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Technisches Gebiet
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Die vorliegende Erfindung betrifft ein System zur Akutbehandlung einer Migräneattacke. Das System umfasst wenigstens eine Hautelektrode zur Platzierung auf der Stirn eines Patienten. Das System ist zum Bereitstellen aufeinanderfolgender biphasischer elektrischer Impulse mittels der wenigstens einen Hautelektrode an die supratrochleären und supraorbitalen Nerven des ophthalmischen Zweiges des Trigeminusnervs während einer längeren Zeitspanne konfiguriert.
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Hintergrund
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Migräne ist eine weitverbreitete neurobiologische Störung, die durch wiederkehrende Kopfschmerzepisoden, begleitet von sensorischer Hypersensitivität, gekennzeichnet ist, was die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen kann. Akutbehandlungen werden während einer Migräneattacke mit dem Ziel angewandt, Schmerzen durch Kopfweh zu beenden oder zu reduzieren und die normale Funktion wiederherzustellen, wohingegen präventive Behandlungen zur Verringerung der Häufigkeit und Schwere der Attacken vorgesehen sind.
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Derzeitige Migräne-Akutbehandlungen sind hauptsächlich pharmakologische Ansätze, wobei die am häufigsten verwendeten Medikamente Analgetika, nicht-steroidale entzündungshemmende Arzneimittel (NSAIDs) und Triptane sind. Diese Arzneimittel weisen mehrere Kontraindikationen auf und sind mit mäßigen bis schweren Nebenwirkungen verbunden. Bei Patienten mit häufigen und/oder anhaltenden Migräneattacken kann die übermäßige Einnahme von akuten Migräne-Arzneimitteln zur Chronifizierung von Kopfschmerzen und Medikamentenübergebrauchs-Kopfschmerzen führen, was auf schlechtere Auswirkungen hindeutet. Außerdem können manche Patienten (insbesondere diejenigen mit chronischer Migräne) gegenüber herkömmlichen Migräne-Medikamenten resistent werden und somit keine ausreichende Schmerzlinderung erreichen. Medikationsbedingte Nebenwirkungen und eingeschränkte Wirksamkeit unterstreichen den Bedarf an nicht-pharmakologischen Therapien.
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Neuere Studien deuten darauf hin, dass Neurostimulation eine vielversprechende Modalität für die Behandlung von Kopfschmerzstörungen sein kann. Mehrere Neuromodulationstechniken wurden für die Behandlung primärer Kopfschmerzen untersucht. Pain Physician 11(2), 187-200 (2008) offenbart offene Studien, bei denen eine perkutane Okzipitalnervenstimulation (p-ONS) für chronische Migräne wirksam war. Lancet Neurology 6(4), 314-321 (2007) offenbart die Wirksamkeit von p-ONS für chronische Cluster-Kopfschmerzen. Cephalalgia 31(3), 271-285 (2011) offenbart positive Ergebnisse für p-ONS in einer kontrollierten Studie für chronische Migräne. Cephalalgia 30(3), 260-271 (2010) offenbart, dass eine kombinierte Neurostimulation des Okzipitalnervs und des Nervus supraorbitalis eine bessere Wirksamkeit als die Stimulation des Okzipitalnervs allein zeigt. Neuromodulation 19(5), 507-514 (2016) offenbart, dass, obwohl der funktionelle Zustand des Patienten in der perioperativen Periode verbessert wird, er über die Langzeit-Nachuntersuchung hin nachließ. Cephalalgia 33(10), 816-830 (2013) offenbart, dass die sphenopalatinale Ganglion-Stimulation (SPG) in mehreren Studien positive Ergebnisse liefert, hauptsächlich für die Behandlung von Cluster-Kopfschmerzen. Obwohl sie allgemein gut verträglich sind, könnten diese invasiven Neuromodulationstechniken jedoch für hartnäckige Migräne und chronische Cluster-Kopfschmerzen geeignet sein, aber sie sind möglicherweise für weniger schwere Migräne-Patientenkategorien nicht akzeptabel. Cephalalgia 36(6), 534-546 (2016) offenbart, dass die nicht-invasive Vagusnervstimulation klinische Vorteile jenseits derjenigen mit einer Pflegestandard-Behandlung für Cluster-Kopfschmerzen zeigt. Allerdings berichten Journal of Headache and Pain 16, 63 (2015) und Neurology 87(5), 529-538 (2016) negative Ergebnisse für nicht-invasive Vagusnervstimulation aus Schein-kontrollierten Studien für chronische Migräne.
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BMC Neurology 11, 135 (2011) offenbart eine doppelblinde, Schein-kontrollierte Cross-Over-Studie mit gesunden Subjekten, bei der gefunden wurde, dass eine transkutane supraorbitale Neurostimulation eine sedative Wirkung hervorruft. Neurology 80(8), 697-704 (2013) offenbart eine nachfolgende multizentrische, randomisierte, doppelblinde, Schein-kontrollierte Studie, die die Wirksamkeit und Sicherheit der externen Trigeminusnervenstimulation (e-TNS) für die Prävention von episodischer Migräne zeigt. The Journal of Headache and Pain 16, 69 (2015) offenbart eine größere offene randomisierte Studie, in der die therapeutische Wirksamkeit bei der Migräne-Prävention bestätigt wurde. The Journal of Headache and Pain 14, 95 (2013) offenbart eine prospektive Studie von 2313 Patienten, in der die Sicherheit und Patientenzufriedenheit weiter bestätigt wurden.
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Es besteht jedoch im Stand der Technik weiterhin ein Bedarf an einer sicheren nichtmedikamentösen und nicht-invasiven Akutbehandlung für Migräneattacken.
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US 2009/0 210 028 offenbart eine Vorrichtung zur elektrotherapeutischen Behandlung von Kopfschmerzen, wie Spannungskopfschmerzen und Migränen. Ein Elektrodenträger hat eine Form und ist hinsichtlich der Größe so ausgewählt, dass unabhängig von dem Subjekt die Erregung der afferenten Bahnen der supratrochleären und supraorbitalen Nerven des ophthalmischen Zweiges des Trigeminusnervs ermöglicht wird. Ein elektrischer Schaltkreis beinhaltet einen programmierbaren Signalgenerator, der dazu geeignet ist, Impulse mit einer Dauer zwischen 150 und 450 µs mit einer maximalen Zunahme der Intensität von 0 bis 20 mA bei einer Rate von weniger als oder gleich 40 µA/s und mit einer Hochstufung der Intensität von nicht mehr als 50 µA zu erzeugen.
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US 2009/0 210 028 offenbart nicht die Verwendung der Vorrichtung zur Behandlung von Migräneattacken. Darüber hinaus offenbart die
US 2009/0 210 028 keine speziellen Behandlungsdauern.
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Die vorliegende Erfindung zielt darauf ab, wenigstens einige der oben erwähnten Probleme zu lösen.
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Zusammenfassung der Erfindung
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In einem ersten Aspekt stellt die vorliegende Erfindung ein System zur Akutbehandlung einer Migräneattacke eines Patienten bereit, wie es in Anspruch 1 offenbart ist.
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Die Erfindung ist dahingehend vorteilhaft, da sie ein sicheres, nicht-medikamentöses und nicht-invasives Akutbehandlungsverfahren und -system für Migräneattacken vorsieht und dadurch einen lang gehegten Bedarf im Stand der Technik erfüllt. Die Erfindung basiert auf zwei klinischen Studien, die in den Beispielen offenbart sind.
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Figurenliste
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- 1 zeigt einen zeitlichen Verlauf einer prospektiven klinischen Studie.
- 2A zeigt eine bipolare selbstklebende Elektrode, die an der Stirn eines Patienten angebracht ist und über der eine Energie bereitstellende Vorrichtung platziert werden kann, wie in den 2B und 2C gezeigt.
- 3 zeigt die zeitliche Entwicklung einer mittleren Schmerzintensität in einer prospektiven klinischen Studie.
- 4 zeigt eine bipolare selbstklebende Elektrode.
- 5 zeigt eine Energie bereitstellende Vorrichtung.
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Detaillierte Beschreibung der Erfindung
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Die vorliegende Erfindung betrifft ein System zur Akutbehandlung einer Migräneattacke. Die Erfindung wurde im entsprechenden Abschnitt zusammengefasst. Im Folgenden wird die Erfindung im Detail beschrieben, bevorzugte Ausführungsformen werden erläutert und die Erfindung wird anhand von Beispielen veranschaulicht.
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Wenn nicht anders definiert, haben alle Begriffe, die zum Offenbaren der Erfindung verwendet werden, einschließlich technischer und wissenschaftlicher Begriffe, die Bedeutung, wie sie von einem Durchschnittsfachmann auf dem Gebiet, zu dem diese Erfindung gehört, üblicherweise verstanden wird. Zur weiteren Anleitung sind Begriffsdefinitionen eingeschlossen, um die Lehre der vorliegenden Erfindung besser einschätzen zu können.
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Wie hierin verwendet, haben die folgenden Begriffe die folgenden Bedeutungen:
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„Ein“, „eine“, und „der/die/das“, wie hierin verwendet, betreffen sowohl die Singularals auch Pluralbezugnahmen, sofern der Kontext nicht eindeutig etwas anderes vorschreibt. Beispielsweise bezieht sich „ein Fach“ auf ein oder mehr als ein Fach.
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„Etwa“, wie hierin in Bezug auf einen messbaren Wert, wie einen Parameter, eine Menge, eine zeitliche Dauer und dergleichen, verwendet, soll Schwankungen von +/-20% oder weniger, bevorzugter Weise +/- 10% oder weniger, stärker bevorzugt +/-5% oder weniger, noch bevorzugter +/- 1% oder weniger und noch weiter bevorzugt +/-0,1% oder weniger, von und ab dem spezifizierten Wert einschließen, insofern solche Schwankungen geeignet sind, um in der offenbarten Erfindung zu funktionieren. Es ist jedoch zu verstehen, dass der Wert, auf den sich der Modifikator „etwa“ bezieht, auch selbst spezifisch offenbart ist.
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„Aufweisen“, „umfassend“ und „umfasst“ und „aufgebaut aus“, wie hierin verwendet, sind gleichbedeutend mit „einschließen“, „einschließlich“, „beinhaltet“ oder „enthalten“, „enthaltend“, „enthält“ und sind inklusive oder offenendige Begriffe, die das Vorhandensein dessen, was folgt, z. B. einer Komponente, angeben und das Vorhandensein von zusätzlichen, nicht aufgeführten Komponenten, Merkmalen, Elementen, Bauteilen, Schritten, die im Stand der Technik bekannt oder darin offenbart sind, nicht ausschließen oder verneinen.
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Das Aufführen numerischer Bereiche durch Endpunkte beinhaltet alle Zahlen und Fraktionen, die innerhalb dieses Bereichs subsummiert sind, sowie die zitierten Endpunkte.
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Die Erfindung stellt ein System zur akuten Behandlung einer Migräneattacke eines Patienten bereit. Das System umfasst wenigstens eine Hautelektrode. Die wenigstens eine Hautelektrode ist zur Platzierung auf der Stirn des Patienten konfiguriert. Das System ist so konfiguriert, dass es aufeinanderfolgende biphasische elektrische Impulse über die wenigstens eine Hautelektrode über eine längere Zeitspanne hinweg bereitstellt. Vorzugsweise beläuft sich diese Zeitspanne auf wenigstens 10 Minuten, weiter bevorzugt wenigstens 25 Minuten, noch bevorzugter wenigstens 35 Minuten, noch mehr bevorzugt wenigstens 45 Minuten und am meisten bevorzugt wenigstens 55 Minuten, wie eine Zeitspanne von 55, 60, 65, 70, 75, 80, 85, 90, 95, 100, 105, 110, 115, 120, 125, 130, 135, 140, 145, 150, 155, 160, 165, 170, 175, 180, 185, 190, 195, 200, 205, 210, 215, 220, 225, 230, 235, 240 Minuten, oder irgendeinen Wert darüber oder dazwischen.
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Die Anmelderin hat festgestellt, dass eine verlängerte Behandlung, d. h. für wenigstens 10 Minuten und vorzugsweise wenigstens etwa 60 Minuten, für die Schmerzlinderung während Migräneattacken vorteilhaft ist, sowohl im Hinblick auf eine sofortige Schmerzunterdrückung als auch im Hinblick auf eine verlängerte Schmerzlinderung nach Abschluss der Behandlung. Die in dem Beispiel offenbarten klinischen Studien unterstützen diese Feststellung. Weitere Forschungen, die noch längere Behandlungsdauern, wie zum Beispiel wenigstens 120 Minuten, untersuchen, sind im Gange. Die Anmelderin erwartet, dass diese noch längeren Behandlungsdauern eine erhebliche weitere Schmerzlinderung ergeben.
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In einer bevorzugten Ausführungsform sind die biphasischen elektrischen Impulse im Wesentlichen rechteckige biphasische Impulse mit einem elektrischen Mittelwert von Null. Dies ist vorteilhaft, da dieser Typ von Impulsen leicht zu erzeugen ist und keine Nettoladungsübertragung auf den Patienten erfordert.
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In einer bevorzugten Ausführungsform ist das System zum Bereitstellen der aufeinanderfolgenden biphasischen elektrischen Impulse bei einer Frequenz von wenigstens 10 Hz und höchstens 300 Hz, wie 10 Hz, 20 Hz, 30 Hz, 40 Hz, 50 Hz, 60 Hz, 70 Hz, 80 Hz, 90 Hz, 100 Hz, 110 Hz, 120 Hz, 130 Hz, 140 Hz, 150 Hz, 160 Hz, 170 Hz, 180 Hz, 190 Hz, 200 Hz, 220 Hz, 240 Hz, 260 Hz, 280 Hz, 300 Hz, oder irgendeinem Wert dazwischen konfiguriert.
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Die Anmelderin hat festgestellt, dass bei einer Frequenz von etwa 100 Hz die Impulse am besten in der Lage sind, einen analgetischen Effekt durch Erregen des Trigeminusnervs und im Genaueren der supratrochleären und supraorbitalen Nerven des ophthalmischen Zweiges des Trigeminusnervs zu erzeugen, wodurch eine Linderung der Schmerzen und eine Behandlung der Migräneattacke bewirkt wird.
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In einer bevorzugten Ausführungsform umfassen wenigstens einige und vorzugsweise jeder der aufeinanderfolgenden biphasischen elektrischen Impulse eine Breite von wenigstens 30 µs und höchstens 1000 µs, vorzugsweise wenigstens 100 µs und höchstens 500 µs, wie 100 µs, 125 µs, 150 µs, 175 µs, 200 µs, 225 µs, 250 µs, 275 µs, 300 µs, 325 µs, 350 µs, 375 µs, 400 µs, 425 µs, 450 µs, 475 µs, 500 µs, oder irgendeinen Wert dazwischen.
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Die Anmelderin hat herausgefunden, dass eine Breite von etwa 250 µs umfassende Impulse einen ausreichenden temporären Ladungsaufbau induzieren, um ausreichend wirksam zu sein, damit der Trigeminusnerv bzw. Drillingsnerv, und im Genaueren die supratrochleären und supraorbitalen Nerven des ophthalmischen Zweiges des Trigeminusnervs, erregt (Aktionspotentiale ausgelöst) werden, wodurch eine Linderung der Schmerzen und eine Behandlung der Migräneattacke bewirkt wird.
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In einer bevorzugten Ausführungsform ist das System zum linearen Erhöhen der Amplitude der aufeinanderfolgenden biphasischen elektrischen Impulse während eines ersten Teils der Zeitspanne bis zu einer vorkonfigurierten oberen Amplitude konfiguriert, die während eines zweiten anschließenden Teils der Zeitspanne beibehalten wird. Vorzugsweise beträgt die vorkonfigurierte obere Amplitude wenigstens 1 mA und höchstens 50 mA, stärker bevorzugt wenigstens 5 mA und höchstens 25 mA, wie 5 mA, 6 mA, 7 mA, 8 mA, 9 mA, 10 mA, 11 mA, 12 mA, 13 mA, 14 mA, 15 mA, 16 mA, 17 mA, 18 mA, 19 mA, 20 mA, 21 mA, 22 mA, 23 mA, 24, mA, 25 mA, oder irgendeinen Wert dazwischen. Vorzugsweise beträgt der erste Teil der Zeitspanne wenigstens 1 Minute und höchstens 30 Minuten, stärker bevorzugt wenigstens 5 Minuten und höchstens 20 Minuten, wie 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20 Minuten oder irgendeinen Wert dazwischen. Vorzugsweise umfasst die lineare Amplitudenerhöhung während des ersten Teils der Zeitspanne eine Steigung von wenigstens 1,6 µA/s und höchstens 833 µA/s, vorzugsweise wenigstens 8 µA/s und höchstens 83 µA/s, wie 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30 µA/s, oder irgendeinen Wert dazwischen. Am meisten bevorzugt wird die Amplitude in etwa 14 Minuten von 0 mA auf etwa 16 mA hochgefahren, wobei die Steigung der linearen Amplitudenerhöhung dadurch einen Wert von etwa 19 µA/s umfasst.
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Die Anmelderin hat herausgefunden, dass eine Amplitude der Impulse von etwa 16 mA die maximale räumliche Rekrutierung, d.h. Erregung (Stimulation) aller Nervenfasern der supratrochleären und supraorbitalen Nerven, ermöglicht und somit eine optimale Wirksamkeit der Behandlung ergibt. Das sanfte lineare Hochfahren bis zur vorkonfigurierten oberen Amplitude ist vorteilhaft, da es dem Patienten hilft, sich an die starke vorkonfigurierte obere Stimulationsamplitude von 16 mA zu gewöhnen.
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In einer bevorzugten Ausführungsform umfasst das System einen durch den Patienten drückbaren Knopf. Das System wird hiermit bei kurzem Drücken des Knopfs während der Zeitspanne zum Beibehalten der zum oder vor dem Zeitpunkt des Drückens des Knopfes bereitgestellten biphasischen Impulsamplitude während des gesamten Rests der Zeitspanne konfiguriert. Dies ist vorteilhaft, da es einem Patienten erlaubt, während des sanften Hochfahrens bis zur vorkonfigurierten oberen Amplitude den Knopf zu drücken, um die augenblickliche oder eine vorherige Amplitude während des Rests der Behandlungszeit beizubehalten. Ein Patient kann daher die Intensität begrenzen, sollte diese zu hoch werden.
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In einer bevorzugten Ausführungsform ist das System ferner zur Beschleunigung des Hochfahrens beim kontinuierlichen Drücken des Knopfes für einige Sekunden konfiguriert. Dies ist vorteilhaft, da ein Patient, der an die Behandlung von Migräneattacken mittels des Systems gewöhnt ist, ein schnelleres Hochfahren und somit eine schnellere Linderung der Kopfschmerzen erhalten kann. Durch kontinuierliches Drücken des Knopfs während mehrerer Sekunden kann die optimale und effektivste Amplitude von 16 mA innerhalb von 30 Sekunden erreicht werden. Das System ist hierbei so konfiguriert, dass die Amplitude schnell erhöht wird, während der Knopf kontinuierlich gedrückt wird. Wenn der Knopf anschließend losgelassen wird, stabilisiert sich die Amplitude und bleibt konstant. Beim erneuten Drücken des Knopfs steigt die Intensität erneut an, solange der Knopf gedrückt wird.
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In einer Ausführungsform kann die wenigstens eine Hautelektrode zwei oder mehr Hautelektroden umfassen, die zum Befestigen an der Stirn des Patienten konfiguriert sind, um zwei oder mehr Kontakte zum Bereitstellen der aufeinanderfolgenden biphasischen elektrischen Impulse zu bilden. In einer am meisten bevorzugten Ausführungsform umfasst die wenigstens eine Hautelektrode eine bipolare selbstklebende Elektrode, die eine selbstklebende Seite für den Hautkontakt sowie eine äußere Seite umfasst, welche zwei Kontaktzonen zum Bilden des elektrischen Kontakts mit einer Energie bereitstellenden Vorrichtung umfasst. Die 5 zeigt eine Ausführungsform einer solchen bipolaren selbstklebenden Hautelektrode. Sie umfasst ferner einen zentralen Vorsprung, über den eine Energie bereitstellende Vorrichtung positioniert werden kann. 2A zeigt die Positionierung einer bipolaren selbstklebenden Hautelektrode (6) auf der Stirn eines Patienten. Die bipolare selbstklebende Hautelektrode (6) und ihre Positionierung sind dabei für die Stimulation des Trigeminusnervs angepasst, der drei Zweige besitzt: den ophthalmischen Zweig (1), den Oberkieferzweig (4) und den Unterkieferzweig (5). Dieser Nerv teilt sich auf der Stirn in zwei Zweige: den internen frontalen (oder supratrochleären) Nerv (2) und den externen frontalen (oder supraorbitalen) Nerv (3). Die bipolare selbstklebende Hautelektrode umfasst insbesondere eine Form und Konfiguration, die für die Stimulation der supratrochleären und supraorbitalen Nerven des ophthalmischen Zweiges des Trigeminusnervs angepasst sind. Die 4 zeigt eine Ausführungsform einer um-den-Kopf-klemmbaren Vorrichtung, welche zwei metallische Kontakte (nicht gezeigt) umfasst, die in elektrischem Kontakt mit den zwei Kontaktzonen der bipolaren selbstklebenden Hautelektrode positioniert werden können. Die um-den-Kopf-klemmbare Vorrichtung umfasst eine Aussparung zum Anordnen über dem Vorsprung der bipolaren selbstklebenden Hautelektrode. Der Vorsprung kann dabei eine Basis umfassen, die an einem Ende mit der Außenfläche der Hautelektrode verbunden ist und am gegenüberliegenden Ende in einem breiteren Kopf endet. Die Aussparung der um-den-Kopf-klemmbaren Vorrichtung ist vorzugsweise für eine stabile Platzierung über dem breiteren Kopf konfiguriert. 2B veranschaulicht die Platzierung der um-den-Kopf-klemmbaren Vorrichtung (7) über der bipolaren Hautelektrode. Die Vorrichtung umfasst einen Knopf (8) zum Starten einer Behandlung und/oder zum Begrenzen der Amplitude während der besagten linearen Erhöhung im ersten Teil der besagten Zeitspanne. Die um-den-Kopf-klemmbare Vorrichtung von 2B umfasst zwei Schenkel (9), um die Klemmfunktionalität bereitzustellen. Alternativ kann die Klemmfunktionalität auch durch ein elastisches Band realisiert werden. Jeder der Schenkel umfasst auch ein Fach zum Positionieren einer Batterie vom AAA-Typ zum Antreiben der Vorrichtung. Das System, das die Vorrichtung und die wenigstens eine Hautelektrode umfasst, ist dadurch tragbar, d. h. ein Patient kann umhergehen und hat die Hände frei.
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Eine alternative Ausführungsform einer Energie bereitstellenden Vorrichtung ist in 2C gezeigt. Die bipolare selbstklebende Hautelektrode umfasst einen Vorsprung, der eine Basis umfasst, die an einem Ende mit der Außenfläche der Hautelektrode verbunden ist und am gegenüberliegenden Ende in einem breiteren Kopf endet. Die Energie-bereitstellende Vorrichtung umfasst eine Aussparung für eine stabile Platzierung der Vorrichtung über dem Kopf des Vorsprungs. Wie aus 2C ersichtlich, ist die Vorrichtung dadurch schenkellos. Die Vorrichtung umfasst auch wenigstens ein Fach zur Positionierung wenigstens einer Batterie. Die Vorrichtung umfasst auch einen Knopf zum Starten einer Behandlung und/oder zum Begrenzen der Amplitude während der besagten linearen Erhöhung im ersten Teil der besagten Zeitspanne. Das System, das die Vorrichtung und die wenigstens eine Hautelektrode umfasst, ist dadurch ebenfalls tragbar, d. h. ein Patient kann umhergehen und hat die Hände frei.
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In einer bevorzugten Ausführungsform umfasst das System ein greifbares nichtflüchtiges Speichermedium, wie zum Beispiel eine programmierbare elektrische Schaltung, zum Einstellen und Speichern von wenigstens einem und vorzugsweise allen von: der Impulsfrequenz, der Impulsbreite, der Impulsamplitude, der Impuls-Hochfahrzeit oder -Hochfahrsteigung für die lineare Erhöhung der Amplitude und der Behandlungszeit (d. h. der Zeitspanne).
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Das System der Erfindung kann zudem Teil eines Kits sein, wobei das Kit auch ein Medikament umfasst. Vorzugsweise umfasst das Medikament eines oder mehrere von einem Analgetikum, einem nicht-steroidalen entzündungshemmenden Arzneimittel, einem Triptan, einem Ditan und einem CGRP-Antagonisten. Abhängig von den Bedürfnissen eines Patienten kann der Patient eine kombinierte Behandlung verwenden, die das Medikament und die e-TNS umfasst. Die kombinierte Behandlung kann den Beginn der e-TNS-Behandlung und die Einnahme des Medikaments etwa zur gleichen Zeit umfassen. Die kombinierte Behandlung kann die Einnahme des Medikaments während oder nach der e-TNS-Behandlung umfassen, wenn zum Beispiel die e-TNS-Behandlung allein für den Patienten nicht ausreichend wirksam erscheint.
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Durch das erfindungsgemäße System ist eine akute Behandlung einer Migräneattacke eines Patienten möglich. Der Patient weist eine Stirn, einen supratrochleären Nerv und einen supraorbitalen Nerv auf. Die Behandlung durch das erfindungsgemäße System bzw. das diesbezügliche Verfahren umfasst die Schritte des (a) Platzierens wenigstens einer Hautelektrode auf der Stirn des Patienten und (b) Bereitstellens aufeinanderfolgender biphasischer elektrischer Impulse durch die wenigstens eine Hautelektrode an die supratrochleären und die supraorbitalen Nerven während einer längeren Zeitspanne.
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Ein Durchschnittsfachmann wird erkennen, dass alle bevorzugten Ausführungsformen in Bezug auf das System sich auch auf die Behandlung bzw. das zugehörige Verfahren beziehen. Vorzugsweise umfasst die wenigstens eine Hautelektrode eine bipolare selbstklebende Elektrode, wie oben erwähnt. Vorzugsweise beträgt die Zeitspanne wenigstens 25 Minuten. Vorzugsweise sind die biphasischen elektrischen Impulse im wesentlichen rechteckige biphasische symmetrische Impulse mit einem elektrischen Mittelwert von Null. Vorzugsweise werden die aufeinanderfolgenden biphasischen elektrischen Impulse bei einer Frequenz von etwa 100 Hz bereitgestellt. Vorzugsweise weist jeder der aufeinanderfolgenden biphasischen elektrischen Impulse eine Breite von etwa 250 µs auf. Vorzugsweise umfassen die aufeinanderfolgenden biphasischen elektrischen Impulse eine Amplitude, die sich linear über einen ersten Teil der Zeitspanne hin bis zu einer oberen Amplitude erhöht, welche während eines zweiten anschließenden Teils der Zeitspanne beibehalten wird, wobei vorzugsweise die besagte obere Amplitude eines von einer vordefinierten oberen Amplitude von etwa 16 mA oder einer vom Patienten bestimmten oberen Amplitude (Knopf-Drücken) von höchstens 16 mA ist, wobei die Steigung der besagten linearen Erhöhung vorzugsweise etwa 19 µA/s beträgt.
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Die Erfindung wird weiterhin durch die nachstehenden nicht-beschränkenden Beispiele beschrieben, die die Erfindung weiter veranschaulichen und nicht dazu bestimmt sind, noch dahingehend interpretiert werden sollten, den Schutzbereich der Erfindung zu beschränken.
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BEISPIELE
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Beispiel 1: PROSPEKTIVE KLINISCHE STUDIE
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Eine monozentrische, prospektive, offene klinische Studie wurde am Columbia University Headache Center (NY, USA) durchgeführt. Die Studie wurde von der Ethikkommission des Columbia University Medical Center (lRB-AAAO9752) genehmigt und bei ClinicalTrials.gov (Identifier: NCT02411513) registriert. Eine schriftliche Einverständniserklärung wurde von allen in der Studie eingeschlossenen Patienten erhalten.
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Patienten mit Migräne mit oder ohne Aura wurden bei einer Pflegestandard-Visite oder von zu Hause aus rekrutiert, wenn sie eine wenigstens drei Stunden lang währende Migräneattacke erlitten, wobei sich die Schmerzintensität für wenigstens eine Stunde stabilisierte und keine akuten Migräne-Medikamente für die vorangegangenen drei Stunden eingenommen worden waren. Die Einschlusskriterien waren folgende: Erwachsene Patienten im Alter von 18 bis 65 Jahren mit einer Vorgeschichte episodischer oder chronischer Migräne mit oder ohne Aura, die die in der Internationalen Klassifikation der Kopfschmerzerkrankungen (International Classification of Headache Disorders), 3. Auflage (Beta-Version) (ICHD-III beta, 2013) Abschnitt 1, Migräne (https://www.ichd-3.org/1-migraine/) aufgelisteten Kriterien, mit Ausnahme von „komplizierter Migräne“ (d. h. hemiplegische Migräne, Migräne mit Hirnstammaura, ophthalmoplegische Migräne/rezidivierende schmerzhafte ophthalmoplegische Neuropathie, Migräne-Infarkt), erfüllten, wobei sie in den frontalen, retro- oder periorbitalen Region(en), auf einer oder auf beiden Seiten, lokalisierte Kopfschmerzen erfuhren. Die Ausschlusskriterien waren folgende: (1) Schwangerschaft; (2) Behandlung mit Onabotulinumtoxin (z. B. Botox, Dysport, Xeomin) am Kopf in den vorangegangenen vier Monaten; (3) supraorbitale Nervenblockaden in den vorangegangenen vier Monaten; (4) Diagnose anderer primärer oder sekundärer Kopfschmerzstörungen, mit Ausnahme von Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch; (5) nur temporale oder okzipitale Kopfschmerz-Verortung; (6) Gebrauch von Opioiden in den vorangegangenen drei Monaten; (7) Gebrauch von abortiven Migränemedikamenten innerhalb von drei Stunden vor der Einschreibung; (8) Intoleranz gegenüber supraorbitaler Neurostimulation (Allodynie); (9) implantierte metallische oder elektrische Vorrichtungen im Kopf; und (10) Herzschrittmacher oder implantierter oder tragbarer Defibrillator.
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Die Patienten wurden gebeten, ihren Schmerzschweregrad (Basislinien-Punktwert) unter Verwendung einer elfstelligen visuellen Analogskala (VAS) (von 0 = kein Schmerz bis 10 = maximaler Schmerz) zu bewerten. Das e-TNS-Gerät wurde dann angewendet und die Neurostimulationsbehandlung wurde begonnen, wobei die Intensität über die ersten 14 Minuten hin anstieg. Patienten, die in der Lage waren, die Parästhesie-Empfindung während der ersten fünf Minuten (wodurch eine minimale Intensität von 7 mA oder eine minimale elektrische Dosis von 1,75 µC pro Impuls erreicht wurden) zu ertragen, ohne die Intensität abschwächen zu müssen, wurden einbezogen, und bei ihnen wurde anschließend die Neurostimulation für die 55 verbleibenden Minuten fortgesetzt. Diejenigen Patienten, die die erste Testphase nicht ertragen konnten, wurden aufgrund des Allodynie-Ausschlusskriteriums (niedrige nozizeptive Stirnhautschwelle) nicht aufgenommen. Die Patienten wurden gebeten, ihre Schmerzintensität beim Abschluss der einstündigen Behandlungsphase (1-Stunden-Punktwert) und erneut eine Stunde nach der Behandlung (2-Stunden-Punktwert) zu bewerten. Der Gebrauch von Notfallmedikationen wurde zum Zwei-Stunden-Zeitpunkt aufgezeichnet; die Patienten wurden am nächsten Tag auch bezüglich des Gebrauchs von Notfallmedikationen innerhalb der 24 Stunden nach der e-TNS-Behandlung befragt. Patienten, die vor dem Ende der Phase nach der Behandlung eine Notfallmedikation einnahmen, wurden als Studienabbrecher betrachtet. Das Studiendesign ist in 1 veranschaulicht.
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Externe Trigeminusnervenstimulation (e-TNS) wurde mittels des Cefaly®-Neurostimulator-Gerätes (CEFALY Technology, Seraing, Belgien) für eine 60-minütige Behandlungssitzung angewandt. Das Gerät ist ein Konstantstromgenerator für eine maximale Hautimpedanz von 2,2 kΩ, der rechteckige biphasische symmetrische Impulse mit einem elektrischen Mittelwert von Null abgibt. In der aktuellen Studie wurde das Gerät mit einer Pulsfrequenz von 100 Hz und einer Pulsbreite von 250 µs programmiert; die gesamte maximale Dosis an Strom, die durch eine einstündige Behandlungssitzung abgegeben wird, beträgt 1,284 Coulomb. Die elektrischen Impulse werden transkutan mittels einer supraorbitalen bipolaren Elektrode (30 mm x 94 mm) übertragen, die entworfen ist, um beide Seiten der supratrochleären und supraorbitalen Nerven zu bedecken und diese zu erregen (Aktionspotentiale auszulösen) (siehe 2 und 5). Die Intensität steigt linear an und erreicht nach 14 Minuten ein Maximum von 16 mA und bleibt dann 46 Minuten konstant. Wenn der Patient das Gefühl hat, dass die Stimulation zu stark ist, wird ein einziges Drücken auf den Knopf des Geräts die Intensität für den Rest der Sitzung stabilisieren (in diesem Fall erhält der Patient eine niedrigere Gesamtstromdosis).
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Die Patienten bewerteten ihre Schmerzintensität auf einer visuellen Analogskala (VAS) mit elf Stufen (von 0 = kein Schmerz bis 10 = maximaler Schmerz). Die Schmerzstufe wurde vor Anwenden der Behandlung (Basislinien-Punktwert), nach einstündiger Behandlung (1h-Punktwert) und zwei Stunden nach Beginn der Behandlungsphase (2h-Punktwert) beurteilt. Die Einnahme von Notfallmedikation wurde ebenfalls bei 2 und 24 Stunden aufgezeichnet. Das Primärergebnis war die mittlere Veränderung der Schmerzintensität nach der einstündigen Behandlung im Vergleich zur Basislinie. Sekundärergebnisse waren eine mittlere Veränderung der Schmerzintensität zwei Stunden nach Beginn der Behandlung im Vergleich zur Basislinie, sowie der Prozentsatz an Patienten, die zwei und 24 Stunden im Anschluss an die Behandlung keine Notfallmedikation benötigten.
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Die Analysen wurden auf einer modifizierten Intention-to-treat (mITT)-Basis durchgeführt, d. h. die in Frage kommende Population bestand aus Patienten, die die Behandlung verabreicht bekamen und für die eine Basislinien-Schweregrad-Messung vorlag. Für jeden Patienten wurde das Ergebnis anhand aller Daten berechnet, die in jeder Periode verfügbar waren, ohne Unterstellung fehlender Daten. Der Vergleich zwischen Basislinie und Behandlungsergebnis wurde mithilfe des Wilcoxon-Signed-Rank-Tests für gepaarte Proben durchgeführt.
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Die Studie wurde von April
2015 bis Oktober
2015 durchgeführt. Insgesamt wurden 35 Patienten gescreent. Ein Patient wurde aufgrund der Einnahme von Opioidmedikation innerhalb der vorangegangenen drei Monate ausgeschlossen, und vier Patienten versagten beim nozizeptiven Test (zwei Patienten waren nicht in der Lage, eine frühe Stimulation zu tolerieren, und zwei Patienten wurden aufgrund einer unbeabsichtigten Ablösung der Vorrichtung von der Elektrode durch den Patienten während der Testphase ausgeschlossen). Die übrigen 30 Patienten erhielten die volle einstündige Stimulation, wobei während der Studie keine Studienabbrecher vorlagen (siehe
1). Die demographischen Merkmale der Patienten sind in der Tabelle 1 aufgeführt. Es traten weder unerwünschte Ereignisse auf, noch wurden subjektive Beschwerden während oder innerhalb von 24 Stunden nach der Behandlung berichtet.
Tabelle 1 - demographische Patienten-Charakteristika
Anzahl aufgenommener Patienten | 30 |
Alter (Jahre) | 39,42 ± 12,49 |
Anzahl weiblich | 24 (80,00 %) |
Daten sind als Anzahl, Mittelwert ± SD oder Anzahl (%) ausgedrückt. |
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Tabelle 2 stellt die Studienergebnisse dar. Sowohl nach der einstündigen Behandlung als auch zwei Stunden nach Behandlungsbeginn bestand eine statistisch signifikante Abnahme der Schmerzintensität. Kein Patient verwendete am Ende der Zwei-Stunden-Periode eine Notfallmedikation. Die Patienten wurden zudem 24 Stunden nach der Behandlung kontaktiert, um zu berichten, ob sie in diesem Zeitraum eine Notfallmedikation verwendeten. Von den 26 erfolgreich kontaktierten Patienten verwendeten 17 Patienten (
65,4%) innerhalb der 24 Stunden im Anschluss an die Behandlung keine Notfallmedikation.
Tabelle 2 - Studienergebnisse
Primärergebnis | |
Veränderung der Schmerzintensität nach 1 Stunde Behandlung im Vergleich zur Basislinie | -3,22 ± 2,40 (p<0,001*) |
Sekundärergebnisse | |
Veränderung der Schmerzintensität 2 Stunden nach Behandlungsbeginn im Vergleich zur Basislinie | -2,98 ± 2,31 (p<0,001*) |
Prozentsatz an Patienten, die nach 2 Stunden keine Notfallmedikation benötigt hatten | 100,00 % |
Prozentsatz an Patienten, die innerhalb von 24 Stunden keine Notfallmedikation benötigt hatten** | 65,38 % |
Zusätzliche Ergebnisse | |
Patienten, die ≥ 30%ige Schmerzlinderung nach 1 Stunde berichten | 25 (83,33%) |
Patienten, die ≥ 30%ige Schmerzlinderung nach 2 Stunden berichten | 21 (70,00%) |
Patienten, die ≥ 50%ige Schmerzlinderung nach 1 Stunde berichten | 23 (76,67%) |
Patienten, die ≥ 50%ige Schmerzlinderung nach 2 Stunden berichten | 17 (56,67%) |
Patienten, die Schmerzfreiheit nach 1 Stunde berichten | 6 (20,00%) |
Patienten, die Schmerzfreiheit nach 2 Stunden berichten | 4 (13,33%) |
Daten sind ausgedrückt als Mittelwert ± SD, % oder Anzahl (%). |
*P-Werte wurden mithilfe des Wilcoxon-Signed-Rank-Tests für gepaarte Proben berechnet. |
**Fehlende Daten für 4 Patienten |
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3 zeigt die Veränderung der mittleren Schmerzintensität. Im Durchschnitt wurde die Schmerzintensität nach einer Stunde Behandlung von 5,63 auf 2,42 und nach zwei Stunden auf 2,66 reduziert. Diese Reduktion war in beiden Fällen statistisch signifikant (p<0,001).
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Wie in Tabelle 2 gezeigt, berichteten 76,7% der Patienten eine Schmerzlinderung von ≥ 50% nach einer Stunde und 56,7% nach zwei Stunden. Sechs Patienten (20,0%) berichteten Schmerzfreiheit nach einer Stunde und vier Patienten (13,3%) nach zwei Stunden.
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In Hinsicht auf die Neurostimulationsintensität tolerierten 17 Patienten (56,7%) die maximale Intensität von 16 mA (d.h. erhielten die volle Dosis Strom von 1,284 Coulomb), und 13 Patienten (43,3%) benötigten eine Begrenzung der Stimulationsintensität auf einen Durchschnittswert von 9,51 mA. Eine Subanalyse, bei der die Gruppe von 13 Patienten, die die Stromausgabe begrenzten, und die Gruppe von 17 Patienten, die die gesamte elektrische Dosis erhielten, verglichen wurden, zeigte nur einen Unterschied beim Gebrauch der Einnahme von Notfallmedikation innerhalb von 24 Stunden: 50% der Patienten, die partiellen Strom erhalten hatten, verwendeten eine Notfallmedikation, verglichen mit 25% der Patienten, die die volle Strom-Dosis erhalten hatten. Die Daten waren jedoch nur für 10 bzw. 16 Patienten in jeder Gruppe verfügbar, und der Unterschied war statistisch nicht signifikant (p=0,234). Die Basislinien-Schmerzpunktwerte waren zwischen den zwei Gruppen ähnlich (p=0,240): Mittlerer Punktwert von 6,0 für die 13 Patienten, die die Stromausgabe während der Stimulation begrenzt hatten, gegenüber mittlerem Punktwert von 5,4 für die 17 Patienten, die die gesamte elektrische Dosis erhalten hatten.
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In Hinsicht auf die Sicherheit wurden während der Studie keine unerwünschten Ereignisse (AE) oder Beschwerden berichtet, was das hohe Sicherheitsniveau der Behandlung bestätigt. J. Headache Pain 14, 95 (2013) belegte ebenfalls die Sicherheit in einer retrospektiven Studie über die Prävention von episodischer Migräne bei 2313 Patienten, von denen nur 4,3% über unerwünschte Wirkungen berichteten (einschließlich 2,03% mit Parästhesie-Intoleranz). In unserer Studie wurden 2 von 34 Patienten (5,9%) aufgrund eines Versagens beim Toleranztest nicht aufgenommen. Dieser höhere Prozentsatz an Intoleranz gegenüber Parästhesien könnte durch erhöhte Allodynie während Migräneattacken erklärt werden. Interessanterweise gab es bei der längeren 60-minütigen Sitzung keine Zunahme der Hautreizung, verglichen mit der 20-minütigen Sitzung, die in früheren Studien verwendet wurde.
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In Hinsicht auf die Wirksamkeit war die mittlere Schmerzintensität nach der einstündigen Behandlung um 57,0% und nach zwei Stunden um 52,8% signifikant reduziert. Die ähnliche Rate bei den zwei Zeitpunkten zeigt an, dass die Schmerzreduktion für wenigstens eine Stunde nach dem Ende der Neurostimulation gut aufrechterhalten wird. Der Prozentsatz an Patienten, die keine Notfallmedikation einnahmen, betrug nach zwei Stunden 100% und nach 24 Stunden 65,4%. Der Anteil an Patienten, die in einer Placebogruppe für die Akutbehandlung von Migräne mit einer Medikation innerhalb von 24 Stunden keine Notfallmedikation einnehmen, liegt Berichten zufolge üblicherweise bei 32%, wobei jedoch die Populationen nicht gleich und die Behandlungsprotokolle unterschiedlich sind, was einen Vergleich erschwert. Daher sind diese Wirksamkeitsdaten vielversprechend, obwohl berücksichtigt werden sollte, dass die Studie offen war und die Behandlung in einer Klinikumgebung den Placebo-Effekt verstärken kann. Auf der anderen Seite gewährleistet die Behandlung in einer Klinik eine angemessene Applikation/Verwendung des Geräts und eine ordnungsgemäße Datenerfassung. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass Patienten wenigstens drei Stunden ab einer Migräneattacke rekrutiert wurden, um eine stabile Basislinien-Schmerzintensität sicherzustellen; Es ist jedoch bekannt, dass akute pharmakologische Behandlungen wirksamer sind, wenn sie frühzeitiger bei einer Migräneattacke angewendet werden. Die Wirksamkeit des e-TNS-Geräts, selbst wenn es spät bei einer Migräneattacke angewendet wird, ist daher ermutigend.
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Der Vergleich mit veröffentlichten Daten für andere akute Migränebehandlungen ist aufgrund der Unterschiede im Studiendesign begrenzt. Nichtsdestotrotz berichtete Cephalalgia 19(4), 232-240 (1999) über eine Verringerung der mittleren Schmerz-VAS-Punktwerte nach einer Stunde um 26,8% für Diclofenac und um 17,1% für Sumatriptan im Vergleich zu 57,1% für e-TNS in unserer Studie. Nach zwei Stunden betrug die Verringerung der mittleren Schmerz-Punktwerte 50,5% für Diclofenac, 40,0% für Sumatriptan und 52,7% mit e-TNS.
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In Bezug auf die Einnahme von Notfallmedikation berichtete Headache 55 Suppl 4, 221-235 (2015), eine kürzlich erschienene Übersicht über Triptane zur Akutbehandlung von Migräne, dass für NSAIDs der Gebrauch der Notfallmedikation nach einer Standarddosis Triptan im Bereich von 20 bis 34% lag und durchschnittlich 37% betrug, im Vergleich zu 34,6% für e-TNS zwischen 2 und 24 Stunden. Trotz der Eingeschränktheit dieser Vergleiche aufgrund von Unterschieden im Studiendesign legen die Daten eine Ähnlichkeit bei der Wirksamkeit in Bezug auf den Gebrauch einer Notfallmedikation nahe. Auch hier ist anzumerken, dass die e-TNS-Behandlung später bei einer Migräneattacke (wenigstens 3 Stunden) angewendet wurde als die oben genannten akuten Migränemedikamente, die eine bessere Wirksamkeit zeigten, wenn sie frühzeitig während einer Attacke verabreicht wurden.
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Beispiel 2: VORRICHTUNG ZUR EXTERNEN TRIGEMINUS-NERVENSTIMULATION
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Die Vorrichtung ist ein Schenkel umfassendes, kleines tragbares Produkt, das durch Befestigen einer bipolaren selbstklebenden Elektrode auf der Stirn dazu bestimmt ist, an der Stirn getragen zu werden (2, 4 und 5). Die Elektrode weist eine Länge von etwa 94 mm und eine Höhe von etwa 30 mm auf. Zwei 1,5 V AAA-Batterien versorgen die Vorrichtung mit Energie.
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Die Vorrichtung ist ein externer kranialer Neurostimulator, der für die supraorbitale Neurostimulation (auch als externe Trigeminus-Nervenstimulation oder e-TNS bekannt) entworfen wurde. Die Elektrode ist so ausgelegt, dass sie beide Seiten der supratrochleären und supraorbitalen Nerven, die Zweige des Trigeminusnervs sind, abdeckt. Trigeminus-Nervenstimulation führt einen sedativen Wirkung auf das zentrale Nervensystem herbei. Die von der Vorrichtung erzeugten elektrischen Impulse lösen Signale (Aktionspotentiale) an den supratrochleären und supraorbitalen Nerven des Trigeminusnervs aus. Die repetitive Erregung des Trigeminusnervs ist eine Neuromodulation des Trigeminus-Systems. Eine Neuromodulation des Trigeminus-Systems induziert eine sedative Wirkung auf das zentrale Nervensystem und eine Modifikation der trigeminalen nozizeptiven Schwelle.
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Die Vorrichtung wird vorzugsweise Sitzungen von etwa 60 Minuten vollführen, während denen sie sehr präzise elektrische Impulse erzeugt, die eine Stimulation der Nervenfasern erlauben. Die elektrischen Impulse werden transkutan über die bipolare selbstklebende Elektrode, die auf der Stirn platziert ist, übertragen. Die Vorrichtung umfasst dazu zwei metallische Kontakte, die in Verbindung mit zwei leitfähigen Zonen auf der bipolaren selbstklebenden Elektrode positioniert werden können. Die Vorrichtung liefert Energie in Form von rechteckigen biphasischen Impulsen. Die Intensität steigt linear an, um nach etwa 14 Minuten ein Maximum von etwa 16 mA zu erreichen (und bleibt dann für etwa 46 Minuten konstant). Die Impulsfrequenz beträgt ungefähr 100 Hz. Die Pulsbreite beträgt etwa 250 µs. Die Vorrichtung ist mit einem Knopf versehen, der es einem Benutzer ermöglicht, nach Drücken des Knopfs die Intensität zu stabilisieren, wenn der Benutzer das Gefühl hat, dass die Intensität zu hoch wird.
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Die Schenkel der Vorrichtung können zum Festklemmen um die Seitenflächen des Kopfs eines Patienten konfiguriert sein. Die beiden Schenkel können dazu jeweils eine Kunststoff-Antirutschschicht umfassen. Die Schenkel der Vorrichtung können zusätzlich oder alternativ dazu konfiguriert sein, an den Ohren des Kopfes eines Patienten getragen zu werden.
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In einer Ausführungsform können die Vorrichtung und die Elektrode unter dem eingetragenen Warenzeichen Cefaly® und/oder Cefaly® Acute vertrieben werden.
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Beispiel 3: DOPPELBLINDE RANDOMISIERTE SCHEIN-KONTROLLIERTE STUDIE
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Das Hauptziel dieser Studie war es, die Wirksamkeit und Sicherheit der in Beispiel 2 offenbarten Vorrichtung als Akutbehandlung von Migräneattacken mit oder ohne Aura (Internationale Klassifikation von Kopfschmerzerkrankungen [ICHD]-III beta (2013), Abschnitt 1) bei Patienten mit einem Alter von 18 bis 65 Jahren in einer multizentrischen, doppelblinden, randomisierten, Schein-kontrollierten Studie zu untersuchen.
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Die multizentrische, prospektive, doppelblinde, randomisierte, Schein-kontrollierte klinische Studie wurde an 3 Untersuchungsstellen durchgeführt. In Frage kommende Patienten wurden 1:1 zu Verum- oder Schein-Stimulation randomisiert und während einer 1-stündigen e-TNS-Behandlungssitzung in der Klinik mit der Vorrichtung behandelt. Die Schmerzintensität wurde durch den Patienten unter Verwendung einer visuellen Analogskala (VAS) vor der Behandlung, nach der 1-stündigen Behandlungssitzung, 2 Stunden nach dem Beginn der Behandlungsaufnahme und schließlich 24 Stunden nach dem Beginn der Behandlungsaufnahme bewertet. Die Einnahme von Antimigräne-Notfallmedikation wurde während der 24 Stunden nach Beginn der e-TNS-Behandlung aufgezeichnet. Während der verschiedenen Phasen überwachte der Untersucher das mögliche Auftreten unerwünschter Ereignisse (AE). Der Primärergebnis-Messwert war die mittlere Veränderung des Schmerzpunktwerts zum 1-Stunden-Zeitpunkt im Vergleich zur Basislinie. Sekundärergebnis-Messwerte waren die mittlere Veränderung des Schmerzpunktwerts zu den 2-Stunden- und 24-Stunden-Zeitpunkten im Vergleich zur Basislinie, sowie der Anteil an Patienten, die innerhalb der 24 Stunden nach dem Beginn der e-TNS-Behandlung keine Antimigräne-Notfallmedikation benötigten.
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Einhundertundsechs (106) Patienten mit einer Migräneattacke mit oder ohne Aura wurden randomisiert und in die Intention-to-treat (ITT)-Analyse einbezogen. Unter diesen waren neunundneunzig (99) für die modifizierte Intention-to-treat (mITT)-Analyse geeignet, d. h. die randomisierten Patienten, die die 1-stündige Stimulationsbehandlung erhalten hatten und ihre Kopfschmerzintensitätsmessung zu den Zeitpunkten der Basislinie und nach 1 Stunde angegeben hatten.
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In Bezug auf die Sicherheit trat ein unerwünschtes Ereignis (Übelkeit) auf, aber dieses Ereignis war geringfügig und vollständig reversibel (die Übelkeit löste sich nach 20 Minuten von selbst auf). Es gab keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse (SAE), noch wurden in den beiden Gruppen innerhalb der 24 Stunden nach Beginn der Behandlung irgendwelche subjektive Beschwerden oder Nebenwirkungen berichtet.
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In Bezug auf die Wirksamkeit, in der ITT-Analyse, war das Primärergebnis, mittlere Migräne-Schmerzintensität nach der 1-stündigen e-TNS-Sitzung im Vergleich zur Basislinie, in der Verumgruppe sehr signifikant stärker reduziert als in der Scheingruppe (- 3,46 ± 2,32 gegenüber - 1,78 ± 1,89, p<0,001; oder -59% gegenüber -30%, p<0,001). Dieser Prozentsatz an Schmerzlinderung war ebenfalls in der Verumgruppe verglichen mit der Scheingruppe bei 2 Stunden und 24 Stunden signifikant erhöht. In der mITT-Analyse war ebenfalls die mittlere Migräne-Schmerzintensität in der Verumgruppe sehr signifikant stärker reduziert als in der Scheingruppe an den 1-Stunde- (- 3,83 ± 2,13 gegenüber -1,85 ± 1,89, p<0,001; oder -65% gegenüber -32%, p<0,001) und zu den 2-Stunden- und 24-Stunden-Zeitpunkten. Darüber hinaus war der Prozentsatz an schmerzfreien Patienten zum 24-Stunden-Zeitpunkt in der Verumgruppe signifikant höher im Vergleich zur Scheingruppe (32% gegenüber 13%, p<0,05), und die nachhaltige 30%ige Schmerzlinderung bei 24 Stunden war in der Verumgruppe signifikant höher vertreten, verglichen mit der Scheingruppe (43% gegenüber 21%, p<0,05). Die Einnahme von Anti-Migräne-Notfallmedikation innerhalb der 24 Stunden nach dem Beginn der Behandlung war in der Verumgruppe nicht signifikant niedriger.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- US 2009/0210028 [0007, 0008]