Václav Petrbok
Charles University, Prague, Institute of Czech Literature and Comparative Studies, temporary lecturer
Literary historian and university teacher.
Head of the Group for Research on Czech-German Intercultural Relations in the Bohemian Lands
Visiting lecturer at the Charles University of Prague
Member of Institute on Literary Studies (IPSL)
Coeditor of Serie Intellektuelles Prag im 19. und 20. Jahrhundert (Wien - Köln - Weimar: Böhlau)
Alumnus of Alexander von Humboldt Stiftung (Universität Tübingen 2010-2011, 2021)
The main area of my research is the history of Czech and German written literature in the Czech (Bohemian) Lands of 18th-20th century, their intercultural relationships, literary historiography a lexicography.
Supervisors: † Alexandr Stich , Hana Šmahelová, Václav Bok, Jaroslav Kolár, and Tilman Berger (Host at the University of Tübingen)
Address: Ústav pro českou literaturu AV ČR / Institut for Czech literature AS CR
Na Florenci 3
CZ 110 00 Praha 1
Head of the Group for Research on Czech-German Intercultural Relations in the Bohemian Lands
Visiting lecturer at the Charles University of Prague
Member of Institute on Literary Studies (IPSL)
Coeditor of Serie Intellektuelles Prag im 19. und 20. Jahrhundert (Wien - Köln - Weimar: Böhlau)
Alumnus of Alexander von Humboldt Stiftung (Universität Tübingen 2010-2011, 2021)
The main area of my research is the history of Czech and German written literature in the Czech (Bohemian) Lands of 18th-20th century, their intercultural relationships, literary historiography a lexicography.
Supervisors: † Alexandr Stich , Hana Šmahelová, Václav Bok, Jaroslav Kolár, and Tilman Berger (Host at the University of Tübingen)
Address: Ústav pro českou literaturu AV ČR / Institut for Czech literature AS CR
Na Florenci 3
CZ 110 00 Praha 1
less
InterestsView All (30)
Uploads
Papers by Václav Petrbok
Der Artikel gibt einen Überblick über die Richtungen, Methoden und vor allem über die Persönlichkeiten, die sich am Institut für tschechische Literatur der tschechischen Akademie der Wissenschaften (Ústav pro českou literaturu AV ČR in den Jahren 1947-2007 mit dem Studium und der entsprechenden editorischen Tätigkeit zur tschechischen Literatur des 19. Jahrhunderts beschäftigten.
Der Artikel beschäftigt sich mit der Beschreibung sog. Kulturtopoi, die - nach S. Höhne - als universelle Formen einer kulturell determinierten Fundus vom intersubjektiv. und kommunikativ erworbenen Begründungspotential darstellen und zur Herstellung argumentativer Begründungsmuster dienen. Im nationalen Diskurs der Vormärzzeit sind sie wegen spezifischen Kommunikationsbedingungen von zentraler Bedeutung. Für die in Ausdruckschemata verkörperte Gedankenvorstellungen hält der Verfasser die Uninformiertheit und Informiertheit, den Linguozentrismus, die Unliterarizität und Literarizität, die Historizität, die Asozialität und Sozialität und die Zahlmässigkeit und Unzahlmässigkeit. Einzelne Topoi werden zahlreich belegt und näher charakterisiert. Der Autor kommt zu folgendem Fazit: obwohl der bekannte Absagebrief von Fr. Palacký an den Franfurter Ausschuss der Fünfzigen scheinbar plötzlich den Widerspruch zwischen politischen Richtungen und geographischen Umfang der deutschen National- und tschechischen Erneuerungsbewegung klar machte, muss die Behauptung von dem ausgedehnten sozialen und kulturellen Ansprüchen der Tschechen und dem "verschlechterten" Tschechenbild in Publizistik und Fachliteratur abgelehnt werden, da auch das Urteil über die tschechische Erneuerung in keinerlei Korrelation mit den Kenntnissen über sie steht.
Der Artikel beschäftigt sich mit der Beschreibung sog. Kulturtopoi, die - nach S. Höhne - als universelle Formen einer kulturell determinierten Fundus vom intersubjektiv. und kommunikativ erworbenen Begründungspotential darstellen und zur Herstellung argumentativer Begründungsmuster dienen. Im nationalen Diskurs der Vormärzzeit sind sie wegen spezifischen Kommunikationsbedingungen von zentraler Bedeutung. Für die in Ausdruckschemata verkörperte Gedankenvorstellungen hält der Verfasser die Uninformiertheit und Informiertheit, den Linguozentrismus, die Unliterarizität und Literarizität, die Historizität, die Asozialität und Sozialität und die Zahlmässigkeit und Unzahlmässigkeit. Einzelne Topoi werden zahlreich belegt und näher charakterisiert. Der Autor kommt zu folgendem Fazit: obwohl der bekannte Absagebrief von Fr. Palacký an den Franfurter Ausschuss der Fünfzigen scheinbar plötzlich den Widerspruch zwischen politischen Richtungen und geographischen Umfang der deutschen National- und tschechischen Erneuerungsbewegung klar machte, muss die Behauptung von dem ausgedehnten sozialen und kulturellen Ansprüchen der Tschechen und dem "verschlechterten" Tschechenbild in Publizistik und Fachliteratur abgelehnt werden, da auch das Urteil über die tschechische Erneuerung in keinerlei Korrelation mit den Kenntnissen über sie steht.
Am Beispiel von vier tschechisch- und deutschsprachigen Quellen böhmischer Provenienz, die circa 1770 und 1875 enststanden sind, werden die geistigen Haupstströmungen der Literaturgeschichte und ihrer Popularisierung analysiert. Der Autor verfolgt ebenso die tschechischen und deutschen Selbstreflexionen wie auch die Intentionen, die gegenwärtigen Fachkenntnisse und patriotischen Ideen des engeren und weiteren Vaterlandes dem Leserpublikum zugänglich zu machen. In diesem Zusammenhang bezieht der Autor ebenfalls das "imperiale" Verhältnis der tschechischen zur slowakischen Literatur und dessen Einschätzung seitens tschechischen Autoren. Im Fall der deutschböhmischen Autoren ist das geringschätzige Verhältnis der mitteldeutschen Autoren zum süddeutschen, bzw. österreichischen Milieu von besonderer Wichtigkeit. Es veranlasste sie später in der Ära des Liberalismus zur Entwicklung einer "großdeutschen" Kulturkonzepts, nach dem auch die tschechische Literatur ein bloßes Derivat der deutschen sein sollte. Auf der tschechischen Seite wuchs die ostentative Gleichgültigkeit gegenüber der deutschsprachigen Literatur aus Böhmen an und die nationalistischen Tendenzen in der Darlegung der böhmischen Geschichte und Kultur verstärkten sich.
Im Beitrag wird versucht, anhand der Edition des Vorwortes zur Predigtensammlung Svazek kázání svátečních (Sammlung der Festtagspredigten, 1799) von Stanislav Vydra (1741-1804) erneut auf das Leben und Werk des Exjesuiten, Prager Universitätsprofessors, Mathematikers und Historikers aufmerksam zu machen. Für Vydras Position charakteristisch ist sein wissenschaftliches Bekenntnis zur Popularisierung der rationalistischen Wissenschaft im Sinne der deutschen Frühaufklärung (Christian Wolff) und sein Engagement für die Herausbildung und Durchsetzung des Tschechischen als Wissenschaftssprache. Anderseits wird Vydra zurecht als eifriger Verfechter der katholisch geprägten patriotischen Tradition des böhmischen Barock angesehen; diesem Aspekt seiner komplexen Tätigkeit widmet sich die vorgelegte Edition.
Der Artikel gibt einen Überblick über die Richtungen, Methoden und vor allem über die Persönlichkeiten, die sich am Institut für tschechische Literatur der tschechischen Akademie der Wissenschaften (Ústav pro českou literaturu AV ČR in den Jahren 1947-2007 mit dem Studium und der entsprechenden editorischen Tätigkeit zur tschechischen Literatur des 19. Jahrhunderts beschäftigten.
Der Artikel beschäftigt sich mit der Beschreibung sog. Kulturtopoi, die - nach S. Höhne - als universelle Formen einer kulturell determinierten Fundus vom intersubjektiv. und kommunikativ erworbenen Begründungspotential darstellen und zur Herstellung argumentativer Begründungsmuster dienen. Im nationalen Diskurs der Vormärzzeit sind sie wegen spezifischen Kommunikationsbedingungen von zentraler Bedeutung. Für die in Ausdruckschemata verkörperte Gedankenvorstellungen hält der Verfasser die Uninformiertheit und Informiertheit, den Linguozentrismus, die Unliterarizität und Literarizität, die Historizität, die Asozialität und Sozialität und die Zahlmässigkeit und Unzahlmässigkeit. Einzelne Topoi werden zahlreich belegt und näher charakterisiert. Der Autor kommt zu folgendem Fazit: obwohl der bekannte Absagebrief von Fr. Palacký an den Franfurter Ausschuss der Fünfzigen scheinbar plötzlich den Widerspruch zwischen politischen Richtungen und geographischen Umfang der deutschen National- und tschechischen Erneuerungsbewegung klar machte, muss die Behauptung von dem ausgedehnten sozialen und kulturellen Ansprüchen der Tschechen und dem "verschlechterten" Tschechenbild in Publizistik und Fachliteratur abgelehnt werden, da auch das Urteil über die tschechische Erneuerung in keinerlei Korrelation mit den Kenntnissen über sie steht.
Der Artikel beschäftigt sich mit der Beschreibung sog. Kulturtopoi, die - nach S. Höhne - als universelle Formen einer kulturell determinierten Fundus vom intersubjektiv. und kommunikativ erworbenen Begründungspotential darstellen und zur Herstellung argumentativer Begründungsmuster dienen. Im nationalen Diskurs der Vormärzzeit sind sie wegen spezifischen Kommunikationsbedingungen von zentraler Bedeutung. Für die in Ausdruckschemata verkörperte Gedankenvorstellungen hält der Verfasser die Uninformiertheit und Informiertheit, den Linguozentrismus, die Unliterarizität und Literarizität, die Historizität, die Asozialität und Sozialität und die Zahlmässigkeit und Unzahlmässigkeit. Einzelne Topoi werden zahlreich belegt und näher charakterisiert. Der Autor kommt zu folgendem Fazit: obwohl der bekannte Absagebrief von Fr. Palacký an den Franfurter Ausschuss der Fünfzigen scheinbar plötzlich den Widerspruch zwischen politischen Richtungen und geographischen Umfang der deutschen National- und tschechischen Erneuerungsbewegung klar machte, muss die Behauptung von dem ausgedehnten sozialen und kulturellen Ansprüchen der Tschechen und dem "verschlechterten" Tschechenbild in Publizistik und Fachliteratur abgelehnt werden, da auch das Urteil über die tschechische Erneuerung in keinerlei Korrelation mit den Kenntnissen über sie steht.
Am Beispiel von vier tschechisch- und deutschsprachigen Quellen böhmischer Provenienz, die circa 1770 und 1875 enststanden sind, werden die geistigen Haupstströmungen der Literaturgeschichte und ihrer Popularisierung analysiert. Der Autor verfolgt ebenso die tschechischen und deutschen Selbstreflexionen wie auch die Intentionen, die gegenwärtigen Fachkenntnisse und patriotischen Ideen des engeren und weiteren Vaterlandes dem Leserpublikum zugänglich zu machen. In diesem Zusammenhang bezieht der Autor ebenfalls das "imperiale" Verhältnis der tschechischen zur slowakischen Literatur und dessen Einschätzung seitens tschechischen Autoren. Im Fall der deutschböhmischen Autoren ist das geringschätzige Verhältnis der mitteldeutschen Autoren zum süddeutschen, bzw. österreichischen Milieu von besonderer Wichtigkeit. Es veranlasste sie später in der Ära des Liberalismus zur Entwicklung einer "großdeutschen" Kulturkonzepts, nach dem auch die tschechische Literatur ein bloßes Derivat der deutschen sein sollte. Auf der tschechischen Seite wuchs die ostentative Gleichgültigkeit gegenüber der deutschsprachigen Literatur aus Böhmen an und die nationalistischen Tendenzen in der Darlegung der böhmischen Geschichte und Kultur verstärkten sich.
Im Beitrag wird versucht, anhand der Edition des Vorwortes zur Predigtensammlung Svazek kázání svátečních (Sammlung der Festtagspredigten, 1799) von Stanislav Vydra (1741-1804) erneut auf das Leben und Werk des Exjesuiten, Prager Universitätsprofessors, Mathematikers und Historikers aufmerksam zu machen. Für Vydras Position charakteristisch ist sein wissenschaftliches Bekenntnis zur Popularisierung der rationalistischen Wissenschaft im Sinne der deutschen Frühaufklärung (Christian Wolff) und sein Engagement für die Herausbildung und Durchsetzung des Tschechischen als Wissenschaftssprache. Anderseits wird Vydra zurecht als eifriger Verfechter der katholisch geprägten patriotischen Tradition des böhmischen Barock angesehen; diesem Aspekt seiner komplexen Tätigkeit widmet sich die vorgelegte Edition.
(PowerPoint)
Tagung: Otokar Fischer (1883-1938): v rozhraních / in Grenztgebieten
21. 5. 2013 Österreichisches Kulturforum Prag
Reading on Otokar Fischer is a chronological collection of texts reflecting the scientific, poetic, dramatic and translation activities of Otokar Fischer (1883–1938), a prominent personality of Czech culture in the first half of the 20th century. In the anthology the text wery included from a wide time span of almost eighty years (1905–1983). The edition of the every document is accompanied by short biographies of the authors, the publication is supplemented by a foreword of an editor, book bibliography of Fischer's work and a selected bibliography of reviews of his creative activity.
Fritz Mauthner (1849–1923), der deutschsprachige Denker jüdischer Herkunft, geboren im ostböhmischen Horzitz/Hořice, aufgewachsen und ausgebildet in Prag, in Berlin als Journalist und Theaterkritiker tätig, war ein produktiver Autor und wird heute vor allem als Sprachkritiker rezipiert. Er identifizierte sich mit der deutschen Kultur und gleichzeitig verband ihn mit den Tschechen, ihrer Kultur und Sprache die Ambivalenz einer Hassliebe, die seine Romane und Novellen, aber auch sein sprachphilosophisches Werk entscheidend prägte. Die Beiträge des vorliegenden Bandes setzen Mauthners Werk in Beziehung zu seinem facettenreichen Entstehungskontext. Nicht nur die hybriden linguistischen und kulturellen Lebensumstände des Autors und die Einflüsse der gesellschaftlichen Entwicklungen seiner Zeit wie der deutsche und tschechische Nationalismus oder der Antisemitismusstreit, sondern auch die Kontroversen um und über Mauthner werden in diesem Band neu beleuchtet und interpretiert. Vor dem Hintergrund gegenwärtiger kulturwissenschaftlicher Diskurse erscheint sein Werk mit seinen Beobachtungen zur Mischung von Sprachen und Kulturen überraschend aktuell.
(Verlagsanzeige)
Otokar Fischer ist nicht nur eine der bedeutendsten Persönlichkeiten des Prager Kulturlebens zwischen der Jahrhundertwende und dem Zweiten Weltkrieg, sondern er war auch ein international beachteter Wissenschaftler und Intellektueller. Sein Wirken und Schaffen konnte unter dem kommunistischen Regime weder gewürdigt noch eingehend untersucht werden. Im vorliegenden Band werden seine Persönlichkeit und sein Werk zum ersten Mal systematisch, mit Blick auf die Quellen sowie auch auf nationale wie internationale Kontexte erforscht.
Die Beiträge aus der Konferenz "Otokar Fischer (1883-1938): im Grenzgebieten / v rozhraních (Prag, Österreichisches Kulturforum 20.-22.5.2013)
beleuchten Fischers intellektuelle und sprachliche Biographie, seine internationalen Beziehungen, seine philologischen, literaturtheoretischen und -historischen Konzepte und Arbeiten, sein dichterisches und übersetzerisches Werk sowie schließlich seine (kultur-)politische Publizistik und Tätigkeit.
(Verlagsanzeige)
Alle vier Fallstudien stellen durch eine bewusste Auswahl der zu untersuchenden Thematik einige verschiedene Typen von Genres vor. Daneben interessiert mich eine andere, in er¬ster Linie nonverbale Erscheinung der Geisteskultur, nämlich der institutionalisierte Unter¬richt der Bohemistik im Wiener Milieu. Zur Veranschaulichung habe ich zwei Themen ge¬wählt, die aus Materialien bis zum Jahre 1750 schöpfen, die anderen beiden betreffen die darauf folgende Zeit.
In der vorliegenden Arbeit versuche ich nach einem einführenden überblicksartigen Ver-gleich anhand von vier Fallstudien die Zusammenhänge und Kontakte zwischen der tschechi¬schen Literatur und den Literaturen deutscher Sprache aufzu¬zeigen, insbesondere der deutsch¬sprachigen Literatur in den Ländern der Böhmischen Krone im Zeitraum ca. von der Schlacht am Weißen Berg bis zu den Napoleonischen Kriegen.
Alle vier Fallstudien stellen durch eine bewusste Auswahl der zu untersuchenden Thema¬tik einige verschiedene Typen von Genres vor. Daneben interessiert mich eine andere, in erster Linie nonverbale Erscheinung der Geisteskultur, nämlich der institutionalisierte Unterricht der Bohemistik im Wiener Milieu. Zur Veranschaulichung habe ich zwei Themen gewählt, die aus Materialien bis zum Jahre 1750 schöpfen, die anderen beiden betreffen die darauf folgende Zeit.
Es ist nicht einfach, eine eindeutige Antwort auf die Frage im Titel dieser Arbeit zu geben. Die untersuchten Fälle können nicht den Anspruch erheben, Repräsentationen sui generis zu sein – sie versuchen eher Fragen nach weiteren Zusammenhängen der untersuchten Problematik zu stellen, weitere verwandte, vielleicht manchmal auch analoge Themen zu eröffnen. Nichtsdestoweniger ist es vielleicht möglich, von einzelnen konkreten Fällen zu sprechen und sich zu fragen: Welche Funktion (eine inte¬grierende, eine differenzierende, eine komplementäre) spielt dieser oder jener Vergleich in der Geschichte der tschechisch-deutsch-österreichischen Literaturbeziehungen? Oftmals ging es und geht es – wie das offensichtlich auch Palacký dachte – um Streit und Berührung gleich¬zeitig. Beispielsweise konnte die Expansion des Ruhms des Landesheiligen Wenzel zur Zeit des Hochbarock nicht nur auf die gesteigerte Religiosität der Zeit zurückgehen, sondern auch die Folge einer ebenfalls leidenschaftlichen Bemühung sein, das Odium der Schande und des Verrats der Tschechen nach dem Ständeaufstand „abzuwaschen“. – Hundert Jahre später ermöglichte die tschechische Berührung mit dem Deutschen als Sprache der kulturellen Eliten, sich durch den Prozess der „Vernakularisierung der Wissenschaft“ inspirieren zu lassen, die allmählich auch dem Tschechischen ermöglichte, eine Sprache mit hohem sozialen Prestige zu werden.
Wie ersichtlich ist, folgte die tschechisch-deutsche Asymmetrie in der Stellung der Sprache und überhaupt der Kultur zu einem großen Teil aus Unterschieden in der gesellschaftli¬chen Stellung der beiden Ethnien. Wer sich am Ende des 18. Jahrhunderts um die Zugehöri¬keit zu einer gesellschaftlichen Gruppen mit hohem Sozialprestige bemühte, musste vor allem Kenntnisse des Deutschen und der deutsch-österreichischen Kultur erwerben. Aus den Einzel¬fällen folgen daher gewisse Spezifika der älteren tschechischen Literatur des 17.–18. Jahrhun¬derts: die Reduktion ihrer Funktionen und Genres, das Übergewicht geistlicher bzw. religiöser oder kirchlicher Thematik (mit einer klaren erzieherischen Ausrichtung) und der verstärkte Historismus und Linguozentrismus, der von der Notwendigkeit eines Bewusstseins von Kontinuität und historischer Spezifik zeugt. Die Notwendigkeit von Kontinuität und historischer Spezifik wurde gerade im der Konfrontation mit den deutschsprachigen Literaturen eine notwendige Voraussetzung für die weitere Entwicklung der neuzeitlichen tschechischen Kultur und Literatur. Dieses Bekenntnis zur Tradition – die in diesem Fall sprachlich und ethnisch abgegrenzt wurde – bedeutet eine Wendung (conversio) und ein Bekenntnis zu „einer normativen Selbstdefinition, zu einer Identität, die im Einklang steht mit den Geboten der Vernunft oder der Offenbarung“ (Jan Assmann, Kultur und Gedächtnis, 126). Deshalb ist es weiterhin nötig, sich ständig die Frage nach der Motivation dieser kulturgeschichtlichen Prozesse zu vergegenwärtigen, die wir am literarischen Material beider Sprachen verfolgen. Und zwar: Spielt sich die „Wiedergeburt“ nur und ausschließlich in der Sprache selbst ab oder ist die Sprache ein Teil von ihr, eine Voraussetzung zum emotionalen Durchleben der Ethnie bzw. des Volkes?
(übersetzt von Martin Mutschler)
Im Vortrag wird Theorie und Praxis der deutsch-tschechischen Sprachenwahl im literarischen Schreiben in den böhmischen Ländern der 1860er–1890er Jahre analysiert. Das spezifische Zusammenspiel der drei Aspekte der Lebenswelt (Kultur, Gesellschaft und Persönlichkeit) wird je nach Handlungs- oder Sprechsituation untersucht.
(only in Czech)