrungen beschränken, die durch das Verhältnis d/ B
und Lage <Pi beschrieben sind, wobei d der Durchmesser der Ölbohrung ist.
Wie die inspektion elle Dimensionsanalyse und die Diskussion der Randbedingungen
t/J nicht explizit, sondern nur zusammen mit dem Druck in Form
ergeben hat, tritt
der Sommerfeld-Zahl auf. Aufschluß darüber, wie t/J mit den anderen dimensionslosen
Produkten verknüpft ist, wird mit der inspektionellen Analyse nicht gewonnen, sofern
die fraglichen Größen, etwa der Ölfiuß Q, nicht explizit in den Differentialgleichungen
und den Randbedingungen erscheinen. In der Tat, der Ölfiuß Q wird in der Literatur auf
verschiedene, dimensionsanalytisch völlig gleichwertige Weise dimensionslos gemacht.
Die Gleichung (5.31) legt das dimensionslose Produkt
Q Q
---=-~- (5.38)
UhB !1R2Bt/J
(5.39)
betonen aber, daß der Umschließungswinkel , weiterhin explizit in den nunmehr erwei-
5.1 Zapfenlager mit inkompressibler Schmierfiüssigkeit 119
terten Zusammenhang
(5.40)
eingeht. Der Ölfluß hängt stark vom Wert der Spalthöhe an der Eintrittstelle epi (also
vom Wert der Exzentrizität) und nur indirekt von der Sommerfeld-Zahl ab. Es ergibt
sich bei druckgeschmierten Lagern ein Anteil der Tragkraft, der von der Drehbewe-
gung bzw. der Exzentrizität unabhängig ist und der auf den Druckaufbau als Folge
von Pi zurückzuführen ist. Daher wird eine Darstellung bevorzugt, in der statt der
Sommerfeld-Zahl die Exzentrizität f unabhängig Veränderliche ist und in der statt p;fp
die Kombination Pi So/(, p) verwendet wird:
(5.41 )
12Q ,f!TJ
(5.42)
,f!R31/; Pi 1/; 2
verwendet wird. Sie verschwindet des weiteren fast völlig, wenn statt der mittleren
Spalthöhe h =R 1/; die lokale Spalthöhe h; am Öleintritt benutzt wird, wie es die
graphische Darstellung der Beziehung
(5.43)
in Abb. 5.7 lehrt. Der Ölfluß (Durchsatz) ist über einen weiten Bereich von funabhängig
und gleich dem Wert für f =0.
Im Grenzfall E --+ 0, verschwindet der Umschließungswinkel, als explizite Veränderliche
und tritt nur noch im Seitenverhältnis B/(, R) des abgewickelten Schmierfilms auf, das
anstelle von B / D verwendet werden kann. Ebenfalls geht dann das Produkt Pi1/; / (, f! TJ)
verloren, weil der durch die Drehbewegung hervorgerufene Druck TJ f! gegen Null strebt.
Der Zusammenhang
1~~ TJ = fn (BR , dR , ep;) (5.44)
iP, "
120 5 Gleitlager
10 ,---------r---------,---------r---------,---------,
BIO - 0.26
8 I ---------+_- ___+-__----i dIB - 0 .26
1"- n
'P, =n
~
~ 8 r-~------t_----~~r-~-
c
o 4 ~----~~~~~~~~--------t_--------+---------~
::!
CI
~ 2 r---------t_~~~~~~------t_--------+---------,
!:!
::I
Cl
o 0 .2 0 .4 0 .8 0 .8
rel. Exzentrizität (;
BIO - 0.26
r- dlB - 0 .25
1- n
'P, = 1f
P, ",' I (1" 0 1) -
f- 2.6
.
~ 2
~ ~ f- 2.0
1- 1.5
~
.t::
e
::I
Cl
o
o 0 .2 0 .4 0 .8
rel. Exzentrizität (;
\~ 0 .8
// /
10
/ '
h:</
8
/ ///
h-/ V BIL = 1
.d~ BIL = 1.25.
/
~ BIL = ,,!_
/
o
o 0.2 0.4 0.8 0.8
dlL
läßt sich analytisch beschreiben (SPURK [1982]) und ist für mittige Ölzufuhr (entspricht
!Pi = 11" gemessen von der Wirkungslinie der Last) mit L = I R für B/ L ~ 1 in Abb. 5.8
dargestellt. In diesem Fall ergibt sich die einfache Formel
12Q Tf 211"
(5.45)
h~Pi = -ln(d/L)+ln(4/"1I")-4exp(-1I"B/L) '
die auch gültig bleibt, wenn, unabhängig von der oben zugewiesenen Bedeutung, L
immer die kleinere Seitenlänge des abgewickelten Schmierfilms ist.
(5.46)
Der Faktor (l'/tf)So ist die dimensionslose Form der dissipierten Energie und hängt im
wesentlichen von der Sommerfeld-Zahl So ab, wie Abb. 5.4 zeigt. Für So -+ 0 ist der
Faktor konstant; für So -+ 00 proportional zu $0. Wir schließen daraus, daß die
dissipierte Energie im wesentlichen schon durch den Couette-Anteil der Schubspannung
!J 0, R/ h geprägt ist.
Die Erhöhung der inneren Energie bzw. die damit verbundene Temperaturerhöhung
verursacht bei inkompressibler Flüssigkeit eine Reduzierung der Viskosität, die bei vor-
gegebener Last durch eine Erhöhung der Exzentrizität aufgefangen wird. Ohne Wärme-
abfuhr vergrößert sich die Exzentrizität immer mehr, bis metallischer Kontakt der La-
gerflächen eintritt und das Lager beschädigt wird. Dieser Vorgang kann nur durch
Wärmeabfuhr verhindert werden, etwa durch Wärmeabfuhr über die Lagerschale bzw.
den Zapfen. Bei hoher Gleitgeschwindigkeit 0, R reicht diese natürliche Wärmeabfuhr
oft nicht aus, Temperaturgleichgewicht zu erreichen, so daß externe Kühlung vorzu-
sehen ist. Während sich hierzu die Kühlung der Lagerschalen (durch Wasser) nicht
durchgesetzt hat, gilt die Wärmeabfuhr durch genügend hohen Öldurchsatz als siche-
rer Weg, Temperaturgleichgewicht zu erzielen. Wenn man unter diesen Umständen die
Wärmeabfuhr duch die Lagerschale und Zapfen ganz vernachlässigen kann, spricht man
von adiabaten Lagern. Da das Schmiermittel auch als Wärmeträger verwendet wird,
gehen neben der Viskosität noch die spezifische Wärme pro Volumen {! c als Material-
eigenschaft ein. Die Wärmeleitfähigkeit tritt hingegen nicht in Erscheinung, wenn die
Temperatur über den Spalt homogen angenommen wird (im Einklang mit dem Konzept
des adiabaten Lagers).
Die Temperaturabhängigkeit der Viskosität nach der Formel
Energie eingeht. Nach den bisherigen Ausführungen erwarten wir den Zusammenhang
zwischen insgesammt 10 Größen, von denen die Exzentrizität f und die Koordinaten
x / Rund y I R schon dimensionslos sind. Aus den 7 verbleibenden physikalischen Größen
ergeben sich im [LMTB]-System 3 dimensionslose Produkte. Davon ist Q/(R3 n) be-
reits bekannt und ß !::J.T ist unmittelbar zu erkennen, so daß Q und !::J.T aus der Liste
der physikalischen Größen entfallen können. Die verbleibenden 5 ergeben das dimensi-
onslose Produkt 0. ß TJEI (! c, in dem R nicht mehr auftaucht. (5.48) ist daher äquivalent
zur Beziehung
(5.49)
Q nßTJE )
ß !::J.Tmax = fn ( R3 n' ---;-;;-' f (5.50)
erhalten wird. Die Frage nach dem mittleren Druck p führt auf den Zusammenhang
der gleichwertig zu
p (Q nßTJE ) (5.52)
0. TJE = fn R3 n' ---;-;;-' f
ist. Für drucklose Zuführung ist Q/R3 n selbst eine von PI(nTJE) abhängige Größe
(Gleichung (5.36)) und (5.52) reduziert sich auf
(5.53)
Die Berücksichtigung der Ölerwärmung führt also den im Vergleich zu (5.11) neuen
Parameter 0. ß TJEI((! c) ein, der das Verhalten des adiabaten Lagers regelt.
Zur Ausdehnung der gewonnenen Beziehungen auf geometrisch nichtähnliche Lager be-
nutzen wir statt PI (0. TJE) die Sommerfeld-Zahl und bringen wie vorher in die Argument-
liste der dimensionslosen Produkte BI D, tP", dl D und <Pi ein. Erst eine inspektionelle
Analyse der Energiegleichung zeigt auf, daß tP auch hier nicht explizit erscheint, sondern
in der Kombination nßTJEI(c(!tP 2 ). Unter Benutzung der Gleichung (5.41) schreiben
124 5 Gleitlager
1d r---------------------------------------------,
8/D= 1.00
0.25 __ ~
0 .60
1.00
- --
0 .2 0 .4 0 .0 0 .8
rel. Exzentrizität l:
Abb. 5.9. Darstellung des Zusammenhangs (5.55) nach PINKUS und BUPARA (1979)
(5.54)
Für drucklose Zuführung (Pi = 0) entfallen auch die Produkte d/ D, 'Pi, und wir erhalten
flß"lE B )
ßtl,Tm4r = fn ( l, f!Ct/J2' D" . (5.55)
Dieser Zusammenhang ist in Abb. 5.9 für, = 7r dargestellt. Die Graphen beruhen auf
einer numerischen Rechnung mit Reynoldsscher Randbedingung. Die (5.53) entspre-
chende Beziehung lautet für diesen Fall
(5.56)
ld r--------------------------------------------,--,
laothe"!!e Rechn!!.n..a..
Adiabate Rechnung
o
CI)
:;:
~I
"0 100 0 .10
]!
Gi
E
E
o
(/)
020
o 0 .2 0 .4 0 .8 0 .8
rel. Exzentrizität e
Abb. 5.10. Darstellung des Zusammenhangs (5.56) nach MCCALLION et al. [1970]
Bei Verwendung von Gasen als Schmiermittel treten keine prinzipiellen Unterschiede zu
inkompressiblen Schmiermitteln in der Funktionsweise hydrodynamischer Schmierung
auf. Es ergeben sich aber Unterschiede, die zum einen darauf beruhen, daß die Vis-
kosität von Gasen mit wachsender Temperatur steigt, Lager also bei Erwärmung des
Schmiermittels tragfähiger werden, wobei auch die Erwärmung wegen der geringeren
Viskosität kleiner ist als bei tropfbaren Flüssigkeiten. Zum anderen tritt bei Gasen
keine Hohlraumbildung auf, freie Ränder und Gebiete mit Zweiphasenströmung fehlen,
die Reynoldssche Gleichung gilt im ganzen Spalt. Das vereinfacht die Formulierung der
Randbedingungen ganz entscheidend. Am Lagerrand ist der Druck vorzuschreiben und
bei Umschließungswinkel 'Y = 211" ist der Druck in Umfangsrichtung periodisch (Sommer-
feldsehe Randbedingung). Bei inkompressibler Schmierflüssigkeit beeinflußt der Außen-
druck die Tragfähigkeit nur über die Ausdehnung des Kavitationsgebietes, aber nicht
direkt, da sich bekanntlich nur Druckdifferenzen durch die Dynamik ergeben. Bei Ga-
sen hingegen tritt über die thermodynamische Zustandsgleichung p = p(u, T) z. B.
der Absolutdruck und daher auch der Umgebungsdruck direkt in das Problem ein und
natürlich auch in die Tragfähigkeit. Unter später zu besprechenden Umständen muß
126 5 Gleitlager
die Kompressibilität des Schmiermittels aber berücksichtigt werden. Die sich dann er-
gebenden Besonderheiten besprechen wir an Hand der Reynoldsschen Gleichung für
kompressible Strömung
Wir betrachten die Gleichung weiterhin als Differentialgleichung für den Druck und
erhalten die Dichte (! aus der thermodynamischen Zustandsgleichung
(5.58)
welche die Temperatur selbst dann ins Spiel bringt, wenn wir im folgenden die Tem-
peraturabhängigkeit der Viskosität vernachlässigen. Daher muß simultan zu (5.57) das
Temperaturfeld ermittelt werden, was die Lösung der Energiegleichung erfordert. Nur
im Fall barotroper Strömung, d. h. wenn (! nur eine Funktion von P ist,
(5.59)
läßt sich die Lösung der Energiegleichung umgehen. Offensichtlich ist (5.59) erfüllt für
isotherme und isentrope Zustandsänderung oder allgemeiner für die schon durch (4.115)
eingeführten polytropen Zustandsänderungen
l/n
:a = ~( )
, (5.60)
wobei n = 1 den isothermen und n = 1.4 den isentropen Fall für zweiatomige Gase er-
gibt. Der für tropfbare Flüssigkeiten geltende inkompressible Grenzfall wird für n -+ 00
zuruckgewonnen und für Gase durch die Forderung /j.p/ Pa '" n 'TI / Pa <t:: 1. Die isotherme
Zustandsänderung ist die praktisch bedeutsamste Änderung. Will man sich nicht fest-
legen, so ist n als Veränderliche zu zählen, neben dem bereits erkannten Außendruck
Pa. Da die relevante Gleichung (5.57) bekannt ist, beantworten wir die Fragen nach
dem mittleren Druck bzw. der Tragfähigkeit über eine inspektionelle Analyse. Wie
vorher führen wir mit h, Rund B dimensionslose Größen ein, die wir wieder mit h, x,
z bezeichnen und wählen als Bezugsdruck den gesuchten mittleren Druck p. Aus (5.57)
gewinnen wir unter Benutzung von (5.60) die Gleichung
5.2 Zapfenlager mit gasförmigem Schmiermittel 127
Neben dem Polytropenexponenten n treten die aus dem inkompressiblen Fall bekannten
Produkte So, BI D und f auf, letzteres ist im Spaltverlauf h enthalten. Unter Berück-
sichtigung des Außendruckes pa lautet die Beziehung (5.21) entsprechende Gleichung
für das Gaslager
.,p2-
So = '1~ = fn(f,BID,PlPa,n,,"() , (5.62)
in der jetzt aber die gesuchte Größe auf beiden Seiten auftaucht. Wir lösen daher
nach PIPa auf und bilden die Sommerfeld-Zahl nun mit Pa. Damit erscheint ein neues
dimensionsloses Produkt
0'1
A=6~, (5.63)
'f' Pa
in das wir den Faktor 6 eingeführt haben und das als Kompressionszahlbezeichnet wird:
p
- = fn(f,A,BID,n,,"(). (5.64)
Pa
Damit läßt sich der inkompressible Grenzfall für Gase, d. h. 0'1IPa <t: 1, der Forderung
A<t:1
zuordnen. Die Kompressionszahl läßt sich auch einer inspektionellen Analyse entneh-
men, wenn man Pa statt p als Bezugsgröße verwendet und so die Gleichung
~
8x
(h3~
8x
(p~)) + BR22 ~
8z
(h3~
8z
(p~)) = A(n +
n
1) ~
8x
(pl/nh) (5.65)
(5.66)
entnimmt und damit eine Druckverteilung erhält, die nur von der Spalthöhe abhängt:
(5.67)
6.1 Einführung
desselben Strömungsablaufes:
(6.1)
Statt der Mittelwertbildung nach (6.1) wird bei einer im Mittel stationären Strömung
das zeitliche Mittel verwendet:
Hf
u;{x) = T_oo
lim.!..
T
J u;{x, t)dt . (6.2)
t- f
Die zufällige Momentangeschwindigkeit u;{x, t) am Ort xist nicht wichtig für die Praxis,
da sie von sehr kleinen, nicht erfaßbaren Störungen der Anfangsbedingungen bei einer
Realisation des Strömungsablaufes abhängt. Es muß daher das Ziel sein, die mittleren
Größen zu berechnen.
Die Abweichung von einer mittleren Größe nennen wir Schwankung, die Abweichung der
Strömungsgeschwindigkeit U; von der mittleren Geschwindigkeit u; die Schwankungsge-
schwindigkeit u::
u:{x, t) = u;(x, t) - u;(x, t) . (6.3)
physikalischen Größen ist dem Problem angepaßt, liefert die Dimensionsanalyse exakte
Ergebnisse. Dies steht im Gegensatz zu den oft nur plausiblen Annahmen, die bei der
Formulierung von Turbulenzmodellen nötig sind.
Wir betrachten den einfachsten Fall einer inkompressiblen, ebenen, turbulenten Schich-
tenströmung längs einer glatten Wand mit der Geschwindigkeitskomponente u in x-
Richtung, die nur von der Koordinate y senkrecht zur Strömungsrichtung abhängt
(Abb. 6.1). Die anderen Komponenten der mittleren Geschwindigkeit verschwinden
nach Voraussetzung.
Der Druckgradient in x-Richtung sei Null, so daß als Folge der Bewegungsgleichungen
die Divergenz des Spannungstensors verschwindet. Die hier interessierende Schubspan-
nung T xy , die wir kurz mit T bezeichnen wollen, ist dann im ganzen Feld gleich der
Wandschubspannung T w , die allein aus den Reibungsspannungen resultiert, da auch bei
noch so kleiner Viskosität die Haftbedingung gilt, so daß die Reynoldsschen Spannungen
an der Wand verschwinden.
132 6 Turbulente Strömungen
u= u(y)
v=O
w=O
x
Abb. 6.1. Turbulente Scherströmung an einer glatten Wand
Wir fragen nach der Verteilung der mittleren Geschwindigkeit ü(y) und erwarten nach
den obigen Ausführungen einen Zusammenhang
ü = fn(y,r..,,'1,lI) , (6.5)
den wir mit bekannten Methoden auf einen dimensionslosen Zusammenhang zwischen
den dimensionslosen Produkten
Ü
11 1 = --- (6.6)
y'r..,1 1I
und
112 = y~, (6.7)
/I
also auf
~ = fn
y'r..,/ f!
(y ,;:;:::;rü)
/I
(6.8)
mit /I = '11 1I zurückführen. Der Wurzelausdruck in (6.8) mit der Dimension einer
Geschwindigkeit ist als Schubspannungsgeschwindigkeit bekannt:
~
u·=yu · (6.9)
Sie ist die charakteristische Geschwindigkeit der Wandturbulenz und ein Maß für die
Schwankungsgeschwindigkeiten, z. B. u'. Mit der Definition (6.9) schreiben wir für (6.8)
dann kürzer
ü
u.
=f (yu.) .
/I
(6.10)
6.2 Turbulente Schersträmung in Wand nähe 133
Wir fragen auch nach dem Verlauf der Reynoldsschen Spannungen, die bei der vorausge-
setzten Schichtenströmung ebenfalls nur von y abhängen: Sie steigen mit wachsendem
Abstand von der Wand rasch an, während die viskosen Spannungen stark abfallen, so
daß die Schubspannung schließlich alleine durch die Reynoldsschen Spannungen aufge-
bracht wird.
Da hier nur T"'II eine Rolle spielt, ist von den sechs unabhängigen Komponenten des
symmetrischen Tensors der Reynoldsschen Spannungen nur die Komponente -eu~u~ =
-eu'v' von Interesse. Führt man diese statt ü(y) in (6.5) ein, so erhält man statt des
dimensionslosen Produktes ü/u. den Ausdruck u'v' /u~ und daher für die Verteilung der
Reynoldsschen Spannungen die Gleichung
Die Beziehungen (6.10) und (6.11) stellen den Inhalt des Prandtlschen Wandgesetzes
dar, eines der wichtigsten Ergebnisse der Turbulenztheorie.
Wie bereits besprochen, treten in unmittelbarer Wandnähe die Reynoldsschen Span-
nungen gegenüber den viskosen Spannungen zurück. Die Dicke 8" dieser als viskose
Unterschicht bezeichneten Schicht gewinnen wir wieder aus einer Dimensionsbetrach-
tung: Die Überlegungen, die zu (6.10) führten, ergeben jetzt den Zusammenhang
(6.12)
oder
u.
8" -
/I
= const = ß , (6.13)
dü
Tw = 7dy
]- (6.14)
wobei f' die Ableitung der Funktion f nach ihrem Argument y. = y u./ /I bedeutet. Aus
(6.15) folgt eine in y lineare Geschwindigkeitsverteilung in der viskosen Unterschicht
ü y u.
u.
= /I
(6.16)
134 6 Turbulente Strömungen
-u'v'
u:
0.6 ~--~~-1---------+---------r--------~--------;
o~--~L-~~====~=====±====~
o 20 80 100 40 60
yu./v
Abb. 6.2. Verteilung der turbulenten und viskosen Spannungen in Wandnähe nach ROTTA [1972)
Wir betrachten nun die universelle Funktion in einem Bereich, in dem die turbulenten
Spannungen sehr viel größer als die viskosen Spannungen sind, so daß die Viskosität
11 nicht in die Impulsübertragung eingehen darf. Bevor wir auf dimensionsanalyti-
schem Weg untersuchen, wie der Zusammenhang zwischen Geschwindigkeitsprofil und
der nur durch turbulente Schwankungsgesc)lwindigkeiten hervorgerufenen Schubspan-
nung (r = r",) ist, bedenken wir, daß der Impulsaustausch eine Folge der Geschwindig-
keitsänderung öü/öy ist, folglich die Geschwindigkeit ü selbst keine Rolle spielen kann;
die Überlagerung eines konstanten Wertes zu ü würde den Impulsfluß nicht ändern.
Die (6.5) entsprechende Beziehung lautet jetzt
(6.17)
y dü 1
- -- = const = - (6.18)
u. dy K,
1
-u.ü = -lny+C.
K,
(6.19)
dü = u! t(Yu.) (6.20)
dy v v
6.2 Turbulente Scherströmung in Wandnähe 135
und nun fordern, daß die Viskosität aus dem Zusammenhang verschwindet. Dann muß
f' die Form
f = const--
, /I
(6.21 )
yu.
annehmen, und wir werden auf diesem Weg wieder auf (6.18) geführt.
Wir bemerken, daß (6.19) nur dimensionshomogen ist, wenn über die Konstante ein
geeigneter Weise verfügt wird. Zu ihrer Berechnung kann nicht die Haftbedingung an
y = 0 herangezogen werden, da (6.19) nicht in der viskosen Unterschicht gilt, was schon
dadurch zum Ausdruck kommt, daß ü gegen minus Unendlich strebt, wenn y gegen
Null geht. Die Konstante dient vielmehr dazu, die Geschwindigkeit (6.19) an die Ge-
schwindigkeit der viskosen Unterschicht anzupassen und wird daher von der Viskosität
abhängen. Wir setzen
1 (u.)
C = B + ~ln -;; (6.22)
1 (u.)
-u.Ü = -ln y - +B. (6.23)
/I /'i,
Die absolute Konstante B muß wieder aus dem Experiment bestimmt werden. Sie
könnte natürlich theoretisch ermittelt werden, wenn das logarithmische Wandgesetz bis
zu einem bestimmten Wandabstand Gültigkeit besäße und dort die Geschwindigkeit
bekannt wäre. Der Übergang von der viskosen Unterschicht, wo die Reynoldsschen
Spannungen verschwinden, bis zum Gültigkeitsbereich des logarithmischen Gesetzes,
wo die viskosen Spannungen vernachlässigbar sind, findet aber fließend statt. Nimmt
man trotzdem feste Grenzen an, so läßt sich die Konstante bestimmen, und man zeigt
leicht, daß sie den Wert
1
B = --lnß+ß /'i,
(6.24)
annimmt, wenn man B so ermittelt, daß die Geschwindigkeit in (6.23) gleich der Ge-
schwindigkeit am Rand der viskosen Unterschicht (y u./ /I = ß) ist.
Die Konstanten /'i, (/(armansche Konstante), ß und B sind ableitungsgemäß von der
Reynolds-Zahl unabhängig. Im Bereich
u.
30< y - < 1000 (6.25)
/I
legen Meßergebnisse die Werte /'i, ~ 0.4 und B ~ 5 nahe. Der lineare Bereich dehnt sich
136 6 Turbulente Strömungen
30
I ,;~
I
26
V
20
V
•
.....
;)
Viskose
Unterschicht / /'
/; ~/
16 ....::; logarithmischer Bereich
I ::J
11
10 Übergangsbereich
i;'~ /
V
6 V
V
V V
lct
yu./v
Abb. 6.3. Universelle Geschwindigkeitsverteilung im logarithmischen Maßstab
von der Wand bis zu y u./ v = 5 aus. Der Bereich dazwischen, also
u.
5< y - < 30, (6.26)
v
wird als Übergangsbereich bezeichnet. In der Literatur finden sich eine Reihe von analy-
tischen Ausdrücken für die Geschwindigkeitsverteilung ü/u. = f(y u./ v) , die als Inter-
polationsformeln einen glatten Übergang von dem linearen Bereich in den logarithmi-
schen Bereich verschaffen. Wir geben diese Formeln nicht an, weil es uns eher auf den
physikalischen Unterschied zwischen der voll turbulenten Schicht (y u./ v > 30) und der
viskosen Unterschicht (y u./ v < 5) ankommt. Im Übergangsbereich nimmt die viskose
Spannung ab und die turbulente Spannung zu.
Es ist bemerkenswert, daß man aus einer völlig anderen Dimensionsbetrachtung, wie der
oben diskutierten, ebenfalls auf das logarithmische Wandgesetz geführt wird: Man geht
davon aus (VON KARMAN [1930]), daß die turbulente Schubspannung an der Stelle
y nur von der Änderung des Geschwindigkeitsfeldes an dieser Stelle, d. h. von den
Ableitungen dnü/ dyn (n = 1,2,3, .. . ) abhängt, der Zusammenhang also von der Form
(6.27)
6.2 Turbulente Scherströmung in Wandnähe 137
ist. Beschränkt man sich auf n = 1,2, so tritt das dimensionslose Produkt
(6.29)
Aus (6.29) entsteht mit T = uu~ die folgende Differentialgleichung für die mittlere
Geschwindigkeit
dü+ -K (dü)2
-
2
- =0, (6.30)
dy2 u. dy
die als Lösung wieder das logarithmische Wandgesetz (6.19) hat.
Die Erweiterung der bisherigen Ergebnisse auf Strömungen mit beliebigem Druckverlauf
führt den Druckgradienten ein, den wir in inkompressibler Strömung in der Form des
kinematischen Druckgradienten
I op
(6.31)
ox
- - =0'
U
als zusätzliche Veränderliche im Problem (6.5) zu berücksichtigen haben, und der Anlaß
zu dem zusätzlichen dimensionslosen Produkt
II 3_ u.2
-- (6.32)
yO'
gibt. Nur wenn der Druckgradient konstant ist, wie in langen Kanälen oder Rohren
konstanten Querschnittes, ist er über u. schon festgelegt, sonst mag er mit x (langsam)
veränderlich sein, wie bei Kanälen veränderlichen Querschnittes oder wie bei Grenz-
schichten, wo der Druckverlauf in der äußeren Strömung i. allg. beliebig sein kann.
Statt (6.10) haben wir dann den Zusammenhang
ü
u.
= J(Y
v
u., u~) ,
Y 0'
(6.33)
(6.34)
138 6 Turbulente Strömungen
50 r------,r------,r-------r-------,-------,------,
• iJp/ OX = 0: Re = 7.98*10"
+ Op/OX> 0 : Re = 2.66*10" o~
40 r--+-------+------~
x iJp/iJx> 0 : Ra = 1.48*10" 0
.
o iJp/iJx> 0 : Re = 3 .26*10"
:;,
6 ofj/iJx< 0 : Re = 2.86*10'
....... 30 r--+----~~------~
I :;, log. Wandgesetz
20 r-----~r-----~r-----~br~~~+-------+-----~
1 1.6 2 2.6 3 3 .6 4
Ig yu./v
Abb. 6.4. Experimente nach LUDWIEG und TILLMANN [1949) mit logarithmischem Wandgesetz (,. =
=
0.4, B 5)
wieder auf das Prandtlsche Gesetz reduziert. Das logarithmische Wandgesetz behä.lt
daher weiterhin seine Gültigkeit für den Bereich
(6.35)
Die durch (6.35) gegebene Ungleichung wird für moderate Druckgradienten erfüllt, egal
ob 0' < 0, d. h. beschleunigte Strömung, oder 0' > 0, d. h. verzögerte Strömung,
vorliegt. Das logarithmische Wandgesetz stellt damit ein universelles Gesetz dar, das
vom Druckgradienten unabhä.ngig ist. Der universelle Charakter des logarithmischen
Wandgesetzes wurde zuerst von LUDWIEG und TILLMANN [19491 experimentell festge-
stellt und ist durch zahlreiche Versuche immer wieder bestätigt worden. Erst wenn die
y-Abstände, die zur Erfüllung der Bedingung (6.34) nötig sind, in die Größenordnung
der Dicke der viskosen Unterschicht 8" kommen, existiert der logarithmische Bereich
nicht mehr. Offensichtlich ist diese Bedingung erfüllt, wenn nach (6.26)
30/1 u~
y~-~- (6.36)
u. 10'1
6.2 Turbulente Scherströmung in Wandllähe 139
ist oder
(6.37)
Das hier auftretende dimensionslose Produkt wird auch erhalten, wenn wir die Argu-
mente in (6.33), dimensionsanalytisch äquivalent, durch y u./v und u~/(va) ersetzen
und damit die Form
U =f(Yu., u~) (6.38)
u. v va
gewinnen, in der Y nur in einem dimensionslosen Produkt auftritt. Für (6.38) läßt sich
eine explizite Darstellung angeben (TOWNSEND [1961], MELLOR und GIBSON [1966]),
auf die wir nicht eingehen, der aber unter anderem die Annahme zugrunde liegt, daß
die Schubspannung, die ja strenggenommen nur im Fall eines versch.windenden Druck-
gradienten wirklich konstant ist, linear vom Abstand abhängt. Auf eine lineare Schub-
spannungsverteilung wird man geführt, wenn Trägheitskräfte der mittleren Strömung
keine Rolle spielen, was man am leichtesten für den Fall der Kanalströmung einsieht,
wo bekanntlich als Folge des Imptllssatzes, also unabhängig von der Strömungsform,
die Spannung linear verteilt ist:
T=Tw+(!CiY· (6.39)
Für a < 0, also für beschleunigte Strömung, ist die Form (6.38) selbst bei kleinen
Werten von u~/(vlal) nicht nötig, denn bei Werten, die (6.37) entsprechen, tritt bereits
Relaminierung der turbulenten Grenzschicht ein, so daß man in der Praxis immer einen
logarithmischen Anteil in der Geschwindigkeitsverteilung feststellt, der dann auch den
Bereich der Scherschicht abdeckt, der noch nicht durch die äußere Begrenzung, etwa
die Grenzschichtdicke 0, beeinflußt ist. Bei positivem Druckgradienten, wenn also die
Strömung einem starken Druckanstieg ausgesetzt ist, ist zwar auch ein logarithmischer
Anteil vorhanden, dort nämlich, wo die Änderung der Schubspannung noch unbemerkt
bleibt, aber der größte Teil der Scherschicht wird durch den Druckgradienten geprägt.
(6.40)
wobei wir aber weiterhin annehmen, daß die Scherschicht noch nicht von dem äußeren
140 6 Turbulente Strömungen
(6.41 )
betrachten, in dem 8 verallgemeinernd für die Grenzschichtdicke oder etwa die halbe
Kanalhöhe steht. In diesem Bereich kann die Wandschubspannung Tw bzw. u. und
a fortiori die Viskosität keine Rolle spielen. Daher muß (6.33) die Form annehmen
(KADER und YAGLOM [1978]):
-ü = const -yo
2
oder ü = [( y'QY + [(1 . (6.42)
u~ u~
Die Konstante [(1 hat die Bedeutung einer Translationsgeschwindigkeit, von der die Dy-
namik der Scherschicht ja nicht abhängen darf. Diese Konstante stellt die Geschwindig-
keit an der Wand dar, die man erhielte, wenn man Gleichung (6.42) für y = 0 anwendet,
wo sie nicht mehr gilt. Diese Gleitgeschwindigkeit wäre als Integrationskonstante aufge-
taucht, wenn man analog zu (6.17) von einer dimensIonsanalytisch zu fordernden Form
(PERRY et al. [1966])
dü
dy = fn(o, (!, y) (6.43)
ausgegangen wäre.
Die Viskosität spielt vorausetzungsgemäß keine direkte Rolle in (6.43) oder (6.42),
aber eine indirekte über die Integrationskonstante /(1. Da das Wurzelgesetz nämlich
für kleine Werte von yo/u~ in das Gesetz (6.38) übergehen muß, erwarten wir eine
Abhängigkeit der Konstanten [(1 von dem dimensionslosen Produkt U~/(Oll) und da-
mit von der Viskosität. Experimente legen im Bereich (6.41) die Werte (PERRY et al.
[1966])
[(::::::4.16 (6.44)
und
/(1 __ .!. In (tt:C) , C:::::: 1.46 (6.45)
u. K. Oll
nahe. Abbildung 6.5 zeigt die Verteilung u/u. - Kl/u. für das logarithmische Wandge-
setz zusammen mit experimentellen Werten. Einen Anhaltspunkt für die auftretenden
Konstanten gewinnt man aber schon aus der Forderung, daß das Wurzelgesetz und das
logarithmische Wandgesetz dieselbe Geschwindigkeit ü und dieselbe mittlere Rotation
(d. h. dü/dy) an der Stelle y = u~/o liefern, wo beide streng genommen ja nicht mehr
6.2 Turbulente Scherströmung in Wandniihe 141
30
Wurzelgesetz
Y!1!.'!.dJl.e_s.!'!1:.. _____
~0.ß~
•
· [I X
0
>
20
x Schubauer &. Klebanoff 0
V
.
:::.
• Perry, Bell &. Joubert
o Perry. Bell &. Joubert ~
J1
~ ---- ----
':..
:..: ~~ ---
. 10
~ ----
:::.
...... ~
I :::.
~
0 ~
>sI(
Jf'
,,
I
I
I
I
-10
o 0 .5 1.6 2 2 .5 3 3.6 4 4 .6 5
(0: y) 1/2 I u.
die Konstante K zu
(6.47)
zu
K = .!. In (Cu~) ,
1
(6.49)
u. K,av
Mit ]( = 4.16 erhält man y ~ 1.4 u~/o, einen Wert, den man auch der Abb. 6.5
entnimmt. Offensichtlich kommt das Wurzelgesetz schon für Werte yo/u~ wenig größer
als 1 zum Tragen. KADER und YAGLOM [1978] berechnen aus experimentellen Daten
]( zu v'2O = 4.47 im Bereich y ~ 6 und erhalten damit y ~ 1.2 u!/o und für die
Konstante ein (6.49) den Wert C = 1.2.
Auf der Basis von (6.50) läßt sich das Kriterium (6.36) für die Existenz des logarithmi-
schen Wandgesetzes nun etwas schärfer fassen. Solange die Ungleichung
du = u: = f{ (oy)I/2 ~ (6.52)
dy 11 2 y
oder
(6.53)
1/2 '-'
u.y _ J' oy 1\1
- - \ (2) + - ' (6.54)
1I u... u.
(6.55)
4 u~
gegeben, wenn u~/ Oll < 20. Der gesamte interessierende Bereich wird nach KA,DER
und YAGLOM [1978] durch den Ausdruck
](1 = ~ In r _ ~ _ ~ (6.56)
u. K r 1/ 2 r
mit
r -_ Cu~ , C =
4
2 '-'2 (6.57)
Oll K 1\
6.3 Strömung durch glatte Rohre und Kanäle 143
beschrieben, der für r «: 1 in das Ergebnis (6.55) übergeht. Von diesen Autoren ist
auch ein verallgemeinertes Wurzelgesetz vorgeschlagen worden. Gleichung (6.42) gilt
ja nur, wenn die Dicke u;/Q deutlich von der Grenzschichtdicke {) zu unterscheiden ist,
m. a. W. im Grenzfall Q{)/u; -+ 00. In der Tat zeigen die Messungen dann, daß J( gegen
einen konstanten Wert strebt, der weiter oben mit J( = 4.47 bzw. J( = 4.16 angegeben
wurde. Aber schon bei Werten Q{)/u; < 10 zeigen sich deutliche Abweichungen. Dann
muß in (6.42) noch eine Abhängigkeit von Q{)/u; zugelassen werden. Schreibt man
(6.42) nun in der Form
(6.58)
besitzt. Die Gültigkeit von (6.56) bleibt erhalten, wenn die Konstante C in (6.57) mit
(6.59) ausgewertet wird. Mit (6.58) liegt im Sonderfall des starken positiven Druck-
gradienten der Geschwindigkeitsverlauf im y-Bereich vor, der nach unten durch (6.50)
bzw. (6.53) begrenzt ist und nach oben durch die Forderung y «: {).
Nach den bisherigen Ausführungen wird das Wandgesetz, und speziell das logarithmi-
sche Wandgesetz, bei praktisch allen turbulenten Strömungen in der Nähe einer festen
Wand angetroffen. Das Gesetz gilt aber ableitungsgemäß nur für y-Abstände, die sehr
viel kleiner sind als die Entfernung zur äußeren Begrenzung der turbulenten Scher-
strömung, die also sehr viel kleiner sind als die Grenzschichtdicke oder als der Abstand
zur gegenüberliegenden Wand. Für größere Abstände macht sich dann der Einfluß des
Randes bemerkbar, d. h. in den Zusammenhang (6.5) tritt eine typische Länge für
die Querabmessung der gesamten Scherschicht ein, für die wir stellvertretend für alle
Fälle die Grenzschichtdicke wählen. Diese gibt zunächst Anlaß zu dem dimensionslosen
Produkt
11 4_- u.{)
. (6.60)
/I
144 6 Turbulente Strömungen
Für die jetzt interessierenden Wandabstände gilt die Ungleichung (6.34) nicht mehr, so
daß auch das dimensionslose Produkt Ih berücksichtigt werden muß. Wir haben dann
für die mittlere Geschwindigkeit statt (6.33) den Zusammenhang
ü =f(Yu.,y~,u.S) (6.61)
u. v u. v
bzw.
Ü =f(YU. , SOl2' u.S) , (6.62)
U. v U. v
wenn Y nur in einem der dimensionslosen Argumente auftreten soll. Wir besprechen
zunächst die vollausgebildeten Kanal- bzw. Rohrströmungen mit konstantem Quer-
schnitt, weil hier der Rand der Scherzone festliegt und gleich der halben Kanalhöhe h
bzw. dem Rohrradius R ist. Die Berandung der turbulenten Grenzschicht verändert
sich i. allg. nicht nur mit x, sondern ist geometrisch ein sehr kompliziertes Gebilde. Bei
den ausgebildeten Rohr- bzw. Kanalströmungen ist als Folge des Impulssatzes durch
den kinematischen Druckgradienten Ol auch schon die Schubspannung an der Wand Tw
Also taucht Ol hier nicht als unabhängige physikalische Größe auf, und daher entfällt
das entsprechende dimensionslose Produkt. Gleichung (6.63) gilt auch für Kanäle, wenn
statt R der hydraulische Radius, hier Rh = 2h, eingesetzt wird. Der Zusammenhang
(6.62) nimmt dann, ohne Einschränkung der Allgemeinheit, die einfache Form
u =f(yu.,1t.R) (6.64)
u. v v
an, indem, wie vorher, S = R gesetzt ist und Y = R - r den Abstand von der Rohrwand
bedeutet, wenn r der Abstand von der Achse ist. Die turbulenten Strömungen sind
grundsätzlich Strömungen mit sehr großen Reynolds-Zahlen, und der Grenzübergang
Ru.lv - t 00 ist besonders aufschlußreich. Dieser Grenzübergang liefert aber aus (6.64)
wieder das Wandgesetz, denn er entspricht dem Grenzübergang Rly - t 00. Man kann
natürlich den obigen Grenzübergang auch durch v -t 0 erzeugen, aber dann verschwin-
det in (6.64) auch noch die Abhängigkeit von y. Zwar ist vom Standpunkt der Dimen-
sionsanalyse jedes Fundamentalsystem von dimensionslosen Produkten gleichwertig,
aber zusätzliche Überlegungen, insbesondere asyrnptotische Betrachtungen, verlangen
unter Umständen einen ganz speziellen Satz, wie ja schon im Zusammenhang mit dem
6.3 Strömung durch glatte Rohre und Kanäle 145
Modellwesen (Kapitel 4) einsichtig wurde. In der Tat, die Freiheit, einen dem besonde-
ren Aspekt angepaßten Satz zu wählen, ist als entscheidender Vorteil zu werten, worauf
wir schon hingewiesen haben. (Bei den asymptotischen Betrachtungen hier und auch
schon vorher, setzen wir voraus, daß endliche, i. allg. von Null verschiedene, Grenzwerte
der betreffenden Funktionen existieren. Bei dieser Annahme ist natürlich Vorsicht ge-
boten. So haben z. B. spezielle Formen des Wandgesetzes, etwa das logarithmische
Wandgesetz, keinen endlichen Grenzwert wenn yu./v 0 geht. Das logarithmische
-+
Wandgesetz gilt aber auch nicht in diesem Grenzübergang. Als ein nicht triviales
Gegenbeispiel kann die Lösung um Keile (Abschnitt 7.1.2) angesehen werden.) Den
Zusammenhang (6.64) bringen wir daher in die dimensionsanalytisch äquivalente Form
Ü
u.
= F(RU.,
v
JL)
R
(6.65)
Die allgemein gültigen Gleichungen (6.64) und (6.65) drücken denselben Sachverhalt
aus und sind daher prinzipiell zur Beschreibung der mittleren Geschwindigkeit geeig-
net. Im Grenzübergang Re -+ 00 entsteht aus (6.64) das Wandgesetz, das nur für
y-Abstände gelten kann, die klein im Vergleich zu R sind, schon deswegen, weil mit der
Reynolds-Zahl auch R aus dem Zusammenhang verschwindet. Allerdings ist die Größe
der Geschwindigkeit durch (6.64) noch nicht festgelegt, da, wie mehrfach betont, eine
zusätzliche Translationsgeschwindigkeit dynamisch nicht wirksam ist. Im logarithmi-
schen Wandgesetz, auf das wir an dieser Stelle ausdrücklich nicht zurückgreifen wollen,
ist die Größe der Geschwindigkeit durch die Konstante Bin (6.23) festgelegt, d. h. die
Anpassung an die viskose Unterschicht. Wie wir sehen werden, ist auch (6.65) nur bis
auf eine konstante Translationsgeschwindigkeit bestimmt. Bis auf diesen Anteil ver-
schwindet in (6.65) die Abhängigkeit von v im Grenzübergang großer Reynolds-Zahlen,
wobei (6.65) dann nicht für y-Bereiche anwendbar ist, für die yI R0 strebt, weil
-+
in diesem Fall y ja aus der Beziehung verschwände. Beide Beziehungen müssen in ei-
nem Überlappungsbereich gelten, der durch y tL.I v ~ 1 und y / R ~ 1 gekennzeichnet
ist. Wegen des noch unbestimmten Translationsanteils stellen wir diese Forderung der
gleichzeitigen Gültigkeit im Überlappungsbereich an die Rotation und gewinnen die
Gleichung
dü u. dF u~ clf
(6.67)
dy R d7] v dy, '
146 6 Turbulente Strömungen
wo jetzt y. = y u./ v und TJ = y/ R ist und wir Verwechselungen mit der Viskosität 'TJ
ausschließen. Aus (6.67) entsteht durch Multiplikation mit y /u. zunächst
dF df
'TJ cl;;- = y. dy. ' (6.68)
und, da 'TJ und y. unabhängig sind (Änderungen von RIassen y. unbeeinflußt), müssen
beide Seiten gleich einer Konstanten sein. Daraus folgt für f(y.) nicht nur wieder, und
aus ganz anderer Schlußweise als in Abschnitt 6.2.1, das logarithmische Wandgesetz,
sondern auch ein logarithmisches Gesetz für F(y / R) im Überlappungsgebiet. Aus
df
y.- = const (6.69)
dy.
entsteht nämlich
U 1
-u. = -lny.
K
+ B, (6.70)
wobei wir die Separationskonstante als die reziproke Karmansehe Konstante identifizie-
ren. Aus
dF _I
'TJ- = K, (6.71 )
d'TJ
-u-_- 1n
u.
I -Y+ C - -
K, R
(R u.)
v
(6.72)
Mit der (nicht genau zutreffenden) Annahme, daß (6.72) auch noch bis y =R gilt,
ist die Integrationskonstante schon als die Geschwindigkeit in Rohrmitte erkannt (siehe
(6.66)). Im Gegensatz zur Rotation hängt der absolute Wert der Geschwindigkeit daher
von der Reynoldsschen Zahl ab. Aus (6.72) folgt schließlich die spezielle Form
Die noch unbekannte Funktion C(Ru.//I) bestimmen wir aus der Addition der Glei-
chungen (6.70) und (6.73) und gewinnen die Beziehung
C(RU.)
/I
= u
u.
max = .!..ln(RU.)
K, /I
+ B. (6.75)
Für gegebene Mittengeschwindigkeit umax einer Flüssigkeit (/I) durch ein Rohr des Ra-
dius Rist (6.75) eine implizite Gleichung für U. bzw. die Wandschubspannung, also
wegen (6.63) eine Gleichung für den Druckabfall (-opfox). Daher ist (6.75) ein Wider-
standsgesetz , also eine Beziehung zwischen der maximalen Geschwindigkeit oder dem
Volumenstrom bzw. der über den Querschnitt gemittelten Geschwindigkeit [; und dem
Druckabfall. Meistens wird als Bezugsgeschwindigkeit die nach
J
R
[; 1 Ru.
-u. = -ln - K, /I
+B - 3.75 (6.78)
(6.79)
deren linke Seite den dimensionslosen Druckabfall darstellt, der als Widerstandszahl A
bekannt ist. Der Ausdruck nach dem letzten Gleichheitszeichen entsteht, da der Druck-
abfall (-opfox) konstant und P2 der Druck an einer beliebigen Stelle ist, die um die
148 6 Turbulente Strömungen
Strecke I stromabwärts von jener entfernt liegt, an der der Druck PI herrscht. Mit der
Widerstandszahl A schreiben wir das Widerstandsgesetz in der von Prandtl angegebe-
nen Form
1
VX = 2.03Ig(ReVX) - 0.8, (6.81)
in der die Konstante 0.8 Experimenten angepaßt wurde und sich von der rein rechnerisch
aus K = 0.4 und B = 5 ergebenden Konstanten geringfügig unterscheidet.
Wir betrachten die Grenzschicht an einer ebenen Platte. Die Geschwindigkeit U außer-
halb der turbulenten Scherschicht sei konstant und werde an der Stelle y = O'(x) er-
reicht. Am Plattenbeginn bildet sich zunächst eine laminare Grenzschicht aus, die an
einer Stelle Xu schließlich voll turbulent wird. Wenn wir die turbulente Grenzschicht
von dieser Stelle aus nach vorn extrapolieren, erhalten wir einen fiktiven oder virtuellen
Anfangspunkt, von dem aus wir die Lauflänge x zählen wollen. Dieser virtuelle An-
fangspunkt liegt hinter dem Plattenanfang, für große Lauflängen aber kann man den
Unterschied zwischen Plattenanfang und virtuellem Anfangspunkt ignorieren.
Der Druck in der Außenströmung ist konstant und gleich dem Wanddruck. Daher
entfällt auch hier das dimensionslose Produkt 8 Ci/U~ in (6.62), und wir haben
(6.83)
Je nach Reynolds-Zahl nimmt das Wandgesetz insgesamt nur etwa 10 - 20% der Grenz-
schichtdicke ein. Für den restlichen Teil der Scherschicht benutzen wir, aus denselben
Gründen wie bei der Rohrströmung, (6.82) in der zu (6.65) analogen Form
(6.84)
6.4 Turbulente Grenzschicht 149
U = C(u.Ö) , (6.85)
u. v
(6.87)
geschrieben werden kann. Gleichung (6.88) entspricht dem Mittengesetz (6.74) der
Rohrströmung. Allerdings ist bei der Plattenströmung u./U keine absolute Konstante
wie bei der Rohrströmung (bei gebebenem U), sondern von x abhängig, weil sich die
Schubspannung T w mit der Lauflänge ändert, so daß zunächst kein Anlaß besteht, dieses
dimensionslose Produkt aus (6.88) zu entfernen. Dieses wird aber durch Experimente
nahegelegt, die keinen Einfluß von u./U erkennen lassen. In diesem Zusammenhang
weisen wir darauf hin, daß u./U in (6.86) bzw. u.Ö/v in (6.84) ein wesentlicher Parame-
ter ist, von dem die Verteilung ü/u. ebenso abhängt wie in (6.65) ü/u. von Ru./v. Im
Außengesetz (6.88) aber sind die Einflüsse gering und Abweichungen von der einfachen
Form
U- ft _ U- ü (Y) (6.89)
---;:- - ---;:- 8
sind experimentell nicht erkennbar. Daher nimmt das Außengesetz für die Grenzschicht
an der ebenen Platte dieselbe Gestalt an wie das Mittengesetz der Rohrströmung. Auch
hier erwarten wir einen Übergangsbereich v/u. <t:: y <t:: Ö, in dem das Außengesetz und
das logarithmische Wandgesetz gleichzeitig gelten. In diesem Bereich ergibt sich, genau
wie vorher, ein logarithmisches Gesetz
ü 1 y
- =- In - + const . (6.90)
u. K, Ö
Man kann nicht erwarten, daß (6.90) bis y = Ö gilt, und so läßt sich die Konstante
nicht aus der Randbedingung ü( ö) = U ermitteln. Bei der Rohrströmung gilt das
150 6 Turbulente Strömungen
14
:I
.
......
12
10
I' ;
1:1
·• 8
:I
. 6
......
I::>
4
Abb. 6.6. Logarithmisches Außen- und Mittengesetz nach SCHUBAUER und TCHEN [1961]
logarithmische Mittengesetz fast bis r = R, und daher haben wir in (6.72) die In-
tegrationskonstante auf diese Weise bestimmt. Die Konstante muß letztlich aus dem
Experiment ermittelt werden. Im folgenden bezeichnen wir daher die auftretenden
Konstanten allgemein mit "const", wenn sie auch in verschiedenen Gleichungen ver-
schiedene Werte annehmen. Wie die in Abb. 6.6 dargestellten Experimente zeigen, gilt
das logarithmische Außengesetz
U - fi. 1 y
- - = --ln- + const (6.91)
U. I\, ii
nur bis zu relativ kleinen Werten von y/ii, während das Mittengesetz, hier dargestellt
für die Kanalströmung (ii = h), für den großen Teil des Kanals gültig ist. Abweichungen
gibt es bei y = ii, und deswegen ist die aus (6.71) entstehende Integrationskonstante
auch nicht gen au die Mittengeschwindigkeit, sondern weicht geringfügig (O.65u.) von
ihr ab. Bei der Grenzschicht sind die Abweichungen (2 .35u.) aber schon bedeutend.
Wir stellen die Erläuterung des unterschiedlichen Verhaltens noch zurück.
6.4 Turbulente Grenzschicht 151
Aus der gleichzeitigen Gültigkeit von (6.91) und (6.70) im Überlappungsbereich ergibt
sich aus der Addition bei der Gleichungen auch hier ein Widerstandsgesetz
U 1 u.6
-u. = -ln
r;,
-
v
+ const . (6.92)
Wenn die Konstante in (6.91) const = 2.35 nach Abb. 6.6 gewählt wird, so ist die Kon-
stante in (6.92) const = B + 2.35. Mit der Definition des örtlichen Reibungsbeiwertes
(6.93)
~
1
c'
= 1In In -
r;,v2
(U6P;) +
v
cf const , (6.94)
f
d5
-d = J(x, u., U) (6.95)
x
(6.97)
und wenn sich u., wie bei gleitendem Gleichgewicht vorausgesetzt, nur schwach mit x
ändert, auch
u.
6(x) =bU x . (6.98)
152 6 Turbulente Strömungen
(6.100)
00
01 =
J
0
(1- ~) dy (6.101)
02 =
J~
0
(I - ~) dy (6.102)
ein, die beide, im Gegensatz zur Grenzschichtdicke 0, eindeutig definiert sind und aus
diesem Grund bevorzugt werden, wenngleich sie keine unmittelbare Anschaulichkeit
besitzen.
Wir schreiben (6.101) auch in der Form
00
(6.103)
o
6.4 Turbulente Grenzschicht 153
die es nahelegt, statt 0 die Länge 01 U/tl. zu verwenden. Mit dieser Wahl entsteht aus
(6.103) unmittelbar die Normierung
00
(6.104)
o
(6.105)
erhält den Wert 1. Des weiteren gewinnen wir mit dieser Wahl das Widerstandsgesetz
(6.92) in der Darstellung
U 1 0IU
-u. = - l n/I- +3.7
K,
(6.106)
wobei die Konstante schon durch ihren experimentell ermittelten Zahlenwert ersetzt
wurde. Wir benutzen diese Gleichung, um eine genauere Berechnung des Reibungsbei-
wertes zu skizzieren (ROTTA [1972]): Aus (6.102) berechnet man den Zusammenhang
(6.107)
wobei das Integral, das wir mit I bezeichnen, mit dem logarithmischen Außengesetz
berechnet wird. Es hat etwa den Wert I : : : : 6.25. Damit läßt sich die Grenzschichtdicke
02 unter Verwendung von (6.106) als Funktion von u./U darstellen. Wegen dU/dx =0
vereinfacht sich die Impulsgleichung zu
(6.108)
beziehungsweise
(6.109)
o
x = x(cj) (6.110)
154 6 Turbulente Strömungen
Wir kehren nun zur Erläuterung des Unterschiedes zwischen dem logarithmischen Teil
des Mittengesetzes und des Außengesetzes zurück. Das Turbulenzfeld ist in beiden
Fällen grundsätzlich verschieden. Während bei der Rohr- bzw. Kanalströmung die
turbulente Scherströmung von der einen Wand im Bereich des Mittengesetzes über-
geht in die Scherströmung von der gegenüberliegenden Wand, geht die Grenzschicht-
strömung für y ---+ 0 in die Außenströmung über. In der laminaren Strömung ist dieser
Übergang allmählich, die Rotation nimmt ab, bis sie in der Außenströmung in der
Regel vernachlässigbar ist. In der turbulenten Strömung wird der turbulente Teil der
Grenzschicht von einer scharf ausgeprägten Trennlinie von dem nichtturbulenten Teil
abgegrenzt. Der nichtturbulente ist praktisch rotationsfrei, die Fläche trennt also die
rotationsfreie Flüssigkeit von der rotationsbehafteten, turbulenten Flüssigkeit. Die au-
genblickliche Position eines Schnittes z = const der Trennfläche ist in Abb. 6.7 skizziert
worden, indem man, in einer durch Rauch sichtbar gemachten Grenzschicht, die Linien
gleicher (sehr kleiner) Rauchkonzentration nachgezeichnet hat. Zwar ist die Rauch-
grenze i. allg. nicht auch gleichzeitig die Grenze zwischen rotationsfreier und wirbel-
behafteter Strömung, aber die geometrischen Eigenschaften sind ähnlich. Insbesondere
hängt die Form, etwa auch die Länge der Trennfläche, von der räumlichen Auflösung
ab. Die Trennfläche kann daher als eine ziemlich glatte Kurve erscheinen, wenn die
Auflösung grob ist, und mit besser werdender Auflösung zerklüfteter. In diesem Punkt
gleicht die Trennlinie einer Küstenlinie, deren Länge ja von der Auflösung abhängt. Die
Trennflächen scheinen fraktale Flächen zu sein (MANDELBROT [1982]). Messungen von
turbulenten Trennflächen skalarer Größen ergeben über weite Bereiche der Auflösung
gleichbleibende fraktale Dimensionen, was eine Selbstähnlichkeit in den Zerklüftungen
nahelegt (SREENIVASAN [1991]). Für sehr hohe räumliche Auflösung, was hier eine
Auflösung von der Größenordnung der [(olmogoTovschen Länge bedeutet, erscheint die
Kurve wieder glatt. Für die Erklärung des mittleren Geschwindigkeitsprofiles genügt es,
sich vor Augen zu führen, daß während der Mittelung nach (6.2), etwa der Geschwindig-
keit am Ort X, nun der Ort x mal im turbulenten und mal im nichtturbulenten Gebiet
liegt. Wir schreiben dann für die mit.tlere Geschwindigkeit (l(oVASZNAY et al. [1970])
,
Abb. 6.7. Rand der turbulenten Grenzschicht
wo der Intermittenzjaktor I der Bruchteil der Mittelungszeit ist, währenddem der Ort x
turbulenter Strömung ausgesetzt ist und< Ui >t die dann gemittelte Geschwindigkeit
darstellt, während< Ui >/ die innerhalb der nicht turbulenten Zeitspanne gemittelte
Geschwindigkeit ist. Der Intermittenzfaktor ist die Wahrscheinlichkeit am Ort x tur-
bulente Strömung anzutreffen. Als Funktion von y/o kann der Intermittenzfaktor mit
Hilfe der Fehlerfunktion dargestellt werden und ist praktisch Eins bis y / 0 '" DA und
praktisch Null für y/o > 1.1. Im nichtturbulenten Bereich hat man fast die Geschwin-
digkeit U, während sie im turbulenten dem logarithmischen Außengesetzt folgt, und
es ist dann unmittelbar einsichtig, daß U - u(y) schneller gegen Null geht als vom
logarithmischen Gesetz vorhergesagt. Das Gesagte macht auch einsichtig, warum in
der Rohr- oder Kanalströmung das logarithmische Gesetz die Strömung selbst bis zur
Mitte recht gut beschreibt. Die Fluktuationen der Trennschicht spielen auch eine Rolle
in der Ausbreitung der Turbulenz, d. h. sie beeinflussen die Art und Weise, wie die um-
gebende rotationsfreie Flüssigkeit Rotation erhält und Teil der turbulenten Strömung
wird. Dieser Prozess wird Entrainment genannt. Er wird gesteuert durch Diffusion
der Wirbelstärke und anschließende Vergrößerung der Wirbelstärke durch Dehnungs-
geschwindigkeit, die von der umgebenden turbulenten Flüssigkeit induziert wird. Die
Mittelwerte der turbulenten Dehnungsgeschwindigkeiten sind von der Größenordnung
(f/V)1/2, wenn f die von der turbulenten Schwankungsbewegung dissipierte Energie pro
Zeit und Masseneinheit ist. Die Dicke Ader Trennschicht erfüllt den Zusammenhang
(6.112)
156 6 Turbulente Strömungen
( 3)
oder
1/4
>. = const v{ (6.114)
führt. Mit der bereits erwähnten Kolmogoroffschen Länge (/1 3 / {)1/4 und wieder der
Viskosität v schließen wir auch auf die Geschwindigkeit Ve, mit der die Trennschicht
normal zu sich selbst fortschreitet
Die von der Trennfläche konsumierte nicht turbulente Flüssigkeitsmenge ist propor-
tional der Fläche und der Fortschrittsgeschwindigkeit v". Offensichtlich wird mehr
Flüssigkeit konsumiert, je zerklüfteter die Fläche ist. Wenn die Fläche durch die Zu-
fallsfunktion
F(x,y,z,t) =0 (6.116)
gegeben ist, so steht das Element der Oberfläche dO mit dem Element der in y-Richtung
projizierten Oberfläche dxdz in der Beziehung
Daher ist das mittlere, pro projizierte Fläche konsumierte nichtturbulente Flüssigkeits-
volumen
(6.118)
Der Einfluß dieses komplizierten Prozesses der Intermittenz und der Turbulenzausbrei-
tung auf die uns hier interessierende mittlere Geschwindigkeit im Außengesetz läßt sich
nach eOLES [1956] durch eine NachlaujJunktion W(y/5) erfassen. Auf Grund empiri-
scher Daten läßt sich das Außengesetz nämlich in die Fom bringen
- u - - I1n -
U -- = Y+ TI- [2-W (Y)]
- . (6.119)
U. 1\. 5 K 5
Die Nachlauffunktion, und daher rührt ihr Name, hat die Gestalt der Geschwindigkeits-
verteilung, wie man sie auch im (halben) turbulenten Nachlauf antrifft, oder auch an der
freien Strahlgrenze bei der turbulenten Vermischung. Nach unseren obigen Ausführun-
gen würde man gen au dieses Verhalten erwarten. Die Funktion W(y / 5) ist bisher nur
6.4 Turbulente Grenzschicht 157
14
~
. 12
'.,-.~....
. ~
-....I'x
:;,
...... ~ ~
. ..
10
.a ~ ~i'il
I :;,
..
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4' ~
...... "t
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I"";
4 4.r ~
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", l
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Grenzsch icht GI. (6 .119) TI = 0 .48
2 f-
~!!~I!.I _ql :. t6.: !1..91P_ ~_ q .]~ ___ ___ .. ~~~
11
10- 1
y/6 • y/h
Abb. 6.8. Das Colessche Außengesetz
aus Messungen bekannt und läßt sich gut durch die Gleichung
Sowohl die Plattengrenzschichten wie auch Rohr- und Kanalströmungen werden bei
geeigneter Wahl des Parameters II sehr gut durch (6.119) beschrieben. Für große
Reynolds-Zahlen wird für die Plattenströmung der Wert II ::::; 0.55 empfohlen, während
die in Abb. 6.8 gezeigten Experimente besser mit II ::::; 0.48 beschrieben werden. Glei-
chung (6.119) hat mit dem Wandgesetz (6.70) einen Überlappungsbereich v/u. <t:: Y <t:: 6
gemeinsam, in dem beide gelten. Aus der Addition beider Gleichungen ergibt sich ein
158 6 Turbulente Strömungen
Widerstandsgesetz
~ = ~ In u.{j + B + 2TI (6.123)
u. K v K
das bei gegebenen v und U einen Zusammenhang herstellt zwischen TI, {j und u •.
Mit (6.119) gewinnen wir auch die Geschwindigkeitsverteilung für die ganze Grenz-
schicht, zunächst unter Ausschluß der viskosen Unterschicht, zu
Ü
-
1
= -ln -
Yu. + B + -II W (Y)
- (6.124)
U. K V K {j
Wir kehren nun zum Einfluß des Druckgradienten zurück und schließen an Gleichung
(6.32) an, aus der hervorgeht, daß nun der Druckgradient bzw. das dimensionslose
Produkt
berücksichtigt werden muß. Der Einfluß in der wandnahen Schicht ist ausführlich in
Abschnitt 6.2.2 erörtert worden, wo wir festgestellt haben, daß das Wandgesetz un-
verändert seine Gültigkeit behält. Nur für sehr starke positive Druckgradienten schließt
sich an das Wandgesetz eine Zwischenschicht an, wo das Wurzelgesetz gilt (Abb. 6.5).
Der Druckgradient macht sich bei moderaten Werten von a nur im Außengesetz be-
merkbar. Wir haben daher statt (6.88) nunmehr
U- Ü = f (1!.. u. {j a) (6.126)
u. n vc' u' 2
u.'
Die Abhängigkeit von u.IU war im Fall der Plattenströmung nicht in den Experimenten
feststellbar. Eine Abhängigkeit ist aber im vorliegenden Fall zu erwarten, da sowohl
6.4 Turbulente Grenzschicht 159
o _.
I ------:-; ~~
-4
!-- °l a / u • =~ # v )t'v ~
.. •
-8 ~ n·
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I>
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-12
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1. 8 •
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:::> -16
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I> . . .
-20
I> • 6 a/u .=8.0
1
-24
... ..
~
-28
....
u
~
-32
o 0 .2 0 .• 0 .6 0 .8
vI"
Abb. 6.9. Gleichgewichtsgrenzschichten nach CLAUSER [1956)
die Schubspannung an der Wand als auch der Druckgradient in das Problem eingehen.
Experimente zeigen aber, daß die weitere Abhängigkeit von u./U im Rahmen der ex-
perimentellen Genauigkeit nicht feststellbar ist, wenn statt li die Verdrängungsdicke li1
nach Gleichung (6.103) verwendet wird. Das Außengesetz nimmt dann die Gestalt an
U - u = f (~ li 1
u. n li'
u.2
0) •
(6.127)
Wenn das Produkt lil0/U~ konstant ist - das ist auch der Fall bei der Plattengrenz-
schicht - so ist die Geschwindigkeitsverteilung nur von y / li abhängig, was durch Ver-
suche (CLAUSER [1956]) eindrucksvoll bestätigt wird (Abb. 6.9). Das Produkt li1o/u;
wird in diesem Zusammenhang als Gleichgewichtsparameter bezeichnet und die Grenz-
schichten, bei denen es konstant ist, als Gleichgewichtsgrenzschichten, offensichtlich
im engeren Sinn, in dem wir die Bezeichnung "gleitendes Gleichgewicht" verwenden.
Die Bedingungen, unter denen Gleichgewichtsgrenzschichten erzielt werden, sind im
wesentlichen auf Potenzgesetze in der Geschwindigkeit der Außenströmung beschränkt
(U", x m ).
Für beliebige Druckverläufe kann das Außengesetz in der Form (6.119) verwendet wer-
den. Schon die Anwendbarkeit dieses Gesetzes sowohl für die Plattenströmung wie
160 6 Turbulente Strömungen
auch für die Kanal- und Rohrströmung hat vermuten lassen, daß die Colessche Nach-
lauffunktion universell ist, wenn der Parameter rr geeignet gewählt wird. Experimente
zeigen, daß der Einfluß des Druckgradienten sich dann nur im Wert des Parameters
II wiederspiegelt. Für Gleichgewichtsgrenzschichten läßt sich empirisch ein expliziter
Zusammenhang zwischen 61a/u~ und rr angeben (siehe z. B. WHITE [1974]):
6 )0.75
rr ~ 0.8 ( ~~ + 0.5 . (6.128)
Im allgemeinen Fall ist aber kein so einfacher Zusammenhang zwischen dem dimen-
sionslosen Druckgradienten und dem Nachlaufparameter bekannt geworden.
Die Berechnung turbulenter Grenzschichten bei gegebenem Verlauf U(x) ist mit der
Geschwindigkeitsverteilung (6.125) und dem Widerstandsgesetz (6.123) im Prinzip er-
ledigt, wenn es gelingt, die Grenzschichtdicke 6 und den Nachlaufparameter rr zu er-
mitteln. Nur zur Erläuterung des Vorgehens und nicht als Empfehlung, könnte man
die Grenzschichtdicke aus (6.97) berechnen, wenn u. und U genügend schwach von x
abhängen und den Zusammenhang (6.128) benutzen, um den Nachlaufparameter aus
der gegebenen Druckverteilung zu bestimmen. Praktische Rechnungen gehen von der
integralen Form der Impulsgleichung (6.100) als Bestimmungsgleichung für 6 bzw. 62
aus. Man nennt diese Verfahren daher auch Integralverfahren. Eine zweite Gleichung
wird dann für die Bestimmung des Nachlaufparameters rr benötigt, etwa (6.128), was
aber i. allg. unzureichende Genauigkeit liefern wird. Schon wegen der großen Zahl von
Integralverfahren in der Literatur müssen wir für praktische Berechnungen auf diese
hinweisen (KLINE et al. [1969]).
Bei sehr starken positiven Druckgradienten ist die Strömung außerhalb des Gültig-
keitsbereiches des Wandgesetzes nach den Ausführungen in Abschnitt 6.2.3 nicht mehr
direkt durch die Wandschubspannung bzw. u. beinflußt. Dies gilt a fortiori auch für das
Außengesetz. Es ist daher zweckmäßig, die Gleichung (6.126) durch Multiplikation der
linken Seite mit dem Produkt u./..;;;h in die dimensionsanalytisch äquivalente Gestalt
(a> 0)
U-U=fn('#..,6a) (6.129)
M 6 u~
zu bringen, wobei rechts die Abhängigkeit von u./U jetzt entfällt. KADER und YAGLOM
[1978] schlagen die explizite Darstellung
M = 9.6V~(Y)2
U-u
1+~ 1 - 6 (6.130)
auf Grund empirischer Daten vor. Mit dem vorliegenden Außengesetz, dem Wandgesetz
6.4 Turbulente Grenzschicht 161
und dem Wurzelgesetz ist auch die Geschwindigkeitsverteilung für diesen Fall gegeben,
bis auf die unbekannte Grenzschichtdicke und Wandschubspannung T w bzw. u •. Aus der
gleichzeitigen Gültigkeit des Wurzelgesetzes und des Außengesetzes läßt sich auch hier
ein Widerstandsgesetz bilden, das einen Zusammenhang zwischen u./U und u.c/v sowie
Ot C/ u~ herstellt. Für die praktische Berechnung der stark verzögerten Grenzschichten
verweisen wir auf die Originalarbeit von KADER und YAGLOM [1978] .
Die bisherigen Ausführungen waren auf glatte Wände beschränkt. Technische Flächen
sind stets mehr oder weniger rauh. Wir betrachten nur den Fall, wo die Rauhigkeits-
erhebungen k gleichmäßig und dicht über der Fläche verteilt sind, wie es bei der Sand-
rauhigkeit der Fall ist. Dann genügt die Angabe der Rauhigkeitserhöhung, um die
Geometrie der rauhen Flächen zu charakterisieren. Technische Rauhigkeiten können
i. allg. nicht mehr durch Angabe einer Rauhigkeitserhebung allein beschrieben werden,
weil die Rauhigkeiten nicht dicht stehen und ihre Verteilung oft periodisch ist. Ihr Ein-
fluß auf die turbulente Grenzschicht wird durch eine äquivalente Sandrauhigkeit erfaßt.
Die Eigenschaft einer Wand rauh zu sein, hängt schon aus Dimensionsgründen nicht
nur von der Rauhigkeitserhebung ab. Wir schließen nun in den Zusammenhang (6.5)
die Rauhigkeitserhebung k mit ein, so daß die Relation
ü = fn(y,Tw,~,e,k) (6.131)
Ü = f (y u. , k U.) (6.132)
u. v v
11 5 -_ k 11. , (6.133)
V
das die Rauhigkeitserhebung k mit der viskosen Länge v/u. vergleicht. Eine über
(6.132) hinausgehende Vereinfachung erwächst aus der experimentell gesicherten Er-
kenntnis, daß die Rauhigkeitserhebungen einen direkten Einfluß nur in y-Abständen
haben, die vergleichbar mit den Rauhigkeitserhebungen selbst sind. Im logarithmi-
schen Teil des Wandgesetzes kann sich die Rauhigkeit daher nur bemerkbar machen
über die Konstante, die ja die Aufgabe hat, das Profil an die darunter liegende Schicht
162 6 Turbulente Strömungen
anzupassen und auch dann nur, wenn die Rauhigkeitserhebungen größer als die viskose
Unterschicht sind. Sonst erfolgt die Anpassullg wie bisher direkt an die viskose Unter-
schicht. Deswegen erhalten wir für den Teil des Wandgesetzes, in dem die Viskosität
keinen direkten Einfluß hat, wieder ein logarithmisches Gesetz, dessen Konstante jetzt
aber vom Produkt (6.133) abhängt
u -
-
u.
1 Iny - +
_-
K V
u. B(k u.) --
V
(6.134)
Sofern die Rauhigkeitserhebungen größer sind als die viskose Unterschicht - nur dann
haben sie nach obigen Bermerkungen überhaupt einen Einfluß - vergrößern sie bei
gleicher Geschwindigkeit die Schubspannung, und die logarithmische Gerade wird nach
unten und nach rechts versetzt, weil ulu. kleiner und y u.1 v größer wird.
Wir erwarten, daß die Geschwindigkeitsverteilung (6.134) für genügend große ku.lv
von der Viskosität unabhängig wird. Dann muß B( k u.1 v) die Form
k u.)
B (- - - _ - -I n k u.+ B, (k- u.)
I - (6.135)
v K V V
ku./v_oo
.
bm B ,(kU.)
- - = const
v
(6.136)
u -
- 1 In-+
_- y 13' (k-u.- ) (6.137)
u. K k v'
in der der Grenzfall (6.136) der vollkommen rauhen Wand entspricht. Die hydraulisch
glatte Wand wird in der Grenze
·
I 1m
ku./v ..... O
u.) _ () + - k u.
B' (k- -
V
- B 0 1 In - -
K V
(6.138)
u.k
-- <5
v -
hydraulisch glatt, (6.139)
u.k ..
5< - < 70 Ubergangsbereich, (6.140)
v -
6.4 Turbulente Grenzschicht 163
/
11
10
~~ ~~f.. I
8
j
~if" •
~II
•• ~
... .
~ ~~
~ .
. .-.. .... ...
I~
CI:) B
I I
7 I II
8
glatt
: Übergang
I: vollkommen rauh
6
0 .2 0 .8 1.4 1. 8 2 .2 2.8 3
Ig (u.k / 11)
Das Außengesetz wird durch die Rauhigkeit nicht beeinflußt. Aus der Addition des
entsprechenden Außengesetzes (oder des Mittengesetzes) mit dem Wandgesetz ergibt
sich, wie vorher, ein Widerstandsgesetz. Für vollkommen rauhe Rohre z. B. ist nach
Abb. 6.10 B' = 8.5, und mit (6.73) wird daher das Widerstandsgesetz für vollkommen
rauhe Rohre
Ümcu: = .!..In !!:. + 8.5 (6.142)
u. " k
gewonnen, das wir auf bekanntem Wege in
1
A= 8 ( ~ In k
R
+ 4.75
)-2 (6.143)
umformen.
nen Einfluß auf die Dynamik der Turbulenz selbst nehmen. Man spricht dann von der
Übertragung "passiver" Beimischungen. Für die Wärme gilt dies aber nur solange,
wie die Materialgrößen Temperaturleitfähigkeit, Viskosität, Diffusionskoeffizient und
besonders die Dichte als temperaturunabhängig betrachtet werden können, so daß ins-
besondere Auftriebseffekte außer Betracht bleiben können. Im Vordergrund stehen nun
die Verteilung der Temperatur und die Verteilung der Stoffkonzentration. Wie im Ab-
schnitt 6.2.1 betrachten wir die Strömung längs einer glatten Wjl.nd ohne Druckgradient.
An der Wand werde ein bestimmter Wert der Temperatur oder Konzentration vorge-
schrieben t9(O) = t9 w • Dann wird im allgemeinen ein Wärmestrom bzw. Massenstrom
in der Strömung aufrechterhalten. Hier interessiert nur die Komponente des (Wärme-)
Stromvektors parallel zur y-Achse, für den wir kurz q schreiben und in der Form des
(Temperatur-) Stromes j = qI (f! Cp) darstellen:
8J -
j = -a 8y + v'{)' , (6.144)
wobei wir die spezifische Wärme cI' durch die spezifische Wärme c ersetzen, wenn es sich
um tropfbare Flüssigkeit handelt; qt = cpf! v'{)' ist der turbulente Wärmestrom, d. h.
die Wärmemenge, die pro Zeit- und Flächeneinheit von der turbulenten Schwankungs-
bewegung transportiert wird. Der Temperaturfluß (Temperaturstrom) ist völlig ana-
log zur Diffusionsgeschwindigkeit, wenn wir q als die Massenstromdichte interpretieren
und dann j = ql f! ist. Entsprechend tritt dann an Stelle der Temperaturleitfähigkeit
(Temperaturleitzahl) ader Diffusionskoeffizient D und J bedeutet dann die mittlere
Konzentration. Unter den gemachten Voraussetzungen wird nämlich die Tempera-
turverteilung und die Konzentrationsverteilung durch analoge Differentialgleichungen
beschrieben, und unsere Betrachtungen gelten gleichermaßen für beide Verteilungen.
Um weiterhin konkret in unseren Ausführungen zu sein, halten wir uns aber immer die
Wärmeübertragung vor Augen. Mit obigen Annahmen verschwindet die Divergenz des
Wärmestromvektors als Folge der Energiegleichung und der Wärmestrom ist konstant
im ganzen Feld, was ja auch unmittelbar einsichtig ist. Daher ist j = jw. Für die
Temperatur J, gezählt vom Wandniveau {)w, haben wir dann den Zusammenhang
(6.145)
wobei f! im [LMT0]-System nicht auftritt, da keine Größe die Dimension der Masse
enthält, und 11 sowie u. über das Geschwindigkeitsfeld in die Beziehung eintreten. Wir
erwarten also drei dimensionslose Produkte, wobei lila sofort als die Prandtl-Zahl Pr
erkannt ist, bzw. als Verhältnis der Peclet-Zahl zur Reynolds-Zahl (siehe das verwandte
6.4 Thrbulente Grenzschicht 165
Problem in Kapitell). Im Falle der Stoffübertragung tritt an die Stelle der Prandtl-Zahl
die Schmidt-Zahl Sc = v/ D. Der Walldabstand y bringt das bekannte dimensionslose
Produkt y u./ v ins Spiel und die verbleibenden physikalischen Größen das Produkt
(19 - f}w)u./iw. Die zu (6.145) äquivalente Beziehung ist daher
(6.146)
.Q _ _ jw
v. - (6.147)
u.
ein, aus der wir gleichzeitig ein Maß für die Temperaturschwankungen gewinnen und
schreiben die Gleichung
19 - f}w = f(Yu.,~) (6.148)
f}. v a
in der Form eines Wandgesetzes für die Temperatur- bzw. Konzentrationsverteilung.
Sehr nahe der Wand, in einer Schicht in der die Wärmeübertragung durch die molekulare
Wärmeleitung überwiegt, läßt sich die unbekannte Funktion sofort angeben. Dort ist
oder
J' (Y u. ,~) = ~ (6.150)
v a a
und daher
f = yu. Pr . (6.151 )
v
Man zeigt unschwer, daß bei Vernachlässigung der Erwärmung durch Dissipation, was
die bisherigen Annahmen schon einschließen, die zweiten und dritten Glieder einer
Taylorentwicklung von f um y = 0 alle verschwinden, wie dies bekanntlich auch der Fall
ist für die Entwicklung ü/u. um y = o. Wie dort besteht also die lineare Abhängigkeit
über einen beträchtlichen Wandabstand.
Wir betrachten nun den Bereich y ~ v/u. Pr-I, i;l dem der Temperaturfluß v'f}' sehr
viel größer ist als der Temperaturfluß infolge der Wärmeleitung. Da die Konduktion
dort keine Rolle spielt, verschwindet dort auch der Einfluß der TemperaturIeitfähigkeit
a. Für Pr ~ 1 ist die Bedingung y ~ v/u. Pr- 1 schon mit y ~ v/u. erfüllt, was
ohnehin zu fordern ist, damit die Viskosität nicht im Problem verbleibt. Für Pr ~ 1
ist die erste Bedingung u. U. nicht mehr erfüllt und ist dann zusätzlich zu fordern. Für
166 6 Turbulente Strömungen
Wandabstände
(6.152)
annehmen muß und in der auch die auftetende Konstante eine absolute Konstante sein
muß. Zur Wahrung der Analogie mit (6.18) setzen wir
1
const = - (6.155)
,,{)
und nennen ,,{) die Karmansche Diffusionskonstante. Aus (6.153) entsteht daraus mit
der Definition des Temperaturflusses j = q/((lCp) die Gleichung
(6.156)
die auch ein Turbulenzmodell darstellt und der wir die tu'rbulente Temperaturleitjähig-
keit
(6.157)
zu
(6.159)
als das Verhältnis der Karmanschen Konstanten, das ebenfalls eine absolute Konstante
im Bereich der Gültigkeit des Wandgesetzes sein muß. Nach YAGLOM [1979J legen
Messungen einen konstanten Wert von Prt ::::: 0.85 nahe. Messungen von LUDWIEG
6.4 Turbulente Grenzschicht 167
[1949] (zitiert in SCHLICHTING [1979]) zeigen eine (geringe) Änderung der turbulenten
Prandtl-Zahl innerhalb des Wandgesetzes (Prt ~ 0.7 -;-0.9), die mit der Vorstellung eines
logarithmischen Wandgesetzes für Temperatur und Geschwindigkeit nicht erklärbar ist.
Aus der Integration von (6.154) folgt das logarithmische Gesetz
J - iJ w 1 y u. (
- - = - l n - + B " Pr) (6.161 )
iJ. "''' 1/
für die Temperatur bzw. Konzentration. Die Konstante B,,(Pr) dient dazu, das lo-
garithmische Gesetz an das lineare Gesetz (6.151) im Sinne unserer Diskussion in Ab-
schnitt 6.2.1 anzupassen und hängt daher von der Prandtl-Zahl ab. Für kleine Prandtl-
Zahlen ist die Leitungsschicht, in der der Wärmetransport durch Wärmeleitung domi-
niert, größer als die viskose Unterschicht, und Wärmeleitung, und daher auch die Tem-
peraturleitfähigkeit, spielt noch eine erhebliche Rolle in dem Teil der Leitungsschicht,
in der schon voll turbulente Strömung herrscht.
Für große Prandtl-Zahlen ist die Leitungsschicht kleiner als die viskose Unterschicht,
und Wärmeübertragung muß außerhalb der Leitungsschicht von der geringen, aber
vorhandenen Schwankungsbewegung in der viskosen Unterschicht geleistet werden. Die
Funktion B,,(Pr) hängt daher empfindlich von den Verhältnissen in der Unterschicht
und Übergangsschicht ab. Für Pr = 1 ist die Dicke der Leitungsschicht und der viskosen
Unterschicht gleich, und die dimensionslosen Temperatur- und Geschwindigkeitsvertei-
'lungen sind es ebenfalls. Dann müssen die Anpassungskonstanten in (6.23) und (6.161)
denselben Wert haben:
B = B,,(Pr = 1) . (6.162)
Wenn auch noch die turbulente Prandtl-Zahl gleich Eins ist, so folgt aus (6.161) und
(6.23) für alle y innerhalb des Wandgesetzes
(6.163)
bzw.
(6.164)
eine Beziehung, die die Reynoldssche Analogie ausdrückt. Nach dieser Annahme fol-
gen Impuls- und Wärmeübertragung nicht nur analogen, sondern identischen Gesetzen.
Wie bereits erwähnt, ist aber die turbulente Prandtl-Zahl von Eins verschieden, und die
molekulare Prandtl-Zahl kann für tropfbare Flüssigkeiten in weiten Grenzen verschie-
den sein: Flüssige Metalle haben sehr kleine und synthetische Öle können sehr große
168 6 Turbulente Strömungen
Prandtlsche Zahlen haben. Auch bei Gasen ist die Prandtlsche Zahl von Eins noch
verschieden: Für Luft etwa ist Pr::::; 0.7.
Beginnend mit PRANDTL [1910] sind eine Reihe von Theorien entstanden für den Ein-
fluß der Prandtl-Zahl auf die additive Konstante Ho bzw. auf den Wärmeübergang.
Für eine Bewertung dieser Theorien verweisen wir auf MONIN und YAGLOM [1973] und
begnügen uns hier mit der in YAGLOM [1979] zitierten Interpolationsformel
Die Berücksichtigung der äußeren Berandung in der Entfernung h von der Wand führt
auf den Zusammenhang
J -.,'}w = fn(Yu., u.h,!:.) (6.166)
.,'}. 11 11 a
in Analogie zur Gleichung (6.82), wobei jetzt die Prandtl-Zahl noch zusätzlich auftritt.
Es gelten nun hier dieselben Argumente, die auf (6.87) führten, und daher schreiben
wir (6.166) auch in der äquivalenten Form
J(h) - J
v.
.0
= f (~
n""
v
u.b
/J
!:.)
a
(6.167)
und weiter, bei genügend großen Reynolds-Zahlen u.b/ll und bei genügend großen
Pedet-Zahlen u.h/a, auch in der (6.88) analogen Gestalt
Wie vorher postulieren wir die gleichzeitige Gültigkeit der Gleichungen (6.168) und
(6.148) in einem Überlappungsgebiet und werden, genau wie in Abschnitt 6.3.1 bzw.
Abschnitt 6.4.1, auch auf ein logarithmisches Wandgesetz und auf ein logarithmisches
Außengesetz geführt:
J(b)-J I Y
--'--'-- = - -ln - + canst (6.169)
.,'}. "19 b '
wobei canst für verschiedene Strömungsforrnen andere Werte annehmen kann. Der
Einfluß dieser. Konstanten ist nicht bedeutend (TOWNSEND [1976]) und YAGLOM [1979]
empfiehlt dieselben Werte wie im Außengesetz für die Geschwindigkeitsverteilung, also
z. B. canst ::::; 2.35 für die Grenzschicht an der Platte und fast Null für den Kanal, wo
wir Gleichung (6.169) dann das Ternperatur-Mittengesetz nennen.
Aus der Addition des logarithmischen und des Außengesetzes erhalten wir schon ein
Wärmeübergangsgesetz oder, mit den entsprechenden Größen und Deutung von J, ein
6.4 Turbulente Grenzschicht 169
J(6)-t9 w _
-'-""""'-------
/119 -_ ~l n 6u. + B11+.
235 , (6.170)
19. 19. "'11 V
(6.171)
(6.172)
schreiben. Diese Formel gilt ableitungsgemäß für die Platte, sie muß aber näherungs-
weise für allgemeine turbulente Grenzschichten gelten, da der Wärmeübergang, wie wir
gesehen haben, von den Verhältnissen sehr nahe an der Wand abhängt. Dies äußert
sich auch darin, daß die Konstante in (6.169), und damit die Strömung im weiteren
Abstand von der Wand, keinen großen Einfluß hat. Für "'11 = '" und B = B11 , d. h.
Prt = 1 und Pr = 1, entsteht aus (6.172) die Beziehung
St = cf , (6.173)
2
die man schlechthin als die Reynoldssche Analogie bezeichnet. Wegen Pr = 1 ist
Re = Pe, und mit dem Zusammenhang
St = Nu (6.174)
Pe
zwischen Stanton-Zahl und Nusselt-Zahl Nu, aus dem man auch die Definition der
Nusselt-Zahl gewinnt, erhalten wir für die Reynoldssche Analogie die Darstellung
c'
Nu = Re ; . (6.175)
Die Veränderungen, die sich im Wandgesetz der Temperatur ergeben, wenn die Wand
rauh ist, äußern sich wie bei der Geschwindigkeitsverteilung in der additiven Konstanten
B11 , die nun zusätzlich von k u./ v abhängt, wenn man sich wie in Abschnitt 6.4.5 nur auf
dichtstehende Rauhigkeiten beschränkt. Für diese Abhängigkeit sind halbempirische
Beziehungen vorgeschlagen worden. Für eine ausführliche Diskussion verweisen wir auf
YAGLOM und KADER [19741.
170 6 Turbulente Strömungen
Wir erweitern die Ergebnisse des Abschnittes 6.4.6 auf den Fall, daß die Temperatur
keine passive Größe ist, sondern die Dynamik der turbulenten Schwankungsbewegung
durch Auftriebseffekte beeinflußt. Aber wie vorher sind die Schubspannung Tw und der
Wärmestrom q über der Schicht konstant. Der Auftrieb kommt ins Spiel, wenn die
Dichte {J von der Dichte {Jo der stabilen Schichtung abweicht. Entgegen der Konvention
wählen wir die y-Achse parallel zu 9 und behalten so das Koordinatensystem des Ab-
schnittes 6.4.6 bei, um die dortigen Ergebnisse übertragen zu können. Die Massenkraft
des Auftriebes lautet dann -g({J - (Jo)/ {Jo ey•
Im folgenden machen wir von der Boussinesq-Näherung Gebrauch, der zufolge Dichte-
änderungen nur in der Volumen kraft berücksichtigt werden und auch nur als Folge von
Temperaturänderungen und nicht als Folge von Druckänderungen. Aus der Zustands-
gleichung
(J == (J(iJ,p) (6.176)
folgt dann
d{J == (::) p diJ (6.177)
wobei
der thermische Ausdehnungskoeffizient ist und die Ableitung bei einer Referenztem-
peratur {JT genommen wird. Für thermisch perfektes Gas ist ß == Ij{)T. In stabiler
Schichtung ist die Temperatur eine lineare Funktion der Höhe y: iJ o == iJ w - 9 Y / cp , aber
da der letzte Term nur für solche Höhen y vergleichbar mit dem ersten Term wird, die
von der Größenordnung cp{Jw/g (~ 30000m) sind, genügt es oft, die Temperatur {Jo
einfach konstant zu setzen. Wegen (6.178) und {JT == {Jo führt die Auftriebsmassenkraft
({J - {Jo)gj{)o zusätzlich zu den physikalischen Größen des Abschnittes 6.4.6 die Größe
g/{Jo ein. Wir interessieren uns für die Schicht, in der die Impuls- und Wärmeüber-
tragung nur durch die Schwankungsbewegung erfolgt, also für y- Werte, die viel größer
sind als die Dicke der viskosen Unterschicht oder der Leitungsschicht oder - bei rauher
Wand - größer als die Rauhigkeitserhebungen. Deshalb bleiben die molekulare Visko-
sität und Temperaturleitfähigkeit außer Betracht, und wir können zur Ermittelung der
6.4 Turbulente Grenzschicht 171
L= (6.180)
der Monin-Obuchow-Länge, in der die Karmansche Konstante" aus Gründen der Be-
quemlichkeit erscheint. Bei stabiler Schichtung ist der Temperaturstrom negativ, damit
ist L > 0 (wie auch iJ.). Bei instabiler Schichtung (Temperaturstrom von der Wand)
ist jw positiv und daher L < O.
Mit der dimensionslosen Koordinate y/ L entsteht statt (6.18) jetzt die Gleichung
(6.181 )
und statt (6.153) in Verbindung mit (6.154) und (6.155) die Gleichung
Die Gleichungen (6.181) und (6.182) verallgemeinern die entsprechenden Ergebnisse des
Abschnittes 6.4.6. Für y / L --+ 0, etwa wenn 9 No --+ 0 geht und daher Auftriebseffekte
vernachlässigt sind, müssen wieder die logarithmischen Verteilungen erhalten werden.
Die logarithmischen Verteilungen gelten daher weiterhin im Bereich
Yo ~ Y ~ L. (6.183)
In (6.183) ist Yo von der Größenordnung der größten der Längen II/U., II/U. Pr- 1 bzw.
k. Die Funktionen f." f" genügen daher den Bedingungen
lim
y/L-O
f"(-LY) = y/L-O Y) = 1 .
lim f"(-L (6.184)
lIn der Schreibweise russischer Autorennamen folgen wir den uns vorliegenden Referenzen.
172 6 Turbulente Strömungen
Man zeigt leicht, daß sie für Pr = 1 identisch werden. Für genügend kleine y / L gilt
(6.185)
mit positivem ß, sowohl für y / L > 0 als auch für y / L < O. In der Integration für die
Verteilungen erzeugt der erste Term die logarithmische Verteilung und der zweite Term
eine Korrektur.
Für die Geschwindigkeitsverteilung erhält man so aus (6.181)
(6.187)
folgt
- 3
J- 9
. 2 - y4 (diJ)
- =const (6.188)
w iJ o dy
bzw.
d'?
dy = const * j?,j3
(
:0 ) -1/3
y-4/3 . (6.189)
Man erhält also für die Temperaturverteilung einer instabilen Schichtung bei Windstille
oder für y ~ JLI (MONIN und YAGLOM [1973])
J
Umgebungs-
flüssigkeit
Strahl-
-_._-_. __ .__ .__flüssigkeit
.__ . -+---~ . --
1
Abb. 6.11. Rotationssymmetrischer Freistrahl
Turbulente Scherströmungen werden durch den Einfluß der Wand geprägt, die über
die Schubspannungen den turbulenten Impulsaustausch aufrechterhält und die das Ver-
schwinden der Schwankungsgeschwindigkeit an der Wand, und damit die viskose Un-
terschicht, erzwingt. Über die viskose Unterschicht geht in die turbulente Strömung der
Einfluß der Viskosität und damit der Reynoldsschen Zahl ein.
Bei freier Turbulenz fehlt dieser Wandeinfluß. Daher klingt i. allg. die Schwankungs-
bewegung, wie die Bewegung in Strömungsrichtung überhaupt, ab. Da die viskose
Unterschicht fehlt, sind diese Strömungen bei großen Reynoldsschen Zahlen von diesen
völlig unabhängig. Dies äußert sich schon in den Widerstandsgesetzen: Der Wider-
standsbeiwert stumpfer Körper, der ja durch das Verhalten des Nachlaufes bestimmt
ist, geht für Re -+ 00 gegen eine Konstante, während der einer längs angeströmten
hydraulisch glatten Platte nie unabhängig von der Reynolds-Zahl würde. Ein von Null
verschiedener Grenzwert existiert bei der hydraulisch glatten Platte nicht.
Wir betrachten nun einen Flüssigkeitsstrahl, der aus einer runden Öffnung in eine um-
gebende ruhende Flüssigkeit gleichen Materials austritt (Abb. 6.11) und sich durch
Impulsaustausch mit ihr mischt. In der unmittelbaren Nachbarschaft der Austrittsöff-
174 6 Turbulente Strömungen
nung bildet sich zunächst eine laminare Scherschicht aus. Diese Schicht ist instabil. Die
Instabilitäten wachsen rasch an und bilden Ringwirbel, die die umgebende rotationsfreie
Flüssigkeit in den Strahl und Strahlflüssigkeit in die Umgebung bringen. Die Wirbel
werden ihrerseits instabil in Umfangsrichtung und brechen auf (LIST [1982]). Aus diesen
Zwischenstufen entwickelt sich die Trennschicht, die, wie bei der Grenzschicht, die tur-
bulente, rotationsbehaftete Flüssigkeit von der umgebenden rotationsfreien Flüssigkeit
trennt. Der Strahl breitet sich in dem Maße aus wie rotationsfreie Flüssigkeit konsu-
miert wird, so daß der Massen- bzw. Volumenfluß stromabwärts zunimmt. Schließlich
wird die Strömung von den Einzelheiten der Vorgänge am Strahlaustritt unabhängig
und erinnert sich nur noch an ihren Austrittsimpuls. Wir denken uns den Strahl durch
eine Impulsquelle am virtuellen Ursprung erzeugt. Von diesem Ursprung aus zählen
wir die Koordinate x in Achsenrichtung. Der virtuelle Ursprung muß nicht in der Aus-
trittsebene liegen, aber der Unterschied ist für die folgende Diskussion unerheblich.
Wir wählen hier x statt z, um Vergleiche mit der ebenfalls zu behandelnden ebenen
freien Scherströmung zu erleichtern. Aus den gleichen Gründen werden u, v für die
Geschwindigkeitskomponeten in x, r bzw. x, y Richtung benutzt. Der Impulssatz
(6.190 )
(5) (5)
00
27r(! J (u + P; + P-/00 - P;x)
2 rdr
00
= 27r (! J (u + 2 P; + P -(!Poo - P;x) rdr (6.191)
o
x+dx
Die Integrale über den Druck Poo 1m Unendlichen heben sich auf. Ferner ist die
Strömung bei sehr großen Reynolds-Zahlen von der Viskosität unabhängig, und daher
entfallen die viskosen Spannungen Pxx. Mit der Aufspaltung u = U+ u ' und P = P+ p'
6.5 Freie Scherturbulenz 175
00
27r (! J (u +2 U'2 + P -/00 ) rdr = const = I , (6.192)
d. h. der Wert des Integrals ist an jeder Station x derselbe, der Impuls I ist eine
Invariante. Wenn noch die Schwankungsglieder U'2 vernachlässigt werden, so kann auch
der Druckterm (p - Poo)/ (! vernachlässigt werden. Deshalb vereinfacht sich (6.192) zur
Gleichung
00
27r Ju
o
2 (r)rdr t
= = f( , (6.193)
die noch den kinematischen Impuls f( einführt. Unter der Voraussetzung, daß die
Strömung nur durch den konstanten Impuls geprägt ist, ist der Verlauf der mittleren
Geschwindigkeit u schon durch f{ und die Koordinaten x und r festgelegt. Den Zusam-
menhang
u = fn(l{, T', x) (6.194)
(6.195)
(6.196)
oder
(6.197)
umschreiben, weil sie unmittelbar darlegt, daß an Stelle r / x = const, also insbesondere
in der Strahlmitte, die Geschwindigkeit endlich ist und mit wachsendem x wie I/x fällt.
Gleichung (6.197) stellt ein Ä'hnlichkcilsgcset::: dar: In allen Ebenen x = const sind die
Geschwindigkeitsverteilungen ähnlich. FrageIl wir nach der Reynoldsschen Spannung,
deren wichtigste Komponente -(!U'V' mit v' als Schwankullgsgeschwindigkeit in radialer
Richtung ist, so erhalten wir auf demselben Wege
Die im Übergang von (6.192) und (6.193) vernachlässigte Normalspannung hätte die-
selbe Form, ihre Berücksichtigung würde die Ähnlichkeit nicht stören. Als Maß für die
Strahlbreite führen wir den Radius b ein, an dem die Geschwindigkeit ü(b) den Wert
t ü max annimmt. Dann folgt aus (6.197)
d. h. die Strahlbreite ist proportional zu x. Experimente legen den Wert b/x = 0.088
und f(O) = 7.5 nahe. Daher kann man die Beziehungen (6.197) und (6.198) auch
folgendermaßen darstellen:
U = umaxf (i) , (6.202)
LIST [1982] zitiert Werte u,2/ ü ;"ax = 0.078 ..;- 0.084 auf r o und .,'p2/J2max = 0.08
für die Konzentrationsschwankungen einer passiven Beimischung auf der Achse. Die
Funktionen f (r/b) und 9 (r/b) sind unbekannt. Sie lassen sich ohne weitere Annahmen
nicht ermitteln. Wir werden später aber noch zeigen, nie sich diese Verteilungen aus
den Bewegungsgleichungen unter Benutzung eines Turbulenzmodells berechnen lassen.
Wir wenden uns vorher noch dem ebenen Freistrahl und der ebenen Vermischung zu.
Für den ebenen Strahl gelten dieselben Überlegungen, die auf (6.193) und (6.194) führ-
ten, allerdings ist der Impuls jetzt pro Tiefeneinheit zu nehmen:
(6.204 )
o
(6.205)
6.5 Freie Scherturbulenz 177
und
II 2 = -Y . (6.206)
x
Wir erhalten statt (6.197)
(6.207)
Gleichung (6.207) zeigt, daß die Geschwindigkeit des ebenen Strahls erheblich langsamer
abfällt als die des runden, was aber auch unmittelbar einsichtig ist. Die Strahlbreite
nimmt hingegen wie beim runden Strahl proportional mit x zu. Daher schreiben wir
(6.207) und (6.208) in der Form
u = uma~j G) , (6.209)
-
U "
v = uma~g
-2 (Y)
; . (6.210)
Experimente ergeben für diesen Fall die Werte b/x ~ 0.11 und j(O) = 2.48 (ROTTA
[1972]).
Auch im Fall der ebenen Vermischung (Abb. 6.12), bei der sich von der Stelle x = 0 an
zwei Flüssigkeitsströme mit den Geschwindigkeiten Ul (für Y > 0) und U2 (für Y < 0)
178 6 Turbulente Strömungen
- -- - Sw - - - --- ---
u..
vermischen, nimmt die Breite der Vermischungszone mit x linear zu. Die Vermischung
hängt nur von der Geschwindigkeitsdifferenz Ul - U2 und den Koordinaten x und y ab.
Wir erwarten daher einen Zusammenhang
(6.211)
(6.212)
bringen. Aus (6.212) entnehmen wir, daß ii auf Linien V/x = const konstant ist,
woraus wir schließen, daß die Vermischungsbreite, wie behauptet, mit x linear zunimmt.
Diese Bewegung klingt mit wachsendem x nicht ab, was durch die Randbedingungen
f( 00) = 1 und f( -00) = 0 erzwungen wird.
Körpers festgelegt. Wendet man den Impulssatz (6.190) auf ein Kontrollvolumen an,
welches durch eine Ebene x = const weit vor (u = Uoo ), eine weitere Ebene x = const
weit hinter dem Körper (u = U + u') und einem verbindenden Zylinder Sw gebildet
wird, so erhält man
00 00
Man denkt sich dabei die Kontrollflächen so weit vom Körper entfernt, daß der Druck
konstant und dort Reibungskräfte bei den vorausgesetzten großen Reynolds-Zahlen ver-
nachlässigbar sind. Die Kontinuitätsgleichung
00 00
(6.215)
(6.216)
00
--- ---
---
-------
- - - - __- - --U--
---
klein gegenüber Uoo , und daher gilt für den Integranden von (6.217)
J
00
Aus den fünf relevanten physikalischen Größen bilden wir die drei dimensionslosen Pro-
dukte (da in (6.219) keine Masse auftritt, ist der Rang der Dimensionsmatrix r = 2)
Üd
IT 1 = - , (6.220)
Uoo
Q
IT 2 = - - (6.221 )
x Uoo
2
und
r
IT 3 = - , (6.222)
x
6.5 Freie Scherturbulenz 181
(6.223)
für die Nachlaufgeschwindigkeit gewinnen. Wir bemerken, daß infolge der erwähnten
Abhängigkeit von Uoo der Zusammenhang (6.223) sehr viel komplizierter ist als der ent-
sprechende Ausdruck beim Freistrahl (6.197). Für r = 0 erhält man den Maximalwert
der Nachlaufgeschwindigkeit
(6.224)
und daher für den Abstand b, an dem die Hälfte der Maximalgeschwindigkeit erreicht
ist, aus (6.223)
(6.225)
(6.226)
und daher aus (6.223) zusammen mit (6.224) auch die Darstellung
(6.227)
(6.228)
Hier ist ß = 1'(0). Die Bedingung in der Nachlaufmitte Ud = Udmax legt es nahe, (6.227)
in die speziellere Form
(6.229)
J ~b f(~b) d(~b)
00
-U
(!
W = Q = 271" b
00
Ud max
2- (6.230)
o
182 6 Turbulente Strömungen
(6.231 )
b = const (Qx)
U
t
oo
(6.232)
Udmax ( Q ) ~
Uoo = const Uoo x 2 ' (6.233)
wobei const allgemein für noch zu bestimmende Konstanten steht. Wir entnehmen
(6.232) und (6.233), daß die Breite des runden Nachlaufes wie die dritte Wurzel mit x
zunimmt und die Maximalgeschwindigkeit in der Nachlaufdelle wie x-~ abnimmt.
Die mit Udmax und b gebildete örtliche Reynolds-Zahl
1 1.
Udmax b
Re = - - - = const - - - ( -Q- )
Uoox-' 3
(6.234)
li 11 Uoo
nimmt mit wachsendem x ab, so daß die Annahmen, insbesondere die Vernachlässigung
der viskosen Glieder, die zu (6.232) und (6.233) geführt haben, für sehr große x nicht
gültig sind. Schließlich wird sehr weit entfernt vom Körper eine Stelle erreicht, wo der
Nachlauf laminar wird. Da andererseits (6.232) und (6.233) nur für genügend große
Entfernungen vom Körper gültig sind, ist es experimentell sehr schwierig, die durch
(6.232) und (6.233) gegebenen Gesetzmäßigkeiten nachzuweisen. Im Gültigkeitsbereich
der gemachten Annahmen folgt noch aus (6.229), (6.232) und (6.233) die Geschwindig-
keitsverteilung zu
(6.235)
Beim ebenen Nachlauf gelten dieselben Überlegungen, aller'dings ist hier der Widerstand
W sowie die Nachlaufstärke Q pro Tiefeneillheit des Widerstandskörpers zu nehmen.
6.5 Freie Scherturbulenz 183
und aus
00
(6.236)
-00
b = const ( QX)~
U oo
(6.238)
oo
(6.239)
Udmax b
Re =- - - ~ -Q = const (6.240)
v v
ist beim ebenen Nachlauf konstant, der Nachlauf bleibt also turbulent.
(Das gleiche gilt übrigens auch für den runden Freistrahl, während die Reynolds-Zahl
des ebenen FreistrahIs wie ,jX wächst. Daher schlägt ein ebener, anfangs laminarer
Strahl immer in die turbulente Form um.)
Die Geschwindigkeitsverteilung des ebenen Nachlaufes ergibt sich aus einer zu (6.235)
analogen Betrachtungsweise zu
(6.241 )
Die Frage nach der Reynoldsschen Spannung - (! lI'V' führt den Annahmen entsprechend
auf folgenden Zusammenhang;
(6.242)
184 6 Turbulente Strömungen
Die in (6.235), (6.241) und (6.242) auftretenden Funktionen bleiben im Rahmen der
Dimensionsanalyse unbestimmt, sie lassen sich wie im Fall des Freistrahis nur über
zusätzliche Annahmen bestimmen.
Wir zeigen die Berechnung der noch unbekannten Verteilungen am Beispiel des runden
Freistrahis und gehen dabei wieder vom Impulssatz (6.190) aus. Wie vorher wenden wir
ihn auf ein Kontrollvolumen an, welches durch die Ebenen x = const und x+dx = const
gebildet wird, verlegen aber diesmal den Zylinder bei endlichem r. Für p schreiben
wir wieder p = Poo +P - Poo und bemerken, daß sich die Integration über Poo bei
geschlossenem Kontrollvolumen heraushebt. Dann entsteht die Gleichung
!
[2, (u' + p -:- - P;) d, + [2, (u' +
x
! p -:- - P;) d'l
x+dx
+
Mit u = U + u' und v = v + v' erhält man nach Mittelung und Grenzübergang
Wie vorher vernachlässigen wir die viskosen Spannungen Pxx , Prx und die Reynolds-
schen Normalspannungen (!U,2, aber nicht die Reynoldssche Schubspannung -(!U'V',
die, wie bereits bemerkt, die einzig wichtige Komponente ist. Mit Vernachlässigung
der Reynoldsschen Normalspannungen entfällt auch die Druckdifferenz, und (6.244)
vereinfacht sich zu
u v + ~r ~
8x
Ju 2 r dr + u'v' = 0 . (6.245)
o
Wir verwenden nun den Ansatz (6.197) für u und einen entsprechenden für v, wobei
es nötig wird, durch verschiedene Funktionssymbole die auftretenden Funktionen zu
6.5 Freie Scherturbulenz 185
(6.246)
und
(6.247)
Den Zusammenhang zwischen U und V stellen wir durch Benutzung der Kontinuitäts-
gleichung
(6.248)
(6.249)
in dem der Strich die Ableitung nach TI bedeutet. Mit (6.247) entsteht aus der Konti-
nuitätsgleichung der Zusammenhang
(6.250)
J
~
Wir bezeichnen das Integral mit f( 'TJ) und erhalten so die Zusammenhänge
und
v = .jK V = .jK
x x
(J' - L) , 'TJ
(6.253)
die man auch durch Einführung einer Stromfunktion erhalten hätte. Aus dem Impuls-
satz (6.245) ergibt sich damit zunächst
-J(
x 2
(1'2
- -
'TJ
-I'f)
'TJ2
- - -D
j{
x 2 DTI
J ~
U 2 TI d'TJ u v,, = 0
+- (6.254)
o
186 6 Turbulente Strömungen
-
1'1
-2 + 9(1]) = 0 . (6.255)
1]
Dies ist nur eine Beziehung zwischen den zwei unbekannten Funkionen 1 und 9, d. h.
(6.255) hat unendlich viele Lösungen. Eine eindeutige Lösung verlangt eine zusätzliche
Hypothese für die Funktion 9, die durch ein Turbulenzmodell ausgedrückt wird. Die
Wahl des Turbulenzmodelles beeinflußt somit die Lösung direkt. Ein einfaches Turbu-
lenzmodell ist das Boussinesqsche Modell, das der viskosen Schubspannung nachgebildet
ist und im voliegenden Fall die Form
-
- u'v' = ( / -
ou (6.256)
or
annimmt. Im Gegensatz zur Viskosität /J ist die Wirbelviskosität (t aber keine Ma-
terialkonstante, sondern i. allg. ein Funktional des Geschwindigkeitsfeldes, d. h. (t
hängt von der Strömung ab (Abschnitt 6.4.6). Mit (6.246) bilden wir zunächst den
Zusammenhang
- V'
- u'v' = .VK -x 2
(t
'
(6.257)
(6.258)
(6.259)
annehmen kann, d. h. (t hängt insbesolldere nicht VOll x ab. Dieselbe Aussage hätte
man aus direkter Anwendung der Dimensionsanalyse auf den Zusammenhang
(t = fn(K,r,x) (6.260)
erhalten. Weiterer Fortschritt verlangt eine Aussage über die unbekannte Funktion
(o( 1]), und die einfachste Annahme ist, (0(1]) überhaupt konstant zu setzen. Dann ist
bei gegebenem Impuls auch die turbulente kinematische Viskosität im ganzen Strahl
konstant. Mit dieser Annahme ist die weitere Rechnung formal dieselbe wie beim
laminaren Strahl. Mit (6.258) und (6.259) ergibt sich dann die Differentialgleichung
oder
fo(l'7])' = 2fol' - 1'1 . (6.262)
Die Lösung dieser Differentialgleichung muß der Symmetriebedingung v(O) = 0 und der
Gleichung (6.193) genügen. Die erste der Bedingungen liefert mit (6.253)
lim
'1-+ 0
(I' - L) =
7]
0 , (6.263)
d. h.
1(0) =0 . (6.264)
Die maximale Geschwindigkeit, die wegen der Symmetrie an r = 0 erreicht wird, hatten
wir bereits mit (6.197) eingeführt
_ JK
U max = const - - (6.265)
x
I' =
und mit (6.252) daher
lim- const (6.266)
7]
'1-+ 0
oder
1'(0) =0 , (6.267)
wobei wir bemerken, daß wegen der Integralbedingung (6.193) aber keineswegs ein ho-
mogenes Problem vorliegt. Mit (6.264) und (6.267) bestimmen wir die sich bei der
Integration von (6.262) ergebende Konstante zu Null und gewinnen die Differentialglei-
chung erster Ordnung
(6.268)
(6.269)
J1,2
00
o
188 6 Turbulente Strömungen
C=_3_=~ (6.271)
6471" f~ 6471" f~
liefert. Die Geschwindigkeitskomponenten ü und ii ergeben sich der Reihe nach zu
3 I( ( l+C17 2)-2
u=-- (6.272)
871" ftX
und
ii 3 I( 17 (1
= -6
1 71" ftX
- C 17 2 ) (1 + C 17 2 r 2 (6.273)
Die Formeln gelten unvermindert auch für den laminaren Strahl, wenn statt der turbu-
lenten kinematischen Viskostität tt die molekulare kinematische Viskosität /I verwendet
wird.
Da die Geschwindigkeitsverteilung nun explizit bekannt ist, läßt sich aus dem gemesse-
nen Wert der Strahlbreite (b = 0.088x nach (6.201)) die noch unbekannte Konstante 100
ermitteln. Man erhält nach kurzer Rechnung
tt
to = IT/ ~ 0.0167 , (6.274)
vI(
folgt unmittelbar
V
IT/ = const
vJ(x
6.5 Freie Scherturbulenz 189
und daher für die Rate, mit der die umgebende Flüssigkeit in den Strahl hineingezogen
wird
oi'
oX = const VIV},
1\ = const * Ct . (6.276)
Für den turbulenten Strahl nimmt die Entrainment-Rate also proportional der Wurzel
des kinematischen Impulses bzw. proportional der turbulenten Viskosität zu. Daraus
schließen wir, zusammen mit den früheren Bemerkungen, daß beim laminaren Strahl
diese Rate nur von der molekularen Viskosität und dort nicht vom Impuls abhängt, ein
Ergebnis, welches man leicht durch direktes Ausrechnen bestätigt. Bei großem Impuls
ist der laminare Strahl schlank und die Geschwindigkeit groß, bei kleinem Impuls ist
der Strahl breit, die Geschwindigkeit klein. Beide Effekte kompensieren sich beim
laminaren Strahl. Sowohl der turbulente wie auch der laminare Stahl wirkt auf die
äußere Strömung wie eine konstante, halbunendliche Quellverteilung auf der Achse.
Die von dieser Quellverteilung induzierte äußere Strömung kann Rückwirkungen auf
den Strahl haben, wenn der Strahl, wie in Abb. 6.11 angedeutet, aus einer unendlich
ausgedehnten Wand austritt (SCHNEIDER [1991]).
Der Impuls des Strahles ist dann keine Erhaltungsgröße mehr. Aber die Änderung des
Impulses wird schon unmittelbar aus einer Dimensionsbetrachtung aufgeklärt. Da die
Quellverteilung eine vom Impuls abhängige Größe ist, haben wir für die Änderung des
kinematischen Impulses
~~ = J(K,x,G y ) , (6.277)
wobei Gy = const die in (6.276) auftretende Konstante ist. Gleichung (6.277) ist
äquivalent der Differentialgleichung l.Ordnung
dK = _ dx A(G' ) (6.278)
K x v,
deren Integration eine Anfangsbedingung verlangt, etwa K(xol K o, wobei für eine
nichttriviale Lösung Xo ein von Null verschiedener Abstand sein muß. Für die punkt-
förmige Impulsquelle fehlt dieser typische Abstand Xo bzw. der typische Radius ro, und
wir schließen, daß der angesprochene Effekt von der Abmessung der Austrittsöffnung
abhängen muß. SCHNEIDER [1991] gibt die Gleichung
[~ = (2ro) 0.0065
(6.279)
[\0 X
an, in der /(0 der Impuls an der Austrittsöffnung mit dem Radius ro ist.
Abschließend bemerken wir noch, daß die Überlegungen auf große Reynolds-Zahlen
beschränkt bleiben. Für den laminaren Strahl bedeutet dies, daß die angegebene Lösung
190 6 Turbulente Strömungen
nur im Rahmen der Grenzschichtlheorie gilt. Für den laminaren Strahl werden wir
in Kapitel 7 eine exakte Lösung der Navier-Stokes-Gleichungen angeben, die für alle
Reynolds-Zahlen gültig ist, solange der Strahl laminar bleibt.
Die bisher besprochenen Freistrahlen werden durch den austretenden Impuls "getrie-
ben", der die Erhaltungsgröße ist. Mit diesem eng verwandt sind Freistrahlen, die durch
die Wirkung des hydrostatischen Auftriebs getrieben werden, als Folge von Dichte- bzw.
Temperaturunterschieden. Solche Auftriebsfreistrahlen können über beheizten Flächen
entstehen oder wenn etwa Luft mit höherer als der Umgebungstemperatur aus einem
Schornstein austritt oder allgemeiner, wenn räumlich begrenzte Quellen leichterer Gase
vorhanden sind. Wir sind hier am asymptotischen Verhalten weit weg von der Aus-
trittsöffnung bzw. den beheizten Flächen interessiert und betrachten den stationären
Strahl, wie er von kontinuierlich beheizten Flächen oder sonstigen stationären Wärme-
quellen erzeugt wird. Da die Strömung erst durch Dichteunterschiede zustande kommt,
sind Dichte- bzw. Temperaturverteilung mit der Geschwindigkeitsverteilung untrenn-
bar verbunden. Wir denken uns die Strahlen, die man im angelsächsischen Sprachraum
"Plumes" nennt, durch eine punktförmige Auftriebsquelle erzeugt. Der Wert des Auf-
triebsfiusses (buoyancy flux) ist, wie wir noch sehen werden, eine Erhaltungsgröße,
die bei Auftriebsstrahlen dieselbe Rolle spielt wie der Impuls bei den gewöhnlichen
Freistrahlen. Um den Vergleich mit diesen zu erleichtern, wählen wir, entgegen der
üblichen Konvention, die x-Achse parallel zum Vektor der Schwerkraft und behalten
die Bezeichnungen des vorhergehenden Abschnittes bei. Wir zählen die Koordinate x
von der punktförmigen, virtuellen Auftriebsquelle ab, die nicht in der Austrittsöffnung
oder auf den beheizten Flächen liegen muß. Um etwas Bestimmtes vor Augen zu ha-
ben, denken wir im folgenden an einen Schornstein, aus dem Gas mit niedrigerer Dichte
als die Umgebungsdichte austritt. Wenn Q die Quellstärke der Auftriebsquelle ist, so
nennen wir
Q
B = g(Uo - U;) - (6.280)
uo
den Auftriebsfluß der Quelle. In (6.280) ist UO die Umgebungsdichte, die wir konstant
setzen und Ui die Dichte der Quellflüssigkeit am Austritt. Wir werden auch hier die
Boussinesq-Approximation verwenden und können mit der Energiegleichung in der dann
6.5 Freie Scherturbulenz 191
gültigen Form
(6.281 )
zeigen, daß (6.280) eine ErhaItungsgröße ist. In (6.281) ist ijnur der turbulente Wärme-
strom, d. h. die molekulare Leitung und die dissipierte Energie Cf> (pro Zeit und Vo-
lumeneinheit) werden in der Energiegleichung der mittleren Strömung vernachlässigt.
Die Integralform von (6.281)
angewandt auf ein Kontrollvolumen, welches durch die Ebenen x = const und x + dx =
const und einen die Ebenen verbindenden Zylinder außerhalb des Strahles gebildet wird,
führt uns auf die Gleichung
:r:
+ 2. ! ,,,(Jü - U'~')'d'l :r:+dz
=
(6.283)
(6.284)
Im Rahmen der Boussinesq-Approximation ist (e - eo)/ eo eine kleine Größe und daher
kann Ü aus dem Integral in (6.285) herausgezogen werden. Dann ist
und mit
t? - t?o UO - ü
--=-- (6.287)
(6.288)
o
das angekündigte Ergebnis, welches auch die Beziehung zwischen gesamtem Enthalpie-
fluß iI zu Auftriebsfluß herstellt
(6.290)
Wir fragen nun nach der mittleren Geschwindigkeit ii. im Strahl. Nach Voraussetzung
spielen molekulare Viskosität und Temperaturleitfähigkeit keine Rolle und daher hängt
die Geschwindigkeit nur von den Koordinaten r und x sowie dem Auftriebsfluß B ab:
Keine der auftretenden Größen enthält die Dimension der Masse und (6.291) ist
(6.292)
und
(6.294)
schließen. eHEN und RODI [1980] empfehlen const 0.11 und 1,,(0) = 3.5. Die
experimentelle Bestimmung der letztgenannten Größe setzt die Kenntnis von B voraus,
und da die experimentell bestimmten Werte von B mit erheblichen Fehlern behaftet
sein können, sind es auch die Werte von 1,,(0). LIST [1982] zitiert Werte im Bereich
3.5 -;- 3.9.
Mit (6.295) läßt sich auch (6.292) in der Form
(6.296)
schreiben. Die Frage nach der Dichte- oder Temperaturverteilung führt auf den Zusam-
menhang
g(go - g) = f n (B ,T,X,
) (6.297)
go
und die Dimensionsanalyse liefert die äquivalente Beziehung
(6.298)
Wie vorher zeigt man, daß der Radius be , an dem die Hälfte des maximalen Wertes von
(6.298) angetroffen wird, eine lineare Funktion von x ist: bq = const * x, wobei i. allg.
die Konstante von jener in (6.295) verschieden ist, was eine von Eins verschiedene
turbulente Prandtl-Zahl impliziert. eHEN und RODI [1980] empfehlen const = 0.1 und
Iq(O) = 11.
Die Berechnung der Verteilungen le und lu erfordert, wie schon beim impulsgetriebenen
Freistrahl, Turbulenzmodelle und damit weitere Annahmen. Die Verteilungen lassen
sich aber gut durch Gaußsehe Fehlerverteilungen anpassen:
(6.299)
194 6 Turbulente Strömungen
J(=j(B,x) (6.301 )
gibt seine Abhängigkeit von x an, die man direkt aus dem (6.301) äquivalenten Zusam-
menhang
(6.302)
abliest oder auch (6.296) und der Definition des kinematischen Impulses entnehmen
kann. Für den mitgerissenen Volumenstrom liefert die (6.275) analoge Beziehung
(6.303)
die Entrainment-Rate
(6.304)
und damit die wichtige Erkenntnis, daß die Entrainment-Rate für Rundstrahlen nur
vom lokalen kinematischen Impuls abhängt.
In den Anwendungen ist bei Auftriebsstrahlen der austretende Impuls häufig nicht mehr
zu vernachlässigen, so daß das Strahlverhalten von den zwei Größen J( und B geprägt
wird. Mit J( und B wird eine typische Länge I
(6.306)
eingeführt, die man schon (6.302) entnehmen kann. Mit dieser Länge lassen sich x
und r dimensionslos machen, und daher müssen diese Veränderlichen nicht mehr in der
Kombination x/r auftreten. Damit ist die Ähnlichkeit in den Geschwindigkeitsprofilen
6.5 Freie Scherturbulenz 195
gestört. Da die Geschwindigkeit des FreistrahIs wie X-I abklingt (siehe (6.197)) und
die des Auftriebsstrahles wie X- I / 3 , wird der kombinierte Strahl immer als Freistrahl
beginnen und asymptotisch in den Auftriebsstrahl übergehen. Der Übergang wird bei
einer Höhe x stattfinden, die von der Größenordnung der typischen Länge ist.
In Fällen, wo der Impuls nicht mehr vernachlässigbar ist, werden für die Strahlberech-
nung oft Integralmethoden verwendet, die auf den oben angegebenen Bilanzgleichun-
gen in integraler Form beruhen. Die Ergebnisse einer solchen Rechnung sind nicht sehr
empfindlich von der Form der Verteilung, wie etwa die Gaußverteilung in (6.299) und
(6.300), abhängig und "Kastenprofile" sind oft schon ausreichend. Eine Annahme über
die Entrainment-Rate schließt das Gleichungssystem, indem es die noch unbekannte
radiale Zuströmgeschwindigkeit außerhalb des Strahles festlegt. Man erhält so ein ein-
faches Differentialgleichungssystem. In diesen Modellen kann auch eine mit der Höhe
veränderliche Dichte berücksichtigt werden. Wir verweisen auf die grundlegende Arbeit
von MORTON et al. [1955J, die auch den instationären Fall einer plötzlich freigesetzten
Wärmemenge behandelt, ferner auf MORTON [1959J.
Die Entrainment-Annahme ist kein gutes Modell für den tatsächlichen Vermischungs-
prozeß, aber es liefert gerade bei Auftriebstrahlen brauchbare Ergebnisse. Andere Mo-
delle lassen sich im Rahmen von Integralmethoden anwenden. Siehe hierzu SCHNEIDER
[1991J und dort enthaltene Referenzen.
..
7 Ahnlichkeitslösungen
Die Diskussion der Scherströmungen, insbesondere der freien Scherströmung, hat ge-
zeigt, wie die Dimensionsanalyse Ansätze für Ä·hnlichkeitslösungen liefern kann. Das
sind Lösungen, die sich dadurch auszeichnen, daß die (primitiven) unabhängig Veränder-
lichen, z. B. x und r, sich zu nur einer neuen Veränderlichen TJ = x/r kombinieren, von
der die noch unbekannt gebliebenen Funktionen allein abhängen (siehe z. B. (6.246),
(6.247)). Man spricht allgemein von Ähnlichkeitslösungen, wenn sich bei mehreren
unabhängig Veränderlichen eine Reduktion der unabhängig Veränderlichen ergibt. Bei
nur zwei primitiven, unabhängig Veränderlichen hat diese Reduktion zur Folge, daß das
Problem durch gewöhnliche Differentialgleichungen beschrieben werden kann. Um diese
Reduktion zu erreichen, sind oft Überlegungen notwendig, die über die Dimensionsana-
lyse hinausgehen und Symmetrie oder, allgemeiner, Invarianzeigenschaften der Diffe-
rentialgleichungen und der Randbedingungen einbeziehen. Wir betrachten zunächst
die reibungsfreien Strömungen und beschränken uns hier auf die Fälle, die sich durch
Dimensionsbetrachtungen alleine reduzieren lassen. Bei den später zu besprechenden
reibungsbehafteten Strömungen werden dimensionsanalytische Aussagen schon deswe-
gen unschärfer ausfallen müssen, weil als zusätzliche dimensionsbehafte Größe die Vis-
kosität auftritt, so daß dann weitere Erwägungen in Betracht kommen.
(7.1)
7.1 Stationäre reibungsfreie Potentialsträmung 197
2 2 'Y - 1 8~ 8~
a =a t ----- (7.2)
2 8x; 8x;
für die Schallgeschwindigkeit des kalorisch perfekten Gases, auf das wir uns beschränken
wollen (at ist dabei die Schallgeschwindigkeit der Flüssigkeit in Ruhe).
Aus der Lösung von (7.1) für angemessene Randbedingungen folgt dann die Strömungs-
geschwindigkeit:
U;=-8 . (7.3)
X;
Die Druckfunktion
P(p) = J _l_dp
g(p)
(7.4)
1 8~ 8~
-28x;8x;
- - + P = const , (7.5)
in der wir Volumenkräfte nicht berücksichtigt haben. Mit P(p) ist der Druck p und mit
g(p) auch die Dichte bekannt.
Wir betrachten nun den Grenzfall a - t 00, d. h. inkompressible Strömung. Dann folgt
aus (7.1) die Laplacesche Gleichung
82~
--=0 (7.6)
8x;8x;
1 8~ 8~ p
-- - + - = const . (7.7)
2 8x; 8x; g
Die Laplace-Gleichung (7.6) ist unter der Randbedingung zu lösen, daß an festen
Wänden (Normalenvektor n;) die Normalkomponente der Geschwindigkeit verschwin-
den muß, da Wände nicht durchströmt werden:
8~ 8~
-ni
8x;
= -8n = 0 (an der Wand) . (7.8)
198 7 Ähnlichkeits!ösungen
Wir behandeln nun die ebene Strömung um eine Ecke, die mit der x-Achse den Winkel
6 bildet (Abb. 7.1). Wir verwenden Polarkoordinaten r, cp und suchen eine Lösung im
Bereich 6 < cp < 11'. Offensichtlich ist eine Lösung des Problems in der Form
Fn(~,r,cp,6) =0 (7.9)
aus Dimensionsgründen nicht möglich, da sich aus den angegebenen Größen keine di-
mensionslosen Produkte bilden lassen. In dieses Problem muß wenigstens eine dimensi-
onsbehaftete Konstante eingehen, und es scheint zunächst naheliegend, eine ungestörte
Anströmgeschwindigkeit Uoo einzuführen, so daß (7.9) dann die Form
Fn(~,Uoo,r,cp,6) =0 (7.10)
annimmt. Der Rang der Dimensionsmatrix ist r = 2, und aus dem Zusammenhang zwi-
schen den 5 physikalischen Größen entsteht eine Beziehung zwischen 3 dimensionslosen
Produkten, die wir in der Form
(7.11)
schreiben. Wir werden sehen, daß die " Lösung " (7.11) nicht existieren kann, was darauf
zurückzuführen ist, daß der betrachtete Bereich ins Unendliche reicht und bei dem hier
betrachteten elliptischen Problem keine ungestörte Anströmgeschwindigkeit existiert.
7.1 Stationäre reibungsfreie Potentialströmung 199
(7.12)
(7.13)
(7.16)
und
! 84> I - 0 (7.17)
T 8cp ",=6 -
lautet. Aus (7.16) schließen wir auf Al = 0 und dann aus (7.17) auf A 2 = 0; damit
verschwindet die Lösung (7.15) mit Ausnahme von li = 0 identisch, wobei der Fall li = 0
die ungestörte Parallelströmung, d. h. der triviale Fall, ist.
Die aus Dimensionsgründen zu fordernde Konstante, die wir mit A bezeichnen, kann da-
her nicht die Dimension L/T einer Geschwindigkeit haben, sondern muß die allgemeine
Form
[A] = L /T , c =I- 1
C (7.18)
Fn(4),A,T,li,cp) =0 (7.19)
(7.20)
200 7 Ähnlichkeitslösungen
mit n =2- c bringen, wobei wir das für die weitere Rechnung unerhebliche Argument
C weggelassen haben. Durch Einsetzen von (7.20) in die Laplacesche Gleichung (7.12)
gewinnen wir die Differentialgleichung
!" + n 2 f = 0 . (7.21)
so daß sich
(7.23)
ergibt, wobei wir die dimensionslose Konstante Al in A gezogen haben. Die Randbe-
dingung (7.16) liefert
~ ~~
r <P
I '1'=1<
= -A n r n - l sin(mr + <Po) = 0 , (7.24)
also
mr + <po = k,1I" (k, = 0, ±l, ±2, ... ) , (7.25)
erfordert, also
n8 + <Po = k2 11" (k 2 = 0, ±1, ±2, ... ) . (7.27)
Die Bedingungen (7.25) und (7.27) lassen sich für beliebige 8 mit
n8 = -<Po (7.28)
und
n1l"-n8=1I" (7.29)
erkennt, und daher bleibt auch der Wert der Konstanten A unbestimmt. Er kann aus
der Lösung der Umströmung eines Körpers ermittelt werden, dessen Vorderkante als
Ecke ausgebildet ist.
Wir weisen darauf hin, daß sich die Lösung (7.30) nicht als Grenzfall eines Lösungsan-
satzes um einen endlichen Keil der Länge L ergibt. Hier tritt nämlich eine konstante
Geschwindigkeit im Unendlichen auf und der Ansatz hat die Form (7.11) mit dem
zusätzlichen dimensionslosen Produkt r / L, d. h.
aus der man nicht (7.30) gewinnt, indem man das Argument r / L einfach Null setzt.
In diesem Beispiel existiert der Grenzwert von (7.31) für r / L = 0 nicht. Bei anderen
Gelegenheiten hatten wir oft die Existenz eines solchen Grenzwertes vorausgesetzt oder
aus der physikalischen Problemstellung erschlossen. Im vorliegenden Problem sind aber
die Gründe einsichtig geworden, warum er hier nicht existiert. Natürlich ließe sich die
lokale Lösung durch Entwicklung der Lösung für den endlichen Körper am Staupunkt
für kleine r / L gewinnen und damit der unbekannt gebliebene Wert von A bestimmen.
Fälle, in denen der Grenzwert in obigem Sinne nicht existiert, treten in den Anwendun-
gen öfter auf. Sie sind nicht mehr mit Methoden der Dimensionsanalyse allein zu lösen.
Wenn man den Ansatz in der Form
(7.32)
schreiben kann, also hier bei der Lösung um den endlichen Keil in der Form 1
~= (
r
L)n-l Uoorf(<p,h,r/L=O) (7.33)
bzw.
(7.34)
lWir benutzen hier den Buchstaben n für den Exponenten, um den Zusammenhang zu (7.20)
herzustellen. Der Index n in (7.32) kennzeichnet, wie bisher, die Zahl der physikalischen Größen.
202 7 Ähnlichkeitslösungen
so spricht man von einer Ähnlichkeit zweiter Art (BARENBLATT und ZEL'nOVICH
[1972J, BARENBLATT [1979]). Der Exponent n kann nicht aus der Dimensionsana-
lyse gewonnen werden, sondern ergibt sich, wie bei (7.30), als Eigenwert eines i. allg.
nichtlinearen Eigenwertproblems. Wir verweisen auf BARENBLATT [1979], siehe auch
die Bemerkungen im Abschnitt 7.2.2.
Wir wenden uns nun der kompressiblen Strömung um Ecken zu und verwenden weiter-
hin die dem Problem angepaßten Polarkoordinaten. Wir gehen von der Potentialglei-
chung (7.1) in symbolischer Schreibweise
aus, setzen darin Nabla- und Laplace-Operator in Polarkoordinaten ein und erhalten
die jetzt nichtlineare Potentialgleichung
Entsprechend erhält man durch Einsetzen des Nabla-Operators in die symbolische Form
von (7.2) für die Schallgeschwindigkeit
a 2= a :r-=--!.
2 _
t 2 or + (~r 0<P)2]
[(0<P)2 oep (7.37)
Im Gegensatz zum Fall der inkompressiblen Potentialströmung tritt hier explizit eine
Konstante (at) mit der Dimension einer Geschwindigkeit auf. Der Zusammenhang
Fn(<P,at,r,ep,ö) =0 (7.38)
schreiben, wo auch hier Ö als Argument nicht weiter aufgeführt wird. Der Ansatz (7.39)
7.1 Stationäre reibungsfreie Potentialströmung 203
(7.40)
(7.42)
oder
1"+f=O. (7.43)
Die Lösung von (7.43) führt uns auf eine Parallelströmung. Bei Unterschallströmung ist
aber eine Parallelströmung für das Eckenproblem nicht möglich, wie die Diskussion der
inkompressiblen Lösung gezeigt hat, die ja eine Unterschallströmung ist. Genau wie in
Abschnitt 7.1.1 muß auch bei der kompressiblen Unterschallströmung eine zusätzliche
dimensionsbehaftete Konstante auftreten.
Wir stellen diesen Fall zurück und wenden uns der Überschallströmung zu, wo Berei-
che auftreten, in denen entweder (7.43) gilt (d. h. die Strömung ist dort eine Parallel-
strömung) oder in denen (7.42) gilt, d. h. Geschwindigkeit und andere Strömungsgrößen
nicht konstant sind. Zunächst gewinnen wir mit dem Ansatz (7.39) den Zusammenhang
(7.44)
(7.45)
(7.47)
204 7 Ähnlichkeitslösungen
wobei wir beim Übergang von (7.45) auf (7.46) das nega.tive Vorzeichen gewählt haben,
weil bei Strömung von links nach rechts das Potential mit wachsendem <f' abnimmt.
Statt (7.47) schreiben wir auch
(7.48)
(7.49)
Wir betrachten zunächst die konvexe Ecke der Abb. 7.2 mit der Zuströmmachzahl
(7.50)
(7.51)
7.1 Stationäre reibungsfreie Potentialsträmung 205
(7.54)
Die Energiegleichung (7.37) zeigt, daß die Geschwindigkeitskomponente U<p gleich der
(negativen) lokalen Schallgeschwindigkeit a ist, denn sie lautet mit (7.51) und (7.54)
a2 = a t2 - a 2sln
t
' 2 (Vffi-
1
,+12
'Ir - cp) ) - a 2--cos
--(- ' -
t,+1
21 (Vffi-
1
,+12
--(-
'Ir - cp) )
'
(7.55)
a2 = a~--
,+1
2 (Vffi-
cos 2 1
,+1 2
- - ( -'Ir - cp) ) = u~ . (7.56)
Der Winkel zwischen dem Geschwindigkeitsvektor ü und der r-Richtung (Abb. 7.3) ist
daher gleich dem Machschen Winkel
Allgemein ist dies der Winkel, den der Geschwindigkeitsvektor mit den Machsehen
Linien, die Charakteristiken sind, einschließt. Offensichtlich ist in den Gebieten, in
denen die Mach-Zahl konstant ist, dieser Winkel ebenfalls konstant. Die Ablenkung
des Geschwindigkeitsvektors von der ungestörten Anströmrichtung ist
v=p-cp. (7.59)
Wegen (7.58) ist dort, wo (7.51) und (7.54) gelten, v = v(cp). Wenn v = h erreicht ist,
verläuft der Geschwindigkeitsvektor parallel zur Wand, d. h. die Randbedingung (7.8)
206 7 Ähnlichkeitslösungen
/ /
Anfangs-
charakteristik
Stromlinie
u,
M, = 1
ist erfüllt. Daher ist ab einer bestimmten Charakteristik mit dem Endwinkel
(7.60)
der Geschwindigkeitsvektor für alle <P s:; <PE wandparallel und konstant, d. h. die
Strömung ist wieder eine Translationsströmung und (7.43) kommt zum Tragen. Die
Strömungsgrößen ändern sich also nur in dem fächerartigen Bereich 'Ir /2 ~ <P ~ <PE, den
man Expansionsfächer nennt. Wegen
(7.61)
läßt sich zusammen mit (7.51) und (7.54) die Mach-Zahl als Funktion von <P darstellen.
Aus sinJl = sin(v + <p) erhält man nach einigen Umformungen den als Prandtl-Meyer-
Funktion bekannten Zusammenhang v = v(M):
v J
= J~ ~ ~ arctan ( ~ ~ ~ (M2 - 1)) - arctan ( vi M2 - 1) (7.62)
Für einen vorgegebenen Ablenkwinkel v von der Anströmung mit M = 1 läßt sich
so aus einer tabellarischen Darstellung von (7.62) die Machsehe Zahl M(v), dann mit
7.1 Stationäre reibungsfreie Potentialströmung 207
Machsehe Linien
(7.58) der Machsche Winkel Jl und mit (7.59) der zugehörige Winkel c.p bestimmen.
Den allgemeineren Fall für beliebige Anström-Mach-Zahl M > 1 gewinnt man nach
Abb. 7.4, indem man sich eine Ecke mit der Ablenkung 151 = v(Md vorgeschaltet
denkt.
Die angegebenen Formeln gelten auch, wenn die Umlenkung, wie in Abb. 7.5 und
Abb. 7.6 dargestellt, stetig erfolgt. Da die Störungen nicht stromaufwärts gelangen
können, ist dies unmittelbar einsichtig. Aus mathematischer Sicht liegt es am hyper-
bolischen Charakter der Differentialgleichung (7.36) für M > 1, was sich auch darin
äußert, daß die Differentialgleichung (7.42) erster Ordnung in f ist, also nur eine Rand-
bedingung (bei c.p = 11"/2) gebraucht wird. Besonderer Erläuterung bedarf der Fall der
stetig gekrümmten konkaven Wand: In einiger Entfernung von der Wand schneiden
sich die Machschen Linien; die Charakteristiken bilden eine Enveloppe. Im Gebiet , das
alle Schnittpunkte der Charakteristiken beinhaltet, ist die Strömung aber nicht mehr
eindeutig, da auf jeder Charakteristik die Mach-Zahl einen anderen Wert hat, was aber
208 7 Ähnlichkeitslösungen
Machsehe
Linien
StoB
physikalisch unmöglich ist. Man beobachtet experimentell, daß eine unstetige Änderung
von der Spitze der Enveloppe ausgeht, die man als Verdichtungsstoß bezeichnet. Erfolgt
die Umlenkung unstetig in einer konkaven Ecke, so schneiden sich die Charakteristiken
direkt in der Ecke (Abb. 7.7). Für Umlenkwinkel6, die kleiner sind als ein Grenzwinkel
6maz (M), der für kalorisch perfektes zweiatomiges Gas und unendlich große Mach-Zahl
6m a:r(M -+ 00) :::::: 45° ist, bildet sich von der Ecke ausgehend ein gerader Verdichtungs-
stoß aus, der die Strömung um den Winkel 6 umlenkt. Die Strömungen vor und hinter
dem Verdichtungsstoß sind reine Translationsströmungen. Für Umlenkwinkel größer
als 6maz sind reibungsfreie Potentialströmungen physikalisch nicht zu realisieren.
Auch Potentialströmungen um konvexe Ecken, die weit weg von der Ecke Unterschall-
strömungen sind, sind physikalisch nicht im ganzen Feld realisierbar. Bei Annäherung
an die Ecke nimmt die Geschwindigkeit und die Mach-Zahl zu; die Mach-Zahl 1 wird
auf einer bestimmten Stromlinie überschritten, so daß man es dort mit Überschallströ-
mungen zu tun hat. Mit wachsendem Abstand von der Ecke nimmt die Strömungsge-
schwindigkeit ab, geht also vom Überschall wieder in den Unterschall über. In der Nähe
der Ecke kommt es zur Durchkreuzung von Charakteristiken derselben Familie, wie es
7.1 Stationäre reibungsfreie Potentialströmung 209
oben im Fall der konkaven Ecke geschildert wurde. Die Enveloppen stellen Grenzlinien
dar, innerhalb derer die Strömung nicht mehr eindeutig ist, also physikalisch nicht rea-
lisiert wird. Bekannte Strömungen sind die Ringleb-Lösung (Strömung um 180°-Ecke)
und die kompressible Eckenströmung um die konvexe 90° -Ecke.
Wählt man als unabhängige Veränderliche den Betrag der Geschwindigkeit und den Pol-
winkel iJ des Geschwindigkeitsvektors (Hodographenmethode ), so erhält man eine lineare
Gleichung für das Potential und die Stromfunktion. Die Gleichung für die Stromfunk-
tion ist einfacher und kann durch Separation der Veränderlichen gelöst werden. Ohne
auf die Lösung einzugehen, bemerken wir, daß neben der dimensionsbehafteten Kon-
stanten at eine weitere dimensionsbehaftete Konstante in der Lösung auftritt, was wir
aber aufgrund der Diskussion des inkompressiblen Falles auch erwarten.
Wir wählen Kugelkoordinaten r, rJ, r.p und betrachten die x-Achse als Polachse. Die
Lösung der Potentialgleichung erwarten wir in der Form
(7.63)
da die Abhängigkeit von r.p wegen der Rotationssymmetrie entfällt. Den Stoßwinkel
(J' haben wir nicht aufgelistet, da er von rJ o abhängig ist. Aus Dimensionsgründen
muß in den Zusammenhang (7.63) aber wenigstens eine dimensionsbehaftete Konstante
eingehen. Wie vorher wählen wir die Ruheschallgeschwindigkeit at, schreiben für (7.63)
eI>=atr!(rJ) (7.64)
und
1 ßeI>
=- - = ad
I
Ud (7.66)
r ßrJ
auf
dUr
cl:;? = Ud· (7.67)
Wir verzichten im folgenden darauf, mit der Potentialgleichung zu arbeiten und gehen
wegen (7.65) und (7.66) mit
(7.68)
direkt in die Bewegungsgleichungen, wobei wir ab sofort zur Abkürzung unter Ur und
Ud die mit at dimensionslos gemachten Geschwindigkeitskomponenten verstehen. Für
die Kontinuitätsgleichung
\7. (gü) =0 (7.69)
1 ß(gr 2 ur ) + __
1 _ß(gudsinrJ) _ 0
(7.70)
r2 ßr r sin rJ ßrJ -.
U; + u~ = , - I _2 [1 _(~) 2] at
(7.71)
7.1 Stationäre reibungsfreie Potentialströmung 211
und der für stationäre Potentialströmung gültigen Annahme der homentropen Strö-
mung
p = p(~) (7.73)
und
~=~(!?). (7.75)
(7.76)
Im folgenden dreht es sich darum, die Dichte aus dieser Beziehung zu eliminieren. Aus
der Energiegleichung (7.71) folgt zunächst die Beziehung
(7.77)
(7.78)
bzw.
1 da , - 1 1 d~
---- (7.79)
a d!? 2 ~ d!?
In
dUr dUl1 a 2 1 d~
Urdi + Ul1di + a~ ~ d!? = 0 (7.80)
(7.81)
(7.82)
212 7 Ähnlichkeitslösungen
oder
-du" + ur - -
Ur+ u" cot t'J
-:------;---;;-;---:-:~ (7.83)
dt'J - 1 - (aUa2)u~
Die Gleichungen (7.67) und (7.83) stellen ein Differentialgleichungssystem aus zwei
gekoppelten gewöhnlichen Differentialgleichungen für die Unbekannten u., u" und a
dar. Die fehlende dritte Gleichung ist die Energiegleichung (7.71).
Zur praktischen Berechnung geht man zweckmäßigerweise vom indirekten Problem aus,
d. h. man gibt sich den Winkel u der Stoßfläche vor, berechnet aus der Ruheschall-
geschwindigkeit at, den Stoßbeziehungen und der Mach-Zahl M oo vor dem Stoß alle
Größen hinter dem Stoß. Mit den Anfangswerten u., u", a behandelt man dann das
Problem als Anfangswertaufgabe. Der Körper ist erreicht, wenn u"
= 0 ist. Entspricht
der dann gefundene Kegelwinkel nicht dem gewünschten t'J o, so wiederholt man die
Rechung mit einem verbesserten Wert für den Stoßwinkel u.
Wir beschränken uns im folgenden auf ebene, zylindrische und kugelsymmetrische in-
stationäre, eindimensionale Strömungen. Eine ebene eindimensionale Strömung liegt
vor, wenn man ein kartesisches Koordinatensystem finden kann, in dem nur die x-
Komponente u der Geschwindigkeit von Null verschieden ist und zusätzlich u nur von
der Koordinate x (und t) abhängt. Um eine einheitliche Darstellung mit den zylindri-
schen und kugelsymmetrischen eindimensionalen Strömungen zu erhalten, bezeichnen
wir die Ortskoordinate in allen drei Fällen mit r und die einzige nicht verschwindende
und nur von r abhängende Geschwindigkeitskomponente mit u. Bei der zylindrisch
eindimensionalen Strömung verschwindet also die Abhängigkeit von r.p und z in Zylin-
derkoordinaten, bei der kugelsymmetrisch eindimensionalen Strömung hängt u nicht
von Polwinkel t'J und Azimuthwinkel r.p ab.
Die einzige nicht verschwindende Komponente der Eulerschen Bewegungsgleichungen
lautet dann für alle drei Koordinatensysteme gleich:
8u 8u 1 8p
-+u-=---.
8t 8r (}8r
(7.84)
Die Kontinuitätsgleichung können wir bei Verwendung eines Faktors j auf eine, für alle
7.2 Instationäre reibungsfreie kompressible Strömungen 213
(7.85)
bringen. Der Faktor j muß dann, je nach Raumdimension, einen der folgenden Werte
annehmen:
0 ebene
}
J =
J = 1 zylindersymmetrische eindimensionale Strömung . (7.86)
J = 2 kugelsymmetrische
oder
bringen, wobei die Konstante C von Bahnlinie zu Bahnlinie verschieden sein kann. Die
Lösung der drei nichtlinearen, gekoppelten, partiellen Differentialgleichungen (7.84),
(7.85) und (7.87) erwarten wir in der Form
(7.90)
}
u u(B, r, t, t o, ro, ,)
p p(B, r, t, t o, ro, ,) (7.91 )
{! {!( B, r, t, to, ro, ,)
Eine Dimensionsanalyse liefert dann auf bekanntem Wege die dimensionslosen Produkte
u -_ ut , (7.92)
r
pr n +1 t m +2
P= (7.93)
B
und
{!r n +3 t m
R= (7.94)
B
für die abhängig Veränderlichen und r/ro, t/to für die unabhängig Veränderlichen. An-
stelle von (7.91) erhalten wir so
u = U (r/ro, t/to) }
P = P(r/ro,t/to) (7.95)
R R(r/ro,t/to)
wobei wir hier und im folgenden die Abhängigkeit von der dimensionslosen Größe,
nicht explizit angeben.
Offensichtlich erhalten wir aus (7.95) Ähnlichkeitslösungen, wenn eine der dimensions-
losen Veränderlichen verschwindet. Es gibt eine große Anzahl von Ähnlichkeitslösungen
der Gleichungen (7.84), (7.85) und (7.87), die grundsätzliche Bedeutung in der Gasdy-
namik bis hin zu Anwendungen in der Astrophysik haben (SEDOV [1959], ZEL'DOVICH
und RAIZER [1967]). Die ersten Ähnlichkeitslösungen stammen von BECHERT [1941J
und GUDERLEY [1942J. Eine Literaturübersicht findet man u. a. in HAYES und PROB-
STEIN [1966J.
Wir betrachten hier nur zwei Anwendungsfälle und verweisen für eine ausführliche Be-
handlung anderer Ähnlichkeitslösungen auf SEDOV [1959J.
7.2 Instationäre reibungsfreie kompressible Strömungen 215
Wir idealisieren die starke kugelsymmetrische Explosion auf eine Freisetzung der Ener-
gie E am Ort r = 0 zur Zeit t = 0 in einer Umgebung, die durch die Größen Po und {!o
beschrieben ist. Jede der Größen enthält die Masse in der Dimensionsformel und kann
die Rolle der Konstanten B übernehmen. Wir wählen die Dichte {!o, also n = -3 und
m=O.
Die Gleichungen (7.92) bis (7.94) lauten
u -_ ut , (7.96)
r
pt 2
p=-2 (7.97)
{!or
und
R=..R... (7.98)
{!o
Weder eine typische Zeit noch eine typische Länge treten unmittelbar auf, sind also aus
dimensionsbehafteten Größen abzuleiten. Die fünf Größen Po, E, {!o, rund t lassen sich
auf bekanntem Wege auf zwei unabhängige dimensionslose Produkte reduzieren, und
man kann (7.95) in der Form
(7.99)
mit entsprechenden Ausdrücken für U und R schreiben. Wir entnehmen (7.99) die
typische Zeit
t o _- ({!or
--
Po
2
)!
und die typische Länge
_(Et2) t .
ro -
(!o
Man hätte natürlich auch andere dimensionslose Produkte wählen können, etwa por3 / E
und Pot 2/({!or 2), und eine andere typische Länge, etwa (E/PO)1/3, und als typische
Zeit r /(Po/ {!O)1/2. Sie sind dimensionsanalytisch völlig äquivalent, und die Lösung
(7.99) könnte ebensogut in diesen Veränderlichen dargestellt werden. Um eine Ähnlich-
keits!ösung zu erhalten, muß aber eine der dimensionslosen Veränderlichen verschwin-
den. In dem Grenzfall, in dem das Verschwinden erreicht wird, muß die verbleibende
dimensionslose Veränderliche aber das Problem noch in den interessierenden Aspekten
beschreiben können. Das gewünschte Ergebnis läßt sich i. allg. nur bei einem speziellen,
216 7 Ähnlichkeitslösungen
d. h. t o -+ 00, zu setzen. Hätte man den Grenzübergang in den Produkten Pot 2 /(f!or 2 )
und Por3 / E vollzogen, so wären beide unabhängig Veränderlichen aus dem Problem
verschwunden.
Bei Vernachlässigung des Druckes Po treten im Problem nur die zwei dimensionsbehaf-
teten Größen E und f!o auf. An die Stelle des allgemeinen Zusammenhangs (7.99) tritt
dann die Gleichung
p =p (f!or S ) (7.100)
Et 2
mit den entsprechenden Beziehungen für U und R oder
U
P
= U(A) }
= P(A) , A= r (_t
E
) 2 _!.
5 (7.101)
R = R(A) f!o
Der vorliegende Fall erlaubt es schon, die Bedingungen für die Existenz von Ähnlich-
keitslösungen schärfer zu fassen: Wenn neben den unabhängig Veränderlichen rund t
nur zwei dimensionsbehaftete Konstanten Bund A, hier B = f!o, A = (E/f!o)-l/S, mit
unabhängigen Dimensionen auftreten, so existiert eine Ähnlichkeitslösung. Der Beweis
ist einfach: Da A und B unabhängige Dimensionen haben, schreiben wir die Dimension
von A ohne Einschränkung der Allgemeinheit
(7.102)
und übernehmen die Dimensionsformel für B von (7.90), die in offensichtlicher Weise
von (7.102) unabhängig ist. Eine abhängig Veränderliche, etwa p, genügt der Gleichung
p = p(A,B,r,t).
7.2 Instationäre reibungsfreie kompressible Strömungen 217
Im [LMT]-System ist der Rang der Dimensionsmatrix wegen (7.102) und (7.90) r = 3.
Daher erhalten wir zwei dimensionslose Produkte, von denen das eine durch (7.93)
schon bekannt ist und das andere die einzige dimensionslose Veränderliche, nämlich die
Ähnlichkeitskoordinate
A = Ar (7.103)
t lc '
liefert. Die partiellen Differentialgleichungen (7.84), (7.85) und (7.87) lassen sich daher
auf gewöhnliche Differentialgleichungen reduzieren, deren Lösung im Fall der starken
Explosion sogar in exakter analytischer Form angegeben werden kann, in der Regel aber
durch numerische Integration gewonnen wird.
Der Exponent kin (7.103) ist oft aus der Dimensionsanalyse bestimmbar. Er tritt dann
als rationale Zahl auf. Wenn er über Randbedingungen bestimmt wird, muß er keine ra-
tionale Zahl sein. Auf jeden Fall ist der Exponent im voraus ermittelbar. Man nennt sol-
che Ähnlichkeitslösungen Ähnlichkeitslösungen der ersten Art (ZEL'DOVICH und RAI-
ZER [1967]). In Ähnlichkeitslösungen der zweiten Art ist der Exponent unbekannt und
muß zusammen mit der Lösung ermittelt werden, etwa dadurch, daß die Integralkurve
durch einen singulären Punkt der Differentialgleichung geht, um die Randbedingun-
gen zu erfüllen (siehe z. B. GUDERLEY [1942]). Es scheint, daß Ähnlichkeitslösungen
der zweiten Art dann auftreten, wenn die dimensionsbehaftete Konstante A durch die
Daten nicht festgelegt ist. Diesen Fall haben wir bereits bei der Eckenströmung Ab-
schnitt 7.1.1 kennengelernt. (Die Konstante A hat dort die Dimensionsformel LCT- 1 , die
aber offensichtlich (7.102) gleichwertig ist.) Die Konstante kann bei lokalen Lösungen
erst bestimmt werden, wenn die gesamte (schwierigere) Lösung bekannt ist.
Die Ansätze (7.101) gestatten es, die Lösungen in dem Bereich zu berechnen, in dem
sich die Strömungsgrößen stetig ändern. Dieser Bereich wird eingeschlossen durch die
sphärische Stoßfläche, die sich vom Explosionsherd ausbreitet. Die Verhältnisse hinter
der Stoßfront dienen als Randbedingungen für die Lösung im eingeschlossenen Gebiet.
Bevor wir auf die Lösungen eingehen, stellen wir die Randbedingungen zusammen, die
sich mit den Stoßbeziehungen aus den Bedingungen vor dem Stoß ergeben. Zunächst
erfordert die Ähnlichkeit, daß auch der Stoß eine Linie
E 2 _1
A = const = AS = rs ( -;;) 5 (7.104)
ist, woraus wir die Abhängigkeit des Halbmessers rs der sphärischen Stoßfront von der
Zeit, der freigesetzten Energie E und der Dichte !!o ablesen. Die Stoßausbreitung ist
also, bis auf eine dimensionslose Konstante AS, auch ohne Integration der Gleichungen
(7.84), (7.85) und (7.87) bereits bekannt. Mit Kenntnis der Stoßbeziehungen hat man
218 7 Ähnlichkeitslösungen
dann, ebenfalls bis auf einen dimensionslosen Faktor, die Größen unmittelbar hinter
der Stoßfront. Unter der Annahme, daß die Stoßgeschwindigkeit rs = drs/dt sehr viel
größer als die Schallgeschwindigkeit ao ist, gilt für das Dichteverhältnis
{!o ,-I Ro
(7.105)
{!s ,+ 1 Rs '
folgt für die Geschwindigkeit Us unmittelbar hinter dem Stoß im ortsfesten System
2 .
Us = - - r s (7.107)
,+1
oder mit (7.96)
2 rs 2 2
Us=---t=---. (7.108 )
,+ 1 rs ,+ 1 5
Im allgemeinen haben wir mit (7.103) statt .(7.104)
2
Us = - - k . (7.109)
,+1
Aus dem Impulssatz
Ps - Po = {!o rs '2(1 (!o)
- {!s (7.110)
2 .2
Ps = {!o, + 1 rs , (7.111)
bzw.
Ps = _ 2 (~)2 (7.112)
,+ 1 5
und i. allg.
P = _2_ k2 . (7.113)
S ,+ 1
Aus (7.105) und (7.111) läßt sich mit der thermischen Zustandsgleichung auch die Tem-
peratur ermitteln.
Wir können diese Ergebnisse auch auf zylinderförmig oder flächenhaft verteilte, zum
7.2 Instationäre reibungsfreie kompressible Strömungen 219
(7.114)
mit j nach (7.86) und erhalten daher für die Dimension der zweiten dimensionsbehaf-
teten Konstanten A
[E] -1/(j+3) = L
(Jo -1 T 2 /(i+ 3 ) • (7.115)
(
A U' (U - k) P)
+ R = - U(U - 1) + (n P'
+ 1) R (7.117)
und
(7.119)
in denen der Strich die Ableitung nach A bedeutet. Diese Differentialgleichungen gelten
allgemein für ähnliche Probleme der eindimensionalen instationären Gasdynamik. Spe-
ziell für die kugelsymmetrische Explosion ist j = 2 und bei unserer Wahl von (Jo = B,
n = -3 und m = O. Es ist bemerkenswert, daß sich für die starke Explosion das
Gleichungssystem durch Quadraturen lösen läßt. In diesem Fall findet man ein erstes
Integral der Energiegleichung, das die geschlossene Lösung möglich macht. Die Lösung
enthält noch die unbestimmte Konstante AS, was die Tatsache widerspiegelt, daß die
Stoßlage rs nicht gegeben, sondern als Teil der Lösung zu finden ist. Zu ihrer Ermitte-
lung muß neben den Stoßbeziehungen und den Differentialgleichungen eine zusätzliche
220 7 Ähnlichkeitslösungen
Bedingung erfüllt werden. Bei der starken Explosion ist dies die Forderung, daß die
gesamte Energie innerhalb der Stoßfläche
E= 41r f
rs
eine Erhaltungsgröße ist. Einsetzen der Lösung in (7.120) ergibt dann die Konstante
AS, die für 'Y = 1.4 den Wert AS = 1.033 annimmt, also einen Wert, der fast Eins ist.
Die angesprochene Lösung, die eine recht komplizierte Form hat, findet sich u. a. bei
SEDOV [1959], HAYES und PROBSTEIN [1966] und LANDAU und LIFSHITZ [1987]
(7.121)
mit entsprechenden Beziehungen für U und R. Offensichtlich ist aber der Zusammen-
hang
(7.122)
der Gleichung (7.121) vollkommen ebenbürtig. In diesem besonderen Fall ist eine der
unabhängigen dimensionslosen Veränderlichen aber eine absolute Konstante; daher läßt
das vorliegende Problem eine Ähnlichkeitslösung sogar ohne Vernachlässigung eines
dimensionslosen Produktes zu.
Dies ist nicht mehr der Fall bei veränderlicher Kolbengeschwindigkeit. Wenn die Kol-
bengeschwindigkeit eine dimensionsbehaftete Konstante A einführt mit der Dimensi-
7.2 Instationäre reibungsfreie kompressible Strömungen 221
onsformel (7.102), so sind zwar wieder Ähnlichkeitslösungen möglich, jedoch nur wenn
ein dimensionsloses Produkt vernachlässigt wird. Damit sind wir auf Kolbengeschwin-
digkeiten der Form
(7.123)
festgelegt. Aus den fünf physikalischen Größen A, (!o, Po, rund t bilden wir auf bekannte
Weise die zwei unabhängig Veränderlichen Ar/tl< und t/(A";Po/{!O)l/(I<-l), und daher
gilt z. B. für den Druck
Ar ( ftJ-1/(1<-1) )
p=p ( - , A - t. (7.124)
tl< {!o
Eine Ähnlichkeitslösung existiert nur, wenn eine der drei dimensionsbehafteten Größen
A, {!o oder Po aus dem Problem verschwindet. Physikalisch sinnvoll ist es wieder, Lösun-
gen für Po -+ 0 zu verfolgen. Wir werden dann wieder auf die Ansätze (7.101) geführt,
wobei jetzt die Ähnlichkeitsvariable durch
(7.125)
gegeben ist. Die gesuchten Funktionen U, P und R erfüllen die allgemeinen Differen-
tialgleichungen (7.117) bis (7.119), wobei j weiterhin die Dimensionalität des Raumes
angibt und der Exponent k aus der Kolbenbewegung bekannt ist. Wie vorher schon ist
n = -3 und m = O. Auch hier breitet sich eine Stoßfront aus, die von der Kolbenbewe-
gung getrieben wird. Die Differentialgleichungen beschreiben die Bewegung zwischen
Stoß und Kolben. Die Stoßbahn muß eine Ähnlichkeitslinie sein, d. h.
(7.126)
Für zulässige Werte von j und k müssen die Gleichungen numerisch integriert werden
(mit Ausnahme von k = 1 und j = 0, der der ebenen eindimensionalen Stoßbewegung
mit konstanter Stoßgeschwindigkeit entspricht, in dem die Größen zwischen Stoß und
Kolben konstant sind und schon aus den Stoßbeziehungen folgen. Nach (7.122) kann
man hier die Forderung Po -+ 0 fallen lassen). Die Rechnung kann im inversen Pro-
blem so erfolgen, daß man As = 1 vorgibt und die Gleichungen als Anfangswertproblem
numerisch integriert mit den Größen hinter dem Stoß (7.105), (7.109) und (7.113) als
Anfangswerte. Der Kolben ist bei dem Wert A = AK erreicht, an dem die Gasgeschwin-
digkeit u gleich der Kolbengeschwindigkeit TK ist. Die kinematische Randbedingung
(7.127)
222 7 Ähnlichkeitslösungen
(7.128)
bzw.
(7.129)
den Wert
(7.130)
Die Differentialgleichungen lassen Lösungen für positive ).K nur unter Einschränkungen
zu, die wir anführen, ohne darauf einzugehen:
3 .
k- 1 < _ + ~ . (7.131)
2 2
Die Lösungen finden auch Anwendungen in der Theorie der stationären Hyperschall-
strömungen. Nach dem Hayesschen Äquivalenzprinzip besteht Äquivalenz zwischen der
stationären Hyperschallströmung um schlanke Körper und der instationären Strömung
in einer um Eins verringerten Raumdimension: Dem instationären Problem mit der
zylindrischen Kolbenbahn (j = 1, (7.128)) entspricht die Strömung um einen achsen-
symmetrischen Körper mit der Körperkontur
(7.132)
der mit Uoo in Achsenrichtung angeströmt wird. Die Lösungen und die Berandungen
der Strömung werden übertragen, wenn t durch x/Uoo ersetzt wird. Für j = 0 wird in
der Äquivalenz die Strömung um ebene Profile mit der Kontur (7.132) erzeugt. Werte
k< 1, die der Ungleichung (7.131) genügen, stellen konvexe Potenz-Gesetz-Körper dar.
Man kann leicht eine Lösung nahe der Körperkontur finden, die zeigt, daß der Druck
an der Körperkontur endlich ist und die Dichte gegen Null strebt, d. h. praktisch
die gesamte Masse ist unmittelbar hinter der Stoßfläche angehäuft. Werte von k >1
stellen konkave Potenz-Gesetz-Körper dar, die vorne spitz sind. Hier ist die Dichte
am Körper sehr hoch, wo sich jetzt praktisch die gesamte Masse befindet. Für k =1
werden Keile bzw. Kegel erzeugt. Hier ist nach Gleichung (7.122) Ähnlichkeit bei
nicht verschwindendem Druck möglich. Die zylindrische und ebene starke Explosion
entspricht in der Äquivalenz Strömungen um, in Achsenrichtung angeströmte, vorn
abgestumpfte Zylinder bzw. Platten. Die in der Explosion freigesetzte Energie E kann
unmittelbar mit dem Widerstand in Beziehung gebracht werden. Wegen der Bedeutung
der Lösungen in hypersonischer Strömung sind die meisten numerischen Rechnungen für
7.2 Instationäre reibungsfreie kompressible Strömungen 223
Als Beispiel für diese Klasse von Strömungen betrachten wir die plötzlich in ihrer eigenen
Ebene in Gang gesetzte, unendlich ausgedehnte Wand. Die Strömung sei eben, die
Wand falle mit der Ebene y = 0 zusammen und werde bei t = 0 ruckartig in einer
Flüssigkeit, die für t < 0 in Ruhe ist, auf die Geschwindigkeit U gebracht.
Offensichtlich läßt sich der Ursprung des x, y- Koordinatensystems auf der x-Achse ver-
schieben, ohne daß die Formulierung der Aufgabe zu ändern wäre. Daher sind alle
Größen von x unabhängig, so daß wir aus der Kontinuitätsgleichung für inkompressible
Strömung
(7.133)
zunächst auf
v = const (7.134)
7.3 Exakte Lösungen der Navier-Stokesschen Gleichungen 225
schließen und aus der Randbedingung v(y = 0) = 0 dann, daß v überall verschwindet.
Die Bewegungsgleichung in x-Richtung
(7.135)
Die Dimensionsmatrix der fünf physikalischen Größen hat den Rang r = 2, und daher
ist (7.141) äquivalent zu einer Beziehung der Form
u
U = fn y' v'Vt
(Ut y) ' (7.142)
der man insofern keinen Fortschritt entnimmt, als die Zahl der - im mathematischen
Sinne - unabhängig Veränderlichen gleich geblieben ist, obwohl natürlich eine Reduk-
tion der Veränderlichen im Sinne der Dimensionsanalyse eingetreten ist.
Die Erkenntnis aber, daß das Problem (7.136), (7.139), (7.140) ein lineares Problem ist,
in dem als Folge der Randbedingung (7.139) die Geschwindigkeit U nur linear auftreten
kann, bringt (7.142) in die Gestalt 2
wobei der Faktor 2 eingeführt wurde, um die folgenden Formeln etwas einfacher zu
gestalten.
Mit (7.143) entsteht aus (7.136) die gewöhnliche Differentialgleichung
-2.,.,1'=1" , (7.144)
(7.145)
führt.
Bevor wir die Integration fortsetzen, bemerken wir, daß die nicht verschwindende Kom-
ponente des Wirbelvektors rotü = 2w ez
2w = - ou
oy
= -~ I'
2"fVt
also
(7.146)
ist, die damit ihr Maximum bei festem t an der Stelle y = 0 annimmt, wo für t = 0 der
Wert Iwl -+ 00 angetroffen wird, während dann für y > 0 w = 0 ist. Die Rotation, d. h.
die Winkelgeschwindigkeit der materiellen Teilchen, breitet sich nach (7.146) aus. Man
spricht von der "Diffusion der Rotation", denn das Problem ist mathematisch völlig
analog zum instationären Wärmeleitungsproblem in einem halbunendlichen Körper,
dessen Oberfläche plötzlich mit der Temperatur To beaufschlagt wird. Der Rotation
entspricht dort die nicht verschwindende Komponente des Wärmestromvektors.
Aus der nochmaligen Integration der Gleichung (7.145) gewinnen wir die allgemeine
Lösung
J
'I
anpassen. Aus der ersten Gleichung in (7.148) folgt C 2 = 1 und aus der zweiten
00
(7.150)
verwendet wurde.
Die allgemeine Lösung (7.147) erlaubt es auch, die Auflösung einer tangentialen Un-
stetigkeitsfläche in der Geschwindigkeit zu berechnen. Wenn die x-Achse mit der Un-
stetigkeitsfläche zur Zeit t ::; 0 zusammenfällt und die Geschwindigkeiten dann U für
y > 0 und -U für y < 0 sind, so lauten die entsprechenden Bedingungen an f
u
U = erf(1]) . (7.152)
Wir betrachten die Strömung gegen eine unendlich ausgedehnte ebene Wand, die durch
die x-Achse dargestellt wird. Das Potential dieser Strömung ist aus Abschnitt 7.1
bekannt und lautet
c» = Ar 2 cos[2( 'f' - 7r /2)] (7.153 )
System
(7.154)
angetroffen werden.
Im allgemeinen bestehen für die Geschwindigkeitskomponenten die Zusammenhänge
u = fn(lI,a,x,y) (7.156)
und
v = fn(lI,a,x,y) (7.157)
und
:y = V (xV;;;;, yJa/lI) (7.160)
sowIe
Po; P = allP (xJa/lI' yJa/lI) . (7.161)
Obwohl jeweils eine Reduktion der Veränderlichen um den Rang der Dimensionsmatrix
stattgefunden hat, sind die - im mathematischen Sinne - unabhängigen Veränderlichen
gleichgeblieben.
Weitere Reduktion ist aber möglich, wenn über die Dimensionsanalyse hinausgehende
Erkenntnisse hinzutreten: Sowohl die asymptotische Bedingung (7.155) als auch die
Randbedingungen
u(x,y = 0) = v(x,y = 0) = 0 (7.162)
7.3 Exakte Lösungen der Navier-Stokesschen Gleichungen 229
lassen sich nämlich auch erfüllen, wenn die Abhängigkeit von x in den Funktionen U und
V verschwindet, und es wird auch kein wesentlicher Parameter entfernt. Wir erhalten
dann aus (7.159), (7.160) und der Kontinuitätsgleichung den Zusammenhang
(7.163)
in dem
hätten gewinnen lassen. Mit (7.164) entsteht aus der Bewegungsgleichung (7.135) für
stationäre Strömung die Gleichung
Po-p 1 22 1 2
- - = -a x + -Tf va (7.166)
(! 2 2
1'(00) =1 (7.170)
230 7 Ähnlichkeits!ösungen
eben
2.5
!.c~e!!s'Lm!!!e.!!:i s~h.
2
/"
'/
""
~
,..
1.6
V,,'
/ ---
,-
'"
r- ......~
...
~~..-
....
/~
..-
7'-
,.
~/
0.6
~ ~- --- -
o
o 0.6 1.6 2 2.6 3
7J - y.JIsIZl)
stellt ein Randwertproblem dar, das numerisch gelöst werden muß. Man kann es eben-
falls als Anfangswertproblem lösen, indem man etwa 1"(0) = Q' zusätzlich zu (7.169)
vorschreibt und Q' so lange variiert bis (7.170) erfüllt ist. Die numerische Lösung ist
in Abb. 7.9 dargestellt, der man - im Einklang mit (7.155) - auch das asymptotische
Verhalten
entnimmt. Für TJ ::::: 3 ist f' ::::: 1, d. h. praktisch sind die Geschwindigkeiten der
Potentialströmung an dieser Stelle erreicht, die dem Abstand
entspricht. Der Abstand ist hier von x unabhängig und strebt für v -+ 0 gegen Null.
Die noch unbekannte Funktion F(TJ) berechnen wir unter Benutzung der Bewegungs-
gleichung in y-Richtung (7.137), die mit den Ansätzen (7.164) die Form
a ..;av 1f' = - ~e oy
op - a ..;av f" (7.172)
7.3 Exakte Lösungen der N avier-Stokesschen Gleichungen 231
y z
v(O) = ay
Abb. 7.10. Dehnung einer Folie
annimmt, aus der wir unter Beachtung von (7.167) die Beziehung
= F, ~
- -1-op r::: (//' + /")
-=ayav (7.173)
{} oy v
(7.174)
führt. Daher ergibt sich der Druck zu der aus der Dimensionsanalyse vorgeschriebenen
Form
Po - P
-{}-=T
av
[(x /f)~a 2
,
+/2(,,)+2/(,,) 1, (7.175)
Eine interessante Anwendung der bisherigen Ergebnisse entsteht, wenn eine Folie un-
ter dem Einfluß von Zugspannungen gedehnt wird (siehe Abb. 7.10) . Bei konstanter
Dehnrate nimmt die lokale Foliengeschwindigkeit u(x) wie ax zu, wenn x der Abstand
von der Symmetrielinie ist. Durch die Haftbedingung wird die umgebende Flüssigkeit
mitgerissen, und es bildet sich eine Strömung aus, die weiterhin von der Gestalt (7.159),
(7.160) sein muß. Die x-Komponente der Geschwindigkeit verschwindet weit entfernt
232 7 Ähnlichkeitslösungen
gilt. Das asymptotische Verhalten der y-Komponente ergibt sich aus der Lösung. Glei-
chung (7.165) besteht weiterhin, da aber der Druck im Unendlichen keine Funktion von
x ist, was aus der dort überall gültigen Bernoullischen Gleichung in Verbindung mit der
asymptotischen Randbedingung folgt, setzen wir 8p/8x = 0 und erhalten die homogene
Form der Gleichung (7.168) (CRANE [1970])
/'(00) =0 . (7.180)
Po-p
- - = F(TJ) , (7.182)
(!
(7.183)
und identifizieren damit Po als den Gesamtdruck in großer Entfernung von der Wand.
Wenn wir statt Po den Druck an der Wand Pw als Referenzdruck wählen, erhalten wir
(7.184)
7.3 Exakte Lösungen der Navier·Stokesschen Gleichungen 233
Die bisherigen Ergebnisse lassen sich ohne Schwierigkeiten auf die achsensymmetrische
Staupunktströmung erweitern, deren Potential
(7.185)
lautet, wenn die Zuströmung zur Platte jetzt aus der z-Richtung und die Ebene z = 0
die Wand bildet. Weit entfernt von der Wand muß aus den bereits erwähnten Gründen
die reibungsbehaftete Strömung in die Potentialströmung übergehen, deren Geschwin-
digkeitskomponenten in die X-, y- und z-Richtung wir aus (7.185) der Reihe nach zu
berechnen. Dieselben Überlegungen, die zu (7.164) führten, begründen dann den Ansatz
~=u(z{;)
ax v (7.187)
und
~=V(z{;)
ay v (7.188)
sowie
~=-w(z{;)
2az v , (7.189)
8u 8v 8w
-+-+-=0
8x 8y 8z (7.190)
(7.191)
(7.192)
(7.193)
234 7 Ähnlichkeitslösungen
8u 8u 8u 18p
u-+v-+w- ---+vßu
8x 8y 8z e8x
8v 8v 8v 18p
u-+v-+w- ---+vßv (7.194)
8x 8y 8z e 8y ,
8w 8w 8w 18p
u-+v-+w- ---+vßw
8x 8y 8z e 8z '
einsetzen (in denen ß der Laplace-Operator ist) und erhalten aus der Bewegungsglei-
chung in x-Richtung
1'2- 2/ 1"=1+1"', (7.195)
zu integrieren. Bis auf den Faktor 2 im zweiten Term der Differentialgleichung ist dies
dasselbe Problem wie (7.168) in Verbindung mit (7.169) und (7.170). Die Lösung ist
ebenfalls in Abb. 7.9 eingetragen und unterscheidet sich auch quantitativ nicht sehr.
Aus Symmetriegründen ist
18p
- -- = a2 y (7.198)
e 8y
und die Bewegungsgleichung in y-Richtung führt uns wieder auf (7.195). Aus (7.196)
und (7.198) folgt
Po-P 1 1
= 2"a x + 2"a y + F(71,av)
22 22
-e- (7.199)
Es liegt auf der Hand, daß sich die Lösung auf den Fall der in x- und y- Richtung ge-
dehnten Membran übertragen läßt (WANG [1984]). Die Geschwindigkeitskomponenten
u und v nehmen an der Wand wie ax und ay zu und verschwinden weit weg von der
Wand. Daher hängt auch der Druck nicht von x und y ab, und für 1 ist wieder die
7.3 Exakte Lösungen der Navier-Stokesschen Gleichungen 235
zu integrieren. Der Faktor 2 aber verhindert in diesem Fall eine geschlossene Lösung,
so daß die Integration numerisch erfolgen muß.
So wie eine gedehnte Membran durch die Haftbedingung in der umgebenden Flüssigkeit
ein Geschwindigkeitsfeld induziert, so wird auch die Flüssigkeit in der Nähe einer ro-
tierenden Scheibe in Bewegung gesetzt. Die Scheibe sei unendlich, falle mit der Ebene
z = 0 zusammen und drehe sich um die z-Achse.
Die" treibende Kraft" der Strömung ist die Umfangsgeschwindigkeit nr der Scheibe.
Mitgeschleppte Flüssigkeitsteilchen werden durch Zentrifugalkräfte nach außen getrie-
ben und deren Platz wird von Teilchen eingenommen, die aus axialer Richtung zu-
strömen.
Anstelle von a im vorangegangenen Abschnitt tritt hier die Winkelgeschwindigkeit n der
Scheibe, und sinngemäß können die Ergebnisse dieses Abschnitts übernommen werden.
Für die Geschwindigkeitskomponenten Ur, u'" und U z in Zylinderkoordinaten (r, cp, z)
erhalten wir dann die Zusammenhänge
Ur = fn(r, z, v, n) ,
fn(r, z, v, n) , (7.204)
Uz fn(r, z, v, n)
236 7 Ähnlichkeitslösungen
Ur
Or
= u(z~,r~)
U<p
Or
= ~(z~,r~) (7.206)
U
Oz
z
= z(z~,rlr)
und
(7.207)
sich auch ohne die Abhängigkeit von r JO/v erfüllen lassen, gelangen wir zu der - über
die reine Dimensionsanalyse hinausgehenden - Vereinfachung für die Geschwindigkeits-
komponenten
Ur = OrU(7J) ,
U<p = Or~(7J), (7.210)
Uz = Oz Z(7J)
mit
(7.211)
U 1 ( )' =!,
= --.,.,Z (7.214)
2
Ur = fir 1'(.,.,) ,
u'I' = fircll(.,.,), (7.215)
u. -2~ !(.,.,) .
(7.216)
in t.p-Richtung
(7.217)
und in z-Richtung
(7.218)
Da der Druck als Folge der asymptotischen Bedingung keine Funktion von r ist, setzen
WIr
(7.219)
238 7 Ähnlichkeitslösungen
0.76
\
0.6 ~ ~4> j P
/ "~ ~
r
0.26 .......
~
o ~-
~
~,.
-0.26
~
--
-0.6
........
"---
-2f ----...........
-0.76
-...........
:-----......
-1
o 3 4 6
1) - N(O/v)
und erhalten zusammen mit (7.215) aus den Bewegungsgleichungen schließlich die ge-
wöhnlichen Differentialgleichungen
Die ersten beiden Differentialgleichungen müssen simultan mit den sich aus (7.208) und
(7.209) ergebenden Bedingungen
und
1'(0) = 0, f(O) = 0, iP(O) = 1 (7.222)
gelöst werden. Danach kann die dritte Differentialgleichung in (7.220) für P (etwa mit
P(O) = 0) integriert werden. Die Lösungen sind in Abb. 7.11 aufgetragen.
Die Struktur der Ansätze (7.215) und (7.203) legt es nahe, heide Lösungen durch die
7.3 Exakte Lösungen der Navier-Stokesschen Gleichungen 239
Ansätze
Kr 1'("1) ,
Or<ll(1]), (7.223)
Uz -2~f(1])
zu kombinieren, in denen
(K
"I = zy ---; , K=va 2 +0 2 (7.224)
ist. Aus den partiellen Differentialgleichungen (7.216) bis (7.218) gewinnen wir der
Reihe nach die gewöhnlichen Differentialgleichungen
und
Po - P = 2Kv(f2 + 1') + fn(r) , (7.227)
e
wobei
18p ,2
- - - = Kli r (7.228)
e 8r
mit der noch unbekannten Konstanten K verwendet wurde. Wegen (7.228) ist also die
D ru ck vertei I ung
(7.229)
und wir bestimmen K aus der Erkenntnis, daß der r-Anteil der Druckverteilung im
Unendlichen durch den Anteil der Staupunktströmung gegeben sein muß. Damit ist die
Konstante K bestimmt:
a2 a2
K = f{2 = a2 + 02 . (7.230)
Wir erhalten somit die Staupunktströrnung um eine rotierende Scheibe, wenn wIr
(7.225) im Unendlichen den Bedingungen der reinen Staupunktströmung unterwerfen,
also
<11(00) =0 (7.231 )
240 7 Ähnlichkeitslösungen
Ein anderes Beispiel einer exakten Lösung der Navier-Stokesschen Gleichungen, das
viel Einsicht in die Wirkung der Reibung vermittelt, ist von JEFFERY [19151 angegeben
worden.
Das uns hier interessierende Problem ist die Strömung zwischen zwei Wänden, die von
einer Quelle (bzw. Senke) "getrieben" wird, die sich im Schnittpunkt der die Wände
darstellenden Geraden befindet. Sie ist ein Sonderfall einer Klasse von ebenen Strömun-
gen, deren Stromlinien mit den Stromlinien von Potentialströmungen zusammenfallen
(HAMEL [1916]).
Ur = fn(a,Q,v,cp,r) (7.233)
für die Radialkomponente der Geschwindigkeit, mit der Dichte (! den Zusammenhang
P- po
- - = fn(a,Q,v,cp,r) (7.234)
(!
für den Druck, die wir mit bekannten Methoden in die äquivalenten Formen
Urr
Q=fn (Q-;;,cp,a ) (7.235)
und
(p - Po)2 r 2
(! Q
_
-
f
n
(Qv ,cp,a) (7.236)
bringen.
Offensichtlich ist po hier der Druck für r -+ 00. Die Formen (7.235) und (7.236) zeigen,
daß hier allein durch Dimensionsbetrachtungen das Ziel erreicht wurde, die Zahl der im
mathematischen Sinne unabhängigen Veränderlichen zu reduzieren.
7.3 Exakte Lösungen der Navier-Stokesschen Gleichungen 241
Q=2Üh=2Üor,
wenn Ü die mittlere Geschwindigkeit am Ort rund h dort die (halbe) Höhe des Kanals
ist. Die Größen auf der linken Seite von (7.235) und (7.236) werden von der Größen-
ordnung 0(1), wenn wir - dimensionsanalytisch völlig äquivalent - jetzt
Ur = .!i
or
U (Tf' Q, 0)
V
(7.237)
und
(7.238)
schreiben, wobei aus zweckmäßigen Gründen statt ep die Veränderliche Tf = ep/o benutzt
wird, die rechte Seite aber auch dann von 0 abhängt.
Aus der Kontinuitätsgleichung in Polarkoordinaten
18 18
--(urr)+--(u )=0 (7.239)
r 8r r 8ep <P
folgt daher
u<p = const
und mit der Randbedingung
damit
(7.240)
gewinnen wir mit den Ansätzen (7.237) und (7.238) die Gleichung
_U 2 =2P+~U" (7.241 )
oQ
242 7 Ähnlichkeitslösungen
(7.242)
entsprechend
o= P' _ 2va U' . (7.243)
Q
Die Integration der letzten Gleichung führt zunächst auf
(7.244)
(7.245)
,2 2 aQ 3 2 2
U =---U -4aU -2Cl U+C2 (7.246)
3 v
integrieren. Bei Fortführung der Integration - die wir aber noch zurückstellen - kommt
eine weitere Integrationskonstante ins Spiel. Wegen der Gestalt von (7.237) hängen
diese Integrationskonstanten Cl und C2 i. allg. von Q/ v und a ab. Ihre Bestimmung
muß so erfolgen, daß den Randbedingungen
U(±l) =0 (7.247)
J
+a
Q= urrdcp (7.248)
-a
oder gleichbedeutend
J
+1
Genüge getan wird. Wenn wir uns im folgenden auf symmetrische Strömungen be-
schränken, so läßt sich die letzte Bedingung auch dadurch ersetzen, daß man die Ge-
7.3 Exakte Lösungen der Navier-Stokesschen Gleichungen 243
U(O) = Uo . (7.250)
Im Prinzip läßt sich die Differentialgleichung (7.245) durch Trennung der Veränderlichen
integrieren und die Lösung in elliptischen Funktionen darstellen. Aber selbst mit der
vereinfachten Bedingung (7.250) lassen sich die Konstanten nicht auf direktem Wege so
bestimmen, daß die angesprochenen Bedingungen erfüllt sind. Wir ziehen daher eine
Lösung durch direkte numerische Integration vor.
Die Lösung wird zeigen, daß sich bei großen Reynolds-Zahlen UoIQI/v ganz verschiedene
Strömungsformen ausbilden, je nachdem ob Aus- oder Einströmen vorliegt. Schließlich
ist symmetrisches Ausströmen nur bis zu einer bestimmten größtmöglichen Reynolds-
Zahl möglich. Für kleine Reynolds-Zahlen hingegen sind die Geschwindigkeitsprofile
bis auf das Vorzeichen dieselben.
Wir wollen zunächst das Verhalten bei kleinen Reynolds-Zahlen untersuchen, also auch
i. allg. den Fall O'IQI/v « 1. Wir gehen dabei von (7.245) aus, die dann eine lineare
Differentialgleichung ist:
(7.251 )
U = - Cl2
40'
+ A COS(2O'71) + B sin(2O'71) (7.252)
wir den Randbedingungen (7.247) unterwerfen. Der Koeffizient B der ungeraden Funk-
tion in (7.253) muß deshalb verschwinden, und es folgt
A_~_1_ (7.253)
- 40'2 cos2O' '
Cl A.
- -+
20'2
-sm2O'= 1
0'
(7.254)
Setzt man zusätzlich zu olQl/v ~ 1 auch noch 0 ~ 1 voraus - was dann nicht mehr
IQl/v ~ 1 erfordert - so sind genau die Annahmen der Theorie der hydrodynamischen
Schmierung formuliert (siehe Kapitel 5). Aus der Entwicklung für kleine 0 gewinnen
wir aus (7.255) die Beziehung
Q 3 2 3- 2
Ur = r 202" (1 - TJ ) = 2" U (1 - TJ ), (7.256)
deren numerische Integration erleichtert wird, wenn wir U noch auf Uo beziehen. Wenn
wir U = UIUo schreiben, so überführen wir (7.257) in die Fassung
(7.258)
1
(7.259)
Uo
-1
(7.260)
der in Abb. 7.12 für Einströmen (Q < 0) und Ausströmen (Q > 0) aufgetragen ist und
das angekündigte Verhalten deutlich erkennen läßt.
Für Q < 0 wird mit wachsendem olQl/v das Profil völliger; bei Q > 0 wird mit
wachsendem olQl/v das Profil dünner, die Flüssigkeit strömt am schnellsten in der
Mitte und wird an den Wänden retardiert, bis der Geschwindigkeitsgradient an der
Wand gleich Null wird (va; = 0). Die numerisch gefundenen Werte von 62 = U'2( -1)
7.3 Exakte Lösungen der Navier-Stokesschen Gleichungen 245
Scharparmal.ar a U o 0 I v. a - 6 Grad
U 1-- - - -- + - - - -- - - + - - - ---+--10.2796
6
~--------+_----~~+=~~~=_~ o ------~
~ 0.& I----~~~~-----+-----~~~----~
-1 -0.6 o 0.5
TI
10
t\
'\
a
I I
'\
a - 5 Grad
e
. I !!. "" 15 ~aC! I
,.,
1(.)
~
~
o
-5 o
~
6 10 15
a UoO I v
sind in Abb. 7.13 aufgetragen, und man erkennt, daß ab einem von 0 abhängigen
Grenzwert olQljv keine (symmetrische) Lösung mehr möglich ist, da 62 ;:::: 0 sein muß.
Die Strömung im ebenen Kanal des letzten Abschnitts legt es nahe, auch nach der
Strömung in einem kegeligen Kanal zu fragen, die durch einen Volumenstrom Q getrie-
ben wird. Diesem Problem sind Kugelkoordinaten r, {J, rp mit den Geschwindigkeits-
komponenten u., u", u"" angepaßt. Die azimuthale Komponente u"" setzen wir Null.
Ebenfalls zu Null setzen wir die Komponente u", zum einen, weil dadurch eine Rand-
bedingung an u" erfüllt ist, zum anderen ist damit bereits ein nicht triviales Problem
gestellt.
Für Ur und p gelten dann dieselben Zusammenhänge wie in (7.233) und (7.234) auf-
gestellt. In der äquivalenten dimensionslosen Form erhalten wir aber z. B. für die
Geschwindigkeit Ur den Zusammenhang
- =fn
Urr
v
(Q)
{J, - , 0
vr
(7.261 )
Ur r
- = -fn 0)
Q ( (7.262)
v vr
oder
Ur = -rQ2 271'(1 - 1 cos 0) " (7.263)
wobei 271'(1 - cos 0) der Raumwinkel des Kegels mit dem halben Öffnungswinkel 0 ist.
7.3 Exakte Lösungen der Navier-Stokesschen Gleichungen 247
U r
_r_
Q
2
= fn (Q)
-,a
fJ,
IIr
(7.264)
nicht auf eine Ähnlichkeitslösung führt, wir schließen daher die Existenz einer Ähnlich-
keitslösung aus.
Im folgenden werden wir zeigen, daß eine Ähnlichkeitslösung möglich ist, wenn die
Strömung durch einen kinematischen Impuls K (siehe Abschnitt 6.5) getrieben wird
(LANDAU und LIFSHITZ [1987], SQUIRE [1951]). Den Impuls können wir uns durch
einen Ausfluß aus einem sehr dünnen Röhrchen erzeugt denken, und zwar derart, daß
der kinematische Impuls K '" u 2 dA für dA - t 0 nicht verschwindet, wohl aber der
Volumenstrom Q '" udA: Wir haben also wieder eine Impulsquelle (Abschnitt 6.5.1).
Natürlich ist an dem imaginären Röhrchen nicht die Haftbedingung zu fordern, was in
der Tat die zu besprechende Ähnlichkeitslösung zerstören würde.
Wie vorher betrachten wir eine Strömung ohne Drall (u.,. = 0), lassen aber die Kompo-
nente u"zu und erhalten dann die Zusammenhänge
Ur =fn(r,fJ,K,II) , (7.265)
11
U" = -r 8(fJ, K/1I 2 ) , (7.269)
2
P - Po = 112 P(fJ, K/1I 2 ) (7.270)
fl r
bringen, welche die gewünschte Reduktion auf eine unabhängige Veränderliche darlegt.
Die Kontinuitätsgleichung für die rotationssymmetrische Strömung in Kugelkoordinaten
(7.271)
248 7 Ähnlichkeitslösungen
in dem der Strich jetzt die Ableitung nach d bedeutet und mit dem wir aus (7.268) und
(7.269) die Darstellung
Ur = ~f'(d),
r SInv
(7.273)
v
u" = --. -f(d)
r SInd
(7.274)
gewinnen, die sich auch unter Benutzung einer Stromfunktion 111 = r v f( d) ergibt.
Für den späteren Gebrauch lesen wir aus (7.273) und (7.274) die Formeln
ÖU r
=-- U"
ÖU" = - - (7.275)
ör r ör r
ur-+-u,,---=---+v
ÖU 1 öU
r
ör r öd
u~
r
1 öp
r
ör
[ßU r - -
r {!
ur+-+u"cotd ) ]
2 (ÖU"
öd 2
, (7.276)
wobei als Folge der Ansätze (7.273) und (7.274) noch die Summe in der runden Klammer
verschwindet und das Symbol ß wieder für den Laplace-Operator steht. Dieser und
auch die linke Seite der obigen Gleichung vereinfachen sich mit den Hilfsformeln (7.275)
weiter, so daß aus (7.276) die Gleichung
(7.277)
(7.278)
die Gleichung
!ö~o
r v
(u~)
2
= _!r !öö:a
{!·v
+ v [-21 ö~o
r sin v v
.0 (sin dÖö~:)
v
+ 22öö~: -
r v
u"2] .
r 2 sin d
(7.279)
x = cosd (7.280)
7.3 Exakte Lösungen der Navier-Stokesschen Gleichungen 249
v .
Ur = --I
r
(7.282)
und
u,,=--v 1 , (7.283)
r~
in denen der Punkt für die Ableitung nach x steht. Aus (7.277) und (7.270) gewinnen
wir den Zusammenhang
P = --1 / 2I d [ff
- -- .- (1 - x 2"]
)1 (7.284)
2 (1 - x 2 ) 2 dx
d ( r )=.P -
- dx 2(1 - x 2 )
1 d [ 2 d ( 1 )] " 1
~ dx (1 - x ) dx ~ + 21 + (1 _ X2)2 '
(7.285)
die sich weiter zu
p = - d~ (2(1 ~ ») - j
X2
(7.286)
r .
p= 2(1 _ x2) - 1 + Cl . (7.287)
Durch Gleichsetzen der Gleichungen (7.287) und (7.284) gewinnen wir dann die Diffe-
rentialgleichung
- 2"Idx
d(. 2") = -1+
ff - (1 - x)1 . Cl , (7.288)
1 . 1
- -2 ff + -(1 - x )1 = -1+ Clx + C2
2 "
(7.289)
2
erbringt, die wiederum integriert werden kann
(7.290)
250 7 Ähnlichkeitslösungen
(7.291 )
U" = 0 (7.292)
und
8u r =0 (7.293)
8iJ
gelten. Wir fordern, daß Ur auf der Achse beschränkt bleibt (mit der Ausnahme r = 0),
also j < 00. Mit (7.283) folgt aus (7.292)
f{±I) =0 (7.294)
oder
j< 00. (7.296)
(7.297)
Zur Bestimmung von Cl greifen wir auf (7.289) zurück und finden so
Cl = o. (7.299)
schreiben, mit
I
F{x) = 2{1 _ x2)
7.3 Exakte Lösungen der Navier-Stokesschen Gleichungen 251
und
2x
H(x) = -1 _ x2 .
Die Gleichung ist eine Riccatische Differentialgleichung, die bekanntlich mit der Trans-
formation
u
!=--- uF(x)
(7.301)
ü=o (7.302)
!= (7.303)
hat. Damit sind auch die Geschwindigkeitskomponenten Ur und u" bekannt und mit
(7.287) auch P und daher der Druck.
Die Konstante C ist wegen (7.268) z. B. eine Funktion von K/v 2 • Zur Ermittlung
dieses Zusammenhangs C(K/v 2 ) ziehen wir den Impulssatz heran, wenden ihn auf das
in Abb. 7.14 gezeigte Kontrollvolumen an und erhalten für die Komponente in Achs-
richtung (Index 1), wenn t 1 die Komponente des Spannungsvektors in diese Richtung
ist,
(7.304)
s AA
252 7 Ähnlichkeitslösungen
wobei wir - wie schon ausgeführt - nicht über die Wand des Röhrchens integrieren. Hier
wird auch einsichtig, daß K nur dann von r unabhängig wird, was ja für Ähnlichkeit
zu fordern ist.
Dem mittleren Ausdruck in (7.304) entnehmen wir noch, daß der Impuls sowohl als Fluß
{! u~ dA bei t 1 = 0 oder als Kraft t 1 dA bei Ul = 0 interpretiert werden kann. Wegen
und
Ul = Ur cos iJ - U" sin iJ (7.306)
(7.307)
Die etwas mühsame Auswertung des Integrals wird dadurch erleichtert, daß der letzte
Klammerausdruck als Folge von (7.289) verschwindet. Für den restlichen Teil erhalten
wir
(7.308)
wobei der konstante Druck Po im Unendlichen weggelassen wurde, weil er zur Integration
keinen Beitrag liefert. Einsetzen der Ausdrücke für fund Pergibt
(7.309)
2.. +1
Nach Ausführung der Integration finden wir den gewünschten Zusammenhang C(K/v 2 )
in impliziter Form:
-K = Re 2 = 167rC (1-
C C+1
-ln -- + -
4 -1 - ) (7.311 )
v2 2 C - I 3 C2 - 1
Offensichtlich muß C > 1 sein; kleine Werte von C entsprechen großen Reynolds-Zahlen
und hohem Impuls.
7.3 Exakte Lösungen der Navier-Stokesschen Gleichungen 253
für x nicht zu nahe bei 1, d. h. mit Ausnahme der Achsennähe. Es ergibt sich eine
radiale Geschwindigkeitskomponente
2/1
Ur~ -- (7.313)
r
zum Ursprung hin. Diese Geschwindigkeit dient dazu, die Flüssigkeitsmenge zu er-
setzen, die im Strahl mitgerissen wird. Die Rate avlax,
mit der die Flüssigkeit beim
laminaren Strahl mitgerissen wird, ist nach Abschnitt 6.5.6 proportional zur Viskosität.
Man zeigt leicht, daß avlox '" -urr ist. In unmittelbarer Strahlnähe
x '" 1 - .,,2/2 , ." <: 1
gilt
254 7 Ähnlichkeits}ösungen
Die Lösung läßt sich ausdehnen auf den Strahl in einem kegelförmigen Raum (MORGAN
[19561, POTSCH [1981]). In dieser Betrachtung stellt der bisher behandelte Fall den
Austritt in einen Kegelraum mit dem halben Öffnungswinkel Q = 7r dar. Wie bisher ist
dann Cl = 2C = -C
3 2, aber C2 verschwindet nicht.
Aus dem oben Gesagten ist schon klar, daß sich die Haftbedingungen an der Wand
nicht erfüllen lassen. Es existiert keine Ähnlichkeitslösung, allerdings läßt sich für
große Reynolds-Zahlen eine gleichmäßig gültige Lösung angeben (SCHNEIDER [1981]).
Die äußere Lösung - im Sinne einer singulären Störungsrechnung - genügt dabei der
Gleichung (7.291).
Die exakten Lösungen der Navier-Stokesschen Gleichungen, die wir besprochen haben,
gelten für alle Reynolds-Zahlen, wenngleich sie nicht für alle Reynolds-Zahlen stabil
sind. Für große Reynolds-Zahlen ergeben sich u. U. erhebliche Vereinfachungen für
die Berechnung. Es dominieren dann die Trägheitskräfte, und der Einfluß der viskosen
Kräfte ist gering, so daß es nahe liegt, die Viskosität überhaupt zu vernachlässigen. Wie
wir gesehen haben, stellt die Annahme der Reibungsfreiheit viele brauchbare Ergebnisse
bereit, und die Theorie der reibungsfreien Strömungen ist das Kernstück der Strömungs-
lehre. Diese reibungsfreien Lösungen erfüllen aber nicht die physikalische Randbedin-
gung des Haftens an der Wand, sondern sagen i. allg. eine nicht verschwindende Tangen-
tialgeschwindigkeit an der Wand voraus. Die physikalische Randbedingung erzwingt zu
ihrer Erfüllung eine wandnahe Schicht mit hohen Geschwindigkeitsgradienten, in der bei
noch so hoher Reynolds-Zahl die Reibungskräfte nicht vernachlässigbar, d. h. mit den
Trägheitskräften vergleichbar sind. Die Dicke dieser Schicht ist natürlich problemspezi-
fisch, aber ihre Abhängigkeit von der Viskosität kann den bekannten, exakten Lösungen
entnommen werden (Abschnitt 7.3.2):
Iv = const * VfVX
6 = const * V~ U ' (7.314)
wo U die Geschwindigkeit ist, die am Rand dieser Grenzschicht an der Stelle x angetrof-
fen wird. Daher braucht man die Viskosität nur in dieser Schicht zu berücksichtigen,
deren Dicke mit ..;v gegen Null geht, d. h. Re -+ 00. Außerhalb dieser Schicht kann
7.4 Exakte Lösungen der Grenzschichtgleichungen 255
man die Reibung völlig vernachlässigen und oft sogar Potentialströmungen vorausset-
zen. Die Lösung in der Grenzschicht und in der Außenströmung müssen beide in einem
Überlappungsgebiet gültig sein, was sichergestellt ist, wenn die Geschwindigkeit in der
Grenzschicht für y / 6 --+ 00 in die Geschwindigkeit übergeht, die die äußere reibungsfreie
Strömung an der Wand, d. h. für y --+ 0, annimmt. Die Strömung in der Grenzschicht
wird immer noch durch nichtlineare partielle Differentialgleichungen beschrieben, die
aber einfacher sind als die Navier-Stokesschen Gleichungen. Wir wollen uns auf ebene,
stationäre, inkompressible Strömungen beschränken. Die Klasse der Ähnlichkeitslösun-
gen ist aber erheblich größer.
Es ist zweckmäßig, eine Stromfunktion \11 einzuführen, aus der sich die Geschwindig-
keitskompenenten u in x- und v in y-Richtung nach der Formel
8\11 8\11
U=-, v=-- (7.315)
8y 8x
berechnen lassen. Die Existenz einer Stromfunktion ist durch die Kontinuitätsgleichung
(7.133) gesichert. In der Gleichung für die Stromfunktion in der Grenzschicht
wo wir 8\11(x,0)/8x = °ersetzt haben durch \II(x,O) = 0, da \11 bis auf eine additive
Konstante unbestimmt ist. Entsprechend dem parabolischen Charakter des Gleichungs-
systems ist noch eine Geschwindigkeitsverteilung
und aus
U = fn(x, A) (7.320)
(7.321)
(7.322)
mit
(7.323)
Wir betrachten zunächst den Fall m = 0, U = Uoo = const und haben mit
\11 = \II(x, y, 11, U) (7.324)
fünf Größen, aus denen sich drei dimensionslose Produkte bilden lassen, da der Rang r
der Dimensionsmatrix Zwei ist. Die Beziehung (7.324) ist daher durch
(7.325)
ersetzbar. Gegenüber (7.324) hat aber die Dimensionsanalyse keinen Fortschritt ge-
bracht, was die Zahl der unabhängig Veränderlichen angeht. In der Tat, aus (7.325)
wird nicht sichtbar, daß es sich um ein Strömungsgebiet handelt, dessen Querabmessung
von 11 abhängt, während die Längsabmessung davon unabhängig ist. Wir tragen dieser
Tatsache Rechnung, wenn wir als Bezugslänge für y die Länge VII x/U 00 verwenden
und schließen weiter aus (7.315), daß die Stromfunktion in der Grenzschicht von der
Größenordnung UooVII x/Uoo = ~ ist. Mit dieser Erkenntnis bringen wir (7.325)
in die dimensionsanalytisch äquivalente Form
\11
--===
~-
- fn - y
y'
(x f§oo)
-
IIX ' (7.326)
die immer noch zwei unabhängige Veränderliche enthält. Man überzeugt sich aber
leicht, daß die Randbedingungen sich auch erfüllen lassen, wenn die Abhängigkeit von
x/y entfällt. Tatsächlich führt der Ansatz
JIIXUoo -
--===-fn
\11 (y f§oo)
IIX
- (7.327)
7.4 Exakte Lösungen der Grenzschichtgleichungen 257
zum Ziel. Auf formalem Wege läßt sich dieser Ansatz gewinnen, wenn man in (7.324)
vorübergehend noch eine künstliche Länge L einführt. Dann tritt zunächst noch das
Produkt Uoo L/v auf, aber es liegt eine Bezugslänge für x vor, die nicht von v abhängt.
Der (7.324) äquivalente Zusammenhang kann dann in der Form geschrieben werden
(7.328)
Da aber L in der Lösung nicht auftreten darf, muß die Abhängigkeit von UooL/v ent-
fallen und x/L muß mit yJUoo/(vL) so kombiniert werden, daß L herausfällt, was
schließlich wieder auf den Ansatz (7.327) führt. Die Dimensionsanalyse hat in diesem
Fall keine ausreichende Vereinfachung gebracht. Das Auftreten der dimensionsbehaf-
teten Konstanten v läßt dimensionsanalytisch keine schärfere Fassung als Gleichung
(7.325) zu. Hier läßt sich aber v mit der Transformation (MOFFATT [1977])
(7.329)
und
x=x
aus der Differentialgleichung entfernen. Dies ist nicht möglich bei den Navier-Stokes-
schen Gleichungen, und das mag schon als Hinweis dienen, warum sich die Lösung dann
schwieriger gestaltet. Wir benutzen jetzt für die transformierten Größen genau dieselbe
Bezeichnung wie für nicht transformierte, beachten aber, daß nun
betrachten, nur vier physikalische Größen, die zu nur zwei dimensionslosen Produkten
Anlaß geben. Daher ist
\11 = fn(y..JC xm-1) , (7.333)
..JCx m +1
258 7 Ähnlichkeitslösungen
und wenn wir zu den ursprünglichen nicht transfomierten Größen zurückkehren, auch
W
v'vC xm+I = f(TJ) (7.334)
mit
m 1
TJ=Y JCx
- -- . (7.335)
v
Die Beziehung (7.334) überführt die partielle Differentialgleichung für die Stromfunk-
tion in die gewöhnliche Differentialgleichung, die Falkner-Skan-Gleichung
Die Anfangsbedingung führt auf die bereits in (7.337) enthaltene Forderung /'( 00) = 1.
Die Außenströmung
(7.338)
wobei wir statt 8 im Abschnitt 7.1.1 hier ß benutzen, um Verwechselungen mit der
Grenzschichtdicke auszuschließen. Für m = 1 erhält man die bekannte Staupunkt-
strömung mit a = C (Abschnitt 7.3.2), die in der Nähe des vorderen Staupunktes
eines stumpfen, symmetrischen Körpers angetroffen wird. Die Falkner-Skan-Gleichung
nimmt für diesen Fall genau die Form (7.168) an und die Randbedingungen (7.337)
sind dieselben wie (7.169) und (7.170). In diesem speziellen Fall ist also die Grenz-
schichtlösung dieselbe wie die exakte Lösung der Navier-Stokesschen Gleichung (dies
ist immmer der Fall, wenn die Lösung der Grenzschichtgleichung für x -+ 0 regulär
bleibt). Die Falkner-Skan-Gleichung muß numerisch gelöst werden, etwa mit dem in
Abschnitt 7.3.2 besprochenen Verfahren. Der Wert m = 0 entspricht der Strömung
längs einer ebenen Platte ohne Druckgradient. Die Falkner-Skan-Gleichung reduziert
sich dann zur Blasius-Gleichung. Ihre Lösung liefert die laminare Grenzschicht an einer
ebenen Platte. Im Gegensatz zur turbulenten Plattengrenzschicht (Kapitel 6) hat die
7.4 Exakte Lösungen der Grenzschichtgleichungen 259
[/"(0))2 = _~ , (7.340)
3
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Sachverzeichnis
Wärmeübergangproblem 27
Wand
hydraulisch glatte 89, 162
vollkommen rauhe 89, 162
Wandgesetz
logarithmisches 134
Prandtlsches 131, 133
Weber-Zahl 87
Wellen 44
Kapillar- 44
lange Schwere- 45
Phasengeschwindigkeit von 44
Schiffs- 47
Schwere- 44
Widerstandsbeiwert 3
Widerstandsformel, Stokessche 41
Widerstandsgesetz
Blasiussches 83
der turbulenten Grenzschicht 151, 158
fur vollkommen rauhe Rohre 163
für glatte Rohre 147