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Technisches Gebiet
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Die gegenständliche Erfindung betrifft ein Verfahren zum Abschätzen einer Unsicherheit einer Ausgangsgröße eines Messaufbaus in einem Testsystem. Dabei wird die Ausgangsgröße von zumindest einer Messgröße abgeleitet. Dabei werden Messwerte der zumindest einen Messgröße von einer Messeinrichtung des Messaufbaus erfasst, wobei die Messgröße von Unsicherheitsfaktoren beeinflusst wird und die Messwerte eine Messunsicherheit aufweisen. Weiterhin betrifft die gegenständliche Erfindung ein zugehöriges System, welches zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ausgestaltet ist.
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Stand der Technik
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Seit langem stellen Testsysteme in den vielfältigsten technologischen Anwendungsgebieten ein nicht mehr wegzudenkendes Hilfsmittel, insbesondere im Bereich der Entwicklung und Forschung, dar. In einem besonderen Maß trifft dies auch auf die Automobilindustrie zu, in welcher bei der Entwicklung von Antriebsaggregaten, wie z.B. Verbrennungsmotoren, Elektromotoren oder einer Kombination von Verbrennungsmotoren und Elektromotoren (sogenannten Hybridantrieben) seit vielen Jahren Prüfstände als Testsysteme zum Einsatz kommen. Ein grundlegender Aufbau und eine Wirkungsweise solcher Prüfstände sind hinlänglich bekannt. Dabei ist es seit je her eine wesentliche Anforderung an derartige Testsysteme, möglichst genaue und reproduzierbare Messwerte zu eruieren. Allerdings muss ein modernes Testsystem im Automobilbereich heutzutage in der Lage sein, komplexe Aufgaben zu bewältigen, welche sich durch Elektrifizierung und Hybridisierung der Antriebsaggregate ergeben sowie eine virtuelle Entwicklung und Testdurchführung auf einem Prüfstand ermöglichen.
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Daher sind Testsysteme bzw. Prüfstände mittlerweile häufig als sogenannte cyber-physische System bzw. cyber-physical Systems (CPS) ausgestaltet. Cyber-physische System bestehen üblicherweise aus mechanischen Komponenten, mittels Hardware und/oder Software realisierter Verarbeitungskomponenten und moderner Informationstechnik. Durch eine Vernetzung der einzelnen Komponenten über Netzwerken (z.B. Internet, etc.) lassen sich beispielsweise komplexe Infrastrukturen, wie z.B. zumindest teilweise automatisierte Testsysteme, steuern, regeln und kontrollieren. Ein Informationsaustauch der vernetzten Komponenten und Einheiten kann dabei z.B. in Echtzeit über ein drahtgebundenes und/oder drahtloses Kommunikationsnetz erfolgen. Das Funktionsprinzip basiert auf Messeinrichtungen (z.B. Sensoreinheiten, Messgeräten, etc.), Aktoren und vernetzten Verarbeitungskomponenten, wobei die Messeinrichtungen Messdaten vorgebbarer Messgrößen aus der physikalischen Welt über die Netzwerke an die Verarbeitungskomponenten liefern, welche die Messdaten verarbeiten. Daraus ergeben sich z.B. Kennwerte und Steuerdaten, welche die Verarbeitungskomponenten über die Netzwerke z.B. an die Aktoren weitergeben. Dabei können von den Verarbeitungskomponenten aus den Messdaten bzw. aus den gemessenen Werten der Messgrößen Werte der Ausgangsgrößen abgeleitet werden, welche z.B. Kennwerte für einen zu testenden Prüfling darstellen und/oder in die Steuerung, Regelung und Kontrolle der Aktoren im Testsystems einfließen. So können z.B. an einem Prüfstand für ein Antriebsaggregat Messwerte von Messgrößen, wie z.B. Drehzahl und Drehmoment an einer Antriebswelle, ermittelt werden und daraus beispielsweise in einer Verarbeitungskomponente des Prüfstands eine mechanische Leistung des Antriebsaggregats als Ausgangsgröße abgeleitet werden. Die abgeleitete Ausgangsgröße bzw. die aus den Messdaten ermittelten Werte der Ausgangsgröße können dann z.B. wieder für Steuer- und/oder Regelprozesse im Testsystem herangezogen werden.
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Meist werden in Testsystemen Messaufbauten mit einer Vielzahl von Messeinrichtungen, wie Sensoreinheiten und Messgeräte, verwendet, welche unterschiedliche Messgrößen erfassen. Innerhalb des Testsystem werden dann von den erfassten Werten der Messgrößen unterschiedliche Ausgangsgrößen abgeleitet, welche z.B. als Kenngröße des Prüflings, als Steuergröße, Regelgröße, etc. für Steuer- und/oder Regelprozesse Werte von Messgrößen, etc. weiterverwendet werden können. Mit zunehmender Komplexität eines Messaufbaus reichen häufig die gemessenen Werte der Messgrößen allein nicht mehr aus. Zusätzlich sind auch Kenntnisse über Genauigkeit und Präzision der gemessenen Messgrößen sowie die Kenntnis der Genauigkeit der aus den Messgrößen abgeleiteten Ausgangsgrößen von Relevanz, um Messungen und Tests von hoher Qualität und Genauigkeit durchführen zu können.
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Messgrößen können während einer Messung von verschiedenen Unsicherheitsfaktoren, wie z.B. Temperatureinflüsse, Linearität der Messung, mechanischen Einflüssen, Messfehlern, Ungenauigkeiten der Messeinrichtungen, etc. - beeinflusst werden. Dadurch weist jeder von einer Messeinrichtung erfasste Wert einer Messgröße eine Messunsicherheit bzw. Unsicherheit auf, welche sich aus den Beiträgen der einzelnen Unsicherheitsfaktoren zusammensetzt. Die Messunsicherheit, mit welcher eine Messgröße behaftet ist, grenzt einen Wertebereich einer Messgröße ein, innerhalb dessen ein wahrer Wert der Messgröße mit einer anzugebenden Wahrscheinlichkeit liegt. Die Messunsicherheit bzw. Unsicherheit von Messgrößen beeinflusst damit auch die Genauigkeit bzw. Unsicherheit einer aus zumindest einer oder mehreren Messgrößen abgeleiteten Ausgangsgröße. D.h. sind beispielsweise zwei Messgrößen mit einer bestimmten Unsicherheit oder von unterschiedlichen Unsicherheitsfaktoren beeinflusst, so weist eine Ausgangsgröße, welche aus diesen zwei Messgrößen abgeleitet wurde, ebenfalls eine Unsicherheit auf. Die Unsicherheit der Ausgangsgröße kann beispielsweise Einfluss auf Steuer- und/oder Regelprozesse im Testsystem haben. Das bedeutet, die Messunsicherheit der Messgrößen pflanzt sich in der Genauigkeit bzw. Unsicherheit der aus den Messgrößen abgeleiteten Ausgangsgröße fort, wobei die die Messgrößen beeinflussenden Unsicherheitsfaktoren und/oder deren Kombinationen sich unterschiedlich stark auf die jeweils abgeleitete Ausgangsgröße auswirken können.
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Bei Kenntnis oder zumindest mit Hilfe einer Abschätzung von Größe und Zusammensetzung dieser „fortgepflanzten“ Unsicherheiten von aus Messgrößen abgeleiteten Ausgangsgrößen kann diesen mit entsprechenden Maßnahmen (z.B. Verbesserung des Steuer- und/oder Regelprozesses, Verwendung eines anderen Reglers, Korrektur der jeweiligen Ausgangsgröße, etc.) entgegengewirkt werden. Dazu ist es z.B. wichtig, jene Unsicherheitsfaktoren und/oder Kombinationen von Unsicherheitsfaktoren zu identifizieren, welche die Messunsicherheit der jeweiligen Messgröße bedingen, und Kenntnis zu haben, inwiefern die Unsicherheitsfaktoren bzw. deren Kombinationen sich auf die jeweils abgeleiteten Ausgangsgrößen auswirken.
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Um eine Unsicherheitsanalyse durchzuführen, können beispielsweise im ISO/IEC Leitfaden 98-3 „Guide to the Expression of Uncertainty in Measurement“ oder kurz GUM angeführte analytisch-rechnerische Methoden verwendet werden. Im GUM werden beispielsweise zwei Möglichkeiten angeführt, um einen Beitrag eines Unsicherheitsfaktors zur Unsicherheit einer Messgröße zu ermitteln. Einerseits kann dieser mittels statistischer Analyse mehrerer statistisch unabhängiger Messwerte aus einer Messwiederholung bestimmt werden. Andererseits kann die Ermittlung ohne statistische Methoden - z.B. durch Entnahme der Werte aus einem Kalibrierschein, aus Genauigkeitsklassen eines Messgeräts oder aus Erfahrung und vorangegangener Messungen - erfolgen. Beide Ermittlungsweisen beruhen auf Wahrscheinlichkeitsverteilungen und können auch kombiniert werden. Bei GUM wird für jeden Unsicherheitsfaktor beispielsweise angegeben, mit welcher Methode dieser bewertet wird, und wie stark dieser die gesamte Messunsicherheit beeinflusst. Meist wird bei den in GUM beschriebenen Methoden eine Korrelation von Unsicherheiten aufgrund des erheblichen zusätzlichen Rechenaufwands nicht berücksichtigt. Weiterhin sind auch Skalierbarkeit und automatisierte Durchführung der in GUM beschriebenen Verfahren beschränkt, insbesondere können mit diesen Methoden Unsicherheitsanalysen in Echtzeit, welche z.B. während eines Testdurchlaufs in einem Testsystem erforderlich wären, nur beschränkt durchgeführt werden.
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Eine weitere Möglichkeit, das Verhalten eines Messaufbaus (z.B. in einem Testsystem) und eine Fortpflanzung von Unsicherheiten zu analysieren, bieten sogenannte statistikbasierte Verfahren, wie z.B. die sogenannte Monte-Carlo-Simulation, welche für eine Unsicherheitsanalyse mehrfach durchlaufen werden. Die Monte-Carlo-Simulation ist ein mathematisches Verfahren, welches zur Abschätzung möglicher Ergebnisse eines ungewissen Ereignisses verwendet wird, und mit welcher beispielsweise mittels eines Vorhersagemodells, einer Wahrscheinlichkeitsverteilung unabhängiger Variablen als Eingangsgrößen des Vorhersagemodells und eine wiederholten Simulation des Vorhersagemodells mit zufälligen Werten der unabhängigen Variablen Auswirkungen von Risken in realen Szenarien (z.B. Aktienkurse, Umsatzprognosen, Projektmanagement, etc.) bewertet werden können. Aus der Schrift
US 2010/0010847 A1 ist beispielsweise ein Verfahren bekannt, bei welchem der Einfluss von Unsicherheiten mehrerer Eingangsgrößen (z.B. Entwicklungsausgaben, Serviceausgaben, usw.) auf die Berechnung eines Kapitalwertes eines Projekts mittels der Monte Carlo-Simulation ermittelt wird.
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Aufgrund einer relativ hohen Anzahl an Simulationsdurchläufen weist die Monte-Carlo-Simulation einen hohen Bedarf an Zeit und Rechnerleistung auf. Um die Anzahl der Monte-Carlo-Simulation zu reduzieren und dadurch die Geschwindigkeit zu erhöhen, wurden beispielsweise die Verfahren - Importance Sampling (deutsch: Stichprobenentnahme nach Wichtigkeit bzw. gewichtete Stichprobenentnahme) und Design of Experiments (deutsch: statistische Versuchsplanung) entwickelt. Die Idee des Importance Sampling besteht darin, nur Stichproben mit signifikantem Einfluss auf die Ausgangsgrößen zu berücksichtigen, wobei diese „wichtigen“ Stichproben anhand einer Wahrscheinlichkeitsverteilung erzeugt werden. Beim Design of Experiments besteht die Idee darin, einen Satz von (unabhängigen) Einflussvariablen zu bestimmen, welche den größten Einfluss auf (unabhängige) Ergebnisse haben. Allerdings weisen auch diese Methode den Nachteil von mehrfachen Durchläufen und damit einen entsprechenden Aufwand an Zeit und Rechnerleistung auf. Weiterhin können bei diesen Methoden wie auch bei der Monte-Carlo-Simulation keine Informationen über eine Zusammensetzung der Unsicherheit, insbesondere einer abgeleiteten Ausgangsgröße, gewonnen werden. Es ist beispielsweise kaum möglich, zurückzuverfolgen, welche Unsicherheitsfaktoren z.B. die größten Beiträge zur Unsicherheit beisteuern.
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Eine weitere Methode zur Unsicherheitsanalyse stellt beispielsweise die sogenannte Response surface methodology (kurz: RSM) dar. Die RSM untersucht in der Statistik die Beziehungen zwischen Eingangsvariablen und einer oder mehrerer Antwort- bzw. Ausgangsvariablen. Dazu wird ein Polynommodell zweiter Ordnung als Annäherung verwendet und auf diese Weise Verteilungseigenschaften mit geringerem Zeitaufwand als z.B. mit der Monte-Carlo-Simulation berechnen zu können. Weiterhin können mittels RSM auch Wechselwirkung zwischen Variablen bestimmt werden. Allerdings liefert RSM vor allem bei komplexen und/oder nicht linearen Zusammenhängen zwischen Eingangs- und Ausgangsvariablen, welche nicht bzw. nicht optimal mittels eines Polynommodells zweiter Ordnung angenähert werden können, kaum bis keine aussagekräftigen Ergebnisse. Zusätzlich sind Näherungsfehler nur sehr schwer abschätzbar.
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Weitere Möglichkeiten zur Analyse von Unsicherheiten in einem Testsystem mit mehreren Messeinrichtungen bieten z.B. die sogenannte affine Arithmetik (kurz: AA) oder die sogenannte Verteilungsarithmetik (kurz: DA). Die affine Arithmetik ist ein Modell zur selbstvalidierten, numerischen Analyse, bei welcher jede Eingabe oder berechnete Größe durch affine Kombinationen bestimmter, primitiver Variablen - dargestellt wird, welche für die Quellen der Unsicherheit in den Daten oder Annäherungen stehen. Die affine Arithmetik kann in zahlreichen Bereichen eingesetzt werden, wie z.B. in der Computergrafik, bei der digitalen Signalverarbeitung zum Schätzen von Rundungsfehler oder beim Dimensionieren analoger Schaltungen, aber auch beim Abschätzen von Unsicherheiten. Ein Nachteil dieser Methode ist allerdings, dass statistische Eigenschaften von Unsicherheiten nicht handhabbar sind, und dass insbesondere Auswirkungen von Kombinationen von Unsicherheitsfaktoren auf eine Gesamtunsicherheit nicht abschätzbar sind.
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Um die oben genannten Nachteile der affinen Arithmetik zu überwinden, wurde beispielsweise die Verteilungsarithmetik (engl. Distribution Arithmetic oder kurz DA) eingeführt. Mit der Verteilungsarithmetik werden Unsicherheiten durch eine Summe gewichteter Potenzen anfänglicher Zufallsvariablen modelliert. Ausgehend von den Verteilungen der anfänglichen Zufallsvariablen können z.B. Verteilungseigenschaften, wie z.B. Erwartungswert, Varianz, etc., für jede berechnete Unsicherheit bestimmt werden. Die Verteilungsarithmetik unterstützt beispielsweise lineare und nichtlineare Funktionen und kann Korrelationen zwischen Unsicherheiten automatisch berücksichtigen. Eine Anwendung der Verteilungsarithmetik im Bereich der Halbleiterprozesstechnik ist z.B. aus der der Veröffentlichung Oblrich, M; Barke, E., 2008. Distribution Arithmetic. In: Asia and South Pacific Design Automation Conference. Seoul, Korea (South), April 2008, pp. 537-542. bekannt. Eine Beschränkung der Verteilungsarithmetik ist allerdings, dass die Anzahl der anfänglichen Zufallsvariablen, welche die unabhängigen Unsicherheiten in einem System modellieren, vorab bekannt und eingestellt sein muss und konstant bleiben muss. Bei komplexen Systemen muss beispielweise diese Anzahl abgeschätzt werden. Eine weitere Beschränkung der Verteilungsarithmetik stellt beispielsweise die Verwendung desselben Werts für eine maximale Potenz von Variablen für alle nichtlinearen Funktionen im System dar, wodurch die Genauigkeit von Ergebnissen einer Unsicherheitsanalyse sehr stark beeinflusst sein kann.
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Darstellung der Erfindung
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren sowie ein zugehöriges System zum Abschätzen einer Unsicherheit einer Ausgangsgröße, welche von zumindest einer mit einer Unsicherheit behaften Messgröße abgeleitet wird, anzugeben, mit welchen die Unsicherheiten der abgeleiteter Ausgangsgröße automatisiert und flexibel mit größerer Genauigkeit und geringerem Rechenaufwand möglichst in Echtzeit abgeschätzt werden.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren sowie ein System gemäß den unabhängigen Ansprüchen gelöst. Vorteilhafte Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen beschrieben.
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Erfindungsgemäß erfolgt die Lösung der Aufgabe durch ein Verfahren eingangs angeführter Art zum Abschätzen einer Unsicherheit einer Ausgangsgröße eines Messaufbaus in einem Testsystem, bei welchem ein Nominalwert für zumindest eine Messgröße aus zumindest einem Messwert der zumindest einen Messgröße ermittelt wird. Dann werden Unsicherheitsfaktoren ermittelt, welche die zumindest eine Messgröße beeinflussen. Unter Verwendung des Nominalwerts der zumindest einen Messgröße und der ermittelten, beeinflussenden Unsicherheitsfaktoren wird dann ein Wert bzw. eine Darstellung der zumindest einen Messgröße in Form einer probabilistischen, arithmetischen Form ermittelt. Dann wird ein funktionales Modell erstellt, durch welches ein Zusammenhang zwischen der zumindest einen Messgröße und der aus der zumindest einen Messgröße abgeleiteten Ausgangsgröße beschrieben wird. Diesem Modell wird der ermittelte Wert der zumindest einen Messgröße in der probabilistischen, arithmetischen Form zugeführt. Durch eine Auswertung des funktionalen Modells werden als Ergebnis ein Nominalwert der Ausgangsgröße, ein Einfluss der Unsicherheitsfaktoren der zumindest einen Messgröße sowie charakteristische Größen ermittelt, von welchen ein Einfluss von Unsicherheitsfaktorkombinationen auf die Ausgangsgröße beschrieben werden.
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Der Hauptaspekt der vorgeschlagenen Lösung besteht darin, dass es durch das erfindungsgemäße Verfahren möglich ist, Unsicherheiten einer Ausgangsgröße, die von zumindest einer mit einer Unsicherheit behafteten Messgröße abgeleitet wird, automatisiert, möglichst rasch und ressourcensparend sowie mit größerer Genauigkeit abzuschätzen. Als Basis zum Abschätzen der Unsicherheit der Ausgangsgröße werden reale Messwerte der zumindest einen Messgröße, deren Unsicherheit die Unsicherheit der Ausgangsgröße beeinflusst wird, herangezogen. Durch das Verfahren können dann Informationen über eine Zusammensetzung der Unsicherheit der aus zumindest einen Messgröße abgeleiteten Ausgangsgröße ermittelt werden. Insbesondere bei einer Ausgangsgröße, welche aus zwei oder mehreren, mit Unsicherheiten behafteten Messgrößen abgeleitet wird, kann sehr einfach und rasch rückverfolgt werden, welche Messgröße welchen Einfluss auf die Unsicherheit der Ausgangsgröße aufweist. Diese Informationen können dann verwendet werden, um die Qualität und Genauigkeit von Messungen zu verbessern.
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Dabei ist es vorteilhaft, wenn das Ergebnis der Auswertung des funktionalen Modells zu einer Optimierung des Messaufbaus und/oder des Testsystems, insbesondere von verwendeten Messverfahren, Steuer- und/oder Regelprozesse, herangezogen wird. Dadurch kann auf einfache Weise die Genauigkeit des Messaufbaus bzw. des Testsystems verbessert werden. Vor allem die Kenntnis, welche Messgrößen wie stark die abgeleitete Ausgangsgröße beeinflussen, kann genutzt werden, um die Genauigkeit zu verbessern.
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Weiterhin ist es günstig, wenn das Verfahren in Echtzeit durchgeführt wird. Dadurch kann das Verfahren beispielsweise während einer Messung im Testsystem (z.B. einem Prüfstand) mitlaufen. Die Einflüsse der Messunsicherheiten der zumindest einen Messgröße auf die abgeleitete Ausgangsgröße können damit sehr rasch ermittelt sowie der Messaufbau, vor allem die Steuer- und/oder Regelprozesse, automatisiert und rasch adaptiert werden, um die Genauigkeit der Messung zu verbessern.
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Als charakteristische Größen der Unsicherheit der Ausgangsgröße werden idealerweise zumindest Mittelwert, Standardabweichung, Varianz, Schiefe, Wölbung und/oder Exzess ermittelt. Mit Hilfe dieser charakteristischen Größen können dann sehr einfach und rasch Aussagen über ein Unsicherheitsverhalten der Ausgangsgröße bzw. über einen Einfluss von Unsicherheitsfaktorkombinationen auf die Ausgangsgröße gemacht werden.
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Zweckmäßigerweise werden die Unsicherheitsfaktoren der zumindest einen Messgröße mittels Auswertung von bereits durchgeführten Messungen, Fehleranalysen und /oder anhand von Herstellerangaben zur Messeinrichtung bestimmt. Damit wird idealerweise auf Erfahrungswerte von früheren Messungen und/oder des Herstellers der Messeinrichtung oder auf Fehleranalysen zurückgegriffen, um Unsicherheitsfaktoren, wie z.B. Temperatureinflüsse, Temperatureffekte, Linearität der jeweiligen Messung, Wiederholungsgenauigkeit der jeweiligen Messung, Messschwankungen und/oder Messfehler im Verfahren berücksichtigen zu können.
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Weiterhin ist es günstig, wenn die Unsicherheitsfaktoren der zumindest einen Messgröße in Tabellenform im Testsystem hinterlegt werden. Damit kann auf einfache Weise und ohne zeitliche Verzögerung auf die Unsicherheitsfaktoren der zumindest einen Messgröße während des Verfahrens zugegriffen werden.
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Weiterhin erfolgt die Lösung der angeführten Aufgabe durch ein System zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Abschätzen einer Unsicherheit einer Ausgangsgröße eines Messaufbaus in einem Testsystem, wobei die Ausgangsgröße aus zumindest einer Messgröße abgeleitet wird. Diese zumindest eine Messgröße wird von Unsicherheitsfaktoren beeinflusst, wodurch von einer Messeinrichtung des Messaufbaus erfasste Messwerte der zumindest einen Messgröße mit einer Messunsicherheit behaftet sind. Das System weist dabei zumindest auf:
- - eine Ermittlungseinheit, welche dazu eingerichtet ist, unter Verwendung eines aus zumindest einem Messwert der zumindest einen Messgröße ermittelten Nominalwerts und unter Verwendung von zugehörigen, die zumindest eine Messgröße beeinflussenden Unsicherheitsfaktoren einen Wert der zumindest einen Messgröße in probabilistischer, arithmetischer Form zu ermitteln;
- - eine Modellierungseinheit, welche dazu ausgestaltet ist, ein funktionales Modell zu erstellen, welches einen Zusammenhang zwischen der zumindest einen Messgröße und der aus der zumindest einen Messgröße abgeleiteten Ausgangsgröße beschreibt; und
- - eine Auswerteeinheit, welche dazu eingerichtet ist, das funktionale Modell unter Verwendung des Werts der zumindest einen Messgröße in probabilistischer, arithmetischer Form auszuwerten und daraus einen Nominalwert der Ausgangsgröße, einen Einfluss der Unsicherheitsfaktoren sowie charakteristische Größen zum Beschreiben eines Einflusses von Unsicherheitsfaktorkombinationen auf die Ausgangsgröße zu ermitteln.
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Durch das System kann das erfindungsgemäße Verfahren mit wenigen Ressourcen einem Testsystem zur Verfügung gestellt werden und die Genauigkeit der Messungen sowie der Messergebnisse des Testsystems auf einfache Weise sehr rasch verbessert werden. Dabei ist es vor allem günstig, wenn das System in das Testsystem integriert ist und idealerweise in Echtzeit bei einer Messung im Testsystem (z.B. Prüfstand) mitläuft. Durch eine Berücksichtigung der vom System gelieferten Ergebnisse können beispielsweise der Messaufbau des Testsystems und/oder Steuer- und/oder Regelprozesse im Testsystem sehr einfach, flexibel und automatisiert verbessert werden.
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Kurzbeschreibung der Figuren
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Die gegenständliche Erfindung wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die 1 und 2 näher erläutert, die beispielhaft, schematisch und nicht einschränkend vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung zeigen. Dabei zeigt
- 1 einen Ablauf des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Abschätzen einer Unsicherheit einer Ausgangsgröße in einem Testsystem
- 2 ein System zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Abschätzen von Messunsicherheiten einer Ausgangsgröße
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Ausführung der Erfindung
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1 zeigt einen beispielhaften Ablauf des Verfahrens, mit welchem eine Unsicherheit einer Ausgangsgröße X in einem Testsystem, wie z.B. einem Prüfstand zum Testen eines Antriebsaggregats, während eines laufenden Testdurchlaufs in einer Testphase oder während einer Designphase des Mess- und/oder Testaufbaus abgeschätzt werden kann.
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Dabei wird in einem Startschritt 101 beispielsweise die Ausgangsgröße X definiert, für welche die Unsicherheit - d.h. eine Abweichung von einem ermittelbaren Nominalwert X0 - abgeschätzt werden soll. Bei der Ausgangsgröße X handelt es sich um eine Zielgröße im Testsystem, welche aus zumindest einer, meist allerdings aus mehreren Messgrößen A, B eines Messaufbaus MA im Testsystem z.B. durch Berechnung abgeleitet wird. Bei einem Prüfstand zum Testen eines Antriebsaggregats kann beispielsweise eine mechanische Leistung als Ausgangsgröße X aus einer Drehzahl z.B. einer Antriebswelle und einem Drehmoment abgeleitet bzw. berechnet werden. Dabei bilden die Drehzahl der Antriebswelle und das Drehmoment die Messgrößen A, B. Die berechnete, mechanische Leistung kann z.B. wieder für eine Steuerung und/oder Regelung der Antriebswelle, etc. verwendet werden.
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Die Messgrößen A, B, wie z.B. Drehzahl und Drehmoment, aus welchen die Ausgangsgröße X (z.B. die mechanische Leistung) abgeleitet wird, können im Testsystem mittels Messeinrichtungen ME1, ME2 (z.B. Messgerät, Sensoreinheit, etc.) eines Messaufbaus MA in einem Messschritt 102 erfasst werden. So können z.B. die Drehzahl A mit einem Drehzahlsensor ME1 und das Drehmoment B mit einem Drehmomentsensor ME2 gemessen werden. Alternativ können Werte der Messgrößen A, B beispielsweise auch anhand eines empirischen oder physikalischen Modells - z.B. während einer Designphase des Messaufbaus MA oder Testaufbaus - ermittelt werden.
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Im Messschritt 102 kann beispielsweise für jede Messgröße A, B ein Nominalwert A0, B0 aus den jeweiligen Messwerten der Messgrößen A, B ermittelt werden, welcher dann für die weiteren Verfahrensschritte 103, 104, 105, 106 herangezogen wird. Die Nominalwerte A0, B0 können auch aus empirischen und/oder physikalischen Modellen ermittelt werden.
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Die Messwerte der Messgrößen A, B weisen allerdings eine Ungenauigkeit oder Messunsicherheit auf. Die jeweilige Messunsicherheit stellt dabei eine Abweichung des jeweiligen Messwerts der jeweiligen Messgröße A, B vom Nominalwert A0, B0 dieser Messgröße A, B dar. Diese Abweichung setzt sich üblicherweise aus Beträgen von Unsicherheitsfaktoren a1, ..., an, b1, ..., bn zusammen, welche die jeweilige Messgröße A, B beeinflussen - wie z.B. Temperatureffekt/-einflüsse, Linearität der jeweiligen Messung, Wiederholbarkeit bzw. Wiederholgenauigkeit der Messung, Messschwankungen, Messfehler, etc.
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Für das erfindungsgemäße Verfahren werden die jeweiligen Unsicherheitsfaktoren a1, ..., an, b1, ..., bn, welche die einzelnen Messgrößen A, B beeinflussen, in einem Ermittlungsschritt 103 für die jeweilige Messgröße A, B bestimmt. Die einzelnen Unsicherheitsfaktoren a1, ..., an, b1, ..., bn sind meist aus Herstellerangaben zur jeweiligen Messeinrichtung ME1, ME2, mit der die jeweiligen Messgröße A, B erfasst wird, aufgrund von Erfahrungen, aus früheren Messungen und/oder Fehleranalysen bekannt. Die bekannten Unsicherheitsfaktoren a1, ..., an, b1, ..., bn können daher für die jeweiligen, im Testsystem ermittelten Messgrößen A, B beispielsweise in Tabellenform hinterlegt sein. Im Ermittlungsschritt 103 kann dann beispielsweise bestimmt werden, von welchen Unsicherheitsfaktoren a1, ..., an, b1, ..., bn die jeweilige Messgröße A, B beeinflusst wird und aus einer entsprechenden Tabelle die Unsicherheitsfaktoren a1, ..., an, b1, ..., bn bzw. entsprechende, zugehörige Werte der Unsicherheitsfaktoren a1, ..., an, b1, ..., bn ermittelt werden.
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So kann beispielsweise der Drehzahlsensor ME1, von welchem die Drehzahl als erste Messgröße A erfasst wird, als Unsicherheitsfaktoren a1, ..., an eine Linearität, eine Hysterese und bestimmte Temperatureigenschaften aufweisen, welche z.B. aufgrund von Herstellerangaben oder aus früheren Messungen bekannt sind. Der Drehmomentsensor ME2 zum Erfassen des Drehmoments als zweite Messgröße B kann beispielsweise ebenfalls bekannte Temperatureigenschaften, eine bekannte Wiederholgenauigkeit, Linearität, Hysterese und z.B. bekannte Messfehler aufgrund von Querkräften als Unsicherheitsfaktoren b1, ..., bn aufweisen, welche die Genauigkeit der erfassten Messwerte der Drehzahl als Messgröße B beeinflussen.
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In einem ersten Modellierungsschritt 104, welcher z.B. von einer Ermittlungseinheit FE eines Systems SYS zur Durchführung des Verfahrens ausgeführt wird, wird für jede Messgröße A, B ein Wert der jeweiligen Messgröße A, B in Form einer probabilistische, arithmetische Form pFA, pFB erzeugt, wobei die Darstellung der jeweiligen Messgröße A, B als probabilistische, arithmetische Form pFA, pFB eine unsicherheitsbehaftete Darstellung der jeweiligen Messgröße A, B ist. Dazu werden der jeweilige, im Messschritt 102 ermittelte Nominalwert A0, B0 der jeweiligen Messgröße A, B sowie die im Ermittlungsschritt 103 bestimmten, jeweils zugehörigen Unsicherheitsfaktoren a1, ..., an, b1, ..., bn herangezogen. So ergibt sich beispielsweise der Wert A für die beispielhaften, ersten Messgröße A, z.B. für die Drehzahl A, in probabilistischer, arithmetischer Form pFA als:
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Dabei ist A0 der Nominalwert der ersten Messgröße A (z.B. der Drehzahl A). Der Ausdruck ai*Zi beschreibt einen Einfluss des i-ten Unsicherheitsfaktors ai auf eine Gesamtabweichung vom Nominalwert A0, wobei ai eine i-te Teilabweichung eines Messwerts der ersten Messgröße A repräsentiert und Zi ein Rauschsymbol, welches charakteristische Eigenschaften einer zugrundeliegenden Verteilung (z.B. Normalverteilung). Die Laufvariable i ist eine natürliche Zahl, welche Werte von 1 bis n annehmen kann, wobei n eine Anzahl der Unsicherheitsfaktoren a1, ..., an ist, von welchen die erste Messgröße A bzw. die Drehzahl A beeinflusst wird.
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Analog ergibt sich eine probabilistischer, arithmetischer Form pFB für die zweite Messgröße B, z.B. für das Drehmoment B, als:
mit dem Nominalwert B0 der zweiten Messgröße B, dem Ausdruck b
i*Z
i, wobei b
i die i-te Teilabweichung eines Messwerts der zweiten Messgröße B welcher einen Nominalwert B0 der zweiten Messgröße B und Z
i ein Rauschsymbol repräsentiert, welches wieder charakteristische Eigenschaften der zugrundeliegenden Verteilung (z.B. Normalverteilung) beschreibt. Die Laufvariable i ist wieder eine natürliche Zahl, welche Werte von 1 bis n annehmen kann, wobei n eine Anzahl der Unsicherheitsfaktoren b1, ..., bn ist, von welchen die zweite Messgröße B bzw. die Drehzahl B beeinflusst wird.
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In einem zweiten Modellierungsschritt 105, welcher beispielsweise von einer Modellierungseinheit MO des Systems SYS zur Durchführung des Verfahrens ausgeführt wird, wird dann ein funktionales Modell F erstellt. Das funktionale Modell F beschreibt einen Zusammenhang, um aus den Messgrößen A, B die Ausgangsgröße X abzuleiten. Bei komplexen Messaufbauten MA, bei welchen eine Ausgangsgröße X von mehreren, verschiedenen Messgrößen A, B und/oder auch weiteren, berechneten Ausgangsgrößen X abhängen kann, wird dabei beispielsweise als funktionales Modell F ein Modell einer Messkette des Messaufbaus MA erstellt und daraus die funktionalen Zusammenhänge der Messgrößen A, B zur Ausgangsgröße X abgeleitet. Für das angeführte Beispiel, bei welchem in einem Prüfstand für ein Antriebsaggregat, als Ausgangsgröße X die mechanische Leistung aus den Messgrößen A, B - d.h. aus der Drehzahl A und dem Drehmoment B - abgeleitet wird, ergibt sich ein relativ einfaches funktionales Modell F, welches durch die Formel X = A*B*π/30 beschrieben werden kann, mit der Annahme, dass die Drehzahl A in der Einheit Umdrehungen pro Minute und das Drehmoment B in der Einheit Newton-Meter gemessen werden.
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In einem Auswertungsschritt 106, der von einer Auswerteeinheit AW des Systems SYS zur Durchführung des Verfahrens ausgeführt wird, erfolgt dann eine Auswertung des funktionalen Modells F mittels sogenannter probabilistischer Arithmetik. Dazu werden dem funktionalen Modell F die Werte der Messgrößen A, B, welche im ersten Modellierungsschritt 104 ermittelt wurden, in der probabilistischen, arithmetischen Form pFA, pFB zugeführt. D.h., dass im Auswertungsschritt 106 im funktionale Modell F, welches den Zusammenhang der Ausgangsgröße X mit den Messgrößen A, B beschreibt, die probabilistischen, arithmetischen Formen pFA, pFB der Messgrößen A, B bzw. die Werte A, B der Messgrößen A, B in probabilistischen, arithmetischen Form pFA, pFB eingesetzt werden. Das heißt, um beispielsweise die mechanische Leistung X als Ausgangsgröße X aus der Drehzahl A und dem Drehmoment B abzuleiten, werden die Werte von Drehzahl A und Drehmoment B in der probabilistischer Form pFA, pFB in die Formel X = A*B*π/30 eingesetzt.
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Damit ergibt sich z.B. für die Ausgangsgröße X folgende Formel, welche eine probabilistische, arithmetische Form der Ausgangsgröße X darstellt, welche charakteristische Eigenschaften einer Verteilung der Unsicherheiten liefert und auf deren Basis Aussagen über das Unsicherheitsverhalten - vor allem der Ausgangsgröße X - gemacht werden können:
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Im Auswertungsschritt 106 können damit aus dem mit den probabilistischen Formen pFA, pFB ausgewerteten, funktionalen Modell beispielsweise abgeleitet werden:
- - ein Nominalwert X0 der Ausgangsgröße X - d.h. ein Nominalwert X0 der mechanischen Leistung, welcher sich im angeführten Beispiel als Produkt der Nominalwerte A0, B0 der Messgrößen A, B (Drehzahl, Drehmoment) ergibt;
- - ein Einfluss bzw. die Beiträge der einzelnen Unsicherheitsfaktoren a1, ..., an, b1, ..., bn, welche die Messgrößen A, B beeinflussen, wobei beispielsweise abgeschätzt werden kann, wie groß der Einfluss eines einzelnen Unsicherheitsfaktors a1, ..., an, b1, ..., bn auf die Unsicherheit der Ausgangsgröße X ist;
- - ein Einfluss bzw. die Beiträge von Kombinationen von Unsicherheitsfaktoren a1, ..., an, b1, ..., bn der Messgrößen A, B auf die Unsicherheit der Ausgangsgröße X; und
- - charakteristische Größen einer Verteilungsfunktion der Ausgangsgröße X, wie z.B. Mittelwert µx, Standardabweichung σx, Erwartungswert, Varianz, Schiefe, Wölbung und/oder Exzess.
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Dazu wird die probabilistische, arithmetische Form für die Ausgangsgröße X entsprechend der folgenden Formel (1) berechnet.
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Die Formel (1) besteht aus dem Nominalwert X0 der Ausgangsgröße X, einem linearen Anteil und einem nichtlinearen Anteil. Dabei wurde der nichtlineare Anteil in der Formel (1) als Momentform approximiert. Dabei ist ein Moment einer Zufallsvariable ein Parameter in der deskriptiven Statistik bzw. in der Stochastik. Durch Angabe aller Momente einer entsprechenden Zufallsvariable können charakteristische Größen einer Verteilungsfunktion bestimmt werden.
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Bei der Formel (1) repräsentiert jedes Element k
i im Vektor k = (k1, k2, ..., kn) mit der Laufvariable i, welche Werte von 1 bis zur Anzahl n der Unsicherheitsfaktoren a1, ..., an, b1, ..., bn annehmen kann, die Momentordnung der entsprechenden Zufallsvariable Zi der verwendeten Verteilung. Das Symbol m
k1, ...,
kn bezeichnet dabei das Produkt der k
i-ten Momente des Zufallsvariable Z
i,
und Δ
k1, ...,
kn stellt einen Skalierungsfaktor dar. Aus dem linearen Anteil der Formel (1) kann dann im Auswerteschritt 106 einerseits der Einfluss einzelner Unsicherheitsfaktors a1, ..., an, b1, ..., bn auf die Unsicherheit der Ausgangsgröße X abgeleitet werden. So kann bei der mechanischen Leistung X als Ausgangsgröße X des Messaufbaus MA festgestellt werden, dass beispielsweise die Temperatureigenschaften der Messeinrichtungen ME1, ME2, d.h. z.B. die Temperatureigenschaften des Drehzahlsensors ME1 und des Drehmomentsensors ME2 sowie z.B. die Linearität der Drehzahlmessung einen wesentlich größeren Einfluss auf die Unsicherheit der abgeleiteten mechanischen Leistung X als Ausgangsgröße X haben, als z.B. die Hysterese des Drehzahlsensors ME1 oder ein Messfehler des Drehmomentsensors ME2, welcher z.B. aufgrund von Querkräften entsteht. Weiterhin haben beispielsweise Unsicherheitsfaktoren wie z.B. die Wiederholungsgenauigkeit, die Linearität oder die Hysterese des Drehmomentsensors ME2 kaum einen Einfluss auf die Unsicherheit der abgeleiteten mechanischen Leistung X als Ausgangsgröße X.
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Aus den mittels Momentform approximierten nichtlinearen Anteilen der Formel (1) können dann beispielsweise die Einflüsse von Unsicherheitsfaktorkombinationen sowie die charakteristischen Größen - d.h. der Mittelwert µx, Standardabweichung σx, die Varianz, die Schiefe, die Wölbung und/oder der Exzess - der Verteilungsfunktion der Unsicherheit der Ausgangsgröße X abgeleitet werden.
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Die Durchführung des Verfahrens - vor allem der Modellierungsschritte 104, 105 und des Auswerteschritts 106 erfolgt durch einen Einsatz der probabilistischen Arithmetik ressourcensparend und idealerweise in Echtzeit. D.h., das Verfahren kann z.B. im Testsystem oder in einem Prüfstand während der laufenden Testphase „mitlaufen“ und Ergebnisse über die Genauigkeit abgeleiteter Ausgangsgrößen X, wie z.B. der mechanischen Leistung beim Testen eines Antriebsaggregats, liefern. Für eine Abschätzung der Unsicherheit der Ausgangsgröße X mit Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens reicht im Prinzip ein Durchlauf der Verfahrensschritte 101 bis 106 aus.
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Im Auswerteschritt 106 wird die Zusammensetzung einer Gesamtunsicherheit ermittelt, indem die Zufallsvariablen Zi mit semantischen Informationen verknüpft werden. Dabei können im angeführten Beispiel bei der Messung von Drehzahl A und Drehmoment B z.B. eine erste Zufallsvariable Z1 die Linearitätseffekte der Drehzahlmessung und eine zweite Zufallsvariable Z2 die Hysterese-Effekt repräsentieren. Die linearen Anteile der Formel (1) für die Ausgangsgröße X bzw. die mechanisch Leistung X können dann direkt Unsicherheitsfaktoren a1...an, b1...bn und deren Ursprung zugeordnet werden. Die nichtlinearen Anteile - d.h. Unsicherheiten, welche durch die Kombinationen mehrerer Einflüsse hervorgerufen werden, wie z.B. Linearitätseffekte des Drehzahlsensors ME1 in Kombination mit Temperatureinflüssen - werden aufgrund ihres Einflusses auf die Gesamtunsicherheit bewertet.
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Die Ergebnisse des Auswerteschritts 106 können beispielsweise in einem optionalen Optimierungsschritt 107 herangezogen werden, um z.B. die Genauigkeit des Messaufbau MA und/oder das Testsystem zu verbessern. So kann z.B. eine Messmethode zum Erfassen einer Messgröße A, B geändert oder eine der Messeinrichtungen ME1, ME2 ausgetauscht werden, wenn im Auswerteschritt 106 festgestellt wird, dass ein spezieller Unsicherheitsfaktor a1, ..., an, b1, ..., bn bzw. deren Kombinationen z.B. einen überproportionalen Einfluss auf die Genauigkeit der Ausgangsgröße X hat. Weiterhin können im Optimierungsschritt 107 z.B. Steuer- und/oder Regelprozesse entsprechend adaptiert werden, von welchen die abgeleitete Ausgangsgröße X im Testsystem verwendet wird. So kann z.B. die Ausgangsgröße X auf Basis der im Auswerteschritt 106 ermittelten Einflüsse und/oder charakteristischen Größen korrigiert werden, bevor diese dem Steuer- und/oder Regelprozess im Testsystem zugeführt wird. Weiterhin kann das Verfahrens in der Designphase für einen Mess- oder Testaufbau dazu verwendet werden, festzustellen, ob z.B. eine Änderung der Messmethode, einer Messeinrichtung ME1, ME2, Veränderungen im Steuer- oder Regelprozess, etc. zur Verbesserung der Genauigkeit der Ausgangsgröße X führen. Dadurch kann z.B. eine optimaler Mess- bzw. Testaufbau für die Testphase gefunden werden.
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2 zeigt schematisch und beispielhaft ein System SYS zur Durchführung des Verfahrens zum Abschätzen einer Ausgangsgröße X eines Messaufbaus MA eines Testsystems, wie z.B. eines Prüfstands zum Testen eines Antriebsaggregats. Der in 2 dargestellte Messaufbau MA weist zwei beispielhafte Messeinrichtungen ME1, ME2 auf, von welchen im Messschritt 102 beispielsweise zwei Messgrößen A, B erfasst werden. So kann eine erste Messeinrichtung ME1 z.B. als Drehzahlsensor ME1 ausgestaltet sein und eine Drehzahl A als erste Messgröße A erfassen. Eine zweite Messeinrichtung ME2 kann z.B. als Drehmomentsensor ME2 ausgestaltet sein und als zweite Messgröße B ein Drehmoment B erfassen. Aus den erfassten Werten der Messgrößen A, B und den daraus ermittelten Nominalwerten A0, B0 der Messgrößen A, B wird dann im Testsystem eine Ausgangsgröße X abgeleitet. D.h. im Prüfstand kann z.B. aus den Messwerten und den daraus ermittelten Nominalwerten A0, B0 der Drehzahl A und des Drehmoments B eine mechanische Leistung X als Ausgangsgröße X abgeleitet werden, wobei die erfassten Werte der Messgrößen A, B von Unsicherheitsfaktoren a1, ..., an, b1, ..., bn beeinflusst werden. Die Unsicherheitsfaktoren a1, ..., an, b1, ..., bn sind dabei beispielsweise durch die verwendete Messeinrichtung ME1, ME2, die genutzte Messmethode, etc. bedingt.
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Das Verfahren sowie das System SYS sind allerdings nicht auf eine Anzahl an Messeinrichtung ME1, ME2 bzw. eine Anzahl erfasster Messgrößen A, B beschränkt. Es ist für die Durchführung des Verfahrens zumindest eine Messgröße A, B zu erfassen, aus welcher im Testsystem eine Ausgangsgröße X abgeleitet wird.
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Die im Messschritt 102 erfassten Werte der Messgrößen A, B und die daraus ermittelten Nominalwerte A0, B0 der Messgrößen A, B sowie im Ermittlungsschritt 103 bestimmte Unsicherheitsfaktoren a1, ..., an, b1, ..., bn der jeweiligen Messgrößen A, B werden dann einer Ermittlungseinheit FE des Systems SYS zugeführt. Die Unsicherheitsfaktoren a1, ..., an, b1, ..., bn können z.B. in Tabellenform im Testsystem hinterlegt sein - beispielsweise in einer Speichereinheit. Die Ermittlungseinheit FE kann die entsprechenden Unsicherheitsfaktoren a1, ..., an, b1, ..., bn beispielsweise aus der Speichereinheit abfragen. Alternativ könnten die Unsicherheitsfaktoren a1, ..., an, b1, ..., bn auch in der oder bei der jeweiligen Messeinrichtung ME1, ME2 hinterlegt sein und z.B. von dieser an die Ermittlungseinheit FE weitergeleitet werden.
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Die Ermittlungseinheit FE ermittelt auf Basis der erfassten Messwerte der Messgrößen A, B bzw. auf Basis der daraus ermittelten Nominalwerte A0, B0 und unter Verwendung der bestimmten Unsicherheitsfaktoren a1, ..., an, b1, ..., bn im ersten Modellierungsschritt 104 für jede Messgröße A, B einen Wert der Messgrößen A, B als probabilistische, arithmetische Form pFA, pFB. D.h. in der Ermittlungseinheit FE wird z.B. für die Drehzahl A ein Wert der Drehzahl A als probabilistische, arithmetische Form pFA gebildet. Dazu verwendet die Ermittlungseinheit FE den Nominalwert A0 der Drehzahl A sowie die zugehörigen Unsicherheitsfaktoren a1, ..., an. Analog wird in der Ermittlungseinheit FE auch für die zweite Messgröße B bzw. für das Drehmoment B aus dem zugehörigen Nominalwert B0 und den zugehörigen Unsicherheitsfaktoren b1, ..., bn der Wert des Drehmoments B als probabilistische, arithmetische Form pFB ermittelt.
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Weiterhin weist das System SYS eine Modellierungseinheit MO sowie eine Auswerteeinheit AW auf. Die Modellierungseinheit MO erzeugt im zweiten Modellierungsschritt 105 ein funktionales Modell F, welches einen Zusammenhang zwischen den jeweiligen Messgrößen A, B und der Ausgangsgröße X herstellt. So kann z.B. die Modellierungseinheit MO für die mechanische Leistung X ein funktionales Modell F erzeugen, welches eine Ableitung der mechanischen Leistung X aus der Drehzahl A und dem Drehmoment B beschreibt. Dem funktionalen Modell F werden dann die Werte der Messgrößen A, B in probabilistischer, arithmetische Form pFA, pFB zugeführt. Die Auswerteeinheit AW des Systems wertet dann im Auswertungsschritt 106 das funktionale Modell F mit den probabilistischen Formen pFA, pFB aus und ermittelt daraus:
- - einen Nominalwert X0 der Ausgangsgröße X - d.h. z.B. ein Nominalwert X0 der mechanischen Leistung, welcher sich im angeführten Beispiel beispielsweise als Produkt der Messwerte A0, B0 der Messgrößen A, B (Drehzahl A, Drehmoment B) ergibt;
- - einen Einfluss bzw. die Beiträge der einzelnen Unsicherheitsfaktoren a1, ..., an, b1, ..., bn, welche die Messgrößen A, B beeinflussen, auf die Ausgangsgröße X, wobei beispielsweise abgeschätzt werden kann, wie groß der Einfluss eines einzelnen Unsicherheitsfaktors a1, ..., an, b1, ..., bn auf die Unsicherheit der Ausgangsgröße X ist;
- - einen Einfluss bzw. die Beiträge von Kombinationen von Unsicherheitsfaktoren a1, ..., an, b1, ..., bn der Messgrößen A, B auf die Unsicherheit der Ausgangsgröße X; sowie
- - charakteristische Größen einer Verteilungsfunktion der Ausgangsgröße X, wie z.B. Mittelwert µx, Standardabweichung σx, Varianz, Schiefe, Wölbung und/oder Exzess.
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Die von der Auswerteeinheit AW des Systems SYS gelieferten Ergebnisse können dann beispielsweise für eine Optimierung des Messaufbaus MA und/oder zur Verbesserung von Steuer- und/oder Regelprozessen im Testsystem herangezogen werden.
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Das System SYS kann beispielsweise als eigeneständige Einheit ausgeführt sein, welche entsprechende Schnittstellen zum Messaufbau MA und/oder zum Testsystem aufweist. D.h. das System SYS umfasst zumindest eine Hardwareeinheit, welche zur Durchführung des Verfahrens ausgestaltet ist und damit zumindest die Ermittlungseinheit FE, die Modellierungseinheit MO und Auswerteeinheit AW aufweist.
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Alternativ kann das System SYS auch in das Testsystem - z.B. in eine Automatisierungseinheit eines Prüfstands - integriert sein.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Oblrich, M; Barke, E., 2008. Distribution Arithmetic. In: Asia and South Pacific Design Automation Conference. Seoul, Korea (South), April 2008, pp. 537-542 [0012]