Dom Karlos – Teil 3
I.
Dom Karlos von Spanien.
Fortsezung.
König Philipp bleibt eine Zeit lang in düstres Nachdenken versunken stehen – endlich geht er einige Schritte im Saal auf und nieder. Bis er den Herzog von Alba gewahr wird. Alba nähert sich verlegen.
Philipp.
Seid jede Stunde des Befehls gewärtig,
nach Brüßel zu marschieren.
Alba.
Alles steht
bereit, mein König.
Philipp.
Eure Vollmacht liegt
versiegelt schon im Kabinet. Indessen
nehmt euren Urlaub von der Königin,
Und zeiget euch zum Abschied dem Infanten.
Alba.
Mit den Gebärden eines Wütenden
sah ich ihn eben diesen Saal verlassen.
Auch Eure königliche Majestät
sind außer sich und scheinen tief bewegt – –
vielleicht der Inhalt des Gesprächs? –
Philipp
nach einigem Auf- und Niedergehen.
Der Inhalt
war Herzog Alba.
Der König bleibt mit dem Aug auf ihm haften.
Ruhig Herzog. Nie
wird meine erste Meinung von euch wanken.
Der Herzog wird nachdenkend, der König fährt fort, ihn scharf zu beobachten.
Der Prinz ist euer Freund nicht.
Alba.
Ich bin stolz,
ein Schiksal mit dem Könige zu theilen.
Philipp
finster.
Ich wüßte nicht, was ich mit Herzog Alba
zu theilen hätte – – – Gerne mag ich hören,
Daß Karlos meine Räthe haßt, doch mit
Verdruß entdek’ ich, daß er sie verachtet.
Alba
entfärbt sich und will auffahren.
Verachtet –
Philipp.
Keine Antwort, Herzog Alba –
Jezt keine Antwort. Ich erlaube euch
den Prinzen zu versöhnen.
Alba.
Mein Monarch,
ich bin Soldat und Ritter.
Philipp.
Der Infant
ist eures Königs Sohn – – – und wer von euch
berechtigt ist, Abbitte von dem andern
zu fodern, das entscheidet selbst – – – Sagt an,
wer war es doch, der mich zum erstenmal
vor meines Sohnes schwarzem Anschlag warnte? – –
Da hört ich euch, und nicht auch ihn. Ich will
Die Probe wagen, Herzog. Künftighin
steht Karlos meinem Trone näher. Geht.
Der König begiebt sich in das Kabinet. Der Herzog entfernt sich durch eine andere Thüre.
Ein Vorsaal vor dem Zimmer der Königin.
Karlos kömmt im Gespräch mit einem Pagen durch die Mittelthüre. Die Hofleute, welche sich in der Antichambre befinden, zerstreuen sich bey seiner Ankunft in den angränzenden Zimmern.
Karlos.
Ein Brief an mich? … Wozu denn dieser Schlüssel? …,
und beides mir so heimlich überliefert? …
Komm näher … wo empfiengst du das?
Page
geheimnißvoll.
Wie mich
die Dame merken lassen, will sie lieber
errathen als beschrieben sein …
Karlos
zurükfahrend.
Die Dame?
indem er den Pagen genauer betrachtet.
Was? … Wie? … Wer bist du denn?
Page.
Ein Edelknabe
von ihrer Majestät der Königin – –
Karlos
erschroken auf ihn zugehend, und ihm die Hand auf den Mund drükend.
Du bist des Todes. Halt! Ich weiß genug.
Er reißt hastig das Siegel auf, und tritt an das äußerste Ende des Saals, den Brief zu lesen. Unterdessen kömmt der Herzog von Alba, und geht ohne von dem Prinzen bemerkt zu werden, an ihm vorbei, in der Königin Zimmer. Karlos fängt an, heftig zu zittern, und wechselweise zu erblassen und zu erröthen. Nachdem er gelesen hat, steht er lange Zeit sprachlos und ohne Bewegung, die Augen starr auf den Brief geheftet – endlich wendet er sich zu dem Pagen mit leiser bebender Stimme.
Sie gab dir selbst den Brief?
Page.
Mit eignen Händen.
Karlos.
Sie gab dir selbst den Brief? – – o spotte nicht,
noch hab ich nichts von ihrer Hand gelesen,
ich muß dir glauben, wenn du schwören kannst.
Wenns Lüge war, gesteh mirs offenherzig,
und treibe keinen Spott mit mir.
Page.
Mit wem?
Karlos
sieht wieder in den Brief, und betrachtet den Pagen mit zweifelhafter forschender Miene. Nachdem er einen Gang durch den Saal gemacht hat.
Du hast noch Aeltern? Ja. Dein Vater dient
dem Könige, und ist ein Kind des Landes?
Page.
Er fiel bei S. Quentin, ein Obrister
der Reuterei des Herzogs von Savoyen,
und hieß Alonzo, Graf von Henarez.
Karlos
indem er ihn bei der Hand nimmt und die Augen bedeutend auf ihn heftet.
Sohn des Alonzo, du bist sechszehn Jahr alt,
mehr bist du nicht – wenn du dem dreißigsten
dich nähern wirst, ist diese Welt verwandelt.
Dann, junger Freund, wenn deine Ruhmbegier,
im Sonnenlicht der Majestät entfaltet,
des Glückes goldne Preiße feurig sucht,
dann ist die Reih an mir, sie auszutheilen.
Noch steht die Wahl dir frei. Besinne dich.
Quält dich der Stolz, der Ehre Vollgenuß
als Knabe schon, als Jüngling zu verpraßen,
durch eine frühe Missethat den Sommer
der Größe zu beschleunigen – wolan
verrathe deines Königs Sohn. So hoch
wird dich Dom Philipps Dankbarkeit nicht heben,
als Karlos Haß dich stürzen kann. Sei klug,
und pflanze hier in seines Erben Brust,
Daß dein erwachter Ehrgeiz hier einst erndte.
Bedenke dich. Noch steht die Wahl dir frei.
Die Wahl ist groß, und nunmehr – widerrufe.
Page.
Was soll ich widerrufen, Prinz?
Karlos.
Der Brief –
Du wüßtest nicht? – Der Brief enthält ein Glük – –
ein Glük, vor dem mir schaudern muß. Weißt du,
wohin mich dieser Schlüssel führt? – – Wärs wahr,
was du mich glauben machen wilst, wofür
noch Cherubim vor seinem Paradiese?
… Den Brief gab dir der König.
Page
empfindlich.
Gnäd’ger Prinz,
mein Vater war Soldat und Edelmann
und ein Kastilianer.
Karlos.
Du bist stolz?
O dann vergib mir.
Er ließt den Brief.
"Dieser Schlüssel öffnet
die hintern Zimmer im Pavillon
der Königin. Das äußerste von allen
stößt seitwärts an ein Kabinet, wohin
noch keines Horchers Fußtritt sich verloren.
Hier darf die Liebe frei und laut gestehn,
was sie so lange Winken nur vertraute,
Erhörung wartet auf den Furchtsamen,
und schöner Lohn auf den bescheidnen Dulder.“
wie aus einer Betäubung erwachend.
Ich träume nicht … ich rase nicht … das ist
mein rechter Arm … das ist mein Schwerd … das sind
geschriebne Silben. Es ist wahr und wirklich,
Ich bin geliebt – Sie selber hats gestanden –
ich bin geliebt – ich bin es – Ja, ich bin
der Glüklichste der Glüklichen, so weit
das Unermeßliche von Bürgern wimmelt,
Sie liebt mich. Ja. Sie liebt mich.
Dem Pagen um den Hals fallend.
Heute, jezt,
jezt werd ichs ja in ihren Augen lesen,
jezt, jezt von ihren Lippen selbst es hören,
von ihren Lippen die Bekräftigung
in trunknen himmelvollen Küssen schöpfen,
Sie liebe mich!
außer Fassung durchs Zimmer stürzend, und die Arme zum Himmel empor geworfen.
Allmächtiger, warum,
warum bin ich nicht Herr von deiner Welt,
um sie in meiner Freude zu verschenken!
Page.
So kommen sie mein Prinz, ich führe sie.
Karlos.
Erst laß mich zu mir selber kommen – laß
mich Athem schöpfen. Zittert nicht das ganze
Entsezen dieser Wollust noch in mir?
Hab ich so stolz gehoft? Hab ich das je
zu träumen mir getraut? Wo ist der Mensch,
der sich so schnell gewöhnte, Gott zu sein?
… Wer war ich, und wer bin ich nun? Das ist
ein andrer Himmel, eine andre Sonne,
als vorhin da gewesen war – das ist
die Welt nicht mehr, wo Tränen fließen sollen –
Nein, das war nur ein Fiebertraum, er ist
vorüber, ich bin aufgewacht. Sie liebt mich.
O laß mich – laß mich’s ringsherum dem ganzen
Madrid, dem Hof, dem Königreich, der Erde,
den Lebenden und Todten es erzählen,
erzählen wie ich glüklich bin.
Er will gehen.
Page.
Wohin?
Wem wollen Sie erzählen? Sie vergessen – –
Karlos
von einer plözlichen Erstarrung ergriffen.
Den König meinen Vater!
er läßt die Arme sinken, blikt scheu umher, und fängt an sich zu sammeln.
Das ist schreklich …
Ja ganz recht, Freund. Ich danke dir. Ich war
so eben nicht ganz bei mir … Daß ich das
verschweigen soll, der Seligkeit so viel
in diese Brust vermauren soll, das, das
ist schreklich … Unterirrdisch Gold, sagt man,
wird unter Todtenstille nur gehoben.
Drum will ich auch nicht athmen.
Den Pagen bei der Hand fassend und bei Seite führend.
Was du heute
gesehen hast – hörst du? – und nicht gesehn,
sei wie ein Sarg in deiner Brust versunken.
Jezt geh. Ich will mich finden. Geh. Man kömmt.
Man darf uns hier nicht treffen. Geh.
Page.
Die Stunde
ist Dämmerung. Das Kabinet zur Linken.
Karlos.
Ich will mich finden. Geh.
Page.
will fort.
Karlos.
Doch halt, doch höre …
Es war ein leerer Schrecken … Höre, bleib!
Der Page kömmt zurük. Karlos legt ihm eine Hand auf die Schulter, und sieht ihm ernst und fest ins Gesicht.
Du nimmst ein schrekliches Geheimniß mit,
Das jenen starken Giften gleich die Schaale,
worinn es aufgefangen wird, zersprengt, –
und ein Geheimniß, welches zu ergründen
mein Vater, stünds in seiner Macht, das Reich
der Todten durch die Folterschraube fragte …
Trag es dem Trone nicht zu nah – auch nicht
zu nah dem Falkenblik des Müßiggangs.
Beherrsche deine Mienen gut. Dein Kopf
erfahre niemals was dein Busen hütet.
Sei wie das todte Sprachrohr, das den Schall
empfängt und widergibt und selbst nicht höret.
Du bist ein Knabe – sei es immerhin
und fahre fort den frölichen zu spielen –
wie gut verstand’s die kluge Schreiberin
der Liebe einen Boten auszulesen!
hier sucht der König seine Nattern nicht.
Page.
Und ich, mein Prinz, ich werde stolz drauf sein,
um ein Geheimniß reicher mich zu wissen,
als selbst der König –
Karlos.
Eitler junger Thor,
Das ists, wovor du zittern must – kennst du
die Nation der Spanier so wenig?
Der Geiz des Spaniers – hat man dir nie
davon erzählt? – zerriß in Mexiko
des Indiers lebendiges Gedärme,
weil Gold darinn zu hoffen war. Das konnte
der Durst nach Gold: der Argwohn dürstet heißer.
O glaube mir, es ist ein traurig Glük
die Wißbegier der Könige zu reizen –
Page.
Der Himmel hüte mich davor!
Karlos.
Geschieht's,
daß wir uns öffentlich begegnen, schüchtern
mit Unterwerfung nahst du mir. Die Rolle
die du jezt übernommen hast, ich fürchte,
ist für ein Knabenherz zu kühn. Laß nie
die Eitelkeit zu Winken dich verführen,
wie gnädig der Infant dir sei. Du kannst
nicht schwerer sündigen, mein Sohn, als wenn
du mir gefällst. … Was du mir künftig magst
zu hinterbringen haben, sprich es nie
mit Silben aus, vertrau’ es nie den Lippen.
Den allgemeinen Fahrweg der Gedanken
betrete deine Zeitung nicht. Viel lieber
laß sie, dem aufgejagten Mörder gleich,
durch bahnenlose Wüsten zu mir kriechen,
wo niemand ihre Spuren sucht. Du sprichst
mit deinen Wimpern, deinem Zeigefinger,
ich höre dir mit Blicken zu. Die Luft,
das Licht um uns ist Philipps Kreatur,
die tauben Wände stehn in seinem Golde – –
Man kömmt –
Das Zimmer der Königin öffnet sich und der Herzog von Alba tritt heraus.
Hinweg. Auf Wiedersehen.
Page.
Prinz,
Daß sie das rechte Zimmer nur nicht fehlen!
Karlos.
Es ist der Herzog … Nein doch, nein, schon gut,
ich finde mich.
Der Page geht ab. Karlos ist im Begriff ihm durch eine andre Thüre zu folgen.
Dom Karlos und Herzog von Alba.
Alba.
ihm in den Weg tretend.
Zwei Worte, gnädiger Prinz.
Karlos.
Ganz recht. Schon gut. Ein andermal.
Er will gehen.
Alba.
Der Ort
scheint freilich nicht der schicklichste. Vielleicht
gefällt es Eurer königlichen Hoheit,
auf ihrem Zimmer mir Gehör zu geben.
Karlos.
Wozu? Das kann hier auch geschehn – nur schnell,
nur kurz.
Alba.
Was eigentlich hieher mich führt,
ist, Eurer Hoheit unterthängen Dank
für das bewußte abzutragen …
Karlos.
Dank?
Mir Dank? Wofür – und Dank von Herzog Alba?
Alba.
Denn kaum daß, Sie das Zimmer des Monarchen
verlassen hatten, ward mir angekündigt,
nach Brüßel abzugehen.
Karlos.
Brüßel! So!
Alba.
Wem sonst, mein Prinz, als ihrer gnädigen
Verwendung bei des Königs Majestät
kann ich es zuzuschreiben haben? …
Karlos.
Mir?
Mir ganz und gar nicht – mir wahrhaftig nicht.
Sie reisen – reisen sie mit Gott.
Alba.
Sonst nichts?
Das nimmt mich Wunder – Eure Hoheit hätten
mir weiter nichts nach Flandern aufzutragen?
Karlos.
Was sonst? Was dort?
Alba.
Doch schien es noch vor kurzem,
als foderte das Schicksal dieser Länder
Dem Karlos eigne Gegenwart.
Karlos.
Wie so?
Doch ja – ja recht – das war vorhin – das ist
auch so ganz gut, recht gut, um so viel besser –
Alba.
Ich höre mit Verwunderung …
Karlos.
nicht mit Ironie.
Sie sind
ein großer General – wer weiß das nicht?
Der Neid muß es beschwören. Ich – ich bin
ein junger Mensch. So hat es auch der König
gemeint. Der König hat ganz recht, ganz recht.
Ich seh's jezt ein. Ich bin vergnügt, und also
genug davon. Glük auf den Weg. Ich kann
jezt, wie sie sehen, schlechterdings – ich bin
so eben etwas überhäuft – das weitere
auf morgen oder wenn sie wollen, oder
wenn sie von Brüßel wiederkommen …
Alba.
Wie?
Nach zehen Jahren?
Karlos.
Leben sie denn wol.
nach einigem Stillschweigen, wie er sieht, daß der Herzog noch immer auf seiner Stelle bleibt.
Sie nehmen gute Jahrszeit mit – die Reise
geht über Mailand, Lothringen, Burgund
und Deutschland … Deutschland? Recht in Deutschland war es!
Da kennt man sie! … Wir haben jezt April.
Mai – – Junius – – im Julius, ganz recht,
und spätestens zu Anfang des Augusts
sind sie in Brüßel. O ich zweifle nicht,
man wird sehr bald von ihren Siegen hören.
Sie werden unsers gnädigsten Vertrauens
sich werth zu machen wissen.
Alba.
mit Bedeutung.
Werd ich das
in meines Nichts durchbohrendem Gefühle?
Karlos
nach einigem Stillschweigen, mit Würde und Stolz
Sie sind empflindlich, Herzog – – und mit Recht.
Es war, ich muß bekennen, wenig Schonung
von meiner Seite, Waffen gegen sie
zu führen, die sie nicht im Stande sind
mir zu erwiedern.
Alba.
Nicht im Stande, Prinz?
Karlos.
Und dann … Kann Herzog Alba denn dafür,
wenn ihm Natur zum Werth von Seinesgleichen
Das Selbstgefühl von Meinesgleichen gab?
Alba.
Von Ihresgleichen, Prinz? … Wo ich nicht irre,
war ich das auch … vor dreißig Jahren.
Karlos
ihm lächelnd die Hand reichend.
Schade,
daß mirs gerade jezt an Zeit gebricht,
den würdgen Kampf mit Alba auszukämpfen.
Ein andermal – – –
Alba.
Prinz, wir verrechnen uns
auf ganz verschiedne Weise. Sie zum Beispiel,
Sie sehen sich um zwanzig Jahre später,
ich sie um eben soviel früher.
Karlos.
Nun?
Alba.
Und dabei fällt mir ein, wie viele Nächte
bei seiner schönen portuguiesischen
Gemahlin, ihrer Mutter, der Monarch
wol drum gegeben hätte, einen Arm,
wie diesen, seiner Krone zu erkaufen?
Ihm mocht’ es wol bekannt sein, wie viel leichter
Die Sache sei, Monarchen fortzupflanzen,
als Monarchieen – wie viel schneller man
die Welt mit einem Könige versorge,
als Könige mit einer Welt.
Karlos.
Sehr wahr!
doch Herzog Alba? doch – –
Alba.
Und wie viel Blut,
Blut ihres Volkes, fließen mußte, bis
zwei Tropfen Sie zum König machen konnten.
Karlos.
Sehr wahr, bei Gott – und in zwei Worte alles
gepreßt, was des Verdienstes Stolz dem Stolze
des Glüks entgegen sezen kan – doch nun
die Anwendung? doch Herzog Alba?
Alba.
Wehe
dem zarten Wiegenkinde Majestät,
das seiner Amme spotten kann. Wie sanft
mags auf dem weichen Kissen unsrer Siege
sich schlafen lassen! An der Krone funkeln
die Perlen nur, und freilich nicht die Wunden,
womit sie aufgewogen ward – – Dieß Schwerd
schrieb fremden Völkern spanische Geseze;
es blute dem Gekreuzigten voran,
und zeichnete dem Saamenkorn des Glaubens
auf diesem Welttheil blutge Furchen vor;
Gott richtete im Himmel, Ich auf Erden – –
Karlos.
Gott oder Teufel! gilt gleich viel. Sie waren
sein rechter Arm. Ich weiß das wohl. Ihr Name
lebt in der Narbe dieses Zeitenlaufs –
Nichts mehr davon. Ich bitte. Vor gewissen
Erinnerungen möcht' ich gern mich hüten.
– Ich ehre meines Vaters Wahl. Mein Vater
braucht einen Alba; daß er diesen braucht,
Das ist es nicht, warum ich ihn beneide.
Sie sind ein großer Mann. … Auch das mag sein
ich glaub es fast. Nur fürcht’ ich, kamen sie
um wenige Jahrtausende zu zeitig.
Ein Alba, solt ich meinen, war der Mann,
am Ende aller Tage zu erscheinen;
dann, wenn des Lasters Riesentroz die Langmuth
des Himmels aufgezehrt, die reiche Aerndte
der Missethat in vollen Halmen steht,
und einen Schnitter sonder Beispiel fodert,
dann stehen Sie an ihrem Plaz – – o Gott,
mein Paradies, mein Flandern! – doch ich soll
es jezt nicht denken. Schweigen wir davon.
Alba.
Dem menschlichen Geschlechte Menschen opfern,
ist höhere Barmherzigkeit, mein Prinz,
als auf Gefahr der Menschheit Menschen lieben.
Ein Beispiel gab der Himmel selbst. Die Welt
zu reinigen gieng eine Welt einst unter.
Die Pest – –
Karlos.
Die Pest ist ihr Simbol, ich kenn es,
der große Aufschluß über Albas Leben
und meines Vaters Regiment. … Man spricht
sie führten einen Vorrath Blutsentenzen
im voraus unterzeichnet mit? – – Die Vorsicht
ist lobenswerth. So braucht man sich vor keiner
Schikane mehr zu fürchten – – O mein Vater,
wie schlecht verstand ich deine Meinung! – Härte
gab ich dir Schuld, weil du mir ein Geschäft
verweigertest, wo deine Alba glänzen? –
Es war der Anfang deiner Achtung.
Alba.
Prinz,
Dieß Wort verdiente Züchtigung.
Karlos
auffahrend.
Was?
Alba.
Oder
auch lieber etwas anders. Davor aber
schüzt sie der Königsohn.
Karlos
nach dem Schwerd greifend.
Das fodert Blut! –
Das Schwerd gezogen, Herzog.
Alba
kalt.
Gegen wen?
Es ist für Männer nur geschliffen.
Karlos
heftig auf ihn eindringend.
Memme,
das Schwerd gezogen, ich durchstoße sie.
Alba
zieht.
Wenn es denn sein muß.
sie fechten.
Die Königin. Karlos. Herzog von Alba.
Königin
welche erschroken aus ihrem Zimmer tritt.
Bloße Schwerder!
zum Prinzen unwillig und mit gebietender Stimme.
Karlos!
Karlos
vom Anblik der Königin außer sich selbst gesezt, läßt den Arm sinken, steht ohne Bewegung und sinnlos, dann eilt er auf den Herzog zu und küßt ihn.
Versöhnung, Herzog. Alles sei vergeben.
er wirft sich stumm zu der Königin Füßen, steht dann rasch auf und eilt außer Fassung fort.
Alba.
Der voll Erstaunen da steht, und kein Auge von diesen beiden wendet.
Bei Gott, das ist doch seltsam! –
Königin
steht einige Augenblikke beunruhigt und zweifelhaft, dann geht sie langsam nach ihrem Zimmer, an der Thüre winkt sie dem Herzog.
Herzog Alba!
Der Herzog folgt ihr dahin.
Ein Kabinett der Prinzeßin von Eboli.
Die Prinzeßin in einem idealischen Geschmak, schön, aber einfach gekleidet, spielt die Laute und singt. Eine Weile nachher der Page der Königin.
Prinzeßin.
Alkanzor und Zaide. [1]
„Leise weht es – leise wollte,
rings herum der Thau, als sich
Nachts erst kühn, der Mohr Alkanzor
nach dem Pfad der Liebe schlich.“
„Einzeln – recht nach seinem Herzen –
stand das Haus ihm da, das karg,
karg Zaiden sein geliebtes,
bestes Mohrenmädchen barg.“
„Seines frohen Stündleins harrend,
stand er lange trippelnd da,
schlich bald fort, kam schnell zurükke,
stand von neuem trippelnd da.“
Sie steht auf, geht unruhig im Kabinet herum, und bleibt einigemal plözlich still stehen um zu horchen; endlich sezt sie sich wieder und fährt in ihrem Gesang fort.
„Und nun daucht es ihm, nun war’s ihm
bald so wol und bald so weh –
Seht, da kams an’s Fenster – nikt ihm,
nikt ihm freundlich aus der Höh.“
„Auf des Fußes Spize schwebend
lispelt er hinauf zu ihr:
Allah mit dir, bestes Mädchen!
Ist sie wahr – o sage mir.“ –
„Ist sie wahr die Botschaft? – –
Sie springt schnell auf, eilt an die Thüre, der Page fliegt herein.
Prinzeßin
mit rascher Freude.
Er kömmt!
Page
eilfertig.
Schon da gewesen, nicht?
Prinzeßin.
Er kömmt!
Ich hör’s an deiner Tritte Klang, ich hör’s
an deines Athems siegendem Getöne[2].
Heraus damit! er kömmt?
Page.
Mich wundert sehr,
ihn nicht schon hier zu finden, doch er muß
im Augenblik erscheinen.
Prinzeßin.
Muß er? Nun,
so will er auch – so ist es ja entschieden –
Page.
Er folgt mir auf den Fersen – – gnädge Fürstin,
sie sind geliebt – geliebt, geliebt wie sie,
kanns niemand sein auf dieser Welt, kanns niemand
gewesen sein und niemand wieder werden.
Welch eine Scene sah ich an!
Prinzeßin.
zieht ihn voll Ungeduld zu sich.
Geschwinde!
Du sprachst mit ihm? Heraus damit! Was sprach er?
Wie nahm er sich? Was waren seine Worte?
Er schien betreten, schien verwundert, that
wol gar verlegen, zweifelte? Errieth
er die Person, die ihm den Schlüßel schikte?
Geschwinde – oder rieth er nicht? Er rieth
wol gar nicht? rieth auf eine falsche? – Nun?
Antwortest du mir denn kein Wort? O pfui,
pfui schäme dich, so hölzern bist du nie,
so unerträglich langsam nie gewesen.
Page.
Kann ich zu Worte kommen, gnädigste – –
Prinzeßin.
Wozu denn Worte? laß das und erzähle.
Page.
Ich übergab ihm Billet und Schlüßel
im Vorsaal bei der Königin. Er stuzte
und sah mich an, da mir das Wort entwischte,
ein Frauenzimmer sende mich.
Prinzeßin.
Er stuzte?
sehr gut, sehr brav, nur fort, erzähle weiter.
Page.
Ich wollte mehr noch sagen, da verblaßt’ er
und riß den Brief mir aus der Hand und sah
mich drohend an und sagt’ er wisse alles.
Den Brief durchlas er mit Bestürzung, fieng
auf einmal an zu zittern.
Prinzeßin.
Wisse alles?
Er wisse alles? Sagt’ er das?
Page.
Und frug
mich dreimal viermal ob sie selber, wirklich
sie selber mir den Brief gegeben?
Prinzeßin.
Ob
ich selbst? Und also nannt’ er meinen Namen?
Page.
Den Namen – nein, den nannt’ er nicht – es möchten
Spionen, sagt er, in der Gegend horchen,
und es dem König plaudern.
Prinzeßin
befremdet.
Sagt er das?
Page.
Dem König, sagt er, liege ganz erstaunlich,
gar mächtig viel daran, besonders viel,
von diesem Briefe Kundschaft zu erhalten.
Prinzeßin.
Dem König? Hast du recht gehört? dem König?
War das der Ausdruk den er brauchte?
Page.
Ja!
Er nannt es ein gefährliches Geheimniß,
und warnte mich, mit Worten und mit Winken
gar sehr auf meiner Hut zu sein, daß ja
der König keinen Argwohn schöpfe.
Prinzeßin
nach einigem Nachsinnen voll Verwunderung.
Alles
trift zu – es kann nicht anders sein – er muß
um die Geschichte wissen – Unbegreiflich!
Wer mag ihm wol verrathen haben? – Wer?
Ich frage noch – wer sieht so scharf, so tief,
wer anders als der Falkenblik der Liebe?
– Doch weiter, fahre weiter fort, er las
das Billet – –
Page.
Das Billet enthalte
ein Glük, sagt er, vor dem er zittern müsse,
das hab er nie zu träumen sich getraut,
und was er sonst noch von dem Schlüßel sagte – –
Zum Unglük trat der Herzog in den Saal,
Diß zwang uns –
Prinzeßin
ärgerlich.
Aber was in aller Welt
hat jezt der Herzog dort zu thun? Der Schlüßel?
Was sagt er von dem Schlüßel? Nicht so hastig,
umständlich guter Henarez, du bist
so unausstehlich hurtig nie gewesen.
Er sagte? Nun! Was sagt er denn?
Page.
Diß sei
der Schlüßel, sagt er, zu dem Paradiese.
Prinzeßin.
Das meint er, weil er kommen will. Wo aber
wo bleibt er denn? Was zögert er? Warum
erscheint er nicht? – Siehst du wie falsch man dich
berichtet hat! Wie glüklich wär er schon
in so viel Zeit gewesen, als du brauchtest,
mir zu erzählen, daß ers werden wollte?
Page.
Der Herzog, fürcht ich, der sich unvermuthet
im Vorsaal sehen lassen, hat ihn dort
zurükgehalten.
Prinzeßin.
Wiederum der Herzog?
Was will der hier? Was hat der tapfre Mann
mit meiner stillen Seligkeit zu schaffen?
Den könnt er stehen lassen, weiter schicken,
wen auf der Welt kann man das nicht? – O warlich!
Dein Prinz versteht sich auf die Liebe selbst
so schlecht, als, wie es schien, auf Damenherzen.
Er weiß nicht, was Minuten sind –
Page
empfindlich.
Prinzeßin,
Sie lästern einen Engel.
Prinzeßin
mit freudigem Erröthen ihn auf die Wange schlagend.
Junger Lügner,
wer hat dir das von ihm erzählt?
Page
mit Begeisterung.
So treflich
und groß und doch dabei so gut! O Schade,
daß er ein König werden muß – er hätte
ein Bruder werden sollen.
Prinzeßin
wendet sich weg und wischt sich die Augen, indem sie dem Pagen feurig die Hand drükt. Nach einer Pause.
Und du mahnst
mich gar nicht, daß ich meinem lieben Boten
den Botenlohn noch schuldig bin geblieben?
sie nimmt ein mit Brillanten beseztes, Wehrgehänge vom Tische und reicht es dem Pagen.
Dieß, guter Junge, mir zum Angedenken,
wenn du dein erstes Schwerd umgürtest.
Page
mit niedergeschlagnen Augen zurüktretend.
So
belohnt mich eine Schikliche? Nichts besseres
hat meine Zeitung mir verdient? – O Schande!
Jezt? Jezt in diesem Augenblicke? Zwei
Minuten kaum vor einer Schäferstunde
soll ich mit feilen Diamanten mich
zufrieden geben? Soll auf diesen Wangen
der Liebe volle stralende Verklärung
gesehen haben, soll es wissen wer
in diesen Schäzzen schwelgen wird und soll
mit solcher Münze mich zufrieden geben?
O die Verschwender, sagt man, sind zuweilen
die geizigsten –
Prinzeßin
fällt ihm stumm um den Hals und küßt ihn.
Ich höre kommen. Fort.
Es ist der Prinz.
Page
sich trunken aus ihren Armen reissend.
Jezt gegen die Franzosen!
Er eilt hinaus.
Prinzeßin.
Es ist der Prinz, ich kenne seinen Gang:
hinweg, hinweg – Wo hab ich meine Laute[3]?
er soll mich überraschen – mein Gesang
soll ihm das Zeichen geben. –
Die Prinzeßin und bald nachher Karlos.
Prinzeßin
hat sich in eine Ottomane geworfen, und fährt fort die Ballade zu spielen.
„Immer, o das weißt du Trauter,
liebt ich dich und dich allein,
konnt' ich gleich nicht hoffen, jemals
deine Braut und dein zu sein.“
„Eifersucht und Rache lauren,
Thurm und Riegel schließt mich ein,
doch erstehl’ ich die Minute,
jezt mit dir allein zu sein.“
„Meine Liebe trozt dem Tode.“ –
Karlos
stürzt herein.
Auch die meine!
Er erkennt die Prinzessin, und steht da, wie vom Donner gerührt.
Gott!
wo bin ich?
Prinzeßin
läßt die Laute fallen, ihm entgegen.
Ach Prinz Karlos? Ja wahrhaftig!
Karlos
in fürchterlicher Verwirrung.
Wo bin ich? Rasender Betrug – ich habe
das rechte Kabinet verfehlt.
Prinzeßin.
mit listiger Verwunderung.
Wie gut
versteht es Karl, die Zimmer sich zu merken,
wo Damen ohne Zeugen sind.
Karlos
stotternd.
Prinzeßin …
Verzeihen sie, Prinzeßin … ich … ich fand
den Vorsaal offen.
Prinzeßin
muthwillig.
Kann das möglich sein?
Mich däucht ja doch, daß ich ihn selbst verschloß,
und Feenmährchen macht mich Karl nicht glauben.
Karlos.
Das däucht sie nur, das däucht sie – doch versichert!
sie irren sich. Verschließen wollen, ja,
Das geb ich zu, das glaub ich – doch verschlossen?
Verschlossen nicht, wahrhaftig nicht. Der Riegel,
der äußre Riegel, oder, wollt’ ich sagen,
der innre, ja, das muß ich selbst bezeugen,
der war auch pünktlich zugemacht.
Prinzeßin.
Der innre?
und dennoch kamen sie herein? Nun warlich,
das haben sie verschlagen angefangen,
das Kunststük müssen sie mich lehren.
Karlos.
Nichts
natürlicher, nichts leichter, denn zum Glük -
zum Unglük mein ich – hatt’ ich einen Schlüßel
gerade bei mir, der vollkommen paßte.
Ein Zufall führte mich hieher – ich hört
auf einer … Laute jemand spielen – Wars
nicht eine Laute?
Indem er sich zweifelhaft umsieht.
Recht! dort liegt sie noch –
und Laute - das weiß Gott im Himmel! Laute
die lieb ich bis zur Raserei. Ich bin
ganz Ohr, ich weiß nichts von mir selber, stürze
ins Kabinet, der süßen Künstlerin
die mich so himmlisch rührte, mich so mächtig
bezauberte, in's schöne Aug zu sehen.
Prinzeßin
nachdem sie umsonst gesucht hat seinen herumschweifenden Blicken zu begegnen.
Ein liebenswürdger Fürwiz, den sie doch
sehr bald gestillt, wie ich beweisen könnte.
Nach einigem Stillschweigen mit Bedeutung.
O schäzen muß ich den bescheidnen Mann,
der, einem Weib Beschämung zu ersparen,
in solchen Lügen sich verstrikt.
Karlos
treuherzig.
Prinzeßin,
ich fühle selbst, wie albern ich dabei
mich nehmen mag und daß ich nur verschlimmre,
wo ich verbessern will. Erlassen sie
mir eine Rolle, die ich durchzuführen
so ganz und gar verdorben bin. Sie suchten
auf diesem Zimmer Zuflucht vor der Welt.
Hier wollten sie – so sag' ich mir jezt selber –
sie wollten hier von Menschen unbehorcht,
den stillen Wünschen ihres Herzens leben.
Ich Sohn des Unglüks zeige mich, sogleich
ist dieser schöne Traum gestört - dafür
soll mich die schleunigste Entfernung strafen.
Er will gehen.
Prinzeßin
überrascht und betroffen, doch sogleich wieder gefaßt.
Prinz, träumen sie? Sie werden doch wohl nicht?
– – O das war boshaft.
Karlos.
Fürstin – diese Angst –
ich muß von hier, ich muß – das fremde Feuer
auf ihren Wangen klagt mich an – ich fühle,
was dieser Blik in diesem Kabinet
bedeuten soll, und diese tugendhafte
Verlegenheit verehr' ich. Weh dem Manne
den weibliches Erröthen muthig macht;
ich bin verzagt, wenn Damen vor mir zittern.
Prinzeßin.
Ists möglich? – Ein Gewissen ohne Beispiel
für einen jungen Mann und Königssohn!
Ja Prinz – jezt vollends müssen sie mir bleiben,
jezt bitt’ ich selbst darum, bei soviel Tugend
erhohlt sich jedes Mädchens Angst. Das möchte
von tausenden nicht Einer thun, wenn ihn
ein Schlüßel, der so glüklich paßt, versuchte.
So glüklich paßt! Wars nicht so? – o Betrüger!
Karlos.
Prinzeßin, was sie damit meinen mögen,
versteh ich nimmermehr – doch ich entziehe
mich ihrem Blik, wenn sie bei Laune sind,
mich weiter zu ergründen.
Prinzeßin.
Will ich das
und kann ich das? Geheimnißvoller Weiser!
ich werd es nicht, auch wenn man zehenmal
mich merken ließe, daß ichs rathen möchte – –
Doch lassen wir das Poßenspiel – wozu
der Eigensinn, dem Ohre abzuläugnen,
was unser Herz doch besser weiß, wozu
den lieben schönen Augenblik, den uns
(nicht wahr mein Prinz) der Zufall angewiesen,
mit Wortgefecht vertändeln? – Wissen sie,
daß ihre plözliche Erscheinung mich
bei meiner liebsten Arie erschrökte?
sie führt ihn zum Sopha und nimmt ihre Laute wieder.
Die Arie, Prinz Karlos, werd ich wol
noch einmal spielen müssen, ihre Strafe
soll sein, mir zuzuhören.
Karlos
Er setzt sich, ganz ohne Zwang neben der Fürstin.
Eine Strafe,
so wünschenswerth als mein Vergehn – und warlich
der Inhalt war mir so willkommen, war
so göttlich schön, daß ich zum … drittenmal
sie hören könnte.
Prinzeßin.
Was? Sie haben alles
gehört? Das ist abscheulich, Prinz – es war,
ich glaube gar, die Rede von der Liebe?
Karlos.
Und, irr' ich nicht, von einer glüklichen –
Der schönste Text in diesem schönen Munde,
doch freilich nicht so wahr gesagt als schön.
Prinzeßin.
Nicht? Nicht so wahr – und also zweifeln sie – –
Karlos.
ernsthaft.
Ich zweifle fast, ob Karlos und die Fürstin
von Eboli sich je verstehen können,
wenn Liebe abgehandelt wird?
Die Prinzeßin stuzt; er bemerkt es, und fährt mit einer leichten Galanterie fort.
Denn wer,
wer wird es diesen Rosenwangen glauben,
daß Leidenschaft in dieser Brust gewühlt?
Läuft eine Fürstin Eboli Gefahr,
umsonst und unerhört zu seufzen? Liebe
kennt der allein, der ohne Hofnung liebt.
Prinzeßin
mit ihrer ganzen vorigen Munterkeit.
O still, das klingt ja fürchterlich – und freilich
scheint dieses Schiksal sie vor allen andern
und volleinds heute – heute zu verfolgen?
Ihn bei der Hand fassend, mit einschmeichelndem Interesse.
Sie sind nicht frölich, guter Prinz – sie leiden –
bei Gott, sie leiden ja wol gar. Ist's möglich?
Und warum leiden, Prinz? bei diesem lauten
Berufe zum Genuß der Welt? bei allen
Liebkosungen des Glückes? bei so vielen
Geschenken der verschwenderischen Natur
und allem Anspruch auf des Lebens Freuden?
Sie – eines großen Königs Sohn und mehr,
weit mehr als das, schon in der Fürstenwiege
mit Gaben ausgestattet, die sogar
auch ihres Ranges Sonnenglanz verdunkeln?
Sie, der im ganzen strengen Rath der Weiber
bestochne Richter sizen hat, der Weiber
die über Männerwerth und Männerruhm
ausschließend ohne Widerspruch entscheiden?
Der, wo er nur bemerkte, schon erobert,
entzündet wo er kalt geblieben, wo
er glühen will, mit Paradiesen spielen
und Götterglük verschenken muß – Der Mann
den die Natur zum Glük von tausenden
und wenigen mit gleichen Gaben schmükte,
er selber sollte elend sein – o Himmel
der du ihm alles, alles gabst, warum,
warum denn nur die Augen ihm versagen,
womit er seine Siege sieht? –
Karlos
der die ganze Zeit über in die tiefste Zerstreuung versunken war, wird durch das Stillschweigen der Prinzeßin plözlich zu sich selbst gebracht, und fährt in die Höhe.
Vortreflich!
Ganz unvergleichlich, Fürstin. Singen sie
mir diese Stelle doch noch einmal.
Prinzeßin
sieht ihn erstaunt an.
Karlos,
wo waren sie indessen?
Karlos
springt auf.
Ja bei Gott!
Sie mahnen mich zu rechter Zeit – ich muß,
muß fort – muß eilends eilends fort.
Er will gehen.
Prinzeßin
hält ihn zurük.
Wohin?
Karlos
in schreklicher Beängstigung.
Dorthin, sie wissen ja – doch nein, nein, nein,
sie wissen nicht - hinaus von hier, hinunter
ins Freie – lassen sie mich los – Prinzeßin,
um Gotteswillen lassen sie mich los,
mir wird, als rauchte hinter mir die Welt
in Flammen auf – Mit jedem Aderschlage
geht eine Ewigkeit verloren. –
Prinzeßin
hält ihn mit Gewalt zurük.
Sind
sie bei sich, Prinz? Was haben sie? Woher
dies räzelhafte, unnatürliche
Betragen? – Oder irgend ein Geheimniß
liegt hier im Hinterhalt? Woher auf einmal
der karge Wucher mit der Zeit, die doch
vor kurzem bloßer Zufall noch verschenkte?
Karlos bleibt erschrocken stehn, und wird nachdenkend. Sie ergreift diesen Augenblik ihn zu sich auf den Sopha zu ziehen.
Sie brauchen Ruhe, lieber Karl – ihr Blut
ist izt in Aufruhr – sezen sie sich zu mir –
weg mit den schwarzen Fieberphantasien.
Wenn sie sich selber offenherzig fragen,
weiß dieser Kopf, was dieses Herz beschwert?
Und wenn ers nun auch wüßte – sollte denn
von allen Rittern dieses Hofs nicht einer,
von allen Damen keine – sie zu heilen,
sie zu verstehen, wollt ich sagen – keine
von allen würdig sein?
Karlos
flüchtig, gedankenlos.
Vielleicht die Fürstin
von Eboli –
Prinzeßin
freudig, rasch.
Wahrhaftig?
Karlos.
Geben sie
mir eine Bittschrift – ein Emfehlungsschreiben
an meinen Vater. Man spricht ohnehin,
sie gelten viel.
Prinzeßin.
Wer spricht das? (Guter Junge,
so ist das Räzel ja gelös't! so war es
der Argwohn, der dich stumm gemacht!)
Karlos.
Wahrscheinlich
ist die Geschichte schon herum. Ich habe
den schnellen Einfall nach Brabant zu gehen,
um … bloß um meine Sporen zu verdienen.
Das will mein Vater nicht – der gute Vater
besorgt, wenn ich Armeen kommandierte,
… mein Singen könnte drunter leiden.
Prinzeßin.
Karlos!
Sie spielen falsch. Gestehen sie, sie wollen
in dieser Schlangenwendung mir entgehn;
sie sollens nicht, so wahr ich sie durchschaue.
Hieher gesehen, Heuchler. Aug in Auge.
Wer nur von Ritterthaten träumt – wird der,
gestehen sie, wird der auch wol so tief
herab sich lassen, Bänder die den Damen
entfallen sind, begierig wegzustehlen
und – – sie verzeihn –
Indem sie mit einer leichten Fingerbewegung seine Hemdkrauße wegschnellt, und eine Bandschleife, die da verborgen war, sichtbar macht.
so kostbar zu verwahren.
Karlos
mit Befremdung zurüktretend.
Prinzeßin - nein, das geht zu weit – ich bin
verrathen, sie betrügt man nicht – sie sind
mit Geistern, mit Dämonen einverstanden.
Prinzeßin.
Das nun wol nicht. Mit Männerherzen besser.
Doch Prinz, damit das kleine Ding mir nicht
zu eitel werde, rieth ich an, wir tauschten.
Dieß will ich hier verwahren.
Sie nimmt eine von ihren Schleifen ab, die sie dem Prinzen überliefert, und heftet die seinige an ihren Busen.
Hoffentlich
wirkts hier wie dort, und lehrt auch mich die Kunst,
verliebt zu sein, und eiskalt zu erscheinen.
Karlos
geht etlichemal mit starkem Schritt auf und nieder, alsdann stellt er sich vor die Prinzeßin, und mißt sie scharf mit den Augen.
Sie lieben, Fürstin. Schwören sie mir anders,
Sie lieben oder haben schon geliebt,
und heiß geliebt und mit Gefahr des Lebens.
Wo hätten sie zu dieser Chiffersprache
das schwere Alphabet gelernt? Wo sonst
gelernt, dem Blik auf seiner stillen Fährte
bis dahin, wo er lagert, nachzukriechen?
Prinzeßin.
Darüber scheinen sie erstaunt? Darüber?
Ja Prinz, wenn ihres Vaters Sekretaire
nicht fester siegeln als Dom Karl sein Herz,
dann weh der span'schen Politik! Die Welt
kann sie in Gaßenliedern morgen hören.
Was soll die Wette gelten, Prinz, ich rufe
Geschichten in ihr Herz zurük, Geschichten,
die selbst in ihren Träumen ausgestorben?
Versuchen sie es. Fragen sie mich aus.
Wenn selbst der Launen Kleinigkeit, ein Laut
verstümmelt in die Luft gehaucht, ein Lächeln
von schnellem Ernste wieder ausgelöscht,
ein Spiel mit diesen Federn, eine Blume
gedankenlos zerrissen, eine Fliege
mit sanfter Hand barbarisch hingewürgt –
wenn selber schon Erscheinungen, Gebärden,
wo ihre Seele ferne war, mir nicht
entgangen sind, urtheilen sie, ob ich
verstund, wo sie verstanden werden wollten?
Karlos.
Nun das ist warlich viel gewagt – die Wette
soll gelten, Fürstin. Sie versprechen mir
Entdeckungen in meinem eignen Herzen,
um die ich selber nie gewußt.
Prinzeßin
etwas empfindlich und ernsthaft.
Nie, Prinz?
Besinnen sie sich besser. Sehn sie um sich.
… Dies Kabinet ist keines von den Zimmern
der Königin.
Karlos.
Der Königin? Warum
der Königin?
Prinzeßin.
Wo man das bischen Maske
noch allenfalls zu loben fand – Sie stuzen?
Sie werden plözlich lauter Feuer? – Prinz,
jezt jezt entwischen sie nicht mehr. O freilich
wer sollte wol so scharfklug, so vermessen,
so müßig sein, den Karlos zu belauschen,
wenn Karlos unbelauscht sich glaubt? – Wer sah's,
wie er beim lezten Hofball seine Dame
die Königin im Tanze stehen ließ,
und mit Gewalt ins nächste Paar sich drängte,
statt seiner königlichen Tänzerin,
der Fürstin Eboli die Hand zu reichen?
Ein Irrthum, Prinz, den sogar der Monarch,
der eben jezt erschienen war, bemerkte!
Karlos
mit ironischem Lächeln.
Auch sogar der? Ja freilich, gute Fürstin,
für den besonders war das nicht.
Prinzeßin.
So wenig
als jener Auftritt in der Schloßkapelle,
worauf sich wohl Prinz Karlos selbst nicht mehr
besinnen wird. Sie lagen zu den Füßen
der heilgen Jungfrau in Gebet ergoßen,
als plözlich – konnten sie dafür? – die Kleider
gewisser Damen hinter ihnen rauschten.
Da fieng Dom Philipps heldenmütger Sohn,
gleich einem Kezer vor dem heilgen Amte,
zu zittern an, auf seinen bleichen Lippen
starb das vergiftete Gebet – im Taumel
der Leidenschaft und ihrer selbst vergeßen,
ergreifen sie – es war ein Poßenspiel
zum Rühren, Prinz – ergreifen sie die Hand,
der Muttergottes heilge kalte Hand,
und Feuerküsse regnen auf den Marmor.
Karlos.
Sie thun mir Unrecht, Fürstin. Das war Andacht.
Prinzeßin.
Ja, dann ists etwas anders, Prinz – dann freilich
war's damals auch nur Furcht vor dem Verluste,
als Karlos mit der Königin und mir
beim Spielen saß, und mit bewundernswerther
Geschiklichkeit mir diesen Handschuh stahl –
Karlos springt bestürzt auf.
Den er zwar gleich nachher so artig war,
statt einer Karte wieder auszuspielen.
Karlos.
O Gott – Gott – Gott! Was hab ich da gemacht?
Prinzeßin.
Nichts, was sie widerrufen werden, hoff' ich.
Wie froh erschrak ich, als mir unvermuthet
ein Briefgen in die Finger kam, das sie
in diesen Handschuh zu verstecken wußten.
Es war die rürendste Romanze, Prinz,
die je ein Ritter –
Karlos
ihr rasch in's Wort fallend.
Poesie! – Nichts weiter.
Ein Paroxysmus von Empfindsamkeit,
den sie vergessen müssen. Mein Gehirne
treibt öfters wunderbare Blasen auf,
die schnell, wie sie entstanden sind, zerspringen.
Das war es alles. Schweigen wir davon.
Prinzeßin
voll Erstaunen von ihm weggehend und ihn eine Zeitlang aus der Entfernung beobachtend.
Nein, nein, das ist zuviel – bei Gott! das war
noch nie erhört, seit Menschenangedenken.
Mein Senkblei fällt ins Unermeßliche;
das Meer hat Boden, dieser Jüngling nicht
Ich bin erschöpft – all meine Proben gleiten
von diesem schlangenglatten Sonderling.
sie schweigt einige Augenblicke.
Doch wie? – Wärs etwas anders? – Wärs vielleicht – –
wär's ungeheurer Männerstolz, der nur
sich desto süßern Kizel zu bereiten,
die Blödigkeit als Larve brauchte? – Ja!
Ich habs errathen. Schaamroth seh ich mich [4]
von diesem großen Meister überlistet,
und ich vermaß mich, durch sein Herz zu schaun?
sie nähert sich dem Prinzen wieder, und betrachtet ihn zweifelhaft.
Belehren sie mich endlich, Prinz – Ich stehe
vor einem zauberischverschloßnen Schrank,
wo alle meine Schlüßel mich betrügen.
Karlos.
Wie ich vor ihnen.
Pause.
Prinzeßin
sie verläßt ihn schnell, geht einigemale stillschweigend im Kabinet auf und nieder, und scheint über etwas wichtiges nachzudenken; endlich nach einer großen Pauße ernsthaft und feierlich.
Endlich sei es denn –
ich muß einmal zu reden mich entschließen.
Zu meinem Richter wähl' ich sie. Sie sind
ein edler Mensch – ein Mann, sind Fürst und Ritter,
ich bin verlassen von der ganzen Welt,
leibeigen von Geburt – ein Fürstenmädchen.
An ihren Busen werf ich mich. Sie werden
mich retten, Prinz, und wo ich ohne Rettung
verloren bin, theilnehmend um mich weinen.
Der Prinz rükt näher mit erwartungsvollem theilnehmendem Erstaunen.
Ein frechter Günstling des Monarchen buhlt
um meine Hand – Rui Gomez, Prinz von Silva –
Der König will, schon ist man Handels einig,
ich bin der Kreatur verkauft.
Karlos
heftig ergriffen.
Verkauft?
und wiederum verkauft? und wiederum
von dem berühmten Handelsmann im Süden?
… O still von diesem, weg davon, nicht weiter,
das ist der Nerve, wo ich Gichter spüre.
Prinzeßin.
Nein, hören sie erst alles. Nicht genug,
daß man der Politik mich hingeschlachtet,
auch meiner Unschuld stellt man nach – Schon längst
verfolgen mich die lasterhaften Flammen
des großen Wollüstlings – Da! Hier!
Dieß Blatt kann diesen Heiligen entlarven.
Karlos nimmt das Papier, und hängt voll Ungeduld in ihrer Erzählung, ohne sich Zeit zu nehmen, es zu lesen.
Ein Stellvertreter des Allreinesten[5],
ein Ordenspriester lästert seine Sendung,
misbraucht der Gottheit Siegelring, das Gift
der Hölle sichrer in mein Herz zu lügen[6];
des Heiligthums schont dieser Kuppler nicht,
und Schlangen kriechen in den Sakramenten.
Den ganzen Hof gab man der Pest zum Raub,
(die Politik des großen Kindermörders!)
im allgemeinen Sittenuntergang
mich dann um soviel minder zu verfehlen.
Wo soll ich Rettung finden, Prinz? Bis jezt
war es mein Stolz, der meine Tugend schüzte,
Doch endlich –
Karlos.
Endlich fielen sie? Sie fielen?
Nein, nein, um Gotteswillen, nein!
Prinzeßin
stolz und edel.
Durch wen?
Armselige Vernünftelei! Wie schwach
von diesen starken Geistern! Weibergunst,
der Liebe Glück der Waare gleich zu achten,
worauf geboten werden kann! Sie ist
das einzige auf diesem Rund der Erde,
was keinen Käufer leidet, als sich selbst.
Die Liebe ist der Liebe Preiß. Sie ist
der unschätzbare Diamant, den ich
verschenken oder ewig ungenoßen
verscharren muß – Dem großen Kaufmann gleich,
der ungerührt von des Rialto Gold
und Königen zum Schimpfe seine Perle
dem reichen Meere wiedergab, zu stolz
sie unter ihrem Werthe los zu schlagen.
Karlos.
(Beim wunderbaren Gott! – das Weib ist schön.)
Prinzeßin.
Man nenn' es Grille – Eitelkeit. Gleichviel.
Ich theile meine Freuden nicht. Dem Mann,
dem Einzigen, den ich mir auserlesen,
geb ich für alles, alles hin. Ich schenke
nur einmal, aber ewig. Einen nur
wird meine Liebe glüklich machen – einen –
doch diesen einzigen zum Gott. Der Seelen
entzükender Zusammenklang – ein Kuß –
der Schäferstunde schwelgerische Freuden –
der Schönheit hohe himmlische Magie
sind eines Strales schwesterliche Farben,
sind einer Blume Blätter nur. Ich sollte,
ich rasende! ein abgerißnes Blatt
aus dieser Blume schönem Kelch verschenken?
ich selbst des Weibes hohe Majestät,
der Gottheit großes Meisterstük verstümmeln,
den Abend eines Praßers zu versüßen?
Karlos.
(Unglaublich! Wie? Ein solches Mädchen hatte
Madrid, und ich und ich erfahr es heute
zum erstenmal?)
Prinzeßin.
Längst hätt' ich diesen Hof
verlaßen, diese Welt verlaßen, hätte
in heilgen Mauren mich begraben, doch
ein einzig Band ist noch zurük, ein Band,
das mich an diese Welt allmächtig bindet.
… Ach, ein Phantom vielleicht! Doch mir so werth!
Ich liebe und bin … nicht geliebt.
Karlos
voll Feuer auf sie zugehend.
Sie sinds!
So wahr ein Gott im Himmel wohnt. Ich weiß es.
Sie sinds und unaussprechlich.
Prinzeßin.
Sie? Sie wissens?
O das war meines Engels Stimme! ja,
wenn freilich sie es wissen Karl, dann glaub ich's,
dann bin ichs.
Karlos
der sie voll Zärtlichkeit in die Arme schließt.
Süßes, seelenvolles Mädchen!
Anbetungswürdiges Geschöpf – ich stehe
ganz Ohr – ganz Auge – ganz Entzüken – ganz
Bewunderung – Wer hätte dich gesehen,
Wer unter diesem Himmel dich gesehen,
und rühmte sich – er habe nie geliebt?
– Doch hier an König Philipps Hof? Was hier?
Was schöner Engel wilst du hier? bei Pfaffen
und Pfaffenzucht? Das ist kein Himmelstrich
für solche Blumen! – Möchten sie sie brechen?
Sie möchten – o ich glaub es gern, – doch Nein,
so wahr ich Leben athme, nein! – Ich schlinge
den Arm um dich, auf meinen Armen trag' ich
durch eine teufelvolle Hölle dich!
er drükt sie mit Innigkeit an seine Brust.
Ja – laß mich deinen Engel sein – du willst?
doch Engel dürfen sich ja küßen? Nun,
bei diesem Kuß – – Ja liebes Mädchen, roth
mußt du mich werden lassen – Frei heraus –
Es ist der erste meines Lebens.
Prinzeßin
mit dem vollen Blik der Liebe, ihren Arm um seinen Hals geschlungen.
Karlos!
Wie wenig hab' ich sie gekannt! Wie reich
und gränzenlos belohnt ihr schönes Herz
die schwere Müh, es zu begreifen!
sie nimmt seine Hand und will sie küßen.[WS 1]
Karlos
der sie zurükzieht.
Fürstin,
wo sind sie jezt?
Prinzeßin
mit Feinheit und Grazie, indem sie starr in seine Hand sieht.
Wie schön ist diese Hand!
wie reich ist sie – Prinz, diese Hand hat noch
zwei kostbare Geschenke zu vergeben,
– ein Diadem und Karlos Herz – und beides
vielleicht an eine Sterbliche? – An eine?
Ein großes göttliches Geschenk! Beinahe
für eine Sterbliche zu groß! – – Wie Prinz?
wenn sie zu einer Theilung sich entschlößen?
Ein Tron, dächt ich, wär für ein Mädchen viel,
was will sie mehr, die stolze Kaiserstochter? [7]
Die Königinnen lieben schlecht – ein Weib,
das lieben kann, versteht sich schlecht auf Kronen,
drum besser, Prinz, sie theilen, und gleich jezt,
gleich jezt – Wie? Oder hätten sie wol schon?
Sie hätten wirklich? O dann um so besser!
Und kenn ich diese Glükliche?
Karlos
entschloßen.
Du sollst.
Dir Mädchen, dir entdek ich mich – der Unschuld,
der lautern unentheiligten Natur
entdek ich mich. An diesem Hof bist du
die würdigste, die einzige, die erste,
die meine Seele ganz versteht – So seis
um mein Geheimniß denn geschehen. Ja!
Ich läugn' es nicht – ich liebe –
Prinzeßin.
Böser Mensch!
So schwer ist das Geständniß dir geworden?
Beweinenswürdig mußt ich sein, wenn du
mich liebenswürdig finden solltest.
Karlos
stuzt.
Was?
… Was ist das?
Prinzeßin.
Mich so ausgesucht zu quälen!
O warlich, Prinz, es war nicht schön. Nach dieser
Hingebung noch mit Kälte mich zu quälen!
Sogar den Schlüßel zu verläugnen!
Karlos.
Schlüßel!
Nach einem dumpfen Besinnen.
Ja so – So wars – Nun merk ich – – O mein Gott!
Seine Kniee wanken, er hält sich an einem Stuhl und verhüllt das Gesicht.
Prinzeßin
eine schrekliche lange Stille von beiden Seiten. Die Fürstin schreit laut und fällt.
Abscheulich! Was hab ich gethan?
Karlos
sich aufrichtend, in fürchterlichem Ausbruch des Schmerzes.
So tief
herabgestürzt von allen meinen Himmeln!
– O das ist schreklich.
Prinzeßin
das Gesicht voll Schaam in das Kissen verbergend.
Was entdek ich? Gott!
Was hab ich rasende gethan!
Karlos
vor ihr niedergeworfen.
Ich bin
nicht schuldig, Fürstin – Leidenschaft – Betäubung –
ein unglükselger Misverstand – bei Gott!
ich bin nicht schuldig.
Prinzeßin
stößt ihn von sich.
Weg aus meinen Augen,
um Gotteswillen weg von hier.
Karlos.
In dieser
entsezlichen Erschüttrung sie verlassen?
Prinzeßin.
Ihr Dastehn ist Vergiftung, fort.
Karlos.
Nur einmal!
Nur einen Blik, daß ich Verzeihung –
Prinzeßin
ihn mit Gewalt wegdrängend.
Fort!
Aus Großmut, aus Barmherzigkeit hinaus
von meinen Augen – Wollen sie mich morden?
Ich hasse ihren Anblik.
Karlos will gehen.
Meinen Brief
und meinen Schlüßel geben sie mir wieder.
Wo haben sie den andern Brief?
Karlos.
Den andern?
Was denn für einen andern?
Prinzeßin.
Den vom König.
Karlos
zusammenschreckend.
Von wem?
Prinzeßin.
Den sie vorhin von mir bekamen.
Karlos.
Vom König und an Wen? an Sie?
Prinzeßin.
O Himmel!
wie schreklich hab ich mich verstrikt! Den Brief!
heraus damit! ich muß ihn wieder haben.
Karlos.
Vom König Briefe und an Sie?
Prinzeßin
mit steigender Angst.
Den Brief!
Im Namen aller Heiligen!
Karlos.
Der einen
gewißen mir entlarven sollte – Diesen?
Prinzeßin.
Ich bin des Todes – geben sie.
Karlos.
Worin
von lasterhaften Flammen, Wollüstlingen
gehandelt wird? Der Brief also –
Prinzeßin
in Verzweiflung die Hände ringend.
Entsezlich!
Was hab ich unbesonnene gewagt?
Karlos.
Der Brief – der kam vom König? – Ja Prinzeßin!
Das ändert freilich alles schnell – Das ist
den Brief frohlockend emporhaltend.
ein unschäzbarer – schwerer – theurer Brief,
den alle Kronen Philipps einzulösen
zu leicht, zu nichts bedeutend sind – Den Brief
behalt ich.
Er will gehen.
Prinzeßin
wirft sich ihm in den Weg.
Großer Gott! Ich bin verloren,
wenn sie der Niederträchtge sind. –
Karlos
zurükkommend und die Fürstin bei der Hand nehmend mit ruhigem Ernst und mit Würde.
Wenn ich
der Niederträchtge bin, Prinzeßin – dann
erlaub ich ihnen – dann und eher nicht –
für die vergangne Stunde zu erröthen.
Er entfernt sich.
Die Prinzeßin allein.
Sie steht noch betäubt, außer Fassung; nachdem er hinaus ist, eilt sie ihm nach und will ihn zurükrufen.
Prinz, noch ein Wort. Prinz, hören sie. – Er geht,
er hört mich nicht, er will mich nicht mehr hören.
Auch das noch. Er verachtet mich … Da steh ich
in fürchterlicher Einsamkeit …verstoßen,
verworfen …
sie sinkt auf einen Seßel. Nach einer Pauße.
Nein! Verdrungen nur, verdrungen
von einer Nebenbuhlerin. Er liebt.
Kein Zweifel mehr. Er hat es selbst bekannt.
Doch wen an diesem Hofe kann er lieben?
Wer ist sie, diese Glükliche? … Soviel
ist offenbar – er liebt was er nicht sollte.
Er fürchtet die Entdekung. Vor dem König
verkriecht sich seine Leidenschaft … Warum
vor diesem, der sie wünschen muß? dem nichts
willkommner ist, als seines Erstgebornen
entnervende Berauschung? … Oder ists
der Vater nicht, was er im Vater fürchtet?
Als ihm des Königs bulerischer Plan
verrathen war – da jauchzten seine Mienen,
frohlokt’ er wie ein Glüklicher … Wie kam es,
daß seine strenge Tugend hier verstummte?
Hier? Eben hier? … Was kann denn er dabei,
Er zu gewinnen haben, wenn der König
der Königin die …
Sie hält plötzlich inn, von einem Gedanken überrascht – zu gleicher Zeit reißt sie die Schleife, die ihr Karlos gegeben hat von dem Busen, betrachtet sie schnell, erkennt sie und schrikt zusammen.
O ich rasende!
Jezt endlich, jezt … Wo waren meine Sinne?
Jezt gehn mir die Augen auf … Sie hatten
sich lang geliebt, eh der Monarch sie wählte.
Nie ohne sie sah mich der Prinz. Ihr galten
die stummen Seufzer seiner Brust, der Winke
bedeutungsvolles Spiel, die feurige
Beredsamkeit der Blike – O und alles
was ich betrogner überraschter Thor
zu meinem Eigenthum gemacht! … Sie also,
Sie war gemeint, wo ich so gränzenlos
so warm so wahr mich angebetet glaubte?
O ein Betrug der ohne Beispiel ist,
und meine Schwäche hab ich ihr verrathen.
Stillschweigen.
Ob sie von dieser Liebe weiß? …; Ob etwa,
Ob hier wohl schon Geständnisse geschehen,
gewechselt mögen worden sein? … Wer leuchtet
durch dieß geheimnißvolle Dunkel mir?
wiederum Pauße.
Daß er ganz ohne Hofnung lieben sollte!
Ich kanns nicht glauben … Hofnungslose Liebe
besteht in diesem Kampfe nicht. Zu schwelgen
wo unerhört der glänzendste Monarch
der Erde schmachtet … Warlich! solche Opfer
bringt hofnungslose Liebe nicht. Wie feurig
war nicht sein Kuß! Wie zärtlich drükt er mich,
wie zärtlich an sein schlagend Herz! – So schmelzend
der Augenblik! – Das liebetrunkne Mädchen
ganz hingegeben seiner Glut … Die Probe
war fast zu kühn für die romant’sche Treue,
die nicht erwiedert werden soll! … Er nimmt
den Schlüßel an, den, wie er sich beredet,
die Königin ihm zugeschikt … er glaubt
an diesen Riesenschritt der Liebe … kömmt,
kömmt warlich, kömmt voll Zuversicht … So traut er,
traut Philipp’s Frau die rasende Entschließung,
das unerhörte Opfer zu – Wie kann er,
wenn hier nicht große Proben ihn ermuntern?
Es ist am Tag. Er wird erhört. Sie liebt!
Beim Himmel, diese Heilige empfindet!
Wie fein ist sie! … Ich zitterte, ich selbst
vor dem erhabnen Schrekbild dieser Tugend.
Ein höh’res Wesen ragt sie neben mir,
in ihrem Glanz erlösch ich. Ihrer Schönheit
mißgönnt’ ich diese hohe Ruhe, frei
von jeder Wallung sterblicher Naturen.
Und diese Ruhe war nur Schein? Sie hätte
an beiden Tafeln schwelgen wollen? hätte
der Tugend ganze Glorie zu kosten
und doch zugleich des Lasters heimliche
Entzükungen zu naschen sich erdreistet?
Das durfte sie? Das sollte ungerochen
der Gauklerin gelungen sein, gelungen
weil sich kein Rächer meldet? – Nein bei Gott!
Nein, warlich das vergeb ich nicht. Ich habe
sie angebetet … Das, das fodert Rache!
Der König wisse den Betrug … Der König?
Nach einigem Besinnen.
Ja recht – das ist ein Weg zu seinem Ohre.
Sie zieht eine Gloke.
Die Prinzeßin. Ein Page.
Prinzeßin.
Wie war es? Assemblee ist diesen Abend?
Page.
Ja. Schon versammelt sich der Hof.
Prinzeßin.
Wenn du
den Kapellan bei Seite ziehen könntest – –
Page.
Den Kapellan Domingo?
Prinzeßin.
So ersuch ihn,
im Nebenzimmer linker Hand auf mich
zu warten, hörst du, bis ich vom Gedränge
mich losgemacht – Ein Vorfall von Bedeutung –
Ich muß ihn sprechen, sag ihm das.
Page.
Sogleich.
Prinzeßin.
Im Nebenzimmer. Hörst du?
Page.
Gut.
Ab.
Prinzeßin allein
nachdem sie einige Augenblike in sich gekehrt auf und nieder gegangen.
Auch ich
bin noch nicht ganz verlassen … Ein Geliebter
bleibt mir auch immer noch gewiß, und welcher?
… O warlich ich bin undankbar. Was gäbe
die reichste Bettlerin darum, von meiner
Verdammniß einen Schimmer aufzuhaschen?
Was mangelte mir denn? – Er kann nicht lieben.
Und weiter nichts? – Ist’s denn so wahr, daß Liebe,
nur Liebe glüklich machen kann? Wenn Neid,
wenn Schmeichelei einstimmig mirs betheuren,
werd ichs zulezt nicht glauben, wirklich sein?
Und ist es denn jezt Liebe, was ich brauche?
wenn meine Ehre blutet – Liebe? Ruft
nicht lauter jezt, nicht schreklicher mein Stolz,
als meines Herzens stille Wünsche? Was
ein Mann mir nahm, kann nur ein König mir
ersezen. Nur der Rausch der Größe schläfert
die Schlangen meines Busens ein.
Nach einem zweifelhaften Bedenken.
Was hält mich?
Was ists, das hier mich stuzen macht? … Der Preiß,
der Preiß verdient Erwägung … ew’ge Abschied
von dieser Wollust ist der Preiß.
Die Hand auf die Brust gelegt.
Der Preiß
ist meine Unschuld … meine Tugend.
Sie steht in tiefen Gedanken.
Tugend?
Er will sie nicht, dem ich sie aufbehalten,
dem sie allein geblüht – er will sie nicht,
sie macht ihn ja nicht glüklich … oder frommt sie
dem Himmel nur und nicht auch mir und nicht
dem Manne dem ich mich geschenkt? Spart sie
für jene Welt der Unschuld schöne Blume?
Wenn für die Liebe sie nicht sammelt, wem,
wem sammelt denn die Tugend? Ist sie mehr
als hoher Wucher mit der Liebe Freuden?
Ich werde nicht mehr lieben. Ihres Amtes
entbind ich sie auf immerdar. Sie fliehe
der Hofnung zu. Ich werde nicht mehr lieben.
Nach einigem Stillschweigen.
Ich fand ein Weib – ein großes Weib – nur eines,
und glaubte an den schönen Traum. Das Weib
war nichts als schlau … Getrau’ ich mir zu sein,
was sie zu scheinen nur verstand? – Ich falle
durch meine Wahl, doch wissen soll die Welt,
daß sie gefallen ist wie ich!
Sie geht ab.
Abend.
Ein Zimmer im königlichen Palaste, sparsam erleuchtet.
Herzog von Alba und Pater Domingo
begegnen einander.
Domingo.
Sind sie es, Herzog? Guten Abend!
Alba.
Halt!
Wer ruft mich?
Domingo.
Nach wem sehen sie sich um?
Alba.
Es ist Domingo … So allein? … Sie sind
aus der Versammlung plözlich mir verschwunden.
Ich suche sie schon überall –
Domingo.
Läßt der
Monarch mich holen?
Alba.
Nein. Ich wollte
mit ihnen sprechen – doch es eilt ja nicht –
Sie warten hier auf jemand?
Domingo.
Auf die Fürstin
von Eboli … Was wollten sie mir sagen?
Alba.
Von Eboli? – Das trift sich ganz erwünscht.
Dieselbe wollt ich eben auch besuchen.
Domingo.
Darf ich nicht wissen?
Alba.
Eine wichtige
Entdekung, die ich heut gemacht, worüber
ich einen Aufschluß haben möchte.
Domingo.
Welche
Entdekung? Wovon reden sie?
Alba.
Prinz Karlos
und ich begegnen diesen Mittag uns
im Vorgemach der Königin. Ich werde
beleidigt. Wir erhizzen uns. Der Streit
wird etwas laut. Wir greifen zu den Schwerdern.
Die Königin auf das Getöse öfnet
das Zimmer, wirft sich zwischen uns und sieht
mit einem Blik despotischer Vertrautheit
den Prinzen an – es war ein einz’ger Blik –
sein Arm verstarrt – er fliegt an meinen Hals –
ich fühle einen heißen Kuß – er ist
verschwunden.
Domingo
nach einigem Stillschweigen.
Das ist sehr verdächtig – Herzog,
sie mahnen mich an etwas … Aehnliche
Gedanken, ich gesteh es, keimten längst
in meiner Brust … Ich flohe diese Träume –
noch hab ich niemand sie vertraut. Es giebt
zweischneid’ge Klingen, ungewisse Freunde –
ich fürchte diese. Schwer zu unterscheiden,
noch schwerer zu ergründen sind die Menschen –
entwischte Worte sind beleidigte
Vertraute – drum begrub ich mein Geheimniß,
bis einst die Zeit es reifen würde. Wer
ist mir auch Bürge, daß ich recht gesehen?
Wie leicht geschiehts, daß Menschen sich betrügen!
Ich bin ein Priester. Meine Weihung lautet [8],
den Frieden, nicht die Zwietracht zu verkünden.
Das überlaß ich denen, deren Amt
es mehr ist – andre Diener, andre Eide!
Dem Herzog Alba kann die Pflicht befehlen,
was mir die Pflicht verbietet. Ich muß schweigen,
wär ich noch einmal so gewiß als ich
es jezt schon bin.
Alba.
Gewiß? Gewiß? wovon?
Besinnen sie sich was sie reden. Warlich
ich wüßte nicht, wie viel ich um die bloße
Wahrscheinlichkeit zu geben fähig wäre!
Domingo.
Was hilft mir Ueberzeugung, die ich nicht
auch vor Gericht zu stellen wagen darf?
Gewisse Dienste Königen zu leisten
ist mißlich, Herzog – ein gewagter Wurf,
der, fehlt er seine Beute, auf den Schüzen
zurükeprallt – Ich wollte, was ich sage
auf einer Hostie beschwören – doch
ein Augenzeugniß, ein erhaschtes Wort,
ein Blatt Papier fällt schwerer in die Wage
als mein lebendigstes Gefühl – – Verwünscht,
daß wir auf span’schem Boden stehn!
Alba.
Warum
auf diesem nicht?
Domingo.
An jedem andern Hofe
kann sich die Leidenschaft vergessen. Hier
wird sie gewarnt von ängstlichen Gesezzen.
Die span’sche Königinnen haben Mühe
zu sündigen – ich glaub es – doch zum Unglük
nur da – gerade da nur, wo es uns
am besten glükte sie zu überlisten.
Alba.
Sehr wahr, drum eben müßte man – – –
Domingo.
Von einem
Entwurfe zwar versprech ich mir noch etwas.
Gelingt mir dieser – – – Darf ich der Prinzeßin
von Eboli von jenem Vorfall sagen?
Alba.
Darum erschien ich. Hören sie, Kaplan,
an der Entdekung liegt mir viel, ich wills
nicht läugnen, liegt mir mehr, als sie vielleicht
vermuthen dürften. Alles liegt mir dran,
daß der Monarch davon erfahre. Jezt,
jezt mehr als jemals wünsch ich das. Erst heute
gieng etwas vor – – – ich hoffe doch, Kaplan,
wir kennen uns.
Domingo.
Was ich von diesem Punkt
zu halten pflege, wissen sie, Toledo.
Alba.
Ich hab es nie im Ernst geglaubt, daß mir
Gefahr von dorther drohen könnte – noch
glaub ich es nicht – doch gäb es einen Menschen,
den ich zu fürchten mir erlauben könnte,
Der Knabe wär' es.
Domingo.
Herzog, sie berühren
hier eine Saite – –
Alba.
Hören sie mich an.
Es droht uns irgend etwas – Der Monarch
hat diesen Morgen mir ein Wort gesagt,
ein Wort – Kaplan, sie kennen mich. Ich pflege
doch sonst vor Worten nicht zu zittern. Dißmal
war Sinn darin – und schwerer – wenn ich anders
auf diesen Philipp mich verstehe. Schon –
schon wankt er zwischen uns und dem Infanten.
Das war das Werk von einer Stunde – nahe
ist zwischen Sohn und Vater die Versönung –
Domingo.
Versönung? das verhüte Gott! –
Alba.
Er will
ihn seinem Trone näher haben, will
die Probe mit ihm wagen. Mir befahl er
ihm abzubitten – wenigstens so klang es –
ihm abzubitten, daß ich mich vermessen,
in seines Vaters Gunst zu stehen. –
Domingo
unruhig.
Herzog,
sie sagen mir da –
Alba.
Eine Stunde währte
die Audienz. Er bat um die Verwaltung
der Niederlande. Laut und heftig bat er,
ich hört’ es in dem Kabinet. Sein Auge
war roth geweint, als ich ihm an der Thüre
begegnete. Den Mittag drauf erscheint er
mit einer Miene des Triumphs. Er ist
entzükt, daß mich der König vorgezogen.
Er dankt es ihm. Die Sachen stehen anders,
sagt er, und besser. Heucheln konnt er nie;
Wie soll ich diese Widersprüche reimen?
Der Prinz frolokt hintangesezt zu sein,
und mir ertheilt der König eine Gnade
mit allen Zeichen seines Zorns! – Was muß
ich glauben? Warlich diese neue Würde
sieht einer Landsverweisung ähnlicher
als einer Gnade. –
Domingo
sehr beunruhigt auf und abgehend – dann rasch zu dem Herzog.
So ists aus mit uns.
Alba.
Ich will nicht hoffen.
Domingo.
Dahin also wär’ es
gekommen? Dahin? Und ein Augenblik
zertrümmerte was wir in Jahren bauten?
- Und sie so ruhig? so gelassen? – Kennen
sie diesen Jüngling? Ahnden sie, was uns
erwartet, wenn er mächtig wird?
Alba.
So schwer
straft Gottes Zorn mich nicht.
Domingo.
Sie haben Proben,
er haßt sie –
Alba.
Das vergeb ich ihm. Hab Ich
ihn je geliebt? – Doch, daß er mich beschimpfte,
Domingo, das werd ich ihm nie vergessen.
Als vorg’es Jahr die Stände Arragons
ihm huldigten und mich die Reihe traf,
erschien ich etwas später, weil mein Amt
als Marschall bei dem Feste mich verzögert.
Der Herold hatte dreimal schon gerufen
eh ich den Tron erreichte – Da verstieß
mich der Infant. Im Angesicht des ganzen
betretnen Arragoniens versagte
der Knabe mir den Handkuß – Alle Augen
durchbohrten mich, ich stand zum erstenmal
in meinem Leben außer Fassung. Damals
gelobt’ ich volle schrekliche Bezahlung
dem stolzen Jüngling, und ich halte sie.
Domingo.
Ich bin sein Feind nicht. Andre Sorgen nagen
an meiner Ruhe, Sorgen für den Tron,
für Gott und seine Kirche – Der Infant,
(ich kenn ihn – ich durchdringe seine Seele)
hegt einen schreklichen Entwurf – Toledo –
den rasenden Entwurf, Regent zu sein
und unsern heil’gen Glauben zu entbehren.
… er hält nichts von Religion.
Alba.
Er hält
sehr viel davon, befürcht’ ich, denn mir däucht,
er weiß noch nicht, wie nöthig man sie brauchte.
Domingo.
Sein Herz entglüht für eine neue Tugend
die stolz und sicher und sich selbst genug
von keinem Glauben betteln will – Das Laster
erhält der Kirche Millionen. Er
verachtet es und braucht sie nicht – Er denkt –
sein Kopf entbrennt von einer seltsamen
Chimäre – er verehrt den Menschen … Herzog
ob er zu unserm König taugt?
Alba.
Phantomen!
Was sonst? Vielleicht auch jugendlicher Stolz
der eine Rolle spielen möchte – Bleibt
ihm eine andre Wahl? Das geht vorbei,
trift ihn einmal die Reihe zu befehlen.
Domingo.
Ich zweifle – Er ist stolz auf seine Freiheit,
des Zwanges ungewohnt, womit man Zwang
zu kaufen sich bequemen muß – taugt er
auf unsern Tron? Der kühne Riesengeist
wird unsrer Staatskunst Linien durchreissen.
Kaum ist er Spanier – die kluge Schranke
der Majestät, die glüklichste Erfindung,
von Königen die Menschheit abzuwehren,
versteht er nicht – will er wol nicht verstehn.
Umsonst versucht ichs, diesen troz’gen Mut
in dieser Zeiten Wollust abzumatten.
Er überstand die Probe. … Das Geheimniß
durch Indulgenzen Sünde zu erleichtern
und Seelen durch die Sünde zu zerstören
mislang bei dem Infanten – schreklich ist
in diesem Körper dieser Geist – und Philipp
wird sechzig Jahr alt.
Alba.
Ihre Blike reichen
sehr weit.
Domingo.
Er und die Königin sind eins.
Schon schleicht – verborgen zwar – in beider Brust
das Gift der Neuerer, doch bald genug,
gewinnt es Raum, wird es den Tron ergreifen.
Ich fürchte diese Valois.
Alba
finster.
Daß sie
mich daran mahnen müssen! Diesen Wurm
aus seinem Schlummer stören müssen! – Gerne,
erstikt’ ich die Erinnerung.
Domingo.
An was?
Sie sind erhizt, und ihre Lippen beben?
Alba.
Die Königin von Spanien versezte
mir eine Wunde – eine Wunde, die – – –
woran ich in Jahrtausenden noch blute.
Sie war es – endlich haben meine Forscher
die Thäterin erfahren – Sie allein,
die meinen Anschlag hintertrieb, den Prinzen
von Bourbon aus Navarra zu entführen [9].
Ein Anschlag der dem spanischen Monarchen
nichts kleineres als eine Krone galt!
Sie warnte Frankreich. Das Verbrechen ging
zurüke, und mein Name war geschändet.
Domingo.
Ich weiß von diesem Vorfall – Fürchten sie
die ganze Rache dieser stillen Feindin,
wenn Philipp Schwächen sich erlaubt. Noch ist
das Glük uns günstig. Kommen wir zuvor.
In eine Schlinge stürzen beide … Jezt
ein solcher Wink dem Könige gegeben,
bewiesen oder nicht bewiesen – viel
ist schon gewonnen, wenn er wankt. Wir selbst,
wir zweifeln beide nicht. Zu überzeugen
fällt keinem Ueberzeugten schwer. Es kann
nicht fehlen, wir entdeken mehr, sind wir
vorher gewiß, daß wir entdeken müssen.
Ich habe sonst noch eine Spur. … Wars nicht
am neuen Jahr, daß unsre Königin
in Wochen kam? Ganz recht – und im April
des vor'gen Jahrs erstand der König erst
von seinem bösen Fieber … Herzog Alba? …
Sie ahnden doch? … Diß kleine Saamenkorn
soll in der Zeiten reifender Vollendung
mir schreklich aufgehn … Nur Geduld … Ich sehe
die dunkle Zukunft vor mir tagen …
Er steht in Gedanken verloren – alsdann nimmt er den Herzog bei der Hand, und führt ihn bei Seite, mit vielsagendem Blik.
Herzog,
ich glaube gar – ich sehe – Warlich! Ja!
ich sehe Blut.
Alba.
Das glaub ich einem Priester.
Doch so weit sieht kein Ritter.
Domingo.
Ungesäumt
muß man den König unterrichten. Alles
entscheidet ein geschwinder Wurf.
Alba.
Doch jezt
die wichtigste von allen Fragen – wer
nimmts über sich, den König zu belehren?
Domingo.
Noch sie, noch ich. Erfahren sie also,
was lange schon, des großen Planes voll,
mein stiller Fleiß dem Ziele zugetrieben.
Noch mangelt unser Bündniß zu vollenden
die dritte wichtigste Person. … Sie wissen
wer jezt von mir erwartet wird … Der König
liebt die Prinzeßin Eboli. Ich nähre
die Leidenschaft, die meinen Wünschen wuchert.
Ich bin sein Abgesandter … Unserm Plane
erzieh ich sie – In dieser jungen Dame,
gelingt mein Werk, soll eine Bundsverwandtin,
soll eine Königin uns blühn. Sie selbst
hat jezt in dieses Zimmer mich berufen.
Ich hoffe alles – Jene Lilien
von Valois zerknikt ein span’sches Mädchen
vielleicht in einer Mitternacht –
Alba.
Was hör ich?
Ists Wahrheit, was ich jezt gehört – Beim Himmel!
Das überrascht mich! Ja! Der Streich vollendet!
Dominikaner! Ich bewundre dich.
Jezt haben wir gewonnen –
Domingo.
Still! Man kömmt –
Sie ists. Sie selbst. Entfernen sie sich, Herzog.
Alba.
Ich bin im nächsten Zimmer, träfe sichs
daß Sie –
Domingo.
Schon recht. Ich rufe sie.
Der Herzog von Alba geht ab.
Die Prinzeßin. Domingo.
Domingo.
Zu ihren
Befehlen, gnäd’ge Fürstin.
Prinzeßin
dem Herzog neugierig nachsehend.
Sind wir etwa
nicht ganz allein? Sie haben, wie ich sehe,
noch einen Zeugen bei sich?
Domingo.
Wie?
Prinzeßin.
Wer war es
der eben jezt von ihnen gieng?
Domingo.
Der Herzog
von Alba, gnäd’ge Fürstin, der nach mir
um die Erlaubniß bittet, vorgelassen
zu werden?
Prinzeßin.
Herzog Alba? Was will der?
Was kann er wollen? Wissen sie vielleicht
es mir zu sagen?
Domingo.
Ich? und eh ich weiß
was für ein Vorfall von Bedeutung mir
das langentbehrte Glük verschaft, der Fürstin
von Eboli mich wiederum zu nähern?
Pauße, worinn er ihre Antwort erwartet.
Ob sich ein Umstand endlich vorgefunden,
der für des Königs Wünsche spricht, ob ich
mit Grund gehofft, daß beßre Ueberlegung
mit einem Anerbieten sie versöhnt,
das Eigensinn, das Laune bloß verworfen?
Ich komme voll Erwartung –
Prinzeßin.
Brachten sie
Dem König meine lezte Antwort?
Domingo.
Noch
verschob ich’s, ihn so tödlich zu verwunden.
Noch, gnäd’ge Fürstin, ist es Zeit. Es steht
bei ihnen sie zu mildern.
Prinzeßin.
Würden sie
mir diesen Dienst erzeigen? – Nun für dismal
gewanns die Klugheit vor der Wahrheitsliebe.
Sie haben gut gerechnet. Melden sie
dem König, daß ich ihn erwarte.
Domingo.
Darf
ich das für Wahrheit nehmen, schöne Fürstin?
Prinzeßin.
Für Scherz doch nicht? – Bei Gott! Sie machen mir
ganz bange – Wie? was hab ich denn gethan?
wenn sogar sie – sie selber sich entfärben?
Domingo.
Prinzeßin, diese Ueberraschung – kaum
kann ich es fassen –
Prinzeßin.
Ja, hochwürd’ger Herr,
das sollen sie auch nicht. Um alle Güter
der Welt möcht’ ich nicht haben, daß sie’s faßten.
Genug für sie, daß es so ist. Ersparen
sie sich die Mühe zu ergrübeln, wessen
Beredsamkeit sie diese Wendung danken.
Zu ihrem Trost sez ich hinzu. Sie haben
nicht Theil an dieser Sünde. Auch wahrhaftig
die Kirche nicht, obschon sie mir bewiesen,
daß Fälle möglich wären, wo die Kirche
sogar die Körper ihrer jungen Töchter
für höh’re Zweke zu verbrauchen wüßte.
Auch diese nicht – Dergleichen fromme Gründe
ehrwürd’ger Herr, sind mir zu hoch –
Domingo.
Sehr gerne,
Prinzeßin, nehm ich sie zurük, sobald
sie überflüßig waren.
Prinzeßin.
Bitten sie
von meinetwegen den Monarchen, ja
in dieser Handlung Mich nicht zu verkennen.
Was ich gewesen, bin ich noch. Die Lage
der Dinge nur, hat seitdem sich verwandelt.
Als ich sein Anerbieten mit Entrüstung
zurüke stieß, da glaubt ich im Besize
der schönsten Königin ihn glüklich – glaubte
die treue Gattin meines Opfers werth.
Das glaubt’ ich damals – damals. Freilich jezt,
jezt weiß ichs besser.
Domingo.
Fürstin, weiter, weiter,
Ich hör es, wir verstehen uns.
Prinzeßin.
Genug.
Sie ist erhascht. Ich schone sie nicht länger,
Die schlaue Diebin ist erhascht. Den König,
ganz Spanien und mich hat sie betrogen.
Sie liebt. Ich weiß es, daß sie liebt. Ich bringe
Beweise, die sie zittern machen sollen.
Der König ist betrogen – doch bei Gott
er sei es ungerochen nicht. Die Larve
erhabner übermenschlicher Entsagung
der Mutter Gottes nachgemahlt – Die Larve
reiss’ ich ihr ab, daß alle Welt die Stirne
der Sünderin erkennen soll. Es kostet
mich einen ungeheuren Preiß, doch – das
entzükt mich, das ist mein Triumph – doch sie
noch einen größern.
Domingo.
Nun ist alles reif.
Erlauben sie, daß ich den Herzog rufe.
er geht hinaus.
Prinzeßin
erstaunt.
Was wird das?
Die Prinzeßin. Herzog Alba.'
Domingo.
Domingo
der den Herzog herein führt.
Unsre Nachricht, Herzog Alba
kömmt hier zu spät. Die Fürstin Eboli
entdekt uns ein Geheimniß, das sie eben
von uns erfahren sollte.
Alba
sich der Prinzeßin nähernd.
Mein Besuch
wird dann um soviel minder sie befremden.
Ich traue meinen Augen nicht. Dergleichen
Entdekungen verlangen Weiberblike.
Der Mann hat hier die lezte Stimme. Nur
dem Scharfsinn einer Dame kömmt es zu
Geheimnisse, wie dieses, zu entziffern.
Prinzeßin.
Sie sprechen von Entdekungen? –
Domingo.
Wir wünschten
zu wissen, gnäd’ge Fürstin, welchen Ort,
und welche beßre Stunde sie –
Prinzeßin.
Auch das.
So will ich morgen Mittag sie erwarten.
Ich habe Gründe, dieses strafbare
Geheimniß länger nicht zu bergen – es
nicht länger mehr dem König zu entziehn.
Alba.
Das war es, was mich hergeführt. Sogleich
muß der Monarch es wissen. Und durch sie,
Durch sie, Prinzeßin, muß er das. Wem sonst,
wem sollt er lieber glauben, als der strengen,
der wachsamen Gespielin seines Weibes?
Domingo.
Wem mehr, als Ihnen, die, sobald sie will,
ihn unumschränkt beherrschen kann?
Alba.
Ich bin
erklärter Feind des Prinzen.
Domingo.
Eben das
ist man gewohnt, von mir voraus zu sezen.
Die Fürstin Eboli ist frei, Wo wir
verstummen müßen, zwingen Pflichten sie
zu reden, Pflichten ihres Amts. Der König
entflieht uns nicht, wenn ihre Winke wirken,
und dann vollenden wir das Werk.
Alba.
Doch bald,
gleich jezt muß das geschehn. Die Augenblike
sind kostbar. Jede nächste Stunde kann
mir den Befehl zum Abmarsch bringen –
Domingo.
sich nach einigem Ueberlegen zur Fürstin kehrend.
Ob
sich Briefe finden ließen? Briefe freilich
von dem Infanten aufgefangen, müßten
hier Wirkung thun. – Laß sehen – Nicht wahr? – Ja.
Sie schlafen doch – so däucht mir – in demselben
Gemache mit der Königin?
Prinzeßin.
Zunächst
an diesem – doch was soll mir das?
Domingo.
Wer sich
auf Schlößer gut verstünde … Haben sie
bemerkt wo sie den Schlüßel zur Chatoulle
gewöhnlich zu bewahren pflegt?
Prinzeßin
nachdenkend.
Das könnte
zu etwas führen – Ja – der Schlüßel wäre
zu finden, denk ich –
Domingo.
Briefe wollen Boten.
… Der Königin Gefolg ist groß … Wer hier
auf eine Spur gerathen könnte? … Gold
vermag zwar viel.
Alba.
Hat niemand wahrgenommen,
ob der Infant Vertraute hat?
Domingo.
Nicht einen.
In ganz Madrid nicht einen.
Alba.
Das ist seltsam.
Domingo.
Das dürfen sie mir glauben. Er verachtet
den ganzen Hof. Ich habe meine Proben.
Alba.
Doch wie? Hier eben fällt mir ein, als ich
von dem Gemach der Königin herauskam,
stand der Infant bei einem ihrer Pagen,
sie sprachen heimlich –
Prinzeßin
rasch einfallend.
Nicht doch! Nein! das war
- das war von etwas anderm.
Domingo.
Können wir
das wissen? – Nein, der Umstand ist verdächtig –
zum Herzog.
Und kannten sie den Pagen?
Prinzeßin.
Kinderpoßen!
Was wirds auch sonst gewesen sein? Genug.
Ich kenne das … Wir sehn uns also wieder,
eh’ ich den König spreche – Unterdessen
entdekt sich viel.
Domingo
sie auf die Seite führend.
Und der Monarch darf hoffen?
Ich darf es ihm verkündigen? Gewiß?
Und welche schöne Stunde seinen Wünschen
Erfüllung endlich bringen wird? Auch diß?
Prinzeßin.
In ein’gen Tagen werd ich krank. Man trennt mich
von der Person der Königin. Das ist
an unserm Hofe Sitte, wie sie wissen.
Ich bleibe dann auf meinem Zimmer.
Domingo.
Glüklich.
Gewonnen ist das große Spiel. Troz sei
geboten allen Königinnen –
Man hört eine Gloke.
Prinzeßin.
Horch!
Man läutet mir – die Königin verlangt mich.
Auf Wiedersehen.
sie eilt ab.
Alba. Domingo.
Domingo
nach einer Pauße, worinn er die Prinzeßin mit den Augen begleitet hat.
Herzog, diese Rosen,
und ihre Schlachten –
Alba.
– Und dein Gott – So will ich
den Bliz erwarten, der uns stürzen soll!
Nach einem Stillschweigen.
Daß es bis dahin kommen muß! – Ich bin
in seinen Kriegen grau geworden – daß
ich betteln soll von diesen Wangen, das,
ich kanns nicht läugnen, das verdrüßt mich – Doch,
doch diß Erröthen soll mit Seelenblut,
mit Missethätersbangigkeit dereinst
der Knabe mir bezahlen. – Kommen sie.[10]
Sie gehen ab.
- ↑ Balladen und Lieder altenglischer und altschottischer Dichtart von A. F. Ursinus. Seite 47.
- ↑ Vorlage: singendem Getöne (Berichtigung. Siehe Heft 3, S. 140)
- ↑ Vorlage: meine Leute (Berichtigung. Siehe Heft 3, S. 140)
- ↑ Vorlage: sah ich mich (Berichtigung. Siehe Heft 3, S. 140)
- ↑ Vorlage: des Allreinsten (Berichtigung. Siehe Heft 3, S. 140)
- ↑ Vorlage: zu legen (Berichtigung. Siehe Heft 3, S. 140)
- ↑ Eine österreichische Prinzessin und Nichte Philipps des zweiten, welche dem Infanten Dom Karlos versprochen war, aber nach seinem und der Königin Elisabeth Tode, Philipps vierte Gemahlin wurde - daß also dieser König durch eine Art von Schiksal beide Prinzeßinnen heurathete, die seinem Sohne bestimmt waren.
- ↑ Vorlage: läutet (Berichtigung. Siehe Heft 3, S. 140)
- ↑ Dieser Anschlag des Herzogs von Alba war eines der kühnsten und ungeheuersten Verbrechen, wovon die Geschichte Meldung thut. Er ging dahin, die verwittwete Königin von Navarra nebst ihrem Sohn, den Prinzen von Bearn (nachmals Heinrich IV) und ihrer Tochter mitten aus ihren Ländern zu stehlen, und nach Spanien in die Hände der Inquisition zu liefern. Die Anstalten waren die besten, und der Erfolg, da die Häupter der katholischen Ligue in Frankreich mit dem Herzog von Alba einverstanden waren, konnte nicht anders, als glüklich sein; aber durch die Geschwäzigkeit des Offiziers, dem die Ausführung übergeben war, erfuhr die Königin von Spanien das Geheimniß, und gab ihrer vertrauten Freundin, der Königin von Navarra schnelle Nachricht davon, wodurch es vereitelt wurde. S. Reals Geschichte des Dom Karlos.
- ↑ Es wird mir kaum mehr nöthig sein zu bemerken, daß der Dom Karlos kein Theaterstük werden kann. Der Verfasser hat sich die Freiheit genommen, jene Gränze zu überschreiten, und wird also nach jenem Maaßstab auch nicht beurtheilt werden. Die dramatische Einkleidung ist von [97] einem weit allgemeinerem Umfang, als die theatralische Dichtkunst, und man würde der Poesie eine große Provinz entziehen, wenn man den handelnden Dialog auf die Geseze der Schaubühne einschränken wollte. Die Regeln der Gattung entstunden aus ihren ersten Mustern – Derjenige welcher sich der dramatischen Form zuerst bediente, verband sie mit theatralischer Strenge – aber was macht diesen ersten Gebrauch zum Gesez für die Dichtkunst? – Dem Dichter kömmt es darauf an, die höchste Wirkung die er sich denken kann, zu erreichen. Liegt diese innerhalb der Gattung, so ist relative und absolute Vollkommenheit eins – aber wäre eine von diesen der andern aufzuopfern, so möchte die Gattung wahrscheinlich das kleinere Opfer sein. Dom Karlos ist ein Familiengemählde aus einem königlichen Hause.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage:küße
« Dom Karlos – Teil 2 | Thalia/Erster Band | Dom Karlos – Teil 4 » |
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern) am linken Seitenrand.
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