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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Steuerung oder Regelung eines Faserstoffbahnherstellungsprozesses, insbesondere zur Herstellung einer Papier-, Tissue- oder Kartonbahn, insbesondere von totzeitbehafteten Prozessen.
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Der Faserstoffbahnherstellungsprozess ist im Wesentlichen in drei Teilbereiche unterteilt, der Faserstoffgewinnung, der Suspensionsaufbereitung und der eigentlichen Maschine, in der durch Entwässerung der Suspension eine Faserstoffbahn hergestellt wird.
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Die Teilbereiche der Faserstoffgewinnung und Suspensionsaufbereitung oder auch Stoffaufbereitung sind dadurch gekennzeichnet, dass sie aus einem weitläufigen Netz von Rohrleitungen, Behältern und Speichertürmen bestehen. In diesen wird aus unterschiedlichen Stoffströmen die an der Maschine benötigte Suspensionszusammensetzung zusammengemischt.
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Der Zustand der Suspensionszusammensetzung wird in Bezug auf ihre Eigenschaften wie Konsistenz, Aschegehalte, Weiße, Ladung etc. durch die einzelnen Prozesse verändert.
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Dabei führen vor allem Kreisläufe wie die Wasserrückführung zu wiederkehrenden Effekten und Anreicherungen von Inhaltsstoffen. Insbesondere bei Sortenwechseln ist im Hinblick auf schnelle Übergänge mit geringen Ausschussmengen sowohl eine hohe zeitliche als auch örtliche Transparenz der Zustände der Suspensionszusammensetzung im Prozess notwendig. Die Zustände können Qualitätsmerkmale wie Aschegehalt, Weiße, Farbe sein. Dabei ist insbesondere die zeitliche Koordination der Zulaufströme in den Suspensionsstrom von besonderer Bedeutung.
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Unter Zulaufströme werden alle Stoffströme verstanden, die der Suspension zugemischt werden, um die gewünschte Faserstoffbahnzusammensetzung in der fertigen Bahn zu erhalten.
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Vor allem Prozesse, die durch große Totzeiten und geringe Durchmischung gekennzeichnet sind, z. B. im Bleichturm oder Stapelbütten, sind problematisch im Hinblick auf die genaue Verweildauer bzw. den genauen Zeitpunkt des Austritts einer Eigenschaftsänderung.
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Eine genaue Abschätzung ist insbesondere bei variierenden Volumina der Totzeitstrecke und bei veränderlichen Zu- und Abläufen schwierig, da sich hier dynamisch die Verweilzeiten ändern.
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Dies bedeutet meistens einen Blindflug für den Bediener, der sich auf seine Erfahrung und auf Messstellen in nachfolgenden Teilprozessen stützen muss. Dies kann aber vor allem bei Produktionsveränderungen, z. B. Sortenwechseln, eine punktgenaue Koordination der Zuläufe mit ihren jeweiligen Prozesstotzeiten unmöglich machen.
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Um diesen Nachteil zu beheben, müssten zusätzliche Messungen der Stoffeigenschaft vorgenommen werden, was jedoch in vielen Fällen einen hohen finanziellen und personellen Aufwand mit sich zieht.
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Eine der Aufgaben der Erfindung ist es, ein Verfahren bereitzustellen mittels dem die zeitliche als auch örtliche Transparenz der Zustände der Suspensionszusammensetzung im Prozess verbessert wird.
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Erfindungsgemäß wird ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruches 1 vorgeschlagen, mit dem es ermöglicht wird, die zeitliche als auch örtliche Transparenz der Zustände der Suspensionszusammensetzung im Prozess zu verbessern.
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Diese Erfindung erlaubt die Ermittlung, Vorausberechnung und Darstellung von Eigenschaftsverläufen oder Zuständen an beliebigen örtlich verteilten Stellen in einem Prozess, der durch dynamische Anreicherungen (z. B. durchmischte Behälter) und Totzeiten (z. B. durch Transport oder Messzyklen) gekennzeichnet ist.
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Dafür wird ein Verfahren vorgeschlagen, bei dem zumindest ein Zustand der Suspension im Prozess und mindestens eine Eingangsgröße eines Stoffes in die Suspension ermittelt, und mit Hilfe dieser Daten in nachfolgenden Prozessen Verstellungen zur Beeinflussung der Faserstoffbahnparameter vorgenommen werden, wobei der zumindest eine Zustand in Abhängigkeit von Zeit und Ort durch eine mathematische Modellgleichung ermittelt wird.
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Die mathematische Modellgleichung kann dabei aus Bilanzgleichungen abgeleitet oder dieser können empirische Gleichungen zugrunde gelegt werden.
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So kann der zumindest eine Zustand in Abhängigkeit der Differenzialgleichung
ermittelt werden.
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Weiterhin können die gewonnen Erkenntnisse über den Zustand in Abhängigkeit von Zeit und Ort dazu verwendet werden, bei einem Sortenwechsel die Prozessparameterverstellungen in nachfolgenden Prozessen an den Verlauf der Sortenwechsel Grenzschicht durch den Prozess anzupassen.
Im Sinne der Erfindung ist der Zustand der Stoffsuspension mittels mindestens einem der folgenden Zustände definiert: | – Stoffdichte |
| – Aschegehalt |
| – Temperatur |
| – pH-Wert |
| – Weiße |
Weiterhin wird im Sinne der Erfindung mindestens eine der nachfolgenden Eingangsgrößen berücksichtigt: | – Faserstoff |
| – Asche |
| – Verdünnungswasser |
| – Siebwasser |
| – Retentionsmittel |
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Weitere Merkmale des erfindungsgemäßen Verfahrens und weitere Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung unter Bezugnahme auf die Skizzen. In
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1 zeigt einen Ausschnitt aus einer Stoffaufbereitung
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2 zeigt eine Visualisierung des Eigenschaftsverlaufs am Beispiel des Werteverlaufs in einem Stapelturm
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1 zeigt einen Ausschnitt aus einer Stoffaufbereitung. Die Stoffsuspension 2, die für die Faserstoffbahnherstellung, Papierbahnherstellung, notwendig ist, wird in der Stoffaufbereitung 1 aus unterschiedlichen Zulaufströmen 6 a, b, c zusammengemischt. Unter Zulaufströme 6a, b, c werden alle Stoffströme verstanden, die der Suspension 2 zugemischt werden, um die gewünschte Faserstoffbahnzusammensetzung in der fertigen Bahn zu erhalten. Dies können Faserstoffe, Asche, Verdünnungswasser, Siebwasser, Retentionsmittel, usw. sein.
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Dabei kann aber auch ein Zulaufstrom 6a, b, c seinerseits aus mehreren Zulaufströmen zusammengemischt sein. Dies führt zu beliebig komplexen Zusammenhängen sobald ein Zulaufstrom 6 a, b, c geändert wird.
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In dem gezeigten Ausschnitt wird einem Suspensionsstrom 2, an unterschiedlichen Stellen im Prozess, ein Zulaufstoff zugemischt. Die Veränderung der Suspensionszusammensetzung hat zur Folge, dass sich der Zustand ändert. Über Zustandsmessungen 3a, b, c könnten bzw. können diese Veränderung gemessen werden.
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Vor allem Teilprozesse, die durch große Totzeiten und geringe Durchmischung gekennzeichnet sind, z. B. im Bleichturm oder Stapelbütten 6a, sind problematisch insbesondere in Bezug auf einen Sortenwechsel.
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Für einen Sortenwechsel müssen die Zulaufströme geändert werden. Aber aufgrund der fehlenden Durchmischung bildet sich eine Grenzschicht zwischen den unterschiedlichen Stoffgemischen bzw. Suspensionen. Diese Grenzschicht benötigt eine gewisse Zeit, bis sie durch den Suspensionsaufbereitungsprozess bis in die Maschine gelangt. Daher ist es im Hinblick auf die genaue Verweildauer bzw. den genauen Zeitpunkt äußerst wichtig den Verlauf bzw. den Austritt aus einer Bütte der Eigenschaftsänderung zu kennen.
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Eine genaue Abschätzung ist insbesondere bei variierenden Volumina der Totzeitstrecke und bei veränderlichen Zu- und Abläufen schwierig, da sich hier dynamisch die Verweilzeiten ändern.
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Aber auch für Teilprozesse mit relativ kleinen Totzeiten, wie in Mischbütten oder auch Vorratsbehältern, ist es von besonderer Bedeutung den Eigenschafts- oder auch Werteverlauf zu kennen.
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In 2 ist eine Visualisierung des Eigenschaftsverlaufs am Beispiel des Werteverlaufs 11 in einem Stapelturm dargestellt.
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Über den Stoffzulauf 17 werden den Stapelturm 13 ein oder mehrere Stoffe zugeführt. Ist es notwendig die Stoffzusammensetzung zu ändern, wie z. B. bei einem Sortenwechsel, wird dem Stapelturm 13 ein Gemisch mit neuen Stoffeigenschaften, wie beispielsweise neuer Stoffdichte, Aschegehalt, Temperatur, pH-Wert, Weiße, usw. zugeführt.
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Im Stapelturm 13 bildet sich dann eine Grenz- und/oder eine Übergangsschicht, da sich die unterschiedlichen Stoffzusammensetzungen nicht oder nur in einer Übergangsschicht vermischen. Da die Entnahme des Stoffes am unteren Ende des Stapelturms 13 erfolgt, wandert die Grenz- und/oder Übergangsschicht von oben nach unten durch den Stapelturm 13.
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Der Werteverlauf 11 ergibt sich in Bezug auf die Restverweilzeit 13 und der Eigenschaftswerte 12 der Stoff- oder Suspensionszusammensetzung. Wobei der Schnittpunkt zwischen Schwellwert 14 und Eigenschaftsverlauf 11 einen Wert für die Restzeit ergibt, die der Zeit entspricht, die benötigt wird, bis die Grenzschicht am Auslauf der Stapelbütte angelangt ist.
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Da der Eigenschaftsverlauf oder Zustandsverlauf des Stoffgemisches praktisch nicht gemessen werden kann, erfolgt die Ermittlung mindestens eines Zustands in Abhängigkeit von Zeit und Ort durch eine mathematische Modellgleichung.
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Dazu wird zumindest eine Eingangsgröße in den Stoffstrom ermittelt und daraus die Zustände durch den verfahrenstechnischen Verlauf des Stoffstroms im Prozess mittels entsprechender mathematischer Modellgleichungen beschrieben.
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Die mathematischen Modellgleichungen können entweder aus Bilanzgleichungen (v.a. Masse, Energie) ableiten oder dadurch ermittelt werden, dass empirische Gleichungen (z. B. Tabellen, Kennlinien) zugrunde gelegt werden.
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Durch die gewonnen Daten ist es möglich, den Verlauf der Grenzschicht durch die nachfolgenden Prozessen zu bestimmen und Verstellungen zur Beeinflussung der Faserstoffbahnparameter zeitlich abgestimmt vorzunehmen.
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Dabei ergibt sich bei örtlich verteilten Systemen neben der Abhängigkeit von der Zeit auch eine Abhängigkeit vom Ort im Prozess. Daraus resultieren entsprechende Differenzialgleichungen, die diese Abhängigkeiten abbilden, z. B.
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So entstehende Differenzialgleichungssysteme können mit bekannten numerischen Verfahren oder einschlägigen Simulationsprogrammen gelöst werden, sodass bei Kenntnis einer oder mehrerer Zustände und aller entscheidender Eingangsgrößen die zeitlichen Verläufe an weiteren Stellen im Prozess quasi in Echtzeit oder im Voraus ermittelt werden können.
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Eine entsprechende visuelle Darstellung (Grafik oder Tabelle) schafft die notwendige Transparenz, um die dynamischen Prozesse zeitlich zu koordinieren. Diese Koordination kann selbstständig wie auch automatisch im Rahmen einer automatisierten Lösung erfolgen. Eine modellprädiktive Regelung beispielsweise kann die Ergebnisse verwenden, um optimale Verstellungen im Prozess im Rahmen eines vorgegebenen Kriteriums vorzunehmen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Stoffaufbereitung
- 2
- Stoffsuspension
- 3 a, b, c,...
- Zustandsmessungen
- 4a, b, c
- Vorratsbehälter / Mischbehälter / Bütte
- 5a, b, c
- Zulaufstrecke
- 6a, b, c
- Zulauf in die Bütte
- 7a, b, c
- Grenzschichthöhe
- 8a, b, c
- Vorratsmenge Stoff x
- 9a, b, c
- Vorratsmenge Stoff y
- 10a, b, c
- Füllstand
- 11
- Eigenschaftsverlauf
- 12
- Eigenschaftsskala
- 13
- Restverweilzeitskala
- 14
- Schwellwert
- 15
- Restzeit bis Übergang
- 16
- Auslaufwert
- 17
- Stoffzulauf