RE:Danuvius 1
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
---|---|---|---|
| |||
Fluß, heute Donau | |||
Band IV,2 (1901) S. 2103–2132 | |||
Donau in Wikisource | |||
Donau in der Wikipedia | |||
GND: 4012712-6 | |||
Donau in Wikidata | |||
Donau bei Pleiades | |||
Bildergalerie im Original | |||
Register IV,2 | Alle Register | ||
|
Danuvius. 1) Der grosse Fluss Europas, der heute Donau heisst. Die richtige Form ist Danuvius, so immer auf Inschriften (Mon. Ancyr. V 47. 48. CIL IX 5363. V 8002. 8003 aus den J. 46 und 47 n. Chr. III 3676. 5755 = Suppl. 11846. XIV 3608 = Dessau 986, wo die Bewohner des jenseitigen Donauufers Transdanuviani genannt werden; hiezu kommt die neuerdings gefundene Inschrift mit incursu Danuvi von der Tiberiusstrasse, Rev. archéol. XXVIII [1896] 269 nr. 18 = CIL III Suppl. 13813 d; darnach herzustellen Arch.-epigr. Mitt. VIII 32 = CIL III Suppl. 7485) und auf Münzen (Cohen II 32 nr. 136 Münze des Traian; freilich liest man auf einer Münze Constantins [Cohen VIII 285 nr. 483] Danubius, doch ist nach Cohens Anmerkung die Lesung nicht gesichert). Hierher gehören auch die inschriftlichen Zeugnisse, in denen D. zwar nicht den Fluss selbst, wohl aber den Flussgott (CIL III 3416. 5863 aus dem J. 201 n. Chr.; Suppl. 11894. 10395. 10263) oder ein nach dem Flusse benanntes Schiff, wie wir heute unsere Schiffe Main, Weser, Lahn u. dgl. nennen, bedeutet (CIL X 3508. 3546. 3553. XI 67. VI 3154, wo freilich Danubio gelesen wird, doch ist die Inschrift nur hsl. erhalten). Vereinzelt kommen neben D. Danivius (Not. d. scavi 1895, 350) und Dannuvius (Bull. com. 1884, 13 = Buecheler Carmina epigraphica 1264 = Dessau 2167), auch Danuius CIL X 3508 vor. Dagegen ist die von Katanscich Istri accolarum geographia vetus II 132 nr. 10. 220 nr. 48 überlieferte Inschrift mit praef. ripae Tibisci Danuvii gefälscht, s. CIL III *90. Diesen Zeugnissen gegenüber hat die in Hss. und darnach in vielen unserer Ausgaben gebotene Form Danubius keinerlei Gewähr (J. Becker Ztschr. f. Altertumswissenschaft 1851, 453. Fleckeisen 50 Artikel 15. Brambach Neugestaltung der lateinischen Orthographie 239. 332). Die Griechen gaben das lateinische v durch β, so auch D. durch Δανούβιος wieder.
Neben der Form Δανούβιος kommt vielfach in griechischen Quellen die verschliffene Form Δάνουβις vor. So bei Caesarius von Nazianz quaestiones theologicae in Magna bibliotheca patrum XI 672 Δανούβης (natürlich = Δάνουβις); im anonymen Periplus 68 = Müller Geogr. min. I 419: οὗτος ὁ Ἴστρος ποταμὸς ὁ καὶ Δάνουβις λεγόμενος; bei Procop. de aedif. IV 5: ... Ἴστρου ὃν καὶ Δάνουβιν ὀνομάζουσιν; in der anonymen ὑποτύπωσις γεωγραφίας = Müller Geogr. min. II 496: Ἴστρος ὃν Δάνουβιν καλοῦσιν; Nikephoros Blemmides p. 6 Spohn: Καὶ οὗτος καλεῖται Δάνουβις. Auch der Kaiser Iulian ep. 75 ed. Hertl. II 597 scheint Δάνουβιν, nicht Δανούβιον geschrieben zu haben. Tzetzes chil. XI 926 gebraucht Δάνουβις. Also die vulgäre Form im späteren Griechisch war Δάνουβις. Darnach ist bei Steph. Byz. s. Δάνουβις (und in der ganz entsprechenden Stelle bei Eustathios zu Dionys Perieg. v. 298) statt des überlieferten Δάνουβις ἢ Δάνουσις herzustellen: Δανούβιος ἢ Δάνουβις, worauf auch im Eustathios der Cod. E mit seinem Δανούσιος ἢ Δάνουβις führt. Jedenfalls ist die Form Δάνουσις nicht zu halten.
Eine Etymologie des Namens D. aus dem Altertum hat Steph. Byz. p. 217 M. (daraus [2104] Eustathios zu Dionysios Perieg. v. 298) aufbewahrt. Darnach hat der Fluss den Namen Δάνουβις bekommen, als den Skythen, welche früher immer ohne Schaden über denselben gesetzt seien, einst ein Unglück zugestossen sei: συμφορᾶς δὲ τοῖς Σκύθαις ἀπιπεσούσης οὕτω ἐκλήθη . . . ὁ δὲ Δάνουβις ἑρμηνεύεται ὥσπερ τοῦ ἁμαρτεῖν ἔχων αἰτίαν und Eustathios fügt hinzu: τουτέστιν αἰτιώμενος διὰ τοῦ τοιούτου ὀνόματος ὑπ’ ἐκείνων κατὰ τὴν αὐτῶν γλῶσσαν, ὡς αἴτιος αὐτοῖς δυστυχίας γενόμενος. So wertlos diese Etymologie ist, so führt sie uns doch in eine Zeit, wo am Unterlauf – denn hierher weist uns die Erwähnung der Skythen – der Name D. etwas Neues war und wo man für sein Aufkommen nach einem Grunde suchte. Wichtiger ist, was Stephanos und nach ihm Eustathios gleichfalls berichten, dass der Fluss, bevor er D. genannt sei, Ματόας geheissen habe: Ματόας δὲ λέγεται ἐς τὴν Ἑλληνίδα γλῶσσαν αἴσιος (so nur der Cod. Monacensis des Eustathios, alle anderen ἄσιος; aber schon der Gegensatz zu dem ,Unglücksfluss D.‘ lässt die Etymologie des ,Matoas als Glücksflusses‘ [also αἴσιος] berechtigt erscheinen), ὅτι πολλάκις περαιούμενοι οὐδὲν ἐπεπόνθεισαν, nämlich οἱ Σκύθαι. Wann und bei welchem Volke hiess die Donau Matoas? Eustathios, der den Stephanos fast wörtlich ausschreibt, giebt als seine Quelle den Strabon an ((φησὶ δὲ ὁ αὐτὸς γεωγράφος und das ist Strabon); aber in unserem Strabontext findet sich diese Stelle nicht. C. Müller denkt daran, dass in dem uns verlorenen Teile des VII. Buches Strabon erzählt haben könne, dass die Donau Matoas geheissen habe und in D. umgetauft sei. Ist diese Annahme richtig, so sind die bei Stephanos erwähnten Skythen die alten iranischen Bewohner der südrussischen Steppe, und Matoas hätte darnach als der skythische Name der Donau zu gelten. Geht aber diese Notiz nicht auf Strabon, sondern auf Stephanos selbst zurück, so kann nicht festgestellt werden, welche Völker mit Skythen gemeint sind, denn in den späteren Jahrhunderten hiessen auch die Gothen und andere sowohl germanische als nichtgermanische Völker, welche in der grossen Steppe und an der unteren Donau auftauchten, ganz allgemein Skythen. Übrigens darf man wohl daran erinnern, dass das Aufkommen des Namens D. unmittelbar vor die Zeit Strabons fällt; er kann sehr gut die verschiedenen Namen des grossen Stromes zusammengestellt haben, wenn ich auch nicht glaube, dass die Etymologien der Namen D. und Matoas ihm zuzuschreiben sind; dieselben entstammen sichtlich einer viel späteren Zeit. Sonst berichtet niemand etwas vom Matoas; dass er der alte skythische Name für die Donau gewesen ist, gewinnt dadurch noch an Wahrscheinlichkeit, dass die Thraker diesen Fluss Istros benannten, woher dann die Griechen und nach ihnen die Römer ihre Formen Ἴστρος bezw. Ister und Hister nahmen (Jordan. Get. 12, 75; vgl. Tomaschek Die alten Thraker II 2, 101 [S.-Ber. Akad. Wien CXXXI]) und die Gothen später aus der Form D. ihr Δούναβις und Δουναῦις (so bei Caesarius von Nazianz in Magna bibliotheca patrum XI p. 588 und 672j, woraus unser Donau entstand, machten, während die Slaven gleichfalls keinen neuen Namen bildeten, sondern den alten zu ihrem Dunav oder [2105] Dunaj umformten (Müllenhoff Ztschr. f. deutsch. Altertum XX 26 = D. A.-K. II 362). Will man also Matoas nicht als altskythischen Namen gelten lassen, muss man unter den nichtgothischen und nichtslavischen Völkern nach einem Volke suchen, welches beim Vordringen gegen die Donau diesen Fluss kennen lernte und ihn auch zugleich ohne Anlehnung an bereits bekannte Namen desselben mit seinen eigenen Lauten Matoas benannte. Die von Johannes Lydos de magistr. III32 gegebene Deutung des D. als νεφελοφόρος können wir wohl mitsamt seiner Begründung auf sich beruhen lassen. In der That ist aber, was heute allgemein angenommen wird, der Name D. keltischen Ursprungs (Glück Keltische Namen bei Caesar 92. Much Deutsche Stammsitze 63) und kam von den Kelten, die ja auf beiden Seiten des Stromes lange genug wohnten, zu den Römern. Andererseits musste den letzteren aber auch von ihren Kriegen auf der Balkanhalbinsel her und durch die griechischen Schriftsteller, welche bis in die Kaiserzeit hinein nie D. schrieben, der Name Hister bekannt sein; drang doch C. Scribonius Curio ums J. 74 v. Chr. zuerst von allen römischen Feldherrn bis zur Donau vor (Rufus Fest. 7. Eutrop. VI 2, vgl. o. S. 1957) und bediente Varro sich in seiner Länderbeschreibung des Namens Hister, wie aus Gell. X 7, 2 hervorgeht. Daraus ergab sich, dass anfangs wenigstens die Römer D. mehr für den Ober- und Mittellauf der Donau anwandten, da ja hier Kelten gesiedelt hatten und von hier aus ihnen der Name bekannt geworden war, während Hister ihnen entweder nach allgemein griechischem Sprachgebrauch der ganze Flusslauf oder aber speciell der Unterlauf war, da ja hier thrakische Stämme zu allen Zeiten sassen, von welchen der Name Ἴστρος zu den Griechen und weiter zu den Römern gekommen war.
Der Name D. begegnet uns zuerst bei Caes. bell. Gall. VI 25. nach welchem die Hercynia silva vom Rhein ab bis zu den Grenzen der Daker und Anarten parallel zur Donau (recta fluminis Danuvii regione) streicht, von da ab aber linksum (also nach Norden) in einer dem Stromlauf entgegengesetzten Richtung (diversis ab flumine regionibus) abbiegt. Es wäre ja interessant genug zu wissen, ob Caesar gewusst hat, dass D. und Hister Namen eines und desselben Flusses seien; aber nur an dieser einzigen Stelle erwähnt er die Donau und daraus ergiebt sich weiter nichts, als dass D. als Name für den Oberlauf derselben ihm bekannt war. Auffallend ist es, dass er an einer anderen Stelle (bell. Gall. I 5: Boiosque qui trans Rhenum incoluerant et in agrum Noricum transierant Noreiamque oppugnarant) trans Rhenum schreibt, wo man doch notwendig trans D. erwarten musste; denn offenbar mussten die aus Böhmen vertriebenen und ins Land der Noriker übergesiedelten Boier nicht, wie Caesar will, den Rhein, sondern die Donau überschreiten, um Noreia belagern zu können. Es handelt sich hier um Ereignisse, die kurz vor dem Anschluss der Boier an die Helvetier sich ereigneten, nicht um eine historische Reminiscenz, wonach dieselben vor ihrem Einfall in Noricum (also auch vor ihrer Siedlung in Böhmen) einst in Germanien (trans Rhenum), also zwischen Rhein, Donau, Main gesessen [2106] haben sollten, wie Much German. Stammsitze 2 es darstellt. Die Plusquamperfecte incoluerant – transierant, oppugnarant stehen auf einer Stufe; das transierant bedingt, dass man an einen Flussübergang denkt, dieser Fluss kann aber nicht der bei Caesar genannte Rhenus, sondern muss der D. sein. Man darf wohl behaupten, dass Caesar, wie dies auch aus der ganzen Erzählung VI 24ff. erhellt, eine ungenaue und ungenügende Kenntnis dieser ganzen Gegend um die Hercynia silva, speciell aber der Donau selbst hatte.
Der nächste, welcher den D. erwähnt, ist Sallust. Im frg. III 79 seiner Historien hat er offenbar im Zusammenhang mit der geographischen Beschreibung des Pontos und des Pontosgebiets von der Donau gesprochen und gesagt: nomenque Danuvium habet, quoad Germanorum terras adstringit. Vergleicht man hiermit, was Gell. X 7, 1 sagt: proxima magnitudine esse Histrum scripsit Sallustius, wo doch sicher die Form Hister getreulich entlehnt ist, so erhellt, dass Sallust beide Namen für die Donau, sowohl Hister als D., kannte und dass er weiter auch den letzteren Namen auf den Oberlauf des Stromes anwandte. Das beweist der Zusatz quoad Germanorum terras adstringit, denn diese Germanen können selbstverständlich nur am Oberlauf der Donau gesucht werden.
Ferner kannte die auf Agrippa und Augustus zurückgehende Chorographie beide Namen, sowohl Hister als D., und verwandte dieselben so, dass jener für den Unterlauf und das Mündungsgebiet, dieser aber für den Ober- und Mittellauf Verwendung fand. Das ergiebt sich deutlich aus den bei Plinius (n. h. IV 45. 78. 81) erhaltenen Fragmenten des Agrippa, welche die Entfernung von Byzanz bezw. der Pontosmündung bis zur Donaumündung – beidemale heisst es ad flumen Histrum bezw. ab Histri ostio – und dann die Länge und Breite des ganzen Landstriches zwischen Donau (ab Histro) und Ocean und zwischen Weichsel und Pontos angeben. Das ist derselbe Landstrich, welchen die Dimensuratio provinciarum (VIII bei Riese Geogr. lat. min.) und die Divisio orbis terrarum (XIV), welche beide auf die Chorographie von Agrippa und Augustus zurückgehen, als Dacia bezeichnen, und als dessen Südgrenze sie das flumen Hister angeben. Dagegen wird sowohl in der Dimensuratio als auch in der Divisio in den weiter westwärts gelegenen Landschaften, wenn die Donau als Grenze angegeben wird, nicht der Name Hister, sondern D. gebraucht; so bei Illyricum . .. a septentrione flumine Danuvio (dimens. XVIII und div. X) und so bei Germania ...a meridie flumine Danuvio (dimens. XIX und div. XI). Auch hier gehen die beiden geographischen Handbücher auf die Chorographie von Agrippa und Augustus zurück. Augustus gebrauchte im Monumentum Ancyranum (V 47f.) im lateinischen Text D., im griechischen dagegen Ἴστρον, und beide Namen sind auch dem Strabon (VII 304), dem Ovid (ex Ponto I 8. 11) und dem Horaz, um bei der augustischen Zeit stehen zu bleiben, bekannt, während der Verfasser der Consolatio ad Liviam v. 387 nur D. gebraucht. Ich glaube auch, dass Horaz, als er non qui profundum Danuvium bibunt edicta rumpent [2107] Iulia, non Getae, non Seres infidive Persaee, non Tanaim prope flumen orti sang (carm. IV 15, 12), nicht, wie man will, an die Daker und die Anwohner des Unterlaufs der Donau bei den Worten qui profundum D. bibunt dachte, weil diese schon genügend durch das folgende Getae charakterisiert werden, sondern vielmehr die Anwohner der oberen Donau, die Grenznachbarn der eben, als er das Gedicht verfasste, unterworfenen Vindeliker und Raeter, meinte; dann ist auch ein Gegensatz zwischen non qui profundum Danuvium bibunt und non Getae, wie zwischen Getae und allen folgenden Völkerschaften, den ich bei der üblichen Auslegung der Worte qui profundum Danuvium bibunt vermisse. Diodor dagegen, der natürlich als Grieche und aus seinen griechischen Quellen den Namen Ἴστρος gut kannte, erkannte offenbar nicht, dass dieser Fluss identisch sei mit dem bei den Römern und in römischen Quellen üblichen D.; denn er lässt (V 25, 4) bei der Beschreibung Galliens D. und Rhenus in den Ocean fliessen, während er weiss, dass der Istros in den Pontos mündet (IV 56, 7). Deutlich tritt noch die Verwendung des Namens D. für den Ober- und Mittellauf bei Seneca hervor, während er Ister für den Unterlauf gebraucht, wenn er sagt: Ultra Istrum Dacus non exeat .... Danuvius Sarmatica ac Romana disterminet. Mit Sarmaten können hier nur die Iazygen der Theissebene gemeint sein, Dacus ist der Bewohner Siebenbürgens und der grossen walachischen Ebene (Senec. quaest. natur. I prol. 8). Der augustischen Zeit ist also der Name D. durchaus bekannt; gewöhnlich findet er sich auf den Oberlauf der Donau beschränkt.
Das genügte den Geographen nicht, welche ihrerseits eine bestimmte Grenze, bis wohin der Fluss D. und von wo ab er Hister genannt würde, auszumitteln suchten. Nach Plinius (n. h. IV 79: et unde primum Illyricum adluit Hister adpellatus) ist der Fluss bis zur illyrischen Grenze D., von da ab aber Hister genannt. Denn obgleich Illyricum ihm nur das Land von dem italischen Grenzfluss Arsia auf der istrischen Halbinsel ostwärts, das nördlich nicht über die Saulinie hinausgeht, bis zum flumen Drinium (heute Drina) ist (Plin. n. h. III 139. 147. 150) und also streng genommen die Donau dies Gebiet auf ihrem Laufe nicht berührt, muss in den Worten unde primum Illyricum adluit Illyricum in dem Sinne verstanden werden, in dem es sonst häufiger vorkommt, nämlich östlich über die Drina, die Grenze der Provinzen Dalmatia und Moesia, hinausgehend und Moesia mit einschliessend. Dann kann aber der Punkt unde primum Illyricum adluit nur der Einfluss der Sau in die Donau sein; das ist derselbe Punkt, welchen Appian (Illyr. 22) als Grenze der Namen D. und Hister angiebt. Etwas Ähnliches fand auch Johannes Lydos (de magistr. III 32) in seiner Quelle, wenn er behauptet: ὁ Ἴστρος ἄρχι μὲν Παννονίας καὶ Σειρμίου ... τὴν ἰδίαν διασώζει προσηγορίαν, freilich dreht er die Sache um und nennt den Oberlauf der Donau Ister, den Unterlauf D. Weiter ostwärts suchten andere die Grenzscheide für diese beiden Namen, so soll nach Strabon (VII 305) der Strom bis zu den Katarakten (d. i. bis zum eisernen Thor), nach Ptolemaios [2108] (III 10, 1) und Tzetzes chiliad. XI 926 bis zur untermoesischen Stadt Axiupolis D., von da ab bis zur Mündung aber Hister genannt sein. Noch eine andere Grenze nennt die anonyme ὑποτύποσις γεωγραφίας (Geogr. gr. min. II 496): ὁ Ἴστρος, ὃν μέχρι Νουιοδούνου πόλεως Δάνουβιν καλοῦσιν, wo früher Οὐινδοβούνης gelesen wurde; Νουιοδούνου kommt allerdings dem überlieferten μεχρις ου δουνου näher, wenn man nicht nach der aus Inschriften (Arch.-epigr. Mitt. XVII 175 nr. 12. 178 nr. 21) bei Beleni zwischen Nikopolis und Sistov festgelegten statio Dim(ensis) den aus Itineraren bekannten Ort Dimum in dem verderbten μεχρις ου δουνου wiederzuerkennen vorziehen sollte. Wie dem aber auch sein mag, eine Einigkeit zwischen den alten Geographen, wie weit D., wie weit Hister reichten und Geltung hätten, existierte nicht und konnte der Natur der Sache nach nicht existieren, da das Geltungsgebiet derartiger Namen sich nicht gut auf einen bestimmten Punkt festlegen lässt.
In Wahrheit gebrauchen denn auch viele lateinische Schriftsteller die Namen Hister und D. unterschiedslos wie Plin. n. h. III 146–149. Ammian. Marc. XXVII 5, 2. 5. XXIX 6, 2. 6. XVII 13, 4. Auson. Mosella 106. 424. Claudian. XXVI 331. 337. 489. 523. Sidon. Apoll. carm. II 200. 270. Mamertin. Paneg. XI 7. II 2. III 6. 16. Eugipp. vita Severini 10 u. a., während andere nur des Namens Hister sich bedienen wie Lucan. II 50. 418. 419. III 202. V 437. Martial. V 3, 2. VII 7, 2. 80, 11. 84, 3. VIII 2. 2. IX 101, 17. Pacat. Drepan. XII 5. 10. 33 = Paneg. ed. Baehrens p. 275. 280. 301, gerade wie dies bei den Griechen wie Strabon, Stephanos von Byzanz, der nur im Lemma (s. o.) Δανούβιος hat, u. a. üblich ist.
Gegenüber allen diesen Zeugnissen ist auch die Thatsache zu beachten, dass Tacitus und Plinius im Panegyricus nur die Form D. gebrauchen und dass sowohl in der Tabula Peutingerana als in der Not. dign. or. XXXIX der ganze Flusslauf D. genannt wird, wozu man Jornandes Get. 5, 31 ... Istri qui dicitur Danuvius ab ostio suo usque ad fontem vergleiche, obwohl er unmittelbar darauf in demselben Satze Ister und D. sagt.
So deutlich auch in der ersten Kaiserzeit die Verwendung des Namens D. für den Oberlauf der Donau und diejenige des Hister für seinen Unterlauf hervortritt, womit, wie wir sahen, die Bemühungen der Geographen diese Namen in ihrem Geltungsbereich an einen bestimmten Punkt zu knüpfen, in Verbindung standen, in der Praxis galten immer mehr und mehr D. und Hister für gleichwertige Namen eines und desselben Flusses. Das geht deutlich aus den oben zum Belege der verschliffenen Form Δάνουβις angeführten Zeugnissen hervor, gerade wie seit Ovid so manche römische Dichter den Hister binomen nannten (Ovid. ex Ponto I 8. 11. Stat. silv. V 1, 89. Sil. I 326. Auson. Mosella 106). Dementsprechend werden wir hier, was die Alten über die Donau und deren Lauf erkundet hatten, überhaupt was sie von ihr wussten, zusammenstellen.
Den Griechen wurde die Donau spätestens im 7. Jhdt. v. Chr. näher bekannt; bei ihnen heisst der Strom Istros. Denn als sie die Ufer des Pontos zu colonisieren begannen und an dessen Nordufer [2109] Olbia, in der Nähe der Donaumündung die Stadt Istros anlegten, was um die Mitte des 7. Jhdts. geschah, mussten sie auch mit dem grossen Strome, der seine Fluten ins schwarze Meer ergiesst, bekannt werden; hat doch die eine Colonie sichtlich ihren Namen vom Flusse erhalten. Aber wohl schon früher war ihnen der Istros wenigstens dem Namen nach bekannt; er begegnet uns zuerst bei Hesiod (Theog. 339), der ihn unter den Flüssen, welche Tethys dem Okeanos gebar, erwähnt und ihm den Beinamen καλλιρέεθρος giebt.
Die ersten griechischen Schriftsteller, welche uns mehr als den blossen Namen geben, sind Aischylos und Pindar; nach dem ersteren entspringt der Istros bei den Hyperboreern auf den rhipaeischen Bergen (τὸν Ἴστρον φασὶν ἐκ τῶν Ὑπερβορέων καταφέρεσθαι καὶ τῶν Ῥιπαίων ὀρῶν Schol. Apoll. Rhod. IV 284 = frg. 183), nach dem letzteren holt Herakles den Ölbaum von den schattigen Quellen des Istros, welche er sich beim Volke der Hyperboreer denkt (Olymp. III 25ff.), und Apollon eilt nach Vollendung des mit Poseidon unternommenen troischen Mauerbaues zum Istros, was mit der eben erwähnten Anschauung übereinstimmt, da ja die Hyperboreer als Diener Apollons galten (Olymp. VIII 64). Wohin verlegten die Alten nun das Land der Hyperboreer, wohin die rhipaeischen Berge? Ohne diese Frage hier eingehender zu erörtern, so geht doch klar aus den bei Herodot. IV 13 erhaltenen Angaben des Aristeas von Prokonnesos, aus Hippokrates de aere (I 567) und aus je einem Fragment des Hellanikos (frg. 96) und des Damastes von Sige (FHG II 64) hervor, dass nach der Anschauung der vor oder gleichzeitig mit Aischylos und Pindar lebenden Hellenen Hyperboreer und rhipaeische Berge zusammengehörten und dass beide von ihnen in den hohen Norden versetzt wurden; als Ausgangspunkt ihrer geographischen Kenntnis in diesem Punkte ist aber das durch die Fahrten ins Schwarze Meer ihnen bekannt gewordene Land der Skythen, d. i. also Südrussland, zu betrachten, weil nach Skythien die Lage der übrigen Völker bestimmt wird. Wenn gesagt wird, dass die Hyperboreer ans Meer reichten (κατήκοντας ἐπὶ θάλασσαν Aristeas; καθήκειν εἰς τὴν ἑτέραν θάλασσαν Damastes), so ist mit diesem Meer der nördliche Ocean gemeint. D’Arbois de Jubainville (La source du Danube chez Hérodote, Revue archéologique III Ser. XII 61) setzt die Hyperboreer in den Nordwesten Europas und identifiziert sie mit den Kelten. Ihm widersprach mit vollem Recht A. Hauvette (La géographie d’Hérodote in Revue de philol. N. S. XIII 1). Denn die vorliegenden Zeugnisse führen uns betreffs dieses Volkes nicht in den Nordwesten Europas, sondern vielmehr in den Norden und zwar nicht so sehr Europas als Asiens, wenn anders man beachtet, dass die Issedonen, nach denen zunächst bei Aristeas und Damastes die Lage der Hyperboreer bestimmt wird, nicht nördlich, sondern vielmehr nordöstlich von Skythien angesetzt werden. Es darf also als sicher gelten, dass Aischylos und Pindar die Quelle der Donau im hohen Norden suchten. Ihnen gegenüber bedeutet Herodot, zu dessen Ansicht wir jetzt übergehen, einen Fortschritt in der Erkenntnis, nicht wie d’Arbois de Jubainville will, einen Rückschritt.
[2110] Herodot kennt genauer die Mündung der Donau – darauf kommen wir später zurück – und sagt von ihrer Quelle und ihrem Laufe Folgendes (II 33): Ἴστρος τε γὰρ ποταμὸς ἀρξάμενος ἐκ Κελτῶν καὶ Πυρήνης πόλιος ῥέει μέσην σχίζων τὴν Εὐρώπην· οἱ δὲ Κελτοί εἰσι ἔξω Ἡρακλέων στηλέων, ὁμορέουσι δὲ Κυνησίοισι, οἳ ἔσχατοι πρὸς δυσμέων οἰκέουσι τῶν ἐν τῇ Εὐρώπῃ κατοικημένων. τελευτᾷ δὲ ὁ Ἴστρος ἐς δάλασσαν ῥέων τὴν τοῦ Εὐξείνου πόντου διὰ πάσης Εὐρώπης, τῇ Ιστριηνοὶ (so z. B. Pick Münzen von Dacien und Moesien) Μιλησίων οἰκέουσι ἄποικοι. Dazu vgl. man Herodot IV 49: ῥέει γὰρ δὴ διὰ πάσης τῆς Εὐρώπης ὁ Ἵστρος, ἀρξάμενος ἐκ Κελτῶν, οἳ ἔσχατοι πρὸς ἡλίου δυσμέων μετὰ Κύνητας οἰκέουσι τῶν ἐν τῇ Εὐρώπῃ. Klar ist, dass Herodot seinen Istros im Westen und zwar im Lande der Kelten bei einer Stadt, welche er Pyrene nennt, entspringen und in west-östlicher Richtung Europa durchfliessen lässt. Die Kelten wohnen nach ihm nicht am mittelländischen Meer, wenn anders man die Säulen des Herakles durchfahren muss, um zu ihnen zu gelangen, und auch nicht im äussersten Westen Europas, also am atlantischen Ocean, wenn westlich von ihnen noch ein Volk, Kynesier oder Kyneten, wohnt. Es scheint mir nicht möglich zu sein nach dieser Beschreibung, die Quelle des Istros zu localisieren. Jedenfalls scheint es mir aber verfehlt zu sein, aus der Erwähnung der Stadt Pyrene bei Herodot zu schliessen, dass er sich am Nordabhang der Pyrenäen die Quelle des Istros gedacht habe. Denn vergleicht man mit ihm Aristoteles meteorol. I 13, 19: ἐκ δὲ τῆς Πυρήνης – τοῦτο δ’ ἐστὶν ὄρος πρὸς δυσμὴν ἰσημερινὴν ἐν τῇ Κελτικῇ – ῥέουσιν ὅ τ’ Ἴστρος καὶ ὁ Ταρτησσός· οὗτος μὲν οὖν ἔξω στηλῶν, ὁ δ’ Ἴστρος δι’ ὅλης τῆς Εὐρώπης εἰς τὸν Εὔξεινον πόντον, so wird es klar, dass beiden Autoren eine Quelle vorlag, wonach der Istros im Westen und im Keltenlande und weiter bei Pyrene entsprang, dass aber eben dies Pyrene der Anlass für den Verfasser der Meteorologie wurde, zu irren, indem er es für die Pyrenäen hielt und damit weiter den spanischen Fluss Tartessos in Zusammenhang brachte. Aber in demselben Capitel der Meteorologie ist ihm die Rhone, ja sogar die Perte du Rhône bei Bellegarde bekannt (vgl. G. F. Unger Philolog. Suppl. IV 278. Avien. ora mar. 634); sollte Aristoteles selbst die Donau, wenn sie nach ihm auf den Pyrenäen entsprang, über die Rhone hinweg haben fliessen lassen? Eher möchte man doch in dem betreffenden Capitel der Meteorologie eine Compilation von allerhand Notizen sehen, die der endgültigen Verarbeitung ermangeln. Jedenfalls wurde der Gleichklang der Anlass, dass aus Pyrene die Pyrenäen wurden, während bei Herodot Pyrene eine Stadt war. Was war und wo lag nun aber Pyrene? Ob es ein Gebirge, ob es ein Ort war, steht dahin, vielleicht war es beides; jedenfalls lag es im Keltenlande, und dies Keltenland dürfen wir, da wir es nicht mehr am Nordabhange der Pyrenäen zu suchen haben, nach anderen Zeugnissen am Mittellauf des Rheines und am Oberlauf der Donau suchen. Zwischen Pyrenäen und Alpen war damals (im 5. und 4. Jhdt. v. Chr.) alles ligurisch und iberisch (man vgl. Hauvette Revue de philol. N. S. XIII 1. Bergk Griech. Litteraturgesch. IV 272. Niebuhr [2111] Kleine histor. u. philol. Schriften I 141). Herodot hatte genaue Kunde von den Nebenflüssen des Unterlaufs, ebenso wie er von den fünf Mündungen wusste; das ist selbstverständlich, da die Griechen hier Handel trieben und gerade von der Donau viele Salzfische bezogen (vgl. Sopater bei Athen. III 119 A. Athen. VII 311 F. Aelian. de nat. an. XIV 23. 25. 26). Von links aus Skythien fliessen fünf grosse Flüsse: Porata, Tiarantos, Araros, Naparis, Ordessos; aus dem Lande der Agathyrsen: Maris; rechts vom Haimos: Atlas, Auras, Tibisis; aus Thrakien: Athrys, Noes, Artanes; aus dem Lande der Paionen: Skios; aus Illyrien: Brongos mit dem Angros und endlich aus dem Lande der Umbrer Karpis und Alpis. Nun ist es längst beobachtet (vgl. Müllenhoff D. A. III 1), dass die nach Herodot vom Haimos fliessenden Flüsse Atlas, Auras, Tibisis auf das linke Ufer gehören und den heutigen Olt (Aluta), Schyl und Temes entsprechen. Aber der Grund, welcher Herodot zu diesem Irrtum veranlasste, scheint noch nicht beachtet zu sein. Wie nämlich die Thraker südlich der Donau ihr grosses Gebirge Haimos nannten, so hiess bei den thrakischen Dakern und Geten des Nordufers das Gebirge – d. h. die Karpaten – auch offenbar Haimos; vgl. Steph. Byz. p. 12 Ἀγάθυρσοι· ἔθνος ἐνδοτέρω τοῦ Αἴμου – die Agathyrsen setzte niemals jemand auf das rechte Donauufer. Also bei der an sich richtigen Kunde, dass Atlas, Auras und Tibisis dem Haimos entfliessen, dachte Herodot an den Haimos auf dem Südufer des Istros und liess so diese Flüsse nach Norden fliessen. Je weiter Herodot bei der Aufzählung seiner Nebenflüsse dem Oberlauf sich nähert, desto geringer wird ihre Anzahl und desto unbestimmter die Angaben über sie. Wenn wir den Brongos nebst dem Angros mit der Morawa, wie gewöhnlich geschieht, noch identificieren können, so ist schon bei den beiden aus dem Lande über den Umbrern nach Norden fliessenden Karpis und Alpis klar, dass keine genauen Nachrichten mehr, sondern nur eine unbestimmte und vage Kunde dem Herodot zur Verfügung stand. Gewöhnlich hält man Karpis und Alpis für Anklänge an die Gebirge der Alpen und der Karpaten; aber die Karpaten hiessen zu Herodots Zeit Haimos, und aus Καρπάθης hätte er wohl keinen Κάρπις gemacht. Aber sei dem wie ihm wolle, genauere Kunde und bessere Nachrichten über den Oberlauf der Donau fehlen ihm. Also wird man sich gar nicht wundern, wenn er über die Quelle noch schlechter unterrichtet war und dieselbe ganz allgemein aus dem Lande der Kelten, d. h. aus dem Westen, herkommen liess. Und wenn er in Verbindung mit der Donauquelle den Namen Pyrene hörte und darnach niederschrieb, was er uns mitteilt, so wusste er über die Lage dieses Pyrene sicher nichts Bestimmtes, nach dem wir den Versuch machen könnten, wie es oft gethan worden ist, dasselbe zu localisieren. Wie es zwei Gebirge mit dem Namen Haimos gab, so gab es mehrere Pyrenai – eine Stadt Pyrene wird an der französischen Küste des mittelländischen Meeres, am Abhange der Pyrenäen, erwähnt, die man aber nicht mit dem herodotischen Pyrene identificieren darf, da Herodots Kelten nichts mit dem mittelländischen Meere zu thun haben, wie [2112] wir oben sahen – und ein pyrenäisches Gebirge. Das sind dieselben Namen, aber für verschiedene Locale angewandt. Lange blieb noch die herodoteisch-aristotelische Lehre von dem Ursprung der Donau im fernen Westen und im Lande der Kelten in Ansehen und wurde von verschiedenen Schriftstellern weiterverbreitet. Die geographische Beschreibung in Versen, welche dem Skymnos fälschlich beigelegt wird, und welche nach ihrer Dedication an einen der bithynischen Könige Namens Nikomedes im 2. Jhdt. v. Chr. entstanden ist, lässt die Donau ἀπὸ τῶν ἑστερίων τόπων kommen und behauptet, dass sie bis zum Keltenlande bekannt ist (Ps.-Skymnos v. 774ff.), womit die anonyme ὑποτύπωσος γεωγραφίας 30 = Geogr. Gr. m. II 502 übereinstimmt: Ἴστρος ὃς φερόμενος ἀπὸ τῶν πρὸς δύσιν τόπων. Noch Prokop de aed. IV 5 sagt: κάτεισι μὲν ἐξ ὀρέων τῶν ἐν Κελτοῖς ποταμὸς Ἴστρος. Dagegen gehört aber Arrian anab. I 3, 2, der von der Donau sagt, dass sie an vielen Völkern vorbeifliesse τὰ μὲν πολλὰ Κελτικὰ, ὅθεν γε καὶ αἱ πηγαὶ αὐτῷ ἀνίσχουσιν, nicht hierher, da hier nach einem auch sonst nicht seltenen Sprachgebrauch unter Kelten Germanen verstanden werden, wie die unmittelbar folgenden Worte ὧν τελευταίους Κουάδους καὶ Μαρκομάνους lehren.
Von den bisher behandelten, etwas allgemeinen Angaben, wonach die Donauquelle im Westen lag, gehen wir jetzt zu denjenigen über, welche dieselbe bestimmter lokalisieren, und zwar ins Gebiet der Alpen. Ich erwähne zuerst Pseudo-Skymnos, nach welchem (v. 187ff.) es im äussersten Keltenlande eine στήλη βόρειος giebt, deren Lage durch die umwohnenden Völker der Kelten, Veneter und Istrer und durch das Adriameer bestimmt wird , und von woher der Istros herabfliesst. Berger (Geschichte der wissenschaftl. Erdkunde II 60) sucht diese στήλη βόρειος am atlantischen Ocean; aber dahin reichen doch weder die Veneter, noch die Istrer, und so verderbt die Stelle auch sein mag, so ist doch nicht daran zu zweifeln, dass durch das Zusammentreffen der erwähnten drei Völker die Lage der Stele bestimmt werden soll. Das führt uns auf die Alpen. Müllenhoff (D. A. I 89 Anm.) versteht auch unter στήλη βόρειος die Alpen; man vgl. Avien. or. mar. 637 at rupis illud erigentis se latus quod edit amnem gentici cognominant Solis columnam, und Steph. Byz. p. 78, 8: Ἄλπεια· κιὼν πρὸς ἄρκτον τῆς Τυρρηνίδος καὶ Ἰονίας θαλάσσης, woraus klar wird, dass ein hoher Gebirgszug, hier die Alpen, mit einer Säule verglichen und selbst ,Säule‘ genannt wird. Dionys von Halikarnass (ant. XIV 1) nennt dagegen ausdrücklich die Alpen als Quellgebiet der Donau. Klingt es nicht wie eine Kritik dieser eben vernommenen Ansicht, wenn Plinius n. h. IV 79 bei seiner Schilderung der Donauquelle auf dem Abnobagebirge hinzusetzt: multis ultra Alpes milibus? Darnach scheint es, als ob die Annahme, dass die Donau auf den Alpen entspränge, verbreiteter gewesen sei, als wir nach den beiden uns erhaltenen Zeugnissen bei Ps.-Skymnos und Dionys anzunehmen uns berechtigt fühlen könnten. Es ist zu beachten, dass auf alten, echten Karten des Ptolemaios die Donau auf den Alpen entspringt, so auf den Karten des Codex Urbinas 82 (s. Jelić in den [2113] Wissenschaftl. Mitteilungen aus Bosnien VII) und des Codex von Vatopedi, der von Langlois publiciert ist. Über den Text des Ptolemaios in diesem Punkt, vgl. weiter unten. Denn wenn auch in der litterarischen Überlieferung nicht weiter ausdrücklich die Alpen, so werden doch die herkynischen Berge als Quellgebiet der Donau bezeichnet und zwar in Ps.-Aristoteles de mirabil. auscult. 105: φασὶ δὲ καὶ τὸν Ἴστρον ῥέοντο ἐκ τῶν Ἑρκυνίων καλουμένων δρυμῶν, von Eustathios im Commentar zu Dionysios v. 298 a. E.: τινὲς δὲ (das sind Geographen im Gegensatz zu Strabon, der vorher citiert wird) οὕτω συντομώτατα περὶ τοῦ Ἴστρου φασίν· Ἴστρος (ὁ τοὺς Παίονας παραμείβων; dies ist wohl als Zusatz des Eustathios einzuklammern; den ganz gleichlautenden Zusatz haben aus Herodian. VI 7, 6 die mirabil. auscult. des Ps.-Aristoteles 168) ἐκ τῶν Ἑρκυνίων ὀρῶν ναυσίπορος ἐκ πηγῆς αἴρεται, und gleichlautend bei Suidas: Ἑρκύνιοι δρυμοί, ὅθεν ὁ Ἴστρος ναυσίπορος ἐκ πηγῶν αἴρεται. Nach Müllenhoffs Untersuchungen (D. A. I 432. II 240), wozu man Nissen Ital. Landeskunde I 161 und 138 vergleiche, darf es als ausgemacht gelten, dass Ἑρκύνιοι δρυμοί, Ἑρκυνια ὄρη ein Name für die Alpen war, eben als der Name ,Alpen‘, der namentlich durch Hannibals Alpenübergang eine weitere Verbreitung fand, noch nicht allgemein bekannt und gebraucht war. Wahrscheinlich gehen alle diese Angaben, wonach die Donau auf den Alpen oder den herkynischen Bergen, die eben nichts anderes sind als die Alpen, im letzten Grunde auf Eratosthenes zurück, welcher in seinem geographischen Handbuch diese Frage behandelte und durch das Gewicht seines Namens auch seiner Ansicht über die Donauquelle eine weite Verbreitung verschaffte. In den Scholien zu Apoll. Rhod. IV 284 heisst es: Σκύμνος δὲ ἐν τῇ ις περὶ Εὐρώπης αὐτὸν μόνον φησὶν ἀπὸ ἐρήμου φέρεσθαι τὸν Ἴστρον· Ἐρατοσθένης δὲ ἐν γ’ Γεωγραφικῶν ἐξ ἐρήμων τόπων ῥεῖν, περιβάλλειν δὲνῆσον Πεύκην; der Codex Parisinus hat statt ἀπὸ ἐρήμου vielmehr ἀπὸ ἐρήμων τόπων und beim Eratosthenes statt ἐξ ἐρήμων τόπων vielmehr ἀπὸ τόπων ἐρήμων und davor (φέρεσθαι τὸν Ἴστρον. Berger (Die geograph. Fragm. des Eratosth. III B 99 S. 345) zieht zur Vergleichung Stellen heran, in denen die Alten davon sprechen, dass die Donauquellen einst unbekannt waren (wie Seneca qu. nat. IV 1 quod et fontis ignoti . . . sit. Auson. Mosella 424 et fontem Latiis ignotum annalibus Histri; in den beiden anderen von Berger herangezogenen Stellen Avien. descr. orbis 435 quin et Danuvium produnt secreta repente barbara und Auson. epigr. IV Danuvius penitis caput occultatus in oris ist von der Verborgenheit der Donauquellen eigentlich nicht die Rede) und meint, ,man würde demnach vielleicht nicht ohne Grund vermuten dürfen, dass in jener zunächst von Seneca berichteten Ansicht über die Isterquelle ein vor der endgültigen Entdeckung derselben durch die Römer, aber nach relativ besserer Kenntnis des Westens gewonnenes negatives Resultat zur Zeit des Eratosthenes der herodoteisch-aristotelischen Annahme entgegengestellt gewesen sei‘. Das scheint mir nicht richtig zu sein. Denn die τόποι ἔρημοι können doch nicht ,unbekannte‘ Gebiete sein und dasselbe bedeuten, was Seneca und [2114] Ausonius mit ignotus ausdrücken. Ἔρημοι τόποι sind vielmehr ,unbewohnte‘, ,wüste‘, auch von früheren Bewohnern verlassene Gegenden; man vgl. die ἑρημία Σκυθῶν bei Herodot. IV 53, die Ἑλουητίων ἔρημος bei Ptolemaios II 11, 10 und Prokop de aed. IV 5: Der Ister entspringt auf den keltischen Bergen, χώραν δὲ περιβάλλει πολλὴν ἐκ μὲν τοῦ ἐπιπλεῖστον παντελῶς ἔρημον, ἐνιαχῇ δὲ βαρβάρους οἰκήτορας ἔχουσαν. Also Bergers Interpretation ist nicht richtig. Aber andererseits hat wohl auch Eratosthenes, dem Skymnos folgte, schwerlich gesagt, dass die Donau aus ,wüsten‘ Gegenden komme, deren es doch überall geben kann, während man hier notwendig einen bestimmten geographischen Begriff erwartet und nicht eine so vage allgemeine Bestimmung wie ,wüste Gegenden.‘ Man darf auch darauf hinweisen, dass des Eratosthenes Vorgänger, wie Herodot und Aristoteles, schon bestimmter und genauer die Gegend, woraus die Donau kommt, bezeichnet hatten. Ihnen gegenüber sind doch des Eratosthenes ἔρημοι τόποι ein Rückschritt. Und weiter kommt auch in Betracht, dass gerade bei den entscheidenden Worten – ἐξ ἐρήμων τόπων, ἀπὸ ἐρήμου – die Überlieferung schwankend ist. Eratosthenes hat ἐκ τῶν Ἑρκυνίων ὀρῶν geschrieben, woraus, weil früh verderbt oder früh missverstanden, das ganz farblose ἐξ ἐρήμων τόπων des Scholiasten wurde. Dass dem Eratosthenes die herkynischen Berge bekannt waren, bezeugt ausdrücklich Caesar b. G. VI 24. Auf das μόνος im Skymnosexcerpt wage ich nicht zuviel Gewicht zu legen; es kann ja echt sein, und Eratosthenes kann ja dem Ister etwas zugeschrieben haben, was ihm allein unter den damals bekannten grossen Flüssen zukommt und eignet; ob dies aber die Thatsache war, dass er allein auf den Alpen entspringt? Das ist mir sehr zweifelhaft im Hinblick auf Aristoteles meteorol. I 13, 19, wonach auf den herkynischen Bergen, d. h. also auf den Alpen, mehrere Flüsse entspringen. Dagegen ist es sicher verfehlt, im obigen Skymnosexcerpt und also bei Eratosthenes, die sich doch nicht trennen lassen, mit Holsten statt ἀπὸ ἐρήμων τόπων nach dem anonymen Periplus Ponti Euxini 68 = Geogr. Gr. min. I 419, woraus man die poetische Periegese auf den Namen des Skymnos hergestellt hat, ἀπὸ τῶν ἑσπερίων τόπων herstellen zu wollen. Denn diese auf den Namen des Skymnos getaufte Periegese hat mit dem wirklichen Skymnos, dessen Excerpt beim Scholiasten des Apollonios Rhodios vorliegt, nichts zu thun, abgesehen davon, dass die Verderbnis des ἐρήμων aus ἑσπερίων sehr viel unwahrscheinlicher und schwerer zu begreifen ist, als diejenige aus Ἑρκυνίων.
Einen bedeutenden Fortschritt in der Kenntnis der Donauquelle brachte erst die römische Kaiserzeit. In dem Kriege, den Augustus im J. 15 v. Chr. gegen die Alpenvölker führte, gelang es seinem Stiefsohne, dem späteren Kaiser Tiberius, vom Bodensee aus, auf welchem er gegen die Vindeliker eine Seeschlacht geschlagen hatte, vorzurücken und an die Quelle der Donau zu gelangen. So wenig freilich dieser Marsch aus einem wissenschaftlichen Interesse heraus ausgeführt wurde, so sehr nützte er doch der Wissenschaft dadurch, dass Tiberius bei dieser Gelegenheit [2115] auf die Donauquelle stiess und damit ein im ganzen Altertum vielfach erörtertes, aber niemals vorher gelöstes Problem entschied. Strabon VII 292 spricht ausführlich von dieser Entdeckung. Nach ihm liegt die Donauquelle einen Tagemarsch vom Bodensee entfernt, und zwar nordwärts; wer aus Gallien nach dem herkynischen Walde reisen will, muss erst über den Bodensee und den Hister setzen und dann durch hügeliges Gelände bis zum Walde fortschreiten. Also hier ist der herkynische Wald nicht mehr der Nordabfall der Alpen – vgl. oben –, sondern ist bereits auf die deutschen Gebirge nördlich der Donau übertragen. Ausser am Anfang dieses Abschnittes, wo die nahe Verbindung mit der Rheinquelle auch von einer Donauquelle zu sprechen nahe legte, ἥ τε τοῦ Ἴστρου πηγὴ καὶ ἡ τοῦ Ῥήνου, spricht sonst Strabon nicht von einer Quelle, sondern von Donauquellen πηγαί wie νοτιωτέρα δ’ ἐστὶ τῶν τοῦ Ἴστρου πηγῶν καὶ αὕτη, nämlich der Bodensee, und Τιβέριος εἶδε τὰς τοῦ Ἴστρου πηγάς, und so auch IV 6, 9 p. 207 ὅπου αἱ τοῦ Ἴστρου πηγαί. Man kann nicht zweifeln, dass Tiberius Marsch die Erkenntnis brachte, dass die Donau aus mehreren Quellflüssen, offenbar dieselben, die wir Brege und Brigach nennen, entstand; der Ausdruck Τιβέριος εἶδε τὰς τοῦ Ἴστρου πηγάς besagt also, dass er, in die Nähe des Zusammenflusses dieser Quellflüsse gekommen, erkannte und sah, dass der daraus entstandene Fluss die Donau war, kann aber nicht bedeuten, dass er nun auch im eigentlichen Sinne die Quellen selbst sah und zu den Quellen selbst vordrang, dazu hätte vom Bodensee aus doch offenbar ein Tagemarsch nicht genügt. Denn in einem Tagemarsch konnte er wohl an die Donau vom Bodensee aus herankommen und zwar an einen Punkt, der ihm genügenden Aufschluss über den aus mehreren Quellflüssen entstandenen Fluss bieten konnte, aber wohl schwerlich an die Quellen selbst; dazu hätte er länger marschieren müssen. Dass nun diese Donauquellen auf dem Schwarzwald lagen, sagt Strabon ausdrücklich freilich nirgends; aber wenn schon die oben ausgehobene Beschreibung uns auf das Gebirge, welches wir heute Schwarzwald nennen, als Quellgebiet der Donau führt, so spricht er VII 1, 5 p. 289 davon, dass der Hister, welcher zuerst nach Süden, dann sich wendend von Westen nach Osten fliesst – schon die Wendung ῥέων πρὸς νότον κατ’ ἀρχάς bestätigt die Annahme, dass unter den πηγαί wirklich die beiden Quellflüsse Brege und Brigach verstanden werden müssen, von welchen man in der That sagen kann, dass sie nach Süden fliessen, dass also auch der aus ihnen entstandene Fluss anfangs südlich fliesst –, beginnt und seinen Ursprung hat ἀπὸ τῶν Γερμανικῶν ἄρκων τῶν ἑσπερίων, und IV 6, 9 p. 207 davon, dass die Alpen in ihrer Hauptmasse eine zusammenhängende Kette bilden (was voran geht, ist schwer verderbt und kann hier nicht in Betracht kommen) von Ligurien bis zu den Karnern und Tauriskern, dass sie dann aber niedriger werden und dann sich wieder erheben, εἰς πλείω μέρη καὶ πλείους κορφάς. πρώτη δ’ ἐστὶν τούτων ἡ τοῦ Ῥήνου πέραν καὶ τῆς λίμνης κεκλιμένη πρὸς ἕω ῥάχις μετρίως ὑψηλή, ὅπου αἱ τοῦ Ἴστρου πηγαὶ πλησίον Σοήβων καὶ τοῦ Ἑρκυνίου δρυμοῦ. Diese ῥάχις, die jenseits des Rheines und des Sees [2116] (natürlich des Bodensees) liegt und diese Γερμανιὰ ἄκρα τὰ ἑσπέρια können doch nur unser Schwarzwald sein. Und wenn Strabon diesem Gebirgszug das Prädicat giebt μετρίως ὑψηλή, so erinnert sich jeder, dass Tacitus später von demselben Gebirge, das er Abnoba mons nennt, sagte: molli et clementer edito montis Abnobae iugo. Strabon verschweigt den Namen dieses Gebirges, wie er auch nirgends den Namen der λίμνη, welche ganz sicher unser Bodensee ist, nennt. Etwas später erscheint bei den Schriftstellern auch der Name des Schwarzwaldes. Auf dem mons Abnoba – so wurde unser Schwarzwald genannt – lassen die Donau entspringen Tacitus Germ. 1. Plinius n. h. IV 79. Avienus orb. descr. 437. Martian. Cap. VI 662, wo Müllenhoff D. A. IV 107 Hister fluvius ortus in Germania de cacumine montis Abnobae verbessert hat statt des überlieferten ad novem. Hierher gehören ferner Solin. XIII 1 Hister Germanicis iugis oritur effusus monte qui Rauracos Galliae aspectat und Ammian. Marc. XXII 4, 44 Danuvius oriens prope Rauracos monte confine limitibus Raeticis, obwohl sie den mons, wo die Donauquelle liegt, nicht namentlich nennen; aber die Orientierung des Berges nach der Stadt der Rauriker und die ausdrückliche Hervorhebung, dass dieser mons in Germanien gelegen ist (das will natürlich auch des Ammianus monte confine limitibus Raeticis besagen), stimmen so sehr zu Plinius Worten ortus hic in Germania iugis montis Abnobae ex adverso Raurici Galliae oppidi, dass alle diese Notizen auf eine einzige Quelle zurückgehen.
Ohne nähere Details zu bieten über Namen und Lage des Berges, auf dem die Donau entspringt, geben Seneca (quaest. nat. IV 1, 1), welcher nachdrücklich die Ansicht gewisser Philosophen, dass unser Fluss mit dem Nil auch das Gemeinsame habe, dass er fontis ignoti sei, bekämpft, und Mela II 8 an, dass die Donauquelle in Germanien gelegen ist.
Es fragt sich nun aber, ob nicht auch die Alten die Quelle bei Donaueschingen, die bis in unsere Tage oft als die wahre Quelle der Donau angesehen wurde, gekannt haben. Ich glaube diese Frage bejahen zu können. Plin. n. h. XXXI 25 redet von schwarzen Fischen, die den Tod bringen, wenn sie gegessen werden; derartige giebt es anderswo, aber auch an der Donau, quod et circa Danuvii exortum audivi, donec veniatur ad fontem alveo adpositum, ubi finitur id genus piscium ideoque ibi caput amnis eius intellegit fama. Dieser fons alveo adpositus kann doch wohl nur die Donaueschinger Quelle sein, welche schon damals einige für das caput des Stromes hielten. Plinius selbst allerdings scheint nicht diese Ansicht geteilt zu haben.
Auch Ptolemaios hielt, wie aus seinen Längen-und Breitenbestimmungen sicher hervorgeht (geogr. II 11, 5. 7), den Abnoba mons nicht für das Quellgebiet der Donau. Ihre Quelle liegt nach ihm unter, d. h. südlich von der Alb καὶ τὰ ὁμώνυμα τοῖς Ἀλπείοις καὶ ὄντα ὑπὲρ τὴν κεφαλὴν τοῦ Δανουβίου; dies ergiebt sich auch aus den beigefügten Graden, bei der Donauquelle λ und μσγ’, bei der Alb κθ und μφ, zu λγ und μηα’. Dass die ὁμώνυμα τοῖς Ἀλπείοις ὄρη unserer heutigen Alb, wofür sonst im Altertum der Name Alba [2117] vorkommt, entsprechen, ist ja klar. Darnach setzte Ptolemaios wohl die Donauquelle bei Donaueschingen an; jedenfalls berichtet er nichts von mehreren Quellen und nichts von ihrem Ursprung auf der Abnoba, welche er mit λα und μθ zu λα und νβ ansetzt.
Geringes Interesse bieten die Angaben späterer Schriftsteller. Claudian XXVI 330 und Zosimus III 10 lassen die Donau in Raetien entspringen. Unzweifelhaft ist hiernach die Lücke bei Aelian de nat. animal. XIV 23 ὑπὸ τῷ ποδὶ δὲ τῶν Ἄλπεων ὀρῶν πρὸς ἄνεμον βορρᾶν ὑπὸ τῇ ἄρκτῳ . . . οὕτω κέκληται, γένος δὲ τοιοῦτον ἱππικοὶ ἄνδρες. ἐντεῦθέν τοι πρόεισιν ὁ τῶν Εὐρωπαίων ποταμῶν μέγιστος Ἴστρος .... zu ergänzen. Claudians Verse sublimis in Arcton prominet Hercyniae confinis Raetia silvae, quae se Danuvii iactat Rhenique parentem legen es nahe, anzunehmen, dass bei Aelian von Raetien die Rede war, dass also in der Lücke κεῖται ἡ Ῥαιτία stand; allerdings ist dieselbe damit noch nicht ganz ausgefüllt; man vergleiche noch Iulian καὶ Ῥαιτοὶ δὲ τὰ ὑπὸ τὴν ἄρκτον, ἵνα Ῥήνου τέ εἰσιν αἱ πηγαὶ καὶ αἱ τοῦ Ἴστρου πλησίον παρὰ τοῖς γείτοσι βαρβάροις (or. II 72 C). Die von Claudian und Iulian hervorgehobene Nachbarschaft der Rhein- und Donauquellen, welche auch Dionys. orb. descr. 298, die anonyme ὑποτύπωσις γεωγραφίας bei Müller Geogr. gr. min. II 502 und Nikephoros Blemmides p. 6 Spohn betonen, während Mela II 79 die Rhone non longe ab Histri Rhenique fontibus entspringen lässt, war dann weiter offenbar die Veranlassung, dass Leute wie Himerios (or. I 8) und Johannes Lydos (de magistr. III 32) eine gemeinsame Quelle für Rhein und Donau annahmen. Den Zeitverhältnissen entsprechend – denn bekanntlich siedelten sich germanische Völker seit dem 3. Jhdt. immer mehr und mehr auf römischem Gebiet an – lassen Iord. Get. 12, 75 die Donau in Alamanicis arvis und Ausonius epigr. V mediis Suebis entspringen. Das ist nichts anderes, als wenn frühere Schriftsteller (vgl. o.) den Strom einfach in Germanien entstehen liessen.
Wir gehen jetzt über zu der Mündung der Donau. Von den Neueren haben, was bei den Alten darüber sich findet, zusammengestellt F. C. H. Kruse De Istri ostiis, Breslau 1820 und P. Becker Beiträge zur genaueren Kenntnis Tomi’s und der Nachbarstädte, Jahrb. f. Philol. Suppl. XIX 1853, wozu man noch namentlich wegen der jetzigen Gestaltung des Donaudeltas Peters in den Denkschriften der Wien. Akad. Mathem.-naturw. Cl. XXVII 1867 vergleiche. Zunächst wird oft Eratosthenes als Vertreter der Ansicht hingestellt, als hätte die Donau zwei Mündungen. Aber aus den Worten des Scholiasten zu Apollonios Rhodios (IV 310 = frg. III 398 in Bergers Sammlung) φησὶ δὲ καὶ Ἐρατοσθένης . . . περὶ Πεύκην νῆσον τρίγωνον δυσὶ στόμασι ἐκδιδόναι τὸν Ἵστρον εἰς τὴν θάλασσαν geht nur hervor, dass Eratosthenes von den zwei die Insel Peuke umschliessenden Armen des Istros an dieser Stelle gesprochen hat, gerade wie Apollonios selbst (IV 311. vgl. den Scholiasten z. d. St.) von dieser Insel sagt ἀμφὶ δὲ δοιαὶ σχίζονται προχοαί. Also wie viele Mündungsarme ausser diesen beiden, welche Peuke bilden, Eratosthenes angesetzt hat, [2118] ist durchaus unsicher. Vereinzelt steht die Ansicht des Timagetos in seinem Buch über die Häfen, dass die Donau drei Mündungen habe (Schol. Apoll. Rhod. IV 306). Nach der gewöhnlichen Annahme hatte die Donau fünf Mündungen. Diese Ansicht wird von Herodot an bis ins späte Altertum oft wiederholt und muss in Griechenland und überhaupt in der alten Welt bis zu Beginn der römischen Kaiserzeit als die ausschliesslich gültige bezeichnet werden. Wir finden dieselbe bei Herodot IV 48. Ephoros bei Strab. VII 305. Ps.-Scymn. 773. Dionys. orb. descr. 301 = Müller Geogr. gr. min. II 119 und daraus Avien. descr. orb. 440. Arrian. anab. I 3, 2. V 4, 1; Ind. II 5; peripl. Ponti Euxin 24; anonym. Periplus P. E. 68 = Müller Geogr. gr. min. I 419. Claudian. XXVI 337. VIII 630. Nikeph. Blemmid. p. 6 Spohn. Anna Komn. VII 2 – also überwiegend bei Griechen. Claudian steht, wie wir sehen werden, mit seinen fünf Donaumündungen unter den Römern vereinzelt da. Denn seit des Augustus Zeiten dringt die Annahme von sieben Mündungen immer mehr durch und wird namentlich von römischen Schriftstellern vertreten. Strab. VII 315 und Ovid. trist. II 189 eröffnen den Reigen, ihnen folgen Mela II 8. Stat. silv. V 2, 137. Valer. Flacc. Argon. IV 718. VIII 187. Ammian. Marc. XXII 8, 44 Solin. XIII 1. Sidon. Apoll. carm. V 471. Auf der Karte, welche dem Iulius Honorius vorlag, hatte die Donau gleichfalls sieben Mündungen (Riese Geogr. lat. min. 39), wie deren auch sieben auf der von K. Miller (Mappae mundi Heft 1) herausgegebenen Karte des Beatus eingezeichnet sind. Hierher gehören auch Tac. Germ. 1. Plin. n. h. IV 79. Ptolem. geogr. III 10, die mit Unrecht als Vertreter der Annahme von sechs Mündungsarmen der Donau hingestellt werden. Zwar sagt Tacitus donec in Ponticum mare sex meatibus erumpat, aber schon der unmittelbar folgende Zusatz: septimum os paludibus hauritur zeigt, dass er in Wahrheit der seit Augustus aufgekommenen Lehre von sieben Mündungen huldigt; jedenfalls wurde von ihm und der Quelle, der er folgte, anerkannt, dass auch die nicht direct ins Meer, sondern in paludes gehende Mündung in der Gesamtzahl derselben mitzuzählen sei. Denn offenbar ist doch des Tacitus septimum os identisch mit dem in folgenden Worten beschriebenen Donauarm des Plinius: primum ostium Peuces, mox ipsa Peuce insula, in qua proximus alveus *appellatus XIX p. magna palude sorbetur. ex eodem alveo et super Histropolin lacus gignitur LXIII passuum ambitum, Halmyrin vocant. Der Name dieses alveus ist bei Plinius ausgefallen, ist aber offenbar derselbe Donauarm, der heute Dunavez heisst, denn der durch Plinius beschriebene und durch die Lage der Stadt Istropolis, gewöhnlich Istros genannt, näher bezeichnete See, den er Halmyris nennt, kann doch nur der heutige Brackwassersee Rasim sein, über welchen Peters a. a. O. 99 handelt. Man vergleiche die bei Plinius, Solin. XIII 1 und Ammian. XXII 8, 45 überlieferte Liste der Namen der sieben Donaumündungen, so wird man finden, dass dieselbe auf eine gemeinsame Quelle zurückgeht und dass der siebente Arm überall mitgezählt ist, trotzdem er nicht in die offene See sich ergiesst, sondern in ein Binnenmeer; so heissen bei den drei genannten Autoren die Mündungsarme: [2119] 1. Peuce; 2. Naracustoma; 3. Calonstoma; 4. Pseudostomon; 5. Borionstoma; 6. Psilonstoma (Spilonstoma Solin.; Stenostoma Ammian.). Während Plinius zwischen 1. und 2. seinen alveus *appellatus anfügt, setzen Solin und Ammian als nr. 7 hinzu: septimum vero pigrum ac palustri specie non habet quod amni comparetur und septimum segnius et palustri specie nigrum. Diese siebente Mündung bei Solin und Ammian ist doch sicher nicht in den Norden, trotzdem sie bei der Aufzählung von Süden nach Norden gehen, sondern in den Süden zu setzen und schon wegen des durch palustri specie gegebenen Anklanges an paludibus hauritur und palude sorbetur mit dem septimum os des Tacitus und dem ungenannten, aber auch ungezählten alveus des Plinius zu identifizieren. Tacitus und Plinius zählten in der That sieben Donaumündungen. Ptolemaios (geogr. III 10, 3) Beschreibung der Donaumündungen ist etwas schwierig und umständlich; aber die von ihm ausdrücklich genannten Arme: Hieron (ἢ Πεύκη), Narakion, Kalon, Pseudostomon, Boreion, Psilon stimmen zu den in der obigen Liste gegebenen Namen, es sind deren 6. Dazu kommt als siebenter Mündungsarm derjenige, welcher nach seinen eigenen Worten παύεται μικρὸν πρὸ τῆς εἰς τὸν Πόντον ἐκβολῆς; das sonst nur Peuke genannte στόμα nennt Ptolemaios auch ἱερόν. Auch Strabon (VII 305) kennt das ἱερὸν στόμα, und Becker (a. a. O. 331) identificiert es mit der heutigen St. Georgsmündung, derselben, die sonst im Altertum Πεύκη genannt wird. Bei dieser Auffassung bleibt eine Schwierigkeit, die auch Becker nicht entgangen ist, nämlich die Worte Strabons: μέγιστον δὲ τὸ ἱερὸν στόμα καλούμενον, δι’ οὗ σταδίων ἀνάπλους ἐπὶ τὴν Πεύκην ἑκατὸν εἴκοςι; man kann doch unmöglich von einem ἀνάπλους ἐπὶ τὴν Πεύκην sprechen, wenn das ἱερὸν στόμα der St. Georgsarm ist, an dem in seiner ganzen Länge bis zu seiner Mündung die Insel Peuke liegt. Strabon selbst sagt πρὸς δὲ ταῖς ἐκβολαῖς μεγάλη νῆσός ἐστιν ἡ Πεύκη, Plinius sagt primum ostium Peuces, mox (d. h. der im ganzen Abschnitt innegehaltenen Richtung von Süden nach Norden entsprechend nördlich von diesem ostium Peuces) ipsa insula Peuce, und bei Ptolemaios (III 10, 2) umfasst der von ihm Peuke oder Hieron genannte Arm auch die Insel Peuke. Also wenn man in den St. Georgsarm, den Strabon ἱερόν genannt haben soll, hineinfährt, ist man sofort an der Insel Peuke; dazu bedarf es keiner Stromfahrt von 120 Stadien. Strabon muss unter dem Hieronstoma den heute Dunavez genannten Mündungsarm verstehen, der vom St. Georgsarm abzweigt; nach Becker entsprechen die 120 Stadien der Länge des Dunavez von seiner Abzweigung vom St. Georgsarm bis zu seiner Einmündung in den Rasimsee (bei Plinius Halmyris). Beckers Erklärung (a. a. O. 334), dass unter Strabons ἱερὸν στόμα sowohl die St. Georgsmündung, als auch der Dunavez gemeint sei, scheint mir unannehmbar zu sein. Und da im Altertum jedenfalls noch die Verbindung zwischen Rasimsee und dem offenen Meer freier war, als sie es jetzt infolge der starken Stromanschwemmung ist, konnte Strabon sein ἱερὸν στόμα auch gut als das πρῶτον στόμα ἐν ἀριστερᾷ εἰσπλέοντι εἰς τὸν Πόντον bezeichnen. Ich glaube aber weiter, [2120] dass in dem eben ausgehobenen Satz bei Strabon unter ἐπὶ τὴν Πεύκην gar nicht die Insel, sondern der Stromarm Peuke zu verstehen ist. Dann hat also Strabon zwei Arme, die Peuke und das Hieronstoma, genannt und dann kann von einer Identifizierung des letzteren mit dem St. Georgsarm gar keine Rede sein. Allerdings hat Ptolemaios diese beiden in Wirklichkeit zu trennenden Mündungsarme zusammengeworfen. In der Lücke bei Plinius hat sacer oder hieros gestanden. Auf den Versuch, diese sieben Mündungen mit den jetzigen Mündungen zu identificieren, muss hier verzichtet werden; darüber sehe man Näheres bei Becker a. a. O. Klar ist es aber doch geworden, dass von einer im Altertum üblich gewesenen Annahme von sechs Donaumündungen nicht die Rede sein kann, und dass weiter die weit verbreitete Ansicht von sieben Mündungen auf eine in die früheste römische Kaiserzeit hinaufreichende Quelle zurückgeht. Die Peutingersche Tafel kann hier nicht in Betracht kommen; zwar sieht man bei Desjardins und Miller sechs Donaumündungen, aber bei Scheyb deren nur vier, und auf den in Wien hergestellten Photographien ist die betreffende Partie nicht sehr klar, so dass eine erneute Prüfung der Karte wünschenswert erscheint. Auch der Scholiast zu Lucan. III 202 kennt nur eine divisio (des Ister) septena vel quina, keine andere.
Wenn schon der augustischen Zeit die Kenntnis der wahren Donauquellen und das Aufkommen und die Verbreitung des Namens D. verdankt wird, so darf man derselben auch noch mit Recht das Verdienst zuschreiben, einen alten und lange gehegten Irrtum in Betreff der Donau endgültig beseitigt zu haben. Man glaubte nämlich, dass der Fluss sich teile, nicht etwa blos, wie es der Wirklichkeit entspricht, in seinem Unterlauf, um in mehreren Armen sich ins Schwarze Meer zu ergiessen, sondern auch in seinem Oberlaufe und zwar so, dass ein Arm in den Pontos, ein anderer in das Adriameer sich ergösse. Diese Ansicht finden wir zuerst im Skylax c. 21: μετὰ δὲ Ἐνετούς εἰσιν Ἴστροι ἔθνος καὶ ποταμὸς Ἴστρος· οὗτος ὁ ποταμὸς καὶ εἰς τὸν Πόντον εἰσβάλλει; hier wird also ein auf der Halbinsel Istrien mündender und mit dem dieselbe bewohnenden Volke der Istrer gleichlautender Fluss für identisch erklärt mit dem Fluss Istros, der ins Schwarze Meer fliesst. Viel deutlicher noch sprechen sich andere Schriftsteller über diese Bifurcation der Donau aus. Aristoteles berichtet de anim. hist. VIII 13, dass eine gewisse Fischart, die er τριχίαν nennt und die nach Aubert und Wimmer in ihrer Ausgabe der aristotelischen Schrift Sardellen sind, auf ihrer Wanderung aus der Propontis in den Pontos gefangen zu werden pflegte, aber niemals auf der Rückwanderung aus dem Pontos gefangen wurde. Als Grund für diese auffallende Erscheinung wird angegeben, dass diese Fische die Donau hinaufziehen, statt also in die Propontis zurückzukehren, wie andere Fische dies thun, εἶθ’ ᾗ σχίζεται (nämlich ὁ Ἴστρος) καταπλέουσι εἰς τὸν Ἀδρίαν. Auch Theopomp. frg. 140 = Strab. VII 317 und Ps.-Aristot. de mirab. auscult. 105 lassen die Donau sich teilen und mit einem Arm in das Adriatische, mit dem anderen ins Schwarze Meer sich ergiessen. Apoll. Rhod. IV 322 lässt seine Argonauten vom Pontos die Donau hinauffahren und ohne Umsteigen [2121] ins Adriameer gelangen; der Punkt, wo sie sich teilt, liegt nach ihm am σκόπελος Καυλιακοῖο; nach Hekataios bei Stephanos von Byzanz gab es ein Volk Καυλικοί, welche Patsch Die Lika in römischer Zeit (= Schriften der Balkancommission I) mit den von Plin. n. h. III 130 genannten Flamonienses Culici identificiert. Die Flamonienses gehören nach Istrien und leben im heutigen Fianona weiter. Aber freilich mit dieser Identification gewinnen wir nicht viel, da doch niemand weiss, wie weit die Καυλικοί ins Land hineinreichen, und Apollonios schwerlich die Bifurcation nahe an der Küste sich gedacht hat. Aber auch das unmittelbar dem σκόπελος Καυλιακοῖο vorangehende Ἄγγουρον ὄρος und das vom Scholiasten zum Apollonios als Gegend, wo die Donau sich teilt, angegebene τῶν Σίνδων πεδίον sind bis jetzt nicht localisiert und wohl auch nicht zu localisieren. Von den grossen griechischen Geographen der alexandrinischen Zeit hat wahrscheinlich Eratosthenes und sicher Hipparch an die Isterteilung geglaubt (Strab. 157 und dazu Berger Die geographischen Fragmente des Eratosthenes 349). Auch des Ps.-Skymnos Verse 778ff. handeln, trotzdem sie sehr verderbt sind, offenbar von der Bifurcation der Donau; zuletzt hat diese Ansicht Cornelius Nepos vertreten (Plin. n. h. III 127). Das ist wichtig. Denn schon Strabon (I 57. VII 317) und Diodor (IV 56) bekämpfen mit triftigen Gründen diese Ansicht von der Isterteilung und haben erkannt, dass die Gleichnamigkeit zweier Flüsse, des grossen in den Pontos mündenden Istros und des kleinen auf der Halbinsel Istrien fliessenden Istros diesen Irrtum verschuldet habe. Und wenn Diodor die Aufdeckung und Beseitigung dieses Irrtums den Feldzügen der Römer in der dortigen Gegend zuschreibt, so ist das richtig. Augustus Kriege an der Save und im Land der Pannonier mussten hier seine Zeitgenossen das Richtige über den Lauf der Donau erkennen lassen. Wahrscheinlich also bot die auf Agrippa und Augustus zurückgehende Chorographie auch Aufschluss über den richtigen Lauf der Donau, gerade wie sie (vgl. o.) die Namen D. und Hister auf den Ober- bezw. Unterlauf des Flusses angewandt hat. Hieraus schöpfte wohl auch Plin. n. h. III 127; wenn Mela II 63 offenbar noch an der Bifurcation festhält, so folgt er alten und veralteten Quellen.
In diesen Zusammenhang gehört auch die allerdings vereinzelt stehende Annahme des Timagetos in seinem Buch über die Häfen, wonach die Donau (τὸν μὲν Φᾶσιν καταφέρεσθαι ἐκ τῶν Κελτικῶν ὀρῶν ist überliefert in den Schol. Apoll. Rhod. IV 259, aber sowohl Müllenhoff D. A. I 431 als auch Gutschmid bei Wiedemann Herodots 2. Buch 143 Anm. haben erkannt, dass zu Anfang Φᾶσιν verkehrt ist und dass statt dessen der Hister genannt sein müsse; die Verbesserung τὸν μὲν ⟨Ἴστρον⟩ φασίν ist durchaus einleuchtend) von den keltischen Bergen komme, dann in den Keltensee fliesse, darauf sich teile und teils ins Schwarze Meere teils in das Keltenmeer münde. Unter Κελτῶν λίμνη versteht v. Gutschmid den Bodensee, unter Κελτικὴ θάλασσα den Golf du Lion, gewiss mit Recht. Auch bei Apoll. Rhod. IV 634 ist unter den λίμναι . . . αἵτ’ ἀνὰ Κελτῶν ἤπειρον πέπτανται ἀθέσφατον der Bodensee zu verstehen.
[2122] Zu erwähnen ist noch die Ansicht, wonach die Donau mit dem Adriameer durch unterirdische Canäle in Verbindung stehe. Dieselbe Geschichte von den τριχίαι, wie Aristoteles, erzählt auch Plin. n. h. IX 53, aber hier heisst es: sed hi soli in Histrum amnem subeunt et ex eo subterraneis eius venis in Hadriaticum mare defluunt. Und nach Theopompos (bei Strab. VII 317) sind die beiden Meere, nämlich der Pontos und der Hadria, durch unterirdische Canäle verbunden, συντετρῆσθαι τὰ πελάγη. Der für diese auffallende Erscheinung angegebene Grund ἀπὸ τοῦ εὑρίσκεσθαι κέραμόν τε Χῖον καὶ Θάσιον ἐν τῷ Νάρωνι beweist natürlich nicht das, was er beweisen soll, giebt uns aber einen Fingerzeig, wie alle diese Ansichten der Alten über die Bifurcation der Donau sowohl als über ihre Verbindung mit dem adriatischen Meere durch unterirdische Canäle entstanden sind, nämlich durch die von vielen gemachte, aber von fast allen falsch gedeutete Beobachtung, dass der Pontos und der Hadria durch den Handel mit einander seit alters in Verbindung standen.
Man kann sich also nicht mehr wundern, dass Ptolemaios eine genauere Beschreibung des Flusslaufes mit Angabe vieler Krümmungen und Hervorhebung der beiden grossen Biegungen bei Waizen und der Savemündung liefern konnte (geogr. II 11, 5. 15). Dazu standen ihm seit der Entdeckung der wahren Donauquellen und der ständigen Berührung der Römer mit der Donau auf ihrem ganzen Laufe genug Beobachtungen zu Gebote. Ebenso waren natürlich die Nebenflüsse des Oberlaufes, welche dem Herodot noch unbekannt waren, bekannt geworden und wurden von Ptolemaios (geogr. II 11, 5) und Plinius an verschiedenen Stellen seiner Länderbeschreibung erwähnt; so wurden die Nebenflüsse des ganzen Flusslaufes gezählt und nach Grösse und Zahl mit den Nebenflüssen anderer grosser Flüsse verglichen (Arrian. Ind. IV 15). Die Gesamtzahl der Donaunebenflüsse wird gewöhnlich auf 60 angegeben, so Plin. n. h. IV 79. Ammian. XXII 4, 44. Mart. Cap. VI 662. Iordan. Get. 12, 75.
Seit alter Zeit wurden auf der Donau die Einbäume zum Schiffen gebraucht, bei Arrian. anab. I 3, 6 und Cass. Dio XLIX 37 μονόξυλα πλοῖα, bei Ammian. Marc. XXXI 4, 5 cavatis arborum alveis und XVII 13, 27 cavatis roboribus. Dieser Art Nachen bedienten sich die Anwohner des Flusses, bei Arrian und Dio die thrakischen und pannonischen Stämme, bei Ammian die Sarmaten und Gothen, die später nach Verdrängung thrakischer und anderer Stämme an der Donau sassen und gleich ihnen mit Einbäumen den Fluss befuhren. Neben diesen primitiven Fahrzeugen waren aber immer auch besser construierte im Gebrauch, welche je nach ihrer Grösse verschieden benannt wurden; am häufigsten begegnen rates (Boote) und naves [Schiffe); Lastschiffe. νῆες φορτίδες und ὁλκάδες (Apoll. Rhod. IV 283), kommen auch vor, waren wohl aber auf das Mündungsgebiet und den Unterlauf beschränkt. Diesen Fortschritt von den primitiven Einbäumen zu den Booten und Schiffen verdankten die Donauanwohner den Griechen, welche, um Handel zu treiben, den Strom hinauffuhren; zu Ovids Zeiten gab es auf der Donau rates (Trist. III 10, 31), wie später [2123] die Gothen ausser den Einbäumen auch naves und rates hatten (Ammian. a. a. O.). Ich finde keine Stelle, wonach auf der Donau gesegelt wurde; dagegen wird häufig das Rudern auf derselben erwähnt, Zosim. III 10 bei Iulians Fahrt auf der Donau ἐπεὶ δὲ ἦν συνεχὴς εἰρεσία. Ammian. XXVII 5, 9 navibus remigio directis. Claud. Mamert. paneg. XI 8 p. 250 Baehr. classem per maximi fluminis tractum remis ventisque volitantem. Claud. XXVI338 ambo (sc. Rhenus und Danuvius) habiles remis und V 27 expertaque remos frangunt stagna rotis. Nach Schulthes Donaufahrten wurde im vorigen und in diesem Jahrhundert nie auf der Donau gesegelt; hier also hat erst das Dampfschiff Wandel geschaffen, bis zu dessen Erfindung seit den ältesten Zeiten die Tradition scheinbar nicht unterbrochen wurde. Auch auf den uns erhaltenen bildlichen Darstellungen, der Traians- wie der Marc Aurelsäule, worauf sich die Donau mit Fahrzeugen dargestellt findet, giebts nur Ruderboote und durch Ruder fortbewegte Schiffe.
Es ist schwer über Umfang und Bedeutung der Donauschiffahrt im Altertum sich ein klares Bild zu machen; statistische Angaben fehlen gänzlich, gelegentliche Bemerkungen der alten Schriftsteller sind es, welche, so dürftig sie an sich sein mögen, doch wohl im ganzen genügen, uns die Bedeutung der Donau als Wasserstrasse ahnen zu lassen. Auszusondern sind hier alle im Verfolg kriegerischer Verwicklungen stattgehabten Befahrungen der Donau, denn wenn sie auch lehren, was eigentlich keines Beweises bedarf, dass der Strom schon im Altertum mit Schiffen befahren wurde, so fanden sie doch alle zu einem bestimmten Zweck statt, und sobald dieser erfüllt war, wurden auch wieder die Fahrzeuge von der Donau entfernt. Beachtenswert ist es aber, dass man auch aus diesen von Mächten, welche eine Kriegsmarine hatten, begonnenen Unternehmungen ersieht, in welchen Richtungen der Strom befahren wurde. Des Dareios Schiffe fuhren denselben eine Strecke, wozu sie zwei Tage gebrauchten, hinauf bis zu dem Punkte, wo er sich zuerst gabelt, um hier ihn für das durch Thracien heranziehende Landheer zu überbrücken, Herodot. IV 89. Ebenso liess Alexander d. Gr. seine Kriegsschiffe aus dem Schwarzen Meer die Donau hinauffahren und sie zusammen mit dem Landheere gegen die auf die Insel Peuke geflohenen Triballer operieren, als dies nicht gelang, benutzte er sie zur Überfahrt auf das Nordufer, wo er die Geten angriff, Arrian. anab. I 3, 3. Augustus Schiffe dagegen sollten in dem beabsichtigten Kriege gegen die Dacer von der Sau in die Donau und dann die letztere hinabfahren, um das kriegführende Heer mit dem nötigen Proviant zu versehen, Appian. Illyr. 22. Auch der zum Entsatz des von den Geten eroberten Aegisos im J. 12 n. Chr. heranrückende Vitellius fuhr auf der Donau stromabwärts. Schade ist es nur, dass wir nicht wissen, wo er die Schiffe bestieg, Ovid. ex Ponto IV 7, 27.
Alles dies sind gelegentliche Fahrten zu Schiffe auf der Donau. Dieselbe wurde aber auch ständig befahren und als Wasserweg im ganzen Altertum zur Beförderung von Waren und zur Vermittlung des Verkehrs benutzt. Erwähnt sind schon die Einbäume der thrakischen und pannonischen Anwohner [2124] des Flusses, welche nach Arrian zum Fischen und zum Verkehr von Ufer zu Ufer dienten, nach Dio aber auch zur Abwehr feindlicher Unternehmungen gebraucht wurden. Nach Ovids Worten (Trist. III 10, 31) quaque rates ierant pedibus nunc itur, nämlich im Winter, wenn die Donau zugefroren ist, wird niemand an einem lebhaften Schiffsverkehr zweifeln. Und Augustus fand, als er gegen die Pannonier focht und Siscia belagerte, an dem Mittellauf der Donau so viele Fahrzeuge einheimischen, nichtrömischen Ursprungs (πλοῖα παρὰ τῶν ταύτῃ συμμάχων ποιηθέντα sagt Cass. Dio XLIX 37), dass er sie aus der Donau in die Save und Kulpa hinüberführen liess und mit Erfolg bei der Belagerung der feindlichen Stadt verwandte. Gegen diese Boote bauten die Belagerten ihre Einbäume. Auch Aelians Erzählung (de anim. XIV 24), wie die aus dem Schwarzen Meer in die Donau einlaufenden Lastschiffe (νῆες αἱ φορτίδες)) den Strom ebenso fürchten wie das Meer wegen seiner Gefährlichkeit, wie weiter ein im Eise festsitzendes Schiff – also auch zur Winterszeit wurde gefahren – rasch von seinen Insassen verlassen und seiner Ladung entledigt wird, um letztere an eine eisfreie Stelle zu bringen, natürlich um sie hier weiter auf ein anderes Schiff zu verfrachten, macht durchaus den Eindruck, dass die Schiffahrt auf der Donau etwas Häufiges und Gewöhnliches war. Wir finden im alten Axiupolis eine Weihinschrift der nautae universi Danuvi (CIL III Suppl. 7485), die doch beweist, dass das Schiffergewerbe an der Donau heimisch und ansehnlich war, und in Viminacium die Weihung an Mithras von einem nauclerus (Arch. epigr. Mitt. XVII 31), der seine Schiffe doch sicher auf der Donau fahren liess. Als Iulian im J. 361 gegen Constantius aufbrach, benutzte er von dem Punkte an, wo die Donau schiffbar wurde, zum Transport seiner 3000 Begleiter und um schneller, als dies auf dem Lande möglich gewesen wäre, Sirmium zu erreichen, den Wasserweg auf der Donau. Zosim. III 10 sagt: πλοὶα ποτάμα κατασκευάσας, Ammian. Marc. XXI 9, 2: lembis escensis quos opportune fors dederat plurimos, Mamert. paneg. XI 8: lembis liburnisque; freilich sind liburnae Kriegsschiffe, und daher glaubt Koch Kaiser Iulian, Jahrb. f. Philol. Suppl. XXV 75, dass Iulian auf eine Abteilung der Kriegsflotte, die, wie auf dem Rheine, so auch auf der Donau an verschiedenen Orten stationiert war, gestossen sei und dieselbe zu seiner Fahrt benutzt habe. Aber abgesehen davon, dass so weit stromaufwärts keine Station der Donauflotte nachweisbar ist – die nächsten Stationen waren in Noricum Lauriacum und Arlape; Raetien, und darum handelt es sich hier, scheint überhaupt keine gehabt zu haben – und dass auf den Ausdruck des Panegyrikers Mamertinus kein allzu grosses Gewicht gelegt werden darf, die Wendungen des Zosimus und Amniianus legen doch die Vermutung nahe, dass der Kaiser eine Flotille von solchen Schiffen, wie sie auch sonst zu verschiedenen Zwecken auf der Donau gehalten wurden, traf. Wären das wirklich, wie Koch will, Kriegsschiffe gewesen, dann versteht man schwer das κατασκευάσας des Zosimus; denn diese müssen doch zur Aufnahme von Truppen von Anfang an hergerichtet sein. Sind es aber keine Kriegsfahrzeuge, [2125] sondern dem Handel oder der Fischerei dienende Schiffe gewesen, dann heisst κατασκευάσας so viel, dass er sie seinem Zweck entsprechend hergerichtet, sie in der Schnelligkeit so ausgerüstet habe, dass sie dem Transport von Truppen dienen konnten. Und wenn Ammian von dem ,Zufall‘ spricht, der ihn sehr viele Boote treffen liess, so passt auch dies besser zu der Annahme, dass gerade Donauschiffe in besonders grosser Menge in Ulm, von wo aus die Donau schiffbar wird, versammelt waren als zu jener von Koch. Wir wissen zwar nichts von der Stärke einer solchen Station für Kriegsfahrzeuge; sollte dieselbe aber wirklich über so viele Schiffe verfügt haben, dass 3000 Mann auf ihnen transportiert werden konnten? Mag dies Beispiel unsicher und meine Interpretation verfehlt sein, einen ganz sicheren Beleg für das Vorhandensein einer starken Donauflotte, die Handels- nicht Kriegszwecken diente, bietet Eugippius v. Sever. 3 p. 14 Momms. igitur non multo post rates plurimae de partibus Raetiarum mercibus onustae insperatae videntur in litore Danuvii, quae multis diebus crassa Aeni fluminis glacie fuerant colligatae. Also diese Schiffe brachten Getreide und anderen Mundvorrat aus den oberen Teilen Raetiens den Inn herab an die Donau nach Batavis, wo gerade der heilige Severinus sich aufhielt. In diesem Zusammenhang muss noch darauf hingewiesen werden, dass auch die barbarischen Anwohner der Donau, also die verschiedenen Bewohner ihres Nordufers-, Schiffe besassen. Der Kaiser Marc Aurel legte zwar den Iazygen nach Beendigung des Markomanenkrieges leichtere Friedensbedingungen auf als den Markomanen und Quaden, gestattete ihnen aber nicht, eigene Schiffe zu halten (ἰδίοις πλοίοις χρῆσθαι Dio LXXI 19); der Zweck dieses Verbotes liegt klärlich darin, dass sie von den Donauinseln ferngehalten und überhaupt am Übersetzen auf das römische Ufer des Stromes gehindert werden sollten. Interessant ist die Schilderung des Ammian (XVII 12, 4) vom Feldzug des J. 358 in das Theissgebiet gegen eben dasselbe Volk, dem Marc Aurel die Haltung von Schiffen untersagt hatte. Die Sarmaten wurden besiegt, dann aber navigia aufgetrieben, um sie bis in die entlegensten Schlupfwinkel zu verfolgen. Diese navigia waren sarmatische; die Sarmaten waren sehr erstaunt über die sie auf ihren eigenen Booten verfolgenden Römer; quos repentinus fefellit aspectus gentiles lembos et nota remigia conspicantes sagt Ammian. XVI 13, 17. Also auch hier wie oben bei der Beschreibung von Iulians Fahrt auf der Donau gebraucht er den Ausdruck lembi. Von Fahrzeugen der Gothen ist oben gesprochen worden. Es liegt in der Natur der Sache, dass wir von Schiffen und Fahrzeugen der Donaubarbaren nur erfahren, wenn bei kriegerischen Verwicklungen dieselben irgendwie eine Rolle spielten; steht aber irgend etwas der Annahme entgegen, dass sie nicht blos im Kriege zum Übersetzen auf römisches Gebiet, sondern auch im Frieden zum Transport von Gütern, beim Fischfang und überhaupt beim Verkehr benutzt wurden?
Also während des ganzen Altertums gab es auf der Donau sowohl auf römischer als auf barbarischer Seite Schiffe; und wenn auch nur selten [2126] ausdrücklich angegeben wird, welchem Zwecke dieselben dienten, so kann doch nichts sicherer sein, als dass sie des Verkehrs und des Handels wegen gebaut und gehalten wurden. Und in der That war die Donau eine Strasse für den Handel und eine Verkehrsader von Bedeutung schon im Altertum.
Von Italien aus bestanden seit alters Handelswege ins Donaugebiet. Strabon (VII 314. IV 207) berichtet von zwei Strassen, für Lastwagen befahrbar, von denen die eine von Aquileia ausgehend und die Okra überschreitend nach Nauportus (Oberlaibach), die andere dagegen von Tergeste aus über einen südlicher gelegenen Teil der Okra nach dem ἕλος Λούγεον (Zirknitzer See) führte. Die Waren und Güter, welche man auf der Strasse Aquileia–Nauportus beförderte, wurden an letzterem Orte von den Wagen auf Schiffe verladen und dann auf der Laibach (Strabon nennt hier die Laibach Κορκόρας, ein Name, den man vielmehr in der heutigen Gurk wiedererkennen möchte) in die Save und von da weiter in die Donau übergeführt. Ähnlich ging es mit den von Tergeste aus auf der Strasse zum ἕλος Λούγεον beförderten Waren; auch sie wurden auf der Save und dann auf der Donau weiterbefördert; das verlangt der ganze Zusammenhang; aber bei Strabon ist die Stelle schwer verderbt und dabei das notwendige Verbindungsglied dieser Strasse vom ἕλος Λούγεον bis zur Save verloren gegangen. Befahren der Save bezeugt aus eigener Anschauung auch Arrian. Ind. IV 15. Ein collegium naviculariorum in Emona bezeugt CIL III Suppl. 10771.
Selbstverständlich wurden von der Donau her umgekehrt auch Waren nach Aquileia und Tergeste gebracht, was Strab. V 214 ausdrücklich bezeugt. Aber diese Handelsstrasse war nicht blos eine Verbindung zwischen Italien und der Donau, sondern auch zwischen Italien und dem Pontos. Sicher bezeugt dies die Nachricht bei Ps.-Arist. de mirab. ausc. 101, wonach mitten zwischen dem Adriameer und dem Pontos ein Handelsplatz gelegen war, wohin von den pontischen Handelsleuten lesbische, chiische und thasische Waren, vom Adria aus aber korkyraeische Waren gebracht wurden; wenn wir hiermit des Theopompos Nachricht (bei Strabon VII 317) verbinden, dass am Naro (also an der illyrischen Küste des adriatischen Meeres) chiische und thasische Töpferwaren gefunden wurden, so werden wir allerdings nicht mehr den Grund für diese Erscheinung mit Theopompos in einer unterirdischen Verbindung der beiden Meere (vgl. o.), sondern vielmehr in der regen Handelsverbindung suchen, welche auf dem Wasserlaufe der Donau zwischen eben diesen beiden Meeren bestand. Und bekannt war dieser Wasserweg und der auf demselben betriebene Handel auch den Dichtern der Argonautensage, welche vom Pontos Iason und seine Gefährten den Istros hinauf fahren, dann in die Save gelangen und dann weiter von der Save aus ihr Schiff über die Berge forttragen liessen, bis sie schliesslich ins Adriameer gelangten. Also so wie Strabon den Transport von der Küste des adriatischen Meeres beschreibt, der erst auf Wagen, dann erst zu Schiff vor sich ging. An die Stelle des Tragens der Argo über das Gebirge tritt bald die von Apollonios aufgenommene [2127] Bifurcation der Donau (vgl. o.); darnach benutzten also die Argonauten nur den Wasserweg. Die Nachricht bei Ps.-Aristoteles über den – natürlich an der Donau gelegenen, denn ausdrücklich ist in dieser Stelle von Schiffen und vom Befahren dieses Stromes die Rede – Handelsplatz, wohin von beiden Seiten Waren gebracht wurden, der sich also gleichsam als Umladeplatz kund giebt, könnte man sich versucht fühlen, dahin zu deuten, dass die Katarakten im sog. Eisernen Thore wenigstens grösseren Schiffen die Durchfahrt unmöglich machten und deshalb eben die Waren umgeladen wurden, sei es nun, dass sie dann auf kleineren Fahrzeugen weiter transportiert, sei es, dass sie auch hier eine Strecke Weges auf Wagen oder Saumtieren über die Berge geschafft wurden, um so den gefährlichen Riffen zu entgehen. Auf dem Unterlaufe der Donau verwandten die Griechen grosse Schiffe (νῆες φορτίδες Aelian. de animal. XIV 24 oder ὁλκάδες Apoll. Rhod. IV 283); es ist kaum anzunehmen, dass diese schweren Fahrzeuge das Eiserne Thor, das heute erst durch Sprengung der Riffe eine ungehinderte, wenn auch wegen der starken Strudel keineswegs gefahrlose Durchfahrt bietet, passieren konnten oder jedenfalls immer passierten. Daraus ergab sich ein Umladeplatz, wie wir ihn uns nach Ps.-Aristoteles vorzustellen haben. Die Römer stellten, um die höchst gefahrvolle Passage durch das Eiserne Thor zu umgehen, einen Canal her, welcher an der Mündung des Kašajnabaches begann und bei Sip (= Zerna) endete. Kanitz Denkschriften d. Wien. Akad. XLI 50.
Über das Alter dieser Handelsstrasse steht so viel fest, dass sie, wie aus Theopompos und den Dichtern der Argonautica erhellt, im 4. Jhdt. v. Chr. bestand. Ob die Donau auch schon im 5. Jhdt. als Wasserweg in ihrer ganzen Länge benutzt wurde? Die Beantwortung dieser Frage hängt von der Erklärung einer Stelle des Herodot (IV 33) ab, der in Delos von Weihgeschenken der Hyperboreer hörte, welche durch das Skythenland nach dem Adriameer, weiter über Dodona und Euboia nach Delos gelangten. Höchst auffallend ist dieser Weg, da doch diese für Delos bestimmten Weihgeschenke von der Küste des Schwarzen Meeres aus leichter zu Schiff an ihren Bestimmungsort gelangen konnten. Die Verbindung, worin Herodot die Skythen, welche nach ihm Anwohner der unteren Donau waren, mit dem Adriameer brachte, lässt vermuten, dass schon damals der Wasserweg benutzt wurde und dass schon damals Waren auf demselben aus den Donaugegenden an die illyrische Küste geschafft wurden. Worin diese Weihgeschenke bestanden, sagt Herodot nicht, nur über ihre Verpackung hören wir etwas: ἱρὰ ἐνδεδεμένα ἐν καλάμῃ πυρῶν. Nissen Ital. Landeskunde I 150 sieht in dieser Stelle einen Hinweis auf den Bernsteinhandel von der Ostseeküste an die Pomündung; aber da Herodot selbst die Skythen an der Donaumündung und an der Nordküste des Pontos Euxeinos ansetzt, liegt es doch näher, den frühzeitig den Griechen bekannt gewordenen Wasserweg der Donau, wodurch eine Verbindung für Handel und Verkehr zwischen Pontos und Adria geschaffen wurde, als die Ursache und den Grund anzusehen, weshalb die Delier für die von den Hyperboreern [2128] ihnen gestifteten Weihgeschenke den Weg vom Skythenlande zum Adria wählten.
Um das Bild, welches wir von der Donau im Altertum entworfen haben, vollständig zu machen, muss mindestens mit einigen Worten noch auf die Rolle hingewiesen werden, welche sie in der römischen Kaiserzeit zu spielen berufen war. So wenig sie an sich völkertrennend war – denn seit alters wohnten auf beiden Ufern stammverwandte Völker, zwischen denen nicht nur Verkehr stattfand, sondern auch ein Hinüberwandern von einem Ufer aufs andere nachgewiesen werden kann; man denke an die thrakischen Geten und die keltischen Skordisker und Boier, welch letztere aus Boioaemum = Böhmen aufs rechte Donauufer hinübersetzten, wo Reste von ihnen noch später nachweisbar sind – so sehr wurde sie zu einer Völkerscheide, seit sie durch Augustus zur Grenze des römischen Reiches gemacht war. Wenn früher ein Hinübersetzen und ein Hinüberwandern keine besonderen Schwierigkeiten bereitete, so wurde beides unmöglich oder war jedenfalls nur möglich, wenn es in einem besonderen Falle gestattet wurde, seitdem an der Donau der römische Limes sich hinzog. Abgesehen von der Zeit zwischen Traian und Aurelian, in welcher das auf dem linken Ufer liegende Dacia eine Provinz des römischen Reiches war, bildete in der ganzen übrigen Kaiserzeit die Donau die Reichsgrenze, und zwar von Hienheim bei Kelheim, von wo bis Lorch im Remsthale der aus einer mit Türmen besetzten Mauer bestehende Limes Raeticus sich hinzog, um bei Lorch in den Limes Germanicus überzugehen, bis Axiupolis in Moesia inferior, von wo quer durch die Dobrudscha bis Tomi am Schwarzen Meere laufend wieder ein Wall und Graben, besetzt mit Castellen, errichtet war. Über diese in der Art ihrer Construction sowohl als durch die Zeit ihrer Entstehung verschiedenen Wälle in der Dobrudscha handelte zuletzt C. Schuchhardt in den Neuen Jahrb. f. class. Altertum V 100. Allerdings bestand am Ufer der Donau der Limes nicht wie in der Dobrudscha, in Germania und sonstwo aus Erdwall oder Mauer mit Graben, sondern wurde wie an der Mainstrecke des Limes transrhenanus durch befestigte Castelle, die unter sich wieder durch eine Kette von Wacht- und Signalstationen verbunden waren, gebildet. Ausgezeichnete Untersuchungen über Lage, Construction und die ganze Art dieser Donaucastelle lieferte für die serbische Strecke Kanitz Denkschr. d. Wien. Akad. XLI. Groller und Bormann haben im ersten Heft des Römischen Limes in Österreich Carnuntum und die in dessen Nähe nachweisbaren Wacht- und Signalstationen behandelt; die auf der Strasse von Passau bis Regensburg nachweisbaren Castelle findet man bei Ohlenschlager Abh. Akad. München philos.-philol. Cl. XVII 1 (1884). Die älteren Forschungen und das oft weit zerstreute Material verzeichnet Kenner Noricum und Pannonien in Berichten und Mitteilungen des Altertumsvereins Wien XI (1870) 1–146. Aber unentbehrlich ist immer noch des Grafen Marsigli Danubius Pannonico-Mysicus, welcher vom Kahlenberg bei Wien bis zur Jantramündung alle antiken Reste in langjähriger Arbeit aufnahm. Es würde viel zu weit führen, wenn wir alle von den erwähnten und gelegentlich auch [2129] von anderen Forschern nachgewiesenen Castelle und andere zur Sicherung der Grenze erbauten Anlagen aufführen wollten. Es mag genügen, hier die grossen befestigten Legionslager zu erwähnen, zwischen denen überall kleinere befestigte Lager für Cohorten und Alen und weiter wieder Wacht-und Signalstationen nachweisbar sind. Grosse sog. Legionslager befanden sich in Untermoesien in Troesmis (Iglitza), Durostorum (Silistria) und Novae (Sistov); in Obermoesien in Viminacium (Kostolatz) und Singidunum (Belgrad); in Unterpannonien in Acumincum (wohl Peterwardein), später in Aquincum (Altofen); in Oberpannonien in Brigetio (Komorn), Carnuntum (Petronell) und Vindobona (Wien); in Noricum in Lauriacum (Lorch); in Raetia in Castra Regina (Regensburg). Zur grösseren Sicherung dieser Castelle wie zur besseren Beobachtung des Feindes waren auf das linke, also das feindliche, Ufer Brückenköpfe vorgeschoben, welche, wenn sie auch in friedlichen Zeiten durch die Pontonbrücke, wodurch sie doch wohl sicher mit dem römischen Ufer verbunden waren, dem Verkehr dienten, doch vorwiegend aus militärischen Gründen angelegt waren. Derartige Brückenköpfe sind aus Resten und Gemäuern nachgewiesen oder werden vermutet gegenüber von Brigetio (Arch.-epigr. Mitt. I 146 und Patsch o. Bd. III S. 847ff.), in dem öden Schloss an der Mündung des Rosskopfarmes in die Donau gegenüber von Carnuntum (Groller a. a. O. 87), in Contra-Aquincum gegenüber Aquincum (Kenner Noricum und Pannonia 102 und Tomaschek o. Bd. II S. 333), in Contra-Bononia = Onagrinum (gegenüber von Banošter) und in anderen mit Contra zusammengesetzten linksdanuvischen Ortsnamen (vgl. o. S. 1161).
Alle diese grossen und kleinen Befestigungen wurden unter sich durch eine Strasse verbunden, so dass von einem Ort leicht Truppen an einen anderen augenblicklich gefährdeten Ort geworfen werden und die kleineren Wachtstationen ebenso schnell an die grösseren Lager Meldungen erstatten als im Notfalle Hülfe von ihnen bekommen konnten. Alle Lager waren aber auch, um die Rückzugslinien der Truppen zu sichern, durch Strassen mit dem Binnenlande verbunden. Die grosse Donaustrasse begann bei Vindonissa am Rhein und erreichte über Iuliomagus Brigobanne, das wohl nicht von Brege und Brigach zu trennen und daher in die Nähe dieser beiden Flüsse zu verlegen ist (Herzog Bonner Jahrb. LVII 62), um von da am rechten Ufer weiter zu gehen bis zum Pontos. Auf der Tabula Peutingerana ist durch eine arge Verzeichnung der Donau auch Verwirrung in diesem Strassenzug eingetreten; die Strecke Arae Flaviae (Rottweil), Samulocenna (Rottenburg), Grinario (jetzt bei Köngen festgelegt [Korr.-Bl. d. Westd. Ztschr. 1900 nr. 3]), Clarenna, Ad Limam (Lorch?), Aquileia (Aalen), Opie (Ips) bis Celeusum gehört auf das linke Ufer. Die Strecke auf dem rechten Ufer zwischen Brigobanne und Arusena–Regino fehlt auf der Peutingerana; dass sie aber in Wirklichkeit existierte, beweist der Umstand, dass sie in Württemberg von Mengen a. d. Ablach bis Günzburg in einer Breite von 17,78 m. nachgewiesen ist (Miller Beschreibung Württembergs II 304). Von Regina castra (Regensburg) ging sie weiter, alle befestigten [2130] Orte an der Donau mit einander verbindend. Ganz ungeheure Mühe verursachte ihre Anlage auf serbischem Gebiet, wo Felsen auf eine grössere Strecke hart an das Ufer herantreten und senkrecht abfallen. Hier, im Grebendefilé und im Kazanpass, war die Strasse in den Felsen gesprengt und auf starken Trägern, welche in die in den Fels gehauenen Einschnitte passten, eine Fahrbahn angelegt, welche die in den Felsen gesprengte Fahrbahn über den Stromspiegel hinaus verbreiterte. Tiberius legte sie an und zwar im J. 33/34 n. Chr. durch die 4. skythische und 5. makedonische Legion, wovon noch heute zwei Inschriften zeugen. Restauriert wurde der Teil dieser Strasse zwischen Scrofulae (Dobra) und Taliata (östlich von Milanovac) von Domitian im J. 92 n. Chr., weil sie durch die Überschwemmungen der Donau schadhaft geworden war (Ungar. Revue 1895, 9 = Revue archéol. XXVIII 1896, 269 nr. 18). Die Strecke am Kazanpass scheint durch Traian restauriert zu sein, wenn anders die Restauration montibus excisi[s], anco[ni]bus (d. h. die Tragbalken) sublatis via[m re]f[ecit] richtig ist; vgl. Benndorf zu Hirschfelds Nachlese zum CIL III S. 57. Ausser Benndorf a. a. O. vgl. für die ganze Anlage dieser Strasse wie auch für die Tiberiusinschriften, worüber man CIL III 1698 nur unvollkommen belehrt wird, namentlich Kanitz Denkschriften Akad. Wien XLI 31 und Premerstein Österr. Jahreshefte I Beibl. 176.
Auf dem Flusse selbst war in verschiedenen Orten eine Flotte stationiert, welche nicht so sehr dem Verkehr zwischen den einzelnen befestigten Lagern dienen, als vor allem die Ordnung und Sicherheit auf dem Strome selbst aufrecht erhalten sollte. Ihr Zweck war nicht blos ein rein militärischer, sondern auch ein handelspolitischer, insofern ihr die Aufgabe zufiel, den Handel zu schützen und die Wasserstrasse von Piraten und Raubgesindel freizuhalten. Auf dem Oberlauf der Donau war die classis Pannonica, auf ihrem Unterlauf die classis Moesica stationiert (Belege s. bei Ferrero Armate dell’ Impero Romano in Memorie della R. Accademia della Scienze di Torino Ser. II. Tom. XLIX und o. Bd. III S. 2646f.). Sie bestand aus Trieren und anderen auch sonst in den einzelnen classes gebräuchlichen Schiffsarten, eigentümlich waren ihr nach Veget. epit. r. m. IV 46 die naves lusoriae, eine Art Kreuzer, welche schnell fuhren und vor allem durch tägliche Fahrten für die Sicherheit der kleinen zwischen den grösseren Lagern postierten Wachtcommandos zu sorgen hatten, quae in Danuvio agrarias cotidianis tutantur excubiis. Tacitus (ann. XII 30) erwähnt zum J. 50 n. Chr. zuerst die Donauflotte. In der Notitia dignitatum finden wir am ganzen Laufe des Flusses Stationen erwähnt, wo Abteilungen der Flotte lagen; es ist nicht zu bezweifeln, dass es auch schon in der früheren Kaiserzeit derartige feste Stationen gab. Marquardt St.-V. II 506 hat dieselben zusammengestellt. Alle diese eben besprochenen Vorkehrungen dienten in erster Linie dem Schutze des Reiches. Der Zweck des Limes war vorwiegend ein militärisch-politischer, daneben aber auch ein fiscalischer, insofern als er die Grenze des römischen Reiches bezeichnete und damit zugleich auch zu einer Zollgrenze wurde, welche niemand [2131] mit Waren passieren konnte, ohne dieselben zu versteuern. An der ganzen Donau gabs Zollcomptoire; inschriftlich bezeugt sind als solche Durostorum CIL III Suppl. 7479; Nicopolis; Dimum (Beleni zwischen Nicopolis und Sistov) Arch.-epigr. Mitt. XVII 178 nr. 21. 175 nr. 12; Oescus (Gighen); Celei am nördlichen Ufer, Gighen gegenüber, der Ausgangspunkt einer Zolllinie, welche sich an dem Ufer der Aluta hinzog; Ostrowo; Almus (Lom); Ratiaria (Arčer): Tsierna (Alt-Orsova) wieder am nördlichen Ufer und wieder Ausgangspunkt einer Zolllinie, worüber man vgl. o. S. 1970; Margum (bei Dubrovica); Sirmium (Mitrovica); Aquincum (Röm. Mitt. VIII 192 und Mitteilungen der Centralcommission N. F. XVIII 63); Boiodurum CIL V 121. Belege findet man bei v. Domaszewski Arch.-epigr. Mitt. XIII 129.
Über die Zeit der Anlage dieses Donaulimes ist zur Stunde Genaues und Bestimmtes nicht zu sagen; dass er aber in seinen wesentlichsten Teilen in die erste Kaiserzeit, wohl auf Augustus selbst, zurückgeht, darf nicht bezweifelt werden. Den Bau der Strasse auf württembergischem Gebiet von Mengen bis Günzburg führt Miller (Beschreibung Württembergs II 304) auf die augustische Zeit zurück; in Carnuntum stand die Legio XV Apollinaris schon vor Vespasian, also gabs dort auch ein vorvespasianisches Lager, wohl schon im J. 5 n. Chr., als Tiberius von Carnuntum aus gegen Marbod marschierte, s. Groller und Bormann Der römische Limes in Österreich I 58. 141 und namentlich 20; der Bau der Felsenstrasse im Grebendefilé durch Tiberius ist inschriftlich bezeugt, vgl. oben ; ich sehe gar keinen Grund ein, die Notiz des Rufus Festus (breviar. 8) ... et limes inter Romanos ac barbaros ab Augusto Vindelicum per Noricum Pannonias ac Moesiam est constitutus nicht auf den Augustus, von dem in den unmittelbar vorangehenden Sätzen die Rede war, zu beziehen, sondern irgend einem anderen Kaiser, der nicht genannt ist, zuzuteilen. Damit stimmt die Notiz des Florus II 28, dass Augustus nach dem Feldzug des Lentulus (etwa im J. 11 n. Chr., wenn wir v. Premerstein Österr. Jahreshefte I Beiblatt 167 folgen) am diesseitigen (d. h. südlichen) Ufer praesidia angelegt habe. Der ganze Limes ist nicht auf einmal entstanden; aber die ursprüngliche Anlage geht in die früheste Kaiserzeit zurück. Der späteren Zeit war der Ausbau und die völlige Absperrung des Reiches vorbehalten. Der an der Wiener Akademie etablierten Limescommission verdanken wir wichtige Aufschlüsse über Carnuntum, welche in dem 1. Hefte ihrer Publicationen niedergelegt sind; sicher werden wir ihr bald weitere wichtige Aufschlüsse zu verdanken haben. Vielleicht werden wir dann immer mehr lernen, dass Kenner den Bau des Donaulimes von Vindobona bis Taurunum mit Unrecht auf Vespasian zurückführte (Noricum und Pannonien 25). Und die Inschriften bestätigen die Annahme, dass noch spätere Kaiser am Ausbau des Limes thätig waren. Auf der Strecke südlich von Aquincum entfaltete der Kaiser Commodus eine rege Bauthätigkeit; in der Nähe des alten Matrica und beim alten Intercisa wurden burgi und praesidia gebaut, um den offenbar überhand nehmenden, ins römische Gebiet hinüber unternommenen räuberischen Streifereien der Barbaren Einhalt [2132] zu thun; praesidis ... ad clandestinos latrunculorum transitus oppositis heisst es CIL III 3385, wonach CIL III Suppl. 10 312. 10 313 herzustellen sind. Septimius Severus baut ein zerfallenes praesidium (Wachthaus) an anderer Stelle auf, CIL III 3387. In der aus Kutlovica ( = civitas Montanensium) stammenden Inschrift aus dem J. 256 n. Chr. ist von einem Bau die Rede, un[de latrunculos o]bservare[nt, und der errichtet wurde zum Schutz des Lagers und der Bürger der erwähnten Stadt, welche offenbar unter diesen Räubern arg litten, Arch.-epigr. Mitt. XVII 214 nr. 112 und v. Domaszewski Neue Heidelberger Jahrb. III 195. Und diese latrunculi kommen nochmals vor in einer Inschrift aus Troesmis (Iglitza), wonach die kaiserlichen Brüder Constantinus, Constantius und Constans locum in parte limitis positum gentilium Gothorum temeritati semper aptissimum ad confirmandam provincialium suorum aeternam securitatem erecta istius fabricae munitione clauserunt latru[nc]ulorumque impetum perennis mun[imi]nis dispositione tenuerunt, Arch.-epigr. Mitt. XVII 84 nr. 7. Schon ihr Vater hatte, um den Schutz, welchen der Limes dem Binnenlande bot, wirksam zu erhalten, die Tropeensium civitas, welche an dem Limes in der Dobrudscha lag, neu aufbauen (Arch.-epigr. Mitt. XVII 108 nr. 52) und in Beroe (heute Dojani an der Donau, in der Nähe von Troesmis) zum Schutz dieser Stadt eine Befestigung von Grund aus neu aufführen lassen; eine rege Bauthätigkeit am Limes durch Aufführung von Castellen bezeugt auch Aurel. Vict. Caes. XLI 12. Etwas später wird dann von Valentinian eine grosse Thätigkeit am Limes entfaltet; er begnügt sich nicht damit, am rechtsdanuvischen Ufer Castelle zu bauen, wie in Noricum bei Mauer an der Mündung der Ips CIL III 5670 a und in Salva (Gran) CIL III 3653, vgl. III Suppl. 10596, sondern führt auch auf dem linken Ufer, im Lande der Quaden, Castelle auf, wie Ammian. Marc. XXIX 6, 2 bezeugt. Bezeichnenderweise bekommt der in Gran aufgeführte burgus den Namen Commercium, qua causa et factus est; der Limes mit seinen burgi, praesidia, castella und castra dient eben verschiedenen Zwecken, alle diese befestigten Orte können ebensowohl dem Feind, wenn er in feindlicher Absicht über den Strom setzt, die Landung und den Durchzug wehren, als ihm auf der anderen Seite, wenn er im Frieden kommt, Gelegenheit bieten, Waren zu kaufen und zu verkaufen. Niemals hat der Limes die römische Welt von jedem friedlichen und Handelsverkehr mit dem Ausland abgeschlossen.
Seinen Zweck, das Reich vor Einfällen der Barbaren zu schützen, hat der Limes Jahrhunderte lang erfüllt. Als der Andrang der verschiedenen Feinde immer ungestümer, des römischen Reiches Macht aber immer schwächer wurde, bot auch der Limes keinen Schutz mehr und konnte die Barbaren nicht mehr aufhalten. In diesen Kämpfen zwischen Rom und den Barbaren hat von Augustus an bis auf Iustinian die Donau immer eine grosse Rolle gespielt; als die Donaulinie nicht mehr gehalten werden konnte, drangen unaufhaltsam die Barbaren vor, bis das römische Kaiserreich erschüttert zu Boden sank.