Dies Irae Johannes Fried
Dies Irae Johannes Fried
Dies Irae Johannes Fried
Vorwort
2. Aktualisierungen
Berechnungen
Frühe Exegeten
Die Endzeitbotschaft formt die Ethik
Reformforderungen aus Endzeitsorgen
Popularisierung und Warnungen
Utopie und Realisierungen
6. Weltuntergang
Anmerkungen
Bibliographie
Personenregister
Bildnachweis
Vorwort
Der folgende Essay ist ein Symptom unserer Zeit. Er handelt von
biblischen Propheten und heutigen Tageszeitungen. Allein schon
das deutsche Wort «Weltuntergang» findet sich am 7. April 2 0 1 4
morgens gegen 10.00 Uhr über Google in 0,28 Sekunden «ungefähr»
825 000 mal, das englische «doomsday» in 0,24 Sekunden «ungefähr»
4 5 5 0 0 0 0 mal, «end of the world» in «ungefähr» 0,46 Sekunden
2 7 6 0 0 0 0 0 0 0 mal, «Armageddon» in «ungefähr» 0,24 Sekunden
9 270 000 mal. Die Zahlen ändern sich bei jedem neuen Anklicken der
Stichwörter; dazu kommen endlose Bilderreihen mit «Untergangs-
szenen». Kein Zweifel: Der «Weltuntergang» hat Konjunktur, jeden-
falls im Reden, Schreiben und Filmen, in Populär- und Subkultur. Sich
mit ihm, seinen Wurzeln und Auswüchsen zu befassen, dürfte freilich
nicht nur für den Zeithistoriker von Bedeutung sein. Apokalyptik be-
sitzt eine große, noch immer aktuelle, dem Glauben geschuldete Ver-
gangenheit. Im Blick auf sie gerät der Essay zu einer Studie über die
Kontinuität eines religiösen Deutungsmusters, zu dessen unterschied-
lichsten Spiegelungen durch die Jahrhunderte und mehr noch: zu des-
sen stimulierender, gesellschafts- und weltverändernder Kraft bis in
die Gegenwart, zum Aufweis eines kulturellen Habitus. Der zeitliche
Bogen der folgenden Studie spannt sich von biblischer Prophetie bis
zur Kosmologie von heute.
Eine Gebrauchsanleitung zum Umgang mit den apokalyptischen
Texten ist damit nicht intendiert, vielmehr eine schlichte historische
Untersuchung eines jahrtausendealten Prozesses und seiner Folgen.
Auch gesteht der Autor notgedrungen, daß er keineswegs für alle, ja,
nur für wenige der angesprochenen Epochen und Kulturen Kompe-
tenz besitzt. Er hat, was er im Folgenden vorstellt, zusammengetra-
gen, auf seine Weise geordnet und, so gut er es vermochte, interpre-
tiert. Vollständigkeit der Überlieferung ist im Folgenden gewiß nicht
zu erwarten: aber ein umfassender Überblick über die Gesamtent-
wicklung ist intendiert. Auf die in Anspruch genommenen Hilfen ver-
weisen in der Regel die Anmerkungen. Gelungene oder fehlerhafte
Interpretationen gehen freilich auf das Konto des Autors.
Den Anstoß zu der vorliegenden Arbeit gab Gregor Maria Hoff, der
mich Vorjahren, zum August 2010, zu zwei Vorlesungen für die «Hoch-
schulwochen Salzburg», die in diesem Jahr unter dem Obertitel «End-
lich! Leben und Überleben» standen, über das Thema «Endzeit und
Wissenschaft» einlud. Sie sind in verkürzter Gestalt in dem gleichnami-
gen Sammelband, Innsbruck/Wien zoio, erschienen. Sie griffen ein
Thema auf, das ich unter der Überschrift «Aufstieg aus dem Untergang.
Apokalyptisches Denken und die Entstehung der Naturwissenschaft im
Mittelalter» (2001) mit völlig anderem Schwerpunkt und anderer Per-
spektive schon einmal behandelt hatte. Der neue Versuch unterschied
sich von dieser früheren Arbeit durch eine erweiterte Fragestellung und
einen bis zur Gegenwart reichenden zeitlichen Rahmen; auch begnügte
er sich nicht wie früher mit einem Verweis auf die entstehenden Natur-
wissenschaften. Die jetzt vorgelegte, gegenüber 2010 stark überarbei-
tete und erweiterte Fassung folgt der Intention jener Skizze, hofft aber,
in ihren Urteilen und Begründungen umfassender und präziser zu sein
als vor Jahren. Ein Vortrag am 23. Oktober 2014 auf Einladung der
«Theologischen Kurse» Wien gab Gelegenheit, noch einmal über den
«Aufstieg aus dem Untergang» nachzudenken und früher übersehene
Zeugnisse zu berücksichtigen. In Zürich durfte ich auf freundliche Ein-
ladung durch Bernd Roeck am 27. Mai 2015 die Grundlinien des letzten
Kapitels (V) vortragen: Rückfragen der Zuhörer führten zu Verdeut-
lichungen und Präzisierungen.
ihren Entfaltungen und ihrer Schöpfermacht in der Neuzeit bis hin zur
Gegenwart und deren apokalyptischen Visionen, Ängsten und Impul-
sen. Dabei werden in lockerer chronologischer Ordnung dezidiert je-
weils exemplarisch Visionen, Prophetien, Redeweisen, Perspektiven
oder Fiktionen eines Weltuntergangs, ihre Internalisierung und gei-
stige Bewältigung in Glaubenswelten, Volkskultur und Wissenschaft
verfolgt. Spezialisten für Apokalyptik und Eschatologie werden auf
manches Bekannte stoßen, mögen mir verzeihen und auf den diachro-
nen Kontext achten. Trotz der vorgestellten Materialfülle darf keine
Vollständigkeit erwartet werden. Wohl aber soll die Entstehung, Ver-
festigung, Entmachtung, Neufundierung, soll die Utopien hervorbrin-
gende, kulturstiftende Wirkung, kurz die Verwandlungsfähigkeit und
Beharrungskraft einer ursprünglich religiösen, nur scheinbar über-
wundenen Drohgebärde aufgewiesen werden.
Fremdsprachige Texte wurden wiederholt zum leichteren Verständ-
nis nach deutschen Übersetzungen zitiert, auch alt-, mittel- oder
frühneuhochdeutsche Texte wurden nach mir bekannt gewordenen
Übertragungen einbezogen. Da im Folgenden nicht nur christliche
Zeitangaben Verwendung finden, werden die Jahre, wie mittlerweile
international üblich, mit «Common Era» (CE) angegeben, resp. mit
«Bevor Common Era» (BCE). AM gilt dem «annus mundi», die jüdi-
sche und mittelalterliche Zählung der Jahre nach der Weltschöpfung.
«Mcn» gilt dem Evangelium, das - nach K U N G H A R D T , Das älteste
Evangelium - dem Häretiker Marcion zur Verfügung stand.
Ich danke Frau Sin ja Gratz für ihre nie nachlassende Hilfsbereit-
schaft, meinem Mitarbeiter Janus Gudian für ständige Gesprachsbe-
reitschaft, Anregungen und Gegenlektüre des Manuskripts. Ich danke
ferner Giuseppe Cusa, der mit großer Umsicht, scharfem Blick und
wunderbarer Findigkeit Korrektur las, zahlreiche Fehler aufspürte
und das Register anfertigte. Ich danke nicht zuletzt meiner Lektorin
Alexandra Schumacher und Babette Leckebusch, denen das Buch von
Verlagsseite aus anvertraut war, und die beide mit viel Geduld, Sach-
kenntnis und Spürsinn die Wünsche des Autors erfüllten.
Weltuntergang. Geschichtstheologische Grundlagen
westlich-abendländischer Kultur
l;,r kam mir entgegen, ein Mann, mitten auf der Straße, leicht schwan-
kend, ein K.ullahivr, irgendwie außer sich, wie ein Prophet, laut ru-
leiul:... die iiblcn Krankenhäuser der Apokalypse... Soviel verstand
ich, dann war er vorbei. Es geschah am 17. März 2014, abends gegen
sechs Uhr. Niemand blieb stehen. Viele hasteten vorbei, Junge und
Alte, Krauen und Männer. Es erging ihm wie fast allen Propheten.
Niemand hörte ihm zu. Wollte er warnen? Wen? Das Volk? Die Welt?
Warum die Krankenhäuser? Warum die Apokalypse? Was hatte der
Rufer im Sinn? Eine ekstatische Chiffre für alles Elend dieser Welt, für
alles Böse? Welche Visionen plagten ihn?
Gedachte er einer «Apokalypse», einer «Enthüllung», die visionär
künftigen Untergang schaute? Oder nahm er, wie es heute viele tun,
die «Enthüllung» für die aktuelle oder schon erfolgte Realisierung des
Geschauten und Zukünftigen? In der Tat, die Sonne verfinstert sich;
Asteroiden gefährden die Erde. Terror breitet sich aus. Wellen von
Haß rollen über die Erde, unvorstellbare Grausamkeiten. Seuchen
dringen vor, die Erde bebt, das Polareis schmilzt, die Wasser steigen,
Hagel zerschlägt die Ernten, die Wüsten wachsen. War es das, was den
neuen Propheten trieb? Sah er solche Schrecken? Die Sorge um Ge-
genwart und Zukunft? Wer ist schuld am Klimawandel, der uns Un-
wetter über Unwetter, Wüsten über Wüsten beschert? Eine wachsende
Menschheit, Krieg und Hunger, Teuerung, Betrug noch und noch,
berstende Kernkraftwerke, tödliche Strahlung, die Wirrnisse der Glo-
balisierung: Alles bedroht uns. Angst macht sich breit.
Annähernd 2000 Jahre früher, vier Jahre vor Beginn des «Jüdischen
Einleitung 11
der Harmonie von Yin und Yang/ 4 Nach 3600 Himmels- und nach
3300 Erdumläufen sei es soweit. Nach 9900 resp. 9300 Jahren aber
drehe sich einschließlich des Sternenlaufs alles wieder um; ein neues
Zeitalter kündige sich an. Rhythmische Prozesse vollziehen in dieser
Sicht das kosmische Geschehen. Ein ewiges Ende wurde nicht bedacht.
Nach den Lingbao-Texten tritt das Ende in Form von Naturkata-
strophen ein; für endgültig galten sie freilich nicht. Gewisse Unter-
gangserwartungen wurden für die Jahre 382 oder 442 CE errechnet
und weckten tatsächlich Untergangsängste. Messianismus begleitete
auch jetzt manche dieser Erwartungen. Wiederholte Wiedergeburten
und die Erwartung eines schrittweisen physischen und geistigen Auf-
stiegs zu ewigem Leben im Himmel milderten die Ängste. Menschliche
und kosmische Katastrophen wie Epidemien, Überschwemmungen,
Kriege, Hungersnot oder überhaupt Elend sollten dem Untergang
vorausgehen.-15 Dies alles freilich sind spezielle Richtungen des Daois-
mus. Wirkten hier westliche Einflüsse? Später, in der Tang-Zeit und
danach, spielte der Untergang kaum mehr eine Rolle. Umso wichtiger
wurden rhythmische Reinigungen von Mensch und Erde durch Feuer.
Allein das «Himmlische Reich des großen Friedens», das der
Anführer des Taipinga-Aufstands, Hong Xiuquan, in den Jahren
1851/1864 ausrief, trug apokalyptische Züge. Über die komplexen,
politischen, ethnischen und sozialen Gründe des Aufstands, der zumal
im südlichen Zentralchina wütete, ist hier nicht zu handeln. Hong
aber hielt sich - nach einer Vision - für den jüngeren Bruder Jesu
Christi, sein Feldherr Yang Xiuking für eine Inkarnation des Heiligen
Geistes; westliche und christliche, besonders baptistische Einflüsse lie-
gen auf der Hand. China sollte von den dämonischen Kräften befreit,
von konfuzianischem und buddhistischem Einfluß gereinigt werden. 16
Auch japanische Traditionen, die zwar die Weltentstehung thema-
tisieren konnten, kannten keinen Weltuntergang. Erst mit dem Ende
des Zweiten Weltkriegs und im ausgehenden 20. Jahrhundert zogen
vereinzelt westliche Motive in die japanische Apokalyptik oder in die
japanische Manga-Kultur ein/ 7 Aus japanischer Tradition stammen
sie nicht. Intuitive Schreckensrufe schweigen von jeglicher Art von
Weltuntergang. Es war ivie in der Hölle. So wurde ein Überlebender
18 Einleitung
ßen, alles Unheil wandelt sich in Segen (str. 6z). Das beschrieb eher die
Sintflut denn den Weltuntergang. Die Tage der Vorzeit erneuerten sich
(str. 6i). Dann kommt der mächtige zum geivaltigen Gericht, der
starke, von oben, der über alles herrscht (str. 65), und der dunkle Dra-
che, die glänzende Schlange wird versinken (str. 66). Diese letzten
Verse, die das Gericht der Erneuerung folgen lassen, erinnern durch-
aus an scholastische Positionen zum Jüngsten Gericht. 38
Wie dem nun im Einzelnen sei, als Beleg für einen genuin nordi-
schen Untergangsmythos läßt sich die Völuspä nicht in Anspruch neh-
men. Definitive Weltuntergänge wurden, wie es scheint, erst unter
christlichem Einfluß entworfen. Kannte also allein das Christentum,
aus jüdischen Wurzeln erwachsen und ohne den geringsten Anflug
eines zyklischen Denkens, in linearer Heilsgeschichte einen dauerhaf-
ten Untergang der stofflichen Welt, den allein sie immer wieder als be-
vorstehend verkündete? Wir müssen diese Frage wohl bejahen.
Über die jüdische Eschatologie in der hier fraglichen Zeit des Zwei-
ten Tempels (515 B C E - 7 0 CE), der die christliche Endzeiterwartung
Entscheidendes verdankte, wird noch zu reden sein.39 Was immer sie
prophezeite, der Weltuntergang trat dabei - von nur scheinbaren Aus-
nahmen abgesehen40 - nicht hervor. Nur soviel jetzt: Ihre Wirkungen
durchziehen alle christliche Glaubensverkündung, die ganze Religion,
die Profankultur, die Dichtung, die Literatur, die Musik der west-
lichen, christlichen Welt. Das Wissen um den Untergang, seine Erwar-
tung waren und sind hier, unter Christen, allgegenwärtig. Die zitierten
Schreckensrufe verdeutlichen es auf subtile Weise. Warum konnte das
so sein?
Die Antwort findet sich im Talmud. Dort wird der Welt von der
Schöpfung bis zum «großen Tag des Herrn» eine Dauer von sechs
oder, wenn der göttliche Weltensabbat eingerechnet wurde, sieben
Millennien zugebilligt.41 So könnte es schon für die Jahrzehnte um
Jesu Geburt gegolten haben.42- Beide Zeiten rezipierte bereits die alt-
christliche Tradition. 43 Sie ergaben sich aus der Deutung der Woche
vor dem Sabbat als Weltwoche und aus dem Psalmvers, wonach vor
Gott 1000 Jahre wie ein Tag seien (Ps 90,4). Alle Zukunft endete für
die Christen mit diesem Tag; immer bedrängender wurde dessen
22 Einleitung
Heraneilen. Bis in das T6. und 17. Jahrhundert, für manche Sekten bis
zur Gegenwart, blieb diese Frist für christliche Eschatologen wie etwa
Martin Luther maßgeblich.
Fremdes konnte durchaus in den Strom christlicher Apokalyptik
münden, in den Entwurf und die Verbreitung immer neuer Apoka-
lypsen, konnte dieses oder jenes Motiv vermitteln. Syrische, grie-
chische, armenische, 44 koptische, arabische, hebräische, persische
Prophezeiungen flössen denn auch, wie seit langem bekannt, in ihr
zusammen. Einflüsse aus dem Iran und zumal aus dem Judentum
durchziehen die Geschichte der westlichen Eschatologie und beglei-
ten deren Deutungen. Geheimnisvolle, in der Bibel genannte Völker,
Gog und Magog, sollten etwa aus ihrer Verborgenheit hervorbre-
chen, Schrecken verbreiten und das Ende der Zeiten ankündigen
(s. Farbtafel 2). 45 In der Folge wurden nahezu alle «Fremdvölker»,
die im Laufe der Jahrhunderte die den Christen oder dem «Westen»
vertraute Welt bedrohten, Araber, Skythen, Ungarn, Mongolen, Tür-
ken und andere, anfänglich mit ihnen identifiziert, das Ende ent-
sprechend nahe befürchtet. Alles Fremde dünkte die Apokalyptiker
gefährlich, im Licht der Endzeitdrohung sogar mehr als alle Frem-
denfeindlichkeit sonst.
Denn... es wird kommen der Tag des Herrn, der große nnd schreck-
liche. Die Väter sollten sich zu den Kindern, die Kinder zu den Vätern
bekehren [...], daß ich nicht komme und das Erdreich mit dem Banne
schlage (Maleachi 3,23). Sparsame Prophetenworte, doch im Donner-
hall göttlicher Drohung gesprochen, im Wissen aber zugleich der
Weltschöpfung Gottes, des Anfangs, der sich bis zu jenem Tag in
linearer Folge entfalten wird; die Zeit danach bleibt dunkel. Seit Jahr-
tausenden unvergessen, stets neu gedeutet und fortgesetzt aktualisiert.
Kein spezieller Termin war für den großen Tag bestimmt, wohl aber
sollten Boten ihm vorangehen und ihn ankündigen: Ich will meinen
Engel senden, der vor mir her den Weg bereiten soll, spricht der Herr
(3,1). Das Wort wurde immer wieder von mittelalterlichen christlichen
Eschatologen, von Päpsten und Kaisern in eschatologischem Gestus
zitiert. Dann sollte der Prophet Elia wieder erscheinen, ehe denn da
komme der große und schreckliche Tag (3,22).
23 Einleitung
Jahrtausende seit der Schöpfung und konnten bis zum Ende führen.
Die Zukunft mußte nicht erst in der Neuzeit entdeckt werden. 47 Im
Gegenteil, das Wissen um Endgericht und "Weltende verlangte ein auf
sie gerichtetes Handeln, rief zu segensreichem Tun, zur Fürsorge für
Arme und Schwache, zur Stärkung der Kirche auf, ließ immer wieder
Stiftungen tätigen, sie mit reichem Vermögen ausstatten, um in aller
zeitlichen Zukunft deren Fortbestand zu sichern. Gottgefälliges Tun
hielt den Untergang auf - ein Hoffnungszeichen noch für die heutige
Gegenwart. Zukunft haftete im Übrigen jeder Leihe an, von der Land-
leihe bis zum Geldhandel und dem Zinsertrag.
Immer wieder aber gaben die Zeichen Grund, sich auf den «schreck-
lichen Tag» einzustellen. Jede scheinbare Zeichenerfüllung löste Kas-
kaden eschatologischer Spekulationen aus, intensivierte aber zugleich
das Heilshandeln. Ganze «Bücher der Vorzeichen» wurden zusam-
mengestellt und weit verbreitet. Sie verliehen den Zeichen Sinn, berei-
teten auf das Kommende, auf den «Tag des Herrn» und das Ende der
Erde vor. Es gilt noch immer: Jede Katastrophe erscheint als Zeichen
und weckt Untergangsvisionen. «Es war, als ginge die Welt unter.»
Der letzten Frist war keine Dauer bemessen; sie kannte keinen festge-
legten Verlauf. Sie blieb offen für alles Tun und Trachten der Menschen,
für Frevel, Schuld und züchtigendes Scheitern, ohne daß göttliche
Prädestination den freien Willen bändigte. Zudem war ein «Aufhal-
tendes» oder ein «Aufhaltender» (Katecbon) verkündet, der oder das
den Untergang verzögern sollte. Die Botschaft wurde mit dem zweiten
Thessalonicherbrief (zThess 6-7), wohl zu Unrecht, dem Apostel Pau-
lus zugewiesen. Mit ihm gewann aber der Untergang eine eigene Ge-
schichte. Fragen über Fragen tauchten nun auf. Sie entsprangen der
Neugier, dem unstillbaren Wissenwollen, waren weder absurd noch
paradox. Die Antworten sollten Ungewißheit und Spannung religiöser
Existenz mildern. Schon spätantike Christen in der Nachfolge Tertul-
lians identifizierten den Katecbon mit dem Imperium Romanum und
beteten für dessen Fortbestand. Spätmittelalterliche Autoren wie Johan-
nes Lichtenberger griffen die Botschaft auf und sahen im Katecbon das
erneuerte Imperium, zuletzt das Heilige Römische Reich deutscher Na-
tion. Noch im 20. Jahrhundert fand diese Deutung Widerhall.48
25 Einleitung
meinen, doch zugleich alle weltliche Macht und die irdische Fremde,
in der die Christenheit weilt. 55 Damit zielte die Apokalypse nicht nur
gegen Rom als den die Christen bedrohenden Staat, sondern zugleich
gegen die unendliche Verführungsmacht der Welt. 56 Sie bedrohte un-
ablässig und in mancherlei Verkleidung die Gläubigen. Sie aber sollte
untergehen, wie die Eröffnung des Siebten Siegels (c. 8) und die sieben
Posaunen verkündeten (zumal Apoc 18). Diese zweite Bedeutungs-
ebene Babylons wurde umso wichtiger, als das christlich gewordene
Römische Reich den heilswirksamen Katecbon repräsentierte. Die Re-
formatoren erklärten dann dieses Babylon und diese Welt zum Papst-
tum und zur Kirche.
Die Drohungen der Propheten eilten stets dem Untergang voraus.
Sie verliehen den wahrzunehmenden Zeichen ihren Sinn. Jene ein-
gangs erwähnten Schreckensrufe, die den eben überstandenen Kata-
strophen nachfolgten, verraten eine dauerhafte, latente, leicht abzu-
30 Einleitung
«Welt, ich kenne deinen Lohn: / Was du mir gibst, das nimmst du
mir. / Wir scheiden alle nackt von dir. / Schäm' dich, soll es mir auch
so ergehen. / Ich hab Leib und Seele (das war zu viel) / deinetwegen
tausendfach gewagt. / Jetzt bin ich alt, und du treibst dein Spiel mit
mir. / Zürne ich deshalb, so lachst du mich aus. / Ja, verlache uns eine
Weile noch: / Dein Jammertag kommt bald / und nimmt dir, was du
uns genommen hast, und verbrennt dich deshalb noch zuletzt.»
31 Einleitung
Pessimistische Verse. Das Leben dieser Welt ein gampelspil? Das Ziel
der Welt ein jämertac, das Jüngste Gericht, ein Ende im Feuer. Warum
bloß? Sind Schöpfung und Kosmos denn schuldig? Wirkten gnosti-
sche oder marcionitische57 Vorstellungen von einem widergöttlichen
Demiurgen nach? Konnte der Mensch dem göttlichen Demiurgen so
ins Werk pfuschen, daß durch ihn das All der Vernichtung preisgege-
ben wird? Der Dichter Walther von der Vogelweide (66,21) widersetzt
sich. Er widerruft sein Tun nicht, er trotzt den Gefahren seines un-
heiligen Wagemuts, denn er hat sich sein Lebtag lang abgemüht mit
unverzageter arebeit; er konnte nicht anders. Und nun sein Unter-
gang? Er tadelt die Welt, daß sie seiner vergeblichen Mühsal spottet:
schäm dich; er gemahnt sie deshalb an ihr eigenes Ende; er spricht von
der Endlichkeit aller Diesseitigkeit, vom Untergang der spottenden,
sündigen Welt im Feuer, von der Gleichartigkeit des Menschenlebens
und des Weltgeschicks. Das Los der Einzelseele als Maß und Muster
des gesamten Schöpfungswerkes - ein ungeheuerlicher Gedanke ...
Fragen nach dem Grund selbstbewußten, reflektierenden Lebens
provozierten wandlungsreiche Endzeiten, erkannten Schuld, forderten
das Gericht, weckten Sorge vor demselben und mit ihr das Gewissen,
kündeten von einem neuen Himmel, einer neuen Erde, beschworen
deren Kommen, erhofften bald ein tausendjähriges Friedensreich, bald
Revolution, beschrieben Utopia und hinterließen doch immer einen
Bodensatz an Untergangsangst, Auferstehungshoffnung und Rettungs-
gebet. In ihnen spiegelten sich Selbstbewußtsein und Daseinsdeutung
ihrer Zeitgenossen. Auch, als sich ein neues «Zeit»-Verständnis ausbrei-
tete, als das Modell von Schöpfung und Untergang in Frage gestellt
wurde, als die Zukunft sich mit eigenen, selbstbestimmten Lebensent-
würfen zu füllen begann, verharrte im Untergrund apokalyptisches
Untergangsdenken.
Als Wegbereiter und Vordenker christlich-prognostischen Wissens
traten viele hervor. Höchste Autoritäten finden sich unter ihnen: die
Bibel, das Neue Testament, christliche Missionare, zuletzt Naturfor-
scher und Kosmologen. Sie alle verwandten die Zeichenfülle, die den
Jüngsten Tag ankünden soll, auf ihre Weise. Die frühen Christen, in
bald froher, bald sorgenvoller Erwartung der Wiederkehr Christi und
32 Einleitung
Tun und Sinnen näherte sich der Mensch der göttlichen Gnade oder
verdiente das Vergessenwerden. Was man von der Minute ausgeschla-
gen, /gibt keine Eioigkeit zurück.60
Viele - ein Georg Wilhelm Friedrich Hegel, ein Karl Marx, ein Ar-
thur Schopenhauer, ein Ernst Bloch und andere - haben Schillers Wort
auf ihre Weise weitergedacht. Das Ganze, vollendet in einem jeweiligen
Jetzt, erscheint nun bei Schiller als Weltgericht. Der Dichter, der über
Universalgeschichte reflektierte, wurde zu einer Art Prophet, einer Art
Weltenrichter.Jedem Verdienst ist eine Bahn zur Unsterblichkeit auf-
getan. Versagen wird angedeutet, Resignation, doch keine Verdamm-
nis. Eine Art Freispruch deutet sich an, der, den Wegen der Aufklärung
folgend, ins Gericht hineingenommen war. Von Buße handelte der
Protestant Schiller nicht; und auch mit dem Untergang vertrug sich
der Fortschritt im Gebrauch der Vernunft wenig. Der Jüngste Tag,
von Walther der Welt noch drohend ins Gedächtnis gerufen, sank, wie
es schien, ins verdunkelnde Vergessen; nur das Gericht blieb - als täg-
liches Geschehen. Doch auch dieses konnte entschwinden.
Der Schall der Posaune des Jüngsten Tags verhallt in den fernsten
Winkeln des Weltraums, und das Ende aller Zeiten läuft ab wie ein
zerrissenes Band. Der amerikanische Schriftsteller Thornton Wilder
eröffnete mit dieser Regiebemerkung eines seiner Dreiminutenstücke
(1928): Drei Ertrunkene, so der Plot, werden vom Meer herausgege-
ben, haben alles Erlebte und Erlittene abgestreift, doch wollen sie mit
aller Macht, geradezu verzweifelt ihr Selbst, ihre Identität, ihren eige-
nen, wißbegierigen Geist gerettet wissen. Umsonst. Die aller Ke?int-
lichkeit entkleideten Seelen sind wie Sternschnuppen in die Glut der
Einswerdung gestürzt. Bald gibt es im Weltraum nichts mehr außer
dem großen, niemals blinzelnden Auge, das auf eine neue Schöpfung
sinnt.61-
Wilder setzte sich immer wieder mit dem Weltuntergang auseinan-
der. Sein viel gespieltes Drama The Skin of Our Teeth (Wir sind noch
einmal davongekommen), mitten im Zweiten Weltkrieg entstanden,
läßt eine amerikanische Familie als Adam und Eva, auch als Kain auf
der Bühne der Welt agieren, Rat bei Homer, Piaton oder Aristoteles
suchen, um drei apokalyptische Katastrophen zu überstehen und im-
34 Einleitung
Filter der Aufklärung durchlaufen hatte, blieb, wie sich zeigen wird,
die Untergangsperspektive und die Retterattitüde. Sie hatte sich längst
in eine säkulare Gesellschaft, in ihre Naturwissenschaften und Kos-
mologie eingenistet; und diese verzichteten auf die Untergänge nicht.
Die Endzeit verflüchtigte sich tatsächlich nicht mit der Wissen-
schaft. Der Weltuntergang findet auch für sie statt; die Prognostik
streift sich lediglich andere, eben naturwissenschaftlich und kosmo-
logisch gefärbte Kleider über. So stellen sich die alten Fragen nur auf
neue Weise, doch weiterhin mit Untergängen im Visier. Weckt die heu-
tige Wissenschaft auf diese Weise neue Endzeitängste? Das Emotions-
muster und die Denkfigur eines drohenden Weltuntergangs haben sich
ja, wie noch näher auszuführen sein wird, aller Aufklärung zum Trotz
behauptet.
Religion und Wissenschaft sind in der Tat Kinder derselben Mensch-
heit. Sie entfalten sich in vielen Formen, fördern einander, streiten mit-
einander, versöhnen sich auch. Sie fordern einander unablässig heraus.
Die ganze «westliche» Kultur formte sich nach den Bedürfnissen für
den herbeieilenden Untergang. Die Regeln der Vernunft haben sich in
Auseinandersetzung mit Eschatologie und Untergang ebenso allmäh-
lich enthüllt wie die Geheimnisse des Glaubens. Zwar herrschte in der
Spätantike schon einmal - befördert durch Skeptizismus und Epikurä-
ismus - eine gewisse Tendenz, die Religion der Vernunft zu opfern, ihre
Geheimnisse zu profanieren und zu säkularisieren. Das Christentum
aber setzte sich zur Wehr, verkündete Gewißheit und diskriminierte
mit dem heiligen Augustinus die Neugier, das bloße Wissenwollen um
seiner selbst willen,64 stellte dieser aber, der curiositcis, schon frühzei-
tig und dann vor allem mit Albertus Magnus und Thomas von Aquin
studiositas, Wissenschaft, entgegen oder doch zur Seite, um Glauben
und Vernunft zu versöhnen.65 Der Weltuntergang wurde darüber
nicht vergessen. Im Gegenteil: Sein Erforschen wurde in diesen Zwie-
spalt hineingerissen. Denn die Zweifel kehrten zurück.
Die Physik des Aristoteles und deren arabische Exegeten nährten sie
seit dem 13. Jahrhundert. Scholastische Philosophen zweifelten bald an
der Ewigkeit der Seele, am Höllenfeuer, am Jenseits, an der Endlich-
keit der Welt und ihrem Untergang. Schon die Ketzer von Orleans im
36 Einleitung
larität, indem es mit dem allmächtigen Schöpfer des Himmels und der
Erde den Anfang, mit Christus die Heilsgeschichte und mit seiner
Wiederkehr zum Gericht den kommenden Untergang bekannte. Im-
mer wieder fragten die Gelehrten im Mittelalter: Wann hatte Gott die
Welt erschaffen? In welchem Jahr seit Erschaffung der Welt leben wir?
Man lernte, den Schöpfungsaugenblick zeitlich immer weiter hinaus-
zuschieben, ja, aufzuheben und in eine schiere Unendlichkeit zu ver-
lagern. Die Rätselfrage nach der Zeit drängte sich auf; der Kirchen-
vater Augustinus etwa hatte sich ihr zugewandt,72- und seitdem wurde
sie nicht mehr vergessen. Deren Erforschung, nicht nur die Vergan-
genheit und Zukunft der Heilsgeschichte und des Menschengeschicks,
sondern die kosmische und physikalische Realität von Zeit und deren
Bindung an den Raum, sah sich durch die Untergangsbotschaft her-
ausgefordert und durch Relativitätstheorien und Kosmologie weiter-
gedacht.
Die Apokalyptik erschöpfte sich zudem nicht in visionärem Zu-
kunftsglauben und im Wissen. Sie war seit dem frühen Christentum
stets begleitet von einem praktischen, zunehmend skeptischen, ana-
lytischen, auch von utopischem Denken, von Selbstprüfungen der
Menschen und bis in unsere eigene Gegenwart hinein von sozialen, ja,
umstürzenden, mitunter politischen Hoffnungen auf ein Leben ohne
Not und Unterdrückung, auf eine bessere, gerechtere Welt, auf eine
egalisierende Weltrevolution, auf ein Gericht, das gut und böse dauer-
haft schied, die einen mit ewiger Seligkeit belohnte, die anderen mit
ewiger Pein bestrafte dort - erwarte ich Sie vor dem Richter unser
aller! Odoardo Galotti, der Mörder seiner Tochter Emilia, zum Prin-
zen (Hettore) Gonzaga, dem eigentlich Schuldigen am eben verübten
Ehrenmord, der die Schuld freilich abwälzt auf seinen Helfer: müssen
sich auch noch Teufel in ihren (der Fürsten) Freund verstellen?7?
Machtmißbrauch des Mächtigen, Verantwortungslosigkeit in den
Masken des Begehrens.
Dieses Gericht aber, seit jeher die Hoffnung aller Verratenen und
Enttäuschten, schuf endlich Gerechtigkeit. Die Drohungen des Unter-
gangs der Erde im Feuer und der Schrecknisse der Hölle verliehen ihm
seine Unerbittlich- und ausweglose Endgültigkeit; sie lasteten seit je
39 Einleitung
Wer waren wirf Wer sind wir geworden? Wo waren wir? Wohin sind
wir geworfent Wohin eilen wir? Wovon sind wir befreit? Was ist Ge-
burt? Was Wiedergeburt? Behutsam lenkte der Eingeweihte, der die
Fragen formte, die Gedanken zur Weltschöpfung (Was ist Geburt?)
und zum Weltende (Was Wiedergeburt?), zu den Grenzen, die alles
Dasein umfaßten. 1 Wer nach dem Ende fragt, hat auch den Anfang
im Sinn. Geburt: die Verbannung nämlich des im menschlichen Ich
aufleuchtenden göttlichen Lichtfunkens in die todgeweihte Welt der
Materie, in die Schöpfung eines Demiurgen, der sich dem Höchsten
widersetzt hatte; Wiedergeburt: die Chance, im Aufstieg durch einan-
der folgende Geburten wieder zum geistigen, göttlichen Urlicht ewige
Erlösung zu gelangen. Haben alle Lichtfunken das Ziel erreicht, wird
die Vernichtung der Materie und alles Bösen im Feuer folgen. So
modellierten Gnostiker in der Nachfolge des Valentinian im zweiten
Jahrhundert den Lauf der Weltgeschichte.1 Weltuntergang als Erlösung.
Antworten auf Fragenbündel wie jene gab es viele. Auch Christen
verkündeten damals über die jüdische Apokalyptik hinaus, daß der
Mensch in einer vor Zeiten erschaffenen und nach Zeiten wieder erlö-
schenden Welt lebe. Auch sie wiesen Wege durch diese befristete, Licht
und Finsternis durcheinanderwirbelnde, im Feuer endende Welt, ver-
sprachen «Erkenntnis», verbreiteten heilwirkende Lehren für Lebens-
führung und Handeln, für eine beseligende Zukunft, begründeten
Scheitern, Verwerfung und Verdammnis. Auch sie verhießen Erlösung
und forderten eine Lebenspraxis, die davor bewahren sollte, in die
endzeitliche Katastrophe hineingerissen zu werden.
42 Glauben und Verkiindjing
Ein langwieriger Prozeß kam ins Rollen; er führte durch viele Kul-
turen. Die alten Ägypter kannten keinen einheitlichen Schöpfungs-
mythos, auch keinen allmächtigen, alles erschaffenden Demiurgen. In
Heliopolis oder Memphis erzählte man unterschiedliche Mythen.
Zahlreiche Gottheiten brachten danach die Welt und ihre Erscheinun-
gen hervor. Wasser, Erde, Sonne spielten dabei je eine eigene Rolle;
nur unter Schwierigkeiten sahen sich diese Erzählungen synkretistisch
vereint. Erst spät, in nachchristlicher Zeit, als der Islam Einzug ge-
halten hatte, wurde ein spezifischer Schöpfungsmythos aufgezeich-
net; zuvor gab es nur versteckte Andeutungen ohne umfassende Dar-
stellung.8 Einen Hinweis auf die Schöpfung überlieferte etwa die Lehre
für den Pharao Merikare aus der Zeit der 10. Dynastie (vor 1800 BCE). y
Auch sah man die Welt immer wieder bedroht; sie mußte Tag für Tag
rituell erneuert werden. Da blickte man auf keinen endgültigen Welt-
untergang, auch wenn - so etwa eine Anspielung in der Lehre für Meri-
kare - die Vernichtung des gegen die Götter aufsässigen Menschen-
geschlechts (vergleichbar der Sintflut) einst geplant gewesen sei, doch
dann aus Mitleid durch den Sonnengott Re vereitelt wurde.
Der Tod und das jenseitige Gericht über die Toten, das große Tri-
bunal (Sprüche 18-20), beschäftigten die Priester in den Ländern am
Nil ausgiebiger als die Vorzeichen für das irdische Leben. 10 Jeder Tote
hatte vor Osiris und 42 Richtern ein Gericht zu überstehen: Wer bist
du? Dein Name? Wo warst du zuvor? Was hast du gesehen? Wer die
Prüfung nicht bestand, wurde von einem Monster, einer Mischung
aus Krokodil, Löwe und Nilpferd, verschlungen. 11 Die für den Ein-
gang ins Totenreich nötige Reinigung erfolgte über ein Gespräch des
Toten mit dem Türhüter in rituell vorgeschriebenen Antworten. Was
zu sprechen ist, wenn man zu dieser Halle der Vollständigen Wahrheit
gelangt. Den Verstorbenen von allen bösen Handlungen zu befreien,
die er begangen hat, das Angesicht der Götter zu schauen. Der Ver-
storbene sagt: / «Gruß dir, du größter Gott, Herr der Vollständigen
Wahrheit! / Ich bin zu dir gekommen, mein Herr, / ich bin geholt wor-
den, um deine Vollkommenheit zu schauen. /[...] Ich habe kein Un-
recht gegen Menschen begangen, / und ich habe kerne Tiere mißhan-
delt. / Ich habe nichts <Krummes> an Stelle von Recht getan. / Ich
Apokalyptik und Endzeit 45
kenne nicht, was es nicht gibt, / und ich habe nichts Böses erblickt. I...
Ich bin rein, ich bin rein, /Ich bin rein, ich bin rein!» /[...] «Wem aber
soll ich dich anmelden?» / Melde mich dem an, dessen Decke Feuer,
dessen Mauern lebendige Uräen und von dem der Fußboden seines
Hauses die Flut ist. / «Wer ist das?» / Osiris ist das. / «So ziehe denn
bin - siehe, du bist angemeldet!.»1- So heißt es im sogenannten Toten-
buch. Das Totenreich aber ist ewig. Ein Weltuntergang wurde auch
hier nicht beschworen.
Im Osten, im Lande Sumer, verehrte man zunächst zwar eine höchste
Götterdreiheit, doch keinen Demiurgen. Die Welt erwachte vielmehr
zu sich. Erst mit der Zeit übernahmen die Götter die Schöpferrolle.
Die Vorstellung eines Weltuntergangs fehlte in Akkadien indessen
nicht ganz. Denn dort wurde nicht nur ein eigener großer Schöpfungs-
mythos, der noch auf die Bibel einwirkte, kultisch inszeniert, dort ent-
stand vor allem auch die Erzählung von der Sintflut, die ebenfalls in
der Bibel ihr Echo fand; gleichsam ein Untergang auf Zeit, doch mit
Erneuerung, Drohung und Hoffnung demnach für die Lebenden. Zy-
klische Vorstellungen waren gerade hier nicht unbekannt. 13 Die Ster-
nenweisheit der Astrologie entstand in Mesopotamien. Im Zoroastris-
mus Irans begegnen (bezeugt freilich erst in mittelpersischer Zeit, nach
der arabischen Eroberung) ein weltweites Reinigungsfeuer und für die
Guten eine Art Auferstehung zu höchster Seligkeit und Unsterblich-
keit, während die Unreinen verbrennen. Doch danach wird die Welt
erneuert werden. 14
Die alten Griechen verdankten den Grundstock ihres Wissens (wie es
etwa Piaton festhielt15) Ägypten und (wie es das Alphabet so schön ver-
deutlicht) dem Vorderen Orient, Chaldäa, Babylon und Assur, teilweise
vielleicht auch dem Iran. Weltuntergänge beschäftigten sie zunächst
nicht. Vielmehr die Weltgeburt. Das Chaos gebar, so erzählte Hesiod
im S.Jahrhundert BCE in seinem Versepos Theogonia den alten My-
thos von der Weltentstehung; die Urgötter, Chaos, Gaia (Erde), Uranos
und Eros, Himmel, Berg und Meer wurden geboren, auch Tag und
Nacht entstanden. Zwar wurden die Kinder der Gaia und des Uranos,
die Titanen, von den olympischen Göttern, Zeus, einem Enkel der
Gaia, und den Seinen, bekämpft und unterworfen und dem Untergang
46 Glauben und Verkiindjing
nichts mehr «nähren» könne, und wenn nichts außer Feuer sei, dann
erfolge durch das Feuer, Lebensspender und Gottheit, die Erneuerung
der Welt und ersteht die gleiche Schönheit.2-0 Cicero ließ einen Skep-
tiker (einen ihm Geistverwandten) dagegenhalten: Wie könne das
Feuer ewig sein, da es doch selbst Nahrung brauche. Ob nun das ab-
schließende Urteil des Redners und Philosophen Cicero zugunsten der
Stoa (111,95) auch diese Ablehnung entkräftete, oder ob er die Ekpyro-
sis, die wiederholten Untergänge und Renovationen durch das Feuer,
doch akzeptierte, ist nicht mehr zu erkennen.
Ein Seelengericht war den antiken Griechen fremd. Ihre Vorstellung
vom Tod war ein Verblassen des Lebens; sie kannten den Fährmann
Charon, der gegen geringes Entgelt die Toten über den Fluß des Ver-
gessens, die Styx oder den Acheron, ins Reich der abgeschiedenen
Schatten, den Hades, übersetzte. Nur Piaton kannte eine Reinigung
der Seele und eine Wiedergeburt. Die griechische Prognostik indessen
galt mit Opfern bis zum Menschenopfer, mit Opferschau und seit hel-
lenistischer Zeit mit der Astrologie dem Leben und dessen Nöten.
Erst das Volk der Bibel, aus Israel und Juda vereint, von vielfältigen
Einflüssen der Umwelt geformt, von Ägypten und Assyrien, von Noma-
denvölkern Arabiens und dem fernen Iran, stieß in bislang verborgene
Bereiche des Jenseits vor. Seine Eliten entwarfen lange vor Piaton eigene
Schöpfungsberichte, wie es sie bisher nirgends gab, und eigene Zu-
kunftsvisionen. Sie griffen dazu Impulse aus der Fremde auf, ergänz-
ten sie um eine Fülle eigener historischer Erfahrungen, eigener Reli-
giosität und praktizierter Prognostik und schufen damit Neues. Viel
von Ägypten und Babylon sah sich bewahrt, vielleicht gerade auch
Momente des Totengerichts, das der Einzelseele galt. Die Schöpfung
aber forderte nun, anders als bei Piaton, als (logischen) Gegenpol ihre
von Gott bestimmte Erfüllung, ein endgültiges Ziel. Zweifel am Schöp-
fungsbericht, wie sie mit den Jahrhunderten aufkamen, machten dann
vor den Erwartungen eines irgendwie gearteten Endes nicht Halt.
Die jüdische Apokalyptik setzte tatsächlich in der Fremde, während
der Babylonischen Verbannung, mit dem sogenannten Deutero-Jesaja
(Jes 40-55) seit dem späten 6. Jahrhundert BCF. ein und empfing da-
mals maßgebliche Prägung. 11 Älter sollen «Zefanias» Ankündigung des
Apokalyptik und Endzeit 49
Gerichts und sein Wehruf über Jerusalem sein. Doch das Propheten-
buch ist kein Werk aus einem Guß, die Datierung des ganzen und ein-
zelner Verse ist umstritten (vorexilisch oder jünger). Nicht wenige
Autoren setzen die Prophetie in die Exilszeit und datieren einzelne
Stücke sogar noch später. 11 Wie auch immer, die Notzeit fremder
Herrschaft über das Volk radikalisierte die Apokalyptik. 13
Bei Zefania erklang erstmals die Sorge vor «jenem Tag», «dem Tag
des Herrn», Dies irae, dies illa (Zef 1,15), die dann im 13. Jahrhundert
in die christliche Hymnik Eingang fand. Die hier relevanten Prophe-
ten-Verse dürften freilich zu den jüngeren Textteilen zu rechnen sein: 14
in igne zeli eins (sc. Dei) devorabitur omnis terra, quia consummatio-
nem cum festinatione faciet cunctis babitantibus terram (Zef i , i 8 b - c )
und in igne enim zeli mci devorabitur omnis terra (3,8d). Im Feuer des
göttlichen Zorns wird das gantze Land verschlungen: So übersetzte
Luther und verdeutlichte damit, daß das Prophetenbuch keineswegs
die Vernichtung der Erde ankündigte, vielmehr die Gottlosen warnte,
während Gott die Seinen aus der Gewalt ihrer Feinde befreien wird:
«Fürchte dich nicht, Sion! Denn der Herr, dein Gott, ist bei dir; er
wird dich retten»; «er wird euch Lob und Ehre in allen Landen, unter
allen Völckern auff Erden geben (3,16 und 19-20). Jenes Vernich-
tungsfeuer ist - wie immer es ursprünglich intendiert gewesen sein
mochte - im Verständnis des Endredaktors Zefania «regional», als
Strafe, nicht kosmisch, als Weltuntergangsdrohung, zu deuten. Erst
Christen erkannten in den Zefania-Versen das definitive Untergangs-
feuer der Erde;1-5 mittelalterliche Exegeten, etwa Thomas von Celano
mit seinem Hymnus Dies irae, dies illa, ließen tatsächlich die Welt auf
ewig im Feuer untergehen: solvit saeclum in favilla.
Jahwe griff als Herr der Geschichte in das Leben seines Volkes ein.
Zumal die Geschichtstypologie von vier einander folgenden Reichen,
eines vorbildlichen goldenen, eines silbernen, eines ehernen und eines
tönernen, verdeutlichte dies. Sie war aus dem Zweistromland entlehnt
und sollte auf Jahrhunderte, bis weit in die christliche Neuzeit hinein,
wirksam bleiben. Sie war dem zoroastrischen Iran vertraut, findet sich
bei Hesiod und in den Prophetenbüchern der Bibel. Doch dann radi-
kalisierte der hebräische Daniel (9,27; wohl vor 164 BCE) die Lehre
50 Glauben und Verkiindjing
und verhieß Gräuel der Verwüstung, bis das Verderben, welches be-
schlossen ist, sich über die Verwüstung ergießen wird. Demütigende
Erfahrungen und Anspruch des erwählten Volkes wiesen neue Wege,
freilich nicht in den Weltuntergang, sondern zum Heil, zum Königtum
des Messias. «Die apokalyptische Belehrung über das nahe Ende der
Geschichte ist in Dan 9 nichts anderes als eine Ausdeutung der Exils-
zeit.»2-6 Zeiten, Tage, wurden verheißen (etwa Dan 12., 1 1 ) , wann es so
weit sei, Symbole, die Jenseitiges ins Diesseits holten. Sie werden noch
dem christlichen Mittelalter Anhaltspunkte zu eschatologischen Be-
rechnungen liefern.
Der jüngere aramäische Daniel (Dan 2-7) setzte gleichfalls mit dem
Exil ein. Er kannte den Traum von der zusammengesetzten Gestalt
und der Deutung als Abfolge von vier Weltreichen; vielleicht, so wird
erwogen, hatten griechische Zwischenträger sie ihm zukommen las-
sen.27 Der Prophet deutete nun für Nebukadnezar (II.), den Eroberer
Jerusalems, die Schrecken einflößende Figur aus goldenem Haupt,
silberner Brust, ehernem Bauch, eisernen Schenkeln und Füßen aus
einem brüchigen Eisen-Ton-Gemisch, die ein anrollender Stein, der
zur ganzen Welt wurde, zermalmte wie Spreu auf der Sommertenne,
die der Wind veriveht (Dan 2,35). Daniel erklärte das Gesicht zum
Vorzeichen künftiger Reiche und deren endgültigen Untergangs, dem
die ewige Königszeit Israels aber entgehen werde (Dan 2).
Ein Weltuntergang in strengem Sinn war auch das nicht. Der Stein,
der die ganze Welt bedeutete, zertrümmerte die heidnischen Weltrei-
che, nicht die Welt; er selbst wurde nicht zermalmt. In Gestalt der vier
Tiere (Dan 7) erschien die Lehre noch einmal. Beide Bilder werden das
christliche Geschichtsdenken bis tief in die Neuzeit hinein beherr-
schen. Doch mit ihm sollte sich der Sinn ändern, da in christlicher
Deutung mit dem Ende des letzten Weltreichs, des christlich geworde-
nen römischen Imperiums, das Weltende heraufzog.
Erst mit dem Daniel-Buch zog Rhetorik des Untergangs in die Ge-
schichte ein; bis heute verharrt sie - ermöglicht durch eine Befristung
der Weltzeit auf 6000 (oder 7000) Jahre - in ihr. Apokalyptische Dro-
hungen leiteten die Visionen des Neuen Jerusalems ein.28 Diese Pro-
gnosen besaßen keineswegs bloß endzeitliche Natur. Sie konnten be-
Apokalyptik und Endzeit 51
hen die Vertreibung der Sünder «von der Oberfläche der Erde» (11,38),
verhießen, daß sie brennen werden «wie Stroh im Feuer» und ver-
sinken «wie Blei im Wasser» (11,48). Untergang der Erde verkündete
dieser Apokalyptiker noch immer nicht.
Freiheit und Frieden winkten nicht. Trotz der Erneuerung des Tem-
pels, trotz der hoffnungsvollen Kämpfe der Makkabäerbrüder gegen
die Seleukidenherrschaft bedrückte bald neue, römische Fremdherr-
schaft das Volk und vermochte die Tempelpriesterschaft auf Dauer kein
religiöses Deutungsmonopol durchzusetzen. So drifteten religiöse Le-
bensformen, Gebotsbeachtung und eschatologische Erwartungen aus-
einander. In den Reihen der Essener des späten z. und 1. Jahrhunderts
vor unserer Zeit und zumal jener Qumrän-Gruppe, deren Schriften
erhalten sind, finden sich wiederholt Endzeiterwartungen angespro-
chen, wenn auch kein Weltuntergang.-'0 Hier herrschte eine höhere
eschatologische Intensität als unter Pharisäern und zumal unter der
Tempelpriesterschaft, obwohl auch diesen die apokalyptische Bot-
schaft nicht fremd war. 31 Zuvor unbeachtete Auferstehungshoffnun-
gen verbreiteten sich, wie das Henoch-Buch (II,51) bezeugt. Sie be-
saßen ihre Wurzeln im zoroastrischen Glauben Irans und sollten noch
auf die Lehren des Jesus von Nazareth einwirken.32-
Die Bedrückung durch die Römer weckte neue Messias-Hoffnun-
gen. Die Erwartungen radikalisierten sich. Politische Revolutionäre
traten hervor. Sie hatten alles andere als Weltuntergang im Sinn. Mes-
sianische Königsherrschaft galt es zu errichten. Unruhen erfaßten das
Land und endeten fürs erste mit dem Jüdischen Krieg, der mit dem
Untergang Masadas und in der Selbsttötung seiner Verteidiger, ihrem
«ruhmvollen Tod» als freie Menschen, endete (74 CE). Auch Jesu Ein-
zug in Jerusalem konnte politisch gedeutet werden. 33 Dem Sanhedrin
schien Zurückhaltung angemessen zu sein. Er hielt es angesichts realer
römischer Gewaltherrschaft für wenig ratsam, ein eschatologisch-mes-
sianisches Königtum zu propagieren; Jesus, «der König der Juden»,
wurde ein Opfer dieser Haltung, obgleich damals wie wohl auch im
folgenden Jahrhundert eine scharfe Abgrenzung der Judenchristen,
zumal in Palästina, von den verschiedenen jüdischen Gruppierungen
noch kaum erfolgt war. 34
Apokalyptik und Endzeit 53
Jesus war ein beschnittener Jude, «ein Mann aus dem jüdischen
Volke». Das Christentum entstand als eine jüdische Sekte,51 die - inmit-
ten gesetzesgläubiger Kultpraxis, von Pharisäern, Sadduzäern, Esse-
nern, von hellenistischer Liberalität und gnostischen Lehren - am
Reichtum jüdischer Kultur und Gottesverehrung und Messiaserwar-
tung partizipierte und derselben neue Lebenswelten erschloß. 5i Seit
wann sich die Christen als Anhänger einer eigenen Religion verstan-
den, ist ungewiß und umstritten. Mit dem sogenannten Apostelkonzil
56 Glauben und Verkiindjing
(wohl 48/49) war ein erster Schritt getan." Auf Drängen des Apostels
Paulus wurde nun die Heidenmission unter Verzicht auf die Beschnei-
dung akzeptiert (Gal 2 , 1 - 1 0 ; Act 15,1-30). Die Christenverfolgungen,
die Juden verschonten, schieden zweifellos beide Gruppen. Doch in
Palästina und vielleicht im gesamten Vorderen Orient dürfte sich der
Differenzierungsprozeß länger hingezogen haben; die Entstehung der
Evangelien und die neutestamentliche Kanonbildung brachten weitere
trennende Momente zur Geltung. 54
Bis zur Stunde aber ist die Bibel das «Alte Testament» der Christen.
So waren sie auch die Erben der jüdischen Apokalyptik, die sie freilich
unter dem Einfluß ihres Glaubens von Jesus als dem Christus und un-
ter dem Eindruck der Zeitereignisse fortbildeten, ja, radikalisierten. 55
Biblische Prognostik und die Propheten boten dafür entscheidende
Weisungen und Muster, obgleich mit der Zeit, als mehr und mehr
«Heiden» sich zu Jesus Christus bekannten, immer seltener die Ge-
nese dieser Endzeitbotschaft reflektiert wurde und die Christen eigene
Wege gingen.
Die Vorgaben vermittelten in der Tat eschatologische Muster, die
für die christliche Apokalyptik wegweisend werden sollten. Gott
sprach mit seinen Geschöpfen über Zeichen: Ich will meinen Geist
ausgießen über alles Fleisch, und eure Söhne und Töchter sollen weis-
sagen; eure Altesten sollen Träume haben; und eure Jünglinge sollen
Gesichte sehen. [...] Und ich will Wunderzeichen geben am Himmel
und auf Erden: Blut, Feuer und Rauchdampf. Die Sonne soll in Fin-
sternis und der Mond in Blut verwandelt werden, ehe denn der große
und schreckliche Tag des Herrn kommt. Und es soll geschehen: Wer
den Namen des Herrn anrufen wird, der soll gerettet werden. Denn
auf dem Berge Zion und zu Jerusalem wird eine Errettung sein (Joel
Dann: Siehe, es kommt der Tag, der brennen wird ivie ein Schmelz-
ofen. Da werden sie alle, die Hochmütigen und Gottlosen, Stroh sein.
Und der Tag, der kommen soll, wird sie, so spricht der Herr Zebaoth,
in Flammen setzen und weder Wurzel noch Samen verschonen. Euch
aber, die ihr meinen Namen fürchtet, ivird die Sonne der Gerechtig-
keit scheinen. So heißt es bei Maleachi (3,19-20). Brennen werden die
Feinde Gottes und seines Volkes, nicht etwa die Erde. Das wird in
christlicher Deutung bald anders. Denn für sie erfaßt der Brand diese
Erde selbst.
Von Jesus-57 indessen gibt es manches eschatologische Logion, frei-
lich keinen ihm zweifelsfrei zugewiesenen Spruch zum Weltunter-
gang, keinen explizit zum «Jüngsten Gericht»; vom «großen Tag des
Herrn» schwieg er, soweit erkennbar. 58 Darauf abhebende Äußerun-
gen in den Evangelien - Himmel und Erde werden vergehen (schon
-
Mcn *21,33) könnten oder dürften spätere Hinzufügungen sein.
Jesus predigte Wachsamkeit in der Gegenwart, im «Heute», in dem
sich Heil und Gericht erfüllten. Er sprach zumeist in Gleichnissen, im
Blick auf die Königsherrschaft Gottes oder in Seligpreisungen, und die
Seinen verstanden den apokalyptisch-eschatologischen Sinn seiner
Worte. Mit ihnen erwies er sich zugleich als Lehrer strenger, zugleich
liebender Ethik. 59
Vielleicht (es ist umstritten) bezog Jesus die Prophetie des schon von
Daniel (7) angekündigten «Menschensohnes» auf sich, der als schlich-
ter Mensch zu deuten war oder als eine pneumatische Gestalt, die mit
dem «Messias» gleichgesetzt wurde oder werden konnte und in der
Endzeit «in den Wolken» erscheinen sollte, und die auch als Welten-
richter auftreten konnte. Frühe Christen jedenfalls glaubten Derartiges
(vgl. Mc 13,26 und 14,62). 60 Doch kursierten, wie gesagt, unter-
schiedliche Deutungen. Der Messias konnte als Mensch, als Befreier
und politischer Akteur hervortreten oder als vorweltliche Gestalt oder
Macht wie etwa der Menschensohn im Henoch-Buch/ ,T Jesu eigenes
Verständnis entzieht sich der historischen Einsicht. Eine Selbstdeu-
tung Jesu als Messias kann nur durch den urchristlichen Gemeinde-
glauben erschlossen werden. Seine Göttlichkeit als zweite Person der
Trinität wurde erst spät in der Folge und Not der Parusieverzöge-
Vom «Tag des Herrn» zum Weltlintergang 59
rung 61 und unter hellenistischem Einfluß durch die Dogmatik der frü-
hen Kirche seit dem 4. Jahrhundert festgeschrieben; sie verließ endgül-
tig die frühe jüdische Tradition des «Gottessohnes» (vgl. Ps. 2,7) und
wurde keineswegs von allen christlichen Gruppierungen in der Spät-
antike akzeptiert.63
Die divergierenden Entwicklungen wirkten sich unmittelbar auf die
christliche Eschatologie und den Untergangsglauben aus. Sie drifteten
auseinander, konnten mitunter aber dennoch wechselseitig Einfluß
aufeinander nehmen. Die mittelalterlichen orthodoxen und katho-
lischen Theologen waren sich der Identität von Menschensohn und
Jesus Christus sicher. In solcher Annahme lag die Gewißheit seiner
Wiederkehr zum Gericht, zur Erlösung der Seinen, der Vernichtung
der Feinde und zum Beginn eines neuen Äons. Mit seinem Kommen
erwarteten die «rechtgläubigen» Urchristen und ihre späteren Exege-
ten in apokalyptischer Tradition den Beginn des Gerichts, den verhei-
ßenen Umsturz und Neubeginn in Seligkeit oder Verdammnis. Vom
Untergang der Welt handelten die frühesten Prophetien freilich nicht;
derselbe zog erst später in die jüdische und christliche Eschatologie
ein, während die alte apokalyptische Tradition für das Judentum in
seiner Bedeutung zurücktrat.
Der Apostel Paulus, einstmals ein Pharisäer und römischer Bür-
ger,6'4 verharrte - durch seinen Christus-Glauben geleitet - nicht ein-
fach in den überkommenen eschatologischen Traditionen seiner jüdi-
schen Umwelt, die ihm durchaus vertraut waren. Er deutete sie vom
Heilsgeschehen her neu; die Eschatologie wurde für den Apostel da-
mit zum festen Grund seiner Glaubensbotschaft. Manches scheint an
das «Ende der Zeit» in den Schriften der Qumrän-Gemeinde zu er-
innern.65 Fortan aber trennten sich die Christen von ihren jüdischen
Wurzeln. Paulus, der den Fall des Tempels nicht mehr erlebt hatte,
sprach von der baldigen Ankunft des Messias, nämlich der in Kürze
zu erwartenden Wiederkehr des Auferstandenen, von der Auferwe-
ckung der Toten und der Entrückung der Lebenden in Wolken und
vom Tag des Herrn (iThess 4,16-5,3; vgl. Rom 1 3 , 1 1 - 4 ) . Diese Bot-
schaft blieb noch frei von destruktiven Erwartungen. «Die Gestalt
( o x n ^ ) dieser Welt geht vorüber», praeterit figura huius mundi
60 Glauben und Verkiindjing
(iCor 7,31). Wie das und mit welchem Ergebnis es erfolgen sollte,
führte Paulus nicht aus. Er wußte, daß zu lins das Ende der Zeiten
gekommen ist (XOC TEA.1] TOÖV aicovcov KaTr|vxr|K£v, fines saeculonim
66
devenernnt, i C o r 10,11). Aber dessen Folgen für die Erde wurden
nicht reflektiert. Der Apostel verkündete nur die Gewißheit, daß Jesus
uns aus dem kommenden Zorn erretten wird (iThess 1,10).
Der Schock der Zerstörung der Stadt Jerusalem und des Tempels
änderte alles. Noch eben hatte der Jüdische Krieg Hoffnungen ge-
weckt; Münzen kursierten, die ein «Heiliges Jerusalem», andere, die
«Freiheit» verkündeten, noch andere, die, als im vierten Kriegsjahr
die Lage bedrohlicher wurde, «Erlösung» erhofften. 67 Doch der Feu-
erschein, die Rauch- und Staubwolken, die von den Trümmern auf-
stiegen, und die Vertreibung seiner Bewohner, trennten für immer die
biblische Vergangenheit von der Zukunft, verdüsterten auch die apo-
kalyptischen Visionen des Pseudo-Esra oder des Pseudo-Barueh, der
Evangelien, des zweiten Thessalonicher-, des zweiten Petrusbriefes
oder der frühchristlichen Apokalypsen. 68 Gewiß, der Bar-Kokhba-
Aufstand ( 1 3 2 - 3 5 CE) weckte noch einmal Hoffnungen. Die Münzen
gemahnten nun mit der Fassade des zerstörten Tempels an dessen Er-
neuerung, verkündeten «Erlösung Israels», «Freiheit für Israel», «Frei-
heit für Jerusalem». 69
Doch auch dieser Aufstand brach zusammen, und die Gemeinden
der jüdischen Diaspora pflegten fortan das Gedächtnis der Zerstörung
und versammelten sich «an dem traurigsten Tag ihres Jahres, dem
neunten Ab, dem Tag der Zerstörung des Tempels, jenem Tag, dem
düster gedächtnisvollen, der ihre Väter heimatlos gemacht und wie
Salz gestreut über die Länder der Erde», wie Stefan Zweig das Ge-
denken nach Vorgaben von Joseph Roth in seiner Novelle Der be-
grabene Leuchter umschrieb, in der imaginierten Geschichte nämlich
der Menora, die der Sieger Titus damals aus Jerusalem nach Rom
verschleppte. Juden war fürderhin - mit Ausnahme am neunten Ab -
verboten, ihre heilige Stadt zu betreten.70 Bot jener Jesus, Sohn des
Ananias, mit seinem dreifachen Wehe über den Tempel und zumal
über die Stadt und das ganze Volk den Christen das unmittelbare Vor-
bild für ihre nun einsetzenden Untergangsprophetien? 71
Vom «Tag des Herrn» zum Weltlintergang 61
ren wird. Jetzt brachte der Tag des Herrn das Ende von Himmel und
Erde (vgl. Mc 1 3 , 3 1 ; Mt 24,35; v gl- ¿Tim 3 , 1 - 6 oder 2Petr 3,7-18).
Die Zerstörungen des Tempels und Jerusalems wurden so zum Urbild
eines endzeitlichen Untergangs im Feuer.
Jesus aus Nazareth war kein einsamer Prediger;74 er trat unter zahl-
reichen, miteinander konkurrierenden Gruppierungen und Sekten zur
Zeit des zweiten Tempels wie etwa der Täufergemeinde (von der er
sich wohl getrennt hatte), den Essenern oder der Gemeinde von Qum-
rän hervor (soweit beide nicht identisch waren). Sie alle predigten
strenge Moral und Lebensführung und verbreiteten apokalyptische
Lehren. 75 Auch Jesus begann als ein eschatologischer Wanderlehrer.76
Was genau er gelehrt hatte, wurde schon in apostolischer Zeit Gegen-
stand heftiger Kontroversen, die sich in den kanonischen Schriften, in
apokryphen Evangelien, in weiterem religiösen Schrifttum und nicht
zuletzt in Polemiken niederschlugen.
Die Zeugnisse kamen zum Teil erst im 20. Jahrhundert aus dem
Wüstensand Ägyptens ans Licht und offenbaren eine Zerklüftung der
christlichen Glaubenswelten, die bis heute nicht überwunden ist. Zu-
mal der Auferstehungsglaube forderte zu unterschiedlichen Auslegun-
gen heraus. Davon ist hier nicht zu handeln. Der reiche Strom vor-
christlicher jüdischer Apokalyptik prägte von Anfang an das sich aus
seiner jüdischen Vergangenheit emanzipierende Christentum. 77 Es
wurde eine auf das Ende, auf Gericht und Untergang hinführende und
mit dessen Verzögerung beschäftigte Religion. Politische Erwartungen
konnten sich leicht der religiösen Prophetie untermischen. Der ange-
kündigte Untergang verlieh aller Lehre das Gewicht der Endgültigkeit.
Jesu Jünger, allen voran Petrus, glaubten - jedenfalls nach der Bot-
schaft der Evangelien -, die Messias-Verheißung sei erfüllt: Du bist
Christus, der Sohn (so Mcn :;'9,2o): Die jüngeren Evangelisten ergänz-
ten: der Sohn des lebendigen Gottes! (Mt 16,16; vgl. Mc 8,29;
Lc 9,20), 78 worauf bei Matthäus die Einsetzungsworte folgen: Du bist
64 Glauben und Verkiindjing
Petrus und auf diesen Felsen will ich meine Kirche gründen. Das
Christentum wurde mit seinen Seligpreisungen (Mt 5,3-12), Warnun-
gen (Mc 13) und Weherufen (Lc 6,24-6) tatsächlich eine eschato-
logisch-endzeitliche Religion: Himmel und Erde werden vergehen.
Das hatte nach der Sicht der Evangelisten der Herr gelehrt (Mcn
es
""21,33; 1 3 , 3 1 ; Mt 24,35); sollte bald, in absehbarer, in histori-
scher Zeit erfolgen. Seine Anhänger erwarteten Christi triumphale
Wiederkehr zum Jüngsten Gericht, seinen kaisergleichen «Einzug» in
sein Reich. Auf ihn lebten sie freudig zu. Dann trennten sich endgültig
Gut und Böse, dann mochte diese Welt vergehen.
Untergangserwartungen prägten von früh an (Mcn * 2 1 , 5 - 3 6 ) und
trotz aller Verunsicherung ob der unbegreiflich verzögerten Parusie
des Herrn die christliche Spiritualität, während sie in der jüdischen
Messiaserwartung mehr oder weniger an Bedeutung verlor. Christ-
liche Paränese mahnte, auf das Ende hinzuleben. Man begann, die
Endzeit als schon mit Christi Geburt und Erlösertod eingetreten zu
begreifen. So standen nur noch Wiederkehr, Gericht und Untergang
zu erwarten, ein endloses Harren. Es verlangte von den Gläubigen,
den Versuchungen dieser Welt zu widerstehen, sie in Geduld zu ver-
kraften. Die paulinische Gegenüberstellung von «Fleisch» {eräpt) und
«Geist» (m'evpa, z. B. Rom 8,1-10) sah sich denn auch in die Theolo-
gie des Gerichts und des Untergangs hineingenommen. Nur der Geist
ist für die Ewigkeit bestimmt, die Materie geht unter und reißt den
«fleischlichen» Menschen mit sich. Anthropologie und Kosmologie
bildeten in solcher Lehre eine sich wechselseitig durchdringende Ein-
heit. Unter den Christen formten sich fortan eine Gesellschaft und
eine endzeitliche Kultur, die nun die irdische Zeit und das Leben «im
Fleisch» zu bewältigen hatten, sie mißachteten, weil sie, die den Un-
tergang ständig vor Augen hatten, ihn nicht oder allenfalls vorüber-
gehend aufhalten konnten oder es nicht wollten und dennoch per-
manent nach Rettung verlangten.
Der verinnerlichte Glaube, die Scheu vor den Geboten und Erfor-
dernissen der Religion, internalisierte die Erwartung des Untergangs,
dem das Gericht vorausgehen sollte. Früheste Fassungen des Eucha-
ristiegebets, etwa in der Didache aus der Zeit kurz vor dem Jahr
Christliche Eschatologie 65
l o o CE, kennen bereits die Bitte: «Es komme die Gnade (x&pig), es
vergehe diese Welt (KÖapog)» (c. 10,6). 79 Fast jeder erhaltene früh-
christliche Text lehrte entsprechende Glaubensgebote, gab endzeit-
liche Lebensregeln und Verhaltensanweisungen. Am «Tag des Herrn»
entschied sich dann alles. Das für bald erwartete Gericht war Endge-
richt und Individualgericht in einem. Erst das Ausbleiben der Parusie
(die sogenannte Parusieverzögerung) nötigte mit der Zeit die Theo-
logen zur Trennung beider: ein Individualgericht nach dem leiblichen
Tod, ein Weltgericht am Ende der Zeiten, ein immer weiter hinaus-
gezögertes Harren und immer aufwendigere Spekulationen. Das Le-
bensgericht aber wird immer Momente des Weltgerichts bewahren.
Der Weltuntergang bot dabei keine defätistische Aussicht; er nötigte
vielmehr zur Selbstprüfung und zu rechtem Tun; er verlieh dem Ge-
richt seinen einzigartigen Ernst. Er war der Stachel Gottes, der zur
Eile trieb. Denn die Zeit für das Heilswerk schmolz dahin.
Aber die Gläubigen wußten dennoch um Not und Schrecken, die
beiden, der Parusie und dem Gericht, vorausgingen und deren Nahen
ankündigten. So war bei aller Hoffnung stets auch Angst präsent. Jesus
selbst hatte sie nach der Lehre der Evangelisten angekündigt: Ihr iver-
det hören Kriege und Geschrei von Kriegen; sehet zu und erschrecket
nicht, f...] Es wird sich empören ein Volk wider das andere und ein
Königreich wider das andere und werden sein Pestilenz und teure Zeit
und Erdbeben hin und ivieder. Da ivird sich allererst die Not an-
heben. [...] Bald aber nach der Trübsal derselben Zeit werden Sonne
und Mond den Schein verlieren, und die Sterne werden vom Himmel
fallen, und die Kräfte der Himmel werde?i sich bewegen. Und alsdann
wird erscheinen das Zeichen des Menschensohnes am Himmel (Mcn
*2.1,8-2.8; vgl. Mc T3; Mt 24,6-8 und 29-30). Wann es soweit sein
wird, weiß allein der Vater im Himmel (Mt 24, 35-6).
In dieser literarischen Tradition stand auch der christliche Apoka-
lyptiker Johannes auf Patmos. Sieben Schalen des Zornes Gottes wur-
den über die Erde ausgegossen (Apoci6). Drohend ritt die «große
Hure», die große Stadt, die das Reich hat über die Könige auf Erden
(Apoc 17,18), mit der Fülle ihrer Herrschaft über die Welt, deren
Macht erst am Ende der Zeiten enden wird (Apoc 17-19). 8 0 Warnung
66 Glauben und Verkiindjing
war geboten. Gehet aus von ihr, mein Volk, daß ihr nicht teilhaftig
werdet ihrer Sünden (Apoc 18,4). Wer würde ihr nicht verfallen, wer
ihr entkommen? Endlich das Jüngste Gericht: Und der Tod und sein
Reich wurden geworfen in den Feuersee. Das ist der zweite Tod: der
Feuersee [r) Xifjvrj tov izvpöq). Und so jemand nicht gefunden ward ge-
schrieben in dem Buch des Lebens, der ward geworfen in den Feuer-
see (Apoc 20,14-5). Befehle und Bilder, die Angst wecken konnten.
Die Parusieverzögerung erhöhte die Dringlichkeit der apokalypti-
schen Botschaft. Die Gläubigen bedurften der Heilsvergewisserung,
der Mahnung zu Geduld, der Paränese. Der frühchristliche griechi-
sche Barnabasbrief 81 handelte wiederholt vom Weltende. Jahre nach
der Schöpfung werde Gott die ganze Welt (xöc cru|ixtävxa) zu ihrem
Ende führen, nach sechs Welttagen; am siebenten Tag wird Christus
wiederkehren und die Gottlosen richten, Sonne, Mond und Sterne
«verändern» (öcAAa^si). Der achte Tag, der Weltensonntag, bringe den
Christliche Eschatologie 67
Anfang der neuen Welt (c. 15). Der Tag des Herrn ist nahe. An ihm
werde alles Böse zugrundegehen (c. 2.1). Die «Tage» wurden in ihrer
Dauer nicht spezifiziert. Der erhaltenen lateinischen Übersetzung
(Barn 1 - 1 7 ) fehlen die letzten vier Kapitel. 8i Auch der zweite Kle-
mensbrief gemahnte an das Ende in totaler Vernichtung: Der Tag des
Gerichts kommt wie ein brennender Ofen. Einige der Himmel und
die ganze Erde werden wie Blei über dem Feuer zerschmelzen
8?
(c. 16). Dem lateinischsprachigen Westen wurde dieser Text wohl
nicht bekannt.
Der zweite, durch und durch eschatologisch geprägte Petrusbrief
galt bis in die Zeiten der modernen Bibelkritik als echt. Deshalb wurde
das Lehrschreiben des (vermeintlichen) Apostelfürsten immer wie-
der - etwa an hervorragender Stelle in der Civitas Dei des heiligen
Augustin (XX,24) - herangezogen, um das Ende der Welt, ihren Un-
tergang, zu dramatisieren. So werden der Himmel, der jetzt ist, und
die Erde durch dasselbe [Gottes-] Wort aufbewahrt, daß sie zum Feuer
behalten werden auf den Tag des Gerichts und der Verdammnis der
gottlosen Menschen. Und: Es wird aber des Herrn Tag kommen ivie
ein Dieb. Dann werden die Himmel zergehen mit großem Krachen,
die Elemente aber werden vor Hitze schmelzen, und die Erde und die
Werke, die darauf sind, werden verbrennen. Und der Schrecken wird
gedacht: zu der Ankunft des Tages Gottes, an welchem die Himmel
vom Feuer zergehen und die Elemente vor Hitze zerschmelzen werden
(zPetr 3,7; 3,10 und 3,12.). Dann aber werden ein neuer Himmel und
eine neue Erde aufgehen - für die Gerechten. Das Feuer, das nach dem
50. (49.) Psalm vor Gott kommt, legte Augustin (ebd.) gleichfalls als
jenes des Jüngsten Gerichts aus. So mehrten sich die Endzeitzeugnisse
der Heiligen Schrift; aber sie beruhigten nicht. Sie konnten die Angst
steigern, die Angst nämlich, der Hure Welt zu verfallen, lenkten aber
zugleich das Sinnen der Gläubigen auf die Werke des Heils.
Mit der Parusie wurde auch der Untergang hinausgezögert. Der
zweite Thessalonicherbrief, der noch im ersten Jahrhundert unter dem
Namen des Apostels Paulus verbreitet wurde, bekundete es (zThess.
2,6-7). Da ist dunkel von einem Mysterium des Unrechts die Rede, das
einer aufhalte, bis er entfernt werde, von dem Auftritt des «Sohnes des
68 Glauben und Verkiindjing
Verderbens» (2,3). Erst Hippolyt (gest. 235) und Tertullian (gest. nach
220) deuteten, wer gemeint sei. Der Bischof von Rom nannte das
«vierte Tier» aus dem Traum des Daniel (7,7) als Katechon, mithin
das alles zermalmende Rom; nach seinem Abgang erscheint der Betrü-
ger.84 Der afrikanische Apologet des Christentums stimmte zu, änderte
aber den Sinn. Bei Hippolyt wird aufgehalten in heillosem Tun. Der
einstmals betend ersehnte Untergang8-1' wird nun betend verzögert.
Tertullian sah die Aufgabe des geheimnisvollen Verzögerers positiv:
«Wer (ist es) denn sonst außer dem Römischen Reich (.status), dessen
allmählicher Zerfall zu zehn Königen den Antichrist heraufführt». 86
«Wir Christen wissen, daß der Fortbestand des Römischen Imperiums
das schlimme, dem ganzen Erdkreis bevorstehende Ende und die dro-
henden entsetzlichen Leiden der Welt aufhält». «Wir beten für die Kai-
ser [...] für den Aufschub des Endes». 87 Dem Römischen Reich wuchs
eine soteriologische Aufgabe zu. Diese Haltung wird sich durchsetzen
und noch die Lehre von den vier Weltreichen bestimmen.88 Es galt, bis
zum Ende ja noch unendlich viel zu erledigen. Die ganze Welt mußte
die Botschaft des Auferstandenen vernommen haben, bevor das Ende
kommen sollte. Das «aufhaltende» Römische Reich samt aller seiner
Nachfolger war zum Moment christlicher Heilsgeschichte geworden;
es konnte bis in das 20. Jahrhundert so verstanden werden. 89 Zwar
drängte die Zeit, doch Verzögerung war möglich.
Christliche Mission weitete - dem Sendungsbefehl Christi gemäß
(vgl. schon Mcn *24,50; Mc 13,30) - den Adressatenkreis der erneu-
erten Prognostik in der Tat prinzipiell und im Laufe der Jahrhunderte
tatsächlich über die gesamte Menschheit aus, bezog Erde und Kosmos
mit ein und gemahnte immer wieder an deren Untergang. Die Zu-
kunftslehre griff mit der Zeit auf alles zurück, was die Zeichen am
Himmel und auf der Erde zu deuten erlaubten, auf heidnisches, jüdi-
sches, griechisches, römisches und muslimisches Wissen. Der Lebens-
sinn schien durch das zu erwartende Gericht geheimnisvoll in den Un-
tergang der Welt verflochten. Die Mächte der Finsternis, unrechte
Herrschaft, falsche Lehre, alles Böse, der sündige, erlösungsbedürftige
Mensch, alles fand im Weltende sein Ziel. Solches Dasein in Erwar-
tung des Untergangs widersprach aller antiken Seinsphilosophie. Es
Christliche Eschatologie 69
gang prädestinierte Leib konnte oder durfte sich - jedenfalls bei den
Vollkommenen - alles gönnen, jedes Vergnügen, jede Lust. Zurück-
haltung schien ihnen nicht vonnöten. Sie sagen auch, wenn sie den
Lüsten des Fleisches unmäßig dienen, daß sie, was des Fleisches ist,
dem Fleisch, ivas des Geistes ist, dem Geist wiedergeben. Sie verführ-
ten, so hieß es, Frauen, begehrten auch verheiratete Frauen, zeugten
im Inzest mit der Schwester Kinder, spotteten über die Christen, die
sich aus Gottesfurcht vor derlei hüteten. Wer in der Welt nicht ein
Weib geliebt hat, so daß er sie bezwungen hat, sei nicht aus der Wahr-
heit und werde nicht zur Wahrheit gelangen.93 Ängstliche Askese
schlug in Verachtung der Materie und alles Fleischlichen und seiner
Lüste um, die umso ausgiebiger genossen werden konnten.
Manis Lehre war strenger. Sie wurde im Westen freilich bald durch
die Kirchenväter, allen voran durch den einstigen Manichäer Augusti-
nus, entmachtet, während sie im Osten bis nach China vordrang und
erst im späten Mittelalter oder in der früheren Neuzeit erlosch.94 Die
Erfordernisse der Lebensführung waren hoch. Die Vorstellung von
wiederholten Leben und Seelenwanderung erleichterte dem Mani-
chäer allerdings ein allmähliches sich Heraufarbeiten zum Licht.
Zehn Gebote sollte der einfache Gläubige, der Hörer, der nicht zu
den Erwählten, den Heiligen zählte, dafür beherzigen: Unterlassung
von Götzenanbetung, Unterlassung der Lüge, des Geizes, der Tötung,
Unterlassung der Hurerei, des Diebstahls, der Belehrimg über die Ur-
sachen, der Zauberei und nicht auf zwei Dinge ausgerichtet sein, den
Zweifel an der Religion und der Nachlässigkeit sowie Gleichgültig-
keit im Handeln. Ferner: Wer in die Religion einzutreten wünscht, für
den ziemt es sich, seine Seele zu prüfen. Und falls er erkennt, daß sie
imstande ist, die Sinnenlust und die Habgier zu bezähmen, das Essen
von Fleisch, das Trinken von Wein und die eheliche Vereinigung zu
miterlassen, sowie es zu unterlassen, dem Wasser und dem Feuer
Schaden zuzufügen, die Zauberei und die Heucheleien zu meiden, so
trete er in die Religion ein-, andernfalls nicht.95 Kasteiung, Entsinn-
lichung des Fleisches, die Lichtfunken von der Materie erlösen: Das
war der Beitrag der Gläubigen zur Befreiung des Lichts und zum end-
gültigen Untergang der stofflichen Welt: ein menschheitsgeschichtli-
Christliche Eschatologie 71
eher Auftrag. Erweckung des eigenen Ich hieß das spirituelle Ziel. An-
dere Gnostiker dachten in die nämliche Richtung.
Gnostische Strömungen griffen, wie manche moderne Autoren für
das Johannesevangelium zeigen zu können meinten, von Anfang an -
wenn auch nicht allgemein - auf das Christentum über.96 Schon das
nichtkanonische, aber vergleichsweise frühe Thomasevangelium weist
Gnosisnähe auf. Die heterogen zusammengesetzten Thomasakten
kennen in dem sogenannten Perlenlied eine Art Erweckungsruf an den
sich seiner selbst nicht erinnernden Prinzen: Steh anf![...] Gedenke,
daß du ein Königssohn bist.97 Auch Valentin, ein Christ, könnte zu
nennen sein, auf jeden Fall seine Anhänger, die Valentinianer.98 Sie
entwickelten ein in Geist, Seele und Leib dreigegliedertes Menschen-
bild. Nur der Geist werde gerettet, während das Seelische entweder
zum Geist oder zur Materie und damit entweder zu Erlösung oder zu
Untergang neige. Der Leib aber bleibe ganz der materiellen Welt ver-
bunden und werde mit ihr zugrunde gehen (Irenaeus von Lyon, Adv.
haer. 1,5,6-6,1). Denn die Materie sei nicht fähig, gerettet zu luerden
(6,1). 99
Die gnostische Individualeschatologie wandte sich dem Schicksal
der Seele nach dem leiblichen Tod zu. Der Mensch wurde in einem
letzten Gericht an seinen Taten gemessen, seine Seele durfte entweder
nach langer Jenseitsreise in die Lichtwelt aufsteigen oder wurde ver-
dammt zu ewigem Nichtsein. Gnostiker und Manichäer erstrebten Er-
lösung durch Befreiung des Lichts aus dem Kerker der Materie und
der Finsternis, in die es der Demiurg mit der materiellen Weltschöp-
fung verbannt hatte. Gelang sie nicht, wurde ewiger Tod oder Schlim-
meres verheißen. Die Apokalypse des Adam (NHC V,5) etwa drohte
den bis zuletzt Nicht-Erleuchteten, daß unsere Seelen des Todes
sterben iverden; auch die Schrift über die Auferstehung (NHC 1,4)
handelte vom Schicksal der Seelen und gerade nicht der Welt. 100 Ein
universaler Weltuntergang wurde hier nicht reflektiert, was freilich
nicht hieß, daß die unbekannten Autoren einen solchen ausschlossen.
Gefahr aber drohte auf jeden Fall.
Manche beschrieben einander folgende, durch Katastrophen wie
die «Sintflut» getrennte Weltzeitalter, die zuletzt in linearem Geschichts-
72 Glauben und Verkiindjing
Doch alle gemahnten: Tag und Stunde weiß niemand, auch die En-
gel im Himmel nicht, sondern allein der Vater (Mc 13,32; Mt 24,36).
Das hatte der Herr gelehrt und mit dem Exklusivwissen Gottvaters
aller Berechnungsspekulation die Legitimation entzogen. Sie unter-
blieb gleichwohl nicht. Reflexionen der Naherwartung des Endes nah-
men die unterschiedlichsten und widersprüchlichsten Formen an. Sie
konnten die Neugier diskriminieren, vor ihr warnen, sie konnten
rechnen, das Ende für bald ankündigen oder konnten dasselbe hinaus-
zögernde Kalkulationen präsentieren, welche die Gläubigen aufatmen
ließen. Immer wieder riefen sie nach kontrollierender Forschung. End-
zeitkunde steigerte in jedem Fall apokalyptische Nervosität, weckte
Sorge, mitunter Angst; sie förderte aber auch Heilshoffnung und die
Bereitschaft zu Werken der Barmherzigkeit; zahlreiche Stiftungen
folgten der Erwartung.
Die Lehre vom Antichrist hob mit der Lehre von den falschen Ge-
salbten des Markusevangeliums (Pseudochristi: 1 3 , 2 1 - 2 ) und mit dem
Antichristiis, dem betrügerischen Widerchristen, der beiden Johannes-
briefe an. Sie wurde mit den Jahrhunderten angereichert und zu einer
veritablen Biographie ausgeschmückt." 4 Geheimnisvoll hatte schon
der Apokalyptiker Johannes den «falschen Propheten» verkündet, der
alsbald mit dem Antichrist und mit Satan identifiziert wurde; er sollte
seine Truppen an den geheimen Ort Armageddon zum letzten Gefecht
gegen Gott und seine Heerscharen führen (Apoc 1 6 , 1 3 - 1 6 ) . Der Ort
war nirgends zu finden; in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen
Exegese blieb er ungenannt. Erst später und in der jüngsten Gegen-
wart trat er als Inkunabel der Endzeitrede hervor. Auch die moderne
Filmindustrie ließ sich das Thema nicht entgehen. 115 Der apokalypti-
sche Ort ist jetzt etwa ein riesiger Meteorit, der unaufhaltsam auf die
Erde zurast und erst in letzter Minute - der Sieg über den Antichrist -
durch eine Atombombe zersprengt und harmlos gemacht werden kann.
Das ergiebigste Wissenskompendium zum Antichrist verfaßte im
10. Jahrhundert Adso, bald Abt von Montier-en-Der, in einem Pasto-
ralschreiben an die westfränkische Königin Gerberga, eine Schwester
Ottos des Großen. 116 Er hatte damit für die kommenden Jahrhunderte
ein unersetzliches Hilfsmittel geschaffen. In Babylon von einer Dirne
80 Glauben und Verkiindjing
hang bietet eine Reihe solcher Zeichen für den Jüngsten Tag: Nein,
der Mensch will auch künftig sündigen. / Er fragt: «Wann ist er denn,
der Tag der Auferstehung?» / Doch wenn der Blick geblendet wird /
und sich der Mond verfinstert / und sich die Sonne mit dem Mond
vereint, / dann spricht der Mensch an jenem Tag: «Wohin nur flie-
hen?» / O nein! Da ist kein Zufluchtsort! [...] An jenem Tage: glän-
zende Gesichter, / die zu ihrem Herrn aufschauen / An jenem Tage:
finstere Gesichter, / man denkt, man hätte sie durchbohrt ( 7 5 , 5 - 1 1
und v. 2.2.-5).
Der Ungläubige wird verworfen: Wehe dir, o wehe! (75, 34-5). T i I
Verworfen in alle Ewigkeit, aber kein Weltuntergang im Feuer. Staub
wird bleiben: Wenn «die Eiereinbrechende» hereinbricht / - nicht zu
leugnen ist, daß sie hereinbricht -, / die das erniedrigt und erhöht. /
Wenn die Erde wird heftig erschüttert / und die Berge sind völlig zer-
schmettert, /so daß sie zu zerstreutem Staub geworden (56, 1 - 6 ) , 1 2 2
dann entscheidet sich auch das Geschick der Seelen zu Seligkeit oder
Verdammnis. Die menschliche Geschichte endet, aber die Erde wird
sich selbst überlassen. Vom Kosmos ist bei diesem Endgeschehen ohne-
hin keine Rede.
Auf Christen wirkten solcherart Übernahmen besonders irritierend.
Nicht fern lag es ihnen dann in Abwehr und scharfer Konfrontation,
Mohammed selbst zu einem Antichristen, einem der Vorläufer nämlich
des endzeitlichen Widerchrist, zu erklären. 123 Derartige Feindseligkeit
wirkte bis weit in die Neuzeit hinein und bestimmte die Vorstellungen
des Volkes. Nur eine dieser Stimmen sei erwähnt: So deutete Petrus
Venerabiiis, der einflußreiche Abt von Cluny ( 1 1 2 2 - 1 1 5 6 ) , dessen
Kloster in Spanien über muslimische Gläubige herrschte, nicht ohne
Kenntnis in seiner Summa totius heresis ac diabolice secte Sarrace-
norum (c. 13) den Islam als die Fortentwicklung der einen von Satan
gestifteten Sekte des Arius, deren letzte Ausformung der endzeitliche
Antichrist «gemäß teuflischem Plan vollenden» werde. Mohammed
stünde in der Mitte, als vom Teufel geplante Mittlerfigur zwischen bei-
den, dem Erzketzer und dem Widerchrist.12-4
82 Glauben und Verkiindjing
Berechnungen
Die Welt war endlich. Ihr waren insgesamt von der Schöpfung bis zum
Untergang 6000 oder, wenn es hoch kam, 7000 Jahre zugebilligt; so
hatten es die Christen von den jüdischen Rabbinen übernommen und
damit allen antiken, etwa stoischen Lehren eine Absage erteilt.1 Beide
Zeiten waren schon der altchristlichen Tradition vertraut. 1 Den ent-
scheidenden Psalmvers, der die Spekulationen über die Dauer der
Weltwoche auslöste, daß nämlich vor Gott 1000 Jahre wie ein Tag
seien (Ps ,90,4), zitierte zum Beispiel der (vermeintliche) Apostel Petrus
(z.Petr. 3,8). Wer aber über den Anfang der Welt und über ihre Dauer
nachzusinnen sich anschickte, hatte konsequenterweise auch ihr Ende
im Blick. So wagte man sich allen Verboten zum Trotz an Berechnun-
gen. Allein die Freuden des himmlischen Jerusalems herrschten ewig;
ewig auch brannten die Flammen der Hölle. Sie überdauerten jeden
Untergang der Erde und verliehen zumal diesem letzten ihre schauer-
liche Drohung: «Weh mir!», so klagte im Jahr 981 sterbend der Bi-
schof Dietmar von Prag. «Geraden Wegs fahr' ich zur Hölle, wo mir
die Würmer nicht sterben und das Feuer in Ewigkeit und noch länger
nicht erlöscht.» 3 Der Jüngste Tag brachte für den, der nicht vorge-
sorgt hatte, die letzte, die furchtbarste Entscheidung, jene nämlich zur
Verdammnis in Ewigkeit. Wann drohte sein Kommen? Wie viel Zeit
blieb noch zum Heils werk?
Fristen waren den heiligen Schriften zu entnehmen. Die Apokalypse
des Johannes handelte von 1000 Jahren, die den Satan im Orkus ge-
bunden sähen;4 der Prophet Daniel begründete die Überlieferung von
den vier Weltreichen und deutete auslegungsoffene Zeiten erst von
Berechnungen 87
70 Wochen, die schon für die Essener von Bedeutung waren, sodann
von 62 Wochen an (9,24-7): Dann werde der Frevel enden, dann der
Messias kommen. Christen legten die Verse auf ihre Weise aus. Etwa
Otfrid von Weißenburg (¡,3,35-6) im 9.Jahrhundert; er nannte die
Ahnen Christi seit Adam: «Vom Anfang der Welt bis zur Gottesmut-
ter Maria zähle die Generationen; es sind elfmal sieben.» Allein die
Gnosis entwickelte keine spezielle Zahlenmystik. Die heiligen Schrif-
ten boten mithin eine Vielzahl von Winken zur Berechnung der End-
zeit. Doch die Christen sollten sich gemäß Jesu Worten davor hüten.
Verbote aber wecken Neugier; das hatte schon Adam zu büßen. Die
Warnungen verführten denn auch von früh an - jeder Tabuisierung
zum Trotz - zu Zukunftsberechnungen und, da es um die Zukunft der
ganzen Welt ging, um Welterkundung. Man wand sich, verschleierte,
was man tat und nicht tun sollte, und ließ nicht ab vom Verbotenen.
Derartige Neugier mit schlechtem Gewissen herrscht - natürlich in ge-
wandelter, säkularisierter und verwissenschaftlichter Gestalt - in der
westlichen Zivilisation bis heute. Sie setzt etwa medizinischer, biolo-
gischer, genetischer Forschung Schranken, die durch die christliche
Tradition und eine von derselben geprägten Ethik errichtet wurden.
Solche Berechnungswünsche waren im Judentum des zweiten Tem-
pels vorgeformt, wie zumal die Texte aus Qumran verdeutlichen. Da
wurde etwa in der sogenannten Damaskusschrift, die wohl um das
Jahr 100 BCE entstand, das Gericht für das Jahr 70 BCE angekündigt.
Als es ausblieb, wurde nach Fehlern gesucht und korrigiert. 5 Der
Kommentar zu Habakuk beispielsweise, der um die 20 Jahre später
entstand, legte davon Zeugnis ab.6 Die Verzögerung mußte nun - nicht
anders als die christliche Parusieverzögerung - mit Gottes unerforsch-
lichem Ratschluß begründet werden. Verboten freilich war das Rech-
nen nicht. Nur wurde es in der römischen Zeit Palästinas und zumal
nach der Zerstörung des Tempels durch Titus mehr oder weniger hin-
fällig. Die Muster zur Verdrängung falscher Prognosen bleiben sich
gleich.
Das Exklusivwissen Gottvaters über den Zeitpunkt des Jüngsten
Gerichts und des Jüngsten Tags verwehrte den Christen, nach «Tag
und Stunde» des Gerichts und des Weltuntergangs zu forschen. Doch
88 Aktualisiertingen
Frühe Exegeten
stellen, das Kreuz in den Idoltempeln aufrichten werde, bevor sich die
Juden bekehrten, der Antichrist sein Schreckensregiment anträte, die
Endzeitvölker Gog und Magog von den Rändern der Welt hervorbrä-
chen, und der zuletzt in Jerusalem seine Herrschaft Christus überge-
ben werde. Endlich werde der Antichrist durch den Erzengel Michael
getötet werden. Danach beginne das Drama der Erde. Sie werde naß
von Schweiß; Feuer und Schwefel fielen vom Himmel. Dann folge das
Jüngste Gericht, das die Gottlosen ins ewige Höllenfeuer weise, die
Gerechten aber in das ewige Leben. Ein neuer Himmel und eine neue
Erde entstünden. Meere gäbe es nun nicht mehr.42- Die alte Erde war
in dieser Perspektive in Schweiß, Feuer und Schwefel untergegangen.
Fortan beherrschte diese Erzählung von Endkaiser, Antichrist, Welt-
untergang und Jüngstem Gericht die christliche Eschatologie. Noch in
der Spätantike nahmen sich Buchilluminatoren des Themas an. Im
9. Jahrhundert wurden einige ihrer Bildschöpfungen kopiert und sind
bis heute erhalten.43 Die Illustrationsbereitschaft zu dem letzten Buch
des Neuen Testaments dauert fort. Auch das Jüngste Gericht sah sich
seit der Spätantike in wechselnden Interpretationen immer wieder
und immer wieder anders ins Bild gesetzt. Bald sollte jede Westwand
einer Kirche auf dieses Ende verweisen. Diese Imaginationen wurden
mit der Zeit immer dramatischer, erschreckender, der Sturz ihrer Ver-
dammten von mehr und mehr Dämonen, Teufeln und Ungeheuern be-
gleitet. Auf Jahrhunderte blieben die Schreckensszenen sichtbar, äng-
stigten und peinigten das Volk und sorgten für ihr Eindringen in die
Tiefen des kulturellen Gedächtnisses. Gleichwohl, diese Bildzeugnisse
bilden ein eigenes Thema, das hier nicht verfolgt werden kann und,
von wenigen Beispielen abgesehen, ausgeblendet bleiben muß.
Jedes der genannten apokalyptischen Motive aber konnte für das
gesamte Endzeitdrama stehen und evozierte so stillschweigend die
anderen Inhalte mit. Doch sei im Folgenden zumal auf den Untergang
und seine Ausgestaltung geachtet. Theologen, Geschichtsschreiber
oder Enzyklopädisten tradierten das Wissen. Auch außerhalb der Ge-
schichtsschreibung finden sich die Spuren des Endzeitglaubens; ein
immer dichteres Wegenetz führte zu ihm. Nur wenige Etappen seien
angedeutet.
Frühe Exegeten 101
Kaiser krönen; und eben auf seine Veranlassung hin erfuhr das Ka-
lenderwesen einen ungeahnten Aufschwung. 48 Zeitforschung wurde,
wirksam bis heute, zu einem Anfang exakter Naturwissenschaft.
Doch was ist Zeit? Ein Augustinus hatte es sich gefragt, und noch die
herausragenden Gelehrten unserer Gegenwart, ein Albert Einstein
oder der Kosmologe Stephen Hawking, zerbrachen und zerbrechen
sich darüber den Kopf. 4 9 Karl freilich wollte es wissen um des Heiles
willen.
Instruiert von Alkuin, wußte der König, daß - gemäß dem Apos-
tel - die Zeiten gefährlich seien. Es ist, so lesen wir in den heiligen
Schriften, die Zeit, die vorhergesagt wurde; so betonte der Angel-
sachse. 50 Der Hinweis verdeutlicht Endzeitgedanken im Umkreis des
Karlshofes vor dem Jahr 800. Sie forderten zum Handeln auf. Auch
Theodulf, der spätere Bischof von Orléans, ein Westgote, erinnerte
den König in seiner unter Karls Namen verfaßten Auseinandersetzung
mit dem siebten Ökumenischen Konzil und mit dem byzantinischen
Bilderkult, in seinem Opus Caroli regis contra synodum (den soge-
nannten Libri Carolini), an den in Bälde zu erwartenden Untergang. 51
Als der Gote unter Benutzung des 29. Psalms (v. 6) das Weinen am
Abend und die Freude des Morgens eschatologisch auslegte, daß näm-
lich der Abend unsere Zeit, in die das Ende der Zeiten falle und den
Tag des Jüngsten Gerichts, bezeichne, der Morgen aber die Zeit der
Auferstehung und der Belohnung der Heiligen, da stimmte ihm der
König lebhaft zu: fein gesagt, eleganter. Apostel und Heilige hätten
von diesen Jüngsten Zeiten und dem Ende der Welt gesprochen und
deshalb die Schönheit der himmlischen Heimat gepriesen. Auch die-
sem Wink versagte der König seine Zustimmung nicht. Als die Pro-
phétie des Jesaias (2,2-3) für die Jüngsten Tage zur Sprache kam,
blieb Karl ebenfalls nicht stumm. 52
Alkuin drängte auf die Begründung eines «christlichen Imperiums»,
Karl entschied sich für die Erneuerung des «römischen». Warum, ist
nirgends überliefert. Doch die Entscheidung besaß eschatologische
Bedeutung, da ja seit Tertullian, dem ersten herausragenden Apolo-
geten des Christentums, dessen Überlieferung in karolingische Zeit
zurückreicht, die Christen für den Fortbestand des Imperiums und der
Frühe Exegeten 103
des Antichrist ins Bild 63 - ein untrügliches Zeichen für die Erwartung
des kommenden Gerichts, das man damals in Rom tatsächlich be-
schwor, als während der Prozession die Bildtafel Christi (der heute
noch erhaltenen Ikone der päpstlichen Kapelle «Sancta Sanctorum»)
durch die Stadt getragen wurde: Das Bildnis (vultus) des Herrn er-
scheint, dem der ganze Erdkreis unterworfen ist, zum Zeichen des
Gerichts (signo iudicii).64 Um diese Zeit, im 10. Jahrhundert, entstand
vermutlich eine Liste mit Zeichen der letzten fünfzehn Tage vor dem
Jüngsten Gericht und dem Weltende, der eine große Zukunft beschie-
den war. Der heilige Hieronymus galt als deren Urheber; 65 der wirk-
liche Autor ist unbekannt. Die Liste sollte Jahrhunderte nachwirken.
Biblische Quellen lassen sich ausfindig machen. Das Meer werde
die Erde überfluten, so hieß es da, Meer und Wasser würden brennen,
Blutregen werde auf die Erde niedergehen, Beben würden sie aufwüh-
len, Berg und Tal verschwinden, Wahnsinn werde die Menschen er-
greifen, die Sterne würden vom Himmel fallen, der Weltbrand werde
Himmel und Erde vernichten. Natürliche, kosmische und psychische
Phänomene, durchaus eigenen lebensnahen Erfahrungen zugänglich,
schreckten die Frommen und forderten die künftigen Gelehrten he-
raus. Besorgte Blicke richteten sich auf die Welt und die menschliche
Gesellschaft; jeder «Blutregen», jedes Beben, jeder Komet weckte aufs
neue die Frage: Ist es soweit?
Bange Erwartung erfüllte die Menschen zumal vor dem Ende des
ersten Jahrtausends christlicher Zeitrechnung und später immerzu. Be-
ruhigende, mäßigende Stimmen wurden nötig und ließen sich wieder-
holt vernehmen.66 Beter waren gefragt, Klosterreformen und strengstes
Mönchtum feierten Erfolge, fromme Werke, eine Fülle von Kirchen-
stiftungen und immer wieder Wallfahrten nach Jerusalem bezeug-
ten die Sorgen der Laien. Nahe das Ende dieser Welt, sind die Hände
dort zu waschen, wo gutes Tun die Hilfe Gottes verdient. Wenn es
heißt: <Erhebt euchb, meint das: Gebt reichlicher Almosen und tut
noch mehr gute Werke! So legte im 12.. Jahrhundert ein Exeget den
133. (134.) Psalm (v. 2) aus. 67 Die seit frühchristlicher Zeit stets gegen-
wärtige Endzeit forderte zum Handeln auf, nicht etwa zur Weltflucht.
Der Untätige wäre im Weltgericht für immer verloren.
Die Eiidzeitbotschaft formt die Ethik 107
Jene Liste mit den fünfzehn Zeichen verbreitete sich rasch, wurde
vielfach abgeschrieben, in mehrere Volkssprachen übersetzt. Bereits
der Reformmönch, römische Kardinal und Kirchenreformer Petrus
Damiani zitierte sie im n. Jahrhundert, 68 auch Herrad von Landsberg
in ihrem Hortus deliciarum, die gelehrte Äbtissin des Odilienbergs im
i x . Jahrhundert, die sie dessen Schriften entnahm.69 Sie drang damit
zu den Reformzentren und zu den Hohen Schulen vor.
Den scholastischen Theologen des 13. Jahrhunderts war sie geläufig.
Vor allem die führende biblische Geschichte der Epoche, des Petrus
Comestor Historia scholastica, die damals in keiner besseren Biblio-
thek fehlte, 70 dazu die Legenda Aurea des Jakob von Varazze (Jaco-
bus de Voragine) 71 oder die Schedeische Weltchronik sorgten bis tief
in die Neuzeit für ihre allgemeine Kenntnis. Wenn nw sich das ende
dieser werlt herzu nahen wirdt - so leitete Hartmann Schedel in sei-
ner Weltchronik von 1493 die Liste ein -, so werden sich vil wunder-
gestalte ding an allen elementen der werlt erewgen zu anzaigung vnd
verstentnus des alßdenn gegen wurtigen ends aller volcker. Nun fol-
gen die 15 Zeichen des heiligen Hieronymus, um zu enden: vnnd in
dem tal Josaphat wirdt aller metisch geurtailt werden.72- Der (angeb-
liche) Kirchenvater hatte freilich, so schon der Comestor, nicht ver-
raten, ob die 15 Tage zusammenhängend, continui futuri, oder mit
irgendwelchen Intervallen, interpolatim, zu erwarten seien.73 Die Zei-
chen konnten demnach bereits eingetreten sein oder jederzeit eintre-
ten. Gewißheit und Ungewißheit zugleich, antwortheischende Heraus-
forderung, Unruhe stiftend in jedem Fall.
Fortan, wenn sich eines der Zeichen zu erfüllen schien, wuchsen die
Endzeitängste. Bischöfe und Äbte sollten dann aufklären und wurden
um Rat gefragt, was zu tun sei. Roberts von Frankreich Sorge ange-
sichts der Meldungen über Blutregen wurden schon erwähnt: 74 Wälzt
die Chroniken, so verlangte er, prüft, was früher einem solchen Zei-
chen folgte, ratet uns. Das war Politikberatung vor 1000 Jahren und
108 Aktualisiertingen
sehen, überwältigenden Mittel, derer die Zeit verfügte. Sie konnten es,
weil sie selbst daran glaubten.
Das Volk konnte bestenfalls die vernommenen Lehren als undeut-
liches Echo zurückwerfen. Kein illiterater Laie hätte das Tal Josaphat
als Ort des Endgerichts entdecken, keiner es mit dem Kidrontal vor
Jerusalem identifizieren können. Walther von der Vogelweide besang
nur das Endgericht im Heiligen Land: In diz lant hat er gesprochen /
einen angeslichen tac, / Dä diu witwe wirt gerochen / und der weise
klagen mac / und der arme den gewalt / der da wirt an ime gestalt
(i4,38). 7 y Wohl aber animierte die Predigt der Gelehrten schlichte Pil-
ger (wie der Geschichtsschreiber Otto von Freising oder die gelehrte
Glossa ordinaria zur Bibel im 1 2 . Jahrhundert bezeugten), die sich
dort kleine Steinmale errichteten, um den Ort wieder identifizieren zu
können, wenn die Posaunen sie zum Gericht riefen; 80 auch Dante er-
wartete dort, im Giosaffat, das Jüngste Gericht. 81
Endzeitwissen war Sache der Schriftkundigen, die es an die Dichter,
die Maler und das Volk weitergaben, mitunter auch Stoff für Verfüh-
rer, Agitatoren und Diktatoren. Das wird das gesamte Mittelalter
über und in der Neuzeit so bleiben. Eben deshalb machten sich die
Gelehrten auch ans Einschüchterungs- und Aufklärungswerk. Die
Gottesfriedensbewegung des 10. und 1 1 . Jahrhunderts trug endzeit-
liche Züge. Die Predigt zum Ersten Kreuzzug bediente sich, wie seit
langem bekannt, endzeitlicher Motive. 82 Die damit einhergehenden
populistischen Judenverfolgungen könnten - gemäß der Prophetie,
daß die Juden vor dem Jüngsten Gericht bekehrt sein müßten - da-
durch bedingt sein. Der Einfall der Mongolen weckte europaweit
Endzeitängste.83 Auch in Armenien, das den Eroberungsdruck durch
die Mongolen seit den 1220er Jahren und damit zwei Jahrzehnte vor
der lateinischen Welt zu spüren bekam, glaubten manche, das Ende
der Welt sei gekommen. 84
Die Gelehrten verlangten für sich selbst und - sobald sie an Univer-
sitäten lehrten - für ihre Schüler Gewißheit. Der heilige Thomas von
Aquin etwa befaßte sich ausführlich mit dem letzten Feuer der Erde,
ignis ultimae conflagrationis mundi (S.th. Suppl. q. 74). Doch dessen
Flammen vernichteten nun nicht mehr, jedenfalls nicht nur, sondern
Die Eiidzeitbotschaft formt die Ethik 111
Der Venezianer Mönch Marcus, keiner der großen, aber doch ein für
Venedigs Geschichte nicht ganz unwichtiger Geschichtsschreiber, der
1292 eine Chronik begann, die er bald nach dem Jahr 1300 beendete,
zitierte die weit verbreitete, versteckt auf die römische Weihnachtslitur-
gie anspielende apokalyptische Vision Cedrus alta Libani und mahnte
mit dieser zur Wachsamkeit: Ergo vigilate fratres carissimiDie Vision
hatte sechzig Jahre zuvor den Mongoleneinfall in der astrologischen
Sprache einer großen Konjunktion eschatologisch gedeutet - Mars, so
hieß es da, wird Saturn und Jupiter überwältigen hatte Kriege, Hun-
gersnöte, Wirrnis der Reiche, danach einen Scheinfrieden und neuer-
liche Auftritte des Antichrist geweissagt. Sie konnte geradezu als apo-
kalyptisches Versatzstück dienen. Noch Luther zitierte sie mit Bedacht
in seinen Tischreden und deutete sie auf Türken und Karl V . " Die seit
der Mitte des 14. Jahrhunderts im Abendland tobende Pest schien ein-
mal mehr auf das schrecklichste die Prediger der Endzeit zu bestätigen
und intensivierte die Untergangserwartung erneut.
Der Geschichtsschreiber Johannes von Winterthur interpretierte
Erdbeben und Seuche, die im Jahr 1348 die Menschen heimsuchten,
als Zeichen eines baldigen Kommens Christi zum Jüngsten Gericht;
und selbst ein arabischer Chronist, as-Sulük, registrierte, die Christen
«fürchteten, daß dies das Ende der Welt bedeute», und illustrierte
damit zugleich, daß die Muslime eine derartige Furcht nicht plagte.
Ungewöhnliche Geißlerzüge artikulierten die Angst - als Gewalt
gegen sich selbst. 100 Gegen die Juden tobte schon vor Auftritt des
Schwarzen Todes und erst recht in dessen Gefolge abermals die Ge-
walt der Angst. Es mögen Auswüchse eines aufgehetzten Pöbels ge-
wesen sein; aber sie wurden gelenkt und angefeuert von städtischen
Obrigkeiten und einer fanatisch-besorgten Priesterschaft. Das Exil des
Papstes in Avignon seit 1308, das Große Schisma, das die lateinische
Christenheit im späten i4./frühen 15. Jahrhundert heimsuchte, galten
als warnende Vorzeichen des nahenden Gerichts. Theologen waren er-
neut gefragt. Viele riefen nach Reform. Endzeiterwartung war Hand-
lungsmotiv und längst zum sozialen Habitus geworden.
Im Bereich der orthodoxen Kirche erhoben sich ähnliche Stimmen.
Im Jahr 1373 mühte sich etwa der griechische Mönch Isaak Argyros
116 Aktualisiertingen
fluß unter ihnen. 109 Jan Hus selbst war Priester in Prag, den der Verfall
der Kirche zu Eschatologie und radikalen Reformforderungen trieb;
seine Predigt hörten viele - wiederum eschatologisch gespeiste Reform-
forderung. Die Devotio moderna, eine vom frühen Humanismus be-
rührte religiöse Reformbewegung, die sich seit dem späten 14. Jahrhun-
dert zumal, aber nicht nur in den Niederlanden verbreitete, gemahnte
der Schrecken des Jüngsten Gerichts. 109
Der weit umherziehende Volksprediger Bernardino da Siena
(gest. 1444), kein Mann der Unterschichten, schürte in Italien die
Endzeitangst, predigte dabei gegen Wucher und griff - in der vorkapi-
talistischen italienischen Stadtgesellschaft besonders wirksam - heikle
Themen wie Privateigentum und Gewinnstreben auf. 1 1 1 Illuminierte
Handschriften und Blockbücher mit Holzschnittfolgen zur «Apoka-
lypse» imaginierten endzeitliches Wissen. Anlässe zu Warnungen
mangelten nie. Die Türkengefahr des 14./15. Jahrhunderts evozierte
den Auftritt von Gog und Magog, der Untergangsboten, den «roten
Drachen» der Apokalypse (c. 12,3-4) und die Endzeit. 1 1 1 Noch im
Zeitalter der Konfessionalisierung galten die Türken als Zuchtrute der
Christenheit und Boten der Endzeit. Katholiken setzten gegen sie auf
Kreuzzugspläne, Lutheraner fanden sich zunächst mit dem drohenden
Ende ab, entwickelten dann aber eine eigene Lehre vom gerechten
Krieg, wobei die Türken ihrer apokalyptischen Zeichenhaftigkeit ent-
kleidet wurden und zu gewöhnlichen Feinden mutierten. 113 Allent-
halben mehrten sich aber zuvor die Untergangszeichen und steigerten
interpretative Vorgaben die endzeitlichen Schrecken.
Nicht also erst das 15. Jahrhundert konfrontierte die Christenheit
mit Weltuntergangserwartung, wie etwa der Historiker der Angst,
Jean Delumeau, und viele andere vor ihm und nach ihm lehrten. Sie
begleitete vielmehr die gesamte Geschichte der Kirche seit deren An-
fängen bis tief in die Neuzeit, ja, bis zur Gegenwart. Wellen gleich
schlug sie bald höher, bald weniger hoch, bald stürmischer, bald sanf-
ter durch die Seelen der Gläubigen und ließ sie handeln, Werke der
Buße verrichten, sich wie St. Franziskus freiwilliger Armut hingeben,
karitative Stiftungen tätigen, Klöster gründen, Kathedralen bauen,
Ablässe bezahlen. Stets forderte sie Theologen und andere Gelehrte
118 Aktualisiertingen
der Lüste des Hieronymus Bosch (s. Farbtafel 5), etwa zu derselben
Zeit imaginiert, hat man apokalyptisch deuten wollen als künftigen
«Garten der Liebe». 118 Erste Blockbücher, mithin vom Stock, nicht
mit beweglichen Lettern gedruckte Bücher, visualisierten das Endzeit-
wissen für das Volk und verbreiteten es unter ihm. Der von Reforma-
toren, zumal von Philipp Melanchthon zustimmend und gerne zitierte
Franziskanermönch Hiltenius (eigentlich Johann Herwick aus Ilten)
verkündete um 1500 für das Jahr 1600 den Weltuntergang. 119
Auch Hartmann Schedel mußte sich in seiner Weltchronik, zwei
Jahrzehnte vor der Reformation in Nürnberg erschienen, mit der End-
zeit auseinandersetzen; sie mündete nicht nur in das letzte, siebte Zeit-
alter, in dem der Antichrist aufträte, das zum Jüngsten Gericht und
zum Ende der Welt führe. 1 1 0 Wieder und wieder registrierte der Ge-
schichtsschreiber - der apokalyptischen Tradition verhaftet - in den
verflossenen Jahrhunderten die sich mehrenden Zeichen des Nahens
dieser Endzeit oder ihrer Gegenwart: dort ein Beben, hier eine verfins-
terte Sonne oder ein Komet, andernorts andere Zeichen. Wachsam
und beängstigend. Großes stand bevor. Doch der «Jüngste Tag» stehe
nicht gleich zu erwarten, so beeilte er sich zu beruhigen; denn die
Juden seien noch nicht bekehrt. Ihre Taufe mußte ja, der Verheißung
gemäß, dem «Jüngsten Gericht» vorausgegangen sein.
Hin und wieder erklangen noch andere Töne. Stimme verlieh ihnen
damals zum Beispiel der satirische Dichter und Schalk François Vil-
lon. Sein «kleines Testament» spielte mit dem Widerspruch von End-
zeitbotschaft und Leben. Bettelmönche, Nonnen und Beginen, Volks-
prediger also und fromme Frauen, schlugen sich da mit saftigen
Kapaunen, dicken Fladen und fetten Hennen den Wanst voll, um dann,
satt und eifernd, die 15 Zeichen der Endzeit zu verkünden und aus-
zulegen. Man ahnt, womit die Prediger, durchweg gelehrte Leute, das
Volk einschüchterten, ahnt auch, daß ihre Predigt «unten», beim
Volk, angekommen war, von ihm begierig aufgesogen wurde, daß
dieses Volk aber ob der offenkundigen Widersprüche zwischen Buß-
predigt und Bußgesinnung in Aufruhr geriet und nach Reformen rief.
Auch der Satiriker betrieb auf seine Weise Aufklärung über die Endzeit
und zugleich Agitation; er legte eben gerade seinen Finger auf die skan-
120 Aktualisiertingen
dem kirchlichen Gericht seinen Glauben, daß die Zeit komme, die
Welt im Feuer zu enden, daß dann Wasser sie reinigen werde am Tag
des Gerichts. 111 Schedels jüngerer Zeitgenosse Johannes Nauclerus
registrierte wie dieser in seinen vielleicht unvollendeten und posthum
erschienenen «Erläuterungen der Denkwürdigkeiten aller Zeiten und
der Chronik aller Völker» (Memorabilium omnis aetatis et omnium
gentium chronici commentarii, 1516) die sich verdichtenden Zeichen
des heraneilenden Endes, das zu berechnen freilich er mit der kirch-
lichen Tradition für unmöglich hielt.
Zumal die Reformation, wie konnte es anders sein, war ein «endzeit-
liches» Geschehen. 111 Sie erneuerte und intensivierte den apokalypti-
schen Glauben; doch Antichristlehre und die Naherwartung des
Jüngsten Gerichts hatten längst das ganze Volk erfaßt, die Theologen
ebenso wie die Leutpriester, die Herrscher wie ihre Untertanen, Uni-
versitätsgelehrte wie Naturforscher. Luther selbst, der katholische
Mönch, Wittenberger Theologieprofessor und einflußreiche Fürsten-
berater, glaubte an ein baldiges Ende. 1 1 3 Auch der Reformator kal-
kulierte mit der Frist von 6000 Jahren, ja, er verkürzte sie sogar (da
Christus den dritten Tag nur halb im Grabe lag) um eine unbestimmte
Zeit. Die Jahre 1524, 1532., 1534, schließlich das folgende Jahrhun-
dert schienen ihm zeitweise das Weltende zu bringen. 114 Dann auch
hatte er für das Jahr 1540 nach Christi Geburt das Jahr 5500 nach Er-
schaffung der Welt errechnet. 115 Die Frist bis zum Ende schmolz rasch.
Seine Anhänger übernahmen derartige Kalkulationen, die sich tatsäch-
lich aufgrund der hebräischen Bibel seit Karl dem Großen verfestigt
hatten.
Der Antichrist aber hatte sich dem Augustinereremiten im Papst-
tum enthüllt. Er trat mithin jetzt als Institution, nicht als Einzelper-
son in Erscheinung, wie ihn die Altgläubigen weiterhin deuteten. Man
hatte ihn längst erwartet; so fand der Wittenberger viele Folger. Ihr
Ernst und Ziel wurden vom Untergang diktiert. Gewalt freilich ver-
pönte der Reformator (wenn auch nicht gegen die aufständischen
Bauern), aber seine heilsrelevanten Ziele entfalteten dennoch revolu-
tionäre Macht. Der Umsturz der Kirche wurde unaufhaltsam. Das
Papsttum, die kirchliche Hierarchie, Priestertum und Zölibat, das
122 Aktualisiertingen
Namens schmückten sich der Teufel und seine Diener. Die Kirche sei
baufällig geworden, geleitet von falschen Propheten. Gottlose Regen-
ten, Pfaffen und Mönche aber solle man töten. Wer sich der rechten
Offenbarung Gottes widersetze, den solle man erwürgen. Den rechten
Freunden Gottes rief der Prediger deshalb zu: «seid mutig»! Er selbst
freilich büßte seinen Mut mit dem Tod.
Müntzer hatte Kontakt zu Wiedertäufern. Sie wollten eben jetzt -
wie es einst apostolische Schriften verbreitet hatten - das Gottesreich
auf Erden, das «neue Jerusalem», die «Stadt der Heiligen» errichten.
Es wurde zu Menschenwerk. Ihr Täuferreich in Münster folgte aber
eschatologischen Mustern. Wieder erfolgte eine radikale Absage an
Kirche und weltliche Obrigkeit. Man ist sich des revolutionären und
gewaltverheißenden Vorgangs durchaus bewußt, wie Bewaffnungs-
gebote für die Heiligen, die Gemeinde Gottes, verdeutlichen. 128 Bes-
sert euch, bessert euch; denn der König von Zion wird herabkommen
und das Jerusalem wieder aufbauen, so der Ruf der geisterfüllten
Zimmermännschen.I2y Da wurde, so ein Gegner, gepredigt: Christus
solle aus dem Himmel kommen und 1000 Jahre mit ihnen auf Erden
gehen und solle mit. seinem Volk regieren und eine neue Welt aufrich-
ten.I3° Offenbar sei es, so einer der Gläubigen, daß auch Christus
noch in dieser Zeit, auf dieser Erde erscheinen wird und sein Reich
einnehmen und seine Feinde umbringen will.1*1
Wie zu Hus' und Wyclifs Zeiten nährte die Endzeiterwartung revo-
lutionäre Ziele, jene «Tendenz zum Aufruhr», jenen «Geist des Auf-
standes und der Zerstörung», der in der chiliastischen Botschaft von
jeher steckte und im Laufe der Neuzeit zum Durchbruch gelangte. 132
Gott ist aufgestanden, sich zu rächen an seinen Feinden. [...] Die
Zeit ist gerade jetzt. [...] alle Schrift und das ganze Geschehen läuft
darauf hinaus, daß gerade jetzt die Zeit da ist, bei uns schon das Vor-
bild genommen hat, tatsächlich aber in der ganzen Welt unmittelbar
bevorsteht.I33 Auch die Wiedertäufer am Oberrhein verfolgten so-
zialreligiöse Ziele. 1 - 34 Doch Weltuntergang verhieß das alles nicht,
wohl aber die Friedenszeit davor. Was nach dem anhebenden tau-
sendjährigen Friedensreich geschehen soll, wurde nicht weiter aus-
geführt.
Reformforderungen aus Endzeitsorgen 125
tungen verbreiteten die Kunde von Endzeitzeichen und der Nähe des
Jüngsten Gerichts; sie schürten Angst und Erwartung. Die Kirchen-
lieder erklangen in einer dem Untergang geweihten Welt. Allenthalben
war es zu erkennen. 1 5 3 1 zerstörte ein Erdbeben Lissabon, vom Him-
mel regnete es Blut, und ein Walfisch wurde an Land gespült. Endzeit-
zeichen, mit denen Gott zur Menschheit sprach. Bekannt gemacht
und nachzulesen eben in den Fugger-Zeitungen und mancherlei
Druckwerken. Die Ursachen solch sensationeller Katastrophen ent-
zogen sich noch den Einsichten auch der herausragenden Gelehrten in
die Natur. Gott verleibe den Menseben dort und auch hier seine
Gnade und Barmherzigkeit. Die Ereignisse können auch wohl ein
Zeichen für das Nahen des Jüngsten Gerichts sein.1''1
1570 verwüstete eine Sturmflut Antwerpen. An vielen Zeichen, die
man täglich sieht, ist klar zu erkennen, daß der große Tag des Herrn
nicht weit sein kann. Wann hat die Welt seit der Sintflut jemals solche
Wasser gesehen? Desgleichen Erdbeben, durch die ganze Städte und
Dörfer zerstört wurden, schreckliche Sonnen- und Mondzeichen, Ko-
meten sowie andere fürchterliche Himmelsgesichte, Korn- und Blut-
regen, wie sie dieses Jahr gesehen worden sind, des weiteren Krieg und
Blutvergießen, schwere Krankheiten, Pestilenz und aridere verderben-
bringende Seuchen, zudem Mangel an Nahrungsmitteln und so hohe
Preise.151 Noch eine kurze Zeit, dann nähert sich die Stunde, und es
geht auf das Ende zu.1**
Wohin man schaute - angsterregende, das Nahen des Endes be-
stätigende Zeichen, Mahnung zur Buße, zum heilsamen Werk. 1578
erschienen vier «Neue Zeitungen», drei in Köln und eine in Zürich
und meldeten, in Babylon sei der Antichrist geboren worden; Malte-
ser würden die Nachricht verbreiten. 1592. wurde die Nachricht über
Venedig neuerlich in die Welt gesetzt. 154 Erst die Epoche der Aufklä-
rung begann, dem ein Ende zu bereiten. Sie mußte dazu ein neues
Weltbild entwerfen und dem Untergang die Zukunft rauben, vorläufig
jedenfalls. Denn das Weltende geisterte weiter durch die westliche
Welt, und der Antichrist, seine Geburt, sein Wirken spuken bis zur
Stunde in den Imaginationen vieler Zeitgenossen, etwa in Roman
Polaiiskis von der Kritik gefeiertem Film Rosemary's Baby (1968).
Popularisierung und Warnungen 129
Das Tier aus dem Meer gemäß Apoc 13,1-6 aus dem Apokalypse-Zyklus
des Züricher Kupferstechers Conrad Meyer in der Nachfolge
Matthäus Merians d. Ä. (undatiert).
Noch immer sprach Gott über die Zeichen in Natur und Gesell-
schaft mit den Menschen. Noch immer galt es, diese Zeichen zu ken-
nen und ihre Botschaften recht zu deuten. Zeichenkataloge 1 " und
Wunderzeichenbücher halfen seit langem dazu. 1 5 6 Immer mehr wur-
den in Umlauf gesetzt. Das Augsburger Wunder Zeichenbuch, eine
wunderschöne Luxushandschrift, setzte eine endlose Reihe aufregen-
der «Zeichen» ins Bild (s. Farbtafel 4). Die 1 9 2 ganzseitigen Miniatu-
ren begannen bei der biblischen Sintflut, bedachten die gesamte Welt-
geschichte bis zum Jahr 1 5 5 2 und wechselten am Ende zur Apoka-
lypse des Johannes. Sie besaßen somit heilsgeschichtliche, aber keines-
wegs stets endzeitliche Bedeutung. Der Leser und Betrachter sollte
wissen, welche Zeichen bislang erschienen sind, daß sie sich mit den
Jahren verdichteten und bedrohlicher wurden. Immer wieder fürch-
tete das Volk den jungstag. Der Zeichenleser sollte fortgesetzt an sein
Heil gemahnt werden, sollte beten. 157 Das kostbare Buch war gleich-
130 Aktualisiertingen
zur busse reitzen [...] diweil wir sehen, das Gott über diß laster also
erzürnet ist, das er so grewliche Spectakel geschehen lesset. Derartiges
gipfelt in den Zeichen der Endzeit: Das ende rnus verbanden sein\161
Dieses «Muß» erklärt die Fülle und Zunahme der Laster und Heim-
suchungen, denen der Prediger, Sammler und Literat begegnete; und
derartige Exempel verdeutlichen, wie nah zum Leben die Endzeitpre-
digt vorgedrungen war, illustrieren aber auch die Dynamik der Refor-
mation. Die Wissenschaft entzauberte mittlerweile auch den Alkoho-
lismus und beeilte sich mit seiner Entmythologisierung; medizinische
und neurobiologische Forschungen sind ihm längst auf der Spur. So
moralisch edel aber die Geschichte dem Pfarrer Fincel in die Feder
floß, so sachte und unmerklich glitt mit ihr das Weltziel, der Weltun-
tergang in die Banalität. Kein Trunkenbold und keine Herde, denen
«so kannibalisch wohl [ist], als wie fünfhundert Säuen», wecken heute
noch himmlische Strafgerichts- und endzeitliche Untergangsängste,
gar reformatorische Impulse, es sei denn zur Entzugstherapie.
Nur zehn Jahre nach Fincel legte der lutherische Rechtsgelehrte
Johannes Wolff seine Lectiones memorabiles vor, die ebenfalls eine
Sammlung unheilvoller, himmlischer und natürlicher Zeichen boten,
um Vergangenheit und Zukunft, den Zustand von Kirche, Staat und ge-
meinem Leben zu erfassen und künftige Übel abzuwehren. Die Zeichen
wurden darin keineswegs oder keineswegs nur apokalyptisch gedeutet,
warnten durch ihre Zunahme dennoch vor dem nahenden Gericht.162-
Diese Lutheraner erwarteten nach wie vor in absehbarer Zeit das
Weltende. Der Jüngste Tag stand bald zu erwarten. Wir, die wir zum
Predigt ampt beruffen in diesen letzten vnd ergsten zeiten (müssen)
vns auch in die sach schicken, die reine Lehr des heiligen Evangelij
fleissig Leren vnd Predigen vnd Gott befehlen vnd heimstellen, wie
solchs gepredigt Wort von wenig zur Seligkeit wird aufgenommen. So
hieß es etwa bei Andreas Musculus um die Mitte des 16. Jahrhun-
derts. 163 Solche Predigt fiel auf fruchtbaren Boden; sie rief nicht zum
Defätismus auf, vielmehr zu Taten, zu Bibellesung, Buße und Gebet;
aber sie nahm das Unvermeidliche gläubig hin und stellte sich darauf
ein - und bereitete mit ihrer Zeichenfülle die Notwendigkeit der Auf-
klärung vor.
132 Aktualisiertingen
Wie dem Ende begegnen? Statt einer Antwort zeigte die Unter-
gangs- und zumal die Gerichtspredigt ihre eigentümlichste Wirkung.
Sie rief zur Buße auf, rechte Buße aber sollte durch die Gnade Gottes
den drohenden Untergang abwenden. So lehrte das alttestamentliche
Beispiel der Schonung des nach der Untergangspredigt des Propheten
Jonas bußfertigen Ninives: Da aber Gott sähe jre Werck das sie sich
bekereten von jrem bösen wege / Rewete jn des Vbels / das er geredt
hatte jnen zu tbun / vnd thets nicht (wie Luther den Vers Jon 3,10
übersetzte). So hielt die Verwirklichung des apokalyptischen Bußrufs
den Untergang auf, und so wandelte sich dieser Ruf von der Ankündi-
gung des vom Jenseits hereinbrechenden Endes zu einem solchen zur
Erhaltung dieser Welt nach der Gnade des Herrn. 164 Allmählich ließ -
ein Zeichen der Gnade? - der Endzeitdruck nach. Der Impuls aber
blieb: die Welt retten, den Untergang verzögern durch gutes Werk.
nermönchs, Sonnenstaat [La Cittä del Sole, 1602) oder des Francis
Bacons Neuatlantis (Nova Atlantis, 1638). Sie alle leisteten den Vor-
stellungen kommenden Wandels, künftiger Ordnungen und realisier-
baren Heils auf Erden kräftig Vorschub. Ihre Werke spielten mit der
Zukunft nicht ohne politische Implikationen. Erfahrungen auf diesem
Gebiet hatten sie alle gesammelt.
Morus war Lordkanzler Heinrichs VIII. gewesen, bevor er geächtet,
in den Tower geworfen und hingerichtet wurde; auch Bacon hatte
später dieses Amt inne. Campanella, der republikanische Gedanken in
Kalabrien gegen den König aus Spanien realisieren wollte, entging
knapp dem Schafott, später dem Scheiterhaufen. Die Zeit für den Um-
sturz sei günstig gewesen, so verteidigte er sich, astrologische Be-
rechnungen hätten Erfolg verhießen. Er berief sich auf die berühmte
Prognosticatio De eversione Europae («Vom Untergang Europas»)
des Antonius Arquatus vom Beginn des 16. Jahrhunderts, die - wie es
hieß - Luther, den Sacco di Roma und die Türkengefahr angekündigt
habe, 170 auch auf jene (Pseudo-)Prophetie des angeblichen Abtes Uber-
tino von Otranto über den Beginn des sechsten Zeitalters der Kirche
mit dem Jahr 1600 als Wendepunkt, das sich aus hundert mal 7 und
hundert mal 9 zusammensetze, die nach Pythagoras und Piaton Un-
glückszahlen seien.T?T
Die Bewohner des Sonnenstaates, einer Art Republik, über deren
politische Perspektiven hier nicht zu handeln ist, beherrschten tat-
sächlich die traditionelle Astrologie, betrieben sie aber im Vertrauen
auf Gott, und ohne sich dem Zwang der Sterne zu unterwerfen. Den
Ptolemäus lobten, den Kopernikus bewunderten sie; deren Kosmo-
logie aber hätten sie nicht übernommen. Sie erkennten nur einen Him-
mel an, an dem sich die Planeten eigenständig bewegten, bald näher,
bald ferner der Sonne. Ungewißheit herrsche unter ihnen, ob die
Sonne der Mittelpunkt des Kosmos sei, oder ob andere Fixsterne
gleichfalls von Planeten umkreist würden, die ihrerseits Monde be-
säßen. Sonne und Sterne hielten sie - wie die Platoniker der Renais-
sance - für geisterfüllte Wesen. Der Kosmos sei überhaupt ein unge-
heures Lebewesen, in dem die Menschen lebten wie die Würmer im
Bauch. Die Beobachtung der Sterne diene - nicht anders als in Christi
Utopie und Realisierungen 135
vielfältig sein. Auch seine Atlantier kannten, wie Bacon sie explizit be-
kunden ließ, die Offenbarung des Johannes. Wann aber und wie sich
das Millennium erfülle, blieb göttliches Geheimnis. Die Wissenschaft
besaß andere Aufgaben, als sich dieser Frage zu widmen.172-
Utopien weniger der Technik als der Gesellschaft entstanden hier,
Gegenwelten zu den Untergangsszenarien christlicher Tradition.
Geleitet waren sie durch Humanismus, Astrologie und erfahrungs-
wissenschaftliche Rationalität. Bacon sprach ausdrücklich von den
Rechten und Verpflichtungen der Menschlichkeit, die in seinem Wun-
derland gälten, und Campanella sah eine universelle Menschheits-
religion. Da wurde gleichsam Säkularisation ohne Säkularität prak-
tiziert. Alle drei zitierten Autoren verachteten die Religion nicht,
wohl aber verwehrten sie religiösen Instanzen, ihre Welten zu ordnen
und zu dominieren. Die Schöpfung war Gottes, aber die wissen-
schaftliche Erkenntnis der Erde war des Menschen. Der menschliche
Verstand reichte indessen nicht hin, die künftigen Planungen Gottes
für seine Schöpfung mit den Mitteln seiner Wissenschaften zu er-
fassen. Der Weltuntergang war damit nicht bezweifelt, wohl aber als
Forschungsziel zurückgestellt. Die Vielfalt der Wissenschaften aber
verwies auf das Ende.
Große Hoffnungen waren an derlei Erwartungen geknüpft. Sie blie-
ben nicht auf «Utopisten» beschränkt; sie verlangten nach Verwirk-
lichung und realisierten sich in sozialreligiösem Sinn. Erfüllung
winkte. Eschatologisch orientierte Experimente folgten. Der drohende
Untergang entwarf seit alters als komplementäre Vision ein Neues
Jerusalem. Man suchte nun fort und fort das gelobte Land; man fand
es, schuf es, bevölkerte es. Die Taboristen in Böhmen im 15. Jahrhun-
dert, die Wiedertäufer in Münster im Zeitalter der Reformation, die
Herrenhuter, Rosenkreuzer und andere gründeten ihr «Freudenstadt»,
ihr utopisches «Cbristianopolis». Das Neue Jerusalem geriet zum
Menschenwerk. Den Weltuntergang verlor man dabei aus den Augen,
auch wenn er nicht vergessen war und nicht jedes Himmelszeichen ihn
ankündigte.
Das Volk tat es schon gar nicht. Jeder aufflammende Komet weckte
die Furcht aufs neue. So geschah es auch 1618. Da ist ein schreck-
138 Aktualisiertingen
doch von ihnen bedroht fühlen. Sie lernten denn notgedrungen, sich
anzupassen und am Erfolg zu messen, gerade auch am ökonomischen.
Einige Schwaben wanderten aus, weil sie ein neu eingeführtes Ge-
sangbuch für des Teufels hielten und sich in ihrer Religion bedrückt
fühlten. Sie zogen in den Kaukasus, wo ihnen im Jahr 1843 der Kurier
des Zaren August von Haxthausen begegnete und festhielt, was er bei
ihnen erlebte: ein kleines Häuflein wahrer nnd treuer Gläubiger, wel-
ches die Ankunft des Herrn und das Tausendjährige Reich nahe wähn-
ten. Zwei Parteien hätten sich herausgebildet: die strengere, welche
das Ende der Welt noch in diesem Herbst voraussagte, verlangte die
völlige Enthaltung in der Ehe und duldete keine Schließung einer
neuen Ehe. Die weniger strenge sah das Weltende nicht ganz so nahe
vor sich und wollte vorläufig noch die Ehe beibehalten wissen. Sie alle
wollten freilich nach Jerusalem auswandern; dort, im Tal Josaphat,
lag ja der Ort der Auferstehung und des Jüngsten Gerichts. 181 Dorthin
strebten sie.
Der Weltuntergang verlor seine Schrecken, entschwand aber nicht;
er sah sich in die Zukunft einer Kirche geschoben, die Frömmigkeit,
karitatives Handeln und hohe Sittlichkeit der Pfarrer und Gläubigen
«bessern» sollten. Dort überdauerte das "Wissen um ihn zur künftigen
Erneuerung. Die Welt sollte weiterhin untergehen. Millenniums-Er-
wartungen prägten im 19. Jahrhundert entstandene Sekten wie bei-
spielsweise Adventisten oder Baptisten. Sie beziehen ihren Glauben an
eine tausendjährige irdische Heilszeit vor der Ewigkeit aus der Offen-
barung des Johannes, die sie in eine unbestimmte Zukunft nach der
nicht genauer bestimmten Herrschaft des Antichrist erwarten, und die
durch Christi Parusie - etwa mit der großen Schlacht von Armaged-
don - beendet werde.
Auch ohne chiliastische Perspektiven verharrte der Weltuntergang
unter gläubigen Christen. Jean Paul, Sohn eines Organisten und Pa-
stors, gläubiger Christ, vernahm die Rede des toten Christus vom
Weltgebäude herab, daß kein Gott sei, und träumte einen Weltunter-
gang, zu dem Christus zwar wiederkehrte, doch nicht, um Gericht zu
halten. Da winkten weder Verdammnis noch Seligkeit. Jetzo sank eine
hohe edle Gestalt mit einein unvergänglichen Schmerz aus der Höhe
142 Aktualisiertingen
auf den Altar hernieder und alle Todten riefen: «Christus! Ist kern
Gott?» Er antwortete: «Es ist keiner.» - und die Ewigkeit lag auf dem
Chaos und zernagte es und wiederkäuete sich. Dann das Ende: Und als
ich niederfiel und ins leuchtende Weltgebäude blickte: sab ich die
emporgehobenen Ringe der Riesenschlange der Ewigkeit, die sich um
das Welten-All gelagert hatte - und die Ringe fielen nieder und sie um-
faßte das All doppelt - dann wand sie sich tausendfach um die Natur -
und quetschte die Welten aneinander - und drückte zermalmend den
unendlichen Tempel zu einer Gottesacker-Kirche zusammen - und alles
wurde eng, düster, bang - und ein unermeßlich ausgedehnter Glocken-
hammer sollte die letzte Stunde der Zeit schlagen und das Weltgebäude
zersplittern [...] Mit dem Schreckensbild erwachte der Träumer:
Meine Seele weinte vor Freude, daß sie wieder Gott anbeten konnte.
Die Furcht, nein, die Angst, daß es nicht so sei, wie die Glaubens-
wahrheiten verkündeten, hatte den Träumer entsetzt. «Jesus! haben wir
keinen Vater?» - Und er antwortete mit strömenden Thränen: «Wir
sind alle Waisen, ich und ihr, wir sind ohne Vater.» Eingeleitet wurde
die Rede mit dem Erschrecken über den giftigen Dampf, der dem Her-
zen dessen, der zum erstenmal in das atheistische Leingebäude tritt, er-
stickend entgegenzieht. Die Aufklärung hatte Zweifel gesät. Der Glaube
geriet in Bedrängnis. Er sah den Weltuntergang noch, aber keine Erlö-
sung mehr, nur Glaube und Anbetung und eine frohe vergängliche
Welt, die lebte und Töne sandte, wie von fernen Abendglocken
Katastrophen behielten ihre apokalyptischen Schrecken und ihren
Zeichen wert. Welche geheimnisvolle Macht hatte da gewütet? Warnte
Gott? Rächte er sich? Strafte er ein sündiges Volk? Warum, warum das
alles? Wirklich Gottes Wille? So fragten viele, als im Jahr 1755 Lissa-
bon gleichzeitig von Erdbeben, Feuer und Meer (einem Tsunami!) zer-
stört wurde. Solche Zerstörungsmacht der Elemente bedeutete eine
kaum zu meisternde Herausforderung für alle Religion und erst recht
für die Vordenker der Aufklärung. Nur das Vergessen konnte den
Glauben erneuern. Aber Zweifel blieben.
Auch der Dichter Heinrich von Kleist studierte eindringlich die Be-
richte aus Lissabon und auch jene über das Erdbeben von 1647 in
Chile und formte sie um zu seiner Novelle Das Erdbeben in Chili
Utopie und Realisierungen 143
Schutzengel, mittel-
oder südamerikanisches
Votivhild, um iSoo,
Diözesanmuseum Köln.
Chili die Dringlichkeit der Aufklärung gerade auch in den Reihen der
Protestanten. Auch sie sollten sich nicht mehr mit den Schreckensvisio-
nen des Untergangs befassen, schon gar nicht mit den Drohungen des
Gerichts.
In ihr Kirchenlied war längst ein wenig Aufklärung eingedrungen.
Jüngster Tag und Weltuntergang verbargen sich fortan hinter Schwei-
gen. Den Gläubigen war nur mehr die Auferstehung bedeutsam. Den
zeitgemäßen Ton traf Friedrich Gottlieb Klopstock, auch er ein Pro-
testant aus pietistischem Elternhaus. Er hatte schon einige Zeit vor
Kleist eine empfindsame Ode voll Zuversicht und Heilsgewißheit in
Verse gebracht: Die Auferstehung. Auferstehn, ja, aufersteht1 wirst
du, /Mein Staub, nach kurzer Ruh'. / Unsterbliches Leben / Wird, der
dich schuf, dir geben. / Halleluja! Da gab es keinen Untergang mehr,
kein Gericht, keine Verdammnis, nur Freude über ein leidfreies Ende.
Der miiden Pilger Leiden / Sind dann nicht mehr. Wo war die Hölle
geblieben? Die wüsten Torturen der Teufel? Wo der Weltuntergang
mit seinen Gräueln und Vernichtungsfeuern? Alles schien der Auf-
klärung geopfert, ihrem unendlichen Fortschrittsoptimismus.
In der turbulenten Schlußphase der Napoleonischen Kriege und mit
ihrem Ende, als die vielen Soldaten nicht mehr gebraucht wurden und
in Armut stürzten, als sich Not und Hunger allenthalben breitmach-
ten, erhoben neue Endzeitprediger ihre Stimme, fanden Gehör und
Anhängerschaft. Doch auch jetzt predigten sie nicht nur Untergangs-
furcht, sondern zugleich Heilshoffnung. Berühmt wurde Juliane von
Krüdener. 184 Sie hatte unter dem Einfluß der Herrenhuter Brüder-
gemeinde 1804 ihre Bekehrung erlebt. Napoleon erschien ihr nun als
Antichrist. Ihre apokalyptischen Botschaften erreichten die Ohren
vieler Aristokraten, zumal des Zaren Alexander I. Er und der preußi-
sche König Friedrich Wilhelm III. besuchten 1 8 1 5 ihren Salon in Paris.
Die Heilige Al Haitz des Herrschers aller Reußen mit dem König von
Preußen und dem Kaiser von Österreich Franz I., die noch in demselben
Jahr geschlossen wurde, könnte unter dem Einfluß ihrer Endzeitsorgen
zustande gekommen sein. In den Elendsjahren 1 8 1 6 / 1 8 1 7 predigte sie,
die reiche Dame, Barmherzigkeit und Fürsorge für die Armen, betrieb
Juliane im Umfeld von Basel Volksküchen und kochte wohl auch
146 Aktualisiertingen
Da saßen sie und rechneten und schwitzten. Die Daten stimmten nicht.
Wann war der Tag des Frühjahrsäquinoktiums? Die Tagundnacht-
gleiche? Man mußte es wissen, denn die Feier von Christi Auferstehung
bestimmte sich danach. Das Äquinoktium sollte am 2 1 . März eintre-
ten. So hatten es die christlichen Väter auf dem Konzil von Nicäa im
Jahr 32.5 verpflichtend gelehrt. Doch jetzt, ein halbes Jahrtausend spä-
ter, traf es nicht zu. Die heilsgeschichtlich relevante Ordnung des Fest-
kalenders drohte, in Verwirrung zu geraten. Der König war besorgt.
Die Sonne spielte nicht mit. So saßen seine Gelehrten und rechneten
und schwitzten und fanden keine Lösung. Und weiter: In welchem
Jahr nach Christi Geburt leben wir, in welchem der Weltschöpfung?
Auch das wollte Karl der Große wissen. Die christliche Heilserwartung
bedurfte präziser Orientierung in der Zeit und korrekten eschatologi-
schen Wissens. Diese gefährlichen Zeiten, in denen das Weltende, das
Jüngste Gericht und die Entscheidung über ewiges Leben und ewigen
Tod sich ankündigten, verlangten danach. Der Angelsachse Alkuin,
Abt von Tours und herausragender Gelehrter im Frankenreich, hatte
schon vor Jahren den Frankenkönig in apokalyptischem Ernst mit
dem paulinischen Wort (zTim 3,1) zu mahnen gewußt. Karl hörte auf-
merksam zu. Denn Ungewißheit über die zeitliche Ordnung der Ge-
genwart hatte sich ins Wissen eingenistet.
Ein anderer Gelehrter, Theodulf, verwies in den Libri Carolini
gleich dreimal auf das Jüngste Gericht, das herbeieilte. Dreimal be-
Wie ivar die Botschaft vom Ende zu deuten? 149
kehrt sein. Der Prediger fordert die Gläubigen auf, freudig (leti) der
zweiten Ankunft Christi entgegenzugehen und sich beim bevorstehen-
den Weihnachtsfest mit rechten Werken darauf vorzubereiten [prae-
parare)} Die Erwartung mochte steigen.
Explizit war noch keine gegenwartsgeschichtliche Konsequenz gezo-
gen. Erst im kommenden Jahrhundert wird Adso von Montier-en-Der
in seinem Lehrbrief für die französische Königin 9 das (westliche) Fran-
kenreich und seine Könige mit dem noch fortbestehenden Römischen
Reich identifizieren, dem Untergangsglauben mithin eine realistische
Wendung geben. Doch bald wird diese Reichstheologie auf das Hei-
lige Römische Reich (Deutscher Nation) übertragen und diesem eine
eschatologische Last aufgebürdet, die es in seiner wachsenden Zerris-
senheit nicht zu tragen vermochte.
Das Wissen um den Antichrist ist weit verbreitet. Ps.-Methodios
und andere griechischsprachige Autoren kannten ihn; 10 in Armenien
wurde er gefürchtet. 11 Dort waren es rhomäische (byzantinische) Kai-
ser, hier eigene Könige (mitunter in Gemeinschaft mit dem Basileus),
denen die Rolle des letzten Kaisers zufiel. Der Gegenchrist aber wird
alle Könige der Erde unterwerfen, zuletzt auch das Römische Reich,
das (so Adso) im Franken- oder (so jüngere Autoren) im römisch-
deutschen Reich fortbestehe und zuvor den Untergang aufhalte. Diese
Reichstheologie wird bis in die Neuzeit überdauern, etwa bis zu Carl
Schmitt. Der letzte Kaiser werde zum Zeichen des Endes nach Jeru-
salem ziehen, dort am Ölberg Zepter und Krone niederlegen. Dann
erscheine der Antichrist; Henoch und Elias träten wieder auf, die Völ-
ker Israels bekehrten sich, alle würden aber vom Antichrist getötet,
bevor dann Jesus durch den «Hauch seines Mundes» oder St. Michael
«durch die Kraft unseres Herrn Jesus Christus» diesen töte. Danach
gäbe es 40 Tage Aufschub für die «Erwählten» zur Buße, überhaupt
auf unbestimmte Zeit, bevor der Herr zum Gericht erscheine. So apo-
kalyptisch das alles klang, von einem Weltuntergang stand hier nichts
zu lesen.
Noch war es nicht soweit. Gott sprach weiterhin über Zeichen in
der Natur und unter den Menschen, nicht nur aus den heiligen Schrif-
ten. Die Lektüre der Zeichen verlangte ein geduldiges Bemühen um
Wie ivar die Botschaft vom Ende zu deuten? 153
Tage. Es traf in etwa zu; es hätten sechs Tage sein können. Verbessert
wurde gleichwohl nichts.
Derartige Forschung, überhaupt die pbysica indagatio, die Natur-
forschung, wie Wilhelm sie hieß, hielt den Mönch vom täglichen Got-
tesdienst, dem Psalmenbeten, ab. Er mußte es sich eingestehen, recht-
fertigte sich aber mit den Collationes des Johannes Cassianus, eines
der Wüstenväter im 5.Jahrhundert. 14 Der Mensch kehre nämlich
durch die Vervollkommnung seiner quadrivialen, seiner natur-
wissenschaftlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zur ursprünglichen
Vollkommenheit Adams zurück. Naturwissenschaftliches Forschen
mit Einschluß der nötigen Neugier wurde so als menschheitliches
Erziehungs-, ja, als Heilswerk gedeutet und legitimiert. Tatsächlich
gebrauchte Wilhelm dafür den Begriff des humanus profectus, des
Fortschritts der Menschheit zum Heil. Die Zeit war freilich noch nicht
reif für gravierende Veränderungen des Althergebrachten, zumal die
Gründe für jene Abweichungen nicht durchschaut waren. Niemand
hätte damals wagen können, den Kalender zu reformieren. Die Welt
konnte nicht in Unordnung geraten sein. Die fällige Kalenderreform
ließ noch Jahrhunderte auf sich warten. Die Wege zur Wahrheit sind
selten gerade. Die Endzeiterwartung aber verlangte, ihren Windungen
zu folgen.
Neue Wissenschaften erreichten die Gelehrten des Westens. Sie er-
leichterten die Aufgaben und provozierten neue Fragen, nährten Skep-
sis und Zweifel an den überkommenen Deutungsmustern natürlicher
Vorkommnisse. Die Kontingenz, der Zufall, drängte sich als Deu-
tungsweise in die Naturerklärung, in menschliche Begebenheiten und
in die Weltgeschichte. Die Sprache der Natur, Gottes Warnung an die
Menschen, wurde vielfältiger, unlesbarer. Eine dieser neu oder wieder
entdeckten Wissenschaften war die Astrologie. 15 Die Grundlagen des
apokalyptischen Glaubens, die das antike Judentum und die christ-
lichen Väter gelegt hatten, wurden nicht aufgegeben. Zu vertraut
waren die Bahnen des seit Jahrhunderten eingeübten, etablierten Den-
kens. Die Gelehrten spitzten ihre Federn zu keiner entmythologisie-
renden Aufklärung: solche blieb späteren Jahrhunderten vorbehalten.
Sie suchten vielmehr das Überkommene durch das Neue zu rechtferti-
Irritationen durch die Scholastik 155
ein Symbol für den Zustand seiner gegenwärtigen Welt, während die
Nonne und Äbtissin in traditionellem Sinne den Antichrist als den wi-
derchristlichen Verführer der Endzeit deutete. Einen Weltuntergang
sah auch sie nicht im Kommen, vielmehr die Reinigung der Welt im
Feuer und die Verwandlung der Elemente in den Urzustand der Erde
und den Absturz der Verworfenen. 30
Wann drohte das alles? Der Freisinger Bischof schob die gewisse
Zukunft in eine ungewisse Zeit. Ließ sie sich nun, gestützt auf die neu-
eren Wissenschaften, genauer bestimmen? Die Astrologie schien hel-
fen zu können. Sie war, als sie rezipiert wurde, gleichbedeutend mit
Astronomie, sogar mit Mathematik. Daß sie auf Irrwege schicken
würde, war nicht abzusehen. In der Antike weithin praktiziert, wurde
sie von christlichen Kaisern aus Angst vor Magie und Zauberei ver-
boten. 31
Weltgeschichtliche Bedeutung hatten diese Künste aber schon zuvor
wenigstens einmal bewiesen. Vermutlich nämlich bildete eine große,
Unglück verheißende Konjunktion von Saturn und Jupiter im Verein
mit dem Kriegsplaneten Mars im Sternbild Steinbock jenes Siegzei-
chen, in dessen Schutz Konstantin der Große im Jahr 3 1 z seinen Geg-
ner Maxentius überwand und in der Folge zum Christentum übertrat;
selbst die Venus spielte mit. Astrologie wurde damals unter den Großen
Roms und seinen Kaisern weithin praktiziert. Indes, so viel Unglück
sie auch ankündigen konnte, vom Weltuntergang wußte sie nichts. Er
lag jenseits römischer Erwartungen. Konstantins heidnische Astrologen
dürften in der Tat vor dieser Konjunktion gewarnt und von der Schlacht
abgeraten, die Christen aber dürften sie, die Himmelszeichen neu deu-
tend, dem Kaiser im Verbund mit einigen hellen Fixsternen (wie Atair
im Adler und einigen anderen Sternen desselben Sternbilds) als himm-
lisches Staurogramm, als christliches Heilszeichen und zugleich als
Emblem Christi, gewiesen und zur Schlacht ermuntert haben. 31 «In
diesem Zeichen siege!» So geschah es. Bald wurde das Staurogramm
durch das Christogramm ersetzt oder ergänzt und war fortan das
militärische Siegzeichen der Kaiser. 33 Die Nachricht aber, daß ein be-
stimmtes Himmelszeichen, eine große Konjunktion mit dem Saturn,
mithin die Astrologie dem Christentum zum Durchbruch verholfen
«In hoc signo vinces», die Große Konjunktion des Jahres 3 1 2
als astrologisches Zeichen des Staurogramms, nach Fritz Heiland.
160 Ein Jahrtausend Gelehrsamkeit und Untergangserivartung
übersetzen auftrug. Man hielt das Werk bis ins 17. Jahrhundert für
eine Sammlung altägyptischer Weisheitslehren, für die Urweisheit der
Menschheit überhaupt. 1 4 7 1 erschien die erste Ausgabe des Liber de
potestate et sapientia Dei; bis 1641 sollten ihr 25 weitere folgen - ein
einzigartiger Erfolg; 1507 wurde sie um drei noch ausstehende letzte
Bücher ergänzt. Eine griechische Ausgabe folgte erst 1554. Für Ficino
begann mit diesem Hermes eine Reihe von Philosophen, Priestern,
Theologen, die unter anderem über Orpheus und Pythagoras zu Piaton
führte. Endzeitlehren fanden sich hier nicht, wohl aber konnten diese
Texte das Vertrauen in die Erkenntnisfähigkeit des Menschen und
dessen Selbstbewußtsein, den freien Willen gegen die Macht der Sterne
stärken. Gott selbst schien den Menschen in die Geheimnisse seiner
Schöpfung einzuweihen.
Gewiß, der aus der Renaissance hervorgehende Humanismus trach-
tete vordringlich zur Überwindung des Niedergangs im «Mittelalter»
nach der Erneuerung des antiken Bildungsideals für alle Zukunft. 47
Eschatologisch war das nicht, eher pädagogisch; die künftigen Natur-
wissenschaften zehrten davon nur indirekt durch die Verbesserung der
Sprachkompetenz und die Zugänglichkeit antiker Schriften. Die Ver-
gangenheit erschien nun bewußt und gezielt als Lehrmeisterin der Zu-
kunft, noch ohne sich in konkreten, gar eschatologischen Zukunftsvor-
hersagen zu verlieren. Gleichwohl war die christliche Heilsgeschichte
auch für die Humanisten nicht obsolet geworden. Sie stand nur auf
einem anderen Blatt als ihr Programm der bistoria magistra vitae, und
dieses haben sie weder beschrieben noch - wie es scheint - aufgeschla-
gen, auch wenn sie gelegentlich gegen den Stachel lockten.
Die Astrologie war damit nicht diskriminiert, obgleich Humanisten
wie Ficino oder - entschiedener - Giovanni Pico della Mirandola ge-
legentlich die vulgäre Form des Horoskopwesens kritisierten und ab-
lehnten. Die Zweifel galten wohl Prognostiken etwa jenes Typs, den
der Arzt Ludowicus Lucianus im Jahr T495 für das kommende Jahr
entwarf und der Presse übergab. Eine Konjunktion von Saturn und
Mars in den Fischen eröffne das Jahr, auch die Venus spiele hinein,
mancherlei Ernteschaden sei zu erwarten, auch sonstiges Mißgeschick
und Krankheiten, viele Morde, Streitigkeiten unter Eheleuten, aber
174 Ein Jahrtausend Gelehrsamkeit und Untergangserivartung
Die Reformation offenbarte die Fülle der im Volk und unter den Pre-
digern kursierenden Untergangserwartungen. Sie bescherte eine Flut
eschatologischer Fragen und theologischer Antworten, gegen die
keine Dämme standhielten. Die zeitgenössische Naturwissenschaft
schien mit neuen Gerätschaften, die in die Tiefe des Himmels und zu
seiner Vermessung vorzudringen erlaubten, auch das Weltende ver-
messen zu können. Die Prognostik mochte unendlich davon profitie-
ren. Die Autoren, die sich ihr ergaben, können hier nicht alle zu Wort
kommen; einige wenige Beispiele müssen genügen. Johannes Stöffler
etwa, ein Mathematiker, Astrologe und Pfarrer, der u. a. 1493 einen
Himmelsglobus und eine astronomische Uhr baute, zuletzt Professor
in Tübingen, prophezeite das Ende des Papsttums. Drohte damit zu-
gleich das Weltende?
Philipp Melanchthon vertraute dem Horoskop Luthers, das einen
neuen Propheten ankündigen sollte. Albrecht Altdorfers Alexander-
schlacht erschien als Typus des Endkampfes zwischen Christ und
Antichrist. Der Künstler hatte sich dazu bei dem Astrologen Joseph
Grünpeck Rat geholt; an der Vertreibung der Juden aus Regensburg
war er beteiligt - auch das war für ihn vielleicht eschatologisch be-
deutsam.52 Johannes Carion hatte im Jahr 152.1 eine große Wässerung
für das Jahr 1524 angekündigt; viele vertrauten ihm. Als sie aber nicht
eintrat, wurden seriöse Astrologen vorsichtiger mit Endzeitprogno-
sen, und bald unterblieben sie ganz. Luther selbst erwartete für bald
das Gericht; der Antichrist war ihm schon erschienen. Im Papsttum
hatte er ihn entdeckt. Protestantische Universitätsgelehrte und die
junge Elite der Pastoren folgten dem Wittenberger, predigten die End-
zeit und das Nahen des «Jüngsten Tags». Ihr Glaube, ihre Theologie
verlangten es.53
J
Ipi
M H
nert würden, wenn Christus hat kommen sollen, und wenn sich das
ende der weit nahen wird.54 Caspar Peucer, auch er Mathematiker,
Astronom und Reformator, sah das letzte halbe Jahrtausend vor der
Wiederkehr Christi angebrochen, das durch große Konfusionen der
Kirche geprägt sei.55 Andere mochten glauben, in das von dem Seher
Johannes angekündigte letzte Millennium eingetreten zu sein.
Die katholischen Gegner der Protestanten hüteten sich, eben diesen
mit gleicher Münze heimzuzahlen und sie einfach als Antichristen zu
verdammen. Sie unterschieden nun gerne den Antichristus mixtus, dies
galt den Lutheranern, vom Antichristus purus, als welchen sie den
endzeitlichen Gegner Christi bezeichneten. Doch entfernte sich das von
den heiligen Schriften und von Adso, der damals gerne zitiert wurde,
angekündigte Endzeitdrama immer weiter aus der realen Geschichte
in eine unabsehbare Zukunft. Wer, so wurde aus den Reihen des
neuen Jesuitenordens argumentiert, den Papst als Antichristen be-
zeichne, mache sich des crimen laesae maiestatis schuldig, weil er da-
mit den Augsburger Religionsfrieden verletze. Die Juridifizierung der
Weissagung raubte derselben ihre aktuelle Überzeugungsmacht. Der-
artiges machte den Protestanten durchaus zu schaffen.
Die Geschichtsschreibung damaliger Zeit offenbart die Folgen.56
Die christlich geformte Heilsgeschichte, die nach der Daniel-Exegese
über vier Weltreiche sich erstreckte, deren letztes das römische und in
seiner gegenwärtigen Gestalt das römisch-deutsche sei, wich der Pro-
fangeschichte. Nicht besser erging es der augustinischen Variante der
Heilsgeschichte, die sich über sechs Weltzeitalter bis zur Gegenwart
erstreckte und mit Jüngstem Gericht und Weltuntergang enden sollte.
Noch Melanchthon hatte mit Blick auf die Vier-Reiche-Lehre des Pro-
pheten eine Synthese der Weltgeschichte mit der Erwartung des Jüng-
sten Gerichts versucht. Sie erwies sich auf die Dauer als unmöglich.
Die Profangeschichte schob die Kirchengeschichte zur Theologie ab,
verschlang, wenn man so will, die Heilsgeschichte oder ließ diese be-
stenfalls als bloßes literaturgeschichtliches Phänomen zurück.
Jean Bodin entmachtete auch derartiges Geschichtsdenken. Solche
Auslegung stamme, so schrieb er 1566 in seiner Methodus ad facilem
historiarum cognitionem, von den Deutschen: ad sui nominis et impe-
178 Ein Jahrtausctid Gelehrsamkeit und Untergangserzvartung
rii gloriam, zu Ruhm ihres Namens und Imperiums. Absurd sei es,
daß die Deutschen die Weltmonarchie für sich in Anspruch nähmen,
absurder noch und geradezu lächerlich für alle, die eine Vorstellung
vom Erdkreis besäßen, daß sie behaupten, das Römische Imperium zu
besitzen. Kein Zehntel desselben besäßen sie; der spanische Princeps
hätte ein viel größeres und volkreicheres Reich. Viel eher könne man
es vom Türken behaupten, der Teile Asiens, Afrikas und Europas be-
herrsche. Z w a r achte er, Bodin, als guter Christ, die Verse des Daniel,
doch selbst auslegen könne er sie angesichts zahlreicher verschiedener
Interpretationen nicht. Im Verlauf der bisherigen Weltgeschichte habe
es nicht bloß vier, sondern unzählige Reiche gegeben. Die historische
Wahrheit, historiae ftdes, widerspreche dem uralten Exegetenirrtum,
inveteratus error.57
Mit solchen Überlegungen war dem Weltuntergang als einem dem
historischen Denken zugänglichen Faktum der Boden entzogen. Doch
vergessen war er nicht. N u r sollte sich menschliche Spekulation ihm
nicht zuwenden. Der exitus mundi oder der coelestium interitus stehe
zwar, so noch immer Bodin, nach dem Talmud 6000 Jahre, nach
anderer Rechnung 49 000 Jahre nach der Schöpfung an. Doch das sei
weder dem menschlichen Geist, noch der Vernunft faßlich, noch
durch göttliche Weissagung beweisbar, vielmehr erscheint es weniger
töricht als vielmehr gottlos zu sein, non minus ineptum quam impium
videturJ8
Gewiß, diese Haltung setzte sich nicht umgehend durch. Doch als
protestantische Universitäten Universalhistorie als Studienfach einführ-
ten, drang auch die Säkularisation in das Geschichtsdenken ein. Die
Spekulationsfigur des Weltuntergangs behauptete sich freilich - wenn
auch ihrer heilsgeschichtlichen Konnotation beraubt - auch jetzt, nur
ein wenig ins Abseits gedrängt, jenseits nämlich der auf Realität, auf
Herrscher und Staaten, auf Kriege und Territorien gerichteten Ge-
schichtsschreibung. Sie warf sich notfalls profane Kleider über. Die
noch immer christliche Gesellschaft beider Konfessionen glaubte ja
weiterhin an das Jüngste Gericht. Mit der Aufklärung änderte es sich
erneut; doch selbst jetzt erlosch das Untergangsdenken nicht vollends;
es nistete sich weiterhin in der Populär- und Subkultur ein.
Der Weltuntergang im Konfessionskonflikt 179
griff umgehend zur Feder (1583). Es sei gewißlich der Welt Ende nicht
ferne, sondern sehr nahe herzu geruckt; der neue Kalender erübrige
sich. Der alte sei durcheinander; aber daran trage Josua Schuld (Jos
1 0 , i z f.), als er mit Gottes Hilfe Sonne und Mond stillstehen hieß. Der
Papst, der Antichrist in Rom, erwarte Christi Wiederkehr gar nicht,
wie dieser Kalender bezeuge. Derselbe sei an die Stelle der Ablaßzettel
getreten und sei ein Angriff auf die deutsche Nation. Jesus Christus
möge denn auch den Antichrist mit dem Geist seines Munds (wie er
langst angefangen) zutödten fortfahren, unnd denselben mit seiner
herrlichen Zukunft stürtzen, wie Oslanders Schlußgebet lautete, mit
dem er seine Kalenderschrift beschloß. 63
Damals wurden noch immer jene «averroistischen» Sätze in den
Ausgaben der Sentenzen des Petrus Lombardus verbreitet, zugleich
aber auch verdammt. Sie waren mit diesem Druckort im innersten
Zentrum der Theologie angekommen; die katholischen Universitäts-
theologen kannten sie. So blieben sie tatsächlich unterschwellig prä-
sent und wirkten zugleich als skeptischer Stachel im Fleisch des
Glaubens. Denn öffentlich durfte niemand wagen, sich zu ihnen zu be-
kennen und über ihre Implikationen zu reflektieren. Allenfalls aus
Übungsgründen in den geschlossenen außerordentlichen Lehrveran-
staltungen an den Universitäten konnten sie aufgeworfen werden, um
den Verstand zu schulen und sie neuerlich zu verurteilen. So kam es,
daß die radikalen Positionen - von der Ewigkeit der Welt, von der
Wiederkehr des Gleichen, vom immerzu neuen Entstehen neuer Wel-
ten - zunächst unter Protestanten wenig Wirkung zeitigten und ihre
Gelehrten vertrauensselig den Aussagen der Heiligen Schriften und
der exegetischen Tradition folgten.
Auch der Pfalzgraf Ludwig VI. (f 1583) gab ein Gutachten über
diese Kalenderreform in Auftrag. Der Heidelberger Mathematikpro-
fessor Michael Maestlin, der bald nach Tübingen überwechselte und
dort der Lehrer Johannes Keplers wurde, sollte es erstellen. 64 Maest-
lins Schrift erschien noch im Todesjahr des Kurfürsten in Heidelberg
(1583); auch später griff er wiederholt zur Feder, um gegen den neuen
Kalender zu schreiben. 65 Traw, lueg, wem. Denn es geschehe oft, das
man vielfältig betrogen werde. So eröffnete Maestlin sein Gutachten.
182 Ein Jahrtausctid Gelehrsamkeit und Untergangserzvartung
Der Papst habe die H: Schrift und Gottes wort dem gemeinen Man auß
den äugen ... hinweg gerucket / vnd es jhnen zulescn verboten. Statt-
dessen verbreite er falsche Lehre, und zu dieser gehöre auch die Kalen-
derreform, die er eben geboten habe. Vor 1 2 0 0 , 1 3 0 0 oder 1 6 0 0 Jah-
ren seien die Jahrrechnungen anders gewesen; doch das sei ein nur
gering schätzig ding. Des Papstes Änderung sei zudem in Politischen
Der Weltuntergang im Konfessionskonflikt 183
Die Kalenderfragen mögen hier auf sich beruhen, obgleich der Autor
ihnen noch viele Seiten widmete. Dieser Mathematiker Maestlin hatte
den Grund für die Kalenderreform verstanden. Der astronomisch ver-
sierte Heidelberger Professor, auf dessen Namen später der Komet des
Jahres 1580 «Moestlin» getauft wurde, anerkannte durchaus die Feh-
lerhaftigkeit des bestehenden julianischen Kalenders, korrigierte auch
184 Ein Jahrtausctid Gelehrsamkeit und Untergangserzvartung
satz Mosi vom Osterfest / gantz vnd gar todt lassen sein / und bette
den tag des Leidens vnd aufferstebens nach der Sonnenlauff ge-
rechnet / vnnd auff ein gewissen tag gelegt / wie man gethan / mit
dem Christag vnd anderen unbeweglichen Festen / dann solcher ge-
stalt wer man alles gezencks vberhaben gewesen. Der Frühjahrsvoll-
mond entspräche dem Gesatz Mosi, das ist der alte Rock. Ostern am
volgenden Sontag zu feiern, das ist der Neuw Läpp anff dem alten
Rock. Das Konzil hätte dann weitere Cermonen vnd Menschen Sat-
zungen eingeführt, Durch welches alles der Antichrist in die Römi-
sche Kirch öffentlich eingeführt / vnd sie die Babylonischen Huren
worden ist.*°
Der Grund für die Kalenderkorrektur wurde auch von Plieninger
zutreffend referiert; doch hätten sich die päpstlichen «Scribenten»
besser vmb jre Seligkeyt bekümmert... vnd jhr leben bessern ivollen,
als sich um den Kalender zu kümmern. Der Christenheit sei es gleich,
ob Ostern an diesem oder jenem Tag gefeiert würde. Christi Geburt
sei ja auch nicht auf den 25. Dezember gefallen, sondern - wie die
gründliche Lektüre des Lukasevangeliums zeige - ein viertheil eines
Jars zuvor:81 Wenn aber eine Korrektur sinnvoll gewesen wäre, dann
hätte man sie biß auff die zeit Christi zurückführen sollen, wie zur
Zeit der primitiva Ecclesia, und wie es ja vergebens dem Papst nahege-
legt worden sei. Aus den Berechnungen mancher Astronomen ergebe
sich der 3. April als der fragliche Freitag des Jahres 33. 8 i Die päpstli-
che Emendation beweise aber einmal mehr, daß der Babst der grosse
Antichrist sei, da deren Einführung 1 2 6 0 Jahre nach dem nicänischen
Konzil erfolgt sei, zu der Zeit also, da die Christlich Kirch vom Dra-
chen verfolgt werden soll. Hier begegnete also wieder, nicht anders als
bei Maestlin, die Verschränkung von Apokalypse (42,13 und c. 1 1 - 2 ) ,
Daniel (c. 7) und Ezechiel (c. 4); und so offenbarte denn die Kalender-
reform von 1 5 8 2 (die Plieninger auf 1583 datierte) zugleich, daß mit
dem Konzil von Nicäa das Reich des Antichrist begonnen habe. 83 Z u -
dem sei die Berechnung falsch, da sie auf das falsche Todesjahr Christi
führe, der ja an einem Freitag gestorben sei und nicht - wie die Gre-
gorianische Reform nun anzunehmen zwinge - an einem Mittwoch. 8 -*
M a n solle also den neuen Kalender nicht übernehmen. Ohnehin stün-
Der Weltuntergang im Konfessionskonflikt 187
den große Änderungen bevor, da die sechste Welt Anno 1642 voll-
kommen außlaufft und von jetzt an biß inn das 60. oder yo.Jar / wir
znogewarten habe / Nemlich die aller leisten Enderungen / mit wel-
chen auch der Himmel vnd die Natur iren lauff / vnnd Werck dazuo
sie von Gott bestimbt vnd verordnet verrichten werden / erfüllen und
zuo end füren.*5 Hier diktierte in Erwartung des Weltuntergangs und
zur Vorbereitung auf denselben die Sorge um Seligkeyt, um Moral
und Ethik für die Christen das Urteil über den korrigierten Kalender.
Die weitere Entmachtung der Offenbarungsreligion ließ nicht lange
auf sich warten.
Andere dachten und schrieben ähnlich; auch Flugblätter schürten
die Feindseligkeiten. Die Bauern wüßten mit dem neuen Kalender
nicht, wann sie das Feld zu bestellen hätten. Die Altgläubigen bezwei-
felten das Herannahen des Endes nicht. Keine Kritik an der päpst-
lichen Reform könne diesen Untergang aufhalten. 86 Und dennoch:
Eine neue Zeit zog herauf, vielleicht in der Tat die Zeit von Maestlins
epicurischen Spöttern, der aufklärerischen Wissenschaft nämlich. Die
Mahnung zur Buße erreichte zwar ihre Adressaten; aber ihre Wirkung
zeitigte einen «katechonischen» Effekt: Sie entschärfte unbewußt die
endzeitliche Dringlichkeit der apokalyptischen Predigt, da doch strenge
und konsequente Buße das Kommen des Weltenrichters verzögern
sollte, wie biblische Muster zu verdeutlichen schienen und Prediger
lehrten. 87 So geschah es, wie sich zeigte, tatsächlich, und zwar auf un-
absehbare Zeit.
«Abirrungen menschlicher Vernunft», schalt ein moderner Gelehr-
ter, Ferdinand Kaltenbrunner, der erste Historiker der Kalenderre-
form, im Jahr 1 8 7 7 diese Reformkritiken und ihre Begründungen. 88
Er verkannte das Gewicht der alten exegetischen Tradition, die in der
lateinischen Christenheit seit den Tagen der Kirchenväter, eines Ire-
naeus, Hieronymus, Augustinus oder Gregor, herrschte, die Naher-
wartung der von Christus dem Herrn angekündigten Erfüllung der
Zeit. Die Kirche und ihre Theologen hatten sie verteidigt. Erst ihre
Kritik an der Reformkritik, ihre Polemik gegen die Polemik, erst die
fortschreitende Konfessionalisierung führte zum Wandel; und erst die
Aufklärung erschütterte den Endzeitglauben, ohne ihn vollends aufhe-
188 Ein Jahrtausctid Gelehrsamkeit und Untergangserzvartung
nen kurz bevorstehenden Weltuntergang, wie ihn der Autor der Vier-
zeiler selbst freilich nie explizit angekündigt hatte. 89
Ein entscheidender Unterschied im Vergleich zur spätmittelalter-
lichen Astrologie machte sich allerdings mit der Zeit bemerkbar. Sie
beschränkte sich mehr und mehr auf die Astralmedizin und auf indi-
viduelle Horoskope und verzichtete weithin auf universelle Progno-
sen. Eine Bulle Pius IV. von 1564, im Jahr nach Beendigung des Trien-
ter Konzils erlassen, verbot - wie seit je - alle magischen Praktiken
wie Geomantie, Chiromantie oder Nekromantie, dazu die Lektüre
astrologischer Anweisungen für unvorhersehbare Zufälle {de futuris
contingentibus successibus fortuitisve casibus) und für solches Ge-
schehen, das vom menschlichen Willen abhänge, gestattete aber expli-
zit Horoskope und Naturbeobachtungen (iudicia et naturales obser-
vationes), die der Seefahrt, dem Ackerbau oder der ärztlichen Kunst
zur Seite stünden. Die Endzeit war vom höchsten kirchlichen Gesetz-
geber den Spekulationen der Astrologen entwunden.
Das Verbot setzte sich mit der Zeit durch, auch außerhalb der ka-
tholischen Kirche. Niemand anderes als Goethe hat die Folgen später
in seinem wundervollen Gedicht Urivorte, orphisch festgehalten: Wie
an dem Tag, der dich der Welt verliehen, / die Sonne stand zum Gruße
der Planeten, / bist alsobald und fort und fort gediehen / nach dem
Gesetz, wonach du angetreten. II So mußt du sein, dir kannst du nicht
entfliehen / so sagten schon Sibyllen, so Propheten. / Und keine Zeit
und keine Macht zerstückelt / geprägte Form, die lebend sich ent-
wickelt. Das galt einzelnen Menschen, nicht dem Geschick von Erde
und Menschheit. Wenn weiterhin astrologische Katastrophenpro-
gnose betrieben wurde, so fehlte ihr der eschatologische Impetus. Da-
mit rückten der Weltuntergang und die denselben ankündigenden
Schrecken aus dem Blickfeld der Astrologen, die durch lange Jahr-
hunderte bis tief ins 16. Jahrhundert der Endzeit auf der Spur gewesen
waren.
Auch ohne Astrologie freilich sann die westliche Christenheit trotz
ihrer Zersplitterung in Konfessionen und auseinanderdriftende Deu-
tungshoheiten über das Eintreten des von den heiligen Schriften vor-
hergesagten Geschehens in historischer Zeit nach, gab sich also unver-
190 Ein Jahrtausctid Gelehrsamkeit und Untergangserzvartung
rie verteidigt hatte, und in dessen Umfeld auch Galileo Galilei betrof-
fen war, erging im Jahr 1 6 1 6 das berühmte Dekret gegen Kopernikus.
Dessen Theorie stimme nicht mit der katholischen Wahrheit überein. 91
Das Verdikt rettete die scholastische Kosmologie, die dem Ptolemäus
gefolgt war, nicht. Eschatologische Motive, wie sie sich nur wenige
Jahrzehnte zuvor noch unter Astrologen gehalten hatten, spielten aber
bei dieser Verurteilung keine Rolle. Das hatte Folgen; Endzeitspekula-
tionen traten bald in den Hintergrund, aber verschwanden nicht.
Ein anderer, der solcher Säkularisation die Wege wies, aber den-
noch ein Eschatologe blieb, war, wie seine nachgelassenen Schriften
zeigen, Isaac Newton, ein gläubiger Mann. Er, der geniale Physiker,
konnte sich nicht mit dem Gedanken einer Feuersintflut abfinden. Die
Bibel verbiete eine solche Annahme. Der Kosmos war ein Werk Gottes
und als solches endlich. Wie die Heilige Schrift auszulegen sei, dazu
entwarf der gelehrte Laie eigene Regeln. Immerhin, den Untergang
sah er nicht vor dem Jahr 2060 eintreten, das Jüngste Gericht aber
erwartete er bald; the time is at hand.9i Es sei ein kirchlich-soziales
Geschehen; der Antichrist habe sich ja schon in Rom niedergelassen.
Newton bediente sich heiliger Verheißung, etwa der Zahl des Tieres
666 oder der 1 2 6 0 Jahre oder Tage nach Daniel, um die Rhythmen
der Geschichte zu enthüllen. Der Herr werde hier, auf Erden, Gericht
halten, nicht jenseits im Himmel, und sein Strafgericht gelte der end-
zeitlichen Reinigung der Kirche, der dann eine irdische Heilszeit folgen
werde. Ein ganz innerweltliches Geschehen wurde prophezeit - trotz
aller drohender Schrecken. Das war - wie im Calvinismus vorberei-
tet - eine säkularisierte Heilsprognose. Sie bediente sich anderer Pro-
gnose-Techniken als die Apokalyptiker und Astrologen bisher. Aber
sie bewahrte die Botschaft des Weltuntergangs vor dem Vergessenwer-
den und dem Untergang und lenkte den Blick zur physikalischen und
überhaupt zur naturwissenschaftlichen Theoriebildung.
Das Weltende im Säurebad der Aufklärung
Hatte Gott eine Wahl, als er die Welt erschuf? Die Frage wurde Albert
Einstein zugeschrieben, ist aber bei ihm nicht nachweisbar. 1 Sie läßt
nicht nur Zweifel an der Allmacht des Weltschöpfers anklingen, son-
dern traf alle älteren Welterklärungen im Kern. Eine Antwort ist bis-
lang nicht geglückt. Wohl aber füllte die Suche nach einer solchen,
nach der Weltformel, Sack um Sack neuer Theorien. Teilchen und
Kosmos sollten zusammenstimmen, starke, schwache, elektromagne-
tische Wechselwirkungen und Gravitation, alles. Eine Antwort gibt es
bis heute nicht. Eines freilich hat man dabei auf Dauer nicht verges-
sen: die eigentümliche, einst religiös begründete Fixierung auf An-
fang, Untergang und Ewigkeit.
Wie schlicht dachten die früheren Philosophen. Piaton, Aristoteles
und in ihrem Gefolge die Humanisten der Renaissance hatten den
Himmel von Intelligenzen bevölkert und regiert gesehen. Die europä-
ische Aufklärung hatte dann zu zweifeln begonnen. Methodenkritik
setzte neuerlich ein. Disziplinen wie Astronomie, Physik, Chemie,
Geologie oder Paläontologie kamen auf und rüttelten an den Funda-
menten bisheriger Deutungen des Weltbaus. Gewiß, Gott hatte die
Welt erschaffen. Doch woraus? Feuer, Wasser, Luft und Erde, jene
mythischen Elemente, mit denen sich jahrhundertelang die «Physi-
ker» beschieden, genügten längst nicht mehr. Was war es, was die
Welt im Innersten zusammenhielt? Könnte sie noch untergehen? Wie
sollte es geschehen? Nicht nur Theologen oder Philosophen verlang-
ten fortan im Blick auf den Weltuntergang Gehör, sondern alle Na-
turwissenschaften. Dazu kam seit dem 17. Jahrhundert durch Blaise
Pascal, Pierre de Fermat, Christiaan Huygens und zuletzt Pierre-
Das Weitende im Säurebad der Au fklärung 193
recht. Doch trugen gerade auch religiöse Gruppen zur rationalen Kri-
tik des Weltbildes bei. Die Anhänger des Sabbatianismus etwa be-
trachteten den Messianismus als unzutreffend. 8 Die westlichen Ge-
lehrten und Philosophen forcierten den Trend zu Aufklärung und
systematischer Naturforschung, zögerten einstweilen aber mit einer
völligen Destruktion der christlichen Überlieferung einer zeitlichen
Befristung der göttlichen Schöpfung.
Immanuel Kant mag es verdeutlichen. Er - vertraut mit dem in au-
ßerkirchlichen Kreisen längst etablierten kopernikanischen Weltbild
und mit Newtons Physik - entwarf eine (ursprünglich anonym heraus-
gegebene) Kosmogonie allein aus den Naturkräften, soweit er sie
kannte. 9 Sie sah die Sonne, einen flammenden Körper in einem unend-
lichen Weltraum, im Zentrum des Planetensystems und die Fixsterne
wiederum als Mittelpunkte ähnlicher Systematum, das alles in einem
weit ausgedehnten Räume. - Die Milchstraße ist der Zodiakus dieser
höheren Weltordnungen, ja, es sei mit mehr Milchstraßen in dem
grenzenlosen Felde des Weltraumes zu rechnen, nicht nur mit der
einen uns vertrauten. Und überall dieselbe Materie, unterschiedlich
dicht im Raum verteilt und zur Verklumpung neigend, und dieselben
Kräfte am Werk: der unendliche Raum der göttlichen Gegenwart, dar-
in der Vorrat zu allen möglichen Naturbildungen anzutreffen ist [...]
voll von Materie, den künftig zu bildenden Welten zum Stoffe. Als
Kant solches schrieb, waren in der Tat die ersten Spiralnebel, ellipti-
sche Gestalten, fremde Milchstraßen, gesichtet worden. Er dachte
sich die Entstehung der Planeten aus Staub und den Anziehungskräf-
ten der Materie zusammengebacken, dachte auch an weitere Planeten
jenseits des Saturn, bewohnt oder bewohnbar sie alle; er dachte an
neu entstehende Welten. Kant rechnete mit einer Reihe von Millionen
Jahren und Jahrhunderten seit der Entstehung des Kosmos. Die
Schöpfung ist nicht das Werk von einem Augenblicke. [...] Es werden
Millionen, und ganze Gebiirge von Millionen Jahrhunderten ver-
fließen, binnen ivelchen immer neue Welten und Weltordnungen nach-
einander, in den entfernten Weiten von dem Mittelpunkt der Natur,
sich bilden. - Die Unendlichkeit der künftigen Zeitfolge, womit die
Eivigkeit unerschöpflich ist, ivird alle Räume der Gegemvart Gottes
196 Das Weitende im Säurebad der Au fklärung 196
ganz und gar beleben. Die christlichen Prophezeiungen sahen sich da-
mit gerade nicht desavouiert, vielmehr in die Unendlichkeit Gottes ge-
gründet. Gottes Ewig- und Unendlichkeit aber wurden mit Zahlen
konkretisiert, gleichsam verdinglicht. Ihr zum Trotz zog Materialis-
mus auf.
Prognostiken hatten in diesem mechanischen Kosmos allen Sinn
verloren. Auch Große Konjunktionen gerieten nur mehr zum erhabe-
nen Schauspiel ohne prognostische Bedeutung für Erde und Mensch-
heit. Der Himmel schwieg über die Zukunft. Doch Naturgeschehen
unterliegt dem Prozeß von Entstehung und Vergehen; nur im Ganzen
herrsche hier, so Kant, Unendlichkeit, nicht in den einzelnen Phasen.
So rechnete der Philosoph durchaus mit einem Ende von Sonne, Pla-
neten und Erde, doch zugleich mit Neuentstehungen allenthalben.
Weltende also auch bei Kant, wenn auch anders begründet als bis-
her und zeitlich anders dimensioniert. Aber die Perspektive war die
nämliche. Es kommt eine Zeit, darin sie [die Sonne] wird erloschen
sein. Ihren Ort werden dann ewige Finsternisse einnehmen. Wann es
soweit sei? Die Frage lag nicht jenseits des Kantischen Theoriengebäu-
des. Aber er beantwortete sie mathematisch: Weil aber [...] von der
Zeitfolge der Ewigkeit der rückständige Teil allemal unendlich, und
der abgeflossene endlich ist: so ist die Sphäre der ausgebildeten Natur
allemal nur ein unendlich kleiner Teil desjenigen Inbegriffs, der den
Samen zukünftiger Welten in sieli hat, und sich aus dem rohen Zu-
stande des Chaos, in längeren oder kürzeren Perioden, auszuiuickeln
trachtet. Die Schöpfung ist niemals vollendet. Ein Anfang also, doch
kein Ende, ein Anfang allerdings in Unendlichkeit. Der Schöpfungsakt
verflüchtigte sich.
So materiell das alles gedacht war, dieser aufgeklärte, im Pietismus
aufgewachsene Denker imaginierte das Geschehen dennoch angelehnt
an uralte apokalyptische Bilder. Lasset uns, so schrieb er, der Einbil-
dungskraft [...] eine brennende Sonne [...] gleichsam von nahe vor-
stellen. Man siebet in einem Anblicke weite Feuerseen, die ihre Flam-
men gen Himmel erheben, rasende Stürme, deren Wut die Heftigkeit
der ersten verdoppelt, welche, indem sie selbige über ihre Ufer auf-
schwellend machen, bald die erhabenen Gegenden dieses Weltkörpers
Das Weitende im Säurebad der Au fklärung 197
Ruinen der zerstörten Natur und dem Chaos der noch ungebildeten.
Pflanze und Tier, auch der Mensch blieben außerhalb solcher Selbst-
organisation der Materie; für sie bedurfte es eines weiteren Impulses
göttlicher Lenkung. So drohte, wenn Gott sich nicht eines anderen be-
sänne, mit dem Untergang der Erde zugleich das Ende des Menschen-
geschlechts und aller Kreatur.
Kant reflektierte über neueres physikalisches Wissen. Die Erfindung
und der Einsatz des Fernrohrs durch Galilei, die Entdeckung der Spek-
tralanalyse, der Bedeutung der Fraunhoferschen Linien oder der
Radiowellen ließen am Himmel in unvorstellbare zeitliche Tiefen und
Zeiten blicken. All das rüttelte am «biblischen» Erdalter von 6000 Jah-
ren, das vollends nach der Entdeckung der Radioaktivität durch Henri
Becquerel aufzugeben war. Sie erlaubte nach Trennung der Uran-Iso-
tope, das Alter der Gesteine neu und immer genauer zu bestimmen,
und machte die Erde tatsächlich immer älter. Nicht wenige Jahr-
tausende, sondern um die fünf Milliarden Jahre alt ist sie nun, knapp
vier Milliarden Jahre reichen die ersten Lebensspuren zurück. Der
Kosmos ist noch älter. Unendlich? Welche Art von Anfang setzte der
«big bang»?
Die Evolutionsbiologie 1 0 gestattete weitere Präzisierungen gerade
auch in der Feindatierung. Durch eine verbesserte geologische Strati-
graphie (die beispielsweise die Vorfahren der heutigen Menschheit um
annähernd dreieinhalb Millionen Jahre zurückzuverfolgen erlaubt),
durch C I 4 -Daten (d. h. durch die Zerfallsgeschwindigkeit des radio-
aktiven Kohlenstoffisotops, die um etwa 60 000 Jahre zurückführt),
durch Dendrochronologie (durch die Datierung nämlich mit Hilfe der
einander überlappenden und in die Tiefen der Vergangenheit führen-
den Jahresringe der Bäume, die mancherorts weit über i z o o o Jahre
und damit zu den Anfängen menschlicher Hochzivilisationen zurück-
reicht), kurzum durch die Erkenntnisse verschiedener moderner Wis-
senschaften wurde die Natur mehr und mehr entschlüsselt.
Die Evolutionstheorie von Charles Darwin schien die göttliche
Schöpfung vollends entbehrlich zu machen und wiederum in einen
endlos langen Prozeß zu münden. Der Mensch war kaum mehr aus
der Schöpferhand Gottes entlassen, geriet vielmehr zu einem Produkt
Das Weitende im Säurebad der Au fklärung 199
des, was nutzt alle Wissenschaft, wenn das Volk sie nicht übernimmt?
Allmählich meldeten sich angesichts der Kometen Weltuntergangs-
ängste. Schon ein früheres Aufleuchten des Halleyschen Kometen im
Jahr 1 5 3 1 hatte Beobachter und Zeichendeuter an Jesu Prophezeihun-
gen vor dem «Ende» erinnert. Der Komet kündige - so Johann Schö-
ner auf einem zeitgenössischen Einblattdruck aus Dresden mit Ver-
weis auf die «kleinen Apokalypsen» bei Matthäus (c. 24) und Markus
(c. 13) - stets kriege und kriegsgeschrey an. 1 6 Großes stand mithin zu
befürchten. Doch 1 6 0 7 erschien ein beruhigender Einblattdruck: Der
gnedige / hochgetreive und gütige Gott / hat keine lust zum Verterben
vnd Vntergang des armen Menschlichen Geschlechtes.17
Allen Erfolgen der Wissenschaft zum Trotz befreite also das Wissen
der Gelehrten das ungelehrte Volk von der jahrhundertealten Kometen-
furcht nicht. Im Gegenteil, jetzt erst entfaltete sie ihre volle Wirkung.
So behielten auch jene kosmischen Ungeheuer lange noch, bis in das
20. Jahrhundert ihr Unglück und Untergang verheißendes Potenzial.
Noch Laplace meinte, ein Zusammenstoß eines Kometen mit der Er-
de hätte katastrophale Folgen. 1 8 Lew Nikolajewitsch Tolstoi mag als
Zeuge dienen; er hatte solches in seinem Roman Krieg und Frieden mit
Blick auf den Kometen des Jahres 1 8 1 2 festgehalten. Goethe spottete
über Drohende Zeichen (1820/22): Der Philister... meine Frau, fiircbf
ich, will auch erkranken, / Der Stern steht über meinem Haus! / Sie
thät schon seit acht Tag nicht zanken: / O weh! Das ist mir zu verfäng-
lich! - / Und andere Dinge nach Bericht! / Da ruft er seinem Nachbarn
bänglich: / Ich für cht' es kommt das jüngste Gericht. 1 8 5 7 erschien in
Frankreich ein Flugblatt mit einem dämonischen Kometen, der die
Erde zertrümmerte: Fin du monde. Ein anderes erschien am 2 1 . März
1 8 5 7 in der Illustrierten U Illustration. Journal universel: La Comete,
tableau de la fin du monde, 13 juin 1857.19 Die Liste ließe sich erwei-
tern. Ihren Höhepunkt erreichte die Weltuntergangsangst im Umfeld
des Wiedererscheinens des Kometen Halley im Jahr 1 9 1 0 . M a n hatte
schon für den Kometen 1908 III einen Aufbau aus tödlich giftigem
Cyan postuliert, was sich später als unzutreffend erwies. Für den Hal-
ley wurde Entsprechendes gemeldet und alsbald von den Zeitungen
kolportiert: tödliche Gefahr. Sie wurde ein einträgliches Geschäft. 2 0
Das Weitende im Säurebad der Au fklärung 201
Neuerdings lehrt man, daß Kometen der entstehenden Erde als Was-
serlieferanten gedient haben könnten, daß sie als Lebensspender und
nicht als Lebensvernichter in Erscheinung traten/ 1 Die Raumfahrt
entzauberte die Kometen vollends. Halley wurde durch Satelliten wie
Giotto aus der Nähe betrachtet. Im Jahr 2 0 1 4 landete eine Raum-
sonde auf dem Kometen «Tschuri» (Tschurjumow-Gerassimenko),
einem harten, aus Eis und Staub gebildeten Himmelskörper ohne ma-
gische Potenziale. Welcher Schweifstern könnte fortan noch den Welt-
untergang verkünden? Der wissenschaftliche Fortschritt eines halben
Jahrtausends hat sie entmachtet.
Als Alexander von Humboldt im Jahr 17.99 in Cumana (Venezuela)
eine Serie von Naturereignissen beobachtete, die jedes für sich und
erst recht in solcher Serie nur wenige Jahrzehnte zuvor als klare End-
zeitzeichen diagnostiziert worden wären, beobachtete er und beschrieb
er, was er sah, während das Volk auf der Straße laut schrie, detailge-
nau in dem einzigen Verlangen, die Natürlichkeit des Geschehens zu
erfassen und zu bestimmen: eine Sonnenfinsternis (28.10.), der eine
Woche später ein Erdbeben folgte (4.11.), dem elektrische Auf- und
Entladungen der Atmosphäre vorausgegangen waren. Die stärkste
Entladung [fand] um 4 Uhr 12 Minuten [statt], dann erfolgten zwei
m
Erdstöße, 15 Sekunden hintereinander, in einem Brunnen in 6 - 6 , 5
Tiefe hörte man ein Getöse wie einen starken Kanonenschuß.
Humboldt registrierte während des Bebens die Verminderung der
Neigung der Magnetnadel um mehr als einen Grad. Abermals eine
Woche später, am 1 2 . November morgens gegen halb drei Uhr, regnete
es Meteoriten vom Himmel, ein Ereignis, das bis Grönland hinauf
wahrgenommen w u r d e / 2 Die Sonne verfinsterte sich, die Erde er-
bebte, die Sterne fielen vom Himmel - und dennoch, wie immer «das
Volk» das Geschehen deuten mochte, für den Naturforscher war kein
Weltuntergang in Sicht. Die Aufklärung triumphierte.
Freilich war das nicht alles. Ein älterer Zeitgenosse, Gotthold Eph-
raim Lessing, hat in seiner Erziehung des Menschengeschlechts einen
Weg zur Vollkommenheit gewiesen. Er sah einen Anfang in Vernunft-
armut, den Gottes Eingreifen aber zur Vollendung höchster Stufen der
Aufklärung und Reinigkeit führen wird. Andere dachten damals, im
202 Das Weitende im Säurebad der Au fklärung 202
späteren 18. Jahrhundert, ähnlich. Auch Kant hatte mit seiner Idee zu
einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht die höchste
Absicht der sich der Vernunft bedienenden Natur in der Ausbildung
eines allgemeinen weltbürgerlichen Zustands, der dereinst einmal zu-
stande kommen werde, einer vollkommenen bürgerlichen Vereinigung
verkündet.
Lessing sah wie Kant in der Entfaltung des Menschengeschlechts
einen Anfang und ein Ende und dazwischen einzelne Etappen zur
Vollendung. Hier schimmerte noch immer das alte Muster der Heils-
geschichte hindurch, das nun aus den metaphysischen Höhen des
göttlichen Plans auf die Ebene natürlicher Vernunftentfaltung herab-
geführt war. N o c h griff Gott bei Lessing unmittelbar ein, lenkte, för-
derte und beschleunigte diese Entfaltung. Und Kant sah im Menschen
noch ein Geschöpf, das einzige vernünftige Geschöpf auf Erden und
sprach von der Anordnung eines weisen SchöpfersDie wiederhol-
ten kosmischen Untergänge möglicher Welten sahen sich freilich mit
der vollkommenen bürgerlichen Vereinigung Kants nicht verschränkt.
Eine Vereinigung physikalischer Kosmologie und gesellschaftlicher
Vollendung verweigerte sich dem vernunftgeleiteten Geschichtsden-
ken. Die Gebürge von Millionen von Jahrhunderten übertrafen offen-
bar unsagbar die zeitlichen Dimensionen der Entfaltung der Vernunft
und der menschlichen Geschichte. Himmel und Erde gingen getrennte
Wege. Unsicherheit mußte die Folge sein.
Goethe dramatisierte das Geschehen und zog es hinein in ein ein-
ziges Menschenleben. Seine F<3«si-Dichtung bedient sich des uralten
gnostischen Musters: Licht hier und Chaos, Nichts, Finsternis dort.
Erkenntnis als Ziel, doch der Teufel, der Geist, der stets verneint, der
sich selbst zum Demiurgen erklärt, sinnt auf Untergang. Faust beklagt
eben sein und jedes Menschenlos, von Phantasie hinaufgeführt in
lichte Höhen - Bin ich ein Gott? -, um sich umgehend im Staub zer-
treten und vernichtet zu sehen: Den Göttern gleich ich nicht! Zu tief
ist es gefühlt! / Dem Wurme gleich ich, der den Staub zerwühlt, / Den,
wie er sich im Staube nährend lebt, / Des Wandrers Tritt vernichtet
und begräbt! [...] Da lockt jene einzige Phiole, [...] Nach jenem
Durchgang hinzustreben, Um dessen engen Mund die ganze Hölle
Das Weitende im Säurebad der Anfkläricng 203
len werden nicht davon gesättigt, und ihren Gliedern macht man Ket-
ten. Die Könige stehen gebeugt; die Fürsten klagen in Trauer; des Vol-
kes Arme sinken matt herab, und seine Tränen fallen in den Staub.
Immerhin, der Untergang ist nicht vergessen, wenn auch «gebändigt».
So meldet er sich am Ende: Nicht Sonne mehr, noch Mond: Er (Gott)
ist ihr Licht, und seine Herrlichkeit umleuchtet sie. Kein Tempel steht
in Gottes Stadt: Er ist ihr Tempel, und das Lamm. Spohrs Komposi-
tion ist eher beruhigend als beängstigend, eben matt, nicht aufwüh-
lend, die Texte erstarren weithin im Herkommen, und dieses mündet
in konventionelle Zuversicht. Alle Völker der Erde werden kommen
und anbeten vor dir. Halleluja/14 Für eine solche Mischung aus Unter-
gang (Sonne und Mond sind nicht mehr) und Erlösung (Halleluja)
w a r das Publikum der Romantik empfänglich; sie traf seine Erwar-
tungen. Das Oratorium wurde während der ersten Hälfte des 19. Jahr-
hunderts häufig zur Aufführung gebracht, ein halbes Jahrhundert
später kaum noch und heute immerhin gelegentlich. Geschieht es der
Texte wegen?
Anderes aber drängte sich mittlerweile in den Vordergrund. Das
Verlangen, der Durst nach Vorauswissen der Zukunft, suchte sich
neue Quellen und bahnte sich neue Wege. Die Prognostik verstummte
nicht; sie hatte sich aber gewandelt, verzichtete auf die Schrecken.
Sozialutopisten und Revolutionäre erbten die eschatologischen Atti-
tüden und Hoffnungen der Alten Kirche, der Aufklärung und des Mit-
telalters. Sie entwarfen - irgendwie nach den Sternen greifend -
Endstadien der Gesellschaft, die mit aller Macht und Gewalt realisiert
werden sollten.
Säkularisation durch Wissenschaft bemächtigte sich trotz aller Ver-
zögerung der Eschatologie; ihr schien - fürs erste jedenfalls - der
Untergang entbehrlich. Sie gebärdete sich als Bewältigungsstrategie
sozialer Probleme. Allmachtsphantasien breiteten sich aus. M a n
glaubte, die Geschichte «machen» und die Gesellschaft formen, bald
auch gewünschte Menschen züchten zu können. Denn Endzeit rief
stets zum Handeln auf. Irgendwie wird auch die anthropologische
Utopie der Aufklärung hierher gehören, die da annahm, daß das
menschliche Geschlecht sich durch den Gebrauch der Vernunft in
Das Weitende im Säurebad der Au fklärung 205
die Protokolle der Weisen von Zion17 ein jüdischer Weltherrscher aus
dem Geschlecht Davids und plante die Errichtung des totalen Wohl-
fahrtsstaats auf Erden.2-8 Andere sahen die Dinge anders. An jenem
Tage, an dem der Westen sich mit Russland vereint, wird er [d.i.
«Russland ... der Fels»] von einem allumfassenden Weltbrand ergrif-
fen werden: alles Brennbare ivird in Flammen aufgehen, hieß es bei
Andrei Belyj 1 9 1 2 , und Alexander Blok spürte angesichts der Oktober-
revolution die Wonne des Absturzes in die Eivigkeit.19 Viele glaubten
und hofften, während Heilsverheißungen Gewalt und Unterdrückung
kaschierten.
Die Psychologie Sigmund Freuds und die jüngere Neuropsychologie
destruierten auch diese Zuversicht. Sie scheiterte am Menschen, an
seiner neuronalen Organisation, geknebelt von unkalkulierbarer Sozia-
lisation und unter den Masken des Begehrens, nicht etwa am Kapita-
lismus. Die Welt ist weder sicherer noch friedlicher geworden, weder
rationaler noch angstfreier, wohl aber menschenreicher und unüber-
schaubarer, chaotischer.
Längst hatte (eine andere Folge der Aufklärung) die Historisie-
rungswelle auch die Theologie erfaßt. Heinrich Corrodi etwa, der
erste Historiker des Chiliasmus im ausgehenden 1 8 . Jahrhundert, ver-
warf eben diesen Chiliasmus als ein System fanatischer Erwartungen
naher Freuden und Wollüste, als ein Phänomen psychischer Patholo-
gie. 30 Schon zuvor (1780) hatte er Beyträge zur Beförderung vernünf-
tigen Denkens in der Religion herauszugeben begonnen. Die bisherige
Eschatologie geriet zum Schwärmertum. Die Wiederkehr Christi ver-
sank - dem christlichen Glaubensbekenntnis zum Trotz - immer tiefer
in Desinteresse der Gläubigen und in Vergessen oder versteckte sich
bei neuzeitlichen Sekten. Säkulare Heilslehren drängten zur Herrschaft.
Das Aufkommen wissenschaftlicher Hermeneutik beschleunigte diese
Entwicklung noch weiter.
Eben hatte Spohr sein Oratorium von den letzten Dingen uraufge-
führt, da entgöttlichte eine quellenkritische Leben-Jesu-Forschung -
auf realistische Nachprüfbarkeit und konsequente Überlieferungskri-
tik gestützt - den Herrn und Erlöser. Zumal die Jesus-Monographie
des jungen David Friedrich Strauß erschütterte Theologen wie Gläu-
Das Weitende im Säurebad der Au fklärung 207
bige, löste eine Flut von Gegenschriften aus und eine Debatte, die bis
heute anhält.-' 1 Ludwig Feuerbach, der Linkshegelianer, um nur ihn zu
erwähnen, verwies auf sie, als er seine Religionskritik in Materialis-
mus münden ließ. Andere hielten es ebenso. Der Heiland erschien
nicht mehr in seiner göttlich-menschlichen Doppelnatur, war bloß
noch Mensch, der Rabbi Jesus aus Nazareth; der gekreuzigte Gott
war eine Gestalt des Glaubens. Was blieb dann von seiner Wieder-
kehr, vom Jüngsten Tag und dem Gericht? Vom Untergang? Die Me-
thoden der Geschichtswissenschaft können den religiösen Glauben als
Phänomen und Wirkfaktor der Geschichte erkennen und verfolgen,
die Glaubensinhalte aber entziehen sich jedem methodisch kontrol-
lierten wissenschaftlichen Zugriff.
Ein Weltuntergang wurde kaum mehr befürchtet; er wurde beiseite
geschoben. Auch die Theologen schwiegen zumeist von ihm. Um so
ausgiebiger drängte die Neugier zur Gegenwart hin, zur eigenen ge-
schehensreichen Umwelt, griff zu den Zeitungen, die seit dem 17. Jahr-
hundert in Mode kamen und nur hin und wieder von Zukunftszeichen
handelten, gewöhnlich aber für aufregend befundene Tagesmeldun-
gen und Neuigkeiten «aus aller Welt» zum besten boten; und man ver-
gaß zeitungslesend mit der Zeit den angedrohten Weltuntergang. 32
Bald blühte die «Eschatologie» auf, die Lehre vom Ende; auch ihr
fehlte das Moment eines realen Untergangs. 33 Der Begriff verbreitete
sich im 19. Jahrhundert zumal im Protestantismus. Er verwies auf zwei
divergierende Grundhaltungen: eine «präsentische», wonach die End-
zeit mit Jesu Wirken schon angebrochen war und es jetzt galt, die Ver-
wirklichung der Religion zu vervollkommnen, und eine «futurische»,
zumal im Pietismus verbreitete, die einen «Prozeß der zunehmenden
Vergeistigung und Sittlichwerdung der Welt», einer «Weltwerdung»
Gottes durch die «sittlich gewordenen Menschen», predigte. Sittlicher
Fortschritt verwirklichte nun die Heilsgeschichte. Der Weltuntergang
verflüchtigte sich, Vollendung und Vollkommenheit traten an seine
Stelle.
den eher: I didn't know just what it was. I couldn't malze myself be-
lieve it was the end of the world. l've always heard that when tbe
world would come to an end, it would come so fast nobody would
know - so why should God get in touch with this announcerf Psy-
chische Disposition, Bildung und Angst korrespondieren. 49 Die Er-
wartung des Weltuntergangs hat sich in der Psyche eingenistet. Selbst,
wer ihn nicht erwartete, rechnete mit ihm.
Neben der Angst wirkt die Enttäuschung. Das Ausbleiben der Paru-
sie zog in die Seele der frühen Christen ein und hat sich auf Dauer ins
kulturelle Gedächtnis des christlichen Westens eingebrannt. Der Glaube
an die Verheißung des Herrn hatte sich nicht erfüllt, der Glaube an
den Aufgang der Seligkeit, der Bestrafung der Feinde Christi. Alle Er-
klärungen konnten über die Enttäuschung nicht hinwegtrösten. Von
Generation zu Generation wurde die Erwartung erneuert; von Gene-
ration zu Generation entzündete sich die Enttäuschung neu. Keine
Aufklärung vermochte diese Enttäuschung zu überdecken, bestenfalls
in gesellschaftliche oder politische Aktionen zu verwandeln.
Solche Kontinuität bewahrte bis zur Gegenwart Untergang und
Weltende als ein seines religiösen Ursprungs beraubtes Muster von
Desillusion. Schmerzlich, unabänderlich, mitunter als persönliches
Geschick, im Schlager popularisiert: Non e stato facilc / dirti sempre
si / e giocare nella nebbia / a perderti. H Voglio il paradiso / e tu non
sai cos'e / imagina ...II La fine del mondo / un giorno arriverä / e an
segno profondo I forse resterä / cerco il tuo pianeta tra le stelle mentre
cade giü / la fine del mondo / sei giä tu / sei giä tu // [...] La fine del
mondo / sei giä tu / sei giä tu / cerco il tuo pianeta tra le stelle mentre
cade giü / e la fine del mondo /e manch i tu... So besingt im Jahr z o i z
Gianna Nannini mit ihrer heiseren Stimme ein Wandern im Nebel
unerwiderter Liebe. La fine del mondo,50 das Weltende - hier eine er-
sehnte, dort eine erkaltete Liebe.
Ein Schock, ein psychisches Desaster: das Ende der Welt, der Welt-
untergang, die eigene Katastrophe, der eigene Tod. Wie bei allen neu-
ronalen Aktivitäten bedarf es entsprechender Impulse von außen, um
sie auszulösen. Diese unterliegen - nicht nur in Panik oder in der
Liebe - in ihrer unvorhersehbaren Situativität, selbst wenn die angster-
214 Das Weitende im Säurebad der Au fklärung 214
Denn der Götter Ende / dämmert nun auf: / So - werf ich den Brand /
in Walhall s prangende Burg.1 Nichts weniger als den Sturz der Götter
und den Triumph der Menschen verkündete der Komponist und Dich-
ter. Die Menschen allein waren künftig für die Welt verantwortlich.
Ihrer Leidenschaftlichkeit, ihrer Vernunft, ihrem Wahn war sie fortan
ausgeliefert, ihrer «gottlosen» Ethik. Jede Endzeit, jede Götterdäm-
merung, überhaupt dergleichen Untergang wird fortan Menschen-
werk sein. Deren Erwartung war längst zum Habitus geworden, des-
sen Glaubensgrundlagen kaum mehr bewußt wurden. Er manifestierte
sich in religiöser, sozialer oder politischer Rhetorik 1 und stützte sich
auf ein apokalyptisches Referenzsystem, das sich in knapp zwei Jahr-
tausenden in dem kommenden Untergang verfangen hatte. Es hatte in
seiner langen Geschichte fortgesetzt an Komplexität zugelegt. Der
Theologe Richard Riess diagnostizierte für die Gegenwart nicht weni-
ger als sieben apokalyptische Interpretationsmuster: ein physikalisches,
ein psychoanalytisches, gesellschaftskritisches, biblisch-theologisches,
philosophisches, psychiatrisches und ein soziologisches Muster. 3 In
historisch-genetischer Perspektive erweisen sie sich durchweg als
«westlich» und als Derivate jahrhundertelanger habitualisierender
Trends; funktional betrachtet wirken sie seit eh und je zusammen. Die
Rhetorik des Endes, die Suggestivkraft des Untergangs, des Weltbran-
des, aber rief immer wieder nach Verwirklichung, nach Zerstörung
und Gewalt und keineswegs bloß nach jenseitigem oder diesseitigem
Heil.
für ihren M a n n Herwarth Waiden und mehr als das: Mit ihm endete
Der siebente Tag - eine irritierende Reminiszenz an die Weltwoche
mit ihrem Ende in Gericht und Untergang. Bange Erwartung erfüllte
die Seele: Es ist ein Weinen in der Welt, / Als ob der liebe Gott gestor-
ben wiir, / Und der bleierne Schatten, der niederfällt / Lastet grabes-
schwer. //Komm, wir wollen uns näher verbergen... / Das Leben liegt
in aller Herzen / Wie in Särgen. // Dnl ivir wollen uns tief küssen... /
Es pocht eine Sehnsucht an die Welt / An der wir sterben müssen.
Winkte noch Auferstehung? War Gott tot? Die Liebe? Ließ sich noch
auf Begnadung hoffen? Jetzt, am Ende des siebenten Tages?
J a k o b van Hoddis demaskierte mit seinen von Ironie triefenden
Versen das saturierte Bürgerturn, das anscheinend die unbedeutend-
sten Mißgeschicke des Daseins, mit gravierenderen Unglücksfällen
des Alltags verschränkt, zu Weltereignissen aufbauschte. Dem Bürger
fliegt vom spitzen Kopf der Hut, - / In allen Lüften hallt es ivie Ge-
schrei. / Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei / Und an den Küs-
ten - liest man - steigt die Flut. II Der Sturm ist da, die wilden Meere
hupfen / An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken. / Die meisten
Menschen haben einen Schnupfen. / Die Eisenbahnen fallen von den
Brücken.
Ahnungen - In allen Lüften hallt es wie Geschrei; Der Sturm ist
da - werden aufgesogen von Banalitäten. M a n mochte an keinen Un-
tergang glauben, beschwor ihn aber aus nichtigstem Anlaß. Dann
kam der Krieg, verdüsterte alles. Tod, Untergang und Weltende zogen
herauf. Erde und Menschen bekamen es zu spüren. Menschheit vor
Feuerschlünden aufgestellt, / Ein Trommelwirbel, dunkler Krieger
Stirnen, /Schritte durch Blutnebel; schwarzes Eisen schellt, / Verzweif-
lung, Nacht in traurigen Gehirnen: / Hier Evas Schatten, Jagd und
rotes Geld. / Geivölk, das Licht durchbricht, das Abendmahl.17 [...]
Nachts schrein im Schlaf sie unter Ölbaumzweigen; / Sankt Thomas
taucht die Hand ins Wundenmal. So dichtete Georg Trakl gleich zu
Beginn. Noch milderte Hoffnung die Verzweiflung. Dann aber der Sie-
bengesang des Todes. Unheimliche Bilder stiegen auf: Bläulich däm-
mert der Frühling; unter saugenden Bäumen / Wandert ein Dunkles in
Abend und Untergang. Vorhölle waren andere Gedichte überschrie-
Künstler, Dichter lind Komponisten 221
The End im Wechsel mit dem mittelalterlichen Dies irae, dies illa sei-
nem War Requiem. Owen selbst ließ kein tröstliches Totenoffizium
anklingen; für ihn war alles diesseitig, endgültig und von apokalypti-
schen Zeichen durchsetzt: After the blast of lightning from the East /
The flourish of loud clouds, the Chariot Throne; / After the Drums of
Künstler, Dichter lind Komponisten 223
Time have rolled and ceased, / And by the bronze west long retreat is
blown, / Shall life renew these bodies? Of a truth / All death will He an-
nul, all tears assuage? - / Fill the void veins of Life again ivith youth, /
And wash, ivith an immortal water, Age? So läßt der Dichter einen sei-
ner Krieger reflektieren. (Nach dem Sturm der Blitze aus dem Osten, /
dem Schall tönender Wolken, der Herrschaft des Streitwagens, / wenn
die Trommeln der Zeit gesprochen und geendet haben, / und wenn
vom bronzenen Westen zum langen Rückzug geblasen wird: / wird
dann das Leben diese Leichen erwecken? Wird es wirklich / den Tod
aufheben, alle Tränen stillen f / Die leeren Lebensadern wieder mit Ju-
gend füllen / und mit unsterblichem Wasser das Alter waschen?)
Zweifel machten sich breit. Im Tod begegneten sich die Feinde wie-
der: «Strange friend», I said, «here is no cause to mourn.» «Fremder
Freund», sprach ich, «hier ist kein Grund zum Trauern», um gleich
hinzuzufügen: «I am the enemy you killed, my friend. [...] Let us sleep
now... Ich bin der Feind, deft du getötet hast, mein Freund. [...] Laß
uns nun schlafen...» Im Tod: der Feind - mein Schicksalsgenosse,
mein Freund. Das Schlachtfeld, der Ort des Untergangs, ein Ort der
Auferstehung? Der Todesschlaf als Paradies? Die christliche Auferste-
hung und das Jüngste Gericht sind dem ganz irdischen Todesschlaf ge-
wichen, in dem kein Trauern herrscht. Die Menschen sind mit ihm der
Hölle des Krieges entronnen, gewiß, aber kein Aufstieg ins Paradies
winkt ihnen mehr.
Britten sah es nach dem Zweiten Weltkrieg (1962.) hoffnungsvoller.
Im abschließenden Agnus Dei seines War Requiem bitten die «Kna-
ben» für die Toten: Requiem aeternam dona eis, Domine, / et lux per-
petua luceat eis, und jubelt der Sopran zum Empfang der Toten in der
«heiligen Stadt Jerusalem»: Chorus Angelorum te suseipiat, / et cum
Lazaro quondam paupere aeternam habeas requiem. Der Todesschlaf
ist in selige Ruhe verwandelt. Endlich vereint sich auch der einstigen
Feinde Gruß in versöhnlichem Duett: Let us sleep now, und bestätigt
der Schlußchor, allmählich verklingend, die versöhnten Toten wie in
höhere Sphären sanft geleitend: Requiescant in pace. Amen.17
Menschheitsdämmerung. So betitelte Kurt Pinthus seine 1 9 1 9 zu-
sammengestellte Anthologie expressionistischer Dichtungen. 19 Der
224 Ahnung, Angst und Wissenschaft heute
stall (22,1). Und gleich danach: [...] und seine K?iechte werden ihm
dienen, und sehen sein Angesicht; und sein Name ivird an ihren Stir-
nen sein (22,3-4). Bekenntnis und Zeugnis, nicht mehr abgewandten
Gesichts wie im Auferstehungsbild von 1908/09, sondern Knecht
Gottes, der seinen Namen auf der Stirne trägt. Mitten im Krieg, im
Exil, die grauenvolle Wirklichkeit zu Auferstehungsgewißheit ver-
wandelt.
Komponisten sahen sich durch Beckmanns Blätter zu «neuer Mu-
sik» gedrängt und griffen das Apokalypse-Thema auf. 3 0 Schon kurz
vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges hatte Jean Frangaix sein
Oratorio fantastique. L'Apocalypse selon St. Jean entworfen (1939).
Im Krieg, in deutscher Kriegsgefangenschaft, in stimmiger Umgebung,
schuf Olivier Messiaen, von Versen der Apokalypse angeregt, in acht
Stücken sein Quatuor pour la fin du temps. Die eigentümliche In-
strumentalisierung (Klavier, Violine, Violoncello, Klarinette) unterlag
den Bedingungen des Lagers, in dem auch die Uraufführung stattfand.
Der Hörer, der eben (im Tanz der Raserei) die Ankündigungen von
sechs Weltkatastrophen und dem Ende der Zeit vernommen hatte,
sollte sich, so der Komponist im Vorwort von 1 9 4 1 , der Ewigkeit im
Raum und im Unendlichen nähern, der Ruhe, dem unvergänglichen
Licht, dem unwandelbaren Frieden. Der Untergang schien, dem Krieg
zum Trotz, ferngerückt zu sein. Hoffnung überwand die Raserei.
Als indessen George Tabori im Jahr 1 9 8 7 bei den Salzburger Fest-
spielen Franz Schmidts Oratorium Das Buch mit sieben Siegeln von
1 9 3 5 - 3 7 in der Universitätskirche zur Aufführung brachte und mit
seiner Inszenierung an Luca Signorellis «Jüngstes Gericht» erinnerte,
mithin viel nacktes Fleisch zeigte, männliches wie weibliches, da
wurde die Aufführung nach der Premiere von Universitätsrektor und
Erzbischof als schamlos verboten. 3 1 Nicht die Musik Schmidts, nicht
die Person des Komponisten, der 1938 für den Anschluß Österreichs
an Hitlerdeutschland stimmte (und im folgenden Jahr starb), sorgte
für den Eklat, sondern die Visualisierung durch den 1933 aus Deutsch-
land, 1935 aus seiner Heimat Ungarn zur Emigration genötigten
«Spielmacher», den die Übereinstimmung zwischen der musikalisch-
eschatologischen Apokalyptik und dem hereinbrechenden Untergang
Künstler, Dichter lind Komponisten 229
der Humanität, wie sie sich 1938 zeigte, zur Aufführung gereizt haben
mochte.
Nicht nur anschlußwillige Komponisten wandten sich der Apoka-
lypse zu. Die Visionen des Sehers Johannes inspirierten zu mancherlei
Experimenten. Der heute weithin vergessene Karl Weigl, der 1938 ras-
sistisch verfolgt, in die USA emigrierte und dort zu einiger Bedeutung
gelangte, nannte seine fünfte Symphonie, die wiederum fünf Sätze auf-
weist, Apokalyptic (1945, Uraufführung erst posthum 1968). Sie wurde
dem Volk der Vereinten Nationen gewidmet. Pierre Henry, einer der
Wegbereiter der elektronischen Musik, der die Rock-Musik nicht ver-
schmähte, widmete der Apokalypse des Johannes ein fünfteiliges ora-
torio electronique mit gesprochenem, rhythmisch gebrochenem, mit-
unter hinausgeschrieenem Text (L'Apocalypse de Jean, 1968).
1 9 7 3 brachte Carl Orff sein Oratorium De temporum ßne comoe-
dia bei den Salzburger Festspielen unter Herbert von Karajan zur
Aufführung ( 1 9 7 7 neu bearbeitet). Es spielt in ferner Zukunft; doch
gesungen wird auf deutsch, griechisch und lateinisch, vorgetragen von
neun asiatischen Sibyllen, neun Anachoreten und den Menschen der
Endzeit, dazu Luzifer. Gleich eingangs wird unter Weherufen das
Weltgericht angekündigt, dem die Theologie des Origenes entgegenge-
stellt wird, wonach nur die Welt sündhafter Materie vernichtet werde.
Sie wird durch die Anachoreten korrigiert, die den Untergang ge-
radezu leibhaftig vor Augen haben. Rettung kommt schließlich durch
Luzifer, den Lichtbringer, unter dessen Ägide dem vernichteten Kos-
mos eine neue Schöpfung folgt. Gnostische Momente sind hier ver-
arbeitet. Aber das Muster Drohung - Gericht - Untergang - Neues
Jerusalem blieb erhalten.
Die jahrhundertelange apokalyptische Endzeiterwartung, ihre Um-
dichtungen und Kommentierungen, ihre Visualisierungen, ihre Ver-
tonungen, ihre Trivialisierungen versetzen viele Seelen bis zur Gegen-
wart durch die stets erneuerte Erfahrung spektakulärer Katastrophen,
der Entfesselung von Weltkriegen, endloser Umweltzerstörungen und
eigener Schuld in Unruhe. Der Glaube gewährleistet Kontinuität; er
kann heute noch - wenn auch nicht eben häufig - um der Sünde willen
und zur Hoffnung an Untergang und Gericht gemahnen. So heißt es in
230 Ahnung, Angst und Wissenschaft heilte
aus? Am Ende heißt es: Unsinnig sei es, sich in den Untergang hinein-
zuwerfen, der nicht aufzuhalten sei. Hoffnung also trotz Untergang.
Siegfried Lenz erinnerte die Hörer seiner Rede zur Verleihung des
Friedenspreises des Deutschen Buchhandels: Geschichte, wir erfahren
es, hat kein Ziel. Und gemahnte sie: Die Schöpfung stirbt langsam.
[...] Sie kann an unserer Verachtung der Schöpfung und an unserem
Egoismus zugrunde gehen.40
Manche Autoren sind kühner. Herbert Rosendorfer etwa, der als
Geschichtsschreiber keine Prognosen erstellen will, weiß dennoch:
Der Erde steht ein [...] astronomisch erklärbares Schicksal bevor, die
Welt der Menschheit wird an Überbevölkerung zugrunde gehen. Es ist
gar nicht mehr die Frage, ob das eintreten ivird, es ist nicht einmal die
Frage: wann? Die kann nämlich beantwortet werden: bald. Die Frage
ist nur, wie dieses Armageddon aussehen, wie es sich abspielen wird.
Aber diesen Horror sich auszumalen versagt sich der Historiograph.4I
Wie kommt dieser Literat in seiner sechsbändigen deutschen Geschichte
dazu, die mit dem Jahr 1803 endet, das Ende der gesamten Mensch-
heit zu bedenken? Ist der Untergang so allgegenwärtig?
Friedrich Dürrenmatts letzter Roman Durcheinandertal beschwört
Endzeit und Untergang. Inmitten des Endfeuers, als die Glut alles zu
erfassen und als alles zu bersten beginnt, sinniert ein Mensch, ein
Sünder, ein Verbrecher über Gott und sein Werk. Seine [des Men-
schen] eigene Sinnlichkeit war nur ein Abglanz der Sinnlichkeit des-
sen, der ohne sie die Welt nie erschaffen hätte. [...] Schöpfung und
Vernichtung der Schöpfung als Orgasmus. Die Eschatologie wird zum
erotischen Spektakel Gottes; das Flammenmeer erinnert an Liebes-
lust. Dann das Erkennen: Der Gott der Theologen [...] wurde zu einer
bloßen Idee. Und: Gottes Sohn wurde etwas Abstraktes, abstrakter
noch als der Vater, aber auch etivas Kitschiges, ein Marzipanheiland
am Kreuz, ein Theaterspieler aus Oberammergau oder Hollywood.
Als der Feuerteppich sich weiter ausbreitet, die Einsicht: Der Mensch
braucht den Menschen und keinen Gott. So also: Der Untergang im
Feuer: die große Offenbarung. Alles nur Einbildung. Gott war nie,
alles bloß Gedankenkonzeption, menschliche Schöpfung. 4 2 Apoka-
lypse und Weltuntergang bewahren bis zur Stunde ihre schaurig-
232 Ahnung, Angst und Wissenschaft heilte
tergang steht noch bevor. Es gibt keinen Gott, es gibt kein Jenseits, so
das Bekenntnis des Filmschöpfers. Aber der Glaube daran hilft einem
immerhin im Diesseits44 - solange ihn nicht die Zweifel zersetzen.
Nur wer gläubig ist, bleibt von solchen Perspektiven und Anfechtun-
gen unberührt, zumal die Schrecken des Gerichts schon seit der ent-
mythologisierenden Aufklärung entscheidend abgemildert sind.
Der kulturelle Habitus apokalyptischer Erwartungen verläßt den
«Westen» nicht. 45 Auch in Gott-loser Resignation nicht. Popkultur
und Trivialroman, dazu das Getriebe moderner Wissenschaften halten
ihn am Leben; die Vernichtungspotentiale der Kernspaltung, der
Atom- und Wasserstoffbomben, der chemischen und biologischen
Waffen in menschlicher Verfügungsmacht, der Gentechnologie stabili-
sieren seine Wirkung. Sie haben ein Wissen um die Gefahr verbreitet,
234 Ahnung, Angst und Wissenschaft heilte
Schlacht zwischen Gut und Böse (Apoc 1 6 , 1 6 ) , und rief zum Kreuz-
zug gegen das Reich des Bösen auf. 5 7 Dieser Präsident, der ehemalige
Hollywood-Schauspieler Ronald Reagan, war nur ein Exponent jener
4z % US-Amerikaner (sogar 6 9 % «conservative Protestants»), die
238 Ahnung, Angst und Wissenschaft heilte
huldigten. Deren älteste ist die britische Band Venom («Gift»), deren
Album aus dem Jahr 1982 - von einer Teufelsfratze geschmückt - der
ganzen Musikrichtung den Namen gab. 8 5 Incarnation of Evil heißt
eine Nummer der polnischen Death-Metal-Band Dies Irae: You pray /
You Kneel / You worship / For thousands years / You sacrifice / I am
the holy son / Created front the chaos / As the god of race / Of human
rats / As the heir of evil /1 rule on earth*6 Eine Beschwörung des Anti-
christ. Die den verschiedenen Aufnahmen zugehörigen CD-Cover
zeigten mitunter bemalte menschliche Fratzen wie in den schlimmsten
gotischen Höllenszenen. 87 Helvete («Hölle») nannte Euronymous sei-
nen Plattenladen in Oslo. 88
246 Ahnung, Angst und Wissenschaft heilte
«Es ist die nötige Härte, die Aggression, die unterirdische Deepness,
die sich hier in Form von apokalyptisch poetischen Lyrics und düste-
ren Beats (gesampelt wurde hier u. a. Zwölfton- und Film-Musik)
ihren Weg in das Bewußtsein gräbt. Die finsteren Texte, die allesamt
vor Zynismus erbrechen, werden wie von den beiden Meisterspittern
in einer sehr konsonant-betonten Art und Weise rübergebracht, daß
man wirklich fast glaubt, das letzte Stündlein hat geschlagen.» So
lobte eine Besprechung von Apokalypse Jetzt der Gruppe Morlockk
Dilemma & Hiob von 2010. 8 9 Im Interview fällt gar das Wort vom
90
Überdruss an Menschen In der Tat, «die Liebe erkaltet».
Die Buchtitel sind harmlos gegenüber diesen Bildern und Klängen.
Das geschriebene und gelesene Wort reicht an die Höllenspektakel der
Metal-Klänge oder die Horrorvisionen der Filme nicht heran. Vom
Wolkenatlas w a r schon die Rede. Willkürlich ausgewählt: der Reißer
aus der Feder von J. L. Bourne: Das Tagebuch der Apokalypse, im
Versandhandel angepriesen in Geschenkverpackung', ein anderer von
Michael McBride Reiter der Apokalypse, noch einer von Cormac
McCarthy Die Straße - Eines der besten post-apokalyptischen Sze-
narien, so heißt es in der Produktwerbung, ein weiterer von Nevil
Shute On the Baach: Die letzten Tage der Menschen in Australien...
Nur auf Englisch, passend zu der verheerenden «apokalyptischen»
Flut in Queensland um die Jahreswende 2 0 1 0 / 2 0 1 1 , aber nicht ange-
regt von derselben. Die Titel genügen; Inhalte sind Nebensache. End-
zeit über Endzeit, Untergänge über Untergänge zum Lesevergnügen
und irgendwie mit schalem Happy End, statt ewiger Seligkeit. Dazu
paßt, daß unter dem Stichwort «fin du monde» Wikipedia mit erstem
Eintrag auf ein kanadisches Bier verweist und nur 16 Einträge später
auf ein Parfüm. 9 1 Das Weltende als Marketingstrategie. Um dafür
tauglich zu sein, muß es in den gesellschaftlichen Zielgruppen zwar
weite Verbreitung gefunden, aber alle endzeitlichen Schrecken abge-
schüttelt haben.
Was ist nur in diese westliche Gesellschaft gefahren, daß sie sich
millionenfach in Apokalypsen und Weltuntergänge vertieft und ver-
liert, sich jenseits des nackten Überlebenswillens an ihnen delektiert,
sie als hohles «Lebensgefühl» akzeptiert, ohne mehr die Ursprungs-
Chaos und Angst 247
vision der Erlösung, des erstrebten Aufstiegs zum Licht, der Hoff-
nung auf Gnade, einer besseren Welt zu teilen, ohne sich in einem
umfassenden Sinne existentiell erschüttern zu lassen? Es erinnert ent-
fernt, wenn auch mit anderer Wirkung, an die Zeit vor i o o o Jahren,
als der Antichrist sein Kommen ankündigte, als wieder und wieder
Behemot, Satan, der alles verschlingende Höllenrachen mit unge-
heurem Realismus in die Imaginationen und Predigten der westlichen
Christenheit Einzug hielten und die Schrecken des Jüngsten Gerichts
und des Jüngsten Tages sich tiefer und tiefer in die Seelen der Gläu-
bigen einnisteten. Keine Kirchenwand, kein Gebetbuch, keine Theo-
logie, die nicht mit ihnen drohten.-92- Wiederholt sich nun die Ge-
schichte?
Ist solche Untergangslust nunmehr die Kehrseite einer wachsenden
Sinnentleerung des Daseins, die sich mit Machtsteigerung, Gewinn-
und Spaßmaximierung um ihrer selbst willen begnügt? Nur totale
Säkularisation, nur eine Flut inhaltsleerer Bilder, nur Verkaufssym-
bole, nur Erfüllungshelfer für Orgasmus? Verweigerungshaltung,
Verzweiflung, Desillusionierung und Gewaltbereitschaft? Sie nehmen
zu in der westlichen Welt. Erwartungen und Vorurteile bestimmen
anscheinend noch immer oder schon wieder und fortgesetzt die tiefe-
ren Kammern unseres Daseins. Aufklärung tut abermals not. Un-
längst überholte ich gar auf der Autobahn einen Lastzug mit dem
Firmenlogo ARMAGEDDON, beladen - so könnte man fürchten - mit
den Rüstungen zur letzten Schlacht, der Schlacht zwischen Gut und
Böse.
Sieht sich derartige Untergangsbesessenheit als Symptom unserer
Zeit überbewertet? Hoffnungszeichen fehlen ja nicht. Aber gerade sie
verdeutlichen die Untergangspräsenz in der Gegenwart. Da wurde
kürzlich von der hierzulande recht bekannten Choreographin Nanine
Linning in Heidelberg ein Tanzstück Zero zu Musikstücken von Arvo
Pärt (Symphonie Nr. 4, Los Angeles, 1. Satz, und Silouans Songs, Psa-
lom für Streichorchester) und einigen anderen zeitgenössischen Kom-
ponisten (Philip Glass, Julia Wolfe, Ralph Vaughan Williams) vor-
gestellt. Aufführung für Aufführung war ausverkauft; im Publikum
zumeist junge Menschen.
248 Ahnung, Angst und Wissenschaft heilte
Der Tanz begann mit einem Bühnenbild, das an das Jüngste Gericht
von Luca Signorelli gemahnte, mit kopfüber herabstürzenden Men-
schenpuppen in wallenden Nebelschwaden. Das Programmheft erläu-
terte: Die Menschheit, die Natur, die Erde taumeln auf ihr Ende zu -
die Apokalypse wird immer wieder neu prophezeit. Der Mensch bittet
zum letzten Tanz und sieht den Untergang in naher Zukunft liegen.
Doch Hoffnung winkt: das vermeintliche Ende könnte ein Neubeginn
sein. Jeder Untergang führe in eine Kette von Werden und Vergehen.
Ob unsere Erde explodiert. Ob die Sonne ausbrennt. Die Natur, das
Universum, besteht schließlich auf die eine oder andere Weise wei-
ter.93 Am Ende tanzten Paare in beschwingender Leichtigkeit.
Diese Mischung aus religiöser Überlieferung und astrophysikalischen
Prognosen mag typisch sein für die heutige Gegenwart. Entscheidend
ist der thematische Wurf: Weltuntergang und - nennen wir es ruhig
so - «Neue Erde», eine Komposition, die tatsächlich einstimmt in den
großen Chor so oder so präludierender apokalyptischer Sänger: Auf-
erstehung, geboren aus einer endlosen Folge von Untergängen und
Die Wissenschaft hat den Weltuntergang nicht vergessen 249
Und die Wissenschaft? Sie bringt immer neue Propheten hervor. Mit
ungeheurem Aufwand jagt sie den Anfängen des Kosmos nach. Ur-
knall, Hintergrundstrahlung, Gravitationswellen, Inflationstheorie,
dunkle Energie, immer schnellere Expansion des Kosmos - alles ver-
schlingt Unsummen von Forschungsmitteln, um dem Anfang auf die
Spur zu kommen. Und was war vor dem «Big Bang»? Und was wird
kommen? Und wie kam es, daß wir Menschen darüber nachdenken
können? Gibt es mehrere Kosmen? Dieser Raum ist gekrümmt, so
heißt es, er erscheint wie ein Ball, wie eine Scheibe oder wie auch
immer. Gibt es mehrere solcher Bälle oder Scheiben? Ein «Multiver-
sum» mit vielen, gar unendlich vielen Kosmen, mit endlosen Parallel-
welten und erdgleichen Planeten, auf denen sich - in der LJnendlich-
keit möglich - dasselbe ereignet wie bei uns? In diese Richtung denkt
der am Massachusetts Institute of Technology (MIT) lehrende Physi-
ker M a x Tegmark. 94 Sinnlose Spekulationen? Andere wie der Phy-
siker und Kosmologe Paul Steinhardt widersprechen mit Hilfe der
Stringtheorie. Unsere Welt sei ein Durchgangsstadium in einer unend-
lichen Kette anderer Welten, ohne Anfang, ohne Ziel und Ende, ein
ewiges kosmisches Entstehen und V e r g e h e n . 9 5 Noch andere wie der
Astronom und Astrophysiker Fred Adams folgern aus der beobacht-
baren Beschleunigung der Expansion des Universums eine Expansion
bis zu einer völligen Auflösung des Universums in unvorstellbar wei-
ter Zukunft. 9 6 Wieder andere, etwa der Physiker Robert R. Caldwell,
spielen mit der Zunahme der «dunklen Energie» und rechnen mit
einem plötzlichen Zerplatzen des immer rascher expandierenden Kos-
250 Ahnung, Angst und Wissenschaft heilte
Der Kaiser Wilhelm II. hat, wie er selbst eingestand, diese 1 0 0 0 Sei-
ten verschlungen, hat aus ihnen abendlich seiner Hofgesellschaft vor-
gelesen und Rassismus und Germanomanie des Buches verinnerlicht.
Alsbald korrespondierte er mit dem Autor, ließ sich von ihm über
Rassenfrage - dieser für die Zukunft der Menschheit wichtigsten aller
Fragen - und über Rassezüchtung belehren, damit es nicht zu spät
und unsere germanische Art für immer verloren sei; sonst drohe der
Untergang der Menschheit.101 Das war pseudowissenschaftliche Ge-
genwartsanalyse im Duktus der Apokalyptik. Iii solcher Art Eschato-
logie, in der sich Chamberlain gefiel, lag Verführung. Es sei höchste
Zeit, fast schon zu spät, um den Untergang aufzuhalten: Ideologie, ge-
boren aus apokalyptischem Habitus, genährt von einem jahrtausen-
Die Wissenschaft hat den Weltuntergang nicht vergessen 253
dealten Gestus des Warnens und der Erwartung und voll suggestiver
Wirksamkeit.
Es mag denn auch sein, daß von solcher Lektüre und von persön-
lichen Begegnungen des Deutschen Kaisers mit dem Briten Impulse
ausgingen für die Gründung jener wissenschaftlichen Gesellschaft,
mit der dann Adolf von Harnack, ein einflußreicher lutherischer Kir-
chenhistoriker, beauftragt war, die er bis 1 9 3 0 als Präsident leitete,
und die tatsächlich im Jahr 1 9 1 1 zur Gründung der ersten Kaiser-
Wilhelm-Institute führte, denen bald weitere folgten. Es waren reine
Forschungsinstitute zur Grundlagenforschung und ohne Lehrver-
pflichtung, die nach dem Zweiten Weltkrieg als Max-Planck-Institute
wiedererstanden. T0Z Jedenfalls ist Chamberlains damaliger Einfluß
(1902) auf die Haltung des Kaisers zur Wissenschaftsförderung be-
legt. Dessen Hauptpunkte, unsere Zukunft, habe er in seiner Görlitzer
Rede (von Ende November) aufgegriffen, so schrieb er dem Briten
fünf Tage vor Weihnachten, und unter die Zuhörer gefeuert-, Wilhelm
schloß: mögen Sie unser deutsches Volk, unser Germanentum, retten,
dem zum Helfer und getreuen Eckhardt Gott Sie gesandt hat!IO} 1926
wurde, noch unter von Harnacks Präsidentschaft, das «Kaiser-Wil-
helm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik»
gegründet, das in der Tat durch anthropologische Züchtungsphanta-
sien und menschenverachtenden Rassismus dem Untergang abendlän-
discher Ethik den Weg bereitete.
prägte Gegenwartsdeutung. Ihr Autor war der Arzt und Dichter Gott-
fried Benn. Auch er bediente sich eschatologischer Untergangstopik
in einer Mischung aus mythischen Bildern, apokalyptischer Sprache
und visionären Sprachgesten: Züchtung überschrieb er seinen Essay.
[...] was verlangt die Stunde, was muß entstehen? Ein Jahrhundert
großer Schlachten wird beginnen, Heere und Phalangen aus Titanen,
die Promethiden reißen sich von den Felsen, und keine der Parzen
wird ihr Spinnen unterbrechen, um auf uns herunterzusehen. Ein
Jahrhundert voll Vernichtung steht schon da, der Donner ivird sich
mit dem Meer, das Feuer mit der Erde sich begatten, so unerbittlich
iverden die Endgeschlechter der weißen Rasse aneinander gehen. Also
gibt es nur eins: G eh irn e muß man züchten, große Gehirne, die
Deutschland verteidigen, Gehirne mit Eckzähnen, Gebiß aus Don-
nerkeil. Verbrec h er is c h, wer den neuen Mensche n
träumerisch sieht, [...] kämpfen muß er können [...].107
Untergangs furcht und Heilserwartung durch Züchtung einer raub-
tierartigen übermenschlichen Intelligenz unter den Deutschen. Das
ließ eher an den Antichrist, an den Verführer und Versucher denken
als an den Erlöser.
Kaum mehr lassen sich die alten Vatizinien vernehmen. Werden sie
dennoch hervorgeholt, wirken sie irgendwie ihrer Gegenwart ent-
rückt. Ein Zeuge möge genügen: Carl Schmitt. Dieser bedeutende,
zeitweise der NS-Ideologie verfallene Jurist, bis zum Tod ein erklärter
Antisemit, doch gläubiger Katholik, reflektierte immer wieder ex-
plizit oder implizit über den Antichrist, nämlich die Modernität und
Technisierung der Welt, beschwor mitten im Krieg die Gegenmacht
des «Katechon», etwa das «Reich» als «Aufhalter» des Antichrist. 108
Im Jahr 1 9 4 7 vertraute er seinem Tagebuch an: Man muß für jede
Epoche der letzten 1 9 4 S Jahre den koctexcov nennen können. Der
Platz war niemals unbesetzt, sonst wären ivir nicht mehr vorhanden.
Jeder große mittelalterliche Kaiser habe sich für den Katechon ge-
halten und sei es auch gewesen. Den Untergang, das künftige Nicht-
mehr-vorhanden-sein, als Bedingung des Katechon hat Schmitt nicht
weiter thematisiert. Aber auch über den realen Untergang seines Rei-
ches, zu dem er an seinem Platz mit beigetragen hatte, schwieg er.
256 Ahnung, Angst und Wissenschaft heilte
Seine Eschatologie zeigte sich der eigenen Gegenwart nicht mehr ge-
wachsen.
Vernichtung, Untergang und «Verrecken» wurden herbeigeredet,
herbeigeschrieben, herbeigedeutet. Untergang sah der späte Martin
Heidegger heraufziehen. Jedenfalls deutete er derartiges in seinem be-
rühmten «Spiegel»-Interview von 1966 an, das erst posthum 1 9 7 6
gedruckt werden durfte. 1 0 9 Es ging in dem Gespräch zunächst um
das Freiburger Universitäts-Rektorat des Philosophen von 1933/34.
Dann wechselte das Thema zu einer gegenwartskritischen Auseinander-
setzung mit der technischen Welt, in der für Heidegger alles für ihn
Negative zusammenfloß: nicht nur die Technik in engerem Sinne, viel-
mehr das gesamte Getriebe der modernen Welt, Amerikanismus, Bol-
schewismus, Cartesianismus, jüdischer Rationalismus, Journalismus
und anderes. Doch: Eine Veränderung des jetzigen Weltzustandes sei
durch die Philosophie, durch bloß menschliche[sj Sinnen und Trach-
ten nicht zu bewirken; zu tief hatte sich das Unheil in die Menschheit
eingefressen.
Nur noch ein Gott kann uns retten. Uns bleibt die einzige Möglich-
keit, im Denken und im Dichten eine Bereitschaft vorzubereiten für
die Erscheinung des Gottes oder für die Abwesenheit des Gottes im
Untergang; daß ivir nicht, grob gesagt, «verrecken», sondern wenn
wir untergehen, im Angesicht des abwesenden Gottes untergehen.
Spiegel: Gibt es einen Zusammenhang zwischen Ihrem Denken und
der Hcraufkunft dieses Gottes? Meinen Sie, daß wir den Gott herbei-
denken können? Antwort: Wir können ihn nicht herbeidenken, wir
vermögen höchstens die Bereitschaft der Erwartung zu wecken. Wie-
der also die Antinomie Erlösung durch Gott oder Untergang, weil er
nicht erschien, eine Erwartung des Heils oder die Furcht vor dem
«Verrecken». Die Epiphanie eines Erlösergottes stand freilich - im
Jahr 1966 - nicht zu erwarten; so drohte im Angesicht seines Ausblei-
bens Untergang oder gar die Hölle des Verreckens.
Gleichartige Untergangsvisionen plagten den Philosophen schon
früher. Etwa in seiner Freiburger Rektoratsrede von 1933. Da warnte
er davor, daß die geistige Kraft des Abendlandes versagt und dieses in
seinen Eugen kracht, wenn die abgelebte Scheinkultur in sich zusam-
Die Wissenschaft hat den Weltuntergang nicht vergessen 257
trauen in Gott bleibt als Grund der Hoffnung durch alle Zeit.114 Le-
ben angesichts totaler Vernichtungspotentiale, erschreckt durch im-
mer wieder inszenierte Drohgebärden. Schon zuvor hatte sich «der
Vater der Atombombe», Julius Robert Oppenheimer, der ersten Atom-
bombenexplosion am 16. Juli 1945 in der Wüste von Nevada erinnert:
Manche lachten, andere weinten, die meisten blieben stumm und ein
(bezeichnend verändertes) Wort aus der Bhagavadgita hinzugefügt
(Kap. 11 v. 32), das bald weite Verbreitung fand: Noiv, I am become
Death, the destroyer of worlds; er warnte vor der Verbreitung der
Bombe und - vergebens - vor der Entwicklung der noch gewaltigeren
Wasserstoffbombe. 1 1 5
Zerstörer der Welten. Die atomare Bedrohung ist in der Tat nicht
gebannt. Reaktorunfälle und die zunehmende Verbreitung der Atom-
waffen verweisen auf das Gegenteil. Untergangsszenarien finden ihr
Publikum. In Deutschland schürten nach dem Reaktorunfall von
Tschernobyl (1986) viele die Verseuchungsangst. Jugendbücher the-
matisierten alsbald apokalyptische Gefahren. Der Jugendroman Die
Wolke von Gudrun Pausewang (1987) etwa entwarf die Geschichte ei-
nes vierzehnjährigen Mädchens, das nach einem Reaktorunfall in die
radioaktive Wolke gerät und nun allerlei Leidvolles erfahren muß.
Das Buch erhielt den Deutschen Jugendliteraturpreis (1988) und wurde
hierzulande zur Schullektüre; nach dem Unfall von Fukushima ( 2 0 1 1 )
steigerte sich die Auflage auf über 1 , 5 Millionen verkaufte Exemplare.
Untergangsängste waren nicht fern. Angst und zugleich ein starkes
Verdrängungsbedürfnis konnte dieses Buch im formbaren Jugendalter
der heute dreißig- bis vierzigjährigen Deutschen wecken, Skepsis auch
gegenüber Wissenschaft und Forschung.
Visionäre Prognostik
Zeitlich näher und durch die Eisbohrkerne Grönlands und der Ant-
arktis erst in jüngster Zeit mit seinen Wirkungen besser erforschbar ist
der Ausbruch des (noch heute aktiven) Tambora auf der indone-
sischen Insel Sumbawa im Jahr 1 8 1 5 . 1 4 2 Wahre Untergangsszenarien
offenbaren sich da. Der Ausbruch war die gewaltigste Eruption seit
Aufzeichnung vulkanischer Aktivitätsdaten. 43 km wurde der Gas- und
Ascheauswurf hochgeschleudert; ein dichter Ascheregen ging nieder,
vernichtete Menschen und Siedlungen. Ein Tsunami überflutete die
nahen Küsten. Über 7 0 0 0 0 Tote galt es zu beklagen, vielleicht noch
mehr. Rund um die Erde verbreiteten sich Aerosolwolken (Mischun-
gen aus Gasen und festen Staubteilchen), verdunkelten im kommenden
Jahr den Himmel. Das Jahr ohne Sonne ließ im Juni 1 8 1 6 in Quebec
Schnee fallen, Europa, das eben die Napoleonischen Kriege überstan-
den hatte und zum Wiener Kongreß rüstete, mit Kälte überziehen und
von sintflutartigem Dauerregen heimgesucht werden. Mißernten,
Hunger, Krankheit und Viehsterben folgten, in Asien und andernorts
tobten verheerende Seuchen.
Das alles wurde registriert, doch die Ursache, eben der die Welt be-
drohende, das Leben auslöschende Supervulkanismus des Tambora,
wurde erst in unserer Zeit erkannt und für die Prognostik fruchtbar
gemacht. Allein den einen oder anderen Literaten plagten damals
Zukunftsvisionen; manch ein Künstler hielt fest, was weltweit wahr-
zunehmen war. Bedrohlich klang Lord Byrons Poem Darkness, «Fins-
ternis». Ein Bild der todgeweihten, der dem Ende ausgelieferten, in
Finsternis versinkenden Erde. Untergangsimpressionen am Genfer
See: The bright sun loas extinguish'd, and the stars / Did wander dar-
kling in the eternal space, / Rayless, and pathless, and the icy earth /
Swung blind and blackening in the moonless air. / Morn came, and
went - and came, and brought no day. (...) A fear fid hope ivas all the
world contain'd. (...) on the dull sky, / The pall of a past world. (...)
no love was left (...) The world was void, / The popoulous and the
powerful was a lump, / Seasonless, herbless, treeless, manless, life-
less - / A lump of death - a chaos of hard clay. (...) And the clouds
perish'd; Darkness had no need / Of aid from them - She was the Uni-
verse. «Die helle Sonne war erloschen, und die Sterne / strichen dun-
270 Ahnung, Angst und Wissenschaft heilte
kel durch den ewigen Raum / strahlenlos, weglos, und die eisige Erde /
schwang blind und schwärzlich in mondloser Luft; / Der Morgen kam
und ging und kam und brachte keinen Tag. [...] Nur angstvolle Hoff-
nung erfüllte die Welt [...] am trüben Himmel / Das Leichentuch einer
vergangenen Welt. [...] die Liebe war erkaltet [...]. Die Welt war leer.
Die volkreiche und die gewaltige war ein Klumpen, jahreszeitenlos,
graslos, baumlos, menschenlos, lebenslos - / ein Klumpen aus Tod -
ein Chaos aus hartem Lehm. [...] Die Wolken waren verschwunden;
Dunkelheit bedurfte ihrer Hilfe nicht - Sie war das All.»
So drohte das Jahr 1 8 1 6 der Welt. Die Aerosolwolken hatten in der
Tat den Horizont weltweit verdüstert, der Erde Licht genommen.
Allein dramatische Sonnenuntergänge schenkten mancherorts ein
einzigartiges Schauspiel, staunend wahrgenommen. William Turner
fand durch sie zu dem Wunderwerk seiner durchleuchteten Himmel
(s. Farbtafel 8): eine neue Schöpfung auch das. M a r y Shelley indessen,
die Reisegefährtin des Lords, entwarf, vom fürchterlichen Wetter, der
Gnadenlosigkeit der Jahreszeit, ans Haus gefesselt und von der Bar-
barei des Menschen entsetzt, ihre Schreckgestalt des einen Menschen
oder Dämon erschaffenden, dem Schöpfer ins Handwerk pfuschen-
den, übermütigen, scheiternden, untergehenden Schweizer Doktors
FrankensteinDie kulturellen Auswirkungen des fernen Vulkan-
ausbruchs halten durch ihn bis heute an. Einhundert Jahre nach der
definitiven Fassung des Romans erstmals verfilmt ( 1 9 3 1 ) , wurde die
Horrorgestalt des Frankenstein zur Präfiguration einer durch die
Wissenschaften gefährdeten Menschheit und der tödlich bedrohten
Erde.
In der Tat, leuchteten damals nicht Zeichen auf, wie sie Jesus ver-
kündet hatte: eine verfinsterte Sonne, bald Kälte, bald Fluten, bald
Dürre, Hunger, Seuchen, Tod? Apokalyptiker und gläubige Unter-
gangspropheten sahen sich bestätigt. Schon für den 18. Juli 1 8 1 6
wurde in der britischen Presse - mehr ironisch als ernst - der Weltun-
tergang angekündigt. Heinrich Jung-Stilling sagte ihn für das Jahr
1 8 1 7 voraus, Johann Albrecht Bengel verzögerte und nannte das Jahr
1836. Johann Michael Hahn und seine «Michelianer» erkannten im
Hunger das Zeichen der anbrechenden Endzeit; Satan sei losgelassen.
Visionäre Prognostik 271
Die sonnenlose, kalte Zeit wurde zum Zeichen des nahen Weltendes
und des Endes der Menschheit. Schon zuvor hatte der Priester Tho-
mas Pöschl hohe Erwartungen geweckt. Durch ein Medium hatte er
Offenbarungen über den Anbruch des tausendjährigen Reiches emp-
fangen, die Bekehrung der Juden gefordert; er selbst, Pöschl, werde,
so predigte er im Jahr 1 8 1 3 , nach Jerusalem ziehen, um dort als neuer
Erlöser gekreuzigt zu werden. Er fand viele Anhänger. Kirche und Ob-
rigkeit schritten ein. Pöschl wurde für verrückt erklärt und später ins
Deficientenhaus eingeliefert. Seine Anhänger - auf 12 000 geschätzt -
erklärten den 30. März 1 8 1 7 , den Karfreitag des Jahres, zum Weltun-
tergangstag, errichteten in Ampflwang (Hausruckviertel, Oberöster-
272 Ahnung, Angst und Wissenschaft heilte
reich) einen Scheiterhaufen, auf dem nicht nur die eigenen Pretiosen
und Kleider der Gläubigen verbrannt, sondern auch Menschenopfer
dargebracht werden sollten. Es endete in Totschlag und Mord. Polizei
und Militär griffen endlich ein. Auch in Bayern trieben Erweckungs-
bewegungen ihr Unwesen. Unter politischem Druck emigrierten einige
dieser Sektierer nach Rußland, andere in die USA.
Erst jetzt lassen sich dergleichen Szenarien als Folgen eines Super-
vulkanismus deuten. Künftige Supervulkanausbrüche sind heute
schon erkennbar. Wird die Menschheit besser gerüstet sein als in den
Jahren nach 1 8 1 5 ? Allein der Zeitpunkt ist offen. So lauert unter dem
Yellowstone National Pare, der selbst einem Vulkan seine geologische
Gestalt verdankt, eine Magmamenge, die, wie ein Journalist schrieb,
genug für den Weltuntergang sei und für den Durchbruch anstehe
(s. Farbtafel 19). Der Schlot - 80 km breit - reicht gegenwärtig aus
einer Tiefe von 440 km auf eine Höhe von 60 km unter dem Erd-
boden und füllt 45-2,0 km unter der Oberfläche eine Magmakammer,
die ihrerseits eine kleinere Kammer nur wenige hundert Meter unter
dem nordwestlichen Parkboden speist. Neue geologische Berechnun-
gen mit Hilfe von Erdbebenwellen konnten es aufweisen. 1 4 4 Der Tam-
bora-Ausbruch wäre nichts gegen dieses Inferno.
Beschrieben wurden weithin «westliche» Untergangssorgen. Im
Osten, im Indien, Japan oder China buddhistischer, daoistischer oder
konfuzianischer Prägung scheinen genuine Untergangskalkulationen
und die damit einhergehenden Ängste - von seltensten, zudem jungen
Ausnahmen abgesehen - weithin zu fehlen." 45 Auch die Katastrophe
von Sumbawa weckte unter den Einheimischen keine Weltuntergangs-
furcht, wohl aber ein Wissen um die Rache der Götter. Jene Ängste
wurden, soweit gegenwärtig, aus dem <Westen> importiert. Unter-
gangsankündigungen fehlen ganz. Selbst Muslime, die durchaus die
Botschaft vom Jüngsten Gericht, von Paradies und Hölle kennen, re-
flektieren, sind sie nicht in die westliche Welt integriert, über keinen
Weltuntergang. Denkt der «Westen» stellvertretend für die ganze
Menschheit? Treibt ihn die Sorge vor den Folgen einer durch ihn be-
schleunigten Globalisierung zu Reflexionen über den Weltuntergang,
einer Globalisierung, die den eigenen Einfluß auf Politik, Wirtschaft,
Visionäre Prognostik 273
Wissenschaft oder in einem umfassenden Sinn auf die Kultur zum Sin-
ken bringt? Macht er den befürchteten eigenen kulturellen zum Mus-
ter für den menschheitlichen Kollaps, den Untergang der ganzen Erde?
Infiziert er damit die übrige Welt? Glaubensprämissen frommen der
Menschheit - zu deren Nutzen wie zu deren Schaden, zum Guten wie
zum Bösen. Sie weisen und formen die Zukunft. Wird der Glaube an
die Technik die alten Inhalte entchristlicht und synkretistisch künftig
verdrängen, sie in eine Art Techno-Religion einbetten?
Wer könnte das wissen. So betreiben wir weiterhin Zukunftsfor-
schung für eine wachsende Menschheit, die - wenn sie so weitermacht
wie bisher - unsere Erde bald nicht mehr tragen kann. Oder kommt
eine riesige Sterilitätswelle über uns? Auch das wäre ein Untergang.
Wir leben eben, wie wir leben und glauben vernünftig zu sein, auch
wenn wir oder gerade weil wir - wir hier im «Westen» - mit einem
Untergang leben, den wir weiter und weiter hinausschieben, ohne daß
sich die Lust an ihm oder auf ihn gänzlich verflüchtigt. Die Sinnfrage
darf man jetzt nicht mehr stellen, jedenfalls nicht in der Weise, wie sie
einst aufgeworfen worden war. Kants Vernunftgebrauch in weltbür-
gerlicher Absicht hat sich längst als Utopie erwiesen. Die Welt zer-
dacht, wie Gottfried Benn dichtete. 146 Woher wir kommen, glauben
wir zu wissen. Wohin wir gehen, bleibt trotz allen wissenschaftlichen
Aufwands Geheimnis. Verlorenes Ich in einer Raumzeit ohne Erlösung
und Ethos. Und Raum und Zeiten / und was die Menschheit wob und
wog, / Funktion nur von Unendlichkeiten - / die Mythe log. Was also
wird aus uns?
Neue, untergangsresistente Mythen? Kühne Denker hoffen auf einen
Aufbruch in die Weiten des Weltalls. Mit Flugmaschinen in Lichtge-
schwindigkeit, mit Besatzungen, die Generationen überleben, mit Nah-
rung, die einen unabsehbar langen Raumflug übersteht, der sich die
Zeitdilatation zunutze macht, mit fernsten, ungeahnten Zielen. Oder
könnte man den toten Mars zu Leben erwecken? Immerhin scheinen
neuere Experimente zu verraten, daß doppelsträngige DNA-Moleküle
an der Außenseite einer Rakete die extremen Temperaturen eines
Weltraumfluges zu überstehen und biologisch aktivierbar zu bleiben
vermögen. 1 4 7 Hoffnung also für ein Überleben im eiskalten Weltraum,
274 Ahnung, Angst und Wissenschaft heilte
Der gestirnte Himmel über uns leitete uns seit jeher dazu an, über
die Welt und den Kosmos, über die sie bewegenden Mächte und
276 Weltuntergang
Kräfte nachzusinnen, hat uns Demut gelehrt, hat den Glauben ge-
stärkt, das moralische Gesetz in uns erweckt. Er war die Welt der ewi-
gen Götter, die Sphäre des allmächtigen Gottes und seiner Unendlich-
keit. Er ließ uns teilhaben an seiner Macht, wies uns die Z u k u n f t und
verhieß Heil. Er hatte diese Erde einst für die Menschen geschaffen.
«Seid fruchtbar und mehret euch, füllet die Erde und macht sie euch
Untertan, herrschet über [...] alles Lebendige», so hatte er durch Mose
verkündet (Gen 1,2.8).
Die Menschen taten, was Gott ihnen zugestanden hatte, hegten die
Erde, bebauten sie und unterwarfen sich alles Lebendige. Sie haben sie
damit aber zugleich Gott entfremdet und zu ihrem Eigentum erklärt.
Sie neideten einander ihren Besitz, verfolgten einander, vergaßen und
mißachteten Gott. Sie übertraten sein Gebot, und Gott widerrief seine
Segnung; er drohte fortan der Welt durch den Mund zahlreicher Pro-
pheten. Es war eine Drohung gegen seine eigene Schöpfung, die er ge-
segnet und für gut befunden hatte (Gen 1 , 1 0 ) . Christliche Exegeten
steigerten die Drohung bis hin zu Untergang von Menschheit und
Erde; christlich erzogene Gelehrte und Forscher schränkten sie nicht
ein. Zeichen am Himmel unter den Sternen und himmelsgesandte Zei-
chen auf Erden unter den Menschen erneuerten sie Stunde um Stunde
und warnten. Nur noch die Erwählten und Gerechten wurden von der
Untergangsdrohung ausgenommen.
Die Erde, die Gott für sehr gut befunden hatte (Gen 1 , 3 1 ) , sollte mit
dem Gericht über die Menschen wieder vergehen. Dein jammertag
kommt bald und nimmt dir, was du uns genommen hast, und ver-
brennt dich deshalb noch zuletzt. So hatte Walther von der Vogel-
weide gedichtet. Die Drohung drängte die Menschen zum Wettlauf
um Segen und Erwählung, um apokalyptisches Wissen und seine Um-
setzung in rechtes Tun bei einer immer rascher verstreichenden Frist,
forderte Gebetsgedenken für Lebende und Tote. Dies irae... solvit
saeclum in favilla.
Ohne Mose aber, ohne Priester, ohne Propheten, sonstige Exegeten
und ihre ins Christliche gewendeten Verheißungen und ohne die von
den Christen gedeuteten Zeichen schwiege Gott, bliebe auf ewig ver-
borgen und stumm, verhallten seine Drohungen ungehört, bliebe der
Weltuntergang 277
lange das nicht der Fall ist, bleibt die Materie ewig und der Geist muß
und kann von Mal zu Mal neu entstehen. Manche Vertreter der teleo-
logischen Variante des «anthropischen Prinzips» spekulieren - nicht
unähnlich den Propheten - sogar, daß im Universum intelligente In-
formationsverarbeitung entstehen mußte und, einmal entstanden,
nicht mehr verschwinden werde, postulieren mithin ein ewiges Sein,
eine Art ewigen Lebens von Bewußtsein im chemisch-physikalisch ge-
ordneten Kosmos und sei es in immer neuen Varianten, als immer
neue Hervorbringung hier und da und dort.
Wir sind am Ende. Z w e i Jahrtausende Transformationen der Apo-
kalyptik und der Eschatologie bis in die heutige, ihrer Herkunft nach
«westliche», ihrer Tradition nach christlich bestimmte Wissenschaft
liegen hinter uns. Der Weg dehnte sich von den Warnungen an das
biblische Gottesvolk über die Adaption durch die frühen Christen,
zu Gottesfurcht, Religion, Ethik, zu deren weiteren Ausgestaltungen
im Mittelalter bis hin zu Aufklärung, Säkularisation und naturwis-
senschaftlich kontrollierter Einsicht in die Bedingungen kosmischer
Untergänge im Verlauf der Neuzeit; am Wegrand lagen die komple-
mentären Verheißungen ewigen Heils und am Ende ein kultureller,
eschatologisch getönter Habitus. Strenge Appelle begleiteten die Weg-
etappen zu rechtem Handeln, zu gottgefälligem Tun, zur heilwirken-
den, umweltbewußten Daseinsgestaltung, auch zu weltverbessernder
Revolution. Die Mahnungen mündeten immer aufs neue in Sinn-
gebung durch den verheißenen Untergang, bis zu dessen Eintreten die
heilspendenden Werke vollendet sein mußten.
Die jüdische Prognostik und Apokalyptik in der Zeit des Zweiten
Tempels, geboren aus fremdartigen und demütigenden Erfahrungen
im Exil, wurde zum Grundmuster auch der christlichen Eschatologie.
Ihr Grundton w a r allem Leid und aller Demütigung des Volkes zum
Trotz Hoffnung. Die Erwartung des «großen Tags des Herrn», der
den Frommen die Seligkeit, den Feinden des Gottesvolkes den Unter-
gang verhieß, findet sich noch bei Saulus. Der gesetzestreue Pharisäer,
der dann als Paulus das Christentum verbreitete, schrieb keine Zeile
über den Weltuntergang als Ziel der irdischen Geschichte, auch wenn
er die Vergänglichkeit der Erde knapp erwähnte. Erst mit der Zerstö-
Weltuntergang 279
rung Jerusalems und des Tempels im Jahre 70 CE, die der Apostel
nicht mehr erlebte, wurde es anders. Jetzt drangen Feuer und Zerstö-
rung in die Apokalyptik ein und steigerten - jedenfalls für die frühen
Christen - den «großen Tag des Herrn» zum Tag des Untergangs der
Erde im Feuer, zum «Jüngsten Tag». Die jüdischen Eschatologen
wahrten dagegen Zurückhaltung, und selbst die Erwartungen des eige-
nen Messiaskönigtums wurden damals, nach einem in den Aufstand
führenden Aufflammen nur zögerlich propagiert. Unter den Christen
aber sollte der Appell an den Weltuntergang die Zuversicht der Gläu-
bigen in der Welt feindseliger Heiden und Kaiser stärken. Diese Welt
mag untergehen, die Gnade komme.*
Die christliche Untergangserwartung verstummte seit dem Jahr
70 CE bis heute nicht. Ihre Botschaft verlieh dem «Jüngsten Gericht»
eine Unausweichlichkeit und Endgültigkeit, die durch nichts aufge-
halten oder auch nur abgemildert werden konnte. Sie erinnerte nach-
drücklich an das immer raschere Verstreichen der auf den letzten
Welttag befristeten Heilszeit, nicht nur an das Ende des eigenen
Lebens, vielmehr darüber hinaus an das Ende allen helfenden Gebets-
gedenkens; es formte über die Individuen hinaus die historiographi-
schen Deutungsmuster christlicher Heilsgeschichte. Diese Erwartung
ergoß sich als breiter Überlieferungsstrom in die Christenheit, über-
schwemmte sie mit gelehrten Ausführungen, volksnahen Predigten
und Kolportagen, floß ins kulturelle Gedächtnis und mündete in einen
psychischen Habitus. Zahlreiche als häretisch geltende Bewegungen,
wie sie etwa die Gnosis formte, partizipierten daran. Apokalyptisch
geprägtes Geschichtsdenken formte bis in die Neuzeit die westliche
Geistes- und Religionsgeschichte und verharrt bis heute in ihr. Noch
die säkularisierte Geschichtsforschung von heute ist von zielgerichte-
ter Perspektivität bestimmt.
Die gesellschaftlichen und geistigen Folgen solcher Kontinuität und
Intensität sind kaum zu überschätzen. Nur wer rechtzeitig vor Gott
bestand, durfte hoffen, dem Strafgericht und dem ewigen Untergang
zu entkommen. So beeilten die Gläubigen sich, den Geboten der Reli-
gion zu genügen. Buße und Gebetsgemeinschaft, Totengedenken und
Stiftungswesen sollten dem Untergang trotzen. 5 Kirchen, Klöster, Heils-
280 Weltuntergang
den freudig euch los. - Unsterbliches Leben wird der, der dich schuf,
dir geben.
In der Tat, seit dem 18. Jahrhundert erhoben Theologen immer selte-
ner ihre Stimme zum Weltuntergang, um so häufiger meldeten sich
weltliche Autoren, Literaten, Dichter, Künstler, neben Philosophen und
Physikern zu Wort. Die Säkularisation schritt rasch voran. Kritische,
von Atheismus geformte theologische Strömungen des 19./20. Jahr-
hunderts oder der Historismus konnten mit der Eschatologie als einem
lebendigen Glauben nichts mehr anfangen. Sie sahen nur noch eine
vergangene, rational überwundene, ohne sonderlichen intellektuellen
Aufwand kritisierbare historische Erscheinung.
Die allmählich gewachsenen Zweifel machten vor weiterer De-
struktion des Glaubens nicht Halt. Sie setzten auch die Kirchendok-
trin unter Druck, tasteten deren Heilslehre an und raubten der Unter-
gangserwartung den letzten Schimmer von heilsrelevanter Perspek-
tive. Namhafte Historiker (wie etwa der Protestant Johannes Haller)
oder Philologen (wie etwa der Katholik Otto Zwierlein) artikulierten
Zweifel, ob der historische Nachweis zu erbringen sei, daß der Apo-
stel Petrus in Rom weilte und dort gekreuzigt wurde. Damit aber ge-
rät, soweit sie sich auf diesen Apostel beruft, die apostolische Sukzes-
sion in Gefahr, ein wesentliches Rückgrat der römischen Kirche. Eilige
Interpreten sehen in Benedikts X V I . Rücktritt gar schon ein markan-
tes Zeichen christlicher EndzeitpolitikVon theologischer und von
medizinischer Seite melden sich Zweifel an Christi Kreuzestod - und
damit an der Auferstehung, am gesamten Fundament des christlichen
Glaubens. 1 1 Von Christi Wiederkehr zum Gericht wagt man kaum
mehr zu sprechen. Der Weltuntergang, der jetzt noch bedacht wird,
hat mit der Religion, dem Glauben, hat mit Gott schlechthin nichts
mehr zu tun.
Viele Menschen im «Westen» wenden sich heutigentags vom Chri-
stentum mehr oder weniger ab und suchen ihr Heil, ihr irdisches Heil,
bei östlichen Religionen. Schwerlich wollen sie auf diese Weise dem
Weltuntergang mit seinen bekannten Vorzeichen in Natur und Gesell-
schaft entkommen. Denn die Untergangsbotschaft hat längst die Natur-
wissenschaften erreicht. Auch sie kennt seine Zeichen. Etwa den immer
Weltuntergang 285
mit dem nämlichen Ziel, dem Sieg der eben postulierten Wahrheit, der
Vernichtung des Bösen, des Untergangs der Gegner, der Ausmerzung
der eigenen Vergangenheit, des eigenen Ichs. Im Irak werden die Stät-
ten vernichtet, in denen die heimische Kultur wurzelte. Ein Atomkrieg
wird neuerlich wieder für möglich gehalten, mit unabsehbaren Fol-
gen. Nicht nur die Großmächte sind gerüstet. Ein Kleinstaat wie
Nordkorea drohte den USA mit einem atomaren Erstschlag und testet
seit langem Interkontinentalraketen. Atomsperrverträge scheinen be-
stenfalls ein paar Jahre Aufschub zu gewähren, wirklich greifen, die
Untergangsdrohung aufheben können sie nicht.
Kriege provozieren ohnehin Untergangsszenarien; es kann auch
rückblickend, in der Erinnerung, geschehen. So erklärte der Dich-
tersänger Wolf Biermann die Operation Gomorrha, diese dreifache
Feuersintflut über Hamburg im Sommer 1943, als Weitende, das ihm,
dem Schreiber, freilich als Himmelsgeschenk erschien; denn es rettete
dem damals sechsjährigen, von den Rassegesetzen des NS bedrohten
Knaben das Leben. 1 5 Menschengemachte Gefahren wie Kernspaltung
und radioaktive Verseuchung, wie Chemieunfälle und andere Giftgas-
katastrophen verstärken den Bedrohungseffekt. Die menschliche Psy-
che hat schwerste Belastungen und Untergangsängste zu überstehen.
Weltuntergangsspiele verheißen da keine Erlösung.
Nicht zu vergessen sind die kosmischen Gefahren, vor denen Geo-
logen, Astronomen, Astrophysiker und Kosmologen zu warnen wis-
sen. Die Erde ist endlich, alles irdische Leben ist endlich, die Sonne
wird erlöschen, der Kosmos selbst geht einem ungewissen Ende und
Untergang entgegen. Die sicher geglaubte Erde gerät ins Wanken. Ein
Zusammenstoß mit fremden Himmelskörpern ist nicht auszuschlie-
ßen. Dann geht alles ganz schnell.
Auch solche Untergangserwartung hinterläßt ihre Spuren im Be-
wußtsein und in der Psyche heutiger Menschen. Noch einmal komme
der Filmpoet Woody Allen als Zeitzeuge zu Gehör. In einem Interview,
das im Jahr 2 0 1 4 publiziert wurde, erwähnte er einen befreundeten
Quantenphysiker, von dem ihm klar gemacht worden sei, daß das
Leben eine sinnlose Illusion sei, und dass unsere pure Existenz einem
puren Zufall geschuldet ist. Tatsächlich poppte das gesamte Univer-
288 Weltuntergang
sum ohne Ursache aus dem Nichts und wird auch wieder ins Nichts
verschwinden. Die bittere Folge: Letzten Endes führe ich ein trauriges
Leben ohne Hoffnung, furchterregend und düster, ohne Ziel oder jeg-
liche Bedeutung. Dafür aber im sicheren Bewußtsein, dass wir ohne
16
jeden Grund geboren werden.
Das Wissen um den Untergang und die Suche nach dem Uranfang
enden nun in hoffnungsloser Desillusionierung. Kein Erzengel Mi-
chael wägt mehr die Seelen, kein Weltenrichter richtet mehr über ein
menschliches Leben, alles wird dem blinden Spiel chemischer, phy-
sikalischer, kosmischer Aktivitäten überlassen. M a n könnte meinen,
die Menschheit wollte untergehen, jedenfalls diejenige des «Westens».
Die absurde Konstellation erinnert an Soren Kierkegaards Analyse:
Was ii'ird geschehen? Was wird die Zukunft bringen? Ich weiß es
nicht; ich ahne nichts. Wenn eine Spinne sich von einem festen Punkte
aus in ihre Konsequenzen hinabstürzt, da sieht sie vor sich beständig
eitlen leeren Raum, in welchem sie nirgends Fuß findet, wie sehr sie
auch zappeln mag. Genauso geht es mir. Vorn immer ein leerer Raum;
was mich vorwärts treibt, ist eine Konsequenz, deren erster Anstoß
hinter mir liegt. Dieses Leben ist ein verkehrtes und schreckliches.
Nicht zum Aushalten.17 Immerhin, die spinnende Spinne hat ein Ziel:
Netzbau, J a g d und Nahrungssuche, Fortpflanzung. Die intelligente
Menschheit sieht - wie es scheint - keines mehr. Sie kann nur weiter
ins leere Nichts ihren Faden spinnen, weiter und weiter.
Schrumpft das menschliche Dasein auf solche Perspektiven? Zap-
pelnde Spinne im düsteren Kosmos? Welch ein «Fortschritt im Be-
wußtsein der Freiheit». Ist die Dialektik am Ende? Keine Verheißung
mehr? Kein Gebet mehr: Diese Welt soll vergehen, um göttlicher
Gnade den Weg zu bereiten? Keine Visionen mehr? Kein Mythos
mehr? N u r Leere, nur Sinnlosigkeit, nur Konsequenzen hinter mir
und Angst vor der menschlichen Vernunft, vor den Teilchenbeschleu-
nigern der Physiker, den Giftgasküchen der Chemiker, den Laboren
der Gentechniker, vor dem gottlosen Mißbrauch des Wissens und der
Macht, der Waffentechnik, nur dumpfe Verzweiflung? Der endgültige
Untergang, menschenverschuldet oder kosmisch bedingt, droht wie
eh und je immerzu «jetzt», nicht in einer unberechenbaren Endzeit;
Weltuntergang 289
und er droht jetzt ohne Hoffnung auf Erneuerung, allenfalls auf ein
Entkommen. Sinnlos. Kein Jüngstes Gericht läßt mehr Raum für Sinn-
gebung, für Gnade, keine Scheidung mehr von Gut und Böse, keine
Gerechtigkeit mehr für alle Ewigkeit. Könnten neue Mythen helfen?
Doch wer sollte sie in dieser globalisierten Welt erzählen? Und wie?
Und wer würde ihnen folgen?
Hoffnung auf Außerirdische flammt neuerdings auf. Manche Zeit-
genossen wähnen sich schon am Ende der Milliarden oder auch etwas
weniger Jahre angekommen, hoffen, dem «endzeitlichen» Untergang
der Erde entgehen zu können, glauben an die Raumfahrt, die ihnen,
der bedrohten Menschheit, neue Lebensräume verheißt und dem ge-
wissen Verglühen der Erde durch die Flucht in die unendlichen kos-
mischen Weiten zu entkommen helfen soll. Die Hölle freilich trügen
die Geflohenen auch dann in sich, jedenfalls solange sie Menschen
blieben. Seligkeit muß auf der Erde errungen werden. Ungewiß wäre
zudem, ob die auf einer solchen Fahrt erwartete oder gefürchtete Be-
gegnung mit den vermuteten Aliens, überhaupt schon jede Kontakt-
aufnahme mit ihnen, diesen vernunftbegabten, dem Menschen durch
eine früher einsetzende Evolution überlegenen, extraterrestrischen
Wesen, den Überlebenden der Erde zum Heil ausschlagen würde. An
Warnungen fehlt es nicht. 18
Natürlich gibt es nähere Sorgen, die wachsende Armut, die Renten,
die Mietpreise, der Hunger in der Welt, die tägliche N o t und anderes.
Und natürlich gibt es die täglichen Freuden. Sie halten aufrecht und
lenken von jedem Weltuntergang ab. Nicht überall herrscht freilich
eine solche Gelassenheit wie in Köln am Rhein, wo «Die lustigen
Jungs» in den frühen i t ^ o e r Jahren bier- und weinselig und in Karne-
valsstimmung der Welt und den Frau'n fröhlich die Zukunft verhie-
ßen: Am dreißigsten Mai ist der Weltuntergang / Wir leben nicht mehr
lang / Wir leben nicht mehr lang [...] Doch keiner loeiß in welchem
Jahr / und das ist, und das ist wunderbar;T9 Echte Kölner singen das
Lied noch heute; sie glauben nicht an seine Prognose oder verdrängen
seinen Sinn.
Es sind die Perspektiven, die auf die Gestaltung der Gegenwart wir-
ken. Wie also werden sich Kultur, Wissenschaft, Kunst und Lebens-
290 Weltuntergang
nicht. So gab, wie im Jahr 1980 die «New York Daily News» berich-
tete, Ted Turner, der Gründer des US-amerikanischen Senders C N N ,
die Devise aus, Wir bleiben auf Sendung, bis zum Ende der Welt; bevor
man sich abmelde, sollten - noch immer gläubig - die Marschkapellen
der Armee das Lied Nearer, my God, to Thee spielen. Ein entspre-
chendes Video, Turner Doomsday Video, so wird kolportiert, sei mit
dem Vermerk versehen: H(old) F(or) R(elease) tili end of tbe ivorld
confirmed.2-0 Wahr oder erfunden, jedenfalls eine bezeichnende Geste,
ironisch, absurd, ein wenig größenwahnsinnig. Heute sieht sich solche
Zuversicht, schon wieder gottlos, zu Hoffnung auf ewiges Leben
hochstilisiert, auf eine vom genialen Forscher mit Hilfe von Biotech-
nik, von manipulierender Gen- und implantierter Nanotechnik, im
Vertrauen auf künstliche Intelligenz, auf Raumfahrt und die Erobe-
rung ferner Planeten zu realisierende Ewigkeit - zumindest für jene
Leute, die sich den teuren A u f w a n d leisten können.2-1
Ewig und dem Untergang entronnen durch den sich in Allmacht
übenden, sich allmächtig dünkenden Menschen? Der alte Traum. Eine
den Tod überwindende Botschaft. War dies die Erinnerung des Men-
schen an sich selbst, der Aufbruch jetzt und heute zu eigener Entschei-
dung angesichts des Untergangs, an die Karl Jaspers einst gemahnt
hatte? Nutze die Zeit, nutze dein Leben. Gut anderthalb Jahrtausende
früher hatten die sogenannten Thomasakten aus dem 3. Jahrhundert
in ihrem Perlenlied der Selbstvergessenheit des Prinzen gedacht: leb
vergaß, daß ich ein Königsohn war, und dem Vergessen mit dem er-
lösenden Ruf ein Ende bereitet: Erhebe dich [...] gedenke, daß du ein
Königsohn bist, z o o o Jahre Selbstbewußtsein formender Geschichte
konnten folgen. Ist nun ein neuer «Ruf» vonnöten? In tiefster Sorge
um Menschheit und Erde, um das «gemeinsame Haus», verkündete in
Anlehnung an den Sonnengesang seines Namenspatrons Papst Fran-
ziskus seine Enzyklika Laudato si (mio signore - Gelobt seist Du,
mein Herr, mit all Deinen Geschöpfen). Sie erneuerte auf ihre Weise
die Sorgen des Club ofRome und der Global Challenges Foundation,
verlieh ihnen weltweite Resonanz, gemahnte an das Liebesgebot
Christi und an das künftige Ende, in dem alles neu werde, an den Weg
zum neuen Jerusalem ... Jenseits der Sonne.12-
Anmerkungen
Einleitung:
Weltuntergang. Geschichtstheologische Grundlagen
zvestlich-abendländischer Kultur
1 Flavius Josephus, Bellum Judaicum VI,5,3; (pcovq eni 'kpoo6Xvj.ia Kai TÖV vaöv...
(poovrj ini TÖV Aaöv mxvza. Dazu T H E I S S E N , Tempelweissagung. Vgl. auch unten
S. 60. Zum Halleyschen Kometen als Vorzeichen im Jahr 66 vgl. TAMMANN,
VERON, Hallcys Komet, S. 91.
2 Vgl. Michael CRICHTON, Fürchtet euch nicht. Gegen die vielen Katastrophenpro-
gnosen, die uns verunsichern, hilft nur Skepsis, in: Frankfurter Allgemeine Zei-
tung Nr. 11/2005 v o m I 4- JDN- z o o 5> S. 38.
3 Bestätigung der Echtheit des Photos: 9NHWS.c0m - Newsroom vom 9. Mai 2003.
4 http://www.Apostolic.net/hiblicalstudies/post/worldtrade.htm am 9. Mai 2003
(mit beruhigenden Erklärungen: Amerika sei nicht gemeint).
5 MGH Poetae 4, S. 521-3, Nr. 23, hier str. 7,1 S. 522. Zur Sequenz (13. Jahrhun-
dert): Alex STOCK, «Dies irae». Zu einer mittelalterlichen Sequenz, in: Ende und
Vollendung, S. 279-91. Die Sequenz gehörte bis zum Zweiten Vaticanum zur
Liturgie des Requiems, ist seitdem aber daraus gestrichen.
6 Eine Zitatfolge von Präsident George W. Bush im Kontext von «9/11» findet sich
unter: MagniloquenceAgainstEvil - droppingbombs 011 peopletofightevil, http://
irregularities.com/evilwar.html, (besucht am 19.3.2014).
7 Vgl. dazu unten S. 116 und S. 234.
8 So eine Überlebende des Tsunami vom 26.12.2004, FAZ 30.12.2004, S. 15.
9 Spiegel online: 6.4.2009: http://www.spiegel.de/panorama.
0 Zit. nach Rhein-Neckar-Zeitung 121 vom 28.5.2009, S. 20.
1 Zit. nach Süddeutsche Zeitung (Online-Ausgabe) vom 27. Febr. 2014.
2 Nach http://www.spiegel.de/panorama/ueberschwemmungcn-auf-balkan-mindes-
ten-30-t0te-a-970025.html und http://www.spiegel.de/panorama/hochwasser-
auf-dem-balkan-flut-schwemmt- landminen-frei-a-970114.html.
3 Jean-Luc BANNALEC, Bretonische Verhältnisse. Ein Fall für Kommissar Dupin, zu-
erst Köln 2012. Ein anderes Beispiel: Arne DAHL, Hass, München, Zürich 2015,
S.47.
4 The Book of Miraclcs. Das Wundcrzcichenbuch - Le livre des miracles, edd. Till-
Holgcr BORCHF.RT, Joshua P. WATERMAN, Köln 2013 fol. 171.
5 Eine erste «zusammenfassende Darstellung der Weltuntergangsphantasien in der
296 Anmerktingen
57 Der «Erzketzer» Marcion unterschied den Weltschöpfer als tbösen> Gott von dem
<guten> Gott, den erst Jesus verkündete.
58 Vgl. zu dieser Thematik: GRAY, Politik der Apokalypse.
59 Kenneth GOUWENS, Remembering the Renaissance. Humanist's Narratives of the
Sack of Rome (Brill's Studies in Intellectual History 85), Leiden 1998; Volker
REINHARDT, Blutiger Karneval. Der Sacco di Roma 1527. Eine politische Kata-
strophe, Darmstadt 2009, vgl. etwa S. 106-8; Arnold ESCH, Die Lebenswelt des
europäischen Spätmittelalters. Kleine Schicksale selbst erzählt in Schreiben an den
Papst, München 20x4, S. 4 1 6 - 2 4 .
60 Die Zeilen finden sich am Ende von Schillers Gedicht «Resignation».
6*1 Schillers berühmte Antrittsvorlesung « Was beißt und zu welchem Ende studiert
man Universalgeschichte» wurde 1789 in Jena gehalten, fünf Jahre nach «Resigna-
tion». Das folgende Zitat findet sich an ihrem Schluß.
62 Thornton WILDER, Einakter und Dreiminutenspiele, Frankfurt a . M . 1960, S.43
und S. 47 («Und das Meer wird seine Toten herausgeben»).
63 Johannes FRIED, Die Aktualität Karls des Großen. Vom Verlangen nach Wissen
zu Heavy Metal, in: Franz FUCHS, Dorothea KLEIN (Hg.), Karlsbilder in Kunst,
Literatur und Wissenschaft, Würzburg 20T5, S. 2 9 3 - 3 1 9 , hier S. 3 1 3 - 4 .
64 Vgl. z.B. Hans BLUMENBERG, Der Prozeß der theoretischen Neugierde. Erwei-
terte und überarbeitete Neuausgabe von «Die Legitimität der Neuzeit», dritter
Teil, Frankfurt 41988, anders Heiko Augustinus OBERMANN, Contra vanarn curi-
ositatem. Ein Kapitel der Theologie zwischen Seelenwinkel und Weltall, Zürich
1974, auch Richard NEWHAUSER, Towards a History of Human Curiosity: A Pro-
legomenon in its Medieval Phase, in: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literatur-
wissenschaft und Geistesgeschichte 56 (1982) S. 5 5 9 - 7 5 .
65 Albert: Günther Bös, Curiositas. Die Rezeption eines antiken Begriffes durch
christliche Autoren bis Thomas von Aquin, Paderborn u. a. 1995, passim und bes.
auch Exkurs S. 1 6 9 - 7 5 ; Thomas: S. th. II-II q. 116 art. 1 - 2 .
66 Rodulfi Glabri Historiarum libri quinque. Rodulfus Glaber, The Fife Books of the
ITistories 111,27, ed- and transl. by J. FRANCE, Oxford 1989, S. 1 4 2 ; die ältere Aus-
gabe: Raoul Glaber Les cinq livres de ses histoires (900-1044) 111,8, ed. Maurice
PROU (Coli, de textes X), Paris 1886, S. 76.
67 Vgl. RAMONAT, Lesarten der Schöpfung.
68 So Wilhelm Rubruck, der Gesandte Ludwigs des Heiligen zu den Mongolen, im
Religionsgespräch am Hof des Großkhans, vgl. FRIED, Auf der Suche nach der
Wirklichkeit, S. 309.
69 Zur Einführung: Reinhard HILTSCHER, Gottesbeweise, Darmstadt 2008; Gottes-
beweise von Anselm bis Gödel, hg. von Joachim BROMAND und Guido KREIS,
Frankfurt a. M. 2 0 1 1 .
70 Der Begriff «Eschatologie» wurde im 17. Jahrhundert geprägt, zuerst nachweisbar
im Jahr 1677; er gewann im 19. Jahrhundert seine spezifische Bedeutung, vgl.
HÖLSCHER, Weltgericht oder Revolution, S. 28 Anm. 1.
71 FRIED, Aufstieg. - «Die Spuren göttlichen Wirkens in der gesamten Schöpfung zu
erkennen» als Anstoß abendländischer Wissenschaft ist Gegenstand der auf drei
Bände angelegten, doch unvollendeten Studie von Dieter GROH, Schöpfung im
Widerspruch, Bd. 1, Frankfurt 2003, Bd. 2 ebd. 2010.
72 Vgl. Kurt FLASCH, Was ist Zeit? Augustinus von Hippo. Das XI. Buch der Confes-
300 Anmerktingen
41 Sanhedrin 98a, zir. nach: Der Talmud, S. 62.9 das voranstehende Zitat.
42 SCHOLEM, Die jüdische Mystik, S. 43-86.
43 FRIED, Aufstieg, S. 21 mit Anm. 17.
44 Ein solcher wird bei Sanhedrin 93b erwähnt; Der Talmud, S. 627.
45 Die These vertrat Israel J. YUVAL, sie weckte aber Widerstand; die Frage ist für
den Nicht-Judaisten kaum zu entscheiden, vgl. zusammenfassend: Rainer WALZ,
Die Verfolgungen von 1096 und die Ritualmordlegende. Die Debatte über die
Thesen Israel Yuvals, in: Aschkenas 9 (1999), S. 189-232.
46 Gerschom SCHOLEM, Sabbatai Zwi, ins Deutsche übertragen von Angelika
SCHWEIGHART, Frankfurt a.M. 1992; vgl. Julius H. SCHOEPS, Messias oder
Scharlatan?, in: http://www.zeit.de/1992/16/messias-oder-scharlatan.
47 Dazu vgl. auch: SCHOLEM, Die jüdische Mystik, hier S. 316 und S. 324 die beiden
Zitate.
48 Zur Deutung jüngst: Werner DAHLHEIM, Die Herrschaft des Augustus und die
Geburt Jesu: Das augusteische Imperium im Spiegel der christlichen Überliefe-
rung, in: Zur Debatte. Themen der katholischen Akademie in Bayern 3/2014
S.45-7.
49 METZLER, Konstanz von Weltbildern, S. 83 mit Anm. 7 und S. 84 mit Anm. 11.
50 Vgl. unten S. 158-9.
51 BAECK, Das Evangelium, S. 161; dazu: Werner VOGLER, Jüdische Jesusinterpreta-
tion in christlicher Sicht, Weimar 1988, bes. S. 31-4; Ingeborg RÜDLIN, Jesus und
Paulus in der Deutung Leo Baecks, in: Pardes, Zschr. der Vereinigung für Jüdische
Studien 16 (201=), S. 153-76. - Ernst Ludwig EHRLICH, Jesus Christus 9, in: TRE
17 (1988) S. 6 8 - 7 1 . - Zur Kanonbildung folge ich KLINGHARDT, Das älteste
Evangelium 1, S. 183-94 und S. 3 1 1 - 4 7 .
52 Roland DEINES, Die Pharisäer. Ihr Verständnis im Spiegel der christlichen und
jüdischen Forschung seit Wellhausen und Graetz (Wissenschaftliche Unter-
suchungen zum Neuen Testament 101), Tübingen 1997; Günter STEMBER-
GER, Pharisäer Sadduzäer Essener. Fragen - Fakten - Hintergründe, Stuttgart
2013.
53 Zur Datierung: BECKER, Paulus, S. 1 7 - 3 2 , zur Bedeutung: ebd. S. 92-8.
54 STEMBERGER, Das Judentum in frührabbinischer Zeit, S. 14-7.
55 Jakob TAUBES, Abendländische Eschatologie, Bern 1947 (und öfter); Jürgen
MOLTMANN, Das Kommen Gottes. Christliche Eschatologie, Darmstadt 2002;
Joseph RATZINGER, Eschatologie. Tod und ewiges Leben, "Kegensburg 2007;
neuerdings: PAGELS, «Apokalypse».
56 I QpHab XIII, engl. VERMES, The Dead See Scrolls, S. 347 (meine Übersetzung
aus dem Englischen).
57 BORNKAMM, Jesus; anders: David FLUSSER, Jesus, '•Reinbek bei Hamburg 1999;
THEISSEN, MERZ, Lehrbuch. Vgl. noch unten S. 63 Anm. 74.
58 Vgl. etwa die Spruchqucllc Q oder das apokryphe Thomas Evangelium; zusam-
menfassend THEISSEN, MERZ, Lehrbuch, S. 226-55. Statt Q ist jetzt vor allem auf
Mcn zu verweisen.
59 THEISSEN, MERZ, Lehrbuch, S. 2 2 1 - 5 3 ; zu den Gleichnissen ebd. S. 285-309: zur
Ethik: ebd. S. 3 1 1 - 5 5 .
60 Leo BAECK, Der «Menschcnsohn», in: DERS., AUS drei Jahrtausenden, Berlin
1938; Neudruck: Mit einer Einführung von Flans LIEBESCHÜTZ, Tübingen 1958
Anmerktingen 303
70 Das Zitat nach Volker WEIDERMANN, Ostende. 1936, Sommer der Freundschaft,
Köln 2.014, S . l z o • ~ Das Verbot: Flavius Josephus, Bellum Judaicum VI,4-10.
71 Vgl. oben S. 1 0 - 1 . - Helmut SCHWIER, Tempel und Tempelzerstörung. Untersu-
chungen zu den theologischen und ideologischen Faktoren im ersten jüdisch-römi-
schen Krieg (66-74 n.Chr.) (Novum Testamentum et Orbis Antiquus 11), Fri-
bourg/Göttingen 1989; Gerd THEISSEN, Prophetie und Tempelzerstörung. Die
Wirkungsgeschichte der Tempelprophetie Jesu im 1. Jh., in: DERS. U. a. Hgg., Jeru-
salem und die Länder. Ikonographie, Topographie, Theologie. Fschr. f. Max
Küchler (Novum Testamentum et Orbis Antiquus 70), Fribourg/Göttingen 2009,
S. 1 4 9 - 2 0 1 , hier S. 189-90: wonach Mk 1 3 , 1 - 2 etwa zu Ende des Jahres 70 passe.
72 David FLUSSER, Prophetische Aussagen Jesu über Jerusalem, zit. nach: DERS.,
Entdeckungen im Neuen Testament 2. Jesus - Qumrän - Urchristentum, Hg. von
Martin MAJER, Neukirchen-Vluyn 1999, S. 1 5 2 - 7 8 . Sollte sich die These von
KLINGHARDT, Das älteste Evangelium, bestätigen, daß jenes «Evangelium», über
das der «Häretiker» Marcion verfügte, ein <Vorlukas> (Men), wie man es nennen
kann, die Grundlage für die kanonischen Evangelien bildete, so tritt der Zusam-
menhang zwischen Tempelzerstörung und Untergangsverkündung nicht weniger
deutlich hervor als bislang. Zu der hier fraglichen Perikope (* 2 1 , 5 - 6 und 20) vgl.
ebd. Bd. 2, S. 9 9 3 - 9 und S. i o o o - i o .
73 Vgl. POTESTÄ, Rizzi, L'Anticristo, 1 S. 2 9 - 2 3 3 , und Marco RIZZI, L'ombra
delPanticristo nel cristiancsimo Orientale tra tarda antichitä e prima etä bizantina,
in: Antichrist, S. 1 - 1 3 .
74 Zum methodischen Problem des «historischen» Jesus vgl. BORNKAMM, Jesus;
Geza VERMES, Jesus der Jude. Ein Historiker liest die Evangelien, Neukirchen-
Vluyn 1993; AKENSON, Surpasing Wonder, bes. S. 538-605.
75 Die Literatur zu Qumrän und den Essenern ist Legion; mir half STEGEMANN, Die
Essener (der Essener und Qumrän-Gemeinde identifizierte); VAN DER WOUDE,
Fakten contra Phantasien, S. 5 4 - 7 6 ; vgl. auch Brian SCHULTZ, Not Greeks but
Romans: Changing Expectations for the Eschatological War in the War Texts
from Qumrän, in: The Jewish Revolt, S. 107-27.
76 Vgl. TAUBES, Eschatologie, S. 6 7 - 7 0 .
77 Zur Übersicht vgl. etwa: John J. COLLINS, The Sense of an Ending in Pre-Chris-
tian Judaism, in: Fearful Hope, S. 25-43; Woust Jac. VAN BERKUM, Four King-
doms Will Rule: Echoes of Apocalypticism and Political Reality in Late Antiquity
and Medieval Judaism, in: Endzeiten, S. 1 0 1 - 1 8 .
78 In Men *9,2.0 fehlt die Ergänzung: «der Sohn des lebendigen Gottes».
79 Vgl. oben S. 26 mit Anm. 49, vgl. auch S. 64-5.
80 Vgl. oben S. 28-9.
81 Zit. nach BERGER, NORD, Das Neue Testament, S. 2 3 5 - 2 6 3 ; doch setze ich das
Schreiben wegen des Hinweises auf die Tempelzerstörung nach das Jahr 70 CE
(C. 19)-
82 F. R. PROSTMEIER, in: Lexikon der antiken christlichen Literatur, i i 9 9 9 , S. 94-5.
S3 Nach BERGEK, NORD, Das Neue Testament, S.733.
84 Hippolyt, Danielkommentar IV,21,3.
85 Vgl. oben S. 26.
86 Tertullian, Liber de resurrectione carnis 24,18.
87 Tertullian, Apologeticum c. 32,1 und 39,2.
Anmerktingen 305
BAUTIER et Gillette LABORY (Sources d'histoire médiévale z), Paris 1.96.9, die frag-
lichen Verse finden sich in 11,57.
i n Vgl. unten Kap.4.
uz Vgl. FUNKENSTEIN, Heilsplan; Martin HAEUSLER, Das Ende der Geschichte in der
mittelalterlichen Weltchronistik (Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte 13),
Köln/Wien 1980.
1 1 3 FRIED, Endzeiterwartung, S. 3 8 1 - 4 .
1 1 4 Vgl. die Textsammlung von POTESTÀ, RIZZI, L'Anticristo.
1 1 5 Armageddon - Das Jüngste Gericht. Science-Fiction-Film, USA 1998, mit Bruce
Willis, Billy Bob Thornton, Ben Affleck. Regie: Michael Bay.
1 1 6 Adso Dcrvcnsis De ortu et tempore Antichristi necnon et tractatus qui ab eo
dependunt, ed. Daniel VERHELST (Corpus Christianorum Cont. Med., 45.) Turn-
hout 1976. Zum Antichrist vgl. oben S. 6 Z - 7 0 unten S. 88-98 u. ö.
1 1 7 Zu diesem Motiv unten S. 98.
1 1 8 Wim RAVEN, Ibn Sas an Islamic «Antichrist». A Reappraisel of the Texts, in: End-
zeiten, S. Z 6 1 - 9 1 .
1 1 9 Johan Ludwig Emil DREYER, The Comet of 1006, in: The Observatory 30 (1907)
S. Z48-9; vgl. Juan VERNET, Die spanisch-arabische Kultur in Orient und Okzi-
dent, Zürich/München 1984, S. 4 9 - 5 0 . Zur Eschatologie vgl. COOK, Muslim
Apocalyptic.
izo Übers. BOBZIN, S. 550.
I Z I Libers. BOBZIN, S. 535-6.
i z 2 Übers. BOBZIN S. 479.
1 2 3 Die Äußerungen zu Mohammed zwischen dem 8. und dem 1 4 . Jahrhundert in latei-
nischer Sprache stellte zusammen: Di CESARE, The Pseudo-Historical Image.
1 2 4 Zit. bei DI CESARE, The Pseudo-Historical Image, S. S8; der zitierte Text vollstän-
dig: Petrus Venerabiiis, Schriften zum Islam, ed. ins Deutsche übers, und kommen-
tiert von Reinhold GLEI (Corpus Islamo-christianum, Ser. Lat. 1), Altenbergei985.
1 2 5 So Alkuin, vgl. unten S. 148; so eine Reformschrift im 10. Jahrhundert: cd. Heinz
LÖWE, Dialogus de statu sanetae ecclesiae. Das Werk eines Iren im Laon des
1 0 . Jahrhunderts, in: Deutsches Archiv 17 (1961), S. 1 2 - 9 0 , Text S. 68 ff., hier
S. 76; so Annales Augustani zu 1 0 9 z , M G H SS 3, S. 135,4 (commixta). Vgl. Sap
14,25.
tz6 Vgl. Stellenverzeichnis der Edition des Registers von Erich CASPAR, MGH Epp.
sei. z, S. 646.
rz7 Glossa ordinaria zu Mt Z4,36: Semper simus incerti de adventu itidicis, ut sie
vivamus quasi in alia die iudicandi simus, ed. Straßburg 1489/81 tom.4 p.75a.
i z 8 Zur «politischen» Interpretation der Apokalypse des Johannes vgl. PAGELS,
«Apokalypse».
1Z9 PAGELS, «Apokalypse», zieht - literarisch und strukturgeschichtlich analysie-
rend - wiederholt Parallelen zur US-amerikanischen Geschichte, auch zu «9/11»
und der «Achse des Bösen».
1 3 0 Vgl. etwa: SMOLLER, On Earthquakes.
1 3 1 S. th. suppl. q. 75 art. 1 Resp.: «ut corda hominum in subjectionem venturi Judicis
adducantur et ad judicium preparentur buiusmodi signis premoniti. Que autem
sint ista signa, de facili sciri non potest».
1 3 z Sedulii Scotti Collectaneum Miscellaneum XVIII,1 and 7, ed. Dean SIMPSON
Anmerktingen 307
(Corpus Christianorum Cont. Med. 67), Turnhout 1988, 135 (mit Benutzung von
Vitae patrum and Columban oder Ps.-Beda).
1 3 3 FRIED, Endzeiterwartung, S. 4 1 2 - 3 .
II. Aktualisierungen
hoc quod homo non gerit solum solliciludinem de persona sua, sed de familia, vel
civitate, vel regno, aut tota Ecclesia... et tarnen oportet umimquodque horurn hoc
tnodo disponi, ut dies Domini inveniat paratos. Thomas Aquinas, S. th. suppl.
q. 88 art.3 ad quartum.
59 Ed. Karl STRECKER, MGH Poetae Latini aevi Carolini IV, S. 4 9 1 - 5 Nr. XIII.
60 MGH Poetae Latini aevi Carolini IV, S. 52.1-3 Nr. XXIII.
61 FRIED, Endzeiterwartung, S. 386.
62 FRIED, Endzeiterwartung, S. 4 2 8 - 9 .
63 FRIED., Endzeiterwartung, S . 4 2 9 ; zur Deutung vgl. FRIED, Endzeit fest im Griff
des Positivismus?, S. 3 1 6 - 9 .
64 FRIED, Endzeiterwartung, S. 4 2 9 - 3 0 .
65 Dazu neuerdings: Christoph GERHARDT, Nigel F. PALMER, Das Münchner Ge-
dieht von den 15 Zeichen vor dem Jüngsten Gericht. Nach der Handschrift der
Bayerischen Staatsbibliothek Cgm 7 1 7 . Edition und Kommentar {Texte des späten
Mittelalters und der frühen Neuzeit 41), Berlin 2002.
66 Zu beidem: FRIED, Die Endzeit fest im Griff des Positivismus?.
67 Als Werk Brunos von Würzburg (f 1045) gedruckt: MIGNE PL 1 4 2 , 4 8 4 0 . Ins
1 2 . Jahrhundert verwiesen: P. Damien VAN DEN EYNDE, Complementary Note on
the Early Scholastic Commentarii in psalmos, in: Franciscan Studies 17 (1957
S. 1 4 9 - 7 2 ; vgl. Marcia L. COLISH, Psalterium Scbolasticorum: Peter Lombard
and the Emergence of Scholastic Psalms Exegesis, in: DIES., Studies in Scholas-
ticism, Aldershot 2006, S. 5 3 1 - 4 8 (zuerst Speculum 67, 1992).
68 Christian LOHMER, Endzeiterwartung bei Petrus Damiani: Überlegungen zu sei-
nen Briefen Nr. 92 und 93, in: Regensburg, Bayern und Europa. Festschrift für
Kurt Reindel zu seinem 70. Geburtstag, hrsg. von Lothar KOLMER und Peter
SEGL, Regensburg 1995, S. 1 7 5 - 8 7 , hier S. 1 8 3 - 6 .
69 Rosalie GREEN et. al., Herrad of Hohenbourg, Hortus Deliciarum. vol 1: Recon-
struction, vol. II: Commentary, nr. 8 3 1 , S . 4 1 2 .
70 In evangelia. 1 4 1 , MIGNE, PL 1 9 8 , 1 6 1 1 .
71 Jacobus listet die fünfzehn Zeichen mit zahlreichen anderen Zeichenensembles zur
Wiederkehr Christi im ersten Kapitel seiner Legendensammlung auf («Von dem
geistlichen Advent und der Wiederkunft des Herrn»). Die (unbefriedigende) latei-
nische Ausgabe von Johann Georg Theodor GRAESSE, 'Leipzig 1890, ist noch
immer nicht ersetzt; ich benutze die deutsche Übersetzung von Richard BENZ, Die
Legenda aurca des Jacobus de Vorágine, aus dem Lateinischen übersetzt, Heidel-
berg 1955 u. ö., hier S. 8.
72 SCHEDEL: Cronicken (wie oben Anm. 16), Blat 261V.
73 Wie oben Anm. 70.
74 Vgl. oben S. 78.
75 Überliefert: Hugo von Flavigny, Chronicon (zu 1 0 1 2 ) , MGH SS 8, S. 39 0 1 9 - 2 6 .
76 FRIED, Aufstieg, S. 64-7.
77 Vgl. den Artikel in Wikipedia «Dies irae» (9.3.20T4). Andreas KARL, Musikalisie-
rung des Bösen. Klangstrukturen extremer Ideologie (19.2.2013), http://terz.ee/
magazin.php?z=294Öcid=298. (17.3.2014).
78 Vgl. Frederick VAN DER MEER, Apocalypse. Visions from the Book of Revelation
in Western Art, London 1978; Richard Kenneth EMMERSON, Antichrist in the
Middle Ages. A Study of Medieval Apocalypticism, Art, and Literature, Seattle
Anmerktingen 311
rone). Der Engelpapst. Mit einem Urkundenanhang und Edition zweier Viten
(Päpste und Papsttum 16), Stuttgart 1961, S. 191-206'; Thomas KAUFMANN, Rö-
misches und evangelisches Jubeljahr 1600. Konfessionskulturelle Deutungsalter-
nativen der Zeit im Jahrhundert der Reformation, in: Millennium. Deutungen
zum christlichen Mythos der Jahrtausendwende. Mit Beiträgen von Christoph
BOCHINGER U. a., Gütersloh 1999, S. 7 3 - 1 3 6 , hier S. 88-94.
97 Volker LEPPIN, Wilhelm von Ockham. Gelehrter, Streiter, Bettelmönch, Darm-
stadt 2003, S. 232-4.
98 Henry SIMONSFELD, Venetianische Studien I, München 1878, S. 167-8 (Tripolis-
Fassung; Handschrift freilich erst von 1503). - Nicht bei LERNER, Powers of Pro-
phecy, S. 203-4.
99 Zur Geschichte der Vision grundlegend: LERNER, Powers of Prophecy.
100 Robert E. LERNER, The Black Death and Western European Eschatological Men-
talities, in: The Black Death. The Impact of the Fourteenth-Century Plague, ed. by
Daniel WILLIMAN (Medieval and Renaissance Texts and Studies 13), Bingham,
New York 1982, S. 77-105, hier S. 78 die beiden Beispiele, S. 7 9 - 8 1 die Geilsler.
xoi Efthymios NICOLAIDIS, Science and Eastern orthodoxy From the Greek Fathers
to the Age of Globalization, Baltimore 2 0 1 1 . Vgl. knapp: Paul MAGDALINO, The
End of Time in Byzantium, in: Endzeiten, S. 1 1 9 - 3 3 .
102 Vgl. unten S. 180-8.
JL03 Georg SIEGMUND, Der Kampf um Gott. Zugleich eine Geschichte des Atheis-
mus, ¿Berlin I960, S. 276-7; die dritte Auflage 1976 stand mir nicht zur Verfü-
gung-
104 ROHR, Prophetie.
105 Petrarca im Jahr 1367 an seinen Freund, den Erzbischof Guido Sette von Genua,
Übersetzung in: Petrarca, Dichtungen, Briefe, Schriften. Auswahl und Einleitung
von Hanns W. EPPELSHEIMER, Frankfurt a.M. 1956, S. r6i f. (= Sen. X).
106 Beispiele vgl. oben S. 13-4.
107 Alexander PATSCHOVSKY, «Antichrist» bei Wyclif, in: Eschatologie und Hussitis-
mus, S. 83-98.
108 BOSTICK, The Antichrist and the Lollards.
109 Vgl. Devotio moderna. Basic Writings. Transl. with Introduction by John VAN
ENGEN (The Classics of Western Spirituality), Mahwah, New Jersey 1988, S. 330,
s. v. Judgement (Last).
in Roberto RUSCONI, Apocalittica ed escharologia nella predicazione di Bernardino
da Siena, in: Studi medievali, ser. 3-', 22 (1981), S. 85-125.
1 1 2 Blockbücher: vgl. unten S. 127 mit Anm. 150. Zur Türkengefahr: Erich MEUTHEN,
Der Fall von Konstantinopel und der lateinische Westen, in: Historische Zeit-
schrift 237 (1983) S. 1 - 3 5 , hier S. 10 und S. 14.
1 1 3 Winfried SCHULZE, Reich und Türkengefahr im 16. Jahrhundert. Studien zu den
politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen einer äußeren Bedrohung, Mün-
chen 1978, S. 47-8.
1 1 4 Eine noch immer nützliche Sammlung solcher Prophetien findet sich bei: ROIIR,
Prophetie.
T15 Donald WEINSTEIN, Savonarola and Florence. Prophecy and Patriotism in the
Renaissance, Princeton N. J. 1970.
116' Zum Täuferreich von Münster vgl. Hubertus LUTTERBACI-I, Der Weg in das Täu-
Anmerktingen 313
P o s i t i o n e n i n d e n L e c t i o n e s m e m o r a b i l e s des J o h a n n e s W o l f f ( 1 6 0 0 ) , in: E n d z e i -
ten, S . 3 6 9 - 4 1 7 .
163 Zit. nach P O H U G , Konfessionskulturelle Deutungsmuster, S. 299.
164 A u f diese S p a n n u n g m a c h t e a u f m e r k s a m : V o l k e r L E P P I N , « . . . m i t d e m k ü n f f t i g e n
J ü n g s t e n T a g u n d G e r i c h t v o m s ü n d e n schlaff a u f f g e w e c k t » . L u t h e r i s c h e A p o k a -
l y p t i k z w i s c h e n I d e n t i t ä t s v e r w e i g e r u n g u n d S o z i a l d i s z i p l i n i e r u n g ( 1 5 5 8 - 1 6 1 8 ) , in:
E n d z e i t e n , S . 3 3 9 - 4 9 (mit Z i t a t S . 3 4 9 ) .
1 6 5 M a r i e - M a d e l a i n e F R A G O N A R D , C a t a l o g u e r , raconter, r é f u t e r : T r o i s a u t e u r s d e l a
C o n t r e - R é f o r m e ( B e l l a r m i n , D u P r e a u , B a r o n i u s ) c o n t r e les m i l l é n a r i s t e s , in: For-
m e s d u m i l l é n a r i s m e e n E u r o p e (wie unten A n m . 1 6 8 ) , S . 7 5 - 9 6 ' .
1 6 6 Hierzu und zum Folgenden vgl. P O H U G , Konfessionskulturelle Deutungsmuster,
bes. S . 2 9 1 - 3 1 6 .
167 G ü n t h e r L I S T , C h i l i a s t i s c h e U t o p i e und r a d i k a l e R e f o r m a t i o n . D i e E r n e u e r u n g
der Idee v o m t a u s e n d j ä h r i g e n R e i c h i m 1 6 . J a h r h u n d e r t ( H u m a n i s t i s c h e B i b l i o -
thek R e i h e i B d . T4), M ü n c h e n 1 9 7 3 .
T68 F o r m e s du m i l l é n a r i s m e en E u r o p e à l ' a u b e des t e m p s m o d e r n e s . A c t e s du C o l -
l o q u e I n t e r n a t i o n a l e de L ' A s s o c i a t i o n Renaissance, Humanisme, Réforme, ed. p.
J e a n - R a y m o n d FANLO e t A n d r é T O U R N O N , Paris 2 0 0 1 .
169 LANDWEHR, G e b u r t der G e g e n w a r t , S . 7 3 .
1 7 0 E n z o B A R I L L A , A n t o n i o A r q u a t o e la p r e d i z i o n e De eversione Europae, (http://
W W W . e n z o b a r i l l a . e u (besucht 1 6 . 8 . 2 0 X 0 ) .
171 Z u r P e r s o n vgl. T o m m a s o C a m p a n e l l a , P h i l o s o p h i s c h e Gedichte ausgewählt,
übersetzt u n d hrsg. v o n K u r t F L A S C H , F r a n k f u r t a . M . 1 9 9 6 ; G e r m a n a E R N S T ,
T o m m a s o C a m p a n e l l a in: S t a n f o r d E n c y c l o p e d i a o f P h i l o s o p h y (http://plato.stan-
f o r d . e d u / e n t r i e s / c a m p a n e l l a ) ( 2 0 0 5 ) ; N o e l M A L C O L M , T h e C r e s c e n t a n d the C i t y
o f the S u n : I s l a m a n d the R e n a i s s a n c e U t o p i a o f T o m m a s o C a m p a n e l l a , in: P r o -
c e e d i n g s o f the British A c a d e m y 2 1 5 , O x f o r d / N e w Y o r k , 2 0 0 4 , S . 4 1 - 6 8 .
1 7 2 D a s V o r s t e h e n d e bezieht sich auf die Nova Atlantis; zur e s c h a t o l o g i s c h e n B e g r ü n -
d u n g der W i s s e n s c h a f t bei B a c o n vgl. R E I C H E R T , I n diesem H e r b s t der Welt. F r a n -
cis BACON, N e u e s O r g a n u m . L a t e i n i s c h - d e u t s c h , h g . v o n W o l f g a n g K R O H N ,
2 Bde. H a m b u r g 1 9 9 0 : d a s m e t h o d i s c h e P r i n z i p : S. 44 (opus est ad scientias
induetionis forma tali, quae experientiam solvat et separet, et per exclusiones ac
rejectiones débitas necessario concludat. - Magd der Religion: Aphorismus 89
(S. 1 9 8 ) ; in den letzten Zeiten: A p h o r i s m u s 93 (S. 2 0 6 ) u n t e r V e r w e n d u n g v o n
Dan 12,4.
173 Theatrum Europaeum (Frankfurt 1635), S. 1 0 0 .
1 7 4 J o h a n n e s K E P L E R , D e c o m e t i s libelli très, A u g s b u r g 1 6 2 0 , D a s Z i t a t f i n d e t sich
a m E n d e der A u s f ü h r u n g e n des K o m e t e n v o n 1 6 1 9 , S . 1 2 7 .
175 Z u G r y p h i u s ' E n d z e i t - G c d i c h t c n vgl. K O R N , D a s T h e m a des J ü n g s t e n T a g e s ,
S . 7 8 - 8 5 , d a s zitierte G e d i c h t hier S . 8 1 .
1 7 6 J o h a n n e s W A L L M A N N , T h e o l o g i e u n d F r ö m m i g k e i t i m Z e i t a l t e r des B a r o c k . G e -
s a m m e l t e A u f s ä t z e , T ü b i n g e n 1 9 9 5 , bes. S . 1 0 5 - 2 3 u n d S . 3 9 0 - 4 3 5 ; v g l . a u c h
LANDWEHR, G e b u r t der G e g e n w a r t , S . 3 1 3 - 5 .
177 Z u diesen u n d a n d e r e n G e m e i n s c h a f t e n v g l . C l a u s BERNET, « G e b a u t e A p o k a -
l y p s e » . D i e U t o p i e des H i m m l i s c h e n J e r u s a l e m i n der F r ü h e n N e u z e i t ( V e r ö f f e n t -
lichungen des Instituts f ü r E u r o p ä i s c h e G e s c h i c h t e M a i n z . A b t . f . a b e n d l ä n d i s c h e
Religionsgeschichte 2 1 5 ) , M a i n z 2 0 0 7 .
316 Anmerktingen
178 R e i n e r S M O L I N S K I , A p o c a l y t i c i s m i n C o l o n i a l N o r t h A m e r i c a , in: E n c y c l o p e d i a
of Apocalypticism, vol. 3, S. 3 6 - 7 1 .
179 D i e W o r t e signify a beginning uf the new American Aira; d a z u d a s P a i n e - Z i t a t :
Vgl. www.greatseal.commottoes/seclorum.html
1 8 0 V g l . H i s t o r y of <IN GOD WE TRUST>, in: w w w . t r e a s u r y . g o v / a b o u t / e d u c a t i o n / P a g e s /
in-god-we-trust.aspx
181 F r e i h e r r A u g u s t F r a n z VON H A R X T H A U S E N , T r a n s k a u k a s i a . R e i s e e r i n n e r u n g e n
u n d g e s a m m e l t e N o t i z e n , L e i p z i g 1 8 5 6 , N e u d r u c k : H i l d e s h e i m u . a . 1.985, Teil 1
S . 4 8 - 5 0 ; zit. n a c h BUSSE, W e l t u n t e r g a n g als E r l e b n i s , S . 7 7 - 8 .
1 8 2 Erstes Blumenstück in: Ehestand, Tod und Hochzeit des Armenadvokaten
F. St. S i e b e n k ä s im R e i c h s m a r k t f l e c k e n K u h s c h n a p p e l , zit. n a c h JEAN PAUL'S
s ä m m t l i c h e W e r k e E l f t e r B a n d , B e r l i n 1 8 4 1 , S . 3 1 5 - 2 2 . D i e R e d e des toten C h r i s -
tus ist T 7 9 6 e r s t m a l s z u B e g i n n des « S i e b e n k ä s » e r s c h i e n e n , a b e r s c h o n 1 7 8 9 (mit
S h a k e s p e a r e anstelle C h r i s t u s ! ) e r s t m a l s g e d r u c k t w o r d e n .
183 S o ein e n t z ü c k e n d e s s ü d a m e r i k a n i s c h e s V o t i v b i l d des K ö l n e r D i ö z e s a n m u s e u m s
« K o l u m b a » a u s der Z e i t u m 1 8 0 0 .
1 8 4 D e b o r a SOMMER, Eine baltisch-adlige Missionarin bewegt E u r o p a . B a r b a r a Juli-
a n e v o n K r ü d e n e r , g e b . v . V i e t i n g h o f f gen. Scheel ( 1 7 6 4 - 1 8 2 9 ) , G ö t t i n g e n 2 0 1 3 ;
BEHRINGER, T a m b o r a , S. 1 4 2 - 5 .
185 V g l . unten S . 2 6 9 - 7 2 z u den F o l g e n des T a m b o r a - A u s b r u c h e s v o n 1 8 1 5 .
1 8 6 R i c h a r d W A G N E R , G ö t t e r d ä m m e r u n g . D r i t t e r T a g a u s d e r T r i l o g i e : D e r R i n g des
N i b e l u n g e n , M a i n z 1 8 7 6 , S . 7 , S . S 4 , S . 86.
15 Kocku VON STUCKRAD, Geschichte der Astrologie von den Anfängen bis zur Ge-
genwart, München 2003. Dieter BLUME, Regenten des Himmels. Astrologische
Bilder in Mittelalter und Renaissance (Studien aus dem Warburg-Haus 3), Berlin
2000.
16 Eine über die Scholastik hinausführende Textsammlung: Gottesbeweise von An-
selm bis Gödel, hg. von Joachim BROMAND und Guido KREIS (suhrkamp taschen-
buch 1946), Berlin 2 0 1 1 .
17 Vgl. M.T. CLANCHY, Abelard's Mockery of St. Anselm, in: Journal of Ecclesias-
tical History 41 (1990), S. 1 - 2 3 , hier S. 2 - 5 ; DERS., Abelard. A Médiéval Life,
Oxford/Cambridge 1997, S. 178, S . 3 1 9 mit Verweis auf Abaelards Thcologia
Christiana 1 , 7 3 - 5 Eligius M. BUYTAERT OFM (Corp. Christ. Cont. Med. T2),
Turnhout 1969, S. 298-302. - Das Beispiel habe ich schon in FRIED, Aufstieg,
S. 72 mit Anm. 4 4 - 5 , herangezogen.
18 Sic et non, Prolog, edd. Blanche B. BOYER and Richard MCKEON, Chicago/Lon-
don 1976, S. 103, 34-9.
T9 FRIED, Auf der Suche nach der Wirklichkeit, S. 305 u. ö.
20 Peter Abaelard, Theologia Summi boni. Lateinisch-Deutsch, Übersetzt, mit Ein-
leitung und Anmerkungen hrsg. von Ursula NIGGLI, Hamburg 1997, S. 66. Zu
Abaelard: John MARENBON, The Philosophy of Peter Abaelard, Cambridge 1997;
Michael T. CLANCHY, Abaelard. Ein mittelalterliches Leben, Darmstadt 2000.
21 Ezechiel : Abélard, Historie calamitatum. Texte critique avec une introduction
publ. par J. MONFRIN, Paris 1967, S. 69, 2 0 2 - 2 1 und S. 70, 2 4 3 - 8 ; Astrologie:
Expositio in Hcxacmcron, in: MIGNE PL 178 Sp. 7 5 1 - 6 . Dazu zu Überlieferung,
Redaktionen und unbekannten Texten: Eligius M. BUYTAERT, Abelard's Expositio
in Hexaemeron, in: Antonianum 43 (1968), S. 163-98, MIGNE a.a.O. Sp.731
auch zu Ezechiel; zur Sache: Marie-Thérèse D'ALVERNY, Abélard et l'astrologie,
in: Pierre Abélard - Pierre le Vénérable. Les courants philosophiques, littéraires et
artistiques en occident au milieu du XIIe siècle (Colloques internationaux du Cen-
tre National de la Recherche Scientifique 546), Paris 1975, S. 6 1 1 - 3 0 .
22 Peter Abaelard, Theologia Summi boni. Lateinisch-Deutsch II pr., hrsg. von Ur-
sula NIGGLY. Hamburg 1997, S. 82.
23 FUNKENSTEIN, Heilsplan, bes. S. 9 3 - 1 1 3 .
24 Chronica VIII,8, ed. HOFMEISTER S. 4 0 1 - 2 .
25 Chronica VIII,9, ed. HOFMEISTER S. 403.
26 Chronica VIII,26, ed. HOFMEISTER S. 4 3 1 - 6 .
27 Chronica VIII,20, ed. HOFMEISTER S. 4 1 8 - 9 und c. 21 S. 4 2 3 - 5 .
28 Chronica VIII,24, ed. HOFMEISTER S. 4 2 9 - 3 0 .
29 Peter CLASSEN, Gerhoch von Reichersberg. Eine Biographie, Wiesbaden i960,
bes. S. 1 9 3 - 2 7 2 u.ö.
30 Vgl. etwa Hildegards «Liber Vitae meritorum» I, 64 und 11,46 (dt. Der Mensch in
der Verantwortung, nach den Quellen übersetzt und erläutert von Heinrich
SCHIPPERGES, 1Freiburg/Basel/Wien 1994), S. 52 und 105. Hans LIEBESCHÜTZ,
Das allegorische Weltbild der heiligen Hildegard von Bingen. Mit einem Nach-
wort zum Neudruck, Darmstadt 1964.
31 Marie Theres FÖGEN, Die Enteignung der Wahrsager. Studien zum kaiserlichen
Wissensmonopol in der Spätantike, Frankfurt am Main 1993. - Zu Alkuin vgl.
BORST, Computus, S. 4 8 - 9 .
318 Anmerktingen
3 2 A l s erster h a t d a r a u f der A s t r o n o m F r i t z H E I L A N D , D i e a s t r o n o m i s c h e D e u t u n g
der V i s i o n K a i s e r K o n s t a n t i n s ( S o n d e r v o r t r a g i m Z e i s s - P l a n e t a r i u m , J e n a ) , 1 9 4 8 ,
h i n g e w i e s e n . N e u e r d i n g s M i c h a e l D I M A I O , J r . / J ö r n Z E U G E / N a t a l i a Z O T O V , Am-
biguitas Constantiniana: T h e caeleste. Signum Dei of C o n s t a n t i n e the G r e a t , in:
B y z a n t i o n 5 8 ( 1 9 8 8 ) , S . 3 3 3 - 6 0 . H a n s R e i n h a r d S E E L I G E R , D i e V e r w e n d u n g des
C h r i s t o g r a m m s d u r c h K o n s t a n t i n i m J a h r e 3 1 2 , in: Z s c h r . f . K i r c h e n g e s c h i c h t e
1 9 9 ( 1 9 8 9 ) , S . 1 4 9 - 6 8 (mit a c h t T a f e l n ) . - I c h v e r d a n k e w e r t v o l l e H i n w e i s e M a -
ria R . - A L F Ö L D I , F r a n k f u r t a . M .
33 D i e beiden e n t s c h e i d e n d e n Belege f ü r d a s Sieg b r i n g e n d e Z e i c h e n bei L a k t a n z u n d
bei E u s e b sind n i c h t e i n d e u t i g g e n u g , u m z w e i f e l s f r e i z w i s c h e n d e m S t a u r o g r a m m
(aus g r i e c h i s c h e n L e t t e r n g e f o r m t ein T a u , T , ü b e r d a s ein R h o , P , gestellt ist: als
A b k ü r z u n g f ü r s t a u r o s : K r e u z ) u n d d e m seit K o n s t a n t i n v e r b r e i t e t e n C h r i s t o -
g r a m m (aus C h i , X , u n d s e n k r e c h t h i n e i n g e s t e l l t e m R h o , P : die g r i e c h i s c h e n A n -
f a n g s b u c h s t a b e n des N a m e n s C h r i s t u s ) . B e i d e a n t i k e A u t o r e n a b e r w i s s e n , d a ß
ein C h r i s t u s z e i c h e n a u f die S c h i l d e g e m a l t w a r resp. d e m H e e r als F a h n e diente.
Lactantius, De mortibus pcrsccutorum c. 4 4 , 5 scheint dabei eine Art Stauro-
g r a m m b e s c h r i e b e n z u h a b e n , d a s a b e r a u s einem zur Seite g e d r e h t e n X b e s t a n d ,
dessen o b e r e r B a l k e n n a c h rechts zu e i n e m P u m g e b o g e n w a r , u n d d a s C h r i s t u s
bezeichnete (littera X transversa, summo capite circumflexa, Christum in scutis
notat). D e r A u t o r deutete d e m n a c h a l s b a l d n a c h d e m G e s c h e h e n i m J a h r 3 1 3 / 1 4
o d e r i m J a h r 3 1 4 / 1 5 ) d a s S i e g e s z e i c h e n als C h r i s t o g r a m m a u s C h i u n d R h o . A u c h
Euseb kannte im fraglichen K o n t e x t der Schlacht das einfache Kreuz ohne weitere
A t t r i b u t e als H e i l b r i n g e n d e s Z e i c h e n (Vita C o n s t a n t i n i 1 , 3 7 u n d 4 0 , u m 3 3 7 / 4 0 ) ,
h a t t e a b e r z u v o r , i m K o n t e x t d e r S c h l a c h t v o r b e r e i t u n g u n d der V i s i o n des K a i s e r s ,
d a s - w i e der A u t o r selbst a n d e u t e t e - s p ä t e r v o n K o n s t a n t i n n a c h g e b i l d e t e Z e i -
chen als K r e u z s t a b m i t d e m L a b a r u m (das C h r i s t o g r a m m i m P e r l e n k r a n z ) a m
o b e r e n E n d e b e s c h r i e b e n ( 1 , 2 8 - 3 1 ) . I n seiner K i r c h e n g e s c h i c h t e (um 3 1 5 / 3 1 7 )
hatte E u s e b w e d e r einen T r a u m o d e r eine V i s i o n n o c h ein H e i l b r i n g e n d e s Z e i c h e n
a u f d e n S c h i l d e n e r w ä h n t . In der V i t a p r o j i z i e r t e er o f f e n b a r in die V e r g a n g e n h e i t
z u r ü c k , w a s e r a u s eigener j ü n g e r e r A n s c h a u u n g u n d d u r c h U n t e r w e i s u n g K o n s -
t a n t i n s m i t t l e r w e i l e e r f a h r e n hatte. - G o l d s o l i d i christlicher K a i s e r zeigten seit
d e m vierten J a h r h u n d e r t gelegentlich die V i c t o r i a o d e r a u c h den K a i s e r selbst m i t
dem zum S t a u r o g r a m m ausgebildeten Kreuzstab.
3 4 S . B e r n a r d i O p e r a VII Epistolae I , edd. J . L E C L E R C Q , O . S . B . , H . R O C H A I S , R o m
1 9 7 4 , S. 1 4 8 N r . 5 6 .
35 F L A S C H , A u f k l ä r u n g i m M i t t e l a l t e r ? , S . 5 8 , als « r a d i k a l e A r i s t o t e l i k e r » c h a r a k t e -
risiert; d a n a c h zitiert.
3 6 Vgl. den Wikipedia-Artikel « O c k h a m s Rasiermesser» ( 1 . 9 . 1 4 ) .
3 7 NEWTON zitiert n a c h der d e u t s c h e n U b e r s e t z u n g : Sir I s a a c N e w t o n ' s m a t h e m a -
tische P r i n c i p i e n der N a t u r l e h r e . M i t B e m e r k u n g e n u n d E r l ä u t e r u n g e n hg. v o n
J . P h . W O L E E R S , B e r l i n 1 8 7 2 , hier S . 3 S 0 .
38 Z u r Sache auch SMOLLER, Earthquakes.
3 9 Z u m F o l g e n d e n : F R I E D , A u f der S u c h e n a c h der W i r k l i c h k e i t , hier S . 3 3 0 - 1 .
4 0 C h r o n i q u c des D u c s d e B r a b a n t , p a r E d m o n d d e D y n t e r , P u h l . . . . p a r P . F . X . D E
R A M , t. I 2 CMC p a r t i e c o m p r e n a n t les livres I, II et III, B r u x e l l e s 1 8 5 4 , h i e r II c. 16'
S. 1 6 4 - 6 7 .
41 D i e E n d z e i t p r e d i g t des N i k o l a u s v o n N e u j a h r 1 4 4 0 b r a c h t e d a s L e b e n C h r i s t i mit
Anmerktingen 319
der Geschichte der Kirche und damit der Heilsgeschichte in Analogie; referiert bei
Franz Anton SCHARPFF, Der Cardinal und Bischof Nicolaus von Cusa als Refor-
mator in Kirche, Reich und Philosophie des fünfzehnten Jahrhunderts, Tübingen
1 S 7 1 , S. 292.-4; das knappe apokalyptische Opusculum Coniectura de ultimis die-
bus von 1446 findet sich in: Nikolaus von Kues, Opera Omnia 4. Opuscula I,
hrsg. von Paulus WILPERT, Hamburg 1959, S. 9 1 - 1 0 0 ; vgl. Acta Cusana. Quellen
zur Lebensgeschichte des Nikolaus von Kues 1, hrsg. von Erich MEUTHEN, Ham-
burg 1976, S. 523 Nr. 703. Dazu Donald D. SULLIVAN, Apocalypse tamed: Cusa-
nus and the traditions of latc medieval prophecy, in: Journal of Medieval History
9 (1983) S. 2 2 7 - 3 6 . - Ich danke Gabriele ANNAS, Frankfurt am Main, für wert-
volle Hinweise.
42 Vgl. unten S. 2 1 7 - 8 (Kometenfeier auf Stift Neuburg).
43 PEUCKERT, Die große Wende, S. 1 5 3 - 6 .
44 HORTZITZ, Von den unmenschlichen Taten, S. 68-9.
45 Bert HANSEN, Nicole Oresme and the Marvels of Nature. A study of Iiis De causis
mirabilium with Critical Edition, Translation and Commentary, Toronto 1985,
S. 137.
46 Zur Übersicht: Florian EBELING, Das Geheimnis des Hermes Trismegistos. Ge-
schichte des Hermetismus, München 2005. Die Texte: Das Corpus Hermeticum
Deutsch, hrsg. von Carsten C'OLPE und Jens HOLZHAUSEN (Clavis Pansophiae
7,1-2), 2 Bde. Stuttgart-Bad Cannstatt 1997.
47 Ulrich MUHLACK, Zukunftsvorstellungen bei humanistischen Autoren des 15.
und 16. Jahrhunderts, in: Zukunftsvoraussagen in der Renaissance, hg. von Klaus
BERGDOLT und Walther LUDWIG, Wiesbaden 2005, S. 65-88.
48 Benutzt ist das Exemplar der Bayerischen Staatsbibliothek München 4 Inc. c. a. 1223.
49 Dazu Raymund KLIBANSKY, Erwin PANOFSKY und Fritz SAXL, Saturn und Me-
lancholie. Studien zur Geschichte der Naturphilosophie und Medizin, der Reli-
gion und der Kunst, Frankfurt a. M. 1990 u. ö., S. 367-94. Allgemein vgl. Eugenio
GARIN, Astrologie in der Renaissance, Frankfurt a.M./New York 1997.
5 0 E b d . K L I B A N S K Y , P A N O F S K Y , S A X L S . 3 7 7 mit A n m . 6 1 .
51 Tractatus de immortalitate animae. Abhandlung über die Unsterblichkeit der
Seele, hrsg. von Burkhard MOJSISCH, Hamburg 1990.
52 KOSELLECK, Vergangene Zukunft, S. 2 0 - 1 .
53 Vgl. KAUFMANN, Römisches und evangelisches Jubeljahr 1600, bes. S. 8 2 - 1 3 4 .
54 Zit. nach KLEMPT, Säkularisierung, S. 2 3 - 4 und S. 21; auch zum Folgenden he-
rangezogen.
55 TERTIA PARS C H R O N I C I CARIONIS, A CAROLO MAGNO, VBI PHILIPPVS Meluncb-
tbon desiit, vsque ad FRLDERLCVM Seeundum, EXPOSITA ET AVCTA A CASPARO
PEVCERO, Wittenberg 1563, Ep. Dcdicatoria (zu 111,5).
56' Zum Folgenden: KLEMPT, Säkularisierung, passim.
57 Cap. VII, zit. nach KLEMPT, Säkularisierung, S. 1 5 0 - 1 Anm. 154 und 155 (nach
dem Druck von 1607), dazu ebd. S. 50-3.
58 Cap. VIII, zit. nach KLEMP, Säkularisierung, S. 1 5 1 Anm. 162.
59 Opus Maius, ed. John Henry BRIDGES, 2 Bde. Oxford 1897.
60 Christine GACK-SCHEIDING, Johannes de Muris «Epistola super reformatione
antiqui kalendarii». Ein Beitrag zur Kalenderreform im 14. Jahrhundert (MGH
Studien und Texte 11), Hannover 1995.
320 Anmerktingen
8 6 KALTENHKUNNER, P o l e m i k , S . 5 3 1 - 2 .
8 7 V g l . V o l k e r LEPI'IN, « . . . m i t d e m k ü n f t i g e n J ü n g s t e n T a g u n d G e r i c h t v o n siinden
schlaff a u f f g e w e c k t » . L u t h e r i s c h e A p o k a l y p t i k z w i s c h e n I d e n t i r ä t s v e r g e w i s s e r u n g
und S o z i a l d i s z i p l i n i e r u n g ( 1 5 4 8 - 1 6 1 8 ) , in: E n d z e i t e n , S . 3 3 9 - 4 9 .
88 KALTENBRUNNER, P o l e m i k , S. 5 2 0 .
8 9 E i n e erste A u s g a b e « L e s P r o p h é t i e s d e M . M i c h e l N o s t r a d a m u s » erschien i n L y o n
1 5 5 5 ; zahlreiche Ausgaben und Übersetzungen folgten.
9 0 R E I C H E R T , I n d i e s e m H e r b s t der Welt, S . 2 4 5 .
91 Z i t . nach A n s e l m SCHOTT 0 . S . B., D a s M e ß b u c h der heiligen K i r c h e , « F r e i b u r g i m
Breisgau 1 9 3 8 , S . [ 1 3 4 ] ; entsprechend der T r a k t u s der « G e w ö h n l i c h e n M e s s e f ü r Ver-
storbene», w ä h r e n d die Sequenz in das Belieben des Priesters gestellt ist: S. [ 1 4 1 - 2 ] .
9 2 Z u s a m m e n f a s s e n d : Peter G O D M A N , T h e S a i n t a s C e n s o r . R o b e r t B e l l a r m i n e bet-
w e e n Inquisition a n d I n d e x (Studies i n M é d i é v a l a n d R e n a i s s a n c e T h o u g h t 80),
Leiden/Boston/Köln 2 0 0 0 , S . 2 1 6 - 2 1 .
9 3 V g l . neben F R I E D , A u f s t i e g , S . 1 2 2 - 5 u . ö . , R E I C H E R T , I n d i e s e m H e r b s t der Welt,
S . 2 4 0 , d a s Z i t a t . D a s J a h r 2 0 6 0 ergibt sich a u s N e w t o n s K a l k u l a t i o n , d a ß
1 2 6 0 J a h r e n a c h der G r ü n d u n g des H e i l i g e n R ö m i s c h e n R e i c h e s (durch K a r l d e n
G r o ß e n i m J a h r 8 0 0 ) d a s E n d e eintreten k ö n n t e : S o n a c h einem (heute i n der
J ü d i s c h e n N a t i o n a l b i b l i o t h e k J e r u s a l e m v e r w a h r t e n ) Brief a u s d e m J a h r 1 7 0 4 .
V g l . S t e p h e n D . SNOBELEN, I s a a c N e w t o n p r e d i c t e d t h a t the w o r l d w o u l d e n d
around 2060, in: http://topinfopost. com/2013/12/ii/isaac-newton-predicted-
that-the-world-would-end-around-2016 (14.7.2015).
31 V g l . k n a p p z u s a m m e n f a s s e n d : THEISSEN, M E R Z , L e h r b u c h , S . 2 2 . - 3 0 ; D a v i d Fried-
rich STRAUSS, D a s L e b e n J e s u , kritisch bearbeitet, 2 Bde. Tübingen 1 8 3 5 / 3 6 , - , I838.
3 2 LANDWEHR, G e b u r t der G e g e n w a r t , S . 1 5 3 - 9 1 .
3 3 H i e r z u und z u m F o l g e n d e n H Ö L S C H E R , Weltgericht o d e r R e v o l u t i o n , bes. S . 4 1 -
5-
3 4 HÖLSCHER, Weltgericht o d e r R e v o l u t i o n , S . 5 6 - 7 und S . 59.
35 So Friedrich RITTELMEYER 1 9 0 8 in einer N ü r n b e r g e r Predigt, zit. nach H Ö L -
SCHER, Weltgericht oder R e v o l u t i o n , S . 5 9 - 6 0 .
3 6 E n t d e c k t von R u d o l f C l a u s i u s , der w i e d e r h o l t d a v o n h a n d e l t e , z u m a l : Über die
b e w e g e n d e K r a f t der W ä r m e u n d die Gesetze, w e l c h e sich d a r a u s f ü r die W ä r m e -
lehre selbst ableiten lassen v o n R u d o l f CLAUSIUS, hg. v o n M a x PLANCK (Ost-
w a l d s K l a s s i k e r der e x a k t e n W i s s e n s c h a f t e n 99), L e i p z i g 1 9 2 1 . A l s p o p u l ä r e
Darstellung zum Wärmetod vgl. etwa ZIEGLER, OPPENHEIM, Weltuntergang,
S. 1 1 3 - 2 2 .
37 BULTMANN, N e u e s T e s t a m e n t und M y t h o l o g i e ; vgl. a u c h D E R S . , Geschichte u n d
Eschatologie.
38 J u l e s M I C H E L E T , Precis de l'histoire de F r a n c e , Paris 1 8 3 3 , 60; DERS., H i s t o i r e
I 2
de F r a n c e 2, Paris 1 8 3 5 , bes. 3 --
3 9 M o r t o n D . PALEY, A p o c a l y p s e a n d M i l l e n n i u m i n R o m a n t i c P o c t r y , O x f o r d 2 0 0 3 ;
E v a H O R N , D i e r o m a n t i s c h e V e r d u n k e l u n g . Weltuntergänge und die G e b u r t des
letzten M e n s c h e n u m 1 8 0 0 , in: W I E S E R , u . a . S . 1 0 1 - 2 4 .
40 FRIED, Endzeiterwartung, S. 4 7 1 .
41 Aus den «Gedichtoi eines fahrenden Gesellen» 1878, zit. nach TAMMANN,
VERON, H a l l e y s K o m e t , S . 2 3 1 .
4 2 F e r d i n a n d LOT, L e m y t h e des T e r r e u r s d e P a n mille, in: M e r c u r e d e F r a n c e 3 0 0
( 1 9 4 7 ) , S. 6 3 9 - 5 5 . Vgl. F R I E D , E n d z e i t fest im G r i f f des P o s i t i v i s m u s .
43 Für England: Ralph PORDZIK, Victorian Wastclands. Apocalyptic Discourse in
Nineteenth-Century Poetry, Heidelberg 2 0 1 2 .
4 4 V g l . unten K a p . 5 .
4 5 https://www.cai.org/de/bibelstudien/wie-alt-ist-die-erde ( 1 3 . 1 . 2 0 1 5 ) .
4 6 F o w i d - U m f r a g e zur E v o l u t i o n v o m E n d e Sept. 2 0 0 5 , E r s t e l l u n g s d a t u m 2 6 . 2 . 2 0 0 7 .
4 7 E n t s p r e c h e n d e s plante die hessische K u l t u r m i n i s t e r i n K a r i n W o l f f ( C D U ) i m J a h r
2 0 0 7 , neben der E v o l u t i o n s t h e o r i e in d e m B i o l o g i e u n t e r r i c h t in H e s s e n unterrich-
ten zu lassen, um zu verdeutlichen, d a ß die N a t u r w i s s e n s c h a f t e n keine letzten
Wahrheiten verbreiten k ö n n t e n , vgl. e t w a « D i e Welt» (online) v o m 7 . 7 . 2 0 0 7 .
48 Wolf-Detlef R O S T , Die A p o k a l y p s e aus p s y c h o l o g i s c h e r Sicht - A n g s t und Faszi-
n a t i o n , in: D a s P a r l a m e n t 6 2 , B e i l a g e , S . 4 4 - 5 0 .
4 9 D i e Z i t a t e sind e n t n o m m e n : H a d l e y CANTRIL, T h e I n v a s i o n f r o m M a r s . A Study
in the P s y c h o l o g y of Panic. W i t h the c o m p l e t e script of the f a m o u s O r s o n Welles
B r o a d c a s t , N e w Y o r k 1 9 6 6 (zuerst 1 9 4 0 ) : S . 3 1 d a s Z i t a t a u s der S e n d u n g ; S . 5 3
Panic; S . 1 2 3 F r a u e n u n d M ä n n e r ; S . 4 7 Skepsis. C a n t r i l s Studie basierte auf einer
u n z u r e i c h e n d e n A n z a h l v o n B e f r a g t e n . V o n einer M a s s e n p a n i k k a n n keine R e d e
sein, allenfalls von vorübergehender Verunsicherung: Vgl. dazu: Christoph
STRUPP, Mediale Massenpanik? O r s o n Welles' Radio-Hörspiel « W a r o f the
W o r l d s » ( 1 9 3 8 ) , in: Z e i t h i s t o r i s c h e F o r s c h u n g e n 8 ( 2 0 1 1 ) S . 3 2 2 - 7 .
50 http://www.songtexte.com/songtext/gianna-nannini/la-fine-del-mondo-2ba12466.
html
324 Anmerkungen
3 1 Vgl. Benjamin HENRICHS, Adam, zieh die Hosen an, in: www.zeit.de. Die Zeit
v o m 7 . 8 . 1 9 8 7 Nr. 3 3 , S . 2 9 (Archiv).
3 2 Die Verse sind von Maria Luise THURMAIR (1969) und finden sich im katho-
lischen Gesangbuch von 2 0 1 3 «Gotteslob» als Nr. 84,4. Es handelt sich um die
Neufassung des barocken Liedes «Morgenglanz der Ewigkeit».
33 Eva HORN, Der Untergang als Experimentalraum. Zukunftsfiktionen vom Ende
des Menschen, in: Das Parlament 62, Beilage, S. 3 2 - 8 ; Judith SCHOSSBÖCK,
Letzte Menschen. Die Heldinnen und Helden des Weltuntergangs, in: ebd. S. 3 8 -
44.
34 Joanna JABLKOWSKA. Literatur ohne Hoffnung. Die Krise der Utopie in der deut-
schen Gegenwartsliteratur. Wiesbaden 1993; BUSSE, Weltuntergang als Erlebnis;
Manon DELISLE, Weltuntergang ohne Ende. Ikonographie und Inszenierung der
Katastrophe bei Christa Wolf, Peter Weiss und Hans Magnus Enzensberger, Würz-
burg 2 0 0 1 . - Eine Anthologie: Apokalypse. Schreckensbilder in der deutschen
Literatur seit Jean Paul. Ein Lesebuch, Ausgewählt und hg. von Jürgen ENGLER,
Berlin 2 0 0 5 .
S. 2 4 4 - 5 .
39 Ich zitiere die Ausgabe Darmstadt, Neuwied 1986 (Sammlung Luchterhand 455),
hier S. 14 und S. 159.
4 ° Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 1988. Siegfried LENZ, Frankfurt a.M.
1988, Dankesrede «Am Rande des Friedens», hier S. 12 und S. 1 4 .
4 i Herbert ROSENDORFER, Deutsche Geschichte. Ein Versuch, Bd. 6: Friedrich der
Große, Maria Theresia und das Ende des Alten Reiches, München 2 0 1 0 , S. 205
(freundlicher Hinweis meines Mitarbeiters Janus GUDIAN).
42 Friedrich DÜRRENMATT, Durcheinandertal. Roman, Zürich 1989, die Zitate
S. 1 7 1 - 4 .
43 F. W. B E R N S T E I N , Die Gedichte. ¿ M ü n c h e n 2 0 0 7 , A p o k a l y p s o n - P r o g r a m m , S. 8 1 .
44 Georg DIEZ, ES ist nur ein Trick. Ein Treffen mit Woody Allen, der in seinem
neuen K i n o w e r k in die M a g i e flieht, D e r Spiegel 4 9 / 2 0 1 4 ( 1 . T 2 . 2 0 1 4 ) , S. T 3 2 - 3 ,
hier S. 133 - Woody ALLEN im Interview über seinen Film «Magic in the Moon-
light».
45 Weltuntergang (Das Parlament. Aus Politik und Zeitgeschichte 2 0 1 2 , Heft 51/52
Beilage).
4 6 Für eine erste Information: Gilles POLIZZI, «Au sanguinaire le nombre raconté»:
Time Shall Be No More; vgl. auch DF.RS., The Apocalyptic in the Twentieth Cen-
tury, S. 1 4 9 - 6 9 ; FULLER, Naming the Antichrist.
48 Frankfurter Allgemeine Zeitung 2.0.3.2000, S. 13, und vom 21.3.2013, S. 13.
49 Frankfurter Allgemeine Zeitung 4.7.2000, S. 1 1 .
50 Dazu MÜHLMANN, Chiliasmus und Nativismus.
51 «Sintflut verhindert Weltuntergang». So z. B. nach dem Magazin «Stern» (Internet-
ausgabe) 1.4.2008.
52 DYLAN, Lyrics, S. 794.
53 DYLAN, Lyrics, S. 800.
54 Asa LARSSON, Der schwarze Steg, -»München 2009, S. 7 (schwedisch «Svartstig»,
Stockholm 2006).
55 Ferdinand VON SCHIRACH, Verbrechen, Stories, ^Münchcn/Zürich 2010, S. T57.
56' Die Lyrics z.B.: www.magistrix.de>songtexte>interpreten (Iron Maiden). Zur
Band: http://de.wikipedia.org/wiki/The_Number_of_the_Beast_(Lied). Beide auf-
gesucht am 29.4.2014.
57 Auch daran erinnert REICHERT, Zeitsprünge; vgl. BOYER, Apocalyptic in the
Twentieth Century, S. 155 (mit weiterer Lit.).
58 Zit. nach BOYER, Apocalyptic in the Twentieth Century, S. 151 mit Anm. 6.
59 So 9NEWS.c0m - Newsroom am 9. Mai 2003 (mit Photo). Vgl. oben S. 1 1 - 1 2 .
60 Kritik daran: Sally BUZEE, AP, Das Wort vom Kreuzzug stößt auf Widerspruch,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung 18.9.2001.
61 Zum Jihadismus: Bchnam T.SAID, Islamischer Staat. IS-Miliz, al-Qaida und die
deutschen Brigaden, München 2014, S. 148 und S. 149. Vgl. oben S. 1 5 - 6 .
62 COOK, Contemporary Muslim Apocalyptic, passim.
63 COOK, Contemporary Muslim Apocalyptic, S. 198-9.
64 BLOOMFIELD, HOW to Recognize the Antichrist. Bloomficld verfaßte noch wei-
tere «apokalyptische» Bücher.
65 COOK, Contemporary Muslim Apocalyptic, S. 259 (Armageddon), S. 258 (Anti-
christ).
66* Spiegel-TV berichtete am 12. Mai 2013 darüber.
67 Die Barcode Verschwörung - Der Strichcode Satan (www.youtube.com/
watch?v=0m9fZp...) (6.4.2015).
68 Zur raschen Information vgl. den Wikipedia-Artikel «Orgon» (6.4.2015).
6*9 Dazu grundlegend die empirische Studie von FESTINGER, RIECKEN, SCHACTER.
70 GRÄSSER, Das Problem der Parusieverzögerung.
71 Vgl. oben S. 54 mit Verweis auf Sanhedrin 98a.
72 Dazu SCHOLEM, Die jüdische Mystik, S. 327-55.
73 Allgemein: Wolf-Detlef ROST, Apokalypse aus psychologischer Sicht, in: Das
Parlament 62, S. 44-50.
74 Beide Stimmen: www.gutefrage.net/tag/weltuntergang/i, besucht am 28.12.20x0.
75 Vgl. oben S. 15.
76 Der Film ist nicht zu verwechseln mit dem jüngeren Titel «The Day the World
Ended» (2001).
77 «Mad Max» war der Titel einer australischen «apokalyptischen» Filmserie von
George Miller (1980); hier ist die deutsche Hardrock-Band dieses Namens ge-
meint.
78 Eva HORN, Der Untergang als Experimentalraum. Zukunftsfiktionen vom Ende
328 Anmerktingen
des Menschen, in: Das Parlament 6z, S. 3Z-8; Judith SCHOSSBÖCK, Letzte Men-
schen. Die Heldinnen und Helden des Weltuntergangs, in: ebd. S. 38-43.
79 So Martina KNOBEN in ihrer Rezension des Filmes in: http://www.sueddetsche.de/
kultur/z.zzo/neuer-film-von-lars-von Trier (Süddeutsche Zeitung 5. Okt. z o n ) .
80 Zit. nach KAHL, Musikalisierung des Bösen, bei Anm. z8.
81 Dead Popstars Dead and Euronymous from Mayhem http://www.highdive.de/
deadpopstars/mayhem/index.htm (besucht am 1.4.Z015).
8z KARL, Musikalisierung des Bösen, bei Anm. 5 - 1 z; Brandstiftungen: ebd. nach
Anm. 23.
83 KARL, Musikalisierung des Bösen, nach Anm. 33.
84 So im Bericht von der Prozeßverhandlung am 2 1 . 5 . 2 0 1 4 : http://www:. Spiegel.de/
panorama/justiz/nsu-prozess-polizisten-ueber-den-einsatz-am-wohnmobil-in-
eisenach-a-9709z6.html
85 KARL, Musikalisierung des Bösen, nach Anm. 22.
86 http://www:metalstorm.net/bands/lyrics/.php?album
87 Als Beispiel: «MilMartillazos De Ira» (2010) der chilenischen Gruppe «Dies Irae».
88 Wie oben Anm. 8 1 .
8 9 http://bl0g.keinzweiter.de/2010/TI/29, besucht a m 2 8 . 1 2 . 2 0 1 0 .
90 http://rap.de/features/859, besucht am 2 8 . 1 2 . 2 0 1 0 .
91 Eingegeben 2 3 . 5 . 2 0 1 4 .
92 Vgl. FRIED, Endzeiterwartung, passim; DERS., Weg, S. 806-8; DERS., Anfänge,
S. 8 9 5 - 7 -
93 ZERO, hg. Theater und Orchester Heidelberg, Intendant Holger SCHULTZE, Hei-
delberg 1 9 1 3 .
94 Zuletzt: Max TEGMARK, Unser mathematisches Universum - Auf der Suche nach
dem Wesen der Wirklichkeit, Berlin 2015 (zuerst engl. 2014).
95 Paul J. STEINHARDT, Neil TUROK, Cosmic Evolution in a Cyclic Universe, in: Phy-
sical Review D65: 1 2 6 0 0 3 (2002) im Internet: arXiv:hep-th/0iii098vz; DIESS.,
Endless Universe. Beyond the Big Bang, New York u. a. Z007.
96 Fred ADAMS, Gregory LOUCHLIN, The Five Ages of the LJniverse. Inside the Phy-
sics of Eternity, New York 1999.
97 Robert R. CALDWELL, Marc KAMIONKOWSKI, The Physics of Cosmic Accelera-
tion, in: Annual Review of Nuclear and I'erticle Science 59 (2009) S. 3 9 7 - 4 2 9 , im
Internet: ArXiv:0903.086'6vi.
98 CHAMBERLAIN, Grundlagen.
99 Die Zitate: CHAMBERLAIN, Grundlagen, S. 3 1 3 , S. 309 und S. 5 3 1 .
1 0 0 CHAMBERLAIN, Grundlagen, S.cii.
1 0 1 Brief Wilhelms II. an Chamberlain vom 20.z.190z: Houston Steward CHAMBER-
LAIN, Briefe 1882-T924 und Briefwechsel mit Kaiser Wilhelm II., z Bde. München
19Z8, z S. 1 4 8 - 6 5 , hier S. 1 5 3 - 5 4 . - Vorstufen derartiger Vorstellungen finden sich
in der angelsächsischen Welt seit Darwin, vgl. BENZ, Schöpfungsglaube, S. 87-96.
ioz Vgl. Wolfgang MARTYNKEWICZ, Salon Deutschland. Geist und Macht 9 0 0 - 1 9 4 5 ,
Berlin Z009, S. 1 1 9 - z o .
1 0 3 Christian NOTTMEIER, Adolf von Harnack und die deutsche Politik 1 8 9 0 - 1 9 3 0 .
Eine biographische Studie zum Verhältnis von Protestantismus, Wissenschaft und
Politik (Beiträge zur historischen Theologie IZ4), Tübingen Z004, S. 253 mit
Anm. 96, mit Verweis auf den schon in Anm. 98 zitierten Brief vom 2 0 . 2 . 1 9 0 2 , in:
Anmerktingen 329
Briefe Bd. 2, S. I6'o, und Wilhelms Antwort vom ZT.1Z.T90Z, ebd. S. 1 6 5 - 8 , hier
S. 1 6 5 und S. 1 6 8 .
104 SPENGLER, Der Untergang des Abendlandes. Dazu Detlef FELKEN, Oswald Speng-
ler. Konservativer Denker zwischen Kaiserreich und Diktatur, München 19S8.
105 SPENGLER, Untergang 1, S. 621.
106 Zum Begriff «apokalyptisches Lebensgefühl» vgl. oben S. 40 und unten S. 257.
1 0 7 Gottfried BENN, Der neue Staat und die Intellektuellen, Stuttgart/Berlin 1 9 3 3 ,
S. 1 5 1 - 6 4 , hier S. 1 6 1 (die Hervorhebungen stehen im originalen Text).
108 Felix GROSSHEUTSCHI, Carl Schmitt und die Lehre vom Katechon, Berlin 1996;
Heinrich MEIER, Die Lehre Carl Schmitts. Vier Kapitel zur Unterscheidung Poli-
tischer Theologie und Politischer Philosophie, Stuttgart/Weimar 1994; Ruth
GROI-I, Arbeit an der Heillosigkeit der Welt. Zur politisch-theologischen Mytho-
logie und Anthropologie Carl Schmitts, Frankfurt a. M. 1998; Julia HELL, Kate-
chon: Carl Schmitt's Imperial Theology and the Ruins of the Future, in: The
Germanic Review 84 (2009) S. 2 8 3 - 3 2 6 . - Das folgende Zitat: Carl SCHMITT,
Glossarium. Aufzeichnungen der Jahre 1 9 4 7 - 1 9 5 1 , hg. Eberhard Freiherr VON
MEDEM, Berlin 1991 (erst posthum erschienen), S. 63.
109 «Nur noch ein Gott kann uns retten». Spiegel-Gespräch mit Martin HEIDEGGER
am 23. Sept. 1966, in: Der Spiegel 23/1976 S. 1 9 3 - 2 1 9 ; das folgende Zitat: S. 209;
Martin HEIDEGGER, Gesamtausgabe I. Abteilung: Veröffentlichte Schriften 1 9 1 0 -
1976 Bd. 16, Frankfurt a. M. 2000, S. 6 5 2 - 8 3 , hier S. 6 7 1 . Das Gespräch führten
Rudolf AUGSTEIN (der Chefredakteur des Magazins) und Georg WOLFF (Ressort-
leiter für Geisteswissenschaften und ehemaliger SS-Hauptsturmführer im «Sicher-
heitsdienst»). Ich danke Silvio VIETTA für wertvolle Hinweise. - Zum Interview
jetzt: Lutz HACHMEISTER, Heideggers Testament. Der Philosoph, der Spiegel und
die SS, Berlin 2 0 1 4 .
1 1 0 Martin HEIDEGGER, Die Selbstbehauptung der deutschen Universität, Freiburg
im Breisgau 1 I 9 3 4 ; jetzt maßgeblich: Hermann HEIDEGGER (Hg.), Die Selbstbe-
hauptung der deutschen Universität. Das Rektorat 1933/34, ^-Frankfurt am Main
1 9 9 0 , S. 1 0 - 9 .
in Die Abwiegelungstendenz und die mangelnde Bereitschaft zur Rechenschafts-
legung über die eigene Verstrickung in das Unrechtsregime des NS, die Heidegger
bis zuletzt beibehielt, sind nicht Gegenstand des vorliegenden Textes. Ich verweise
statt aller auf Klaus-Martin KODALLE, Verzeihung denken. Die verkannte Grund-
lage humaner Verhältnisse, München 2 0 1 3 , S. 1 0 8 - 1 3 .
1 1 2 So der Erlanger Theologe Richard RIESS, Mythos Titanic; DERS., Der Untergang
der Titanic.
1 1 3 Vgl. die vorige Anm.
1 1 4 Karl JASPERS, Die Atombombe und die Zukunft der Menschheit. Politisches Be-
wußtsein in unserer Zeit, München 1958 u. ö., ich zitiere die Taschenbuchausgabe
Münchcn T96T, S. T 4 - 5 , S. 3 5 5 - 6 , S. 3 6 4 .
TT5 Kai BIRD, Martin J.SIIERWIN, J.Robert Oppenheimer. Die Biographie, Berlin
2009. Oppenheimers Erinnerungswort ist als spot zu sehen: www.youtube.com/
watch?v-yLvliWuadhQ (gesehen: 4.8.2015); der Vers der Bhagavadgltä handelt
vom höchsten Gottwcscn, das zu dem fragenden Arjuna spricht: Ich bin die Zeit,
die mächtige Vernichtung der Welt, ich kam hierher, um alle Menschen dieser Welt
hinwegzuraffen. Vgl. oben S. 1 8 - 9 .
330 Anmerktingen
1 1 6 Vgl. oben S. 2 1 2 - 3 .
1 1 7 Vgl. unten Stephen Hawking.
1 1 8 Nur als Beispiel: Carl Friedrich VON WEIZSÄCKER, Mit der Bombe leben. Die
gegenwärtigen Aussichten einer Begrenzung der Gefahr eines Atomkrieges, Ham-
burg 1958.
1 1 9 Zur Sekte knapp der entsprechende Wikipedia-Eintrag (26.1.2015); das Zitat:
GRAY, Politik der Apokalypse, S. 309. Bezeichnend ist der deutsche Titel des US-
amerikanischen Psychiaters Robert J. LIFTON, Terror für die Unsterblichkeit. Er-
lösungssekten proben den Weltuntergang, München, Wien 2000, der amerika-
nische Titel: «Destroying the World to Save it: Aum Shinrikyo, Apocalyptic
Violence, and the New Global Terrorism» (2000).
1 2 0 Hawaii: www.futures.hawaii.edu; Berlin: www.ewi-psy.fu-berlin.de/v/master-
zukunftsforschung/_media/Flyer/Materstudiengang-Zukunftsforschung_Kurz-
vorstellung; (besucht: 12. Juli 2015); Konstanz: http://www.zukunftskolleg.uni-
konstanz.de (besucht: 25.1.2015).
1 2 1 Nick BOSTROM, Superintelligenz. Szenarien einer kommenden Revolution, Berlin
2014 (Die Originalausgabe erschien Oxford 2014).
1 2 2 Donella H. MEADOWS, Dennis L.MEADOWS u.a., The Limits to Growth, 1972,
dt. Stuttgart 1 9 7 2 u. ö.; vgl. auch: Jorgen RANDERS, 2052: Droht ein globaler Kol-
laps?, in: Das Parlament 62, Beilage, S. 3 - 1 0 .
1 2 3 Donella H. MEADOWS, Dennis L. MEADOWS u. a., Limits to Growth. The 30-Year-
Update, Chelsea Green 2004; dt. Stuttgart 2006.
124 Bohdan HAWRYLYSHYN, Road Maps to the Future: Towards more effective socie-
ties, Elmsford (New York) 1980.
1 2 5 Vgl. Fritz VAHRENHOLT, Sebastian LÜNING, Die kalte Sonne. Warum die
Klimakatastrophe nicht stattfindet, zuerst Hamburg 2 0 1 2 ; die Zitate stammen
aus einem Bericht in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 28.3.2014,
Nr. 74 S. 21: «Protest gegen Klima-Schwarzmalerei». Axel BOJANOWSKI,
Streit um die Erderwärmung. Angesehener Meteorologe wechselt zu den Klima-
skeptikern, in: http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/klimawandel (vom
5.5.2014).
126 Die Autorin war Heike FALLER.
1 2 7 Jorgen RANDERS, 2052. Eine globale Prognose für die nächsten 40 Jahre. Der
neue Bericht an den Club of Rome, München 2012.
128 Vgl. etwa Eric SCHMIDT, Jared COHEN, Die Vernetzung der Welt. Ein Blick in un-
sere Zukunft, Reinbek bei Hamburg 2013.
129 Denis PAMLIN, Stuart ARMSTRONG, Global Challenges. 12 Risks that threaten
human civilisation, The case for a new risk category, Stockholm 2015.
1 3 0 Die Frage formulierte Nick BOSTROM, Superintelligenz. Szenarien einer kommen-
den Intelligenz, Berlin 2014, S. 164.
131 Spiegel-Online 7.2.2015: «Vier Tage Weltuntergang».
132 Spiegel-Online: 20.7.2008: http://spiegel.de/wissenschaft/mensch
133 Zit. nach Rhein-Neckar-Zeitung Heidelberg vom 19.Mai 2014, Nr. 1 1 4 S. 10.
134 Vgl. Yual HARARI im Gespräch mit Johannes KUHN, Süddeutsche.de Digital vom
7.2.2015 «Wir werden gewaltige Ungleichheiten erleben»: http://www.sueddeut-
schc.dc/digital/2.220/univcrsalhist0riker-yuval-harari
1 3 5 GRAY, Politik der Apokalypse.
Anmerktingen 331
136' Arnold HANSLMEIER, Kosmische Katastrophen, in: Das Parlament 62, S. 50-56.
1 3 7 J.Richard GOTT, Implications of the Copernican principle for our future pros-
pects, in: Nature 363 (1993) S. 3 1 5 - 9 .
138 Die Zahlen verbreitete die Sendung «Planet Wissen: <Wie die Welt wirklich enden
wird>» vom 27.9.2013, vgl. www.planet-wissen.de/natur_technik/wcltall/univer-
sum/Weltuntergang.jsp
1 3 9 Klaus JACOB, Die sechste Katastrophe, in: Süddeutsche Zeitung vom 31.8.2014
(Online), (auch: DERS., Das große Sterben, in: Natur 09/20x4). 185 Krater: Tho-
m a s K E N K M A N N , M i c h a e l POEJLCHAU, A l e x D E U T S C H , Klaus T H O M A , K o s m i s c h e
Kollisionen in der Experimentierkammer, in: forschung. Das Magazin der Deut-
schen Forschungsgemeinschaft 3/2014, S. 1 4 - 9 , hier S. 19.
140 Axel BOJANOWSKI, Grönland: Forscher entdecken größten Meteoritenkrater der
Erde, in: Spiegel-Online Wissenschaft, 3.7.2012.
141 K E N K M A N N , P O E L C H A U , D E U T S C H , T H O M A , Kosmische Kollisionen (wie oben
Anm. 139).
1 4 2 Clive OPPENHEIMER, Climatic, environmental and human consequences of the
largest known historic eruption: Tambora eruption (Indonesia) 1815, in: Progress
in Physical Geography 27 (2003) S. 2 3 0 - 5 9 (http//ppg.sagepub.com/content/27/
2Z230.refs.html). Zum Ausbruch, seinen sozialen, politischen und kulturellen Fol-
gen vgl. B E H R I N G E R , T a m b o r a .
143 Mary SHELLEY, Frankenstein or The Modern Prometheus. The 1S18 Text, ed.
Marilyn BUTLER (Oxford World's Classics), Oxford, New York 1994 u. ö. Zu den
erwähnten Folgen des Tambora-Ausbruchs und der Zitate: Ronald D. GERSTE,
Alle redeten vom Wetter, in: Die Zeit 2015/12 vom 19. März 20x5, S. 21. Zu Shel-
ley und Byron vgl. auch BEHRINGER, Tambora, S. 259-62; hier S. 56-8 und
S. 1 3 8 - 4 2 zu den folgenden Beispielen der «Michelianer» und «Pöschlianer».
144 Axel BOJANOWSKI, Genug Magma für den Weltuntergang (Spiegel-Online
23. April 2015, mit weiteren Hinweisen), http://www.spiegel.de/wissenschaft/
natur/ywllowstone-supervulkan-gigantische-magma-vorraete-unter-vulkan-a-
1030132-druck.html.
145 Vgl. oben S. 1 4 - 2 0 . Ferner: Hubert SEIWERT, End of Time and New Time in Me-
dieval Chinese Buddism, in: Apocalyptic Time. Ed. By Albert I. BAUMGARTEN (Stu-
dies in the History of Religions 86), Leiden/Boston/Köln 2.000, S. 1 - 1 4 .
146 Gottfried BENN, Verlorenes Ich, zuerst Privatdruck 1943.
147 So eine dpa-Meldung, zit. nach Rhcin-Neckar-Zeitung vom 6-/7. Dezember 2014,
Nr. 282 S. 33.
148 Ich zitiere den achten Abdruck der 5. Auflage von 1932, Berlin/New York 1979
(zuerst 1930).
149 Vgl. dazu oben S. 253-7.
VT. Weltuntergang
SEN, GLEISS 1885 (www.textlog.de). Als Motto zitiert von Friedrich DÜRREN-
MATT, Der Auftrag oder vom Beobachten des Beobachters der Beobachter. No-
velle in vierundzwanzig Sätzen, Zürich 1986, auch als Hörbuch.
18 Warnung vor einer Kontaktaufnahme mit Aliens (keine Skepsis hinsichtlich ihrer
Existenz): Stephen FIAWKING, vgl. den Spiegel-Artikel: «Sprecht bloß nicht mit
den Aliens» vom 25. Apr. zoro: http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltall/war-
nung-von-astrophysiker-hawking-sprecht-bloß-nicht-mit-den-aliens-a-691115.
htm!
19 Der Song des von Karl Golgowsky gegründeten Golgowsky-Quartctts eroberte im
Jahr 1954 den ersten Platz der deutschen Schlager-Hitlist, vgl. www.amazon.
de'...' Schlager: Am 30. Mai ist der Weltuntergang.
20 Daran erinnerte am 6. Jan. 2015 der Spiegel-Online-Kultur. Das Video ist nicht be-
stätigt. Das Zitat lautet: We won't be signing off until the world ends. We'll be on,
and we will cover the end of the world, live, and that will be our last event. (...)
we'll play <Nearer, my God, to Thee', before ive sign off. (vgl.en.wikipedia.org/
wiki/Ted_Turner - besucht am 8.1.2015).
21 Informationen dazu finden sich unter den Stichworten «Ewiges Leben» oder Ray
KURZWEIL bei «Wikipedia».
22 Jaspers: oben S. 274; Thomasakten 1 0 8 - 1 3 , z ' r - 'n Anlehnung an: Die Gnosis I,
hier S. 457, vgl. oben S. 7 1 ; Enzyklika: Laudato si: Die Umweltenzyklika des Pap-
stes. Vollständige Ausgabe, Freiburg i.Br. 2015, die Zitate: IX, 243 Kapitelüber-
schrift und Text.
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1 9 3 8 = N e u d r u c k : P a u l u s , die P h a r i s ä e r u n d d a s N e u e T e s t a m e n t , F r a n k f u r t a . M .
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dins T h e o l o g i e der E n d z e i t , M ü n c h e n 1 9 6 5 .
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f u r t a m M a i n 5), S i g m a r i n g e n 1 9 9 6 .
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