Technisches Gebiet
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Die Erfindung betrifft die Verwendung eines Turbulenzerzeugers
bzw. von Turbulenzeinbauten zum Dämpfen oder vollständigen
Verhindern von Stall-Schwingungen bei Windturbinenflügeln und eine
Windturbine, die einen Flügel mit Turbulenzeinbauten hat. Der
Ausdruck "Turbulenzeinbauten" bezeichnet in diesem Zusammenhang
Mittel zum Erzeugen von Turbulenzen.
Stand der Technik
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Es ist bekannt, daß in Windturbinenflügeln unter der Wirkung
starker Winde sogenannte Stall-Schwingungen auftreten. Die
Schwingungen können sowohl in Klappenrichtung (d. h. senkrecht
zu einer Ebene durch die vordere und hintere Kante des Flügels)
und in Kantenrichtung (d. h. in der Ebene durch die vordere und
hintere Kante des Flügels) sowie in kombinierten Richtungen
auftreten. Die Stall-Schwingungen können sehr stark sein und
die Lebensdauer der Flügel ernsthaft verringern. Ein besonders
ungünstiger Umstand ist, daß die Symmetriebedingung im
Schwingungszustand in Kantenrichtung, in dem zwei Flügel gegenphasig
vibrieren, das Erkennen der Stall-Schwingungen von dem
stationären Teil der Windturbine häufig erschwert. Die Flügel können
also in einem kritischen Zustand mit hohen
Schwingungsamplituden sein, ohne daß von einer normalen
Schwingungswarneinrichtung Fehlersignale abgegeben werden.
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Es ist bekannt, daß Stall-Schwingungen hauptsächlich an
bestimmten Flügeltypen und möglicherweise sogar nur bei
Verwendung bestimmter Windturbinentypen auftreten. Der Grund dafür
ist nicht allgemein bekannt, und es gibt keine analytischen
Methoden, um vorherzubestimmen, ob ein gegebener Flügeltyp, möglicherweise
in Verbindung mit einem speziellen Windturbinentyp,
Stall-Schwingungen verursachen wird.
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Von den Erfindern durchgeführte Versuche haben gezeigt, daß bei
einem gegebenen Flügeltyp eine große Gefahr von Stall-
Schwingungen besteht, wenn der Flügel an einem Windturbinentyp
angebracht ist, der bestimmte Strukturdynamische Eigenschaften
aufweist, und daß nur eine geringe oder gar keine Gefahr
besteht, wenn der Flügel an einem anderen Turbinentyp anqebracht
ist, der andere Strukturdynamische Eigenschaften aufweist.
Diese Versuchsergebnisse sind nicht allgemein bekannt.
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Es ist bekannt, daß das Auftreten von Stall-Schwingungen durch
Abschalten des Betriebs bei starkem Wind verhindert werden
kann. Der Nachteil dieser Möglichkeit ist, daß sie zu einer
Verminderung oder einem Abschalten des Betriebs bereits bei
Windgeschwindigkeiten im Bereich von 16 bis 18 m/s führen kann,
wogegen sonst von modernen Windturbinen gewöhnlich erwartet
wird, daß ihre Abschalt-Windgeschwindigkeit 25 m/s ist. Der
Produktionsverlust, der sich aus dem Abschalten des Betriebs
bei den häufig auftretenden höheren Windgeschwindigkeiten
ergibt, ist in vielen Fällen inakzeptabel.
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Es ist auch bekannt, daß Stall-Schwingungen durch eingebaute
Schwingungsdämpfer in den Flügeln gedämpft werden können. Der
Nachteil dieser Möglichkeit ist, daß die bloße Größe eines
Schwingungsdämpfers für einen großen Windturbinenflügel
beachtlich ist und daß also bei seiner Verwendung erhebliche Kosten
entstehen und außerdem in vielen Fällen eine Instandhaltung
erforderlich ist.
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Abgesehen von der Möglichkeit eingebauter Schwingungsdämpfer
sind zur Zeit keine Verfahren zum Dämpfen von Stall-
Schwingungen bekannt.
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Es ist bekannt, daß die Antriebseigenschaften für einen
Flügelquerschnitt mit einem gegebenen Profil auf verschiedene Weise
geändert werden können. Eine Möglichkeit ist,
Turbulenzeinbauten an oder nahe der vorderen Kante des Flügels anzubringen.
Die Verwendung solcher Turbulenzeinbauten an Flugzeugen ist
bekannt. An Windturbinen werden Turbulenzeinbauten in Form von
Blockierstreifen ausschließlich zum Einstellen der
Leistungskurve der Turbine oder in besonderen Fällen zum Ändern der
Geräuschemission des Flügels verwendet (siehe das dänische
Gebrauchsmuster DK 9500238 W, insbesondere Fig. 3). Ferner
beschreibt Derwent's Abstract Nr. 97-117539/11, Woche 9711,
Abstract von Ru. 2063545, Turbulenzeinbauten mit
Dreiecksquerschnitt, die an der vorderen Kante eines Rotorflügels
angeordnet sind.
Kurze Beschreibung der Erfindung
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Die Aufgabe der Erfindung ist es, eine besonders einfache
Methode zum Dämpfen oder Verhindern von Stall-Schwingungen
bereitzustellen.
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Diese Aufgabe wird mittels einer Windturbine mit den in
Anspruch 1 angegebenen Merkmalen gelöst. Die leistenförmigen
Turbulenzeinbautensegmente, die mit Zwischenräumen an der vorderen
Kante eines Windturbinenflügels angeordnet sind, resultieren in
einer bisher unbekannten und überraschend vorteilhaften
Dämpfung oder einer vollständigen Beseitigung von Stall-
Schwingungen in Situationen, in denen man sonst aufgrund der
Kombination des verwendeten Turbinenflügels und der verwendeten
Windturbinenstruktur Stall-Schwingungen erwarten würde und in
denen Stall-Schwingungen bisher als ein schwerwiegendes Problem
betrachtet wurden, das nur durch Verwendung eingebauter
Schwingungsdämpfer zufriedenstellend gelöst werden konnte.
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Die Erfindung macht also den Betrieb von Windturbinentypen
möglich, bei denen die Abschalt-Windgeschwindigkeit aufgrund der
Gefahr von Stall-Schwingungen bisher bei Windgeschwindigkeiten
bis zu der normalen Abschalt-Windgeschwindigkeit von
typischerweise 25 m/s gesenkt werden mußte. Infolgedessen ist die
Rentabilität erheblich verbessert.
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Im Vergleich mit Schwingungsdämpfern ist die vorliegende
Erfindung insofern vorteilhaft, als weder eine eingebaute
Einrichtung von erheblicher Größe noch deren Instandhaltung
erforderlich sind.
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Außerdem ist die Erfindung insofern vorteilhaft, als sie für
eine nachträgliche Anbringung sehr geeignet ist. Bei einer
Windturbine, bei der die Kombination von Strukturdynamik und
Aerodynamik Stall-Schwingungen zuläßt, können diese
Schwingungen durch die vorliegende Erfindung auf besonders einfache und
kostengünstige Weise gedämpft oder verhindert werden.
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Schließlich ist die Erfindung insofern vorteilhaft, als eine
Ausführungsform davon, die in Bezug auf die Dämpfung von Stall-
Schwingungen sehr wirksam ist, auch einen positiven Einfluß auf
die Leistungskurve der Windturbine hat. Infolgedessen wird eine
besonders überraschende Wirkung der Erfindung erzielt.
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Vorteilhafte Ausführungsformen der Erfindung sind in den
Unteransprüchen angegeben.
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Der Ausdruck "Stall-Schwingungen" (manchmal als "auch
Stromungsblösung induzierte Schwingungen" bezeichnet) an
Windturbinen wird seit den achtziger Jahren verwendet. Es hat sich
später gezeigt, daß die ersten Beobachtungen dieses Phänomens an
großen Windturbinen mißinterpretiert wurden. Erst in den
letzten Jahren wurde in der Praxis dieses Phänomen bei Nutz-
Windturbinen festgestellt. Infolgedessen sind das verfügbare
Wissen über das Phänomen, seinen Ursprung und seine Abhilfe
ziemlich begrenzt.
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Aufgrund ihrer eigenen Versuche verstehen die Erfinder Stall-
Schwingungen wie folgt:
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Im Betrieb können die Flügel von Stallregulierten Windturbinen
in einem Zustand sein, in dem die aerodynamische Dämpfung
gering oder negativ ist. Bei sehr negativer Dämpfung kann die
Gesamtdämpfung, die die Summe der aerodynamischen Dämpfung und
der strukturellen Dämpfung ist, negativ werden. Die Windturbine
kann dann eigenerregt werden. Die Schwingungen hängen nicht
notwendigerweise von einer Kopplung zwischen den einzelnen
Flügeln ab, und die Schwingungen haben höchstwahrscheinlich hohe
Amplituden in der Klappenrichtung. Es wurde angenommen, daß
dieser Schwingungstyp an der Nibe-A-Windturbine in den frühen
achtziger Jahren beobachtet wurde, spätere Messungen zeigten
jedoch, daß die Turbine nicht in einen solchen Zustand
gelangte.
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Ein anderer Typ von Stall-Schwingungen scheint dann
aufzutreten, wenn die Gesamtdämpfung zwar nicht unbedingt negativ wird,
aber die Kombination aus geringer Dämpfung und aeroelastischen
Rückwirkungen in Instabilität resultiert. Dieser Typ von Stall-
Schwingungen kann dann auftreten, wenn die natürliche
Kantenfrequenz der Flügel nahe der zweiten harmonischen Kipp- oder
Gerfierfrequenz ist. Während der Schwingung per se findet eine
aeroelastische Kopplung zwischen den Bewegungen der Flügel in
Kantenrichtung im ersten Schwingungsmodus und den Bewegungen in
Klappenrichtung im zweiten Kipp- oder Giermodus statt. Da die
Verformungen am Flügelfuß in Klappenrichtung im zweiten Modus
nicht notwendigerweise besonders schwerwiegend sind, wird das
Phänomen hauptsächlich durch Messungen an dem Flügelfuß als
Verformung in Kantenrichtung beobachtet. Diese Phänomen wird
daher häufig als Kantenschwingungen bezeichnet.
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Aufgrund des obigen Wissens, von dem allgemein nur wenig
bekannt ist, können Stall-Schwingungen im allgemeinen durch
Steigerung der aerodynamischen Dämpfung gedämpft oder verhindert
werden. Kantenschwingungen können außerdem gedämpft oder
verhindert werden, indem die Dynamik der Windturbine derart
geändert wird, daß die natürliche Kantenfrequenz von der zweiten
harmonischen Gierfrequenz weiter entfernt ist. Die vorliegende
Erfindung ist auf die erste Lösung ausgerichtet.
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Bevorzugt wird die Steigerung der aerodynamischen Dämpfung
erzielt, indem aerodynamische Modifikationen verwendet werden,
die die aerodynamische Beständigkeit des gedämpften Flügels
nicht beeinträchtigen. Versuche haben gezeigt, daß
Turbulenzeinbauten, die an der vorderen Kante des Flügels angeordnet
sind, dafür geeignet sind. Wie die gesteigerte aerodynamische
Dämpfung erhalten wird, wird nicht wirklich verstanden, unter
anderem weil die Dämpfungsbedingungen bei normalen, nicht
modifizierten aerodynamischen Profilen an Windturbinenflügeln nicht
vollständig festgelegt sind. Es wird angenommen, daß die
Wirkung auf einer Kombination aus teilweise einem verringerten Cl-
max. (maximaler Vertriebsbeiwert) des modifizierten Profils und
teilweise (und teilweise infolge eines reduzierten Cl-max.)
einer reduzierten Hystereseschleife des Profils beim Stall
beruht. Außerdem weisen die Turbulenzeinbauten das Merkmal auf,
daß sie in ihrem Stall-Zustand imstande sind, eine wesentlich
größere Fläche des Flügels zu beeinflussen, und zwar nicht nur
die Fläche unmittelbar hinter den Turbulenzeinbauten - obwohl
dies von der praktischen Konstruktion abhängt. Diese Wirkung
ermöglicht Turbulenzeinbauten mit einer Länge von nur 2 bis 3%
der Länge des Flügels, um die KantenSchwingungen wirkungsvoll
zu dämpfen.
Kurze Beschreibung der Zeichnungen
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Vorteilhafte praktische Ausführungsformen der Erfindung sind
nachstehend im einzelnen erläutert. Es wird auf die Zeichnungen
Bezug genommen; diese zeigen in:
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Fig. 1 ein Beispiel von Stall-Schwingungen,
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Fig. 2 eine schematische Darstellung von bekannten
Turbulenzeinbauten, die an der vorderen Kante eines
Windturbinenflügels angeordnet sind;
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Fig. 3 ein Beispiel, das zeigt, wie die Verwendung der
Turbulenzeinbauten von Fig. 2 Stall-Schwingungen beseitigt,
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Fig. 4 ein Beispiel, das zeigt, wie die Turbulenzeinbauten in
Segmenten angeordnet sein können,
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Fig. 5 ein Beispiel, das zeigt, wie die segmentierten
Turbulenzeinbauten die Leistungskurve der Windturbine verbessern.
Beste Art der Ausführung der Erfindung
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Fig. 1 zeigt ein Beispiel von Stall-Schwingungen. Die Figur
zeigt die Beziehung zwischen verschiedenen Parametern und der
Zeit eines Schwingungsverlaufs, wobei die Zeit in Sekunden auf
der Abszisse aufgetragen ist. Die Ordinate zeigt von oben:
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A: die Windgeschwindigkeit (m/s);
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B: Leistung (kW);
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C: das Flügelfußmoment in Klappenrichtung;
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D: das Flügelfußmoment in Kantenrichtung;
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E: das Kippmoment;
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F: das Rotationsmoment; und
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G und H: das Moment in der Turmbasis in zwei zueinander
senkrechten Richtungen.
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Alle Momente sind als unkalibrierte Ausgangsspannungen von
Dehnungsmeßstreifen-Verstärkern angegeben. Vor dem Auftreten von
Schwingungen wird das Signal für das Flügelfußmoment in
Kantenrichtung von der Eigenlast bestimmt. Zur ungefähren Zeit 1
beginnen die Schwingungen, wenn die Windgeschwindigkeit die
Grenze des stabilen Zustands überschreitet. Die Schwingung erreicht
ihre Höchstamplitude zur Zeit 2, wobei die Amplitude erheblich
über derjenigen ist, die von der Normallast gegenüber der
Eigenlast verursacht wird und die die Lebensdauer des Flügels
erheblich verringert, wenn sie nicht gesteuert wird.
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Fig. 2 zeigt ein Beispiel von Turbulenzeinbauten in Form einer
Stall-Leiste 3 mit einem gleichseitigen Dreiecksquerschnitt mit
einer Seitenlänge von ungefähr 10 mm. Die Turbulenzeinbauten
sind an der vorderen Kante des Flügels 4 im Staupunkt
angeordnet. Die Leiste hat eine Länge von 500 mm und ist von der
Flügelspitze 3300 mm entfernt und in Richtung zu der Mitte
angeordnet.
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Fig. 3 ist ein Beispiel, das zeigt, wie die Verwendung der
Turbulenzeinbauten von Fig. 2 Stall-Schwingungen beseitigt. Die
Figur weist zwei x-y-Diagramme des Flügelfußmoments in
Kantenrichtung gegenüber der Windgeschwindigkeit in m/s auf. Das
Moment wird als unkalibrierte Ausgangsspannung von
Dehnungsmeßstreifen-Verstärkern geliefert. Die Mittelwerte sind in den
x-y-Diagrammen mit einem Kreuz gezeigt, und die Minimal- und
Maximalwerte sind mit einem Punkt gezeigt. In dem einen
Diagramm (Fig. 3A), das vor der Verwendung der Turbulenzeinbauten
nach der Erfindung aufgezeichnet ist, beginnt der Flügel bei
ungefähr 16 m/s zu vibrieren, und an diesem Punkt divergieren
der Minimalwert und der Maximalwert von dem Mittelwert. Bei
einer geringfügig höheren Windgeschwindigkeit wird die Amplitude
der Schwingungen inakzeptabel. In dem zweiten Diagramm (Fig.
3B), das nach der Verwendung der Turbulenzeinbauten nach der
Erfindung aufgezeichnet ist, vibrieren die Flügel zu keiner
Zeit, und der Betrieb kann fortgesetzt werden, bis die normale
Abschalt-Windgeschwindigkeit von 25 m/s erreicht ist.
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Fig. 4 ist eine Drauf- und Vorderansicht eines Beispiels, das
zeigt, wie die Turbulenzeinbauten als Stall-Leisten in
Segmenten angeordnet sein können. Eine Dreiecksleiste von 10 mm gemäß
Fig. 2 wird verwendet. Vier Segmente, die jeweils eine Länge
von 500 mm haben, sind an der vorderen Kante eines LM 19.1
Flügels angeordnet. Das äußerste Segment ist mit dem größten
Radius von 3300 mm von der Spitze des Flügels 4 angeordnet. Die
inneren Segmente sind gleichmäßig mit Zwischenräumen von 1500 mm
angeordnet. Die Gesamtlänge des Flügels ist ungefähr 20 m.
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Fig. 5 zeigt ein Beispiel, wie die segmentierten
Turbulenzeinbauten nicht nur Stall-Schwingungen verhindern, sondern auch
die Leistungskurve der Windturbine verbessern. Die Figur weist
zwei x-y-Diagramme der Leistung in kW gegenüber der
Windgeschwindigkeit in m/s auf. In den x-y-Diagrammen sind die
Mittelwerte mit einem Kreuz und die Minimal- und Maximalwerte mit
einem Punkt gezeigt. In dem einen Diagramm (Fig. 5A), das vor
der Verwendung der Turbulenzeinbauten nach der Erfindung
aufgezeichnet ist, ist die Leistungsbegrenzung nur graduell, und es
wird kein tatsächlicher Maximalwert erhalten. Die gewünschte
Leistung von 550 kW wird erkennbar überschritten. In dem
zweiten Diagramm (Fig. 5B), das nach der Verwendung der
segmentierten Turbulenzeinbauten nach der Erfindung aufgezeichnet ist,
erfolgt die Leistungsbegrenzung sehr rasch, und eine besonders
günstige Leistungskurve wird erhalten.
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Vorstehend wurden Turbulenzeinbauten bzw. Segmente von
Turbulenzeinbauten, die als Stall-Leiste mit Dreiecksquerschnitt
ausgebildet sind, gezeigt und beschrieben. Es versteht sich
jedoch, daß ein solcher Stall-Streifen jeden vorteilhaften
Querschnitt haben kann.