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Altdeutsche Spiele

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor:
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Titel: Altdeutsche Spiele
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 12, S. 184–185, 200
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1891
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Name des Malers ist in „Tadema“ zu berichtigen, vgl. Seite 548.
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[184–185]

Altdeutsche Spiele.
Nach dem Gemälde von A. Tademann.

[200] Altdeutsche Spiele. (Zu den Bildern S. 184, 185 und 200.) „Wie die Alten sungen, so zwitschern die Jungen,“ sagt ein Sprichwort, dessen Wahrheit zu allen Zeiten und auch zu denen unserer Ahnen in der Aera der Völkerwanderung galt.

Es ist bekannt, zu welch erstaunlicher Höhe es die alten Germanen in der Gewandtheit der Waffenführung gebracht haben. Wer die Sage von dem nordischen König Olav Trygvason liest, findet darin eine Liste von Kunststücken, deren Ausführung noch heute jedem Jongleur Ehre machen würde. Sigmund Bretison warf Schild und Schwert mitten im Kampfe hoch in die Luft, fing sie mit entgegengesetzten Händen auf und focht links weiter. König Olav besiegte den berühmten Messerwerfer Endridi, indem er mit drei Messern Fangeball spielend den äußersten Bord eines segelnden Schiffes umwandelte. Auch Teja, der tapfere Gothenkönig, gab den Truppen des Narses mit Speer und Schwert auf muthigem Rosse ein ähnliches Schauspiel vor der unglücklichen Entscheidungsschlacht. Solche Heldenkunst der Waffen zu erlernen, dazu bedurfte es der Uebung von klein auf. Und so sehen wir auch auf unserem Bilde die zwei prächtigen Jungen, wie sie eifrig und unter theilnehmender Aufmerksamkeit der Freunde und Hausgenossen mit ihren kleinen Wurfäxten nach zwei Scheiben auf starken Bohlen werfen. Aber mischt sich nicht etwas wie Sorge in die Züge des Vaters, der seinem Sohne zuschaut? Mit der Waffe hat er sich sein neues Heim erkämpft in Hispanien, im sonnigen Süden, der den Körper verweichlicht. Ein fremder Meister hat die Beile geschmiedet, die nicht im entferntesten den Schwung haben wie das geschwungene schmalschneidige Frankenbeil der Heimath, die gefürchtete Francisca; aber die Jungen, sie trafen doch recht hübsch. Das zeigen die Scheiben.

Wohl darf der Vater mit sorgendem Blick der Knaben Spiel verfolgen. Denn für ihn liegt ein verzweifelter Ernst in der Frage, wie die einst werden würden, die nach ihm den Boden festhalten sollen, den sein Geschlecht erstritten.

Kleine germanische Steinbeile in natürlicher Größe.

Wie wir aber die beiden künftigen Helden auf unserem Bilde so wacker Arm und Auge üben sehen, so war es auch schon früher, so war es schon um ebensoviele Jahre vor der germanischen Einwanderung in Spanien, als zwischen dieser und der Gegenwart liegen. Aber woher wissen wir das? Wo ist der Geschichtschreiber, wo das Zeichen, das uns von solch entfernten Zeiten Kunde giebt?

Wir erfahren es von den zwei kleinen Steinbeilchen, die wir hier nebenan in natürlicher Größe abbilden. Sie befinden sich in der großherzoglichen Sammlung von Neustrelitz und beweisen uns, daß schon der Urahn der Steinzeit seinem Sohne die kindliche Waffe schuf, daran er sich übe, um einst den Großen es gleichzuthun. Und wie der Vater auf unserem Bilde den „hohen Sinn im kind’schen Spiele“ fühlt, so mag auch der Vater, der unsere Steinbeilchen schliff, sie mit ernsten Gedanken seinen Buben in die Hände gegeben haben. Damals waren solche körperlichen Waffen noch die ersten im Kampfe ums Dasein.