Rg
Rechts
geschichte
Zeitschri des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte
Journal of the Max Planck Institute for European Legal History
Rechtsgeschichte
Legal History
www.rg.mpg.de
http://www.rg-rechtsgeschichte.de/rg21
Zitiervorschlag: Rechtsgeschichte – Legal History Rg 21 (2013)
Rg
21 2013
262 – 284
http://dx.doi.org/10.12946/rg21/262-284
Wolfram Brandes
Die »Familie der Könige« im Mittelalter
Ein Diskussionsbeitrag zur Kritik eines vermeintlichen Erkenntnismodells
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Rg
21 2013
Wolfram Brandes
Die »Familie der Könige« im Mittelalter
Ein Diskussionsbeitrag zur Kritik eines vermeintlichen Erkenntnismodells
Im Kriegsjahre 1940 erschien Franz Dölgers
(4.10.1891–5.11.1968) Artikel »Die ›Familie der
Könige‹ im Mittelalter«. 1 Abgedruckt wurde er
in einem Band seiner gesammelten Aufsätze
(»Byzanz und die europäische Staatenwelt«, der
insgesamt drei Auflagen erlebte. 2 Namentlich in
der deutschsprachigen Wissenschaft erregte das
von Dölger präsentierte Konzept große Aufmerksamkeit, scheint es doch die Möglichkeit zu bieten,
die komplizierten zwischenstaatlichen Beziehungen im Mittelalter mit seinen gut 1000 Jahren
Geschichte zu begreifen bzw. zu erklären.
Dölger selbst räumte im genannten Aufsatz
ein, 3 dass die in dieser Zeitschrift an anderer Stelle
kurz behandelten Vorstellungen von der durch
Taufe konstituierten »geistigen Verwandtschaft« 4
auch einen erheblichen Einfluss auf das von ihm
postulierte politische System gehabt hätten. Dieses
habe seit der Zeit um 300 (!) die internationalen
politischen Beziehungen strukturiert, und sei mithin ein gleichsam völkerrechtliches Institut gewesen.
Mit diesem Konzept versuchten zahlreiche Forscher (die hier aufzuzählen müßig wäre) alle möglichen historischen Phänomene zu erklären. Der
Bezug zur Taufe in einem allgemeinen Sinne ist
m. E. gegeben, so dass dieser Band der »Rechtsgeschichte« der Ort ist, an dem eine Diskussion der
Vorstellung von der »Familie der Könige« und
einigen Implikationen derselben begonnen werden kann.
Dölger wusste sehr wohl, dass bereits im alten
Orient, im pharaonischen Ägypten und in den
hellenistischen Diadochenstaaten die gegenseitige
Anrede diverser Herrscher als »Brüder« usw. zum
gängigen Usus der diplomatischen Sprache (auch
noch in römischer Zeit) gehörte. 5 Hier soll dieser
Umstand als bekannt vorausgesetzt werden. An
1 Dölger (1953a).
2 Siehe die Nachdrucke der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft, Darmstadt 1964 und 1976.
3 Dölger (1953a) 53–59.
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Die »Familie der Könige« im Mittelalter
dieser Stelle sollen einige zentrale Thesen und die
damit in Verbindung stehenden Quellen näher in
Augenschein genommen werden, in der Hoffnung, so eine weitergehende Diskussion anzustoßen.
Im erwähnten Aufsatz ging Dölger so weit, von
»der Rolle eines anspruchsvollen Rechtstitels« zu
schreiben. 6 Es könne »keinem Zweifel unterliegen, daß während des ganzen Mittelalters nicht
nur die Auffassung von einer Art mystischer Verwandtschaft aller regierenden Fürsten untereinander bestand, sondern daß dieser damals auch die
Bedeutung einer politischen Institution zukam, an
welche u. a. weittragende staatsrechtliche Folgerungen geknüpft wurden«. 7 Dem von ihm scheinbar
entdeckten und beschriebenen System, nach dem
die verschiedenen Staaten seit der Spätantike sich
familienartig konstituierten, mit dem byzantinischen Kaiser als »Vater« an der Spitze und in abgestufter Rangfolge weitere Staaten als »Brüder«,
»Söhne« usw., sollte also eine Allgemeingültigkeit
für Spätantike und Mittelalter zukommen. Unklar
bleibt bei Dölgers Ausführungen, was er unter
»staatsrechtlich« versteht. Diese Formulierung insinuiert eine rechtlich verbindliche Ordnung. Es
bleibt aber festzustellen, dass dies, bezogen auf
Byzanz, zweifellos fehl am Platz ist. In den normativen Quellen, den Gesetzbüchern (Corpus iuris,
Ecloga, Basiliken, Eisagoge, Prochiron, bei Blastares
oder Harmenopulos oder in den verschiedenen
Nomokanones) und Novellen der Kaiser der
1000jährigen byzantinischen Geschichte, 8 findet
man von der »Familie der Könige« keine Spur!
Und hier ein quasi-völkerrechtliches Institut zu
sehen, verbietet schon die Begrifflichkeit, muss
man doch davon ausgehen, dass es ein Völkerrecht stricto sensu bestenfalls seit dem ausgehenden
Mittelalter gibt. 9
4 Siehe Brandes (2013), hier besonders
S. 82 f.
5 Dölger (1953a), besonders 34,
62–65.
6 Dölger (1953a) 36. Kursiv im Original.
7 Dölger (1953a) 35.
8 Zu den einzelnen Gesetzbüchern und
den Novellen siehe Troianos (2011).
9 Siehe Ziegler (2009) und die da angegebene Literatur; ausführlicher
Ziegler (2007).
Marginalien marginalia
Zahlreiche Gelehrte folgten ihm und verzichteten dabei darauf, die von Dölger angeführten
selektiven(!) Belege 10 im Kontext der sonstigen
Überlieferung zu sehen und kritisch zu überprüfen. Seine verwendeten Formulierungen legen ein
rechtshistorisches Phänomen nahe, was – neben
anderen Gründen – eine Behandlung der »Familie
der Könige« in dieser Zeitschrift rechtfertigt. Hat
die große Anzahl der Kaiser- oder Herrscherschreiben aus der Spätantike bzw. des frühen Mittelalters, in denen sich keine Spur von pater, filius,
frater etc. findet, denn keinen Aussagewert?
Eine Quelle von zentraler Bedeutung und
gleichsam ein beeindruckend erscheinender Ausgangspunkt für Dölgers Beweisführung ist die
berühmte Adressliste im Zeremonienbuch Kaiser
Konstantins VII. Porphyrogennetos. 11 Hier werden die in Familien üblichen Begriffe (»Vater«,
»Kind«, »Bruder«) benutzt, um eine Hierarchie
der mit dem Byzantinischen Reich in Beziehung
stehenden Mächte zu schaffen (hinzu kommen die
»Freunde«).
Datiert wird dieser Abschnitt ca. 920–922. In
den Jahren 945–959 wurde er revidiert (nach
den veränderten Beziehungen zum Bulgarenherrscher). 12 Als »geistlicher Vater« (πνευματικὸς
πάτηρ) erscheint der Papst, was nicht weiter verwundern sollte. Als »geistliche Kinder« (τέκνα)
erscheinen die Herrscher von Großarmenien,
Alanien und Bulgarien. »Geistliche Brüder«
(πνευματικοὶ ἀδελφοί) waren die Herrscher der
Sachsen, Bayern, Italiens, Deutschlands überhaupt
und Frankreichs. »Freunde« (φίλοι) waren die
(nichtchristlichen) Fürsten von Indien und der
Emir von Ägypten. Es folgt eine lange Liste von
Staaten ohne eine nähere Kennzeichnung. 13
Darunter auch das (noch) nicht christianisierte
Russland. Bleibt die Frage, ob wir es hier tatsächlich mit dem aktuellen Sprachgebrauch in der
Kaiserkorrespondenz zu tun haben bzw. mit der
Praxis der kaiserlichen Kanzlei. Mangels überlieferter Originalschreiben (oder doch wenigstens dem
10 Bereits die von ihm benutzten Arbeiten von Helm (1932) und Meyer
(1931) 123–136, auf die er sich ausdrücklich berief, wählten geschickt
die ihnen passenden Belege aus und
ignorierten entsprechend die vielen
anderen.
11 De cer. II,48 (686–692 Reiske); dazu
Dölger (1953a) bes. 37–42.
Original nahe kommender Kopien) lässt sich diese
Frage nicht mit der nötigen Sicherheit beantworten. Dölger bezieht sich ausdrücklich auf den
Artikel von Otto Meyer »Εἰς τὸν ῥῆγα Σαζωνίας«
aus dem Jahre 1931, der sich naturgemäß mit den
Herrschaften in Lateineuropa befasste. 14
Diese Liste, deren Quellenwert nicht zu bestreiten ist, bietet also für die Mitte des 10. Jahrhunderts eine ganz konkrete Sicht der Byzantiner auf
die Welt in einer ganz bestimmten Zeit. Unklar –
und das darf nicht vergessen werden – bleibt dabei,
ob es sich hier tatsächlich um Aufzeichnungen aus
der kaiserlichen Kanzlei handelt. Und selbst dann,
wenn dies zuträfe, muss es unklar bleiben, ob diese
Sicht auf die politische Welt auch eine allgemeinere Akzeptanz in den führenden Schichten Konstantinopels hatte. Vergessen wir nicht, dass in
diesen Jahren Byzanz – trotz aller innenpolitischen
Probleme und gelegentlichen Bürgerkriegen und
Usurpationsversuchen – sich auf seinem Höhepunkt als politische und wirtschaftliche (kulturelle
ohnehin) Macht seit dem 7. Jahrhundert befand. In
dieser historischen Situation konnte man in
Byzanz durchaus die Vorstellung pflegen, das Zentrum wenigstens der christlichen Staaten und Herrschaften darzustellen.
Aus dieser Adressliste entstand – in der Nachfolge des Aufsatzes von Dölger aus dem Jahre 1940
– die Ansicht, dass der Grad der Verwandtschaft,
wie in De cerimoniis dargelegt, den westlichen
Königen »als eigentlicher Rechtstitel« ihrer Herrschaft diente. 15 Nun ging man sicher davon aus,
dass diese Liste eine Materialsammlung der kaiserlichen Kanzlei repräsentiere, was, wie eben gesagt,
eine bloße Vermutung ist. 16 Man billigte ihre eine
quasi-völkerrechtliche Bedeutung zu, was entschieden zu weit geht. Deutlich wird hier natürlich
auch der laxe Umhang bestimmter Historiker mit
juristischen Begriffen, was grundsätzlich bedenklich stimmt.
Unterstellt man den Byzantinern auch noch in
späteren Jahrhunderten, insbesondere nach 1204
12 McCormick, in: ODB 597; grundlegend bleibt Bury (1907); Dölger
(1953c); Ohnsorge (1952) bes. 326 ff.
Zuletzt zum Zeremonienbuches
Featherstone (2013) mit der neueren Literatur.
13 Siehe die bequeme Übersicht bei
Lilie (2007) 144 f.; Nerlich (1999)
70 ff.
14 Meyer (1931). Vgl. aber auch bereits
Ostrogorsky (1936).
15 Nerlich (1999) 64. Hervorhebung
von mir.
16 Ebenda.
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bzw. nach 1261, eine derartige Sicht der Dinge,
müsste man sie für größenwahnsinnig halten und
ihnen den Verlust jeglichen Realitätssinnes
bescheinigen. In der Dölgerschen Sicht der »Familie der Könige« aber ist dies so angelegt! Die
»Familie der Könige« in seinem Sinne »funktioniert« ja nur, wenn alle beteiligten staatlichen
Gebilde dieselbe anerkannten und akzeptierten –
und dies bezogen (seit dem 14. Jahrhundert) auf
einen ostmediterranen Staat mittlerer Größe (und
bald auf einen Zwergstaat), der allerdings eine
unvergleichliche Tradition und imperiale Kontinuität vorweisen konnte.
Die von ihm 1939/1940 entwickelte Vorstellung
einer »hierarchischen Weltordnung«, die sich
gemäß familiärer Verwandtschaftsbeziehungen
konstituierte – mit dem byzantinischen Kaiser als
Vater an der Spitze der Hierarchie und den diversen anderen Staaten in abgestufter Form als Söhne,
Brüder, Freunde usw. –, erfreute sich zunächst
großer Beliebtheit in der Forschung, schien sie
doch die byzantinische Weltsicht im Kern zu
beschreiben. Ausdrücklich spricht Dölger aber
von einer rechtlichen Institution, die außerdem
von den anderen Staaten der Oikumene akzeptiert
worden sei, denn dies ist ja die Voraussetzung
dafür, dass eine solche »Familie« tatsächlich existierte. Ansonsten hätte man es mit einem bloßen
Produkt byzantinischer Nabelschau zu tun, was ja
für das Selbstbild der Byzantiner oder ihre Kaiserideologie aussagekräftig sein mag, aber keineswegs
in der Lage ist, das Zusammenspiel der wichtigsten
Mächte über einen Zeitraum von gut 1000 Jahren
zu erklären.
Eigentlich sollte bereits das Eingeständnis Dölgers, dass der Ursprung des Konzepts der »Familie
der Könige« in einem Vertrag mit den Persern des
Jahres 283 zu finden sei (»der wahre historische
Ursprung der mittelalterlichen Familie der Könige«), Verdacht erregen. »Es [scil. das Konzept der
»Familie der Könige« – W.B.] beruht zweifellos,
wenn uns dies auch leider nirgends ausdrücklich
17 Dölger (1953a) 59 f., bes. Anm. 62
auf S. 60; vgl. dazu schon kritisch
Chrysos (1976) bes. 18 ff.; Chrysos
(1989) 14.
18 Dölger (1954) 642.
19 Dölger (1953a) 59.
20 Payne (2013); siehe aber schon
Panaino (2004). Beide mit der älteren
Literatur.
264
Die »Familie der Könige« im Mittelalter
überliefert ist, rechtlich auf einer vertraglichen Vereinbarung zwischen beiden Reichen.« 17 An anderer Stelle heißt es, dass es sich um ein »vermutlich
vertraglich begründetes Bruderverhältnis« gehandelt habe. 18
Es gibt also keinen Text, auf den sich der
Schöpfer der »Familie der Könige« berufen könnte. »Zweifellos« sei es so gewesen. Gerade dieser
Umstand sollte aber Zweifel wecken und zur Vorsicht gemahnen, obwohl Dölger »vom wahren
historischen Ursprung der mittelalterlichen Familie der Könige« schrieb. 19
Es kann hier nicht der Ort sein, um Dölgers
Belege (einen nach dem anderen) erneut zu prüfen, ob sie tatsächlich seine weitgehenden Aussagen tragen. Außerdem wäre es notwendig, auch
das weitere Quellenschrifttum (besonders Briefe
usw.), das er nicht erwähnt, zu hinterfragen. Einige
seiner zentralen Quellenstellen bzw. Quellenkomplexe sollen hier trotzdem angeführt und geprüft
werden.
Der Ursprung der »Familie der Könige« läge
also im »völkerrechtlichen« Verhältnis zum persischen Reich der Sassaniden im ausgehenden
3. Jahrhundert. Naturgemäß müsste man voraussetzen, dass auch die Perser sich diese Vorstellung
zu eigen gemacht hätten. Ausdrücklich sei aber an
dieser Stelle auf einen eben erschienenen Aufsatz
von Payne (»Cosmology and the Expansion oft the
Iranian Empire«) verwiesen, der mit aller nötigen
Klarheit das persische Herrscherkonzept darstellt. 20 Hier wird das Selbstbild der iranischen
Monarchie dargelegt, wobei deutlich wird, dass
den sassanidischen Persern die Vorstellung einer
»Familie der Könige« absolut fremd war. Aber
gerade die Anerkennung dieses angeblichen
grundlegenden Prinzips der mittelalterlichen
Weltordnung durch alle(!) involvierten Staaten
und Mächte setzt Dölger ja voraus. Und der angebliche Ursprung dieses Prinzips in den zwischenstaatlichen Beziehungen zwischen dem Römischen Reich z. Z. Diokletians und dem Sassaniden-
Marginalien marginalia
reich wird schon allein durch die zuletzt von Payne
dargelegten Prinzipien der Herrschaft des persischen »Königs der Könige« (mit allen Implikationen, die der Zoastrismus bedingte) ad absurdum
geführt. 21
Weiter verwies Dölger auf Eusebs Vita Constantini, wo tatsächlich zum ersten Mal nachweislich
ein römischer Kaiser einen Herrscher der Perser als
»Bruder« anredete. 22 In einem langen Auszug aus
einem Brief Konstantins des Großen an der Perserherrscher Šāpūr, 23 dem allerdings die intitulatio
fehlt(!), benutzt der Kaiser an einer einzigen (isolierten) Stelle die Anrede »Bruder«. 24 Abgesehen
davon, dass die Datierung dieses Schreibens nicht
feststeht (und sogar seine Echtheit angezweifelt
wurde), 25 besagt diese freundliche Anmerkung
herzlich wenig; ein die Ökumene umfassendes
Herrschaftskonzept wird hier nicht deutlich! Man
kann hingegen von diplomatischer Höflichkeit
sprechen, denn der Kaiser wollte die Lage der
Christen im Perserreich verbessern, hatte also ein
konkretes Anliegen, dessen Gewährung in den
Händen des Perserherrschers lag. 26
Dölger meinte weiter, dass der 298 zwischen
Diokletian und dem Perserherrscher Narsē geschlossene Vertrag ein weiterer Fixpunkt dieser
so wichtigen »völkerrechtlichen« Neuerung gewesen sei. 27 Ja, er erwog, wie schon gesagt, eventuell schon den Frieden von 283 als Ursprung
(»Damals könnte man sich hinsichtlich der Prestigefragen auf der Basis der Gleichstellung geeinigt
haben.«). 28 Dafür gibt es nicht die Spur eines
Belegs (abgesehen davon, dass Dölger a.a.O. die
21 Das ist keine neue Erkenntnis! Siehe
die von Payne (2013) zitierte ältere
Literatur.
22 Dölger (1953a) 59 mit Anm. 61; vgl.
schon Chrysos (1989) 14.
23 Immerhin ca. zwei und eine halbe
Seiten der GCS-Ausgabe (Die griechischen christlichen Schriftsteller):
Euseb, Vita Const. IV,9–13 (123–125
Winkelmann); vgl. auch Euseb, Vita
Const., übers. Schneider, 420–427;
Dodgeon / Lieu (1991) 150–152.
24 Euseb, Vita Const., ed. Winkelmann,
124,12 (IV,11.1): »Ich glaube nicht
fehlzugehen, mein Bruder, …« (Vita
Const., übers. Schneider, 425).
25 Datierung ins Jahr 324 oder 337.
Siehe Cameron / Hall (1999) 313 f.
26 Zu diesem Brief (vorausgesetzt, er ist
wirklich echt) siehe Dörries (1954)
27
28
29
30
historischen Vorgänge völlig falsch darstellt). 29
Schon an diesem Punkt ist festzuhalten, das bereits
die Vorstellungen Dölgers vom Ursprung des Konzepts der »Familie der Könige« auf tönernen Füßen
stehen.
Es finden sich kaum verwertbare Spuren in den
relevanten Quellen zu den römisch-persischen Beziehungen (von denen insbesondere Petros Patrikios zu nennen ist). 30 Man könnte an dieser Stelle
diesen Einwand als argumentum e silentio abtun
oder wenigstens zu relativieren versuchen, doch
begibt man sich so auf den Weg zur kontrafaktischen Geschichtsschreibung.
Es bleibt also dabei, dass der eben angeführte
Brief Konstantins des Großen an Šāpūr (falls er
denn echt ist!) der früheste Beleg dafür ist, dass ein
römischer Kaiser den Herrscher der sassanidischen
Perser als »Bruder« bezeichnete, wenn auch eher
beiläufig. Dies sollte in den folgenden Jahrhunderten bis zum Untergang des Perserreichs in der
ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts noch mehrfach
der Fall sein, wenn auch mit bemerkenswerten
Schwankungen. Dass allein das Perserreich von
den spätantiken Römern als »gleichberechtigte«
Macht angesehen wurde, der man auf gleicher
Augenhöhe begegnete, war einfach ein Reflex der
Tatsachen, der tatsächlichen militärischen Verhältnisse und mithin eher Ausdruck eines politischen
Realismus. 31
Was tatsächlich neu an diesem Vertrag von 298
ist, ist eine Formulierung, die die persische Sicht
der Dinge verdeutlicht. Darüber berichtet Petros
Patrikios im 6. Jahrhundert in seinem verlorenen
125–127, der offensichtlich dieser
isolierten Verwendung des Wortes
»Bruder« keine Bedeutung beimaß.
Siehe auch D. de Decker, Sur le
destinataire de la lettre au roi des
Perses (Eusébe de Césarée, Vita
Const., IV,9–13) et la conversion de
l’Arménie à la religion chrétienne, in:
Persica 8 (1979) 99–116 (non vidi).
Dölger (1953a) 62 f.
Dölger (1953a) 60 mit Anm. 62.
Siehe jetzt dagegen Mosig-Walburg
(2009) 55–57.
Zu diesem Vertrag siehe zuletzt
Mosig-Walburg (2009) 85–88;
Dignas / Winter (2001) bes. 144–149
(siehe jetzt auch die englische Ausgabe: Dignas / Winter [2007] 122–
130), jeweils mit der älteren Literatur.
Siehe schon Winter (1988) 152 ff.
31 Zur frühen Entwicklung dieses Verständnisses der »Weltpolitik« (im 4.
Jahrhundert) siehe schon Straub
(1985) 37–40.
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Geschichtswerk (das von Caesar bis Konstantios II.
reichte): 32 »Es ist offensichtlich für alle Menschen,
dass das römische und das persische Reich
(βασιλεία) gleichsam zwei Lampen sind und es ist
nötig, dass sie wie Augen durch den Glanz des
jeweils anderen geschmückt werden und sich nicht
gegenseitig zu ihrer Vernichtung schaden.« Nahezu wortwörtlich taucht dann dieses Bild in einem
von Theophylaktos Simokates mitgeteilten Brief
des Perserherrschers H
- usrau II. (590–628) an Kaiser Maurikios (582–602) aus dem Jahre 590 wieder
auf. 33 H
- usrau bat in diesem Brief um Hilfe angesichts einer für ihn höchst gefährlichen Insurrektion. Man könnte meinen, gerade in dieser Situation müsste ein Appell an den römischen »Bruder«
erfolgen; doch taucht gerade in diesem Schreiben
derartiges nicht auf. Es ist allerdings zu beachten,
dass Theophylaktos Simokates sein Geschichtswerk
ca. 630 in Konstantinopel z. Z. des Kaisers Herakleios (610–640) schrieb und an vielen Stellen (vermutlich ist das auch hier der Fall) Ereignisse und
Ansichten dieser Zeit in seine Darstellung vergangener Jahrzehnte einfließen lies. 34
Kaiser Arkadios (383–408) habe Yazdgard I.
(399–421) 35 gebeten, als Vormund für seinen Sohn
Theodosios (II.) zu fungieren, berichtet gut ein
und ein halbes Jahrhundert später Prokopios von
Kaisareia in seiner Geschichte der Perserkriege. 36
Arkadios habe in seinem Testament (408) Theodosios zu seinem Nachfolger erklärt, den Perser-
32 FHG IV, 188 (linke Spalte): Φανερόν
ἐστι τῷ γένει τῶν ἀνθρώπων, ὅτι
ὡσπερανεὶ δύο λαμπτῆρές εἰσιν ἥ τε
Ῥωμαϊκὴ καὶ Περσικὴ βασιλεία· καὶ
χρὴ καθάπερ ὀφθαλμοὺς τὴν ἑτέραν
τῇ τῆς ἑτέρας κοσμεῖσθαι λαμπρότητι,
καὶ μὴ πρὸς ἀναίρεσιν ἑαυτῶν
ἀμοιβαδὸν μέχρι παντὸς χαλεπαίνειν;
zu Petros Patrikios siehe bes.
Antonopoulos (1990); vgl. die
Übersetzung bei Dignas / Winter
(2001) 145–147; siehe dazu auch
Schmalzbauer (2004) 410.
33 Theophyl. Sim. IV,11,2 (169,19–25
de Boor); vgl. Theophyl. Sim. 128
Schreiner mit den (sehr wichtigen)
Anmerkungen dazu auf S. 298 f.
Zu diesem Brief siehe auch gleich bei
Anm. 72.
34 Siehe die diesbezüglichen Hinweise
bei Theophyl. Sim. Schreiner, Anm.
562 auf S. 298 f.
35 Siehe die PLRE II, 627 (Isdigerdes I).
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herrscher jedoch zum ἐπίτροπος – ein in diesem
Zusammenhang viel diskutierter Begriff, hier
meist mit »Vormund« (vel sim.) übersetzt. Auch
Prokopios’ Fortsetzer Agathias berichtete von diesem Vorgang, äußert jedoch starke Kritik an der
Darstellung der Politik des Arkadios durch Prokopios. 37 Dass keine zeitnähere Quelle davon berichtet, sollte zur Vorsicht gemahnen. 38 Mir erscheint die ganze Geschichte ein ahistorischer
Reflex der tatsächlich ausgezeichneten zwischenstaatlichen Beziehungen zwischen Persien und
dem oströmischen Reich z. Z. Theodosios’ II. zu
sein (bis zum Krieg von 420/422). 39 Die Forschung
ist sich keineswegs einig, ob sich diese erstaunliche
Geschichte wirklich so zutrug, wie Prokop sie
berichtete. 40 Was aber wichtiger ist: Kann man
aus dieser abstrusen Geschichte einen Beweis für
eine »Familie der Könige« gewinnen? In meinen
Augen kann man daraus höchstens auf einige
spezielle (und wegen fehlender Informationen
kaum rekonstruierbare) diplomatische »Verabredungen« schließen!
In der Regel wird dieses Vorkommnis mit einem
ähnlichen in Verbindung gebracht, das sich während der Regierung Kaiser Justins I. (518–527)
zutrug: Der Perserherrscher Khavad I. (488–531)
fragte beim römischen Kaiser an (ca. 524/525), 41
ob dieser nicht seinen Sohn (H
- usrau) adoptieren
wollte. So jedenfalls berichten es verschiedene
(gute) Quellen. 42 Der inzwischen über 70 Jahre
36 Proc., Bell. Pers. I,2,6–10 (7,17–10,8
Haury). Danach Theoph. 80,8–24
de Boor. Dass sich in dieser Geschichte diverse historische Ungereimtheiten finden, zeigten Bardill /
Greatrex (1996) 171–197, obwohl
sie sie letztlich als glaubwürdig ansahen (was mich nicht überzeugt).
Die Frage nach der Rolle des Eunuchen Antiochos wird hier übergangen. Siehe auch Mazza (2004) 45–47.
37 Agathias 4,26,6–7 (157 Keydell); vgl.
Dignas / Winter (2001) 114–117
(mit weiterer Literatur) bzw.
Dignas / Winter (2007) 94–97;
Greatrex / Lieu (2002) 32.
38 Vgl. Bardill / Greatrex (1996) 177;
Cameron (1969/1970) 149 f. – hier
die Darstellung der unterschiedlichen
Positionen in der älteren Forschung.
39 Dignas / Winter (2001) 54, 114–118;
Greatrex / Lieu (2002) 36–43 zum
Krieg ca. 420–422.
Die »Familie der Könige« im Mittelalter
40 Siehe z. B. Bardill / Greatrex
(1996), passim; Blockley (1992)
46–53, bes. 51; Pieler (1972)
399–433, bes. 411–415; Dignas /
Winter (2001) a. a. O.
41 Zum Datum siehe Greatrex 1998,
137; PLRE II, 273 f. (Cavades 1).
42 Proc., Bell. Pers. I,11,22 (52,17 f.
Haury): ὅτι οὐ γράμμασιν οἱ βάρβαροι
τοὺς παῖδας ἐσποιοῦνται, ἀλλ’ ὅπλων
σκευῇ; vgl. Euagr. IV,12 (474 Hübner)
und Theoph. 167,24–168,6 de Boor.
Marginalien marginalia
alte Khavad wollte so – angesichts großer innenpolitischer Schwierigkeiten (u. a. ist auf den Mazdakismus zu verweisen) – die Nachfolge seines
Sohnes sichern. 43 Nach Prokops Bericht verhinderte der quaestor sacri palatii Proklos 44 eine tatsächliche Adoption gemäß dem römischen
Recht 45 und schlug stattdessen eine adoptio per
arma vor, wie sie z. B. 476 von Kaiser Zenon an
Theoderich dem Großen oder von Justin selbst am
Ostgotenkönig Eutharich (519) vorgenommen
wurde. 46 Eutharich wurde nicht nur zum Waffensohn adoptiert. Er wurde sogar – mit dem Namen
Flavius Eutharicus Cilliga – zum Konsul erhoben. 47 Die Perser waren beleidigt; bald darauf
brachen die schwelenden Konflikte wieder auf,
und es kam zum Krieg.
Die große Rolle, die die adoptio per arma 48 im
6. Jahrhundert spielen konnte, beleuchtet eine
eigenartige Szene im Jahre 568, als der awarische
Gesandte Targites 49 die Forderungen der Awaren
an den Kaiser Justin II. 50 vorbrachte. Nach dem
Bericht des Menander Protektor erklärte der barbarische Gesandte: »Oh Kaiser, ich bin hier, gesandt von deinem Sohn (ὑπὸ τοῦ σοῦ παιδός) …« 51
Gemeint war der Awarenkhagan Baian. 52 »Denn
tatsächlich bist du der Vater unseres Herrn
Baian«, 53 fuhr Targites in seiner Rede fort. In der
Forschung gab es verschiedene Deutungen. Claude
z. B. ging von einer adoptio per arma noch unter
Justinian († 565) aus, 54 während andere kompliziertere Erklärungsversuche vorbrachten. 55 Ange-
43 Vgl. dazu Vasiliev (1950) 265 f.;
Leppin (2011) 97; Graetrex (1998)
137 f.; Greatrex / Lieu (2002) 81;
Dignas / Winter (2001) 122 f.;
Dignas / Winter (2007) 104–106;
Pieler (1972); Claude (1989) 32 f.
(mit Kritik an Pieler [1972] 48 Anm.
81a); Stein (1949) 268; Rubin (1960)
259; Cameron (1969/1970) 149.
44 PLRE II, 924 f. (Proculus 5).
45 Dazu ausführlich Pieler (1972).
46 Zu Theoderich siehe ausführlicher
bei Anm. 87–90.
47 Cass., Variae VIII,1,3 (299,19 f.
Fridh): … factus est per arma filius, …;
dazu vgl. Wolfram (2001) 328; PLRE
II, 438 f. (Fl. Eutharicus Cilliga);
Claude (1989) 29 f.
48 Zur adoptio per arma siehe auch bei
den Anm. 54, bes. 88 f. und 105.
49 PLRE III, 1217 (Targitis).
sichts der Quellenarmut der letzten Jahre Justinians spricht nichts gegen Claudes Erklärung.
Sie ist m. E. die unkomplizierteste und logischste
Deutung der Ereignisse.
Ammianus Marcellinus teilt einen Brief des
Perserkönigs Šāpūr II. (309–379) an Kaiser Konstantios (337–361) mit (aus dem Jahre 358). Er
beginnt: Rex regum Sapor, particeps siderum, frater
Solis et Lunae, 56 Constantio Caesari fratri meo salutem plurimam dici. …« 57 Während die ältere Forschung unreflektiert von der Echtheit des von
Ammianus Marcellinus mitgeteilten Wortlautes
ausging, bezweifelt die jüngste Untersuchung dies
entschieden (»…, so dass der von ihm wiedergegebene Wortlaut nicht als authentisch anzusehen
wäre«). 58 Das müsste dann auch für Konstantios’
Antwort gelten, die so begonnen haben soll: Victor
terramarique Constantius semper Augustus fratri meo
Sapori regi salutam plurimam dico. 59
Ioannes Malalas überliefert in seiner Weltgeschichte Passagen eines Briefes des Sassanidenherrscher Khavad 60 an Justinian 61 aus dem Jahre 529.
Hintergrund ist eine sehr schwierige Lage für
Byzanz, denn abgesehen von diversen militärischen Niederlagen kam es 528 zu einem außerordentlich verheerendem Erdbeben in Antiocheia;
der Winter 528/529 war ungewöhnlich kalt. 62
Entsprechend war der Ton der Perser nicht sehr
freundlich. »Koades, der König der Könige, der
über den Sonnenaufgang gebietet, an Flavius
Justinian, den Kaiser über den Sonnenuntergang.
50 Diese interessieren hier nicht. Siehe
dazu Pohl (2000) 62; Claude (1989)
31 f.
51 Menander frgm. 12,6 (138,16
Blockley).
52 PLRE III, 167169 (Baianus).
53 Menander frgm. 12,6 (138,16 f.
Blockley).
54 Claude (1989) 31.
55 Siehe insbes. Pohl (2002) 62 f.;
Claude (1989) 31 f. führt die ältere
Literatur zu dieser Stelle an.
56 Dazu gleich bei Anm. 63.
57 Amm. Marc. XVII.5.3 (I, 222,9 f.
Seyfarth); vgl. jetzt Mosig-Walburg
(2009) 153 f.; Dignas / Winter (2001)
108; Dignas / Winter (2007) 232.
58 Mosig-Walburg (2009) 154 – den
sachlichen Inhalt mag Ammian richtig wiedergegeben haben; siehe schon
Matthews (1989) 485 Anm. 12 mit
ähnlicher Tendenz; siehe auch
59
60
61
62
Matthews (1986); de Jonge (1977)
134 f.
Amm. Marc. XVII.5.10 (224,1 f.
Seyfarth); vgl. Dignas / Winter
(2001) 108; Dignas / Winter (2007)
232; vgl. auch Straub (1985).
PLRE II, 273 f. (Cavades 1).
Dass er den tatsächlichen Wortlaut
der diplomatischen Korrespondenz
beider Großmächte mitteilt, ist keineswegs zweifelsfrei anzunehmen,
auch wenn sich verschiedene Experten so äußerten. Siehe etwa Scott
(1992) bes. 160; Lee (1993) 37 f.; vgl.
noch Greatrex (1998) 162.
Greatrex (1998) 151–159.
Wolfram Brandes
267
Rg
21 2013
Wir haben in unseren Archiven Schriftstücke vorgefunden, die besagen, wir seien verbrüdert. …« 63
Letztlich wollte der Perserherrscher umfangreiche
Geldzahlungen erpressen. 64 Auf welche Dokumente in den persischen Archiven hier Bezug
genommen wird, ist nicht klar; vermutlich aber
ging es um Korrespondenz mit den Kaisern der
Vergangenheit (oder um ältere Verträge?).
Auch der Bericht über den Friedensvertrag des
Jahres 532 des Ioannes Malalas bietet (angebliche)
Auszüge aus dem Vertragstext. »Die beiden Herrscher kamen überein und nannten sich in den
Verträgen Brüder, ganz nach altem Brauch; 65
und wenn einer den anderen brauche oder Bedarf
an Geld oder Hilfstruppen habe, solle man sich
ohne Eifersucht gegenseitig die Leistung erbringen.« 66 Prokop, der ebenfalls über diesen Vertrag
berichtete, erwähnt nichts Derartiges. 67
Im Jahre 562 kam es zu einem weiteren Friedensschluss zwischen Justinian und H
- usrau I. Über
diesen Vertrag sind wir (ausnahmsweise) gut informiert. Menander Protektor teilte in seinem
Geschichtswerk, das die Jahre 558 bis 582 behandelt (leider nur fragmentarisch überliefert), 68 umfangreiches Textmaterial (das auf Petros Patrikios 69
zurückgeht) zu diesem Vertrag mit. Der Vertrag
wurde durch einen Brief des Perserherrschers an
Justinian sanktioniert. 70 Hier taucht am Ende der
Präambel tatsächlich die Bezeichnung »Bruder«
bezogen auf Justinian auf. Zu große Bedeutung
sollte man dem nicht beimessen. Zwei souveräne
Großmächte schlossen auf gleicher Augenhöhe
einen wichtigen Vertrag. Entsprechend drückt die
Bezeichnung »Bruder« in der Sprache der nahöstlichen Diplomatie eben diesen Umstand aus.
63 Malalas XVIII,44 (377,28–378,47
Thurn); … ἀδελφοὺς ἡμᾶς ἀλλήλων
εἴναι, …; siehe die deutsche Übersetzung in Malalas Thurn / Meier 468;
vgl. auch RKOR Nr. 638 (S. 179);
Stein (1949) 287; Rubin (1960) 280;
Greatrex (1998) 160–163.
64 Vgl. Börm (2008).
65 κατὰ τὸ ἀρχαῖον ἔθος – a. a. O.
401,25 f. Thurn.
66 Malalas XVIII,76 (401,24–28 Thurn);
siehe die deutsche Übersetzung in
Malalas Thurn / Meier, 498; vgl.
RKOR Nr. 964 (S. 243 f.); Stein
(1949) 294–296; Rubin (1960) 297;
Greatrex (1998) 213–224; Dignas /
Winter (2001) 58 f.
268
Ein oft ins Feld geführtes Ereignis betrifft das
Verhältnis zwischen Kaiser Maurikios (582–602)
und H
- usrau II. Parwiz (590–628). Der populäre
Feldherr Bahrām Čobin 71 begann einen Bürgerkrieg gegen H
- usrau II. und wollte Maurikios große
Zugeständnisse machen, falls dieser nicht zu Gunsten des H
- usrau intervenieren würde. Maurikios
entschied sich bekanntlich für den »legitimen«
Herrscher, also für H
- usrau. Er half diesem mit
Soldaten und gemeinsam konnten byzantinische
und persische Truppen Bahrām besiegen (591). In
diesem Zusammenhang teilt Theophylaktos Simokates einige hier interessierende Briefe beider Herrscher mit. Es wurde bereits oben darauf hingewiesen, 72 dass Theophylaktos sein Geschichtswerk
etwa 630 in Konstantinopel redigierte und davon
auszugehen ist, dass die Sicht seiner Zeit (nach
dem grandiosen Sieg über den Erbfeind der letzten
Jahrhunderte) seine Formulierung erheblich beinflusste. In einem Schreiben des H
- usrau, verfasst in
höchster Bedrängnis (und bereits auf byzantinischem Boden) an den Kaiser – den er um Hilfe
anfleht –, taucht die Formulierung auf: »Das tue
ich, Chosroes, so wie ich hier in deinem Reiche
bin, dir schriftlich kund, H
- usrau, dein Sohn und
Hilfesuchender …« 73 Spricht hier ein selbstbewusstes Mitglied einer wie auch immer gearteten
»Familie der Könige« oder ein Bittender (in verzweifelter Lage), der sich nun des Wortes »Sohn«
bedient, um im Tenor seines Bettelbriefes (um
einen solchen handelt es sich tatsächlich) zu schreiben? Dies übernahm Maurikios und nannte ent74
sprechend H
- usrau ebenfalls seinen »Sohn«. Dass
so die (zumindest in der [diplomatischen] Fiktion)
jahrhundertelang praktizierte Gleichrangigkeit der
67 Proc., Bell. Pers. I,22,1–19
(114,19–118,4 Haury).
68 Menander frg. 6,1 (54–87 Blockley);
in den RKOR vergessen!; Dignas /
Winter (2001) 62, 164–177;
Greatrex / Lieu (2002) 132–134;
Chrysos (2011) 810–814.
69 Zu ihm siehe schon bei Anm. 32.
70 Menander frg. 6,1 (62 f. Blockley);
dazu siehe bes. Panaino (2004) 560 f.;
Dignas / Winter (2001) 167 (deutsche Übersetzung).
71 PLRE III, 306–308 (Bahram 2 [Chobin]).
72 Siehe oben bei Anm. 33.
73 Theoph. Sim. 4,11,11 (171,5 f. de
Boor): ταῦτα Χοσρόης ἐγώ, ὡς
Die »Familie der Könige« im Mittelalter
παρών, γράφων προσφθέγγομαι,
Χροσρόης ὁ σὸς υἱὸς καὶ ἱκέτης;
Theoph. Sim. Schreiner, 129 mit
Anm. 571 auf S. 300; Whitby (1988)
297.
74 Theophyl. Sim. 5,3,11 (194,6
de Boor); Theophyl. Sim.
Schreiner, 145; dazuTheoph. 266,13
de Boor, der Theoph. Sim. ausschreibt; siehe Čičurov (1973); vgl.
auch Theoph. Mango / Scott, 389;
Dignas / Winter (2001) 64 f.;
Whitby (1988) 292 ff.; Goubert
(1951) 167 ff.; Schmalzbauer (2004)
411 f.
Marginalien marginalia
beiden nahöstlichen Großmächte aufgegeben wurde, ergab sich aus der konkreten politischen Situation. Und diese konnte sich rasch ändern, wie die
Ereignisse der folgenden Jahrzehnte eindrucksvoll
zeigten.
Nach dem Sturz und der grausamen Ermordung des Kaisers Maurikios durch den »Tyrannen«
Phokas im Jahre 602 kam es zu einem mehr als
zwanzig Jahre dauernden Krieg mit dem Perserreich, der Byzanz zeitweise in höchste Gefahr
brachte. Bekanntlich gelang es schließlich Herakleios, der im Jahre 610 Phokas stürzte, bis 628 den
Dauerkonkurrenten Persien vernichtend zu schlagen. 75 Im anonymen Chronicon Paschale (Osterchronik) 76 finden sich einige hier relevante Informationen, auf die auch Dölger hinwies. 77 Zum
Jahre 615 (die militärische Lage des Byzantinischen
Reiches war höchst prekär; persischen Truppen
standen zeitweise in Chalkedon, in Sichtweite
Konstantinopels 78) schrieb der Senat an den Perserherrscher H
- usrau II. Dieser in der Chronik mitgeteilte Brief ist sehr lang und das Produkt einer
ausgefeilten Rhetorik. 79 Hier findet sich dann das
Versprechen, dass Herakleios, der neue Kaiser, der
den Tyrannen 80 Phokas überwunden hat (und der
um die Anerkennung durch die Perser bat), ihm in
allen Dingen dienstfertig sein wolle, falls der Perserherrscher ihn als seinen »wahren Sohn«
(γνήσιον τέκνον) akzeptieren würde. 81 Der Begriff
»Vater« (πατήρ) taucht in diesem Schreiben nicht
auf, obwohl die Verwendung des Sohnesbegriffs
ihn natürlich impliziert. 82
Die Verhältnisse hatten sich umgekehrt. 590 bat
H
usrau
den Kaiser Maurikios um Hilfe und titu75 Zu den Ereignissen siehe Kaegi
(2003) und Howard-Johnston
(2006).
76 Zu dieser wichtigen Quelle siehe zuletzt Howard-Johnston (2010)
36–79.
77 Siehe etwa Dölger (1953a) 61 mit
Anm. 63.
78 Siehe Brandes (1989) 49 f.;
Greatrex / Lieu (2002) 193–195.
79 Chron. Pasch. 707,1–709,23
Dindorf; siehe auch Chron. Pasch.
Whitby / Whitby, 160–162; siehe dazu besonders Howard-Johnston
(2010) 45 zum Stil (»… every artifice
of diplomatic language is used in attempt simultaneously to avoid giving
offence to the triumphant shahanshah
… and to prevent any further wea-
80
81
82
83
lierte ihn als »Vater«. 83 Jetzt ließ Herakleios den
Senat an denselben Perserherrscher schreiben (er
selbst wurde ja von Persien nicht anerkannt 84) und
sich dabei als »Sohn« dem siegreichen H
- usrau
gegenüber bezeichnen. Dies aber, was zu beachten
ist, nur an einer einzigen Stelle in einem sehr
langen Schreiben mit allen Raffinessen der spätantiken Diplomatensprache. Diese eine Stelle aus
dem hochkomplexen Kontext zu reißen, ist methodisch fragwürdig und mithin abzulehnen.
Angesichts der zentralen Bedeutung, die Dölger
dem römisch-persischen Verhältnis für die vermeintliche Entstehung der »Familie der Könige«
beimaß, ist der Umstand, dass die persischen Könige der Könige die Anrede »Bruder« auch für
armenische Könige und Prinzen verwendeten (in
Abhängigkeit von der politischen Situation), verheerend. 85
Dölger bezieht sich für die Spätantike und das
früher Mittelalter meist auf die Dissertation von
Rudolf Helm, dessen Ergebnisse, das sei in aller
Bescheidenheit gesagt, keinesfalls in jeder Hinsicht
stimmen (oft ist das der Kürze geschuldet). 86 So
etwa, wenn er den Amaler Theoderich kommentarlos in seine Liste der Barbarenherrscher, die
den Kaiser als pater anredeten, einreihte. 87 Dabei
bezieht sich die fragliche Stelle des Fragments
17 des Malchos (= Frg. 18,4 Blockley), das Helm
anführt, zweifellos auf die im Jahre 476 erfolgte
adoptio per arma durch den Kaiser (neben der
Ernennung zum patricius und magister militum
praesentalis); er war mithin sein »Waffensohn«, 88
wodurch eine »künstliche Verwandtschaft« konstituiert wurde. Helm (und der ihm unbesehen
kening of the Roman negotiating
position«. etc.); siehe auch Kaegi
(2003) 84 f.; Greatrex / Lieu (2002)
194 f.; Dölger / Müller (2009) Nr.
166 (S. 61 f.) mit weiterer Literatur.
Chron. Pasch. 708,5 Dindorf.
Chron. Pasch. 709,13–16 Dindorf:
δεόμεθα δὲ τῆς ῦμετέρας ἡμερότητος
καὶ Ἡράκλειον τὸν εὐσεβέστατον
ἡμῶν βασιλέα γνήσιον ἔχειν τέκνον,
προθύμως ἔχοντα ἐν θεραπείαν τῆς
ὑμετέρας ποιεῖν γαλήνης.
Leider behaupten Dölger / Müller
(2009) 61 dies: »… Herakleios wird in
jeder Hinsicht seinen ›Vater‹ ehren.«
Ähnlich dann im Kommentar (S. 62)
mit Verweis auf Dölger.
Dölger / Müller (2009) 36 f. (Nr.
98); siehe auch oben bei Anm. 33.
84 Siehe die Ausführungen von Chron.
Pasch. Whitby / Whitby, 162 Anm.
444.
85 Huyse (2006) 193 f. (mehrere Beispiele!).
86 Helm (1932).
87 Helm (1932) 386; vgl. Dölger
(1953a) 43; Dölger (1954) 643.
88 Jordanes, Getica 289 (132 Mommsen
= 119 Giunte / Grillone): …, in armis sibi eum filium adoptavit, … Auf
diesen Umstand verwies schon
Chrysos (1989) 15 f.; siehe auch
Claude (1989) bes. 28 f.; Wolfram
(2001) 271; Wolfram, in: RGA 30
(2005) 417; zuletzt zur Waffensohnschaft Wolfram, in: RGA 33 (2006)
50.
Wolfram Brandes
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folgende Dölger) hätte noch weitere ähnliche Stellen anführen können, die sich alle auf die adoptio
per arma beziehen und keineswegs eine Anerkennung des großen Theoderich einer wie auch immer
gearteten »Familie der Könige« belegen! 89 In den
beiden Briefen des Theoderich an Kaiser Anastasios
(aus den Jahren 508 und 511) ist nirgends eine
Bezeichnung des Kaisers als pater oder des Ostgotenkönigs als filius zu finden. 90
Ebenfalls unzutreffend ist der Verweis auf Athalarich (Ostgotenkönig 526–534), 91 denn an der
angegebenen Stelle 92 ist von den parentes des
Athalarich (seiner königlichen Vorgänger, die
immer schon den Frieden mit dem Imperium
wünschten!) die Rede.
Wir verfügen für die erste Hälfte des 6. Jahrhunderts über eine ausgezeichnete Quelle für die
diplomatischen Verhältnisse, die eben schon zitiert
wurde: Cassiodors Variae. 93 Wenn es im 6. Jahrhundert eine allgemein anerkannte und die internationalen Beziehungen strukturierende »Familie
der Könige« gab, müsste man in dieser Sammlung
von Briefen, die Cassiodor in seiner Eigenschaft
als hochrangiger Staatsfunktionär des Ostgotenreiches (praefectus praetorio Italiae, comes sacrarum
largitionum usw.) 94 verfasste, doch wenigstens Spuren derselben finden. Den in den Variae mitgeteilten Briefen fehlt natürlich die Intitulatio, so
dass man sich bei der Analyse auf den eigentlichen
Inhalt der Schreiben beschränken muss. Keinerlei Hinweise auf Dölgers Konstrukt findet man
in folgenden Briefen: X,1 (S. 384) Amalasvintha
an Justinian (a. 534); X,2 (S. 385) Theodahad an
Justinian (hier [X,2,16 f.] ist allerdings die Rede
von der amicitia der Amaler dem imperium gegenüber); X,8 (S. 392 f.) Amalasvintha an Justinian
(534); X,9 (S. 393); X,15 (S. 398 f.); X,18 (S. 401 f.);
89 Brief 14 des Papstes Hormisdas (eigentlich rescriptum senatus urbis Romae ad Anastasium Augustum; auf
Befehl des Theoderich verfasst) ed.
Thiel 1868, 768: … domini nostri invictissimi regis Theodorici filii vestri …
sowie Malchos fr. 20,190 f. (Blockley
1983, 444). Der Gesandte Adamantios (PLRE II, 6 f. [Adamantius 2])
erinnerte 479 Theoderich daran, dass
er sich gegenüber Zeno wie einem
Vater verhalten solle. Vgl. hingegen
Dölger (1953a) 43; Dölger (1954)
643.
270
X,19 (S. 402 f.); X,20 (S. 402 f.); X,22 (S. 404 f.);
X,23 (S. 405 f.); X,25 (S. 407); X,26 (S. 407 f.) alle
Theodahad an Justinian (535); X,32 (S. 415 f.)
Witigis an Justinian (536); XI,13 (S. 441 f.) römischer Senat an Justinian (535) und IV,1 (S. 143 f.)
Theoderich an den Thüringerkönig Herminafrid
(507/511).
Interessanter sind folgende Briefe: III,1 (S. 96 f.)
Theoderich an den Westgotenkönig Alarich
(507). 95 Hier ist an einer Stelle (III,1,27) zu lesen:
… fratrem nostrum Gundibadum … Gemeint ist der
rex Burgundionum Gundobad, 96 dessen Sohn Sigismund 97 Theoderichs Tochter Ostrogotho (Areagni) 98 geheiratete hatte. Diese verwandtschaftliche
Verbindung reicht wohl, aus, dass beide sich als
fratres bezeichnen konnten, ohne die ominöse
»Familie der Könige« heranziehen zu müssen. Im
Schreiben III,2 (S. 97), Theoderich an Gundobad
(507), wird, ebenfalls eher en passant, der Westgotenkönig Alarich (II.) als filius noster bezeichnet
(III,2,16). 99 Nach Dölger und seinen Anhängern
wäre das ein erstklassiger Skandal, würde sich doch
Theoderich der Große die Position des Kaisers (der
pater aller sonstiger Herrscher) anmaßen. Natürlich trifft das nicht zu, und der Westgotenkönig
Alarich war bekanntlich der Schwiegersohn des
Theoderich (heiratete dessen Tochter Theodegotha 100), was dieVerwendung von filius hinreichend
erklärt. 101 Im Brief III,3 (S. 98), Theoderich an die
Könige der Heruler, Warnen und Thüringer (507)
wird Gundobad erneut als »Bruder« bezeichnet
(III,3,11), wie im eben behandelten Brief III,1.
Interessanter ist der Brief III,4 (S. 99) Theoderichs an den Merowingerkönig Chlodwig (507).
An einer Stelle (III,4,24) bezeichnet sich Theoderich zwar selbst als pater, der dem aggressiven
Frankenkönig verbietet, einen Krieg anzufangen
90 Cass., Variae Fridh. Siehe I,1 (S. 9 f.); 96 PLRE II, 524 f. (Gundobadus 1).
siehe auch II,1 (S. 55 f.) aus dem Jahre 97 PLRE II, 1009 f. (Sigismundus).
98 PLRE II, 138 f. (Ostrogotho Areagni).
511.
99 PLRE II, 49 (Alaricus 3).
91 PLRE II, 175 f. (Athalaricus).
92 Cass., Variae VIII,1 (299,2 Fridh): … 100 PLRE II, 1068 (Theodegotha).
101 Der Brief I,46 (51 f. Fridh), ebenfalls
quam parentes meos … (nach dem
an Gundobad (a. 506/507), weist kei30.8.526).
ne hier interessierenden Anreden auf.
93 Siehe Kakridi (2005); Macpherson
(1989); Krautschick (1983) etc.
94 Siehe zu den Details PLRE II, 264 f.
(Cassiodorus 3).
95 Im Vorfeld der Schlacht von Vouillé.
Siehe dazu jetzt Mathisen / Shanzer
(2012).
Die »Familie der Könige« im Mittelalter
Marginalien marginalia
(Iure patris vobis interminor et amantis). Abgesehen
davon, dass hier der Ostgotenkönig scheinbar wieder (wie in III,1) in die Rolle des Oberhauptes
der (fiktiven) »Familie der Könige« schlüpft, wird
die Aussagekraft auch durch den Umstand entwertet, dass es sich bei der fraglichen Formulierung
um ein Vergilzitat (vgl. Aeneis VI,826–835) handelt! 102 Nur wenige Zeilen weiter wird Chlodwig
als excellentia vestra (III,4,27) bezeichnet, was der
»üblichen« Anrede entsprach, die der Kaiser oder
der Exarch von Ravenna (als dessen »Stellvertreter«
im Westen) den verschiedenen Germanenherrschern gegenüber verwendeten. 103 Theoderichs
Versuch, ein durch Heiraten und damit begründeter Verwandtschaft basiertes Sicherheitssystem zu
schaffen, scheiterte zwar 507 (Schlacht bei Vouillée) am Verhalten Chlodwigs, 104 doch bis dahin
existierte dieses System, das allerdings ganz und gar
nichts mit der Dölgerschen »Familie der Könige«
zu tun hatte.
Theoderich hatte den Herulerkönig Rodulf als
Waffensohn (adoptio per arma) angenommen, 105
wie sein Brief IV,2 (S. 144) an den rex Herulorum
verdeutlicht (IV,2,2: Per arma fieri posse filium …).
Auch in diesem Fall ist eine Interpretation im
Sinne der Dölgerschen »Familie der Könige«
unmöglich.
Man kann also getrost davon ausgehen: Wenn
ein Spitzenpolitiker des 6. Jahrhunderts wie Cassiodor nichts von einer »Familie der Könige« (gar
im Sinne eines rechtlich relevanten Systems) wusste, dann gab es das auch nicht!
Besonders zu erwähnen sind die erhaltenen
drei Briefe des Burgunderkönigs Sigismund
(516–523) 106 (Briefe 78, 93 und 94 des Avitus
102 Nachgewiesen bei Barnish (1992) 49
Anm. 4.
103 Siehe Helm (1932) 386.
104 Vgl. etwa Wolfram, in: RGA 30
(2005) 418; Wolfram (2001) 306 ff.
105 PLRE II, 946 (Rodulfus); Wolfram
(2001) 328; siehe auch bei Anm. 48,
54 und 88 f. zur adoptio per arma.
106 PLRE II, 1009 f. (Sigismundus;
Springer, in: RGA 28 (2005)
396–399 (mit der relevanten Literatur).
107 Avitus Vienn., 93 (Nr. 78), 100 f. (Nr.
93), 101 f. (Nr. 94) Peiper; siehe auch
Shanzer / Wood (2002) 143–153
(mit wichtigen Erläuterungen). Zu
Avitus siehe Kasper, in: LACL 104
sowie die CPL 993; zu vielen Details
108
109
110
111
112
von Vienne 107) an Kaiser Anastasios. 108 Dölger
führt ihn extra als Beispiel an. 109 Aber ein Blick
in diese Briefe, die einen extremen panegyrischen
Charakter aufweisen und kaum einen rhetorischen Topos auslassen, um den fernen Kaiser zu
umschmeicheln, zeigt, dass an keiner Stelle der
Begriff pater auftaucht! Sigismund trug immerhin
den sehr wichtigen (westlichen) patricius-Titel
sowie den des magister militum per Gallias. Mehr
konnte man als »Barbarenherrscher« wohl kaum in
die spätrömische Herrschaftsschicht einbezogen
werden.
Weitere Briefe aus der Spätantike bzw. dem
frühen Mittelalter enthält eine wohl in Metz entstandene Sammlung, die Schreiben der Jahre 460
und 590 enthält – die sog. Epistolae Austrasicae. 110
Es genügt hier eigentlich die berühmten Briefe
(besonders Nr. 20) Theudeberts I. an den Kaiser
Justinian zu lesen (534/547 bis ca. 550), um zu
begreifen, dass von einer »Familie der Könige«, der
sich auch alle sog. Barbarenstaaten zuordneten
(bzw. dem »Vater« im fernen Konstantinopel unterordneten), keine Rede sein kann, 111 auch wenn
Justinian (diplomatisch korrekt) als pater tituliert
wird. 112 In Konstantinopel jedenfalls, so berichtete der byzantinische Historiker Agathias, hatte
man große Sorge, er könne Südosteuropa (ja Konstantinopel selbst) angreifen. 113 Als Kandidat für
die angebliche »Familie der Könige« ist er die
denkbar schlechteste Wahl. Sein Sohn Theudebald verzichtete dann überhaupt auf die Verwendung der Anrede pater für Justinian (547). 114
Von Childebert II. 115 ist ein Brief aus dem Jahre
584 an Kaiser Maurikios erhalten, in dem der
Kaiser tatsächlich als pater tituliert wird. 116 Das
siehe Burckhardt (1938) passim;
zuletzt Heil (2011).
Zu diesem siehe jetzt grundlegend
Meier (2009); siehe hier bes. S.235 f.
zum Brief 78 und 93 (mit den Anm.
auf S. 406 f.); vgl. Scheibelreiter
(1989) bes. 206 ff.
Dölger (1953a) 43, mit Verweis auf
Helm (1932) 386.
Epp. Austr.; siehe Windau, in: LACL
229 f.
Epp. Austr., Nr. 18–20 (S. 131–133).
Zu Theodebert siehe Springer, in:
RGA 30 (2005) 455–459 mit der relevanten Literatur.
Wenn auch nur in zweien der drei
Briefe. Siehe Epp. Austr., Nr. 19
(S. 132,16 f.) und Nr. 20 (S. 133,1 f.).
113
114
115
116
Vgl. Rösch (1978) 154, der aber (leider) Dölger (1953a) 43 f. folgt und
auf eine eingehende Diskussion verzichtet.
Agathias I,4,1–4 (13 f. Keydell).
Epp. Austr., 131 (Nr. 18); siehe auch
Rösch (1978) 155.
Siehe zu ihm PLRE III, 287–291
(Childebertus 2).
Epp. Austr., Nr. 25 (S. 138,22); Rösch
(1978) 155.
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wird aber durch einen Brief aus demselben Jahr an
den Patriarchen Ioannes IV. von Konstantinopel
(582–595) relativiert, denn der Patriarch wird
ebenfalls als pater angesprochen, 117 was ja nicht
weiter verwunderlich ist und sicher dem (höflichen) diplomatischen Sprachgebrauch entsprach.
Auch dieser Umstand passt in keiner Weise in die
vermeintliche »Familie der Könige«! Im selben
Jahr (584) schrieb Brunichilde, seine Mutter, 118
ebenfalls an Kaiser Maurikios. In diesem Brief
wurde allerdings auf die Anrede pater verzichtet! 119 Und dabei hatte Brunichilde ein konkretes
Anliegen. Ihr nepos Athanagild 120 wurde in Konstantinopel festgehalten, und sie bemühte sich
mehrfach um seine Freilassung. 121 In diesen Briefen (auch Childebert II. schrieb in dieser Sache) –
so sollte man meinen – hätte besonders auf das
»Protokoll« geachtet werden müssen; es findet sich
aber keineswegs die ehrende (und sich dabei
gleichsam auf die »Familie der Könige« berufende)
Anrede pater. Aus dem Jahre 585 (oder 590) ist ein
Brief des Kaisers an Childebert II. erhalten. 122 Der
Kaiser bzw. die kaiserliche Kanzlei verwendeten
hier keineswegs die Anrede filius. Dies war offensichtlich nicht notwendig.
Anders verhielt es sich in einem weiteren Brief
Childeberts II. an Theodosios, Sohn des Maurikios, der allerdings zu diesem Zeitpunkt ein Baby
war; 123 hier ist die Rede vom … patrem nostrum,
genitorem vestrum, …; 124 es ging wieder um den in
Konstantinopel festgehaltenen Athanagild.
Ganz kurios wird es dann aber im wichtigen
Brief Nr. 42 (a. 582/85) 125 Kaiser Maurikios’ an
Childebert II. Es ging um den Abschluss eines
Bündnisses gegen die Langobarden, wo gleich in
117 Epp. Austr., Nr. 31 (S. 141,14).
118 Siehe PLRE III, 249–251 (Brunichildis).
119 Epp. Austr., Nr. 26 (S. 139,10 f.).
Falsch bei Rösch (1978) 155 mit
Anm. 84!; siehe auch Dölger /
Müller (2009) Nr. 78 (S. 28).
120 Enkel der Brunichilde; in Konstantinopel festgehalten; siehe PLRE III,
141 (Athanagildus 2).
121 Siehe Epp. Austr., Nr. 27 (S. 139,26)
Brunichilde an Athanagild – als nepos
angesprochen in der Intitulatio.
Ebenso in Nr. 28 (S. 140,6): Childebert II. an Athanagild, Nr. 29 und 30
(S. 140 f.): Brunichilde an Kaiserin
Anastasia (a. 584).
272
der zweiten Zeile der schon reichlich betagte Kaiser von der amicalis voluntas und paternus affectus
des Frankenkönigs ihm gegenüber, dem mächtigen Kaiser in Konstantinopel, sowie der res publica
schreibt. 126 Im Eschatokoll des Briefes findet sich
dann die erstaunliche Zeile: Divinitas te servet per
multos annos, parens christianissime atque amantissime. 127 Der Kaiser schmeichelt also den barbarischen Merowingerkönig, indem er ihn parens
nennt. Hier könnte man – ignorierte man die
anderen eben behandelten Briefe – einen Hinweis
auf die »Familie der Könige« sehen. Der Zweck des
Briefes war wohl, den Merowingerkönig an seine
Byzanz gegenüber eingegangenen Verpflichtungen, die Langobarden zu bekämpfen, zu erinnern.
Der Kaiser wollte also etwas vom Frankenkönig
und entsprechend variierte man den diplomatischen Stil. Von einer »Familie der Könige« ist
nichts zu bemerken; hingegen von einer situationsbedingten diplomatischen Sprache – wahrlich keine Überraschung.
Einige Briefe Karls des Großen sind hier ebenfalls zu erwähnen. Anfang 811 schrieb Karl an den
byzantinischen Kaiser Nikephoros I. (802–811) als
Antwort eines Briefes aus Konstantinopel (ca. Juni
811). 128 Es ging um die Rückgabe Venetiens an
Byzanz und letztlich um die Anerkennung der
Kaiserwürde Karls. In diesem Brief (übrigens der
erste Brief eines Westkaisers an den basileus in
Konstantinopel), dem die intitulatio fehlt, ist die
Rede vom byzantinischen Gesandten 129 fraternitas
tue. 130 Nur kurze Zeit später schrieb Karl an den
Kaiser Michael I. Rangabe (811–813) und nannte
ihn in der diesmal überlieferten Adresse frater (…
dilecto et honorabili fratri Michaeli). 131 Über die
122 Epp. Austr., Nr. 42 (S. 148 f.); siehe
Dölger / Müller (2009) Nr. 79 und
79a (S. 28 f.).
123 PLRE III, 1293 (Theodosius 13).
124 Epp. Austr., Nr. 48 (S. 149,21); siehe
Dölger / Müller (2009) Nr. 76 (S.
28).
125 Dölger / Müller (2009) Nr. 79 (S.
28 f.); Revery (1913) 69 datiert 584/5.
126 Epp. Austr., Nr. 42 (S. 148,25–27):
Litterae vestrae gloriae … nobis directe
amicalem quidem voluntatem et paternum affectum circa nos atque acratissimam rempublicam nostram conservare
vos indicant …; auf diese und die
folgende Stelle machte bereits
Chrysos (1989) 16 aufmerksam.
Die »Familie der Könige« im Mittelalter
127
128
129
130
131
Zum historischen Hintergrund siehe
Bachrach (1994); Zuckerman
(1998); Revery (1913) bes. 69 f. mit
Anm. 5 zum Brief Nr. 42.
Epp. Austr., Nr. 42 (S. 149,8).
Erwähnt in MGH Epp. IV, Nr. 32 (S.
546,35); Dölger / Müller (2009),
Nr. 379b (S. 200).
Er hieß Arsaphios (ein armenischer
Name) und war Protospatharios –
siehe zu ihm die PmbZ 618.
A.a.O. 546,35. Siehe schon Meyer
(1931) 135 und den ihm folgenden
Dölger (1953a) 45; Classen (1988)
93; Nerlich (1999) 74 f. u. a.
MGH Epp. IV, Nr. 37 (S. 556,3).
Marginalien marginalia
Gegengesandtschaft, die am 4.4.812 in Aachen
empfangen wurde, 132 berichten die Reichsannalen
(Annales regni Francorum), dass die Gesandten (Erzbischof Michael von Synnada, erneut Arsaphios
und der Protospatharios Theognostes 133) Karl auf
Griechisch als basileus akklamierten. 134 Auch der
byzantinische Chronist Theophanes (ein Zeitgenosse) erwähnt diese Gesandtschaft an den »Kaiser
der Franken« (βασιλέα τῶν Φράγγων) – eine bis
dahin undenkbare Formulierung! 135 Byzanz hatte
also das Kaisertums Karls akzeptiert und man
begegnete sich – zumindest in der Theorie (und
in den Augen der Franken) – auf gleicher Augenhöhe. Verwiesen wird in dem Zusammenhang
natürlich immer auf das berühmte und heftig
diskutierte Kapitel 28 in Einhards Vita Caroli Magni, wo es heißt: »Den Haß der römischen Kaiser
(scil. der byzantinischen), die ihm die Annahme
des Kaisertitels sehr verübelten, trug er mit großer
Gelassenheit, und mit der Hochsinnigkeit, in der
er ohne alle Frage weit über ihnen stand, wußte er
ihren Trotz zu besiegen, indem er häufig durch
Gesandtschaften mit ihnen verkehrte und sie in
seinen Briefen als Brüder anredete (et in epistolis
fratres eos appelando).« 136 Es ist hier nicht der Platz,
um Einhards Intentionen und seine Tendenz zu
behandeln. 137
Ob man aus diesen zwei Briefen und einem
umstrittenen Statement Einhards auf eine von Karl
dem Großen gesehene und akzeptierte »Familie
der Könige« schließen darf, sei dahin gestellt. 138
Mir erscheint die Deutung z. B. von Karl Heldmann (1928) zutreffender zu sein: »Das Motiv
dieser Anrede war natürlich ein anderes: die Betonung der Gleichheit des kaiserlichen Ranges und
der dynastischen Verbundenheit nach Art des früheren Verkehrs zwischen den Nachkommen und
Nachfolgern des Theodosius in Westen und
Osten.« 139
132 Dölger / Müller (2009) Nr. 385 (S.
202 f.) mit der relevanten Literatur.
133 Siehe die PmbZ 618, 5042 und 8011.
134 Ann. reg. Fr. ad a. 812 (136 Kurze).
135 Theoph. 494, 21 de Boor; dazu siehe
Rochow (1991) 308.
136 Einhard, Vita Caroli, 200 f.
Ich zitiere nach der Freiherr-vomStein-Gedächtnisausgabe.
137 Siehe die umfassende Untersuchung
von Tischler (2001); demnächst ist
die Biographie Karls des Großen von
Johannes Fried zu konsultieren.
Und auch in dem berühmten Brief Kaiser
Michaels II. (und seines Sohnes Theophilos) vom
10.4.820 wird Ludwig der Fromme als frater
bezeichnet (… Michahel et Theophilus, fideles in ipso
Deo imperatores Romanorum, dilecto et honorabili
fratri Hludowico, …), auch wenn er »nur« als gloriosus rex Francorum et Langobardorum et vocatus
eorum imperator bezeichnet wird. 140
An dieser Stelle beende ich die Behandlung
einzelner Belege aus der Spätantike bzw. dem
frühen Mittelalter. Die folgenden Jahrhunderte
(bis 1453) müssen einer späteren Untersuchung
vorbehalten bleiben.
Es ist jedoch das auffällige Phänomen zu beobachten, dass in der internationalen Byzantinistik
diese Vorstellung gar nicht auftaucht – und das seit
Jahrzehnten. In Deutschland jedoch sieht das etwas
anders aus. 141
Selbstverständlich konnte hier nur an der Oberfläche gekratzt werden, und eine viel ausführlichere und intensivere Untersuchung aller Textbelege
ist ein wissenschaftliches Desiderat. M.E. kann
man dennoch mit gutem (wissenschaftlichem)
Gewissen behaupten, dass die Vorstellung von
einer »Familie der Könige« als einem völkerrechtlich verbindlichen System (und von allen involvierten Mächten anerkannt) in den hier traktierten
Quellen keinen ausreichenden Rückhalt findet. Es
handelt sich, wenigstens bezogen auf die Spätantike und das frühe Mittelalter, um ein Konstrukt,
über dessen wirkliche Ursprünge nachgedacht werden muss.
Bereits seit 1972 äußerte Evangelos Chrysos in
verschiedenen Aufsätzen und Beiträgen Zweifel an
der Tragfähigkeit dieses Konzepts, was er später
ausführlicher und mit guten Argumenten wiederholte. 142 Vorbehaltlos kann man m.E. Chrysos’
schon 1976 formulierter grundlegender Einschätzung von der »Tragfähigkeit« des Konzepts der sog.
138 Leider scheint auch Classen (1988) 142 Chrysos (2005) bes. 77 f.; Chrysos
(1972) bes. 35–37; Chrysos (1976,
93 das so zu sehen, wohl unter dem
1987, 1989, 1994).
Eindruck von Dölger (1953a); so
auch z. B. Wolf (1991) 15 u.v.a.m.
139 Heldmann (1928) 383 mit Anm. 1
(von Meyer [1931] 135 abgelehnt).
140 MGH Conc. II/2, 475,30–32; siehe
Dölger / Müller (2009) Nrr. 408
und 409 (S. 214 f.) mit der relevanten
Literatur.
141 Siehe unten bei Anm. 146–149,
154–156 und oben bei Anm. 15.
Wolfram Brandes
273
Rg
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»Familie der Könige« zustimmen: »One should ask
whether the Romans and the Byzantines, together
with their neighbours, were really so schizophrenic
as scholars usually make them to be!« 143 Aber er
wies auch auf Defizite im Detail hin.
Eine seiner Schülerinnen untersuchte speziell
die Richtigkeit der Dölgerschen Interpretationen
von Quellen des 10. Jahrhunderts (bes. Konstanins
VII. Porphyrogennetos’ De cerimoniis) und kam zu
einem explizit negativen Ergebnis. 144 Der griechische Historiker Telemachos Lounghis 145 postulierte das Konzept einer »eingeschränkten (begrenzten) Ökumene« als Leitideologie der Makedonenzeit (also des 9. – 11. Jahrhunderts), was den verfügbaren Quellen und den diese widerspiegelnden
Herrschafts- und Weltkonzepten wesentlich näher
kommt als die fast größenwahnsinnig zu bezeichnende Vorstellung einer »Familie der Könige«.
Bedenklich stimmt eine gewisse Wirkung der Dölgerschen Vorstellung von der »Familie der Könige«
bis heute bei einigen Vertretern der Mediävistik, 146
aber auch einiger anderer Fächer. 147 Leider fand
Dölgers Vorstellung auch einen Widerhall in der
renommierten »Encyclopedia of Public International Law«. 148
Auch in der Byzantinistik taucht diese Vorstellung gelegentlich noch auf; leider auch in einer
relativ neuen »Einführung in die byzantinische
Geschichte«, 149 während Schreiner in der letzten
Auflage seines gerade im universitären Unterricht
sehr verbreiteten Byzanz-Bandes des Oldenbourg
Grundrisses der Geschichte zwar die »fiktive ›Familie der Könige‹« erwähnt, jedoch auf die Relativierung dieses Konzepts durch Lounghis verwies. 150
Dieser hatte, wie eben schon erwähnt, insbesondere auf der Grundlage von Quellen des 9. und 10.
Jahrhunderts eine Anpassung und Reduzierung
der byzantinischen »Weltherrschaftsansprüche«
bemerkt und von einer »begrenzten Ökumene«
gesprochen; Byzanz sprach er besonders im 10.
Jahrhundert (also während der Entstehungszeit
143 Chrysos (1976) 2.
144 Mousidou (1994); Moysidou (1995);
Blyssidou (1991); Letsios (1988);
Synelli (1986).
145 Lounghis (1993a, 1995). Allerdings
ist die Einbeziehung der »Konstantinischen Schenkung« in seine Argumentation zurückzuweisen. Man
kannte sie in Byzanz erst seit dem 11.
Jahrhundert. Dazu siehe zuletzt
Fried (2007).
274
des Zeremonienbuches Konstantins VII. Prophyrogennetos, einer der wichtigsten Quellen des Dölgerschen Konzepts!) einen politischen Realismus
zu, der auch das mittelalterliche Byzanz als »normal« erscheinen lässt. 151 An anderer Stelle – und
da kann man ihm nur zustimmen – warnt Schreiner davor, den »Familienbegriff« zu sehr in die
Praxis auszuweiten. 152 »Das Begriffsbild der Familie der Könige muss grundsätzlich neu überdacht
werden …« 153
Aber es gibt auch entgegengesetzte Meinungen
in der neueren Forschung. Ein besonders drastisches Beispiel stellt ein kürzlich erschienener Band
dar, 154 wo man lesen kann, dass die germanischen
Herrscher »generell« vom Kaiser als filius angeredet
wurden. 155 Immerhin konstatiert der Autor einen
»Dissens« zwischen der oströmischen und der
fränkischen Sicht. Schließlich stellt er gar fest:
»Ein vorausgesetztes allgemeines hierarchisches
Modell der ›Familie der Könige‹ lässt sich in Bezug auf die weltlichen Herrscher für die karolingischen Herrscher auch gegenüber nichtchristlichen Herrschern nicht belegen.« Dass er dann
aber dennoch ein eigenes Kapitel zur »Familie der
Könige« bietet, zeigt einmal mehr, wie sehr sich
diese Vorstellung (von der im Laufe der Jahrzehnte
Tausende Studenten in ihren Vorlesungen hörten)
in den Vorstellungen heutiger Historiker verfestigt
hat und oft eher subkutan – aber dennoch spürbar
– wirkt. 156 In diesem Kontext ist z. B. auch der
Umstand zu sehen, dass Dignas / Winter 2007,
232–241 (die englische Ausgabe ihres deutschen
Buches von 2001) nun ein eigenes Kapitel mit dem
schönen Titel »Concepts of ›legitimate‹ rule and
the ›family of kings‹« hinzugefügten. Dölger wird
nicht namentlich zitiert; sein einschlägiger Aufsatz
taucht jedoch im Literaturverzeichnis (292) auf.
Leider wird dieser Vorgang nicht begründet!
Dass die bei Dölger aufscheinende 157 Integration der vormogolischen Rus’ in die imaginäre
»Familie der Könige« mit den bekannten histori-
146 Siehe etwa Angenendt (1980);
Angenendt (1982) bes. 111;
Angenendt (1989); Georgi (1991).
147 Siehe z. B. noch (es geht hier um
Zufallsfunde und keineswegs um Ergebnisse einer systematischen Suche)
Ameriese (2008).
148 Preiser (1995).
149 Lilie (2007) 144–146.
150 Schreiner (2011) 82 und 162.
151 Siehe eben bei Anm. 145.
Die »Familie der Könige« im Mittelalter
152 Schreiner (2011) 162 mit Bezug auf
Lounghis (1993b).
153 Schreiner (2011a), 747 mit Anm. 50.
154 Steiger (2010).
155 Steiger (2010) 70.
156 Steiger (2010) 574–576.
157 Dölger (1953a) 37.
Marginalien marginalia
schen Tatsachen kollidiert, zeigt die neuere Forschung. 158
Ein weiterer Umstand ist für die Spätantike und
das frühe Mittelalter besonders im Blick zu halten.
Es war Alexander Demandt, der schon vor über
30 Jahren auf den Umstand hinwies, dass der
sog. spätrömische Militäradel aus einem sehr dicht
gestrickten genealogischen Netz bestand, das sowohl Kaiserfamilien, fast alle großen Familienclans
der spätantiken Senatsaristokratie 159 wie auch fast
alle Herrscherfamilien der germanischen Staaten
umfasste. 160 Auf diese Weise entstand ein enges
Geflecht gegenseitiger Verwandtschaft, das gelegentlich verblüffend ist. Auch wenn Demandts
Schüler Stefan Krautschick an einigen Stellen übertrieb und zu weitgehende Schlussfolgerungen
zog, 161 sind die von ihm erstellten genealogischen
Tabellen höchst aufschlussreich. 162 »This ›family of
kings‹ was a real one and had little in common
with the fictious system anticipated by F. Dölger
…«, meinte vor einigen Jahren Chrysos. 163 Auch
dem kann man nur zustimmen.
Franz Dölger veröffentlichte 1924 den ersten
Band der »Regesten der Kaiserurkunden des oströmischen Reiches«, dem bald weitere Bände folgten. 164 Dass die erstaunlich schnelle Fertigstellung
dieses ersten Regestenbandes unter heute erstaunlichen Umständen geschah, wurde erst vor ca. 10
Jahren bekannt. Offenbar hat Paul Marc (als Angestellter der Bayerischen Akademie) 165 einen sehr
großen Teil der grundlegenden und umfassenden
Vorarbeiten geleistet, »… doch sieht es schon etwas
danach aus, dass hier dankbar Früchte geerntet
wurden, die lange Jahre auf fremden Bäumen
gereift waren«. 166 Marc wird eher nebenbei im
Vorwort – gut versteckt – erwähnt. 167 In der Darstellung der Geschichte der Byzantinistik in München aus dem Jahre 1958 168 durch Dölger kommt
er gar nicht vor!
158 Franklin (1983); vgl. Chrysos
(1992); Čičurov (1990); siehe
Brandes (2013) bei Anm. 105 und
113.
159 Siehe die bei Brandes (2014) zusammengestellte Literatur.
160 Demandt (1980) und Demandt
(1989), genealogische Tabelle nach
S. 504. Dazu Krautschick (1989).
161 Was eine kleine Kontroverse auslöste.
Siehe Krautschick (1986); Brandes
(1993); Krautschick (1995); Speck
(1997).
Es kann hier natürlich nicht darum gehen,
einen großen Gelehrten (Mitglied des Ordens Pour
le mérite, Mitglied zahlreicher Akademien und
Ehrendoktor vieler Universitäten, Träger höchster
Auszeichnungen der Bundesrepublik Deutschland 169) »am Zeug zu flicken«. Aber vielleicht
beleuchten die erst seit wenigen Jahren bekannten
Vorgänge um die Entstehung des höchst wichtigen
byzantinischen Regestenwerkes, dem Dölger vermutlich (neben anderen wissenschaftlichen Leistungen selbstverständlich) seinen Münchener
Lehrstuhl verdankte, einige Charakterzüge dieses
Gelehrten.
Wenn also das Konzept der »Familie der Könige« – zumindest bis zum 9. Jahrhundert – im
Widerspruch zu den vorhandenen Quellen steht
und entsprechend abzulehnen ist, bleibt die Frage,
wieso ein so bedeutender Gelehrter es in die Welt
setzte. Man könnte natürlich mit Ernst Stein (in
seiner kritischen Rezension zu Dölgers Habilitation über die byzantinische Finanzverwaltung 170)
annehmen »…, daß D. als echter Zögling der
Münchener Byzantinistenschule zwar ein vortrefflicher Philolog, aber nicht eigentlich ein Historiker ist«. 171 Doch genügt diese – sicher übertriebene – Feststellung? Dölger war ohne Zweifel einer
der bedeutendsten Byzantinisten des 20. Jahrhunderts. Wenn ein so eminenter Gelehrter viel Zeit
und Mühe aufwandte, um ein nicht schlüssiges
Konzept zu entwickeln und auch später (nach
1940) noch vertrat, 172 bleibt die Frage nach der
Ursache.
An dieser Stelle drängt sich ein Verdacht auf,
der vielleicht erklären könnte, wie es zur Entstehung des Konzepts von der »Familie der Könige« mit ihren rechtlichen und anderen Implikationen kam. Dölger arbeitete bekanntlich in diversen nationalsozialistischen Einrichtungen mit, die
u. a. als Thinktanks für die Nazis dienten (bzw. die
162 Krautschick (1989); darin (nach
S. 114) die sehr detaillierte und umfassende genealogische Tafel.
163 Chrysos (2003) 15 mit Anm. 5.
164 Siehe jetzt die überarbeitete Auflage
Dölger / Müller (2009).
165 Müller (2003). Er war der Bruder des
Malers Franz Marc.
166 So Müller (2004) 313.
167 Müller (2004) 309.
168 Chalikes (1958), hier: Dölger
121–135 und 137–159 zu Karl
Krumbacher und August Heisenberg.
169 Vollständige Übersicht in Polychronion (1966) 6. Siehe bes. den Nachruf
von Hunger (1970).
170 Zu dieser siehe auch kritisch Brandes
(2002) 7, 18 und passim.
171 Stein (1928/1929) 158 bzw. Stein
(1968) 436.
172 Siehe nur Dölger (1954).
Wolfram Brandes
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Die »Familie der Könige« im Mittelalter
Marginalien marginalia
gerne eine solche Funktion ausüben wollten).
Bereits im Jahre 1998 wurde die Problematik der
Verstrickung deutscher Historiker auch und besonders in die Entwicklung konzeptioneller Vorstellungen und theoretischer Herrschaftsmodelle
der Nationalsozialisten ausführlich und mit großem öffentlichem Echo auf dem Frankfurter Historikertag behandelt. Leider spielte damals die sog.
südosteuropäische Arbeitsgemeinschaft (mit enger
Verbindung u. a. zu Heydrich) kaum eine Rolle.
Man konzentrierte sich auf den Osten und den
Westen – was auch dem damaligen Forschungsstand geschuldet war. Seitdem wurde in diese
Richtung weitergeforscht. 1939, als sich Dölger
mit der »Familie der Könige« befasste und an
seinem Aufsatz schrieb, wurde man hier sehr aktiv
(nach der Annexion von Tschechien und dem sog.
Anschluss Österreichs). Der Balkan rückte damit
ins Zentrum des Interesses. Und hier wurde Dölger
(neben anderen, selbstverständlich) aktiv. Man diskutierte die zukünftige Gestaltung Südosteuropas.
Gleichzeitig war Dölger Leiter der »Abteilung für
deutsch-balkanische Beziehungen«, des sog. Südostausschusses, 173 der »Deutschen Akademie zur
wissenschaftlichen Erforschung und Pflege des
Deutschtums« (zeitweiliger Präsident war Haushofer, der enge Freund von Rudolf Hess). Hier
arbeitete er u. a. eng mit dem hinlänglich bekannten Georg Stadtmüller zusammen. Besonders enge
Beziehungen unterhielt er zum Amt Rosenberg,
das ihm auch seine berühmt-berüchtigte AthosExpedition des Jahres 1941 organisierte und finanzierte (organisiert vom Sonderkommando Griechenland des »Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg/ERR« 174). 175 Ergebnis dieses Unternehmens,
über das man schon den Studenten der Byzantinistik schaurige Details erzählte (zumindest in
meiner Studentenzeit war das so), war der reich
ausgestattete Band »Mönchland Athos« (mit der
»berühmten« Abbildung 184: ein Hitlerportrait,
gemalt von Athosmönchen). 176 Das Geleitwort
stammte vom Stabsführer des Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg Gerhard Utikal († 1982), der vermutlich die Finanzierung des Unternehmens
gewährleistete. Utikal war einer der mächtigsten
und einflussreichsten nationalsozialistischen Funktionäre (im Range eines Generalmajors), der u. a.
für den Kunstraub in den besetzten Gebieten verantwortlich war. 177 Bekannt war sein unsägliches
Machwerk »Der jüdische Ritualmord«, vor 1945
in mehreren Auflagen verbreitet. Dölgers Berichte
über diese »Expedition« sind keineswegs frei von
der zeitgenössischen NS-Diktion. 178 Seine Freude,
nun »frei von den friedensmäßigen Schikanen«
durch die ungebildeten Athos-Mönche zu sein,
wird ausdrücklich betont. 179
Aber Dölgers offenbar enge Beziehungen zum
Einsatzstab Rosenberg beschränkten sich nicht
allein auf die privilegierte Finanzierung seiner
Athosexpedition. Ein vor einigen Jahren (eher
zufällig) aufgetauchtes Aktenstück im Zentralnyi
dershawnyj archiw wyschych organiw wladi ta
uprawliniya Ukrainy (Kiiv) (F 3676 op. 4, spr.
326) 180 zeigt, dass Dölger auch von den Raubaktivitäten des Einsatzstabes Rosenberg in den
besetzten Gebieten der Sowjetunion (und vielleicht auch der anderen okkupierten Staaten) profitierte. Es ist immerhin bemerkenswert, dass er die
in diesem Dokument aufgelisteten Publikationen
nicht erbitten musste, sondern dass er sich doch
offensichtlich in einer Position befand, die es ihm
ermöglichte, diese »anzufordern« und nicht zu
»erbitten« – ein kleiner, aber bemerkenswerter
semantischer Unterschied in der Bürokratensprache der NS-Funktionäre!
Ab 1941 war der Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg in der Sowjetunion aktiv. Dafür wurde eine
neue Hauptarbeitsgruppe für das Reichskommissariat Ostland (RKO) und Reichskommissariat
Ukraine (RKU) gebildet. 181 Dieses hier veröffentlichte Dokument zeigt, dass die Mitarbeiter des
Rosenbergschen Einsatzstabes auch noch im Mai
178 Eine gute Zitatenauswahl bei
173 Hausmann (2001) 71; Schaller
Schaller (2008) und Hose (2009)
(2008) 312–336, bes. 319 ff.
a.a.O.; Dölger (1942a) und (1942b)
174 Schaller (2008) 322 ff.; Hose (2009)
(letztgenannter Artikel nicht in der
307–320, hier besonders 317 ff. zur
angeblich vollständigen Dölger»Athosexpedition«. Zum Amt RoBibliographie in Polychronion 1966
senberg siehe u. a. Bollmus (2006)
erfasst!).
144 ff.
175 Zuletzt dazu Hose (2009) 317–319. 179 Dölger (1942b) 11.
180 Ich danke an dieser Stelle herzlichst
176 Dölger (1943).
Herrn Dr. W. Hedeler, der dieses
177 Zellhuber (2006) 150.
Dokument fand und mir zur Verfügung stellte.
181 Manasse (1997) bes. 109 ff. (zur
Sowjetunion); zu den Praktiken der
verschiedenen deutschen »Behörden«
in den okkupierten Gebieten siehe
etwa Lehr (2007); Piper (2005)
188 f.; Hartung (2000).
Wolfram Brandes
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1943 keine Mühen scheuten, um den Wünschen
des Münchener Ordinarius nachzukommen. Dölger war zweifellos nicht der einzige deutsche Professor, der diese einzigartige Möglichkeit nutzte,
um die Bestände der jeweiligen Institutsbibliotheken zu mehren. 182 Ein aufmerksamer Blick in so
manche Bibliothek altehrwürdiger Universitäten
dürfte zu einigen »Überraschungen« führen.
Meines Erachtens tat Dölger 1939/1940 genau
das, was noch im März 1944 (!) ein hochrangiger
Vertreter des Ministeriums für die besetzten Ostgebiete nach einer großen Sitzung (mit hochrangigen SS-Vertretern) mit Südosteuropaexperten –
darunter natürlich auch Franz Dölger – forderte:
Die deutsche Südosteuropaforschung solle der
politischen Führung neue Grundbegriffe vermitteln, im Interesse einer Neuordnung Europas. 183
1939/1940 entwarf Dölger, so möchte man vermuten, ein Konzept für eine deutsche Suprematie
für den Balkan – mit Adolf Hitler als »Vater«,
befreundete Regime (Horty in Ungarn, Antonescu
in Rumänien usw.) als »Brüder« und dann die
übrigen Nationen in untergeordneter Position
(nicht zuletzt Griechenland, Serbien oder Albanien). Der Verlauf des Krieges führte, wie bekannt,
zu anderen Konstellationen.
Da Franz Dölger in seinem Aufsatz über die
»Familie der Könige« an keiner Stelle expressis verbis
auf zeitgenössische politische Vorgänge oder auf
die NS-Ideologie eingeht oder auch nur anspielt,
macht der Text einen objektiven Eindruck. In
einem etwa zeitgleich (1940) erschienenen Aufsatz
in einem Band der Deutschen Akademie sieht das
schon anders aus. Hier pries er die zukünftige
Südosteuropaforschung, die »mit der Rassenforschung und der Charakterologie ausgerüstet, zu
weittragenden neuen Erkenntnissen« gelangen
würde. 184 »Die Anteilnahme der deutschen Wissenschaft an balkanischen Dingen beruht auf
Antrieben hauptsächlich zweierlei Art; sie ist bald
getragen von den Interessen der Politik, 185 bald
182 Siehe z. B. das Dokument I/72b (aus
dem Oktober 1942) bei Hartung
(2000) 171–173, wo u. a. das Slawische Institut und das Seminar für
Osteuropäische Geschichte der Berliner Universität als Empfänger von
Beutebüchern genannt werden. In
der Mitte der 70er Jahre des letzten
Jahrhunderts sah ich (damals studentische Hilfskraft an der Sektion Ge-
278
183
184
185
186
Die »Familie der Könige« im Mittelalter
von der weitergreifenden Auswirkung großer geistiger Strömungen, und diese beiden Antriebe
durchdringen sich gelegentlich gegenseitig in
mannigfaltigster Weise.« 186 Weiter übt er Kritik
am »bürgerlichen Liberalismus«, am »kritischen
Historismus« und macht diese überhaupt für einen
»geschichtlichen Skeptizismus« verantwortlich. All
das lehnt er (natürlich) entschieden ab. 187 Diese
»allgemeine wissenschaftliche Entwicklung« habe
erst 1920 ein Ende gefunden. Wieso 1920, mag
man sich fragen. Die Antwort ist eindeutig, auch
wenn der Münchener Ordinarius sie nicht explizit
ausspricht. In diesem Jahr wurde die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei gegründet!
In München war Dölger Zeitzeuge(!) und wusste
also genau, welche Rolle diese verbrecherische
Partei gerade in der »Hauptstadt der Bewegung«
spielte. Und die Gründung dieser Partei war also
das wichtigste Epochenjahr in der Entwicklung
der deutschen Wissenschaft! »Sie (scil. die deutsche Wissenschaft – W.B.) verdankt jedoch hierbei
einen entscheidenden neuen Anstoß der nationalsozialistischen Bewegung.« 188 Aus der »Verwirrung und Ratlosigkeit« der deutschen Wissenschaft
nach dem Weltkrieg führte eben die NS-Bewegung
durch die »Besinnung auf die blutmäßig gebundene und im Heimatboden wurzelnde Kraft des
Volkes 189 heraus zu einer neuen, lebensbejahenden Geschichtsbetrachtung«. 190 Er propagiert weiter dafür, »den Sinn der Geschichte in dem segensreichen Walten dieser volksgebundenen Kräfte auf
allen Gebieten des Lebens … und aus dieser fundamentalen Erkenntnis heraus die Neugestaltung
der neuen Gemeinschaft aus dem Geiste uralter
völkischer Anschauungen im eigenen Bereiche
auch kraftvoll« zu verwirklichen. 191 Usw. usw. Es
folgt dann das bereits zitierte Bekenntnis zur Rasseforschung.
Wir haben also zu konstatieren, dass in den
Monaten, während Dölger sein Konzept der
»Familie der Könige« zu Papier brachte und eben-
schichte der Humboldt-Universität)
selbst noch diverse Kisten mit Büchern aus Kiew – allerdings versteckt
und nicht katalogisiert.
Fahlbusch (1999) 766.
Dölger (1940) 165; dazu siehe insbesondere Töchterle (2004) 173.
Also der nationalsozialistischen Balkanpolitik!
Dölger (1940) 161.
187 Dölger (1940) 162 f.
188 Dölger (1940) 164.
189 Im Text hervorgehoben – Dölger
(1940) 164: die klassische Blut- und
Bodenideologie (BluBo).
190 Ebenda.
191 Ebenda.
Marginalien marginalia
falls im Jahre 1940 im Historischen Jahrbuch der
(katholischen!) Görres-Gesellschaft publizierte, er
gleichzeitig die Vorzüge der NS-Ideologie pries
(und das auch noch im Ausland 192), Rassismus
als neuen wissenschaftlichen Ansatz ansah und die
Gründung der NSDAP im Jahre 1920 als Epochenjahr der deutschen Geistesgeschichte feierte. Handelte es sich um den »normalen« Opportunismus,
für den man zweifellos Millionen weitere Beispiele
finden könnte?
In der jüngsten Würdigung Dölgers seitens der
Bayerischen Akademie (aus dem Jahre 2009) liest
man kurz und bündig: »Sein Verhältnis zum
Nationalsozialismus war, so scheint es, distanziert.« 193 Der Verfasser dieser Würdigung bekannte in einer Fußnote: »Ich stütze mich … auf
Dölgers Angaben im sog. Fragebogen des Office
of Military Government for Germany, datiert auf
den 2.2.1946, …« 194 Auch wenn Dölger offenbar
nie Mitglied der NSDAP war, wurde er im November 1946 als Universitätslehrer suspendiert und als
Klassensekretär der Bayerischen Akademie der
Wissenschaften entlassen, wegen »Mangels an positiven erzieherischen Eigenschaften«. 195 Er zog sich
ins Kloster Scheyern zurück. 196 1947 jedenfalls
wurde er nach dem damals üblichen Spruchkammerverfahren in der amerikanischen Besatzungszone (der »kalte Krieg« begann und entsprechend
konnten zahlreiche große und kleine Nazis ihre
alten Positionen wieder einnehmen) als »Minderbelasteter« eingestuft. Mit Hilfe »zahlreicher Ent-
lastungsschreiben« (sog. Persilscheine) habe er sich
»erfolgreich verteidigen« können. Anfang 1948
nahmen die Akademie und die Universität ihn
wieder auf. 197
Dölger war – nach allem, was wir wissen – kein
wirklicher Nazi, aber ein erfolgreicher Ordinarius
und Opportunist, der die Zeitumstände zu nutzen
wusste – mithin ein weiteres Beispiel für die oft
debattierte »Zeitgebundenheit« des Historikers.
Das Verhalten Dölgers in der Nazizeit ist die
eine Sache (sie wirklich aufzuarbeiten, ist Sache
der Ludwigs-Maximilians-Universität und der
Bayerischen Akademie, 198 vielleicht auch des
Ordens Pour le mérite), eine andere Sache ist die
Frage nach einem eventuellen Einfluss seines Eingehens auf die Naziideologie, ganz unabhängig
davon, ob er dieser nun »glaubte« oder auch nicht,
auf sein wissenschaftliches Werk, zumindest auf
sein (einer intensiven Kritik nicht standhaltendes)
Konstrukt von der »Familie der Könige«. Vielleicht schaffen weitere Forschungen hier wirkliche
Klarheit. Bis dahin sehe ich die »Familie der Könige« als ein Produkt der NS-Ideologie z. Z. des
beginnenden Zweiten Weltkriegs. Mit den Realitäten in der Spätantike und im frühen Mittelalter
hat sie in meiner Sicht jedenfalls kaum etwas zu
tun.
Der damalige Abt (Hoeck [1902–
192 Der Aufsatz Dölger (1940) geht auf
1995]) hatte im Jahre 1939 bei Dölger
einen Vortrag in Belgrad zurück.
promoviert. Man geht wohl nicht
193 Hose (2009) 319.
zu weit, wenn man die Athos-Expe194 Hose (2009) 395 Anm. 24.
dition des Jahres 1943, finanziert vom
195 Hose (2009) 317.
Amt Rosenberg, als die (oder eine
196 Er selbst bemerkte dazu, dass er
der?) Ursache(n) für die vorüber»von der Besatzungsmacht aus nicht
gehende Amtsenthebung ansieht.
bekannt gegebenen Gründen aus seiVgl. auch Hose (2009) 319 f.
nem Amte entfernt und mit Beschäf197 Hose (2009) 319.
tigungsverbot belegt, im Byzantinischen Institut der Abtei Scheyern als 198 Insbesondere sollten die Veröffentlichungen Dölgers, die vor 1945 erHilfsarbeiter Zuflucht und Brot für
schienen sind (und die nicht in seiner
sich und seine Familie« gefunden
»offiziellen« Bibliographie [in Polyhabe. Siehe Dölger (1953b) VII.
chronion (1966) 13–33] erfasst wurden), systematisch gesichtet und
ausgewertet werden. Vermutlich
könnte man so sein Verhältnis zum
Nationalsozialismus näher beleuchten.
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