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Definitionen und Einschränkungen:
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Die in dieser Anmeldung offenbarten Verfahren beziehen sich nur auf Metall-Schmelzschweissprozesse. Die Definition „Schmelzschweißen“ entspricht der in der DIN EN 14610:2004 in Abschnitt 2.2 zu findenden Darstellung, die davon betroffenen Schweissprozesse sind alle die in Kapitel 3 dieser Norm aufgelisteten Schweissprozesse. Diese sind in der Nomenklatur der DIN EN ISO 4063 an den Ordnungszahlenreihen 1XX, 3XX, 5XX und 7XX zu erkennen.
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Damit haben diese Prozesse gemeinsam, dass die Schweissprozesstemperatur (als für den Fügevorgang charakteristische Temperatur) in einem Bereich zwischen der Schmelz- und der Verdampfungstemperatur des Grundwerkstoffs liegt.
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Prozesse mit einer niedrigeren Schweissprozesstemperatur wie Reibschweissen, Widerstandsschweissen oder Diffusionsschweissen werden von dieser Anmeldung nicht erfasst.
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Die in dieser Anmeldung verwendete Definition von „Vorwärmung“ für einen Schweissprozess basiert auf der in der DIN EN ISO 4885:2018-07 gegebenen Beschreibung:
- 3.163
- Vorwärmen
- Behandlung, die aus der Erhöhung der Temperatur des Werkstücks auf eine oder mehrere Temperatur(en) zwischen der Ausgangstemperatur und der Höchsttemperatur und Halten auf dieser/diesen Temperatur(en) für eine bestimmte Zeitdauer besteht
Die Vorwärmung im Sinne dieser Anmeldung bezieht sich also immer nur auf das Werkstück, nie auf einen eventuell einzubringenden Zusatzwerkstoff, wie es beispielsweise in der Patentschrift EP 0 150 543 A1 offengelegt ist.
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Der Begriff der „konventionellen Vorwärmung“, wie er in der Patentschrift
US 2019/0193191 A1 in Abschnitt [0052] erwähnt aber leider nicht konkretisiert wird, sei in dieser Anmeldung definiert als Vorwärmung entsprechend der oben gegebenen Definition mit einer Höchsttemperatur, die in jedem Fall um mindestens 100K unterhalb der Schmelztemperatur des verwendeten Grundwerkstoffs liegt.
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Für den Anwendungsfall von Stählen einschliesslich Stahlguss werden nur Höchsttemperaturen bis 500°C in die Definition eingeschlossen. Da auch dies in Normen und Regelwerk unzureichend definiert ist, werden vom Begriff der Vorwärmung alle die Fälle ausgeschlossen, in denen die eigentliche Schweissenergiequelle im eigentlichen Schweissarbeitsgang die Temperatur von der Ausgangstemperatur auf jegliche Temperatur auf dem Weg zur Schmelztemperatur anhebt.
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Der Lichtbogen, der auf dem kalten Werkstück gezündet und dann in die Schweissnaht geführt wird, nimmt nach dieser Definition auch in dem kurzen Moment keine Vorwärmung vor, in dem er die Temperatur des Werkstücks beispielsweise von der Ausgangstemperatur auf 500°C anhebt.
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Sehr wohl in die Definition des Vorwärmens fällt aber die Schweissenergiequelle, die mit reduzierter Leistung oder hoher Bewegungsgeschwindigkeit ohne Aufschmelzabsicht zur Temperaturerhöhung über das Werkstück geführt wird.
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Im Fall einer kombinierten Anwendung zweier (oder mehrerer) Energiequellen, die alle in der Lage sind und dazu genutzt werden, die Schweissprozesstemperatur zu erreichen, spricht man hingegen nicht von Vorwärmen und Schweissen, sondern von einem Hybrid-Schweissprozess im Sinne der
DIN EN ISO 4063:2010 Abschnitt 2. Diese Anmeldung befindet sich dahingehend ganz klar im Widerspruch zu der in der Patentschrift
DE 696 05 842 T2 auf Seite 10 verwendeten Terminologie, in der sogar für das Erwärmen auf Temperaturen über der Schmelztemperatur von „Vorwärmung“ gesprochen wird.
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Definition einer „Primären Erwärmungstiefe“: Damit ist von der Oberfläche des Werkstücks gemessen die Tiefe gemeint, in der 60% der eingebrachten Wärmeleistung entsteht. Im Fall der Erwärmung des Werkstücks durch Wärmeübergang von einer Flamme, bei Ofenerwärmung oder konduktiver Erwärmung durch aufgelegte Heizmatten ist die primäre Erwärmungstiefe also Null.
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Eine „Sekundäre Erwärmungstiefe“ resultiert dann entsprechend der in der Physik bekannten Gleichungen für die Wärmeleitfähigkeit. Sie ist abhängig vom Wärmeleitwert des Werkstoffs, von der Zeit und von der Oberflächentemperatur.
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Zur Definition von „Tiefeninduktion“: Üblicherweise legen die empirischen Formeln zur Berechnung des Skineffekts eine Stromeindringtiefe (Tiefe, in der die Stromdichte auf das 1/e-fache abgefallen ist) in Abhängigkeit von Arbeitsfrequenz und Werkstoff des Werkstücks fest, die nahelegt, dass beispielsweise an ferritischem Stahl eine primäre Erwärmungstiefe von mehr als 1mm nur durch Frequenzen unterhalb 10kHz möglich ist. Bei den hierzu üblichen Induktionstechnologien ist die Feldkonzentration aber gering und dadurch werden der Wirkungsgrad einerseits klein, der elektromagnetische Gefährdungsbereich im Sinne einer DGUV Vorschrift 15 aber sehr groß.
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Die Patentliteratur beschreibt beispielsweise mit
EP 96 106 621.4 die nachteiligen Wirkungen von Induktion mit hohen Frequenzen und in
DE 196 37 465 C1 den üblichen Aufbau mit Feldverstärkungsblechen und mit 10kHz niedriger Frequenz und anhand der angegebenen Leistungsdaten erkennbar schlechtem Wirkungsgrad. Beides legt es nicht nahe, mehr vorzuwärmen als unbedingt erforderlich.
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Mit der „Tiefeninduktion“ ist eine Induktionstechnologie beschrieben, die eine primäre Erwärmungstiefe hat, die mindestens doppelt so tief ist, wie die entsprechenden Formeln für den Skineffekt dies nahelegen. Dies ist beispielsweise beschrieben im Patent
DE 10 2014 011 551 B4 , aber auch in einschlägigen Fachveröffentlichungen wie
- - DER PRAKTIKER 4/2019 Seite 145-149
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Stand der Technik:
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Metalle werden für gewöhnlich dadurch miteinander verschweisst, dass eine externe Energiequelle (wie beispielsweise ein Lichtbogen oder ein Laserstrahl) das Metall zweier Bauteile im Bereich der geplanten Fügestelle über den Schmelzpunkt erwärmt, das schmelzflüssige Metall zusammenläuft und nach dem Abkühlen als eine gesamtheitliche Metallstruktur erstarrt. Unter Umständen wird noch ein Zusatzwerkstoff mit aufgeschmolzen, der im Fall des Metall-Schutzgasschweissens sogar gleichzeitig die Elektrode zur Erzeugung des Lichtbogens darstellt.
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Sofern dieser Fügevorgang entlang einer längeren Schweissnaht stattfindet, wird erkennbar, dass die Schweissenergiequelle eigentlich zwei separate Hauptaufgaben hat:
- 1. Das besagte, lokale Aufschmelzen von Grundwerkstoff und eventuellem Zusatzwerkstoff
- 2. Das Erzeugen eines geeigneten Temperaturverlaufs im Umfeld der Schweisszone.
Nur dann, wenn der Temperaturverlauf im Umfeld geeignet ausgeprägt ist, wird die Abkühlung des Schweissguts in einer Abkühlgeschwindigkeit passieren, die im Schweissgut und der benachbarten Wärmeeinflusszone ein Gefüge mit brauchbaren mechanisch-technologischen Eigenschaften zur Folge hat. Auch ist dies Voraussetzung, um eine tragfähige Verbindung zwischen aufgeschmolzenem und nicht aufgeschmolzenem Metall (den sogenannten „Einbrand“) zu erzeugen.
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Während die erste Hauptaufgabe, das lokale Aufschmelzen, durch immer größere, eingebrachte Leistung durch die Schweissenergiequelle (erhöhter Stromwert des Lichtbogens, erhöhter kW-Leistungswert des Lasers,...) gut skalierbar ist, funktioniert auf diesem Weg die zweite Hauptaufgabe spätestens bei steigender Schweissgeschwindigkeit immer schlechter. Das Resultat bei einem Missverhältnis von aufgeschmolzenem Material und thermischer Vorbereitung des Umfelds sind typischerweise im entstehenden Gefüge ansteigende Härtewerte, schlechtere Zähigkeit (festzumachen an der Kerbschlagarbeit des Kerbschlagbiegeversuchs), aber auch etliche aus der Liste der Schweissimperfektionen, wie sie in der DIN EN ISO 6520 aufgelistet sind. So sind zum Beispiel ein deutlich sichtbarer Anstieg der Nahtüberwölbung, Nahtanstiegswinkel ungleich Null und Einbrandkerben ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Verhältnisse in der Schweissnaht nicht mehr ideal sind.
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Ein zusätzliches Einbringen von Energie durch Aufwärmen des Schweiss-Zusatzwerkstoffes, wie in der Patentschrift
EP 0 150 543 A1 offenbart, ist bekannt und üblich, bringt aber nur betreffend der ersten Hauptaufgabe der Schweissenergiequelle etwas Entlastung.
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Stand der Technik ist es, das Vorwärmen vor dem Schweissen in einem Umfang einzusetzen, der so klein ist wie möglich. In der Praxis wird man versuchen, auf das Vorwärmen wann immer möglich zu verzichten. Die meisten Metall-Schmelzschweissungen sind entsprechend komplett ohne Vorwärmung.
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Wenn Vorwärmen unausweichlich ist weil
- - Ein Regelwerk es für die vorzunehmende Schweissung vorschreibt
- - Die Schweissung sonst nicht gelingen kann - Beispiel Anschweissen eines dünnen an ein dickes Blech, Beispiel Anschweissen dicker Bolzen wie in der Patentschrift DE 1 156 184A offenbart.
- - Die Härtewerte so stark ansteigen und die Zähigkeit so weit abnehmen, dass entweder sofort oder nach kurzem Gebrauch Risse oder Totalversagen des Bauteils auftreten. Als Beispiel kann das Patent DE 20 2018 002 644 U1 dienen, bei dem durch ein hinzugefügtes, induktives Vorwärmverfahren überhaupt erst eine Schweissbarkeit erreicht wird.
- - Bei Feinkornstählen sonst Kaltrisse durch Wasserstoffversprödung auftauchen
dann ist es gängige Praxis, sich am erforderlichen Minimal-Temperaturwert der Vorwärmung zu orientieren, wie er einem beispielsweise in der DIN EN 10025-1 für Baustähle anhand eines Kohlenstoffäquivalents CEV, oder aber für Feinkornstähle im Stahl-Eisen-Werkblatt 088 auf Basis des Kohlenstoffäquivalents CET vorgegeben ist - oder im Fall von spezielleren Werkstoffkombinationen sich aus eigenen Versuchen ergibt.
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Auf Basis dieser vorgegebenen Vorwärmung wird dann der Schweissprozess ausgelegt und durch Variieren der Schweissparameter (Leistungsparameter, Schweissgeschwindigkeit, gegebenenfalls Zuführungsrate des Zusatzwerkstoffs) optimiert.
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Die Vorwärmung geschieht typischerweise mittels
- - Flamme (Autogenflamme, teilweise auch Propan, Erdgas oder ähnliches)
- - Konvektion durch elektrische Heizmatten
- - Induktion
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Auf höhere Temperaturen als unbedingt erforderlich vorzuwärmen ist in der Praxis unüblich, da der Vorwärmprozess mit den meisten Vorwärmmethoden sehr lange dauert, viel Energieaufwand benötigt und nicht zuletzt wie im Fall der herkömmlichen Induktion das Risiko beinhaltet, das Material durch unbeabsichtigte Überhitzung zu schädigen.
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Um andererseits das Risiko zu minimieren, dass bei den meist oberflächlich wirkenden Wärmequellen in der Tiefe des Materials aufgrund der beschränkten Leistungsfähigkeit reiner Wärmeleitung nicht genügend Temperatur entsteht, sind Verfahren normiert, in denen eine sehr große Wärmezone festgeschrieben ist und nach Ende des Wärmens eine Wartezeit vorgeschrieben wird, bevor der die einzuhaltende Temperatur nicht gemessen werden darf. Die DIN EN ISO 13916 beschreibt ein solches Verfahren.
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Bei Verfahren wie dem Bolzenschweissen wurden in der Vergangenheit wissenschaftliche Versuche zur Vorwärmung mit Induktion gemacht, die aufgrund der hierfür gewählten Induktionstechnologie mit mangelnder primärer Erwärmungstiefe aufgrund der abträglichen Wirkung auf die Oberfläche keine brauchbaren Resultate erzeugt haben, sodass in dieser Anwendung als Stand der Technik gelten muss, dass Bolzenschweissen mit induktiver Vorwärmung nicht funktioniere.
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Aufgabenstellung:
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Es soll ein Weg aufgezeigt werden, wie ohne nennenswerten Mehraufwand an Zeit und Energie ein besseres Schweissergebnis mit erhöhter Prozesssicherheit für möglichst viele verschiedene Schweissprozessarten erzielt werden kann.
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Technische Umsetzung:
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Der Ansatz besteht darin, die Vorwärmtemperatur deutlich höher zu wählen, als vorgegeben - und im Gegenzug die vom Schweissprozess eingebrachte Energie zu reduzieren.
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Hierbei ist eine Temperaturerhöhung von mindestens 50K über der Vorgabe als signifikant im Sinne dieser Erfindung anzusehen.
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Wenn also die Vorgabe „keine Vorwärmung“ nahelegt (das sei in diesem Zusammenhang entsprechend einer „Vorwärmtemperatur“ von 20°C zu interpretieren), dann würde man in Nutzung dieser Erfindung auf mindestens 70°C vorwärmen. Eine geforderte Vorwärmtemperatur von 80°C würde auf mindestens 130°C erhöht.
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Die Obergrenze für die Temperaturerhöhung ergibt sich aus dem, was eingangs als Definition konventioneller Vorwärmung angegeben wurde, in der Masse der Fälle wird man aber kaum Temperaturen über 250°C erreichen, wodurch sich eine reale Nutzungsgrenze der Erfindung ergibt.
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Die Vorwärmung auf eine erhöhte Vorwärmtemperatur könnte prinzipiell mit jeder Wärmequelle umgesetzt werden - mit Ausnahme der Fälle, in denen erhöhte Oberflächentemperaturen und die damit einhergehende Veränderung des Materials das Schweissverfahren an sich unmöglich machen.
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Vorteilhaft ist aber die Nutzung einer Vorwärmtechnologie, die eine schnelle Durchwärmung ohne allzu große Übertemperatur an der Oberfläche - namentlich ohne zu glühen - möglich macht, also beispielsweise bei induktiver Erwärmung eine Wärmeentstehung in tieferen Schichten als der in der Literatur beschriebene „Skineffekt“ für die betreffende Kombination aus Arbeitsfrequenz und Werkstoff das vorhersagt - wobei eine doppelt so große Wärmeentstehungstiefe als Kriterium gelten soll. Denn erst dadurch ist eine energieeffiziente und wirtschaftliche „freiwillige Vorwärmung“ ohne großen zusätzlichen Zeitbedarf möglich. Dies wiederum ist entscheidende Voraussetzung für Praktikabilität. Mit der auf dem Markt angebotenen „Tiefeninduktion“ ist beispielsweise eine Technologie verfügbar, mit der die dargestellte Art der Erwärmung möglich ist.
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Induktoren mit einem Feldverstärker aus einer amorphen Eisen-Silizium-Matrix, der in der Länge an die verfügbare Leistung und in der Querschnittsfläche an die verwendete Arbeitsfrequenz angepasst ist, ermöglichen dabei eine möglichst homogene Durchwärmung ohne die schnelle, oberflächliche Überhitzung und sogar Umwandlung des Metallgefüges.
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Hierbei ist von entscheidender Voraussetzung, keine zu hohe Leistungsdichte in der Werkstückoberfläche zu haben. Um dies handhabungssicher umsetzen zu können, ist es vorteilhaft, längere Feldverstärker zu haben, die eine größere Oberfläche simultan erreichen.
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Die Handhabung:
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Bei dünnen Bauteilen wird bei Nutzung von Tiefeninduktion dazu die künftige Schweissnaht zügig mit dem von Hand geführten Induktor überstrichen.
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In der Anwendung kann man mit dieser Technologie aber auch beispielsweise den Vorwärminduktor mechanisch an den Schweissbrenner oder die Strahlquelle koppeln und in der Nähe des Lichtbogen- oder Strahlauftreffpunktes in Schweissgeschwindigkeit direkt vorlaufend vorwärmen. Die Vorwärmung wird dadurch nicht zu dem sonst üblichen, separaten Prozess und aufgrund des Durchwärmungsverhaltens dieser Technologie kann man die Vorwärmzone kleiner halten, als dies beispielsweise in der DIN EN ISO 13916 vorgegeben wird. Denn dahingehend üblich ist eine Breite der Vorwärmzone vom vierfachen der Blechdicke, ausserdem die Messung der Vorwärmtemperatur erst 30 Sekunden nach Beendigung des Wärmens. Diese Einschränkungen sind bei rein oberflächlich wirksamen Wärmeverfahren erforderlich, um eine hinreichende Durchwärmung zu garantieren.
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Mit einem tiefenwirksamen Wärmeverfahren hingegen kann man sich diese Wartezeit sparen und sogar die Temperaturmessung durch eine reproduzierbare Geschwindigkeits- und Leistungssteuerung des Induktors ersetzen.
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Unter der Voraussetzung, dass das Vorwärmverfahren in der Gesamtheit des resultierenden Schweissprozesses keinen nennenswerten Mehraufwand an Zeit und Energie erfolgt, ist es auch eine vorteilhafte Möglichkeit, die Vorwärmtemperatur deutlich weiter zu erhöhen.
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Abhängig vom vorliegenden Werkstoff und dessen Eigenschaften kann dies beispielsweise bei einem Baustahl S355 der Materialstärke 8mm auf 250°C erfolgen, obwohl dort die Lehrmeinung keine Vorwärmung fordert.
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In jedem Fall muss der darauffolgende Schweissvorgang in seiner Energieeinbringung angepasst, also reduziert werden.
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In Summe aus „freiwilliger Vorwärmung“ und dem reduzierten Schweissprozess wird man das ideale Schweissergebnis bei einer verringerten Gesamt-Streckenenergie erreichen (1), was dadurch erklärbar ist, dass die Vorbereitung des Schweissbad-Umfelds (die oben beschriebene 2. Hauptaufgabe der Schweissenergiequelle) nicht mehr durch Wärmeleitung vom überhitzten Schmelzbad aus geschehen muss. Da die transportierbare Wärmemenge abhängt vom Wärmeleitkoeffizient (materialtypisch und damit gegeben), von der Zeit (die möglichst klein werden soll - es muss schnell gehen) und der Temperaturdifferenz zwischen der überhitzten Schmelze und dem zu Anfang kalten Grundwerkstoff der Umgebung, reicht bei vorhandener Materialvorbereitung durch eine Vorwärmung eine geringere Überhitzung des Schmelzbads über den Schmelzpunkt hinaus.
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Diese Tatsache ist in der Lehre übrigens bekannt, wird in der schweisstechnischen Praxis jedoch aus einer generell ablehnenden Haltung der Vorwärmung gegenüber weitgehend ignoriert.
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Im Fall des handgeführten Wolfram-Inertgasschweissens (WIG), des Elektrodenschweissens oder des Plasmaschweissens erfolgt die Umsetzung dadurch, dass die Stromeinstellung für den Lichtbogen auf ca. 60-70% des Werts ohne Vorwärmung verringert wird. Der Schweisser bemerkt dann in der Ausführung, dass er mit der selben Geschwindigkeit schweissen und die selbe Menge Zusatzwerkstoff zuführen kann wie bei einem Prozess mit 100% der Stromstärke und ohne Vorwärmung. Der Effekt besteht in einem besseren Nahtbild mit weniger Ungänzen. Üblicherweise bemerkt man aber auch eine deutliche Verringerung des entstehenden Schweissverzugs, was weniger oder keine Richtarbeit nach dem Schweissprozess zur Folge hat.
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Dieser Aspekt der Verzugsvermeidung ist in der Anwendung besonders vorteilhaft beim Schweissen von Chromnickelstahl und Aluminium. Da Chromnickelstähle aufgrund ihrer mechanischen Eigenschaften nicht dazu neigen, entstehende Schweissschrumpfungen als Eigenspannungen anstatt als Verzug abzuarbeiten, ist dort jedwede erreichte Verzugsreduzierung als Maß für den Erfolg des „freiwilligen Vorwärmens“ nutzbar.
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Aber auch in allen Fällen, in denen thermisches Richten aufgrund der Bauteilgeometrie nicht möglich ist und Kaltrichten aufgrund dynamischer oder thermischer Belastung des fertigen Bauteils keine Alternative ist, da sich dann die erhöhten Eigenspannungen zügig wieder in Verzug zurück verwandeln, ist das freiwillige Vorwärmen mit angepasstem Schweissprozess eine vorteilhafte Lösung.
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Im Fall des Metall-Schutzgasschweissens (MAG oder MIG) oder des Unterpulverschweissens (UP) bedeutet dies, dass beispielsweise bei gleichem Strom die Schweissgeschwindigkeit erhöht werden muss - und damit die DrahtVorschubgeschwindigkeit! Da die beiden Parameter Strom und Drahtvorschub normalerweise intern in einer Kennlinie gekoppelt sind, reicht ein reines höher- bzw. niedrigerdrehen der Anlage nicht aus, da man dann bei unveränderter Streckenenergie nur langsamer oder schneller schweissen würde. Für die Anwendung des Schweissens mit freiwilliger Vorwärmung wird man also durch Vergrößern des Stickout die eingebrachte Energie bei selber Lichtbogenspannung verringern.
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Bei Bauteilen mit dynamischer Belastung ist es ein bekannter Effekt, dass eine höhere Festigkeit des Grundwerkstoffs (beispielsweise der Einsatz höherfester Feinkornbaustähle) sich kaum positiv auf die Schwingfestigkeit auswirkt, da die mechanische Kerbwirkung der Schweissnaht-Geometrie sich dominant belastbarkeitsvermindernd auswirkt.
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Die Energieumlagerung durch freiwilliges Vorwärmen mit energiereduziertem Schweissen wirkt sich in diesem Fall direkt aus durch eine generell glatte, weniger schuppige Nahtoberfläche, durch einen sehr flachen und gleichmäßigen Nahtanstiegswinkel und weniger Einbrandkerben. Dass typischerweise die Härtewerte geringer und die Zähigkeit verbessert ist, ist ein vorteilhafter Nebeneffekt.
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Bei Stählen höherer Festigkeit hat man bei dünneren Blechstärken üblicherweise das Problem des Schweissverzuges, den man aufgrund der thermischen Empfindlichkeit vieler dieser Werkstoffe hinterher nur sehr schwer prozesssicher und fachgerecht thermisch richten kann. Bei Mindest-Streckgrenzen von 960MPa und mehr ist es auch kaum möglich und sinnvoll, kalt zu richten. Hier ist die vorteilhafte Anwendung des freiwilligen Vorwärmens in einer Verzugsvermeidung ohne allzu große resultierende Eigenspannungen.
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Am Beispiel dieser Feinkornstähle wird das Vorgehen beim Bestimmen der Schweissparameter besonders deutlich. Üblich ist es, ein Fenster für die Dauer der Abkühlung der Schweissnaht von 800°C auf 500°C (die sogenannte t8/5-Zeit, gemessen in Sekunden entsprechend der DIN EN 1011-2) vorzugeben. Hat man einen Schweissprozess, der beispielsweise für eine Stumpfnaht von Blech S960QL von 4mm Stärke optimiert ist, so führt dieser zu einer t8/5-Zeit im Bereich von 10 (t8/5 min) und 25 Sekunden (t8/5 max). Wird aufgrund einer Mehreinbringung von Energie die t8/5-Zeit deutlich größer als 25 Sekunden, so führt das vermehrt zu Grobkornbildung und damit zu verringerter Zähigkeit, einem unbrauchbaren Schweissergebnis. Auf keinen Fall dürfte also der für Schweissen ohne Vorwärmen optimierte Schweissprozess einfach um eine zusätzliche Vorwärmung ergänzt werden.
Der Ansatz ist genau anders herum: Es wird auf eine Temperatur von beispielsweise 250°C vorgewärmt und danach so lange durch Absenken des Leistungsparameters Energie aus dem Schweissprozess genommen, bis die t8/5-Zeit wieder im ursprünglichen Fenster liegt. Wie oben beschrieben setzt das bei den Metall-Schutzgas-Schweissprozessen voraus, dass bei gleichem Vorschub und gleicher Schweissgeschwindigkeit bei identischer Lichtbogenspannung der Strom durch Vergrößern der freien Drahtelektrodenlänge (Stickout, Definition gemäss CEN/TR 14599:2005) reduziert wird.
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Im Anwendungsfall der Feinkornstähle liegt somit der vorteilhafte Einsatz des freiwilligen Vorwärmens sowohl zur Verzugsreduktion als auch zur Schwingfestigkeitsverbesserung durch Reduktion der mechanischen Kerbe nah.
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Die Schritte der Prozessoptimierung für eine größere Materialstärke des selben Grundwerkstoffs:
- 1. 2: Die Streckenenergie des betreffend seiner Parameter optimierten Schweissprozesses (1) könnte nicht ausreichen, um in den erlaubten Streckenenergiebereich zu konmmen, der zu einer t8/5-Temperatur im erlaubten Bereich führen würde. Deswegen würde eine Vorwärmung (2) hinzugefügt, sodass diese zuzüglich der Streckenenergie des danach durchgeführten, unveränderten Schweissprozesses (3) zu einer erlaubten t8/5-Zeit führt.
- 2. 3: Ein Schweissprozess (4), der mit Vorwärmung gemäß Vorgabe (5) ausgestattet ist und das t8/5-Fenster schon fast bis zur erlaubten Obergrenze nutzt, soll optimiert werden. Deswegen wird eine erhöhte Vorwärmung (6) eingesetzt und im Gegenzug die Streckenenergie des Schweissprozesses (7) reduziert.
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Die zu erwartenden Vorteile sind sowohl ein besseres Nahtbild, verbesserte mechanischtechnologische Eigenschaften sowie weniger Verzug bzw. weniger Schweissseigenspannungen.
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Aus ganz anderer Perspektive ist der Einsatz der Energieumlagerung durch freiwilliges Vorwärmen beim Schweissen von dünnem Aluminium vorteilhaft. Hier stellt sich beispielsweise beim WIG-Schweissen von Aluminiumblechen der Stärke 1mm eine besondere Herausforderung an die Handfertigkeit des Schweissers. Sehr schnell riskiert man, dass das Blech stellenweise aus der Schmelze seine Form verliert und sich Löcher bilden. Vorzuwärmen wäre vollständig unüblich.
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Auch hier wird mittels Tiefeninduktion eine Temperatur von ca. 250°C im Blech erzeugt. Danach wird mit etwa 50% des sonst üblichen Stroms geschweisst, wobei die Anforderungen an die Handfertigkeit deutlich geringer sind.
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Soll ein Schweissprozess in seiner Geschwindigkeit gesteigert werden und alle Möglichkeiten der Leistungserhöhung durch den Schweissprozess an sich sind ausgeschöpft, dann wird man für gewöhnlich bei einem Nahtbild mit deutlicher Nahtüberwölbung und grenzwertig hohen Härtewerten arbeiten. Derlei Prozesse haben in der Realität den Nachteil, sehr anfällig für irgendwelche Veränderungen der Umweltbedingungen oder der Schweissenergiequellen-Eigenschaften zu sein. So kann beispielsweise ein qualifizierter Schweissprozess bei einer Absenkung der Umgebungstemperatur oder bei einsetzender Zugluft auf einmal Härtewerte in der Schweissnaht aufweisen, die höher als zugelassenen sind.
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Erweitert man einen solchen Prozess um eine vorlaufende Vorwärmung mit Tiefeninduktion, so bleibt der Hauptnutzen des Verfahrens - eine hohe Produktivität - erhalten und es werden die Schweissnahtqualität verbessert, vor allem aber die Prozessstabilität erhöht.
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Besonders vorteilhaft in Bezug auf die Prozessstabilität wirkt sich das freiwillige, direkt vorlaufende Vorwärmen mit Tiefeninduktion bei Laser- oder Elektronenstrahlschweissprozessen von Materialien/Material-kombinationen oder Geometrien aus, bei denen es schwierig ist, überhaupt einen Schweissprozess zu realisieren. Dies ist beispielsweise der Fall beim Laserschweissen von Mischverbindungen wie der Verbindung von hoch kohlenstoffhaltigen Stählen wie 42CrMo4 an einen Baustahl S355. In Kombination mit dem freiwilligen Vorwärmen und entsprechend reduzierter Strahlleistung resultieren dann Schweissprozesse, die nicht länger dauern als ohne Vorwärmung und die sehr stabil gegen Änderungen der äusseren Bedingungen sind. Hierbei erweist es sich als vorteilhaft, die Wärmequelle, beispielsweise einen Tiefeninduktions-Induktor, mechanisch in der Nähe des Strahlauftreffpunkts als direkt vorlaufende Vorwärmung zu positionieren.
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Beim Unter-Pulver-Schweissen erzielt man durch eine vorlaufende Vorwärmung jenseits der eigentlichen Erfordernisse mittels Tiefeninduktion vorteilhafte Effekte betreffend der Verzugsverminderung und des Nahtbildes, kann aber auch die Schweissgeschwindigkeit steigern, was bei diesem Verfahren und dessen typischen Anwendungsfällen von besonderem Vorteil ist.
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Bolzenschweissen von größeren Bolzendurchmessern, an dickeres Grundmaterial oder bei niedrigen Umgebungstemperaturen ist bislang handwerklich sehr anspruchsvoll oder gar nicht realisierbar. Wird eine tiefenwirksame Vorwärmmethode (wie beispielsweise Tiefeninduktion) eingesetzt, bei der eine Vorwärmtemperatur von bis zu 150°C in eine Tiefe von mindestens 10mm ohne Oberflächenveränderungen, namentlich ohne Anlauffarben, erreicht wird, dann kann auch bei diesem Verfahren unter den oben angegebenen Randbedingungen eine prozesssichere Schweissung erreicht werden. Auch da ist gegebenenfalls die von der Schweissenergiequelle eingebrachte Energie durch Reduktion von Strom und Schweisszeit anzupassen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Streckenenergie aus Schweissenergiequelle nach Stand der Technik
- 2
- Reduzierte Streckenenergie der Schweissenergiequelle
- 3
- Eingebrachte Energie der „freiwilligen Vorwärmung“ mittels Tiefeninduktion
- 4
- Streckenenergie des nach Stand der Technik mit Vorwärmung einzusetzenden Schweissprozesses
- 5
- Vorwärmung nach Stand der Technik
- 6
- Erhöhte Vorwärmung
- 7
- Schweissprozess mit reduzierter Streckenenergie
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 0150543 A1 [0004, 0018]
- US 2019/0193191 A1 [0005]
- DE 69605842 T2 [0009]
- EP 96106621 [0013]
- DE 19637465 C1 [0013]
- DE 102014011551 B4 [0014]
- DE 1156184 A [0020]
- DE 202018002644 U1 [0020]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- DIN EN 14610:2004 [0001]
- DIN EN ISO 4063 [0001]
- DIN EN ISO 4885:2018-07 [0004]
- DIN EN ISO 4063:2010 [0009]
- DIN EN ISO 6520 [0017]
- DIN EN 10025-1 [0020]
- DIN EN ISO 13916 [0024, 0036]
- DIN EN 1011-2 [0050]