Zähe, Füllstoff-haltige Formmassen auf Basis von Styrolpolymeren
Beschreibung
Die Erfindung betrifft eine Mischung, enthaltend
A) 35 bis 95 Gew.-% eines Styrolpolymeren, ausgewählt aus Acrylnitril-Butadien- Styrol-Polymer (ABS), Acrylnitril-Styrol-Acrylester-Polymer (ASA), Standard- (GPPS) oder Schlagzäh-Polystyrol (HIPS) oder Mischungen davon, B) 1 bis 10 Gew.-% eines Styrol-Butadien-Blockcopolymeren, welches aus mindes¬ tens zwei Polystyrolblöcken S und mindestens einem Styrol-Butadien- Copolymerblock S/B besteht,
C) 4 bis 55 Gew.-% eines anorganischen Füllstoffes,
wobei die Summe aus A), B) und C) 100 Gew.-% ergeben.
Schlagzähe thermoplastische Styrol-Acrylnitril-Copolymere (SAN) mit Propfkautschu- ken auf Basis von Polybutadien oder Acrylester sind dem Fachmann als ABS- bzw. ASA bekannt. Zur Veränderung des Eigenschaftsprofils werden diese auch mit ande- ren thermoplastischen Polymeren, insbesondere Polycarbonat (PC) oder Polyamid (PA) zu Blends verarbeitet.
Die WO 00/36010 beschreibt thermoplastische Formmassen aus ABS- oder ASA- Polymeren, die zur Verbesserung der Fließfähigkeit bei gleichzeitig guter Entformbar- keit mit elastomeren Styrol-Butadien-Blockcopolymeren gemischt werden.
Die WO 03/11964 beschreibt thermoplastische Formmassen aus Schlagzähpolystyrol und einem elastomeren Styrol-Butadien-Blockcopolymer mit verbesserter Spannungs¬ rissbeständigkeit.
Aus der WO 99/46330 sind Mischungen aus elastomeren und steifen Styrol-Butadien- blockcopolymeren mit Polystyrol bekannt. Styrol-Butadien-Blockcopolymere mit statis¬ tischen Copolymerblöcken und einem geringen 1 ,2-Vinylgehalt sind aus WO 97/40079 und WO 00/58380 bekannt.
Füllstoffe können in thermoplastische Formmassen auf Basis von Styrolpolymeren zur Veränderung der physikalischen Eigenschaften eingearbeitet werden. Häufig werden Füllstoffe, insbesondere faserförmige Füllstoffe verwendet, um die Steifigkeit der Formkörper zu erhöhen. Des weiteren werden Füllstoffe und Pigmente eingesetzt, um die Farbe, Glanz oder elektrische Leitfähigkeit der Formmassen zu verändern. In der Regel nimmt dabei die Zähigkeit und Spannungsrissbeständigkeit der Formmasse ab.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es, den vorgenannten Nachteilen abzuhelfen und Füllstoff-haltige Formmassen auf Basis von Styrolpolymeren zu finden, die insbe¬ sondere auch bei dünnen Formteildicken eine hohe Zähigkeit aufweisen. Des weiteren sollten die Formmassen eine matte Oberfläche aufweisen.
Demgemäss wurde die oben genannte Mischung gefunden.
Besonderes bevorzugt enthält die Mischung
A) 60 bis 90 Gew.-% eines Styrolpolymeren,
B) 2 bis 5 Gew.-% eines thermoplastischen Elastomeren auf Basis von Styrol (S-TPE),
C) 5 bis 35 Gew.-% eines organischen oder anorganischen Füllstoffes,
wobei die Summe aus A), B) und C) 100 Gew.-% ergibt.
Komponente A
Als Styropolymere eignen sich die als Acrylnitril-Butadien-Styrol-Polymer (ABS) oder Acrylnitril-Styrol-Acrylester-Polymer (ASA) bekannten Polymeren. Sie bestehen in der Regel aus einer Styrol-Acrylnitril-Copolymer Matrix (SAN) mit einem mittleren Moleku¬ largewicht Mw im Bereich von 40.000 bis 250.000 g/mol und einem Pfropfkautschuk. Die SAN-Matrix kann in bekannter Weise durch Substanz-, Lösungs- Suspension-, Fällungs- oder Emulsionspolymerisation erhalten werden. Der Pfropfkautschuk besteht in der Regel aus einem Pfropfkern aus einem Polydien oder Acrylester, auf den eine Propfhülle aus Styrol und Acrylnitril und/oder Methylmethacrylat aufgebracht ist.
Des weiteren eignen sich Standardpolystyrol (GPPS oder Homopolystyrol), Schlagzäh- Polystyrol (HIPS) oder Mischungen davon. Schlagzäh-Polystyrol kann durch Masse- oder Lösungspolymerisation von Styrol in Gegenwart von Polybutadien oder Styrol-
Butadien-Blockcopolymeren erhalten werden. Dabei entsteht eine Matrix aus Polystyrol mit eingeschlossenen Kautschukpartikel, die unterschiedliche Morphologienausbilden können, z. B. Kapselteilchen, Salamiteilchen oder Zellenteilchen, und unterschiedliche mittlere Teilchengrößen aufweisen können.
Komponente B
Geeignete Styrol-Butadien-Blockcopolymere, welche aus mindestens zwei Polysty¬ rolblöcken S und mindestens einem Styrol-Butadien-Copolymer-Block S/B bestehen, sind beispielsweise sternförmig verzweigte Blockcopolymere, wie sie in EP-A 0654488 beschrieben sind.
Bevorzugt werden jedoch Blockcopolymere mit mindestens zwei Hartblöcken S1 und S2 aus vinylaromatischen Monomeren mit mindestens einem dazwischen liegenden statis¬ tischen Weichblock B/S aus vinylaromatischen Monomeren und Dien, wobei der Anteil der Hartblöcke über 40 Gew.-%, bezogen auf das gesamte Blockcopolymer beträgt und der 1 ,2-Vinylgehalt im Weichblock B/S unter 20 % beträgt, wie sie in WO 00/58380 beschrieben sind.
Besonders bevorzugt wird als Komponente B jedoch ein Styrol-Butadien- Blockcopolymer mit elastomeren Eigenschaften, sogenannte thermoplastische Elasto- mere (S-TPE).
Bevorzugt weist das S-TPE eine Reißdehnung von mehr als 300 %, besonders bevor¬ zugt mehr als 500 %, insbesondere mehr als 600 %, gemessen nach ISO 527, auf und wird in einer Menge im Bereich von 40 bis 95 Gew.-%, bevorzugt 60 bis 80 Gew.-%, bezogen auf die Stretchfolie, zugemischt. Besonders bevorzugt mischt man als S-TPE ein lineares oder sternförmiges Styrol-Butadien-Blockcopolymer mit außenliegenden Polystyrolblöcken S und dazwischenliegenden Styrol-Butadien-Copolymerblöcken mit statistischer Styrol/Butadien-Verteilung (S/B)random oder einem Styrolgradienten
(S/B)tapβrZU.
Der Gesamtbutadiengehalt liegt bevorzugt im Bereich von 15 bis 50 Gew.-%, beson¬ ders bevorzugt im Bereich von 25 bis 40 Gew.-%, der Gesamtstyrolgehalt liegt ent¬ sprechend bevorzugt im Bereich von 50 bis 85 Gew.-%, besonders bevorzugt im Be¬ reich von 60 bis 75 Gew.-%.
Vorzugsweise besteht der Styrol-Butadien-Block (S/B) aus 30 bis 75 Gew.-% Styrol und 25 bis 70 Gew.-% Butadien. Besonders bevorzugt hat ein Block (S/B) einen Buta¬ dienanteil von 35 bis 70 Gew.-% und einen Styrolanteil von 30 bis 65 Gew.-%.
Der Anteil der Polystyrolblöcke S liegt bevorzugt im Bereich von 5 bis 40 Gew.-%, ins¬ besondere im Bereich von 25 bis 35 Gew.-%, bezogen auf das gesamte Blockcopoly¬ mer. Der Anteil der Copolymerblöcke S/B liegt bevorzugt im Bereich von 60 bis 95 Gew.-%, insbesondere im Bereich von 65 bis 75 Gew.-%.
Besonders bevorzugt sind lineare Styrol-Butadien-Blockcopolymere der allgemeinen Struktur S-(S/B)-S mit ein oder mehreren, zwischen den beiden S-Blöcken liegenden, eine statische Styrol/Butadien-Verteilung aufweisenden Blöcken (S/B)raπdom- Solche Blockcopolymeren sind durch anionische Polymerisation in einem unpolaren Lösungs¬ mittel unter Zusatz eines polaren Cosolvens oder eines Kaliumsalzes erhältlich, wie beispielsweise in WO 95/35335 bzw. WO 97/40079 beschrieben.
Als Vinylgehalt wird der relative Anteil an 1 ,2-Verknüpfungen der Dieneinheiten, bezo¬ gen auf die Summe der 1 ,2-, 1 ,4-cis und 1 ,4-trans-Verknüpfungen verstanden. Der 1 ,2- Vinylgehalt im Styrol-Butadien-Copolymerblock (S/B) liegt bevorzugt unter 20 %, ins¬ besondere im Bereich von 10 bis 18%, besonders bevorzugt im Bereich von 12 bis 16 %.
Komponente C
Als anorganische Füllstoffe kommen zum Beispiel Titandioxid, Talk, Kreide, Kaolin, Ruß, Aluminiumhydroxid, Magnesiumhydroxid, Aluminiumnitrit, Aluminiumsilikat, Bari¬ umsulfat, Calciumcarbonat, Calciumsulfat, Kieselsäure, Quarzmehl, Aerosil, Tonerde, Wollastonit oder Farbpigmente in Betracht
Den Mischungen können ferner übliche Dispergierhilfsmittel, wie niedermolekular Wachse, z. B Polyethylenwachse oder Stearate, wie Magnesium- oder Calciumstearat zugesetzt werden.
Die erfindungsgemäße Mischung kann nach an sich bekannten Mischverfahren erfol¬ gen, beispielsweise durch Zugabe der Komponente C zu einer Schmelze von Kompo- nente A und B. Zweckmäßigerweise verwendet man hierzu Extruder, z. b. Einschne- cken- oder Zweischneckenextruder oder ander herkömmliche Plastifizierungssvorrich- tungen, wie Brabender-Mühlen oder Banbury-Mischer.
Bevorzugt werden die Füllstoffe in sogenannten Masterbatches eingesetzt. Hierbei wird ein Füllstoffkonzentrat in der Komponente A und/oder B bzw. einem niederviskosen Poly-olefin oder Wachs in möglichst hohen Konzentrationen eingearbeitet und dieses anschließend in einem Extruder mit den übrigen Komponenten compoundiert.
Bevorzugt werden die Viskositäten der Komponenten A) und B), sowie die Bedingun- gen für die Einarbeitung der Komponente C), z.B. Scherung, Temperatur oder Abkühl¬ geschwindigkeit so gewählt, dass sich die in Figur 1 gezeigte Morphologie ausbildet.
Figur 1 zeigt die elektronenmikroskopische Aufnahme eines Ultradünnschnittes einer erfindungsgemäßen Mischung aus Schlagzähpolystyrol (HIPS) (Komponente A)) und Styroflex (Komponente B)), welche 20 Gew.-% CaCθ3 (Komponente C)) enthält. Kau¬ tschukpartikel (2) und CaCO3 (3) sind in der Polystyrolmatrix (1) eingebettet. Die Kom¬ ponente B) ist im Querschnitt als Fäden (4) mit einem mittleren Länge/Durchmesser- Verhältnis von > 5, bevorzugt > 10, besonders bevorzugt > 15, erkennbar.
Gegebenenfalls kann die erfindungsgemäße Mischung weitere thermoplastische Poly¬ mere, wie Polyolefine, z.B. Homo- oder Copolymere von Ethylen oder Propolylen, Ho-
mo- oder Copolymere aus Acrylaten, z.B. Methylmethacrylat oder Polyphenylenether enthalten.
Durch Einmischen eines chemischen oder physikalischen Treibmittels, beispielsweise eines anorganischen Gases wie Stickstoff oder Kohlendioxid, lassen sich die erfin¬ dungsgemäßen Mischungen zu Schaumstoffsträngen oder -platten verarbeiten.
Die erfindungsgemäßen Mischungen zeichnen sich dadurch aus, das bei Zugabe von höheren Mengen an anorganischen Füllstoffen der Abfall der mechanischen Eigen- schaffen in der thermoplastischen Formmasse durch die Komponente B) kompensiert oder sogar eine Erhöhung der Zähigkeit beobachtet. Des weiteren sind die thermoplas¬ tischen Formmassen weniger empfindlich gegen Fremdpolymere und Verunreinigun¬ gen, da die Komponente B) eine gute Verträglichkeit zu verschiedenen thermoplasti¬ schen Polymeren, insbesondere zu verschiedenen Styrolpolymeren und Polyolefinen aufweist.
Die erfindungsgemäßen Mischungen können durch Extrusion, Spritzgießen, Vakuum¬ oder Glasformen oder Verschäumen zu Platten oder Formteilen verarbeitet werden. Sie besitzen eine sehr matte Oberfläche und können auch zu dünnwandigen Formtei- len, beispielsweise Jogurtbechern verarbeitet werden.
Die erfindungsgemäßen Mischungen weisen eine hohe Spannungsrissbeständigkeit, insbesondere im Kontakt mit Ölen und Fetten auf. Sie eignen sich daher zur Herstel¬ lung von Formteilen für Kühlschränke, z.B. für Kühlschrankinnenverkleidungen.
Beispiele:
Einsatzstoffe:
SB1 : Styroflex® 2G66 (Thermoplastisches Elastomer auf Basis eines Styrol-
Butadien-Blockcopolymeren mit statistischem S/B-Mittelblock der BASF Aktiengesellschaft)
SB2: Styrolux 3G55 (Sternförmig verzweigtes Styrol-Butadien-Blockcopolymer aus 25 Gew.-% Butadien und 25 Gew.-% Styrol).
PS486M: Schlagzähpolystyrol der BASF Aktiengesellschaft (Schmelzevolumenra¬ te MVR = 4 ml/10 min, bei 200°C/5 kp)
PS495F: Seh lagzäh polystyrol der BASF Aktiengesellschaft (Schmelzevolumenra¬ te MVR = 9,5 ml/10 min, bei 200°C/5 kp)
PS2710: Schlagzähpolystyrol der BASF Aktiengesellschaft (Schmelzevolumenra¬ te MVR = 4 ml/10 min, bei 200°C/5 kp)
PS145D: Standardpolystyrol der BASF Aktiengesellschaft (Schmelzevolumenrate MVR = 15 ml/10 min, bei 200°C/5 kp)
CaCO3: Carbitol 110 S, Imerys Company, Cornwall, England mit einer mittleren
Teilchengröße von 2 μm und einer Beschichtung aus Stearinsäure.
CaCO3-batch: 60 gew.-%iger batch aus Calciumcarbonat (Carbital 110S), hergestellt durch Schmelzeextrusion mit PS 495F auf einem Extruder ZSK 30.
TiO2-batch: 60 Gew.-% TiO2 und 40 Gew.-% Standardpolystyrol 158K (BASF AG)
Beispiele 1 bis 4, Vergleichsversuche V1 bis V3
Mischungen mit den in Tabelle 1 angegebenen Zusammensetzungen wurden in einem ZSK 30-Extruder bei einer Temperatur von 240°C bei 200 upm gemischt und bei 22O0C spritzgegossen. Die Formtemperatur betrug 45°C.
Die Kerbschlagzähigkeit wurde gemäß ISO 179-2/1 EA (F) gemessen.
Die biaxiale Zähigkeit wurde im Durchstoßtest an 2,1 mm bzw. 1 ,05 mm dicken Plätt¬ chen gemäß ISO 6603-2/40/20/C gemessen.
Streckspannung, Reißfestigkeit und Reißdehnung wurden im Zugtest nach ISO 5270- 2: 1993 ermittelt.
Die mechanischen Daten der erfindungsgemäßen Beispiele 1 bis 6 und der Ver- gleichsversuche V1 , V2 und V3 sind in Tabelle 1 zusammengestellt.
Tabelle 1
Beispiel 5, Vergleichsversuch V4
Mischungen mit der in Tabelle 2 angegebenen Zusammensetzungen wurden in einem ZSK 30-Extruder bei einer Temperatur von 2400C bei 200 upm direkt zu Platten mit einer Dicke von 1 ,2 mm extrudiert. Die Platten wurden anschließend zu Bechern bei einer Zykluszeit von 39 Bechern pro Minute thermoverformt. Der Durchmesser am obe¬ ren Rand betrug 6,8 mm und am unteren Boden 5,4 mm. Die Wanddicke schwankte zwischen 0,15 und 0,2 mm Dicke.
In Tabelle 2 sind die Glanzwerte, die bei einem Messwinkel von 60° entsprechend DIN 67530 mit einem Mikroglanzreflektrometer (BYK-Gardener GmbH, Geretsried) an den Bechern ermittelt wurden).
Durch die Substitution von 3 Gew.-Teilen Polystyrol PS 486 (V4) gegen das Styrol- Butadien-Blockcopolymer SB1 (B5) verdoppelt sich der Berstdruck bei nur geringfügig verringerter Bruchkraft.
Tabelle 2
Beispiele 6 und 7, Vergleichsversuche V5 und V6
Mischungen mit den in Tabelle 3 angegebenen Zusammensetzungen wurden in einem ZSK 30-Extruder bei einer Temperatur von 22O0C bei 200 upm gemischt und granu¬ liert. Aus den Granulaten wurden bei 17O0C und 200 bar 3 mm dicke Schulterstäbe gepresst.
Zur Beurteilung der Spannungsrissbeständigkeit (ESCR) wurde die in Anlehnung der in der ISO 4599 beschriebenen „Biegestreifenmethode" ermittelte Bruchdehnung heran¬ gezogen. Hierfür wurden die spritzgegossenen Zugprüfstäbe über Biegeschablonen mit dem Radius 170 mm gespannt und a) 50 Minuten in einem Autoklaven bei 300 mbar Druck einer Cyclopentan-Atmosphäre (CP) ausgesetzt bzw. b) die so unter Zugspannung stehende Oberfläche mit einer Mischung aus Olivenöl/Ölsäure (1 :1) be¬ strichen, 24 h gelagert und anschließend im Zugversuch gemäß ISO 527 gemessen. Als Referenz wurden Zugprüfstäbe ohne Medieneinwirkung (Luft) gemessen.
Tabelle 3