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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Kunststoffbauteilen, wobei eine Kunststoffmasse in einer Hauptkavität einer Herstellungsmaschine in Form des Kunststoffbauteils ausgeformt wird und durch Fluidinjektion ein Hohlraum im Kunststoffbauteil entsteht.
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Aus dem Stand der Technik sind bereits Spritzguss- beziehungsweise Fließpressverfahren für Kunststoffe bekannt. Zur Herstellung von Hohlformen kann das Spritzguss- beziehungsweise Fließpressverfahren zudem mit einer Fluidinjektionstechnik erweitert werden. Die Fluidinjektionstechnik bringt dabei Gewichtsersparnisse in den bisherigen Herstellungsverfahren bis zu etwa 10 % bis 20 % beim Fließpressen und 40 % beim Spritzgießen. Diese sind beispielsweise mit einem Short-Shot-Verfahren möglich, wobei zuerst die Kunststoffmasse in die Hauptkavität eingebracht wird und anschließend durch Fluidinjektion ein Hohlraum hergestellt wird und die verdrängte Kunststoffmasse vollständig in der Hauptkavität verteilt wird.
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Die Kunststoffmasse kann auch faserverstärkt sein. Speziell bei Spritzgusstechnikverfahren wird häufig mit Kurzfasern von unter 1 mm Länge gearbeitet, da diese gemeinsam mit dem Kunststoff in die Hauptkavität des Werkzeuges eingespritzt werden können, wobei die Fasern während des Spritzgussprozesses eingekürzt werden. Im fertigen Bauteil sind auch ursprünglich längere Fasern daher meist unter 1 mm oder 2 mm lang und im Bauteil nicht geordnet, wobei in den Randbereichen eine Vorzugsrichtung für die Ausrichtung gegeben ist.
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Alternativ können zur Herstellung von faserverstärkten Kunststoffhohlkörpern auch Endlosfasern aufgewickelt oder aufgeflochten werden und dann mit einem Kunststoffmatrixwerkstoff überspritzt werden. Durch die Faserverstärkung weist der Kunststoff im ausgekühlten Zustand eine höhere Steifigkeit auf, wobei mit der Menge und Länge an zugegebenen Fasern die Steifigkeit und Festigkeit des resultierenden Bauteils bestimmt werden kann.
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Ein Herstellungsverfahren für faserverstärkte Kunststoffteile ist aus der
WO 97/44175 bekannt, welche eine Methode und einen Apparat zum Formen von langen Gegenständen, insbesondere Golfschlägern, beschreibt. Dabei wird geschmolzenes Plastik, welches mit Fasern angereichert ist, in eine Form injiziert, wobei der Hohlraum der Form der Oberfläche des herzustellenden Produktes entspricht. Mittels eines unter Druck stehenden Fluides wird in das Plastik im Nachgang ein Hohlraum eingebracht, welcher longitudinal ausgeformt ist. Das Verfahren eignet sich insbesondere für das Herstellen von langen Gegenständen mit relativ kleinem Durchmesser.
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In der
DE 197 47 021 B4 wird ein Verfahren zum Spritzgießen endlosfaserverstärkter Hohlkörper beschrieben. Dabei werden beliebige Schlauchgeflechte bestehend aus Endlosfasern in ein Spritzgießwerkzeug eingelegt und fixiert, wobei anschließend eine Kunststoffschmelze in die Geflechte injiziert wird, sodass diese von innen heraus von der Kunststoffschmelze durchströmt werden und in Kunststoff eingebettet werden, wobei anschließend durch eine Fluidinjektion ein Hohlraum im Inneren der Fasergeflechte erzeugt wird. Alternativ kann statt einer Durchströmung der Geflechte durch die Kunststoffschmelze auch die Schmelze durch die Fluidinjektion und den Fluidnachdruck die Schlauchgeflechte an die Werkzeugwand drücken, wobei diese damit die Außenhaut des herzustellenden Teils bildet und anschließend die Kunststoffschmelze sich von innen gegen die Fasern legt. Hierbei wird ebenfalls durch die Fluidinjektion in die Kunststoffschmelze ein Hohlraum im Inneren des zu fertigenden Kunststoffteils erzeugt.
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In der
DE 10 2012 004 168 A1 ist ein Verfahren zum Spritzgießen von Hohlkörpern mit Endlosfaserverstärkungselementen beschrieben. Röhrenförmige Preforms, welche aus hybriden Schlauchgeflechten bestehen, in welche verschiedene Arten von Endloskunststofffasern mit anderen Fasertypen wie beispielsweise Glasfasern, Kohlefasern, Kevlar oder Naturfasern verarbeitet sind, werden im Spritzgießwerkzeug positioniert und fixiert, wobei anschließend eine Kunststoffschmelze injiziert wird. Die Preforms werden dabei zuerst von innen heraus von der Kunststoffschmelze durchströmt, anschließend wird durch eine Fluidinjektion, beispielsweise mit Gas, Wasser, Öl oder einem Polymer, die Kunststoffschmelze in die Preforms gedrückt, wobei entweder die Fasern der Preforms von der Kunststoffschmelze durchströmt werden oder die Kunststoffschmelze sich innen an die Fasern der Preforms anlegt, sodass eine formschlüssige Verbindung zwischen dem Kunststoff und den Preforms entsteht.
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Fasern in Kunststoffteilen, welche mit Spritzgussverfahren hergestellt wurden, sind in der Regel Kurzfasern von unter 1 mm Länge und im Kunststoffteil nicht generell ausgerichtet angeordnet, wobei in den Randbereichen eine Vorzugsrichtung für die Ausrichtung gegeben ist. Dadurch ergeben sich deutlich geringere Festigkeiten, speziell eine deutlich geringere Schlagzähigkeit, als bei Faserstrukturen, in welchen die Fasern in Belastungsrichtung angeordnet sind. Um längere Fasern in einem Bauteil zu fertigen, muss nach derzeitigem Stand der Technik ein schon vorgefertigtes Glasfasernetz oder Endlosfasernetz in die Herstellungsmaschine eingebracht werden. Außerdem ist es bisher schwierig, Fluidkanaldurchmesser von größer als 20 mm mit einer Fluidinjektionstechnik zu fertigen, was auch die Hohlraumstrukturen im Bauteil begrenzt. Bisherige Hohlraumdurchmesser beliefen sich meist auf bis zu 12 mm. Für leichtere Bauteile oder Teile mit größeren Hohlräumen oder dünneren Wanddicken sind jedoch auch größere Hohlraumdurchmesser erforderlich beziehungsweise wünschenswert.
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Ein weiteres Risiko bei der Verwendung von Fluidinjektionstechnikverfahren, wie beispielsweise dem Short-Shot-Verfahren, ist das häufig vorkommende Aufschäumen der Grenzschicht von Kunststoff und Fluidblase, welches durch eine Faserverstärkung des Kunststoffs noch erhöht wird. Durch das Aufschäumen kann das injizierte Fluid in den Kunststoff eindiffundieren, wenn das Fluid bei konstantem Druck im Kunststoff gehalten wird, bis dieser erkaltet und der Kunststoff an der Grenzschicht während dieser Zeit noch flüssig ist. Dadurch entstehen Poren an der Grenzschicht, welche die gewünschten Bauteileigenschaften negativ beeinflussen.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, bei einem Verfahren zur Herstellung von Kunststoffbauteilen mit Fluidinjektionstechnik die Bauteileigenschaften des hergestellten Bauteils derart zu verbessern, dass eine geringere Porosität im Inneren des Hohlraums entsteht und Hohlstrukturen mit größeren Hohlraumdurchmessern gefertigt werden können. Zusätzlich können dadurch die Restwanddicken reduziert werden, was bei einem faserverstärkten Kunststoffbauteil die Ausrichtung der Fasern verbessert und somit die gewichtsabhängige Steifigkeit und Festigkeit des Bauteils erhöht. Zudem bringt eine Fluidkühlung wie im vorliegenden Verfahren beschrieben eine kürzere Zykluszeit und dadurch eine effizientere und günstigere Fertigung mit sich. Durch das geringere Gewicht aufgrund der niedrigeren möglichen Restwanddicken ist auch der Materialverbrauch reduziert, was die Bauteilkosten senken kann und ein leichteres Bauteil schafft. Durch eine niedrigere Porosität können die hergestellten Bauteile auch als Kanal für Flüssigkeiten oder Gase, also als Schläuche oder Kabel verwendet werden.
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Diese Aufgabe wird durch ein Herstellungsverfahren gelöst, welches einen Kunststoff in eine Herstellungsvorrichtung mit Haupt- und Nebenkavität einbringt, wobei anschließend mittels der Fluidinjektion ein Teil der Kunststoffmasse in die Nebenkavität gedrückt wird und durch weitere Fluidinjektion die Grenzschicht zwischen Kunststoff und Fluid gekühlt wird.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung von Kunststoffbauteilen umfasst dabei die folgenden Schritte:
- a) Einspritzen, Einpressen oder Einlegen einer Kunststoffmasse in eine Hauptkavität einer Herstellungsmaschine, wobei die Kunststoffmasse nicht in eine mit der Hauptkavität verbundene Nebenkavität eintritt;
- b) Injektion von Fluid in die Hauptkavität zur Formung eines Hohlraums in der Kunststoffmasse, wobei ein Teil der Kunststoffmasse in die Nebenkavität gedrückt wird, wobei ein Druck des einströmenden Fluides einen ersten Fluiddruck übersteigt;
- c) Weitere Injektion von Fluid, bis Fluid in die Nebenkavität eintritt, und es dabei zum Durchbruch einer vom injizierten Fluid geformten Fluidblase im Hohlraum der Kunststoffmasse in die Nebenkavität kommt und eine fluidführende Verbindung zwischen Hauptkavität und Nebenkavität entsteht;
- d) Kühlung einer Grenzschicht von Fluidblase und Kunststoffmasse in der Hauptkavität durch weiterhin injiziertes, zur Nebenkavität durchströmendes, Fluid;
- e) Schließen der fluidführenden Verbindung zwischen der Nebenkavität und der Hauptkavität mittels eines gasdichten Schließgliedes.
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Die Herstellungsmaschine kann dabei mit einem Spritzguss oder mit einem Fließpressverfahren arbeiten. Besonders bevorzugt ist die in die Herstellungsmaschine eingegebene Kunststoffmasse eine faserverstärkte Kunststoffmasse. Dabei werden die Fasern nicht vorab in die Herstellungsmaschine eingebracht, sondern sind in der Kunststoffmasse enthalten. Es handelt sich demnach vorzugsweise nicht um ein Verfahren mit einer eingebrachten Fasermatrix aus Endlosfasern, sondern um ein Verfahren für Kurzfasern oder Langfasern. Der Kunststoff besteht insbesondere aus Polymeren und Additiven, kann aber auch rein aus einem oder mehreren Polymeren bestehen. Insbesondere besteht die Kunststoffmasse aus thermoplastischem Kunststoff.
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Die Kunststoffmasse tritt im ersten Verfahrensschritt nur in die Hauptkavität ein, nicht in die mit der Hauptkavität verbundene Nebenkavität, wobei insbesondere auch die Hauptkavität nicht vollständig von der Kunststoffmasse ausgefüllt wird. Erst durch eine Fluidinjektion in die Hauptkavität, welche eine Fluidblase in der Kunststoffmasse bildet, wird die Kunststoffmasse vollständig in der Hauptkavität verteilt. Erfindungsgemäß wird bei diesem nachfolgenden Verfahrensschritt dabei auch ein Teil der Kunststoffmasse in die Nebenkavität gedrückt. Die äußere Form des hergestellten Kunststoffteils entspricht dabei der Form des Hohlraums der Hauptkavität, die Hauptkavität ist also der formgebende Teil für das herzustellende Kunststoffelement. Das injizierte Fluid übersteigt während der Injektion einen ersten Fluiddruck, wobei der Fluiddruck von der Geometrie des Hohlraums, dem verwendeten Kunststoff, dessen Temperatur und der Fasermenge abhängen kann. Insbesondere kann der erste Fluiddruck der höchste im Verfahren erreichte Fluiddruck sein, sodass der Fluiddruck in allen anderen Verfahrensschritten niedriger ist. Bevorzugterweise liegt der erste Fluiddruck dabei zwischen 20 und 100 bar, ganz besonders bevorzugt zwischen 40 und 70 bar. Der Fluiddruck muss dabei hoch genug sein, um gegen den viskoelastischen Druck des Kunststoffs einen Hohlraum in diesem zu schaffen.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird durch die Fluidinjektion nicht nur ein Teil der Kunststoffmasse in die Nebenkavität gedrückt, sondern die Fluidinjektion wird fortgeführt, bis auch Fluid in die Nebenkavität eintritt und es dabei zum Durchbruch der Fluidblase im Hohlraum der Kunststoffmasse kommt und die Nebenkavität eine eigene Fluidblase ausbildet, wobei diese Fluidblase mit der Fluidblase in der Hauptkavität gasführend verbunden ist. Das Fluid strömt demnach nach Ausbilden des Hohlraums in der Kunststoffmasse weiter durch die Kunststoffmasse hindurch und sammelt sich in einer zweiten Fluidblase in der Nebenkavität. Dabei kann der Fluiddruck auf einen niedrigeren Druck als den ersten Fluiddruck fallen.
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Durch den hohen ersten Fluiddruck, welcher nötig ist, die Verbindung zur Nebenkavität zu durchbrechen, wird eine größere Fluidblase in der Hauptkavität ausgeformt, als bei herkömmlichen Verfahren. Dadurch kann die Kunststoffmasse sehr dünn an die Form des Hohlraums in der Herstellungsmaschine gedrückt werden, wobei das entstehende Kunststoffbauteil sehr niedrige Restwanddicken aufweist. Die niedrigen Restwanddicken haben bei einem faserverstärkten Kunststoff noch den zusätzlichen Vorteil, dass dadurch eine stärkere Faserorientierung gegeben ist, da die Fasern im Bereich der Grenzschicht in Richtung der Fluidströmungsrichtung ausgerichtet werden. Durch eine geschickte Konstruktion des Bauteils kann erreicht werden, dass die Hauptbelastungsrichtung des Bauteils in Richtung der Fluidströmungsrichtung verläuft, vorzugsweise verläuft daher die Faserorientierung in Richtung der Hauptbelastungsrichtung des Bauteils, Durch die geringere Restwanddicke erhöht sich der Anteil an ausgerichteten Fasern im Kunststoffbauteil, wodurch die gewichtsspezifische Steifigkeit und Festigkeit des Kunststoffbauteils erhöht ist. Zusätzlich zur besseren Ausrichtung der Fasern und dem reduzierten Gewicht wird auch weniger Material für das Kunststoffbauteil gebraucht, was die Kosten senkt, falls das Material in einem anderen Prozess wieder verwendet werden kann. Bei einem Short-Shot Verfahren ist es auch möglich, von Anfang an weniger Material in die Hauptkavität zu spritzen.
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Das Durchströmen der Hauptkavität mit Fluid hat außerdem den Vorteil, eine Konvektion im Kunststoffbauteil zu erzwingen und somit die Grenzschicht zwischen Fluidblase und der Kunststoffmasse abzukühlen. Dies hat den Vorteil, dass die Kunststoffmasse an ihrer Grenzschicht während der Kühlung aushärtet und versiegelt wird, wodurch im weiteren Verfahren nicht so einfach Fluid in die Kunststoffmasse eindringen und Poren bilden kann. Durch die hierdurch stattfindende Kühlung wird zudem eine kürzere Zykluszeit für den nachfolgenden Verfahrensschritt des Aushärtens des Kunststoffbauteils möglich.
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Nach Kühlung der Grenzschicht von Fluidblase und Kunststoffmasse wird die fluidführende Verbindung zwischen der Nebenkavität und der Hauptkavität gasdicht geschlossen, sodass die Kunststoffmasse und die Fluidblase in der Hauptkavität abgeschlossen sind von der Nebenkavität. Die in der Nebenkavität gesammelte Kunststoffmasse kann nun entnommen und eventuell in einem anderen Verfahren weiterverwendet werden. Hierbei ist es besonders vorteilhaft, wenn die Nebenkavität entweder mit der Hauptkavität beim Öffnen derselben oder unabhängig davon geöffnet werden kann, um die Kunststoffmasse der Nebenkavität separat zum Bauteil der Hauptkavität zu entnehmen. Zudem erhöht das Pressen der Masse in die Nebenkavität auch die Arbeitssicherheit, da somit nicht eine heiße Masse ins Freie gelangt, sondern diese in einem abgeschlossenen Behälter aufbewahrt wird, bis das Verfahren beendet und die Masse etwas abgekühlt ist. Möchte man die Kunststoffmasse im heißen Zustand entnehmen, um sie besser weiterverarbeiten zu können, so kann auch die Nebenkavität unabhängig von der Hauptkavität geöffnet werden, wenn diese besonders bevorzugt einen unabhängigen Schließmechanismus besitzt.
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Besonders bevorzugt umfasst das Verfahren nach dem Schließen der Verbindung von Hauptkavität und Nebenkavität einen weiteren Verfahrensschritt, während welchem ein zweiter Fluiddruck gehalten wird, wobei der zweite Fluiddruck insbesondere geringer ist als der erste Fluiddruck. Das Halten des Fluiddrucks ist wichtig für das Aushärten des Kunststoffbauteils in der gewünschten Form. Dabei ist entscheidend, dass die Hauptkavität gasdicht verschlossen ist, sodass der zweite Fluiddruck wirken kann. Bevorzugterweise ist der zweite Fluiddruck geringer als halb so groß im Vergleich zum ersten Fluiddruck, besonders bevorzugt geringer als ein Viertel und ganz besonders bevorzugt unter 15% des ersten Fluiddrucks.
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Besonders bevorzugt umfasst das Verfahren nach dem Halten des zweiten Fluiddrucks einen weiteren Schritt, der zur Entformung des Teils führt, während dessen das Kunststoffteil aus der Herstellungsmaschine entnommen wird. Bevorzugterweise öffnet sich dafür die Hauptkavität, wobei Stifte das Kunststoffbauteil anheben und dieses dann aus der Hauptkavität entnommen wird. Dabei kann das Kunststoffbauteil auch von einem Roboterarm oder einer Maschine entnommen werden.
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Besonders bevorzugt ist das Schließglied, welches die Hauptkavität von der Nebenkavität trennt, ein Sperrschieber.
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In einer bevorzugten Verfahrensausprägung hat die Nebenkavität ein größeres Volumen als die durch das injizierte Fluid aus der Hauptkavität verdrängte Kunststoffmasse. Das größere Volumen der Nebenkavität ist notwendig, damit es zum Gasdurchbruch kommt und die Fluidinjektion auch in die Nebenkavität eindringen und dort eine Fluidblase bilden kann. Durch das in die Nebenkavität durchströmende Fluid wird die Grenzschicht zwischen Kunststoffmasse und Fluidblase in der Hauptkavität gekühlt und ausgehärtet. Dadurch wird das beim Short-Shot-Verfahren oft auftretende Aufschäumen der Grenzschicht verhindert, da das Fluid im nachfolgenden Schritt, in dem ein niedrigerer Fluiddruck konstant gehalten wird, nicht in den Kunststoff eindiffundieren kann. Beim Short-Shot-Verfahren wird durch den Fluiddruck und die Tatsache, dass der Kunststoff noch flüssig ist, die Grenzschicht porös, da das Fluid eindiffundiert. Das Nebenkavitätsverfahren mit einer im Vergleich zur Kunststoffmasse größeren Nebenkavität senkt die Porosität signifikant und ermöglicht dadurch das Fertigen von Hohlstrukturen nahezu ohne Porosität in einem Herstellungsverfahren mit Fluidinjektion. Durch die geringere Porosität der Grenzschicht kann das Kunststoffbauteil auch als Kanal für Medien wie Fluide bzw. Gase, also beispielsweise als Schlauch oder als Kabel verwendet werden.
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Die Porosität der Grenzschicht, oder genauer des Grenzvolumens von Kunststoffmasse und Fluidblase, wird dabei als Prozentsatz von in die Kunststoffmasse eindiffundiertem Fluid im Verhältnis zum Gesamtvolumen von Kunststoffmasse und Fluid gemessen. Konkret wird für die Messung der Porosität in der Grenzschicht ein CT (Computertomographie)-Bild ausgewertet, welches im vorliegenden Fall beispielsweise mit einer Auflösung von 35 µm aufgenommen werden kann. Mit der Schwellwertmethode, beispielsweise eines Grafikprogramms, können nun die in die Kunststoffmasse eindiffundierten Fluidblasen identifiziert werden, beispielsweise mit einem Schwellwert von 10 µm bei einer Auflösung von 35 µm. So kann bei einem Querschnitt der Grenzschicht die Größe der Fluidblasen bestimmt werden, welches dann in ein Verhältnis zur Gesamtfläche bzw. dem Gesamtvolumen von Fluid und Kunststoffmasse gesetzt werden kann. Hierbei zeigt sich, dass durch das erfindungsgemäße Verfahren in einer Eindringtiefe von 5 - 6 mm die Porosität im Vergleich zum Short-Shot-Verfahren drastisch gesenkt werden kann. Beispielsweise kann die Porosität, welche bei einem Short-Shot-Verfahren in einem Bereich im ersten Millimeter der Grenzschicht bei über 50 % liegen kann, auf unter 5 %, insbesondere unter 2 % über den gesamten Bereich des ersten Millimeters gesenkt werden. Zudem kann die über die ersten 5 mm immer wieder in den Bereich von 10 - 50 %, insbesondere 20 - 40 %, schwankende Porosität im Short-Shot-Verfahren auf unter 10 %, insbesondere auch unter 5 %, gesenkt werden. Eine Verringerung der Porosität der Grenzschicht in den ersten 5 mm, insbesondere im ersten Millimeter, um das 5-fache oder um das 10-fache kann durch das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht werden.
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Vorzugsweise wird das Fluid in den Hohlraum injiziert, bis die injizierte Fluidblase im Hohlraum der Kunststoffmasse in der Hauptkavität an mindestens einer Stelle senkrecht zur Strömungsrichtung des Fluides eine Höhe von 12 mm, insbesondere 22 mm, ganz besonders 40 mm, übersteigt. Der Kanal beziehungsweise die Fluidblase hat bevorzugt einen an die Außenkontur des Bauteils angepassten Querschnitt, wobei die Höhe dem maximalen Durchmesser der Fluidblase entspricht. Die Höhe beziehungsweise der Durchmesser der Fluidblase werden dabei immer senkrecht zur Strömungsrichtung definiert, sodass auch bei einer uneinheitlichen Höhe beziehungsweise einem über den Querschnitt der Fluidblase variierenden Durchmesser, beispielsweise am Anfang oder am Ende der Hauptkavität, diese jeweils senkrecht zur Strömungsrichtung steht. Die Fluidblase ist zudem meist länglich beziehungsweise an die Form der Hauptkavität angepasst. Durch das erfindungsgemäße Herstellungsverfahren ist somit grundsätzlich eine größere Fluidkanalquerschnittsfläche möglich, welche bisher mit Herstellungsverfahren mit Fluidinjektionstechnik nicht realisiert werden konnte. Insbesondere ist die Restwanddicke des mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Bauteils am Anfang der Fluidblase, nahe des Fluidinjektionsbereichs, um ein Vielfaches geringer als bei einem mit einem herkömmlichen Verfahren hergestellten Bauteil und beträgt insbesondere auf den ersten 10 % der Bauteilslänge des erfindungsgemäß hergestellten Bauteils weniger als die Hälfte, bevorzugt weniger als ein Drittel, besonders bevorzugt weniger als ein Viertel der Restwanddicke eines im herkömmlichen Verfahren hergestellten Bauteils. Die Restwanddicke nimmt dabei generell mit zunehmendem Abstand vom Fluidinjektionsbereich ab. Diese Abnahme ist beim erfindungsgemäßen Verfahren aber deutlich schneller, findet also in einem kürzeren Bereich des Kunststoffbauteils statt, als beim herkömmlichen Spritzguss oder Fließpressverfahren mit Fluidinjektion. Die absoluten Restwanddicken hängen dabei von der Konstruktion des jeweiligen Bauteils ab, betragen aber typischerweise einige Millimeter bis einige Zentimeter.
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Bevorzugterweise wird ein faserverstärkter Kunststoff im erfindungsgemäßen Herstellungsverfahren verwendet. Dabei werden während der Injektion des Fluids in die Kunststoffmasse die Fasern an der Grenzschicht von Fluidblase und Kunststoff ausgerichtet. Während des Verfahrensschritts der Fluidkühlung, der Fluidkühlungsphase, kann das einströmende Fluid die Fasern besser ausrichten, sodass an der inneren und äußeren Oberfläche des Bauteils mehr ausgerichtete Fasern vorliegen als bei herkömmlichen Herstellungsverfahren mit Fluidinjektion. Bevorzugterweise entspricht die Richtung der Ausrichtung der Fasern der Hauptbelastungsrichtung des Bauteils, was durch eine geeignete Konstruktion sichergestellt werden kann. Besonders bevorzugt wird durch die Fluidinjektion und Kühlung auch ein größerer Durchmesser der Fluidblase erzeugt, welcher insbesondere zu einer geringeren Restwanddicke des Kunststoffs führt. In der besonders bevorzugten Form mit einer dünneren Restwanddicke des Kunststoffs werden während des Kühlungsprozesses ein größerer Prozentsatz an Fasern ausgerichtet als bei herkömmlichen Verfahren ohne Fluidkühlung in der Hauptkavität. Dabei bestimmt das Restpolster, also die noch in der Hauptkavität vor der Gasblase vorhandene Kunststoffmasse, die Möglichkeit, Fasern auszurichten. Ist dieses geringer, kann das Gas also besser in den hinteren Teil der Kavität strömen, ist eine bessere Faserausrichtung möglich. Insbesondere wird dabei die Faserausrichtung nahe dem Bereich der Fluidinjektion verbessert, da dort die Restwanddicke stark abgesenkt werden kann. Prozentual sind damit auch insgesamt mehr Fasern ausgerichtet. Insbesondere sind dabei über 10 % der Fasern, bevorzugterweise über 20 % der Fasern und ganz besonders bevorzugt über 40 % der Fasern in der Fluidströmungsrichtung, welche vorzugsweise die Belastungsrichtung des erstellten Bauteils ist, ausgerichtet. Bei einem Fließpressverfahren wird dabei hauptsächlich die Faserschicht auf der inneren Seite angrenzend an die Fluidblase des Bauteils ausgerichtet. Wird das Bauteil im Spritzgussverfahren hergestellt, so richten sich beim Einpressen der Kunststoffmasse die Fasern an der äußeren, an der Innenwand der Hauptkavität anliegenden Schicht in Belastungsrichtung des Bauteils aus und während des Kühlprozesses während der Fluidinjektionsphase an der inneren Grenzschicht zur Fluidblase hin. Dadurch können bevorzugt auch bis zu 50 % der Fasern in Längsrichtung des Bauteils ausgerichtet werden.
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Die bessere Ausrichtung der Fasern erhöht die Schlagzähigkeit beziehungsweise generell die Steifigkeit des entstehenden Bauteils in Fluidfließrichtung, welche bevorzugt die Belastungsrichtung des Bauteils ist, weswegen die Kunststoffbauteile mit ausgerichteten Faserstrukturen und Hohlstrukturen auch Bauteile, welche traditionell aus Metall gefertigt werden, ersetzen können, beispielsweise Türen, Heckklappen oder Fensterrahmen. Da die Bauteile vollständig aus Kunststoff gefertigt werden können, sind sie leichter und billiger als aus Metall gefertigte Bauteile.
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Die vorliegende Erfindung umfasst zusätzlich ein Bauteil, welches nach einem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt wurde, wobei das Bauteil ein Kunststoffbauteil ist.
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Insbesondere umfasst das Kunststoffbauteil einen Hohlraum, bei welchem die Fläche senkrecht zur längsten Achse einen Innenabstand der Wände von über 12 mm, insbesondere über 20 mm, und besonders bevorzugt von über 40 mm hat. Der Hohlraum des Bauteils wird dabei erfindungsgemäß durch eine Fluidinjektion während der Herstellung des Bauteils kreiert.
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Bevorzugterweise umfasst das Bauteil eine Porosität der den Hohlraum bildenden Grenzschicht, die um das 5-fache, insbesondere um das 10-fache, niedriger ist, als die Porosität von Bauteilen, welche mit herkömmlichen Verfahren hergestellt wurden. Das heißt konkret, dass die Porosität der Grenzschicht um das 5-fache, insbesondere um das 10-fache, gesenkt wird. Die Grenzschicht umfasst die Oberfläche des Bauteils und dehnt sich wenige Millimeter ins Innere des Bauteils aus, maximal jedoch bis zu einem Drittel der Restwanddicke des Bauteils an der jeweiligen Stelle. Die Porosität hat dabei insbesondere ein Volumen von unter 10%, insbesondere unter 5%, ganz besonders unter 2% Fluidanteil im Vergleich zum Gesamtvolumen der Grenzschicht.
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Bevorzugterweise besteht das Bauteil aus einem faserverstärkten Kunststoff, wobei über 10 % der Fasern, bevorzugterweise über 20 % der Fasern und ganz besonders bevorzugt über 40 % der Fasern in der Belastungsrichtung des gefertigten Bauteils ausgerichtet sind.
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Ganz besonders bevorzugt ist die Form der äußeren Oberfläche des Bauteils durch die Form des Hohlraums der Hauptkavität bestimmt. Insbesondere ist die Hauptkavität länglich ausgebildet, das heißt in mindestens einer Dimension deutlich kleiner als in einer zweiten beziehungsweise insbesondere auch in einer dritten Dimension. Die Hauptkavität kann auch flach ausgebildet sein.
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In einer besonders bevorzugten Ausführungsform hat das Bauteil zumindest stellenweise, insbesondere jedoch das ganze Bauteil, eine Restwanddicke zwischen äußerer Oberfläche und der Oberfläche des inneren Hohlraums von unter 8 mm, bevorzugt unter 5 mm, besonders bevorzugt unter 3 mm. Anders als in der Literatur beschrieben kann mit steigendem Glasfasergehalt die Restwanddicke auch abnehmen. Mit einem 30 %-igen Gewichtsanteil an Glasfasern können mit dem vorliegenden Verfahren sehr niedrige Restwanddicken realisiert werden, wie beispielsweise 2 - 3 mm. Eine Erhöhung der Glasfasern bringt daher nicht notwendigerweise eine geringere Restwanddicke mit sich, weswegen optimalerweise der Fasergewichtsanteil bei ca. 30 % liegt, insbesondere zwischen 25 % und 35 %.
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Die Erfindung umfasst ebenfalls ein Fahrzeug, welches ein Bauteil nach einem der vorher beschriebenen Ausführungsformen umfasst.
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Es zeigen schematisch:
- 1a ein herkömmliches Short-Shot-Verfahren mit Fluidinjektion;
- 1b ein Nebenkavitätsverfahren nach der vorliegenden Erfindung mit Fluidinjektion;
- 2 ein Druckprofil des erfindungsgemäßen Nebenkavitätsverfahrens mit Kühlung;
- 3 eine Herstellungsmaschine für das erfindungsgemäße Verfahren;
- 4a einen Längs- und Querschnitt eines Bauteils aus einem herkömmlichen Verfahren;
- 4b einen Längs- und Querschnitt eines Bauteils aus einem erfindungsgemäßen Verfahren.
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1a beschreibt ein herkömmliches Short-Shot-Verfahren, bei dem die Kunststoffschmelze in eine Hauptkavität 62 gespritzt oder gepresst werden kann. In einem ersten Verfahrensschritt 10 wird dabei die Schmelze in die Hauptkavität 62 injiziert, wobei nur ein Teil der Hauptkavität 62 gefüllt wird. Die Schmelze kann dabei aus einer Kunststoffmasse mit oder ohne Fasern bestehen, wobei die Fasern häufig Kurzfasern sind. In einem zweiten Verfahrensschritt 20 wird danach ein Fluid injiziert, häufig ein Gas, welches die Schmelze weiter in die einzige vorhandene Kavität, also die Hauptkavität 62, treibt. Zudem bildet sich durch die Fluidinjektion am Eingang ein Hohlraum, der sich während der Injektion weiter in der Hauptkavität 62 und der Kunststoffmasse ausbreitet. In einem weiteren Verfahrensschritt 40 wird der Fluiddruck auf einem niedrigeren Fluiddruckniveau als während der Fluidinjektionsphase 20 im zweiten Verfahrensschritt gehalten, sodass während der sogenannten Fluidnachdruckphase 40 in dem weiteren Verfahrensschritt die Schmelze der Kunststoffmasse aushärten kann. Hierbei wird das Bauteil 110 in seine endgültige Form gebracht, wobei sich in den meisten Fällen der Hohlraum fast durch die gesamte Hauptkavität 62 erstreckt.
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In einem erfindungsgemäßen Verfahren mit Nebenkavität und Kühlung, welches in 1b gezeigt wird, wird in einem ersten Verfahrensschritt, der Schmelzinjektionsphase 10, die Kunststoffschmelze in die Hauptkavität 62 injiziert, wobei bevorzugt nicht die komplette Hauptkavität 62 ausgefüllt wird. In einem zweiten Verfahrensschritt, der Fluidinjektionsphase 20, wird ein Fluid, insbesondere ein Gas, injiziert, welches sich in der Hauptkavität 62 ausbreitet und einen Hohlraum in die Kunststoffmasse treibt. Ein Teil der Kunststoffmasse wird dabei in die angeschlossene Nebenkavität 64 gedrückt, wobei eine Verbindung zwischen der Hauptkavität 62 und der Nebenkavität 64 während des gesamten Schrittes geöffnet ist.
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Nach der Fluidinjektionsphase 20 wird in einem dritten Verfahrensschritt, der Fluidkühlungsphase 30, weiter Fluid in die Hauptkavität 62 injiziert. Das Fluid dringt dabei bis in die Nebenkavität 64 vor, was zu einem Durchbruch von der Hauptkavität 62 zur Nebenkavität 64 führt. Es entsteht also auch ein Hohlraum in der Kunststoffmasse der Nebenkavität 64. Das Bauteil 110 in der Hauptkavität 62 erreicht seine endgültige Form, und die Grenzschicht 82 der Kunststoffmasse zur Fluidblase 81 im Hohlraum des Bauteils 110 wird durch das durch die Hauptkavität 62 strömende Fluid gekühlt, während sich in der Nebenkavität 64 eine Fluidblase ansammelt. Es bleiben während des gesamten Verfahrensschritts der Fluidkühlung 30 die Hauptkavität 62 und die Nebenkavität 64 verbunden, sodass das Fluid ungehindert durch die Hauptkavität 62 in die Nebenkavität 64 strömen kann.
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In einem vierten Verfahrensschritt, der Fluidnachdruckphase 40, wird bei einem geringeren Druck ein Fluidnachdruck in der Hauptkavität 62 erzeugt, wobei zu Beginn der Fluidnachdruckphase 40 ein Schließmechanismus 65 die Hauptkavität 62 von der Nebenkavität 64 gasdicht abtrennt. Insbesondere kann die gasdichte Trennung der Haupt- 62 und Nebenkavität 64 durch ein Schließglied oder einen Schieber bzw. Sperrschieber erfolgen. Während der Fluidnachdruckphase 40 wird dabei das Fluid bei einem geringeren Druck konstant gehalten, als während der Fluidinjektionsphase 20 und der Kunststoff des Bauteils hat Zeit, vollständig auszuhärten und abzukühlen. Während dieses Schrittes kann bereits der Kunststoff aus der Nebenkavität 64 entfernt werden, sodass dieser einer weiteren Verarbeitung zugeführt werden kann.
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2 zeigt das Druckprofil während des erfindungsgemäßen Herstellungsverfahrens mit Nebenkavität 64 und Kühlung, wobei während der, Schmelzinjektionsphase 10 der Druck stark ansteigt. Dieser meist 2 bis 3 Sekunden dauernde erste Verfahrensschritt kann einen Druckanstieg, wie in 2 dargestellt, von bis zu 70 bar erzeugen, der Druckanstieg ist jedoch abhängig von der Form der Hauptkavität 62 und der verwendeten Kunststoffschmelze. Generell sind Werte zwischen 50 bar und 150 bar üblich. Während eines zweiten Verfahrensschritts der Fluidinjektion 20 bleibt der Druck dabei auf einem hohen Niveau, im dargestellten Diagramm bei 70 bar, wobei die Fluidinjektionsphase 20 mehrere Sekunden, bevorzugt unter 10 Sekunden, ganz besonders bevorzugt ca. 4 bis 7 Sekunden andauert. Während des dritten Schrittes der Fluidkühlung 30 fällt der Druck von einem erhöhten ersten Fluiddruck auf einen niedrigeren zweiten Fluiddruck ab, im dargestellten Beispiel in 2 von 70 bar auf 10 bar, wobei die Fluidkühlungsphase 30 etwa 2 bis 3 Sekunden beträgt. In einem vierten Verfahrensschritt, der Fluidnachdruckphase 40, welche über eine Minute andauern kann, wird der Fluiddruck bei einem konstanten, aber niedrigeren zweiten Fluiddruck gehalten. Die Fluidnachdruckphase 40 kann über eine Minute, oder wie im gezeigten Beispiel, etwa 70 Sekunden andauern. In dieser Zeit kühlt die Kunststoffschmelze endgültig aus, wobei die Grenzschicht 82 im Kunststoff, welche an die Fluidblase 81 grenzt, schon in der Fluidkühlungsphase 30 abgekühlt wurde und sich nun die komplette Wand des Bauteils 110 abkühlt. Im letzten Verfahrensschritt der Entformung 50 wird die Hauptkavität 62 geöffnet und das Bauteil 110 entnommen. Der Druck fällt somit auf 0 bar ab. Diese Entformungsphase 50 dauert in der Regel 1 bis 2 Sekunden.
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3 zeigt eine Herstellungsmaschine für ein erfindungsgemäßes Verfahren mit Nebenkavität 64 und Hauptkavität 62 für das Herstellen eines Kunststoffbauteils 110, insbesondere eines faserverstärkten Kunststoffbauteils 110 mit einer Spritzgusstechnik. Durch die Angussbuchse 61 wird die Kunststoffmasse in geschmolzenem Zustand in die Hauptkavität 62 geleitet. Für den Fall einer endlosfaserverstärkten Kunststoffmasse befindet sich die Matrize bereits in der Hauptkavität 62. Die Angussbuchse 61 hat dabei bevorzugt einen Durchmesser von mindestens 5 mm. Die Hauptkavität 62 hat eine innere Form, die dem Gegenstück der Oberfläche des herzustellenden Bauteils 110 entspricht. Oberhalb der Hauptkavität 62 befindet sich ein Stempel 63. Im offenen, hier nicht dargestellten Zustand ist die Hauptkavität 62 mit der Nebenkavität 64 verbunden, sodass sowohl Kunststoffmasse als auch ein injiziertes Fluid von der Hauptkavität 62 in die Nebenkavität 64 fließen kann. Die Nebenkavität 64 hat dabei ein Volumen von bevorzugterweise über 200 cm3, besonders bevorzugterweise von über 350 cm3, insbesondere von über 400 cm3. Die Größe des Nebenkavitätsvolumens ist dabei abhängig von der verwendeten Kunststoffmasse im Herstellungsverfahren, wobei die Kunststoffmasse im Herstellungsverfahren bevorzugt mindestens dem dreifachen Volumen der Nebenkavität 64 entspricht. Mit einem Schließglied 65, hier als Sperrschieber dargestellt, kann die Hauptkavität 62 von der Nebenkavität 64 getrennt werden. In 3 ist der Zustand der Herstellungsmaschine 100 mit geschlossenem Schließglied 65 dargestellt. Das Schließglied 65 wird von einer Keilkinematik 66 bewegt, welche von einem Hydraulikzylinder 67 angetrieben wird. Beim Schließen der Hauptkavität 62 wird diese an der Tauchkante 68 geschlossen. Der Fluidinjektor 69 ist am gleichen Ende der Hauptkavität 62 wie die Angussbuchse 61 angeordnet, wobei der Fluidinjektor 69 in 3 auf der Unterseite der Hauptkavität 62 angebracht ist und die Ausgussbuchse 61 die Kunststoffmasse von der Oberseite der Hauptkavität 62 aus hineingibt. Der Fluidinjektor 69 ragt dabei bevorzugt einige Millimeter oder Zentimeter, je nach Bauteilform, in die Hauptkavität 62 hinein, sodass die Wand des zu fertigenden Bauteils 110 durchbrochen wird und die Fluidinjektion mittig in der Hauptkavität 62 stattfindet. Nach dem Auskühlen des Bauteils 110 wird die Hauptkavität 62 geöffnet, wobei an der Tauchkante 68 der Stempel 63 nach oben gleitet, und die Auswerferstifte 70 drücken das Bauteil 110 oben zur Öffnung heraus. Die Auswerferstifte 70 werden dabei von der Auswerferplatte 71 nach oben gepresst, welche von einem Hydraulikzylinder 72 angetrieben wird.
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4a zeigt einen Längsschnitt und einen Querschnitt durch ein Bauteil 110 aus faserverstärktem Kunststoff, welches durch ein herkömmliches Herstellungsverfahren hergestellt wurde. Die Fluidblase 81 im Zentrum des Bauteils 110 ist unregelmäßig ausgeformt, weswegen auch die Restwanddicke 86 zwischen der inneren Oberfläche 85 und der äußeren Oberfläche 84 sehr unterschiedlich groß ist. Im Bereich einer Grenzschicht 82 der Fluidblase 81 mit der Kunststoffmasse des Bauteils 110 sind die Fasern in der Kunststoffmasse ausgerichtete Fasern 83. Diese wurden durch das einströmende Fluid in Strömungsrichtung ausgerichtet, weswegen im Längsschnitt die Fasern in ihrer Länge zu sehen sind, im Querschnitt dagegen nur der dünne, punktförmige Faserquerschnitt sichtbar ist.
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Im in der 4b abgebildeten Bauteil 110 aus einem erfindungsgemäßen Verfahren ist im Gegensatz zu dem in 4a gezeigten Bauteil 110 die Fluidblase 81 deutlich größer, da während der Fluidkühlungsphase 30 weiter Fluid in die Hauptkavität 62 geleitet und die Fluidblase 81 dabei vergrößert wird. Durch die deutlich geringere Restwanddicke 86 sind prozentual deutlich mehr ausgerichtete Fasern 83 in der Grenzschicht 82 des Kunststoffs enthalten als bei einem Vergleichsbauteil 110 aus einem herkömmlichen Herstellungsverfahren. Im Falle einer Herstellung mit einem Fließpressverfahren sind zudem auch die Fasern unter der äußeren Oberfläche 84 ausgerichtete Fasern 83, wodurch der Anteil an ausgerichteten Fasern 83 20 %, insbesondere 40 %, insbesondere über 50 % der in der Kunststoffmasse enthaltenen Fasern betragen kann.
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Bezugszeichenliste
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- 100
- Herstellungsmaschine
- 110
- Bauteil
- 10
- Schmelzinjektionsphase
- 20
- Fluidinjektionsphase
- 30
- Fluidkühlungsphase
- 40
- Fluidnachdrucksphase
- 50
- Entformungsphase
- 61
- Angussbuchse
- 62
- Hauptkavität
- 63
- Stempel
- 64
- Nebenkavität
- 65
- Schließmechanismus
- 66
- Keilkinematik
- 67
- Hydraulikzylinder des Schiebers
- 68
- Tauchkante
- 69
- Fluidinjektor
- 70
- Auswerferstifte
- 71
- Auswerferplatte
- 72
- Hydraulikzylinder des Auswerfersystems
- 81
- Fluidblase
- 82
- Grenzschicht
- 83
- ausgerichtete Fasern
- 84
- äußere Oberfläche
- 85
- innere Oberfläche
- 86
- Restwanddicke
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 9744175 [0005]
- DE 19747021 B4 [0006]
- DE 102012004168 A1 [0007]