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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Antriebssystem für Klappen, insbesondere Landeklappen und Hochauftriebsklappen, und/oder Vorflügel eines Luftfahrzeugs nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1.
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Bei derartigen Antriebssystemen von Luftfahrzeugen ist es wichtig, hohe Lastspitzen auch bei Fehlfunktionen zu vermeiden.
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Moderne Flugzeuge verfügen über Hochauftriebssysteme bzw. die sogenannten „High-Lift-Systeme“. High-Lift-Systeme bestehen u. a. aus Vorflügeln und Landeklappen. Mit Hilfe ausfahrbarer Klappensysteme an der Vorder- und Rückseite eines Flugzeugsflügels sind Verkehrsflugzeuge in der Lage, den Auftrieb an den Tragflächen bei Bedarf zu erhöhen. Auf diese Weise wird ein extremer Langsamflug möglich, der besonders die Start- und Landephasen erleichtert.
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Passagierflugzeuge verfügen dementsprechend über ein besonders komplexes System solcher Vorflügel (Slats) und Landeklappen (Flaps). Diese Vorflügel bzw. Landeklappen verändern je nach Bedarf die Wölbung der Tragfläche und damit auch den Auftrieb. Für das Ein- und Ausfahren der Vorflügel bzw. Klappe sorgt über Gelenkwellen und Antriebe ein zentraler Hydraulikmotor, ein Elektromotor oder ein pneumatischer Motor.
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Beispielsweise offenbart die
US 4 441 675 A ein Hochauftriebs-Flächenantriebssystem zum Verstellen von Klappen eines an der Rückseite eines Flugzeugflügels angeordneten Klappensystems oder eines an der Vorderseite eines Flugzeugflügels vorgesehenen Vorflügelsystems zwischen ausgefahrener und eingefahrener Position. Ferner beschreibt die
EP 0 483 504 A1 eine Antriebsvorrichtung für an Flugzeugtragflügeln angeordnete Klappen eines in Spannweitenrichtung in einzelne Klappensegmente unterteilten Klappensystems. Hiernach sind jeder Klappe zwei Stellvorrichtungen zugeordnet, die über eine Transmissionsvorrichtung untereinander und mit der anderen Flügelseite gekoppelt sind. In der Transmissionsvorrichtung sind jeweils im Außenbereich ein Zentralantrieb auf jeder Flügelseite angeordnet, die jeweils von separaten Signalgebern mit zugeordneten Steuereinheiten parallel redundant ansteuerbar sind. Zudem ist aus der
EP 1 547 917 A1 eine Vorrichtung zur Ansteuerung und Verstellung von Klappen an Flugzeugtragflächen mittels zugeordneter Antriebseinheiten bekannt, wobei die Antriebswellen benachbarter Klappen über ein Differentialgetriebe gekoppelt sind.
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In den Antriebssystemen für Landeklappen und Vorflügel von Flugzeugen herrscht die Systemtopologie mit zentral angeordneten Antriebseinheiten und Drehwellen vor. 3 zeigt ein Antriebssystem 10 für Landeklappen 12, 14 eines Flugzeugs nach dem Stand der Technik, wobei lediglich der linke Halbflügel 40 mit einem vereinfachten Antriebssystem schematisch dargestellt ist.
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Ein solches Antriebssystem, weist bekannterweise eine zentrale Antriebseinheit, hier die zentrale Kraftantriebseinheit („Central Power Drive Unit“) 20 auf, welche der Flügelwurzel 42 benachbart, jedoch außerhalb des Halbflügels, d. h. im Rumpf angeordnet ist. Die zentrale Kraftantriebseinheit 20 weist dabei eine integrierte Bremse und einen Positionssensor auf. Von der zentralen Antriebseinheit 20 erstreckt sich pro Halbflügel jeweils ein Antriebsstrang zu den Flügelspitzen beider Flügel.
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Des Weiteren weist dieses bekannte Antriebssystem Elemente, wie Drehwellen, Umlenkgetriebe, Abzweiggetriebe usw. auf, die zum Übertagen der Antriebsenergie über die gesamte Spannweite an die Antriebsstationen einzelner Segmente der Landeklappen dienen.
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Die Antriebseinheit ist in an sich bekannterweise hydromechanisch oder elektrisch oder pneumatisch ausgeführt und stellt die zur Positionsvariation der Klappen, insbesondere der Landeklappen, notwendige mechanische Leistung bereit. Die Momentenübertragung an die einzelnen Antriebsstationen und die Synchronisation der Landeklappen beider Flügelhälften erfolgt mit einer zusammenhängenden Wellentransmission, wobei an den Antriebsstationen jeweils ein Antriebsstrang abzweigt, so dass die zugehörige Kinematik der jeweiligen Landeklappe angetrieben wird.
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Eine solche Anordnung der Systemkomponenten mit einer zentralen Kraftantriebseinheit, die seitlich des Flügels, d. h. rumpfseitig, angebracht ist, verursacht jedoch im Betrieb eine Kumulation der Stationslasten im Drehwellenstrang von der Flügelspitze zur Flügelwurzel 42, wie dies in 4 verdeutlicht wird. Im optimalen Betriebspunkt beträgt das Antriebsvermögen der zentralen Kraftantriebseinheit 20 in der Regel das Zweifache der im Bereich der Flügelwurzel 42 aufsummierten Drehmomente. Alle Komponenten des Antriebsstranges, wie Drehwellen, Umlenkgetriebe, Stützlager, Durchgangswellen der Abzweiggetriebe, müssen auf dieses hohe Drehmoment ausgelegt werden.
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Durch den Einsatz mechanischer oder neuerdings auch elektronischer Lastbegrenzer (Electronic Torque Limiter) wird im Stand der Technik das Antriebsmoment limitiert.
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Wie in 4, welche die konventionelle Systemarchitektur und die Drehwellenlasten veranschaulicht, gezeigt, sind die Drehmomentlastbegrenzer 24 im Antriebsstrang auf beiden Seiten der zentralen Kraftantriebseinheit 20 angeordnet, wobei das Drehmoment von z. B. 150 Nm auf 100 Nm reduziert wird. In diesem fiktiven Antriebssystem mit einem an der Halbflügelwurzel kumulierten maximalen Betriebsmoment von z.B. 100 Nm werden also alle Antriebselemente auf 150 Nm ausgelegt.
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Die Motordrehzahl wird auf die gewünschte, für den Betrieb der Landeklappen optimale Drehzahl reduziert und gleichzeitig das erforderliche Drehmoment aufgebaut. Die Antriebsleistung wird dabei gleichmäßig auf die Wellen verzweigt, wie dies in 4 veranschaulicht ist.
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In 4 sind des Weiteren der Verlauf und die Reduktion des Drehmoments von dem maximalen Betriebsdrehmoment von 100 Nm bis auf 17 Nm in den Transmissionsabschnitten entlang des Flugzeugsflügels gezeigt. Das Antriebssystem kann somit auf einen Wert ausgelegt werden, der in der Regel dem Betriebsdrehmoment an der Flügelwurzel, multipliziert mit einem Robustness-Faktor, z.B. 1,5, entspricht.
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Ein gravierender Nachteil dieser bekannten Systemarchitektur besteht darin, dass alle Elemente des Antriebsstranges, nämlich die Dreh- und die Durchgangswellen, die Umlenk- und Abzweiggetriebe usw. auf dieses hohe Drehmoment ausgelegt werden müssen und dass diese Elemente extrem hohen Belastungen ausgesetzt werden. Besonders hoch ist dabei die Belastung an der Flügelwurzel, da sich die zentrale Kraftantriebseinheit räumlich nahe an die Flügelwurzel befindet.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, ein Antriebssystem für Klappen und/oder Flügel eines Flugzeugs oder sonstigen Luftfahrzeugs zu schaffen, bei welchem die maximal auftretenden Lasten an den Elementen des Hochauftriebssystems wesentlich minimiert werden und das Systemgewicht deutlich reduziert wird.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Antriebssystem für Klappen und/oder Vorflügel eines Luftfahrzeugs mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst.
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Das erfindungsgemäße Antriebssystem weist wenigstens eine Antriebseinheit auf, welche im Antriebsstrang über wenigstens eine Zentraltransmission mit wenigstens einem Abzweiggetriebe verbunden ist, wobei vorzugsweise vorgesehen ist, dass zwischen der wenigstens einen Antriebseinheit und dem wenigstens einen Abzweiggetriebe ein Drehmomentbegrenzer angeordnet ist. Die Antriebseinheit ist dabei erfindungsgemäß im Halbflügel und nicht im Rumpf angeordnet. Vorzugsweise ist die Antriebseinheit mittig im Antriebsstrang angeordnet, das heißt, etwa in der Mitte des Flugzeugsflügels, so dass die maximal auftretenden Drehwellenlasten zur Flügelspitze und zur Flügelwurzel hin deutlich reduziert und vorzugsweise halbiert werden. Weiterhin ist die erfindungsgemäße Antriebseinheit zwischen einer inneren Landeklappe und einer äußeren Landeklappe vorgesehen.
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Durch die erfindungsgemäße Anordnung der Antriebseinheit vorzugsweise mittig im Antriebsstrang, wo die kummulierten Drehwellenlasten etwa gleich groß sind, können die Elemente des Drehwellensystems, nämlich die Dreh- und die Durchgangswellen, die Umlenk- und Abzweiggetriebe, auf etwa 50% der Belastung im Vergleich zum konventionellen Antriebssystem ausgelegt werden. Dies reduziert die Störanfälligkeit der Elemente des Drehwellensystems und erhöht die Funktionalität des Systems. Das erfindungsgemäße Antriebssystem genügt daher den hohen Sicherheitsanforderungen, die an solche Systeme gestellt werden.
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Vorzugsweise weist das erfindungsgemäße Antriebssystem für jedes Halbflügelsystem zumindest eine von der Halbflügelwurzel beabstandet angeordnete Antriebseinheit auf. Diese kann in jedem Halbflügel einmal vorgesehen sein. Bevorzugt ist es, die Antriebseinheit bezogen auf den Halbflügel in einem zentralen Bereich anzuordnen. Die Antriebseinheit ist derart angeordnet, dass ausgehend von der Antriebseinheit beidseitig der Antriebseinheit Systeme, wie Klappen etc. des jeweiligen Halbflügels angetrieben werden. Es ist dabei denkbar, dass eine gemeinsame Antriebseinheit sowohl für die Landeklappen als auch für den Vorflügel vorgesehen werden kann oder aber auch, dass diese voneinander getrennte Antriebseinheiten aufweisen.
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Es wird besonders bevorzugt wenn die im Antriebsstrang zwischen der inneren Landeklappe und der äußeren Landeklappe vorgesehene Antriebseinheit in einem Transmissionsabschnitt, in dem die Drehwellenlasten gleich groß sind, angeordnet ist. Die Antriebseinheit ist vorzugsweise auch mittig im Antriebsstrang des Vorflügels angeordnet. Mit dem erfindungsgemäßen Mittenantrieb können auch spannweitig differenzielle Klappenpositionen realisiert werden. Diese Funktion kann durch funktionelle Erweiterungen des Antriebssystems, wie z.B. Schaltkupplungen ebenfalls bereitgestellt werden.
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Vorzugsweise weist das erfindungsgemäße Antriebssystem mit der mittig angeordneten Antriebseinheit beidseitig jeweils einen mechanisch oder elektronisch betätigbaren Drehmomentbegrenzer auf, der im Antriebsstrang integriert ist, so dass das maximale Betriebsdrehmoment zwischen einem ersten Abzweiggetriebe der inneren und äußeren Landeklappen minimiert und vorzugsweise halbiert wird.
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Da die mechanischen Lastbegrenzer wartungskostenintensiver und komplexer als die elektronischen sind, finden immer mehr in solchen Antriebssystemen die elektronischen Lastbegrenzer, die sogenannten „Elektronik Torque Limiter“, Anwendung.
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Vorzugsweise werden auch Sensoren und andere elektronische Bauelemente zur Überlast- und Klemmfallerkennung in dem erfindungsgemäßen Antriebssystem verwendet.
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Besonders bevorzugt wird an beiden Enden des Antriebsstrangs jeweils ein Positionssensor angeordnet, so dass ein fehlerhaftes Verstellen der Landeklappen oder des Vorflügels detektierbar ist. Die Sensoren sind dabei mit einer zentralen Auswerteeinheit verbunden, welche vorzugsweise Teil des erfindungsgemäßen Antriebssystems ist.
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Es ist denkbar und auch möglich, dass das erfindungsgemäße Prinzip des Mittelantriebs ohne Weiteres auf Antriebssysteme für Hochauftriebsklappen an der Vorderkante des Flugzeugflügels angewendet wird. Auch diese Ausführungsform ist von der Erfindung mitumfasst.
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Die vorliegende Erfindung wird anhand eines Ausführungsbeispiels und dessen Zeichnungen näher erläutert. Gleiche oder vergleichbare Komponenten sind dabei mit den gleichen Bezugszeichen wie in den 3 und 4 zum Stand der Technik versehen. Es zeigen:
- 1: ein Antriebssystem für Landeklappen nach einem Ausführungsbeispiel gemäß der vorliegenden Erfindung,
- 2: eine schematische Darstellung einer erfindungsgemäßen Systemarchitektur,
- 3: ein Antriebssystem für Landeklappen und/oder Vorflügel eines Flugzeugs nach dem Stand der Technik, und
- 4: eine schematische Darstellung einer Systemarchitektur für ein Antriebssystem nach 3.
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1 zeigt eine vereinfachte schematische Darstellung eines erfindungsgemäßen Antriebssystems 10 für eine innere Landeklappe („inboard flap“) 12 und eine äußere Landeklappe („outboard flap“) 14 des linken Halbflügels 40 eines Flugzeugs nach einem Ausführungsbeispiel. Das erfindungsgemäße Antriebssystem kann auch für den Antrieb der Hochauftriebsklappen oder aber auch des Vorflügels Anwendung finden.
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Das erfindungsgemäße Antriebssystem 10 weist eine Kraftantriebseinheit, die sogenannte „mid-wing power drive unit“ 20 auf, die etwa in der Mitte eines Antriebsstrangs 16, welcher entlang des Flügels 40 von der Flügelwurzel bis hin zur Flügelspitze verläuft, angeordnet ist. Die Kraftantriebseinheit 20 weist eine - hier nicht dargestellte - integrierte Bremse sowie einen Positionssensor auf.
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Das in 1 gezeigte Antriebssystem 10 ist nach diesem Ausführungsbeispiel zum Antrieb der beiden Landeklappen, nämlich der inneren Landeklappe 12 und der äußeren Landeklappe 14, vorgesehen. Es versteht sich dabei, dass das Antriebssystem auch für den Antrieb des Vorflügels angewendet wird, wobei pro Flügel jeweils ein Antriebssystem vorgesehen ist.
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Ein Getriebe ist bekannterweise ein zentrales Bauteil des Antriebssystems für Landeklappen und Vorflügel von Flugzeugen, das die Motordrehzahl auf die gewünschte, für den Betrieb der Landeklappen und Vorflügel optimale Drehzahl reduziert und gleichzeitig das erforderliche Drehmoment aufbaut. Die Antriebsleistung wird dabei gleichmäßig auf die Dreh- und Durchgangswellen verzweigt, wie dies in 2 veranschaulicht ist.
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Mittels der Antriebseinheit 20 wird die elektrische oder hydraulische Energie der Flugzeugversorgung in mechanische Stellenergie gewandelt, wobei das Flugzeughochauftriebssystem durch, hier nicht dargestellte Bremsmittel, in Position gehalten werden kann.
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Die Antriebseinheit 20 dient der Momentenübertragung an die einzelnen Antriebsstationen des Antriebssystems 10. Die Antriebseinheit 20 ist, wie in 2 gezeigt, im Antriebsstrang 16 über eine Zentraltransmission 22 mit jeweils einem Abzweiggetriebe 26, 26', 28, 28', die vorzugsweise baugleich sind, verbunden. Dabei sind die Abzweiggetriebe 26, 26' der inneren Landeklappe 12 und die Abzweiggetriebe 28, 28' der äußeren Landeklappe 14 zugeordnet.
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Die Antriebseinheit 20 ist erfindungsgemäß mittig im Antriebsstrang 16 angeordnet, so dass die maximal auftretenden Drehwellenlasten an den einzelnen Elementen des Antriebsstrangs 16 halbiert werden können.
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Die Abzweiggetriebe 26, 26', 28, 28' entnehmen der Zentraltransmission 22 die jeweils benötigte Stellenergie für jeweils eine dem jeweiligen Abzweiggetriebe zugeordnete Laststation 30, 30', 32, 32', wobei - wie in 2 gezeigt - jeder Landeklappe 12 und14 jeweils zwei Laststationen 30, 30' und 32, 32' zugeordnet ist.
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Zwischen der Antriebseinheit 20 und den Abzweiggetrieben 26, 28 ist jeweils ein Drehmomentbegrenzer 24 angeordnet, der bei Überlast den Antrieb blockiert und das Stellmoment in die Transmission 22 ableitet.
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Zwischen den Abzweiggetrieben 26 und 26' befindet sich ein Transmissionsabschnitt 44 und zwischen den Abzweiggetrieben 28 und 28' befindet sich ein weiterer Transmissionsabschnitt 46, die jeweils einer Landeklappe 12, 14 zugeordnet sind.
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Wie in 1 gezeigt, ist an beiden Enden des Antriebsstrangs 16 jeweils ein Positionssensor 36 angeordnet, so dass ein fehlerhaftes Verstellen der Landeklappen oder des Vorflügels detektierbar ist. Die Sensoren 36 sind dabei mit einer - hier nicht gezeigten - zentralen Auswerteeinheit verbunden, die vorzugsweise Teil des erfindungsgemäßen Antriebssystems ist.
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Aus 2 ist der Verlauf der Reduktion des Drehmoments innerhalb der einzelnen Transmissionsabschnitte gezeigt, wobei das maximale Betriebsdrehmoment auf 50 Nm und somit mit 50% im Vergleich zu dem aus dem bekannten Stand der Technik, wie in den 3 und 4 gezeigt, reduziert werden kann. Somit können alle Komponenten des Antriebssystems auf 50% der Belastung ausgelegt werden, wie sie in konventionellen Antriebssystemen auftritt.