Nothing Special   »   [go: up one dir, main page]

Zum Inhalt springen

RE:Flamines

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
korrigiert  
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
römische Priester im Dienste eines einzelnen Gottes
Band VI,2 (1909) S. 24842492
Flamen (Religion) in der Wikipedia
Flamen in Wikidata
Bildergalerie im Original
Register VI,2 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|VI,2|2484|2492|Flamines|[[REAutor]]|RE:Flamines}}        

Flamines, römische Priester, die im Dienste eines einzelnen Gottes stehen (Cic. de leg. II 20), nach dem sie bezeichnet werden (Varro de l. l. V 84) und dem sie Opfer darzubringen haben (f. sacrorum Plin. n. h. XXVIII 140. Liv. I 33; vgl. CIL II 2105.[1] VIII 14692[2]). Der Ursprung des Namens, den die Römer irrig von filum, dem von den F. getragenen Wollfaden (s. u.) ableiteten (Varro de l. l. V 84. Paul. p. 87, 15. Dionys. II 64. Plut. Num. 7. Serv. Aen. VIII 664. X 270), ist unsicher, Marquardt (Staatsverw. III2 336) leitet ihn von flare (Anblasen des Opferfeuers) ab, Curtius (Griech. Etym.5 188) bringt den Namen mit flagrare, flamma zusammen, ebenso Corssen (Aussprache, Vocalismus, Betonung der lat. Sprache I2 639) und Usener (Jahrb. f. Philol. CXVII [1878] 53; Mommsen R. G. I8 166 f. = Zünder). Leo Meyer (Vgl. Gramm. der gr. u. lat. Spr. II1 275. I2 76. 520) bringt f. mit skt. brahmán, Priester, zusammen, eine Erklärung, der sich Kretschmer (Einleitung in die Geschichte der gr. Spr. 127), Schrader u. a. (vgl. Osthoff in Bezzenbergers Beitr. zur Kunde der indogerm. Spr. XXIV 141) angeschlossen haben. O. Schrader Sprachvergl. und Urgeschichte2 601 nimmt an, daß f. seiner Bildung nach ursprünglich ein neutraler Begriff gewesen sei und zunächst dem skt. bráhman, Verehrung, entsprochen habe. Durch die Bedeutung ,Verehrerschaft‘ sei es dann zu dem Sinne von Priester gekommen. In seinem Reallexikon der indogerm. Altertumskde. 638 gibt Schrader dem Neutrum f. (= skt. bráhman) die Grundbedeutung ,Zauberspruch‘, die sich durch eine Zwischenstufe wie ,Gemeinschaft von Kennern der Zaubersprüche‘ hindurch auf lateinischem Boden zu der historischen Bedeutung von ,Priester‘ (einzelner Kenner der Zaubersprüche) entwickelt habe. Gegen den Zusammenhang mit skt. brahman [2485] Schweizer-Sidler in der Ztschr. f. vgl. Spr. XIV 155. Bugge (Bezzenbergers Beitr. III 98) bringt f. mit germ. blôtan ,durch Opfer verehren‘ zusammen, gibt aber die Möglichkeit des Zusammenhangs mit flagrare, flamma zu. Vgl. Osthoff a. a. O. 142, der Bugges Etymologie zustimmt und weitere zustimmende Literatur anführt.

Das Amt der F. heißt flamonium (z. B. CIL VIII 262.[3] XII 521)[4] oder – in jedenfalls späterer Form – flaminatus (z. B. CIL II 1935.[5] 3711), vgl. Mommsen Ephem. ep. I p. 221. Zusammenstellungen der in den Inschriften vorkommenden Formen bei Ruggiero Diz. epigr. III 150.

Die F. gehören zu den ältesten römischen Priestern, ihre Einsetzung wird Numa zugeschrieben (Ennius bei Varro de l. l. VII 45. Cic. de rep. II 26; Liv. I 20, 2 führt nur die drei großen F. auf Numa zurück). Die wichtigsten unter den F. sind die zum Collegium der Pontifices gehörigen (Cic. de domo 135) 15 F. (Fest. p. 154 b 26), die sich aus den 3 maiores und 12 minores zusammensetzen. Die 3 f. maiores sind der f. Dialis (s. unter Iuppiter), der f. Martialis und der f. Quirinalis (Liv. I 20, 2. Gai. I 112), die stets in dieser Reihenfolge genannt und auch einfach als F. ohne Zusatz bezeichnet werden, während bei den minores der Zusatz niemals fehlt. Die f. maiores stehen im Range über dem Pontifex maximus (s. d.), ihnen voran geht nur der rex (s. d.). Trotzdem sind sie zum Gehorsam gegen den Pontifex maximus verpflichtet, dieser kann ihnen eine Buße auferlegen, wenn sie ihre Verpflichtungen nicht erfüllen (Liv. XXXVII 51. Val. Max. I 1, 2. Cic. Phil. XI 18). Von den f. minores scheint am Ende der Republik nur noch ein Teil existiert zu haben; Augustin. de c. D. II 15 kennt überhaupt nur 3 F. Nur von 10 der 12 f. minores sind die Namen überliefert (die letzten 6 der Reihe nennt Ennius bei Varro de l. l. VII 45; daß es die letzten sind, zeigt Fest. p. 154 b 28, nach dem der bei Ennius zuletzt genannte f. Pomonalis die letzte Stelle in der Rangordnung der F. einnahm:

1) f. Carmentalis (Cic. Brut. 56. CIL VI 3720;[6] s. Bd. III S. 1594);
2) f. Portunalis (Fest. p. 217 a 13); auffallenderweise ist der f. Portunalis nach dieser Stelle im Dienste des Quirinus tätig, s. Portunus;
3) f. Volcanalis (Varro de l. l. V 84. CIL VI 1628.[7] Macr. I 12, 18, nach dem er an den Kalenden des Mai der Maia opfert), s. Volcanus und Maia;
4) f. Cerialis (CIL XI 5028);[8] vermutlich ist der f. Cerialis auch unter dem F. zu verstehen, der nach Fabius Pictor bei Serv. Georg. I 21 der Ceres und Tellus opfert, s. Ceres;
5) f. Volturnalis (Varro de l. l. VII 45. Paul. p. 379, 2), s. Volturnus;
6) f. Palatualis (Varro de l. l. VII 45. Fest. p. 245 a 12; pontifex Palatualis CIL VIII 10500.[9] XI 5031),[10] s. Palatua;
8) f. Furrinalis (Varro de l. l. V 84. VI 19. VII 45), s. Furrina;
9) f. Floralis (Varro de l. l. VII 45; vgl. den f. Floralis in Lavinium CIL IX 705),[11] s. Flora;
10) f. Pomonalis (Fest. p. 154 b 28. CIL III Suppl. 2,[12] 12732), s. Pomona.

Jullian (Daremberg-Saglio Dict. II 1165) vermutet, daß der CIL X 1493[13] (Neapel) genannte f. Virbialis und der in der Inschrift aus Lavinium bei Henzen 6747 erwähnte f. Lucularis [2486] auch in Rom existierten und in diesen die beiden F. zu sehen seien, deren Namen nicht überliefert sind. Weiter vermutet er a. a. O. 1160, daß die 3 großen F. den 3 Tribus des römischen Volkes entsprechen, was sich aber nicht erweisen läßt. Wenig wahrscheinlich ist Jullians Vermutung (a. a. O. 1160), daß die kleinen F. mit geographischen Unterabteilungen, den pagi, in Zusammenhang stehen.

Die 3 f. maiores sind immer patricisch geblieben (Cic. de domo 38. Paul. p. 151, 3. Tac. ann. IV 16). Die minores waren ursprünglich wohl auch patricisch, später aber sämtlich plebeisch (Paul. a. a. O., vgl. Mommsen Röm. Forschgen. I 78, der annimmt, daß die Patricier von vornherein davon ausgeschlossen waren); in der Kaiserzeit sind sie, wie es scheint, dem Ritterstand entnommen worden (CIL VI 3720.[6] III Suppl. 2, 12732).

Während über die f. minores nur die wenigen vorher angeführten Notizen vorliegen, sind wir über die großen F. und namentlich über den f. Dialis genau unterrichtet. In der Königszeit wurde der F. wohl vom Könige ernannt (Mommsen St.-R. II³ 12), in der Zeit der Republik ernennt ihn der Pontifex maximus (capit flaminem Gell. I 12, 15. Liv. XXVII 8, 5), er wählt ihn (legit) aus drei von dem Collegium der Pontifices vorgeschlagenen Kandidaten (Tac. ann. IV 16). Der vom Pontifex ernannte wird darauf vom Augur (s. Bd. II S. 326) in comitia calata (s. Bd. III S. 1330) inauguriert (Gell. XV 27, 1). Der inaugurierte F. scheidet aus der patria potestas (s. d.) – ohne capitis deminutio aus (Gai. I 130. III 114. Ulp. frg. X 5).

Der f. Dialis genießt große Ehrenrechte: er hat Anspruch auf die toga praetexta (s. d.), die sella curulis (s. d.) und auf den Sitz im Senat (Liv. I 20, 2. XXVII 8, 8. Plut. quaest. Rom. 113; vgl. die den römischen Verhältnissen nachgebildete Bestimmung aus Narbo CIL XII 6038,[14] 4); er besitzt einen Lictor (Paul. p. 93, 9. Ovid. fast. II 23. Plut. quaest. Rom. 113, vgl. CIL XII 6038[14] Z. 2), zu bestimmten Opfern darf er, wie auch die beiden andern großen F., in der Stadt auf einem Wagen fahren (Liv. I 21, 4. CIL I 206[15] Z. 62f.). Wer seine Knie umfaßt, darf an dem Tage nicht geschlagen werden (Gell. X 15, 10. Serv. Aen. III 607. Plut. quaest. Rom. 111). Diesen Rechten aber stehen drückende Pflichten gegenüber, die genaue Beobachtung eines sein ganzes Leben sehr einschränkenden Rituals, an dem für den f. Dialis auch noch in der Kaiserzeit festgehalten worden ist, während es für den f. Martialis und Quirinalis, wie es scheint, schon ziemlich früh wesentlich gemildert wurde (Interpol. Serv. Aen. VIII 552).

Der F. muß aus einer confarreierten Ehe stammen und selbst in einer solchen Ehe leben (Interpol. Serv. Aen. IV 103. 374. Gai. I 112. Tac. ann. IV 16; nach letzterer Stelle gab Tiberius das Gesetz, daß die Gattin des f. Dialis, die flaminica [s. weiter unten] nur in Bezug auf die sacra in der Gewalt ihres Gatten sein, sonst aber, wie die in nicht confarreierter Ehe lebenden Frauen, ihre persönlichen Rechte behalten solle; s. Manus und Confarreatio). Die Ehe kann durch Scheidung nicht getrennt werden (Gell. X [2487] 15, 23. Paul. p. 87, 13. Plut. quaest. Rom. 50, nach dessen Angraben Domitian eine Scheidung erlaubte). Der sonst für Lebenszeit ernannte F., dem die Frau stirbt, muß sein Priesteramt niederlegen (Gell. X 15, 22. Priscian. V 12 p. 149, 5 Hertz. Plut. quaest. Rom. 50. Hieron. adv. Iovin. I 49). Auch seine Gattin, die flaminica, darf nur einen Mann haben (Ovid. fast. VI 232. Hieron. ep. 123, 8. Tertull. de exhort. cast. 13; de monogam. 17), eine Vorschrift, die damit zusammenhängt, daß die flaminica großen Anteil am Priesteramt ihres Gatten hat, s. weiter u. Die Angabe des Interpol. Serv. Aen. IV 29, daß der F. nach dem Tode der Gattin eine zweite heiraten darf, beruht, wie die vorher angeführten Zeugnisse beweisen, auf einem Irrtum.

Der f. Dialis ist cotidie feriatus (Gell. X 15, 16), deshalb muß er die priesterliche Tracht, die praetexta, ständig tragen, während der f. Martialis und Quirinalis sie außerhalb des Dienstes ablegen dürfen (Interpol. Serv. Aen. VIII 552). Marquardt Staatsverw. III2 330 identifiziert die praetexta mit der vom f. Dialis getragenen wollenen laena, die seine Frau weben muß (Cic. Brut. 56. Interpol. Serv. Aen. IV 262. Suet. frg. 167 Reiffersch.), doch ist dies zweifelhaft und die laena vielleicht als ein über der Praetexta getragener Mantel aufzufassen, s. Laena. Vereinzelt steht die Angabe bei Serv. Aen. VII 190, daß der f. Dialis vel Martialis die trabea (s. d.) getragen habe, vgl. Samter Philolog. N. F. X 394ff. und dagegen Wissowa Relig. d. Röm. 428, 5. Auf dem Kopfe trägt der F. den pileus (andere Namen galerus, albogalerus, tutulus Fest. p. 355 a 32), eine hohe, kegelförmig zugespitzte Mütze, an deren Spitze ein Ölzweig mit einem Wollfaden befestigt ist (apex, Paul. p. 10, 12. Interp. Serv. Aen. X 270; der Name apex ist dann auf den ganzen pileus übertragen worden, Interpol. Serv. II 683. Gell. X 15, 17. CIL I 33).[16] Bei großer Hitze konnte ein Umwinden des Kopfes mit diesem Wollfaden (oder Wollbinde) das Tragen des pileus ersetzen, was aber an Festtagen nicht gestattet war (Serv. Aen. VIII 664), s. Bd. I S. 2699, wo aber, ebenso wie Bd. I S. 1329, irrig im Anschluß an Helbig (s. weiter unten) der apex als ein aus Ölbaumholz geschnitzter Stab bezeichnet wird; vgl. dagegen Samter Familienfeste der Griechen und Römer 38. Später scheint allerdings der pileus eine helmartige Form mit einem Stabe an der Spitze bekommen zu haben; vgl. das Relief aus der Zeit Marc Aurels bei Brunn-Bruckmann Taf. 269. Petersen Ara Pacis Augustae Taf. VI (Text S. 310). Daremberg-Saglio Dict. II Fig. 3095ff. Babelon Monn. de la rép. rom. I 484. II 377. Die Porträts bei Arndt-Brunn S. 461ff. können vielleicht auch einen andern Priester darstellen, ebenso zwei nur auf Grund des Gewandes für F. erklärte Darstellungen: Amelung Skulpt. des vatik. Mus. S. 843 nr. 79. Wüsche-Bechi Bull. com. di Roma 1897, 301f.

Wie W. Helbig (S.-Ber. Akad. München 1887, 487ff.) gezeigt hat, ist der pileus der römischen Priester – außer den F. tragen ihn auch die Pontifices und Salier (s. d.) – eine einst allgemein in Italien verbreitete, aus dem Orient über Hellas oder Karthago zu den Italikern [2488] gekommene Kopfbedeckung. Helbig hat jedoch nicht erkannt, daß bei den Priestern das Aufsetzen des pileus gleichzeitig ein lustraler Ritus ist: der pileus muß aus dem Felle eines Opfertiers gefertigt (Suet. b. Interpol. Serv. Aen. II 683. Paul. p. 10, 12. Gell. X 15, 32. Fronto ep. ad M. Caes. 4, 4), der den apex an der Mütze befestigende Wollfaden der Wolle eines Opfertiers entnommen sein (Isid. orig. XIX 30, 5), sein Aufsetzen hat daher dieselbe Bedeutung wie die Bekleidung mit dem Felle eines Opfertiers oder die Verhüllung des Hauptes (Varro de l. l. V 84), d. h. es bezeichnet eine Weihung; vgl. Samter a. a. O. 34ff., über die Bedeutung des Ölzweigs auf dem pileus des F. vgl. ebenda 38. In bloßem Kopfe zu gehen ist dem f. Dialis verboten (Serv. Aen. VIII 664. Varro de l. l. V 84), während die übrigen F. den pileus (ebenso wie die praetexta) nur beim Opfer zu tragen brauchen (Interpol. Serv. Aen. VIII 552. Appian. bell. civ. I 65); erst im 1. Jhdt. n. Chr. wird es auch dem f. Dialis vom Pontifex gestattet, wenigstens im Hause den pileus abzulegen (Masurius Sab. bei Gell. X 15, 18). Auch die Tunica darf der F. Dialis unter freiem Himmel nicht ablegen (Gell. X 15, 20).

Da der F. als cotidie feriatus (s. o.) keine Arbeit sehen darf, gehen ihm die praeciae (Paul. p. 224, 1; vgl. praeciamitatores Fest. p. 244 a 20) voran, um den Handwerkern zu befehlen, mit ihrer Arbeit aufzuhören (Paul. Fest. a. a. O. Macr. I 16, 9). Über die calatores flaminum vgl. Bd. III S. 1336. Vgl. auch Commetaculum (Bd. IV S. 769).

Aus dem Hause des F. Dialis, der acdes oder domus flaminia oder bloß flaminia (Paul. p. 89, 10. Interpol. Serv. Aen. VIII 363; nach Cass. Dio LIV 24, 4 scheint sie nicht weit vom Vestatempel gelegen zu haben) darf Feuer nur zum Opfer herausgetragen werden (Gell. X 15, 7. Paul. p. 106, 4). Neben seinem Bette, in dem kein anderer schlafen darf (Gell. X 15, 14) und dessen Füße mit einer dünnen Lehmschicht bestrichen sind (Gell. a. a. O.), steht stets ein Gefäß mit Opfergaben (strues atque fertum, Gell. a. a. O.).

Der F. Dialis darf nicht schwören (Gell. X 13, 5. 31. Liv. XXXI 50, 7. Paul. p. 104, 11. Plut. quaest. Rom. 44), kein Heer sehen (Fest. p. 249 b 22. Gell. X 15, 4), kein Pferd besteigen (Plin. XXVIII 146. Paul. p. 81, 17. Plut. quaest Rom. 40), was dem F. Martialis und Quirinalis erlaubt war (Interpol. Serv. Aen. VIII 552). Er darf keinen Toten berühren, keinen Ort, an dem ein Grab ist, betreten (Gell. X 15, 24), überhaupt nichts berühren oder auch nur nennen, was zu den Unterirdischen in Beziehung steht, keine Bohnen (Gell. X 15, 12. Plin. XVIII 119; vgl. über die Beziehung der Bohnen zum Totenkulte Samter Neue Jahrb. f. Philol. XV [1905] 42f.), keine Ziege (Gell. X 15, 12. Plut. quaest. Rom. 111), die als Tier der Unterirdischen gilt (Wissowa Relig. der Röm. 191), keinen Hund (ebd.; vgl. d. Hundeopfer an die Genita Mana, Plut. quaest. Rom. 52. Plin. XXIX 58 und über Hundsopfer auch Plut. quaest. Rom. 111), keinen Efeu (Paul. p. 82, 18. Gell. X 15, 12. Plut. quaest. Rom. 112; vgl. die häufige Verwendung des Efeus [2489] auf Grabsteinen; arca hederacia im lateranischen Museum CIL VI 13756[17]). Auch rohes Fleisch (Gell. X 15, 12. Plut. quaest. Rom. 109) und gesäuerten Brotteig (Plut. a. a. O. Gell. X 15, 19. Serv. Aen. I 179) zu berühren ist ihm verboten. Er darf nichts an sich tragen oder sehen, was bindet, deshalb darf sein Kleid und seine Mütze keinen Knoten haben (Gell. X 15, 9. Paul. p. 82, 19), sondern es müssen Spangen zur Befestigung verwendet werden (Paul. p. 113, 15. Serv. Aen. IV 262), sein Ring muß durchbrochen sein (Paul. p. 82, 19. Gell. X 15, 6). Er darf keine Weinlaube mit langen propagines betreten (Gell. X 15, 13. Plut. quaest. Rom. 112). Wer gefesselt sein Haus betritt, muß sofort losgebunden werden, die Fesseln werden über das Dach auf die Straße geworfen (Gell. X 15, 8. Serv. Aen. II 57). Sein Haar darf nur ein freier Mann abschneiden (Gell. X 15, 11). Die Abfälle seiner Haare und Nägel müssen unter einem glücklichen Baume vergraben werden (Gell. X 15, 15); sein Bart darf nur mit einem kupfernen Messer geschoren werden (Serv. Aen. I 448, vgl. Macr. V 19, 13. Lyd. de mens. I 31), als Überbleibsel der Bronzezeit ein Beweis für das hohe Alter dieses Rituals. Über sein Opfermesser vgl. Secespitum.

In alter Zeit durfte er keine Nacht außerhalb Roms bleiben (Liv. V 52, 13); später wurde ihm eine Abwesenheit von zwei (Tac. ann. III 71), noch später von drei Nächten erlaubt (Gell. X 15, 14. Plut. quaest. Rom. 40). Für den Fall einer Erkrankung gestattete Augustus (als Pontifex maximus) eine längere Abwesenheit unter der Bedingung, daß sie nicht in die Tage des publicum sacrificium falle und nicht öfter als zweimal in einem Jahre vorkomme (Tac. a. a. O.). Vertreten wird der F. Dialis bei einer Erkrankung (oder Verhinderung durch ein munus publicum) durch den Pontifex maximus (Tac. ann. III 58). Ließ sich der F. eine Nachlässigkeit beim Opferdienst zu Schulden kommen oder fiel ihm der Hut vom Kopfe, so mußte er seine Würde niederlegen (Val. Max. I 1, 4. Liv. XXVI 23, 8. Plut. Marc. 5).

Ob der F. Dialis kein anderes Priesteramt bekleiden durfte, wie Ambrosch (Quaest. pont. III 5. 23) annahm, ist zweifelhaft (Mommsen CIL I p. 19).[18] Mit dem Pontifikat konnte das flamonium aber wohl kaum verbunden werden, da der F. selbst zum Collegium des Pontifices gehörte (Bardt Die Priester der vier großen Collegien 38). Der zum F. gewählte Salier mußte aus dem Collegium der Salier ausscheiden (CIL VI 1978.[19] 1980. 1982f).

Ein politisches Amt durfte der F. Dialis ursprünglich nicht bekleiden (Liv. IV 54, 7. Plut. quaest. Rom. 113). Ob dies in alter Zeit auch dem F. Martialis und Quirinalis verboten war, ist nicht sicher (vgl. Mommsen St.-R. I 491). Dem F. Dialis wird im J. 200 v. Chr. zum erstenmale gestattet, ein städtisches Amt zu bekleiden (curulische Aedilität; Liv. XXXI 50, 7: da der F. nicht schwören darf, wird es gestattet, daß sein Bruder für ihn den Eid leistet), 183 wird ein F. Dialis Praetor (Liv. XXXIX 39. 45), 87 Consul (Vell. II 22. Tac. ann. III 58). Dagegen ist, entsprechend dem Verbote, länger als zwei oder drei Nächte von Rom abwesend zu sein, [2490] dauernd daran festgehalten worden, daß der Dialis nicht in die Provinz abgehen darf (Tac. ann. III 71). Die beiden andern großen F. haben in der Kaiserzeit Provinzen gehabt (Tac. ann. III 58; vgl. Interpol. Serv. Aen. VIII 552), früher aber sind auch sie oft durch den Einspruch des Pontifex Maximus verhindert worden, sich von den sacra zu entfernen, d. h. als Beamte in die Provinz zu gehen (Cic. Phil. XI 18. Valer. Max. I 1, 2. Liv. ep. XIX. XXIV 8, 10. XXXVII 51, 1).

Da der F. Dialis an die mannigfachsten Beschränkungen gebunden war, ist es begreiflich, daß keine große Neigung zu dieser Würde vorhanden war; so erklärt es sich, daß vom J. 87 v. Chr. an das flamonium Diale 75 Jahre unbesetzt blieb, bis Augustus es im J. 11 v. Chr. erneuerte (Cass. Dio LIV 46. Suet. Aug. 31. Tac. ann. III 58).

Als Helferin zur Seite steht dem F. Dialis seine Gattin, die flaminica (nach Plut. quaest. Rom. 86 Priesterin der Iuno; daß diese Angabe unzutreffend ist, nimmt Otto Philolog. LXIV [1905] 215f. wohl mit Recht an). Daß in historischer Zeit nur die Gattin des F. Dialis, nicht die der andern F., priesterliche Funktionen ausübt, beweist der Umstand, daß flaminica ohne Zusatz stets die Gattin des F. Dialis bezeichnet. Entsprechend dem pileus ihres Gatten, trug sie den tutulus, ursprünglich eine Haube (daß dies die ursprüngliche Bedeutung von tutulus, betont Helbig a. a. O. 516 mit Recht), an deren Stelle später eine hohe Frisur trat, in die eine purpurne wollene Binde eingefiochten war (Fest. p. 355 a 29. Paul. p. 354, 7). Die Flaminica verhüllt ihr Haupt mit dem roten Schleier, flammeum (Paul. p. 89, 13, s. d.) und einem purpurnen Kopftuch, der rica (Paul. p. 288, 10), die von virgines ingenuae patrimae matrimaegue gefertigt (Paul. p. 288, 11) und, wie aus Fest. p. 277 a 6 hervorgeht, später durch ein bloßes Band ersetzt wurde (vgl. Samter Familienfeste 41). Wie am pileus des F. ein Ölzweig befestigt war, so gehörte zur rica der Flaminica ein Zweig von einer arbor felix (Gell. X 15, 28; Granatzweig Interpol. Serv. Aen. IV 137). Diese virga trägt bei gewissen Opfern auch die regina sacrorum, die Flaminica aber bei jedem Opfer (Interpol. Serv. a. a. O.), s. Rica. Wie die rica, das flammeum und die Haarbinde, so ist auch der Mantel der Flaminica, das venenatum, purpurfarben (Interpol. Serv. Aen. IV 137. XII 602. Gell. X 15, 27; Helbig a. a. O. 517 erklärt das venenatum wohl mit Unrecht für eine Kopfbedeckung; vgl. Samter a. a. O. 40f.); vgl. auch CIL XII 6038,[14] 6. Über die lustrale Bedeutung der roten Farbe in der Tracht der Flaminica vgl. Diels Sibyll. Blätter 70. Die Tunica der Flaminica ist aus Wolle und auch mit Wolle genäht (Interpol. Serv. Aen. XII 120). Wie man aus der Inschrift von Narbo CIL XII 6038,[14] 7 auch für stadtrömischen Brauch schließen darf, ist es ihr, wie ihrem Gatten, verboten, eine Leiche zu berühren. Ihre Schuhe und Sohlen dürfen nur aus der Haut eines geopferten oder sonst getöteten, nicht eines gestorbenen Tieres gefertigt werden (Fest. p. 161 a 3. Interpol Serv. Aen. IV 518). Sie braucht nicht zu schwören (neve invita iurato CIL XII 6038,[14] 7). Sie darf keine Treppe von mehr als drei Stufen steigen, damit [2491] nicht ihr Bein entblößt wird, ausgenommen sind Treppen, die von Wänden umgeben sind, durch die sie den Blicken entzogen wird (Gell. X 15, 29. Serv. Aen. IV 646). Ebenso darf sie ihr Kleid nicht über das Knie aufschürzen (Interpol. Serv. Aen. IV 518). Am Feste der Argeer (Gell. X 15, 30, s. Bd. II S. 689ff.), dem der ancilia (Ovid. fast. III 397, s. Bd. I S. 2112) und während der Reinigung des penus Vestae (s. d.) darf sie ihre Haare nicht kämmen und ihre Nägel nicht schneiden (Ovid. fast. VI 229f.). An diesen Tagen darf sie mit ihrem Mann keinen geschlechtlichen Verkehr haben (Ovid. fast. VI 231).

Wie bei andern Priestern fungieren auch beim F. seine Kinder als Gehilfen (Dionys. II 22). Hat er keine Kinder, so sind Knaben und Mädchen, denen beide Eltern leben, seine Gehilfen (Paul. p. 93, 2. Serv. Aen. XI 543. Macr. III 8, 7), die camilli und camillae; s. Bd. III S. 1431.

An allen Idus opfert der F. Dialis dem Iuppiter ein Schaf (Ovid. fast. I 487. Macrob. I 15, 16); s. Idulis ovis. An den nundinae (s. d.) schlachtet die Flaminica in der Regia dem Iuppiter einen Widder (Macrob. I 16, 30). Gegen Wissowas Annahme (Rel. der Röm. 444, 4), daß es sich hierbei, um ein gemeinschaftliches Opfer des F. und der Flaminica an Iuppiter und Iuno handle, vgl. Otto Philol. LXIV [1905] 216. Im Februar teilt der F. Dialis zusammen mit dem Rex die februa (s. d.) aus (Ovid. fast. II 21ff., vgl. 27f. ipse ego flaminicam poscentem februa vidi). Über die Beteiligung des F. Dialis bei den Lupercalien s. Ovid. fast. II 282; vgl. den Art. Lupercalia. Wissowa Religion d. Röm. 484, 7. Bei Beginn der Weinlese opfert der F. Dialis dem Iuppiter eine agna (Varro de l. l. VI 16), s. Vinalia. Über die Mitwirkung des F. Dialis bei der confarreatio (Interpol. Serv. Georg. I 31) s. d.

Der F. Martialis opfert am 15. Oktober dem Mars das beim Wettrennen siegreiche Pferd (Cass. Dio XLIII 24, vgl. Wissowa Relig. der Römer 131 und Art. October equus und Mars).

Der F. Quirinalis opfert alljährlich am 23. Dezember zusammen mit dem Pontifex am Grabe der Acea Larentia (Gell. VII 7, 7. Macrob. I 10, 15; vgl. Acca Larentia und Larentalia). Am 25. April opfert er dem Robigus (Ovid. fast. IV 910), s. d., am 21. August zusammen mit den Vestalinnen am Altar des Consus (Tertull. de spect. 5), s. d. Der F. Quirinalis scheint in irgend welchen näheren Beziehungen zum Heiligtum der Vesta zu stehen: er geleitet im J. 390 die Vestalinnen nach Caere (Val. Max. I 1, 10), bei seinem Hause werden die Heiligtümer vergraben (Liv. V 40).

Alle 3 F. opfern der Fides publica auf dem Capitol (Liv. I 91, 4), s. Fides. Wie andere Priester, sind auch die F. beteiligt bei der zur Zeit der Gefahr stattfindenden lustratio urbis (s. d.), Lucan. I 604.

Dem Collegium der Pontifices angegliedert waren anscheinend auch die f. Divorum (Wissowa Religion der Römer 449), deren Organisation der der drei großen F. nachgebildet ist (Cass. Dio XLIV 6, 4. Cic. Phil. II 110): wie die letzteren mußten sie Patricier sein (Dessau Ephem. ep. III p. 223ff.), ebenso wurden sie wie jene für Lebenszeit – jedenfalls vom Kaiser als Pontifex maximus [2492] – ernannt (Tac. ann. II 83) und inauguriert (Cic. Phil. II 110); wie bei den alten F. der Name des Gottes, wird auch bei ihnen der Name des Divus (im Gegensatz zu den provinzialen und municipalen Kaiserpriestern) im Adjektiv hinzugefügt (eine Ausnahme bildet erst der f. divi Severi, s. weiter u.). Im Gegensatz zu den großen F. durften sie aber anscheinend gleichzeitig das Pontificat bekleiden (CIL V 3223.[20] 7783; auch XIV 4242 bezieht sich jedenfalls auf den F. eines Divus; rex sacrorum und flamen CIL IX 2847),[21] dagegen anscheinend nicht die Würde des Saliers (Dessau a. a. O. 226). Bis ins 3. Jhdt. erhielt jeder Divus einen eigenen F. (Wissowa Religion der Römer 288). Bezeugt sind F. für Caesar (Cass. Cio XLIV 6, 4. Suet. Caes. 76. Cic. Phil. II 110. XIII 41. 47; f. Iulianus CIL V 1812),[22] Augustus (Tac. ann. II 83; f. Augustalis z. B. CIL II 1517.[23] V 3223.[20] VI 909.[24] 913. 921), Claudius (f. Claudialis CIL IX 1123.[25] X 6566),[26] Nerva (Plin. Panegyr. 11), Traian (f. Ulpialis CIL VI 1383),[27] Hadrian (Hist. aug. Hadr. 27, 3), Antoninus Pius (ebd. Anton. Pius 13, 4; M. Aurel. 7, 11), L. Verus (ebd. M. Aurel. 15, 4), Marc Aurel (ebd. 18, 8), Commodus (ebd. Comm. 17, 11; f. Commodianus CIL VI 1577),[28] Pertinax (Hist. aug. Pert. 15, 4; Sever. 7, 8), Septimius Severus (f. divi Severi CIL V 778).[29] Einzelne verstorbene kaiserliche Frauen erhielten flaminicae, so die ältere Faustina (Hist. aug. Anton. Pius 6, 7), Claudia, die Tochter Neros (Tac. ann. XV 23).

Über die dem Pontificalcollegium unterstellten F. einiger teils untergegangener, teils dem römischen Staat einverleibter altlatinischer Gemeinden vgl. Art. Sacerdotes Laurentes Lavinates, Sacerdotes Lanuvini. Mommsen St.-R. III 579f. Wissowa Religion der Römer 447. Wilmanns De sacerdot. p. p. R. quodam genere, Berlin 1868. Über die F. in den Municipien und in den Provinzen, wo der Titel zum Teil vermutlich an die Stelle einheimischer Priestertümer getreten ist, vor allem aber den Vertreter des Kaiserkults (besonders auch des Kults des regierenden Kaisers) bezeichnet, vgl. Sacerdotes municipales und Kaiserkult.

Über die f. und proflamines der Arvalen s. Bd. II S. 1470, über die f. der Curien Bd. IV S. 1816. 1836 (vgl. 1820; f. montanorum montis Oppi Bull. com. XV 156. Mommsen St.-R. III 1 p. VIII 1).

Vgl. Wissowa Religion d. Röm. 432ff. u. ö. Marquardt Staatsverwalt. III² 326ff. Preller Röm. Mythol.³, bes. I 201ff. u. ö. Ruggiero Diz. epigr. III 139ff. Roscher Lex. II 697ff. Daremberg-Saglio Dict. II 1156ff. Peter Quaest. pontifical. spec. (Straßb. Diss. 1886, Zusammenstellung der Zeugnisse) 42ff. G. May Le flamen Dialis et la virgo Vestalis, Revue des études anciennes 1905, 3ff. Frazer The golden bougl I² 242ff.

[Samter. ]

Anmerkungen (Wikisource)

[Bearbeiten]
  1. Corpus Inscriptionum Latinarum II, 2105.
  2. Corpus Inscriptionum Latinarum VIII, 14692.
  3. Corpus Inscriptionum Latinarum VIII, 262.
  4. Corpus Inscriptionum Latinarum XII, 521.
  5. Corpus Inscriptionum Latinarum II, 1935.
  6. a b Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 3720.
  7. Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 1628.
  8. Corpus Inscriptionum Latinarum XI, 5028.
  9. Corpus Inscriptionum Latinarum VIII, 10500.
  10. Corpus Inscriptionum Latinarum XI, 5031.
  11. Corpus Inscriptionum Latinarum IX, 705.
  12. Corpus Inscriptionum Latinarum III, 2.
  13. Corpus Inscriptionum Latinarum X, 1493.
  14. a b c d e Corpus Inscriptionum Latinarum XII, 6038.
  15. Corpus Inscriptionum Latinarum I, 206.
  16. Corpus Inscriptionum Latinarum I, 33.
  17. Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 13756.
  18. Corpus Inscriptionum Latinarum I, 19.
  19. Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 1978.
  20. a b Corpus Inscriptionum Latinarum V, 3223.
  21. Corpus Inscriptionum Latinarum IX, 2847.
  22. Corpus Inscriptionum Latinarum V, 1812.
  23. Corpus Inscriptionum Latinarum II, 1517.
  24. Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 909.
  25. Corpus Inscriptionum Latinarum IX, 1123.
  26. Corpus Inscriptionum Latinarum X, 6566.
  27. Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 1383.
  28. Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 1577.
  29. Corpus Inscriptionum Latinarum V, 778.