Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, den Neigungswinkel eines Bauteiles, z. B. eines .
Halteseiles, gegenüber einer vorzugsweise waagerechten Bezugsebene zu messen. In
vielen Fällen ist es nicht möglich, mit einer mechanischen Winkelmeßvorrichtung an das
Bauteil heranzukommen. Bei Halteseilen beispielsweise birgt die Berührung des Seiles gewisse
Gefahren durch elektrische Entladungsvorgänge. Tragseile oder Träger von Brücken,
Drahtseilbahnen u. dgl. sind in der Regel schwer zugänglich, so daß eine betriebsmäßige
Überwachung der Änderung des Seiiwinkels, die z. B. durch Belastungsschwankungen" hervorgerufen
werden kann, nur aus größerem Abstand vorgenommen werden kann. Solche Winkelmessungen müßten dann von einem
Standort aus erfolgen, der auf einer Senkrechten zu der durch das Bauteil gespannten
senkrechten Ebene liegt. Häufig ist jedoch ein solcher Standort aus praktischen Gründen
nicht benutzbar. Bei Halteseilen, die jeweils verschiedene Azimutlagen einnehmen, müßte
der Standort dauernd gewechselt werden, was insbesondere nachts unüberwindliche Schwierigkeiten
bereiten würde.
Die Erfindung besteht darin, daß an dem Bauteil die Endpunkte einer Strecke bekannter
Länge markiert sind und daß eine Visiervorrichtung vorgesehen ist, durch die der
Höhenunterschied der Streckenendpunkte normal zur Bezugsebene bestimmbar ist. Man
braucht also nur einen Meßpunkt zu wählen, der etwa auf der Bezugsebene (Waagerechten)
des unteren Markierungspunktes liegt. Der Höhenunterschied der beiden Streckenendpunkte
erscheint ja unabhängig vom Azimut des Bauteiles von jedem hinreichend entfernten
Meßpunkt der Bezugsebene aus in unveränderter Größe und ändert sich lediglich mit
der Neigung des Bauteiles gegen die Bezugsebene. Betrachtet man fortlaufend die Bahn
des oberen Meßpunktes für eine Bewegung von 3600 bei gleicher Neigung des Bauteiles,
so beschreibt der Meßpunkt einen Kreis (Neigungskreis), welcher parallel zur Bezugsebene
liegt. Der Hauptgedanke der Erfindung liegt also darin, durch ein optisches \"isiergerät
nicht den Neigungswinkel selbst- sondern dessen Sinus zu messen, indem man am Bauteil eine Strecke bekannter Länge markiert.
Zweckmäßigerweise wird die dazu erforderliche Visiervorrichtung so ausgebildet, daß im
Gesichtsfeld der Visiervorrichtung eine eine Mehrzahl paralleler Striche enthaltende Meßplatte
angeordnet ist, deren Abstände voneinander nach dem Sinusgesetz abnehmen.
Beziffert man diese Striche mit den ihnen entsprechenden Sinuswerten, so kann man an
einer solchen Strichplatte als Höhenunterschied der Streckenendpunkte einen Faktor
ablesen, der, mit dem Meßabstand multipliziert, den Sinus des gesuchten Neigungswinkels
ergibt.
Man kann aber auch eine derartige Strichplatte unmittelbar winkelmäßig beziffern,
wenn man einen bestimmten Meßabstand zugrunde legt und bei der Messung einhält. Gegebenenfalls
kann man für verschiedene Meßabstände gesonderte, winkelmäßig bezifferte Strichplatten herstellen und gegeneinander
auswechseln.
Falls man als Meßpunkt einen Standort wählen muß, der wesentlich über oder unter
der Bezugsebene liegt, sind in Abhängigkeit vom Azimut des Bauteiles Korrekturen des
Meßwertes erforderlich. Solche Korrekturen können rechnerisch oder nomogrammatisch ermittelt
werden. Sie lassen sich aber auch durch entsprechende Krümmung der Meßplattenstriche
vermeiden. Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in folgendem unter
Bezugnahme auf die Abbildung näher erläutert.
Ein von einer Seilwinde 1 auf- und abwickelbares Halteseil 2 ist über eine im Boden
verankerte Seilleitrolle 3 geführt und wird in einem veränderlichen Winkel zur Horizontalebene
gehalten. Die Kenntnis und Überwachung dieses Winkels ist erforderlich, um zu verhindern, daß sich das Seil in irgendwelchen
Hindernissen verfängt. Um die Welle der Umlenkrolle 3 ist ein Bügel 4 schwenkbar
gelagert. Der Bügel 4 trägt eine mit Führungsrollen 4', 4" für das Halteseil 2 versehene
Stange 5. Zwei Punkte 5', 5" der Stange 5, die eine bekannte Strecke begrenzen, sind durch Rückstrahler markiert. In
größerem Abstand von der Umlenkrolle 3. vorzugsweise in der Nähe der Seilwinde 1, ist
ein kleiner Scheinwerfer 6 und ein Meßfernrohr 7 auf einem gemeinsamen Stativ 8 aufgestellt.
Das Gesichtsfeld des Meßfernrohres 7 ist in Abb. 2 gesondert dargestellt. Es enthalt
eine Meßplatte mit parallelen Strichen, deren Abstände voneinander nach dem Sinus-,
gesetz nach oben zu enger werden. Auf dieser Meßplatte werden die beiden Markierungspunkte 5', 5" beobachtet, die gegebenenfalls
bei Nachtmessungen durch den Scheinwerfer 6 angestrahlt werden können. Bei der Messung
wird das Fernrohr 7 so eingerichtet, daß der Markierungspunkt 5" auf dem mit 0 bezeichneten
unteren Strich der Meßplatte erscheint. Der Markierungspunkt 5' wird dann in dem
Strichsystem auf einem der anderen Striche sichtbar, und zwar je nach der Azimutstellung
des Seiles 2 mehr oder weniger seitlich von dem Markierungspunkts", beispielsweise,
wie dargestellt, auf dem mit 6o° bezeichneten Strich. Die Meßplatte ist unter Zugrundelegung
eines bestimmten Visierabstandes und einer bestimmten Strecke 5', 5" ausgeführt, so
daß den einzelnen Strichen unmittelbar eine Bezifferung nach Winkelgraden zugeordnet
werden kann und so die unmittelbare Ablesung des Seilneigungswinkels möglich ist.
Die Meßplatte wird etwas komplizierter, wenn es nicht möglich ist, das Fernrohr 7 etwa in
der Horizontalebene des unteren Markierungspunktes 5" aufzustellen, so daß ein wesentlicher
Höhenunterschied zu berücksichtigen ist. Solche Fälle können z. B. dann vorkommen,
wenn die Umlenkrolle auf einen Hügel angeordnet ist. Es ist einleuchtend, daß in
solchem Falle nicht der Winkel des Seiles gegen die Horizontalebene, sondern gegen
eine durch den unteren Markierungspunkt 5" und Fernrohr aufgespannte geneigte Ebene
gemessen wird. Wenn man den Höhenunterschied kennt, so ist es leicht, den gemessenen
Winkel rechnerisch oder nomogrammatisch zu berichtigen. Man kann einen solchen Höhenunterschied aber auch durch besondere
Ausbildung der Meßplatte berücksichtigen, da ja die durch den Höhenunterschied bedingten
Meßfehler jeweils von der Azimutlage des Seiles abhängen. Bei einer Meßplatte, die
einen bestimmten Höhenunterschied berücksichtigt, sind die sonst parallelen geraden
Striche beiderseits der Mittellinie M-M entsprechend gekrümmt, mit der Einschränkung,
daß zweckmäßig nur die halben Neigungskreise, zumeist die hinteren Teile, zur Messung
herangezogen werden.