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Die Erfindung betrifft ein System zur klemmkrafterzeugenden Verschraubung von Bauteilen, umfassend zumindest zwei Verschraubungselemente, d.h. Schraube und Schraubenmutter, zur Verbindung zweier Bauteile, und ein Schraubaggregat nach der Lehre des Oberbegriffs des Anspruchs 1. Des Weiteren betrifft die Erfindung ein Verfahren zum klemmkrafterzeugenden Verschrauben nach dem nebengeordneten Verfahrensanspruch.
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STAND DER TECHNIK
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In der Regel weisen zu verschraubende Bauteile eine Bohrung auf, durch welche ein Schraubenbolzen einer Schraube hindurchgesteckt und an dessen Bolzenende eine Schraubenmutter aufgeschraubt werden kann. Ein maschinelles Montagewerkzeug, auch als Schraubaggregat oder Schrauber bezeichnet, vollzieht beim Verschrauben bzw. beim Anziehen einen sogenannten Montageprozess mittels Erzeugung eines Drehmoments zwischen den Verschraubungspartnern, wodurch die Bauteile miteinander verschraubt bzw. verklemmt werden. Statt der Bezeichnung Schraubenmutter wird im Folgenden vereinfacht die Bezeichnung Mutter verwendet. Optional können weitere Verschraubungselemente, wie beispielsweise Unterlegscheiben, zum Einsatz kommen.
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Im industriellen Einsatz der Montage von Verschraubungselementen, beispielsweise in der LKW-Fließbandmontage, ist es gebräuchlich, dass die weitgehende Mehrzahl von Schraube-Mutter-Verbindungen mittels einem handgehaltenen oder handgeführten Schraubaggregat über den Mutternkopf angezogen werden und nicht über den Schraubenkopf. Dies hat insbesondere bei der Rahmenmontage von LKW-Fahrzeugen den Vorteil, dass die Schraube von der dem Werker abgewandten Seite durch die Bohrungen der zu verschraubenden Bauteile zu der ihm zugewandten Seite gesteckt werden kann, und schließlich die Mutter von der dem Werker zugewandten Seite der Bauteile aufgesetzt und angefädelt werden kann. Anfädeln bezeichnet in der Fachsprache den ersten Andrehvorgang eines Verschraubungselementes über das Gegenverschraubungselement derart, dass die beiden Verschraubungselementpartner, d.h. Schraube und Mutter, im Bereich ihrer ersten Gewindegänge annähernd vollständig ineinander greifen und beim Loslassen nicht auseinanderfallen. Es wird in der Regel die Mutter über die Schraube angedreht, während die Schraube gleichzeitig festgehalten wird. Durch diesen Vorgang wird noch keine Klemmkraft auf die zu verklemmenden Bauteile aufgebaut, das heißt, die Verschraubungselemente werden bei diesem Vorgang des Anfädelns noch nicht angezogen, sie sind vielmehr lose als Vorbereitung für den nachfolgenden Montageprozess miteinander verbunden.
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Die erwähnte Steckrichtung der Schraube in Richtung Werker hat den Vorteil, dass der Werker den Bereich des Gewindebolzenendes der Schraube optisch einsehen kann, was den Arbeitsgang des Aufsetzens und Anfädelns der Mutter deutlich erleichtert und beschleunigt. Würde der Werker die umgekehrte Steckrichtung wählen, könnte es passieren, dass er beim sogenannten blinden Anfädeln, bei dem er den Bereich des Gewindebolzenendes der Schraube oftmals optisch nicht einsehen kann, die Mutter versehentlich verkippt zur Verschraubungsachse des Schraubenbolzens aufsetzt und dadurch gegebenenfalls mehrere Anläufe benötigt, um die Mutter korrekt auf das Gewindeende des Schraubenbolzens aufzusetzen und anzufädeln. Dies ist einerseits unergonomisch und kann andererseits den Arbeitsablauf verzögern und in diesem Sinne Mehrkosten verursachen. Aus diesem Grund ist es in diesen Montagefällen üblich, die Mutter auf der dem Werker zugewandten Seite zu positionieren und den dem Anfädeln nachfolgenden Arbeitsablauf, der als der eigentliche Montageprozess bezeichnet wird, mittels des Schraubaggregats idealerweise ebenfalls von der sichtbaren Seite aus vorzunehmen. Dabei wird das Schraubaggregat auf den Mutternkopf aufgesetzt und nicht auf den Schraubenkopf, was der folgenden Beschreibung der Neuerung als Voraussetzung zugrunde liegt.
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Zu Beginn des Montageprozesses erfolgt mittels des Schraubaggregates zunächst eine Aufschraubphase, bei der die beiden Verschraubungselemente relativ gegeneinander um deren Verschraubungsachsen derart gedreht werden, dass sich Schraubenkopf und Mutternkopf kontinuierlich annähern. In der Regel wird die Mutter relativ um die Verschraubungsachse des Schraubenbolzens im Uhrzeigersinn gedreht, während der Schraubenkopf festgehalten wird. Dieser Drehvorgang der Aufschraubphase ist beendet, sobald die Spalte zwischen den Verschraubungspartnern, das sind zumindest die Spalte zwischen Schraube, Mutter und zu verklemmenden Teilen, annähernd geschlossen sind. Das Schraubaggregat ermittelt den Fügezeitpunkt in der Regel dadurch, dass es einen signifikanten Drehmomentanstieg infolge des beginnenden Klemmkraftaufbaus zwischen den Verschraubungselementen und den zu verklemmenden Bauteilen erkennt.
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Die folgende Phase des Montageprozesses wird als Anziehphase bezeichnet. In dieser Phase kommt eine Anziehvorschrift zum Einsatz, welche beispielsweise durch einen Drehmomentwert oder einer Kombination aus Drehmomentwert und Weiterdrehwinkelwert charakterisiert ist bzw. unter einer Bedingung einer vorgegebenen Toleranz bzw. Montagedrehzahl abläuft. Die Anziehvorschrift zielt indirekt auf die Höhe einer zu erreichenden Klemmkraft FC bzw. eines zu erreichenden Klemmkraftbereichs nach Vollendung des Montageprozesses ab. Die Klemmkraft der Schraube-Mutter-Verbindung wird durch das Aufbringen eines Drehmomentes zwischen Schraubenkopf und Mutternkopf erzeugt bzw. durch das Verdrehen der beiden Verschraubungselemente zueinander in Drehrichtung analog dem Aufschraubvorgang erzeugt, wobei das Schraubaggregat ein Drehmoment auf die Mutter überträgt und die Schraube gewöhnlicherweise gegengehalten wird. Dabei bezieht sich ein in der Anziehvorschrift anzusteuernder und gegebenenfalls toleranzbehafteter Drehwinkelwert bzw. Weiterdrehwinkelwert bzw. ein während des Montageprozesses gemessener Drehwinkelwert auf einen relativen Winkelversatz zwischen Mutter und Schraube, bezüglich der Verschraubungsachse der Schraube. Nach vollständiger Ausführung der Anziehvorschrift ist der Montageprozess abgeschlossen.
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Eine Anziehvorschrift, welche u.a. einen zu erreichenden Drehwinkelwert definiert, ermöglicht einen überelastischen Schraubenanzug, der in der Regel eine etwa doppelt so hohe erzielbare Klemmkraft in dem Klemmverbund gegenüber einem konventionell rein drehmomentgesteuerten Schraubenanzug bewirken kann. Dies gilt für den noch zulässigen schlechtesten Montageextremfall von hohen Gewindeund Unter-Kopf-Reibbeiwerten innerhalb der üblichen Toleranzen. Die durch Anwendung des überelastischen Schraubenanzugs erzielbaren erhöhten Klemmkräfte bewirken zum einen eine Verbesserung der Verschraubungsqualität und zum anderen den Einsatz von kleiner dimensionierten und dadurch leichteren Verschraubungselementen bzw. ermöglichen den Verzicht auf einen Teil der Verschraubungsstellen, so dass Arbeitszeit, Kosten und Gewicht eingespart werden können.
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Im dem Fall, dass eine vorgenannte drehwinkelwertbasierte Anziehvorschrift verwendet werden soll bzw. wenn ein Drehwinkelwert durch das Schraubaggregat ermittelt bzw. verarbeitet werden soll, ist beim Einsatz von herkömmlichen Schraubaggregaten sicherzustellen, dass sich die Schraube, die sich auf der gegenüberliegenden Seite des Schraubaggregats befindet, während des Montageprozesses nicht mitdreht. Dies ist notwendig, da der Drehwinkelwert nach dem Stand der Technik in der Regel über die Drehwinkellageänderung der Antriebswelle des Schraubaggregats zu ihrem Gehäuse ermittelt wird, wobei das Gehäuse vorteilhafterweise verdrehsicher arretiert ist. Dreht sich die Schraube teilweise oder vollständig mit, so wird der Drehwinkelwert, der letztlich auf den Winkelversatz zwischen Schraube und Mutter abzielt, falsch ermittelt und der Montageprozess führt zu einem unbefriedigenden Montageergebnis. Folglich liefert eine Drehwinkelmessung zur Überwachung des Montageprozesses in der Regel ein verfälschtes Ergebnis bei alleiniger Betrachtung der relativen Mutterdrehung unter der Annahme einer statischen Schraubendrehposition.
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Handgehaltene bzw. handgeführte Impuls- oder Schlagschrauber zeichnen sich im Vergleich zum Einsatz von Elektroschraubern unter anderem durch ihre Vorteile von reaktionsfreiem Verhalten, niedrigem Gewicht, deutlich kleinerem Bauraumvolumen und schnelleren Montagezeiten gegenüber konventionellen elektromotorischen Schraubaggregaten aus. Ferner zeichnen sie sich durch eine flexible und angenehme Handhabung aus, da aufgrund des Impulsprinzips und somit einem reaktionsfreien Schraubverhaltens auf eine umständliche Arretierung verzichtet werden kann. Wird in der Schraubmontage ein derartiges handgehaltenes Schraubaggregat verwendet, das in seiner räumlichen Drehlage um die Rotationsachse bezüglich der Antriebswelle nicht arretiert ist, und der Werker das handgehaltene Schraubaggregat in seiner räumlichen Lage während der Drehwinkelphase unbeabsichtigt bezüglich der Antriebswelle verdreht, wird der Drehwinkelwert verfälscht. Aus diesem Grund eignen sich konventionelle Impuls- oder Schlagschrauber bislang nicht für Montageprozesse, welche mit einer Drehwinkelsteuerung bzw. Drehwinkelmessung arbeiten.
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Im Gegensatz zu den Impuls- oder Schlagschraubern verfügen elektromotorisch betriebene Schraubaggregate, sogenannte Elektroschrauber, aufgrund des Fehlens des Impulsprinzips in der Regel über eine zusätzliche Abstützungsvorrichtung hinsichtlich des hier auftretenden Reaktionsdrehmoments bzw. verfügen diese Elektroschrauber über eine Arretierung, welche ein Verdrehen des Schraubaggregats während der Anziehphase verhindert. Dennoch besteht auch beim Einsatz von Elektroschraubern die Gefahr der Verfälschung des Drehwinkelwertes infolge eines eventuellen Mitdrehens der Schraube.
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Im Ergebnis ist somit in allen Fällen einer Drehwinkelsteuerung bzw. einer Drehwinkelmessung im Montageprozess ein Nicht-Mitdrehen der Schraube sicherzustellen. Dies wird in den einfachsten Fällen durch manuelles Festhalten mittels eines Schraubenschlüssels bewerkstelligt, was jedoch einen zusätzlichen und unergonomischen Arbeitsaufwand und eine potentielle Fehlerquelle darstellt, denn es ist denkbar, dass der Werker die Schraube versehentlich nicht vollständig gegenhält und hierdurch ihre Lage nicht fixiert.
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In der
DE 32 413 89 A1 ist ein Montagesystem beschrieben, bei dem eine gegenüberliegende Schraube an ihrem verlängertem Bolzenende mittels einer Vorrichtung am Montagewerkzeug bzw. am Schraubaggregat arretiert wird, so dass sowohl ein Gegenhalten mittels eines weiteren Werkzeugs, wie z.B. mittels eines Schraubenschlüssels, entfällt, als auch ein Verdrehen des Schraubaggregates um die Schrauben-Rotationsachse keinen Einfluss auf den Drehwinkelwert hat. Dieses System eignet sich somit zum Einsatz von Schlagschraubaggregaten im Zusammenhang mit der Umsetzung einer überelastischen Anziehvorschrift mit Drehwinkelanteil. Allerdings wird, da die Schraube an ihrem Bolzenende gegenzuhalten bzw. zu arretieren ist, eine Spezialschraube mit einem deutlich verlängerten Bolzenende verwendet, die erhebliche Mehrkosten bzw. Mehrgewicht hinsichtlich einer Massenfertigung von Verschraubungen mit sich bringt. Auch kann das deutlich verlängerte Bolzenende konstruktionstechnisch bzw. bauraumtechnisch Probleme bereiten, so dass das System nachteilig ist.
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Daneben ist aus der
DE 197 36 547 C ein Verfahren zur Erzeugung eines definierten Verspannmomentes für Schraubverbindungen bekannt, bei dem Drehmoment- und Drehwinkel während der Anziehphase aufgenommen und bei einem hohen Anstieg einer Kennlinie des Schraubvorgangs ein Abschaltmoment für jede Drehwinkelposition bis zum Erreichen eines vorbestimmten Verspannmomentes angepasst wird. Zur Ausführung des Verfahrens ist allerdings eine präzise Drehwinkelbestimmung erforderlich, die zumindest im Falle rutschender Schraubenbolzen oder nicht arretierten handgehaltenen Schraubaggregaten nicht bereitstellbar ist.
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Somit ergibt sich aus dem Stand der Technik das Problem, dass zur Herstellung einer klemmkrafterzeugenden Verschraubung ein relativer Verdrehwinkel zwischen Schraubenbolzen und Mutter selbst bei verdrehbarem Schraubaggregat oder mitdrehender Schraube betrachtet werden muss, der auf Basis der bekannten Technik nicht ohne zusätzlichen Aufwand ermittelbar ist.
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Ausgehend von dem oben genannten Stand der Technik ist es Aufgabe der Erfindung, eine exakte Ermittlung des Verdrehwinkels während der Anziehphase bereitzustellen.
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Diese Aufgabe wird durch die unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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OFFENBARUNG DER ERFINDUNG
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Erfindungsgemäß wird ein Verschraubungssystem zur klemmkrafterzeugenden Verschraubung von Bauteilen vorgeschlagen, umfassend zumindest eine Schraube, eine Mutter und eine Verschraubungsvorrichtung, welche zumindest ein Schraubaggregat und eine Adapternuss zum Drehmoment bzw. Drehwinkel erfassenden bzw. auslösenden Verschrauben von der Mutter auf der Schraube umfasst. Die Verschraubungsvorrichtung umfasst eine Messvorrichtung, welche derart angeordnet ist, dass bzgl. der Verschraubungsachse eine Änderung der Drehwinkellage zwischen der Schraube über deren Bolzenende und der Mutter bzw. einem Bezugssystem direkt oder indirekt ermittelbar ist, wobei die Schraube bzgl. der Verschraubungsachse beliebig verdrehbar ist. Das Verschraubungssystem umfasst somit zumindest eine Schraube, eine Mutter und eine zur Verschraubung benötigte händisch oder mittels Fremdenergie betätigbare Verschraubungsvorrichtung.
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Die Verschraubungsvorrichtung umfasst eine in der Regel auswechselbare Adapternuss zur Aufnahme und Drehung der Mutter, und ein Schraubenaggregat, das beispielsweise ein Drehmomentschlüssel, aber vorteilhafterweise ein Elektro-, Pneumatik- oder Hydraulikschrauber sein kann. Mittels des Verschraubungssystems kann ein drehwinkelmessender bzw. drehwinkelgesteuerter Schraubenanzug und damit eine überelastische Montage oberhalb der Streckgrenze des Schraubenbolzens erreicht werden, zur klemmkraftoptimierten Verbindung der Bauteile. Voraussetzung ist lediglich eine detektierbare Drehwinkellageänderung des Schraubenbolzens über dessen Bolzenende. Durch Einsatz des Verschraubungssystems bzw. durch Einsatz des Schraubaggregats, das vorteilhafterweise als Impuls- oder Schlagschraubaggregat ausgelegt ist, kann gegenüber den im Vergleich dazu meist großvolumigen Elektroschraubern die Handhabung durch Größen- und Gewichtsreduzierung erleichtert und die Montagezeit verkürzt werden, bei gleichzeitiger Umsetzung eines überelastischen Schraubenanzugs. Mit der Möglichkeit der Umsetzung des überelastischen Schraubenanzugs kann ferner eine Erhöhung der Mindestklemmkräfte gegenüber einer herkömmlichen, rein drehmomentgesteuerten Montage erreicht werden, wodurch ggf. kleiner dimensionierte, und dadurch vor allem leichtere Verschraubungselemente zur Einsparung von Gewicht und Kosten verwendet werden können. Dieser Klemmkraft- und Gewichtsvorteil konnte unter den oben aufgeführten Randbedingungen bislang nicht erreicht werden. Während des Montageprozesses wird ein Mitdrehen der Schraube, insbesondere ein ansatzweise bzw. teilweises Mitdrehen der Schraube während der Anziehphase, toleriert.
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Ein vollständiges Mitdrehen der Schraube, was eine Montage lediglich zunächst behindern, jedoch nicht verfälschen würde, ist im Zusammenhang mit dieser Erfindung durchaus zulässig. Die Praxis zeigt jedoch, dass sich ein solcher Fall in der Regel nur selten ereignet, insbesondere beim Einsatz von sogenannten Flanschkopfschrauben, deren Funktionsweise in diesem Zusammenhang unten näher beschrieben ist. Somit kann grundsätzlich das Schraubaggregat beliebig ausgebildet und beispielsweise handbetrieben, insbesondere als Drehmomentschlüssel mit Drehwinkelmessvorrichtung, ausgelegt sein. Das Schraubaggregat kann für gewöhnliche Verschraubungssysteme eingesetzt werden. Nach einem bevorzugten Ausführungsbeispiel kann das Schraubaggregat der Verschraubungsvorrichtung ein elektromotorisch, hydraulisch oder pneumatisch betriebenes Schraubaggregat, bevorzugt ein Impuls- oder ein Schlagschraubaggregat sein. Durch den vorzugsweisen Einsatz von Impuls- oder Schlagschraubern kann erreicht werden, dass sich infolge der impulsartigen Übertragung des Drehmomentes auf die Mutter und der vergleichbar hohen Masseträgheit der Schraube, die Schraube in der Regel nicht oder nur wenig mitdreht, so dass hier auf ein Gegenhalten der Schraube ggf. komplett verzichtet werden kann, selbst bereits vor der Phase des Klemmkraftaufbaus. Obwohl sich der Einsatz handgehaltener Impuls- oder Schlagschrauber daher vorteilhaft anbietet, ist es auch denkbar, diese Erfindung bei Elektroschraubern nutzbringend umzusetzen, um dort in gleicher Weise die Gefahr einer Verfälschung des gesteuerten bzw. gemessenen Drehwinkelwertes infolge des Mitdrehens einer beispielsweise durch den Werker nicht ausreichend festgehaltenen Schraube zu bannen.
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Grundsätzlich können, wie in den nachfolgenden Weiterbildungen erläutert, zur Ermittlung der Drehwinkellageänderung der Schraube gegenüber einem Bezugssystem vorteilhafterweise zwei Möglichkeiten herangezogen werden:
Einerseits eine unmittelbar berührungslose Ermittlung und andererseits eine mittelbar mechanische Ermittlung über eine mechanische Ankopplung eines mitrotierenden mechanischen Aufnehmers.
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So kann gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung die Verschraubungsvorrichtung eine Aufnehmermessvorrichtung, zur Ermittlung einer Änderung der Drehwinkellage des Bolzenendes der Schraube, mit einem rotierend gelagerten mechanischen Aufnehmer umfassen, wobei der Aufnehmer mechanisch bzw. magnetisch am Bolzenende der Schraube drehfest koppelbar ist. Dabei kann beispielsweise mittels eines Inkrementalgebers, eines Drehpotentiometers oder ähnlichem eine Änderung der Drehwinkellage des Schaubenbolzens gegenüber einem Bezugssystem, wie beispielsweise dem Schraubaggregatgehäuse oder der Adapternuss mittelbar durch die Aufnehmermessvorrichtung erfasst werden. Der mechanische Aufnehmer kann magnetisch am Bolzenende ankoppeln bzw. aufgrund seiner Oberflächenstruktur, welche bevorzugt in Form von Wellen, Rippen, Zapfen oder vergleichbaren Vorsprungselementen ausgebildet ist, in entsprechende Vertiefungen des Bolzenkopfes verdrehfest eingreifen.
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Gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung des vorgenannten Ausführungsbeispiels kann die Aufnehmermessvorrichtung an einer Lagerung zur drehfesten Kopplung des mechanischen Aufnehmers an das Bolzenende bevorzugt federelastisch gelagert sein. Der mechanische Aufnehmer sollte vorteilhaft an dem Bolzenende ankoppeln, noch bevor die Anziehphase beginnt, in der Regel während der Aufschraubphase. Dies kann z.B. mittels eines Freiheitsgrades, einer beweglichen Lagerung des mechanischen Aufnehmers, gegebenenfalls beweglich begrenzt bzw. federnd unterstützt, in Richtung seiner Rotationsachse technisch bewerkstelligt werden, so dass der mechanische Aufnehmer federunterstützt an die Kontur des Bolzenendes des Schraubenbolzens ankoppeln kann.
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Gemäß einer alternativen vorteilhaften Weiterbildung kann die Verschraubungsvorrichtung eine berührungslose Messvorrichtung umfassen, die bevorzugt optisch, magnetisch oder induktiv eine Änderung der Drehwinkellage der Mutter bzw. des Bolzenendes der Schraube gegenüber einem Bezugssystem, wie beispielsweise dem Schraubaggregatgehäuse oder der Adapternuss unmittelbar berührungslos ermitteln kann, wodurch keine mechanische Abnutzung oder mechanische Interaktion auftritt, und somit ggf. eine hohe Langlebigkeit und Zuverlässigkeit erreicht wird.
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Im Weiteren kann die Verschraubungsvorrichtung gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung eine Antriebsmessvorrichtung bzw. eine optionale Messvorrichtung umfassen, welche derart angeordnet und eingerichtet ist, dass sie bzgl. der Verschraubungsachse eine Änderung einer Drehwinkellage γ zwischen Mutter und dem Bezugssystem direkt oder indirekt ermitteln kann. Das Bezugssystem kann dabei das Gehäuse des Schraubaggregats, zumindest eines der Bauteile oder ein bevorzugt elektronisch ermittelbares räumliches Fixbezugssystem sein.
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Dabei ist vorteilhaft denkbar, dass die Aufnehmermessvorrichtung bzw. die berührungslose Messvorrichtung bzw. die optionale Messvorrichtung insbesondere zwischensteckbar zwischen Adapternuss und Gehäuse des Schraubaggregats angeordnet ist.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausführungsart der Verschraubungsvorrichtung kann die Aufnehmermessvorrichtung bzw. die berührungslose Messvorrichtung derart angeordnet sein, dass sie bzgl. der Verschraubungsachse eine Änderung einer Drehwinkellage α zwischen der Schraube und der Mutter direkt oder indirekt ermitteln kann. Dies ist dann sehr einfach möglich, wenn die Adapternuss das Bezugssystem bietet und die Winkellageänderung gegenüber dem Schraubenbolzen bestimmbar ist, da die Mutter während des Verschraubungsvorgangs annähernd drehfest mit der Adapternuss gekoppelt ist.
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Gemäß einer alternativen Ausführungsart der Verschraubungsvorrichtung kann die Aufnehmermessvorrichtung bzw. die berührungslose Messvorrichtung derart angeordnet sein, dass sie eine Änderung einer Drehwinkellage β bzgl. der Verschraubungsachse zwischen der Schraube und dem Bezugssystem direkt oder indirekt ermitteln kann, und dass die Aufnehmermessvorrichtung bzw. die berührungslose Messvorrichtung oder die optionale Messvorrichtung oder die Antriebsmessvorrichtung derart angeordnet ist, dass sie eine Änderung der Drehwinkellage γ bzgl. der Verschraubungsachse zwischen der Mutter und dem Bezugssystem direkt oder indirekt ermitteln kann, so dass eine Änderung der Drehwinkellage α zwischen der Schraube und der Mutter durch α = γ – β errechenbar ist.
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Somit existieren im Großen und Ganzen zwei Möglichkeiten zur Ermittlung des Winkels α: Entweder direkt oder indirekt als Winkellageänderung zwischen Mutter und Schraube gemessen, oder durch Subtraktion des Winkels β vom Winkel γ rechnerisch ermittelt, wobei in diesem Falle die Winkel β und γ mithilfe eines gemeinsamen Bezugssystems oder miteinander definiert verknüpften Bezugssystemen direkt oder indirekt gemessen werden.
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In einem nebengeordneten Aspekt wird eine Schraube zur Verwendung in einem zuvor vorgeschlagenen Verschraubungssystem vorgeschlagen, die an ihrem Bolzenende eine mechanisch oder berührungslos detektierbare Markierung zur Erkennung einer Drehwinkellageänderung der Schraube bzgl. der Verschraubungsachse und einem Bezugssystem umfasst. Die Schraube kann bevorzugt als Flanschkopfschraube ausgebildet sein, um vorteilhaft ein unerwünschtes vollständiges Mitdrehen der Schraube während der Anziehphase zu verhindern, da diese einen deutlich vergrößerten Auflageradius gegenüber herkömmlichen Kopfgeometrien von Schrauben aufweist. Infolge des vergrößerten Hebelarms des Unter-Kopf-Auflagereibradius wird ein höheres Haftreibdrehmoment unter Kopf erzeugt, welches dem Gleitreibdrehmoment im Gewinde entgegenwirkt bzw. welches den Tendenzen des Mitdrehens während des Klemmkraftaufbaus deutlich besser standhält. Der Einsatz von außentragenden Flanschkopfgeometrien empfiehlt sich im Übrigen ohnehin, da zusätzlich auf die Verwendung von Unterlegscheiben weitestgehend verzichtet werden kann, wodurch weitere Kosten eingespart werden können.
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In einem weiteren nebengeordneten Aspekt wird eine Mutter zur Verwendung in einem zuvor vorgeschlagenen Verschraubungssystem vorgeschlagen, die an der Oberseite ihres Mutternkopfes eine berührungslos detektierbare Markierung zur Erkennung einer Drehwinkellageänderung der Mutter bzgl. der Verschraubungsachse und einem Bezugssystem umfasst.
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Die mechanisch detektierbare Markierung umfasst dabei eine sogenannte geometrische Markierung in Form einer bestimmten geometrischen Kontur. Hingegen umfasst die berührungslos detektierbare Markierung sowohl zum einen die geometrische Markierung als auch eine optische Markierung, oder auch eine induktiv oder magnetisch erkennbare Markierung.
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Die geometrische Markierung kann z.B. durch Vertiefungen, Kerben, Bohrungen, Schlitze oder ähnliches, erzeugt werden. Daneben kann die berührungslose Markierung z.B. in Form einer optischen Schwarz/Weiß- oder Farbmarkierung realisiert sein, oder in Form einer Vormagnetisierung einer metallischen Schicht oder in Form eines induktiv detektierbaren metallischen Streifens.
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Die Markierung kann generell entweder bereits beim Herstellungsprozess der Schraube oder der Mutter aufgebracht werden, oder sie kann auch in einem nachfolgenden separaten Herstellungsprozess aufgebracht werden, oder auch während des Montageprozesses erfolgen. Der Herstellungsprozess der Markierung kann beispielsweise durch Aufsprühen oder Aufdrucken einer Farbmarkierung oder durch Einpressen von Schlitzen, Kerben oder Bohrungslöchern auf das Bolzenende der Schraube bzw. auf die Oberseite des Kopfes der Mutter vollzogen werden.
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So ist vorstellbar, dass während der Aufschraub- oder Anziehphase des Montageprozesses, noch bevor eine Messung oder eine Steuerung einer Drehwinkellageänderung startet, beispielsweise eine geometrische Markierung mittels eines in der Adapternuss angeordneten mechanischen Stößels in Form einer Kerbe auf das Bolzenende bzw. auf die Mutter aufgeschlagen wird. Es ist ebenso vorstellbar, dass über eine in der Adapternuss angeordnete Sprühdüse während des Montageprozesses eine Farbmarkierung gezielt gesteuert aufgesprüht wird, wobei die Sprühdüse beispielsweise über eine rotierbare Druckleitung und einen Hydraulikdruckschlauch von einem Farbvorratssystem gespeist ist, welches vorteilhafterweise außerhalb von der Verschraubungsvorrichtung installiert ist.
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Vorteilhafterweise kann die berührungslos detektierbare Markierung bevorzugt am Bolzenende der Schraube angeordnet sein, insbesondere mittels eines Aufklebers aufgeklebt sein. Dies ist sowohl für die optische Markierung als auch für die induktiv oder magnetisch erkennbare Markierung realisierbar.
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In einem nebengeordneten Aspekt wird ein Verfahren zur klemmkrafterzeugenden Verschraubung von Bauteilen durch eine Schraube und eine Mutter, bevorzugt mittels eines vorgenannten Verschraubungssystems, vorgeschlagen. Im Rahmen des Verfahrens wird die Mutter auf die Schraube zumindest bis zur Erreichung eines ggf. vordefinierbaren bzw. toleranzbehafteten Voranzugsdrehmoments MA gesteuert angezogen, und zumindest ein weiteres Anziehen um einen ggf. vordefinierbaren bzw. toleranzbehafteten Weiterdrehwinkel Δα zwischen Schraube und Mutter gesteuert durchgeführt, vorzugsweise zur Umsetzung eines überelastischen Schraubenanzugs. Es sei in diesem Zusammenhang erwähnt, dass der hier verwendete Begriff des überelastischen Schraubenanzugs, neben dem sogenannten kombinierten Drehmoment-Drehwinkel Schraubenanzug mit fest vordefiniertem Voranzugsdrehmoment und Weiterdrehwinkel, auch einen sogenannten streckgrenzgesteuerten Schraubenanzug mit Erkennung der Streckgrenze umfasst, denn das Montageaggregat bzw. dessen Steuerung kann die Streckgrenze immer nur in dem Moment identifizieren bzw. auf einen Knick im Klemmkraft- bzw. Drehmoment-Drehwinkel Diagramm zurückblicken, wenn die Streckgrenze bereits überschritten wurde. Daher ist jeder gesteuert umgesetzte Steckgrenzanzug mehr oder weniger eine Montage leicht oberhalb der Steckgrenze und entspricht daher einem überelastischen Schraubenanzug, d.h. einem Schraubenanzug oberhalb des linearelastischen Bereichs der Schraube.
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Gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung des Verfahrens kann bei Nichterreichen des Voranzugsdrehmoments MA innerhalb einer vorbestimmbaren Winkeldrehung γM oder innerhalb einer vorbestimmbaren Zeit tM bzw. bei einem Nichterreichen des Weiterdrehwinkels Δα nach einer vorbestimmbaren Winkeldrehung γE oder nach einer vorbestimmbaren Zeit tE eine Fehlermeldung festgestellt bzw. signalisiert werden. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn es sich einmal ereignen würde, dass sich die nicht gegengehaltene bzw. nicht arretierte Schraube vollständig mitdrehen würde, beispielsweise bei schlechter Qualität bzw. schlechter Lehrenhaltigkeit der ineinandergreifenden Gewindegänge von Schraube und Mutter infolge von Beschädigungen oder Herstellungsfehlern. Das würde einen Montageprozess zwar zunächst verhindern, aber nicht verfälschen. Dies kann vorteilhaft genutzt werden, fehlerhafte Verschraubungselemente zu identifizieren, welche eine unzureichende Qualität aufweisen, wie beispielsweise eine zu hohe Gewindereibung außerhalb der zulässigen Toleranzen. Im Falle einer solchen Fehlermeldung kann zur Lösung des Fehlers kurzerhand Abhilfe geschaffen werden, in dem die Verschraubungselemente durch neue Teile ersetzt werden. Dadurch können bestimmte fehlerhafte Verschraubungselemente mit unzureichender Qualität indirekt von Vornherein aussortiert werden.
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ZEICHNUNGEN
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Weitere Vorteile ergeben sich aus der vorliegenden Zeichnungsbeschreibung. In den Zeichnungen sind Ausführungsbeispiele der Erfindung dargestellt. Die Zeichnungen, die Beschreibung und die Ansprüche enthalten zahlreiche Merkmale in Kombination. Der Fachmann wird die Merkmale zweckmäßigerweise auch einzeln betrachten und zu sinnvollen weiteren Kombinationen zusammenfassen.
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Es zeigen:
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1 eine perspektivische Skizze eines Ausführungsbeispiels eines erfindungsgemäßen Verschraubungssystems;
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2 eine erstes Ausführungsbeispiel einer Verschraubungsvorrichtung der Erfindung;
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3 eine zweites Ausführungsbeispiel einer Verschraubungsvorrichtung der Erfindung;
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4 eine drittes Ausführungsbeispiel einer Verschraubungsvorrichtung der Erfindung;
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5 eine viertes Ausführungsbeispiel einer Verschraubungsvorrichtung der Erfindung;
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6 ein Bolzenende einer Schraube bei Aufbringung eines berührungslos detektierbaren Aufklebers für ein Verschraubungssystem eines Ausführungsbeispiels der Erfindung;
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7 ein berührungslos detektierbares Bolzenende einer Schraube eines Verschraubungssystems eines weiteren Ausführungsbeispiels der Erfindung;
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8 ein mechanisch/berührungslos detektierbares Bolzenende einer Schraube eines Verschraubungssystems eines weiteren Ausführungsbeispiels der Erfindung;
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9 ein mechanisch/berührungslos detektierbares Bolzenende einer Schraube eines Verschraubungssystems eines weiteren Ausführungsbeispiels der Erfindung;
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10 eine Mutter mit berührungslos detektierbarem Mutterkopf eines Verschraubungssystems eines weiteren Ausführungsbeispiels der Erfindung;
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11 eine Mutter mit mechanisch/berührungslos detektierbaren Mutterkopf eines Verschraubungssystems eines weiteren Ausführungsbeispiels der Erfindung;
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12 ein Klemmkraft/Drehwinkel-Diagramm eines Ausführungsbeispiels der Erfindung;
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13 ein Klemmkraft/Drehwinkel-Diagramm eines weiteren Ausführungsbeispiels der Erfindung.
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In den Figuren sind gleiche oder gleichartige Komponenten mit gleichen Bezugszeichen beziffert.
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In der 1 ist perspektivisch ein Ausführungsbeispiel eines Verschraubungssystems 100 dargestellt, das eine Anordnung der Verschraubungselemente Schraube 10 und Mutter 12 sowie zweier Bauteile 14a, 14b, welche jeweils über eine Bohrung 16 verfügen, durch welche der Schraubenbolzen 18, welcher über ein Schraubengewinde verfügt, hindurchgesteckt ist, umfasst. Das Verschraubungssystem 100 umfasst des Weiteren eine in den weiteren 2 bis 5 dargestellte Verschraubungsvorrichtung 200. Die Verschraubungsvorrichtung 200 umfasst ein Schraubaggregat 58 und eine bevorzugt auswechselbare Adapternuss 22, die drehbar mit dem Schraubaggregat durch eine Antriebswelle 32 verbunden ist. Hierzu ist die Adapternuss 22 dargestellt, welche zur Montage auf die Mutter 12 aufgesteckt wird und letztlich die Mutter 12 auf die Schraube 10 aufschraubt. Die Adapternuss 22 verfügt in dieser Ausführung über einen Sondenkanal 24 zur optischen Erkennung der Winkellage oder zumindest der Änderung der Winkellage der geometrischen Markierungen 28. Aus diesem Grund weist das Bolzenende 20 der Schraube 10 eine geometrische Markierung 28 auf. Bezüglich sämtlicher der hier rotierbar dargestellten bzw. als rotierbar oder als drehbar beschriebenen Teile, ist generell deren Rotationsachse annähernd deckungsgleich mit der Verschraubungsachse 64 zu verstehen. Dies trifft auch für alle im Folgenden aufgeführten 2 bis 11 zu.
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Die 2 zeigt beispielhaft ein Ausführungsbeispiel einer Verschraubungsvorrichtung 200 mit Schraubaggregat 58 zur Erfassung der Drehwinkellageänderung zwischen Bolzenende 20 der Schraube 10 aus 1 mit einer mechanischen Ankopplung eines Aufnehmers 38 an dem Bolzenende 20 der Schraube 10 und der Adapternuss 22 mittels einer Aufnehmermessvorrichtung 36. Die Adapternuss 22 weist eine Mutteraufnahme 56 auf, die annähernd formschlüssig den Außenumfang einer Mutter 12 umfasst und drehmomentübertragend drehen kann. In der Adapternuss 22 ist eine Aufnehmermessvorrichtung 36 an einem rotierend gelagerten mechanischen Aufnehmer 38 angeordnet, welche dabei die Änderung des Winkelversatzes des Schraubenbolzens 18 gegenüber der Adapternuss 22 an das Schraubaggregat 58 bzw. an dessen Steuerung übermittelt, so dass mittelbar die Drehwinkellageänderung zwischen Schraube 10 und Mutter 12 aus 1 bestimmt werden kann. Zur Erfassung der Drehwinkellageänderung des Bolzenendes 20 der Schraube 10 umfasst der mechanische Aufnehmer 38 an seinem Ende eine spezielle geometrische Eingriffskontur in die Ausnehmungen des Bolzenendes 20. In diesem Ausführungsbeispiel weist die Kontur des mechanischen Aufnehmers 38 mehrere Zapfen 34 auf, welche in Schlitze 48 oder Bohrungen 50 des Bolzenendes 20, wie diese in den 8 oder 9 dargestellt sind, eintauchen können. Die Zapfen 34 können mechanisch bzw. magnetisch an die Stirnfläche des Bolzenendes 20 ankoppelt bzw. eingerastet werden. Die Adapternuss 22 der Verschraubungsvorrichtung 200 weist eine Lagerung 40 auf, welche die Aufnehmermessvorrichtung 36 gegenüber der Adapternuss 22 beweglich, beispielsweise federnd mittels einer Federungsvorrichtung 54 lagert, und die einen Freiheitsgrad in Richtung der Rotationsachse des mechanischen Aufnehmers 38 aufweist, gegebenenfalls beweglich begrenzt bzw. federnd unterstützt. Hierzu kann die Feder der Federungsvorrichtung 54 beispielsweise eine weichelastische Spiralfeder sein, um eine axial weich federnde Verbindung zwischen mechanischem Aufnehmer 38 und Lagerblock 40 bereitzustellen.
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In einem weiteren, nicht dargestellten Beispiel kann die Lagerung 40 alternativ zwischen dem mechanischen Aufnehmer 38 und der Aufnehmermessvorrichtung 36 oder innerhalb des mechanischen Aufnehmers 38 oder der Aufnehmermessvorrichtung 36 angeordnet sein bzw. kann die Aufnehmermessvorrichtung 36 direkt oder indirekt an der Antriebswelle 32 zwischen Adapternuss 22 und Schraubenaggregat 58 verdrehfest arretiert sein, ggf. zwischensteckbar. Die Aufnehmermessvorrichtung 36 hat die Aufgabe, die Drehwinkellageänderung zwischen mechanischem Aufnehmer 38 und Adapternuss 22 um ihre beiden annähernd identischen Rotationsachsen zu ermitteln. Die in der Adapternuss 22 mittels der Aufnehmermessvorrichtung 36 ermittelte Drehwinkellageänderung kann drahtgebunden, z.B. über integrierte Leitungen, entlang der Antriebswelle 32 an die Antriebsmessvorrichtung bzw. Antriebsvorrichtung 30, welche sich im Schraubaggregatgehäuse 26 befindet, bzw. an deren Steuerung übermittelt werden. Alternativ kann die Drehwinkellageänderung mechanisch, beispielsweise durch Verschieben eines Stößels, oder drahtlos, beispielsweise per Funk, an das Schraubenaggregat 58 weitergeleitet werden. Mit dieser Vorrichtung kann unabhängig von der Drehlage des Gehäuses 26 bzw. unabhängig von einem ggf. teilweisen Mitdrehens der Schraube 10 ein ordnungsgemäßer Drehwinkelanzug der Schraube-Mutter-Verbindung durchgeführt werden, wobei vorzugsweise nach Erreichen eines vordefinierbaren Anziehdrehmoments eine weitere Drehung um einen vordefinierbaren Weiterdrehwinkel, beispielsweise 90°, durchgeführt werden kann, zur Umsetzung eines überelastischen Schraubenanzugs.
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Die 3 zeigt beispielhaft ein Ausführungsbeispiel einer Verschraubungsvorrichtung 200 mit Schraubaggregat 58 zur Erfassung der Drehwinkellageänderung zwischen Bolzenende 20 der Schraube 10 aus 1 und dem Gehäuse 26 über einen mechanisch bzw. magnetisch angekoppelten mechanischen Aufnehmer 38 mittels einer Aufnehmermessvorrichtung 36. Zur Ermittlung der Drehwinkellageänderung zwischen Mutter 12 und Schraube 10 findet in dem Schraubaggregat 58 andererseits eine Antriebsmessvorrichtung 30 Verwendung, welche neben einem Drehmoment u.a. den Drehwinkel zwischen Adapternuss 22 bzw. Antriebswelle 32, und Schraubaggregatgehäuse 26 bestimmen kann. Die Drehwinkellageänderung zwischen Mutter 12 und Schraube 10 aus 1 wird dabei als Differenzwert aus dem Minuentwert der Drehwinkellageänderung zwischen Adapternuss 22 bzw. Antriebswelle 32, und Gehäuse 26, und dem Subtrahentwert der Drehwinkellageänderung zwischen Bolzenende 20 der Schraube 10 und Gehäuse 26 bestimmt. Das Schraubaggregat 58 weist ferner eine Lagerung 40 auf, welche die Aufnehmermessvorrichtung 36 gegenüber dem Schraubaggregatgehäuse 26 beweglich mit einem Freiheitsgrad annähernd vollständig in Richtung der Rotationsachse des mechanischen Aufnehmers 38 lagert. Die Aufnehmermessvorrichtung 36 ist beweglich begrenzt bzw. federnd gegen die Lagerung durch eine Federungsvorrichtung 54 abgestützt. In einer weiteren, nicht dargestellten Variante kann die Lagerung 40 auch innerhalb des mechanischen Aufnehmers 38 angeordnet sein, oder zwischen dem mechanischen Aufnehmer 38 und der Aufnehmermessvorrichtung 36 angeordnet sein. Die Antriebsmessvorrichtung 30 dient primär der Steuerung des Schraubaggregats 58, wobei die Funktion der Ermittlung der Winkellageänderung zwischen Adapternuss 22 und Schraubaggregatgehäuse 26 auch ggf. von einer optionalen Messvorrichtung 62 übernommen werden kann, welche unter Umständen auch außerhalb des Schraubaggregatgehäuses 26 angeordnet ist, ggf. zwischensteckbar ausgebildet. Die Aufnehmermessvorrichtung 36 ist in diesem Beispiel hinter dem Antrieb bzw. hinter der Antriebsmessvorrichtung 30 angeordnet. Sie kann aber auch auf Höhe des Antriebs bzw. auf Höhe der Antriebsmessvorrichtung 30, oder auf Höhe der Antriebswelle 32 angeordnet sein bzw. zwischen diesen Komponenten angeordnet sein. Es ist aber auch denkbar, dass anstelle des Schraubaggregatgehäuses 26, welches in dieser Figur als Bezugssystem zur Ermittlung der Drehwinkellageänderung zwischen Schraube 10 und Mutter 12 dienlich ist, stattdessen ein elektronisch ermitteltes Bezugssystem zur Ermittlung der Drehwinkellageänderung zwischen Schraube 10 und Mutter 12 herangezogen wird. Ein elektronisch ermitteltes Bezugssystem kann beispielsweise, ähnlich einem mechanischen gyroskopischen Bezugssystem, eine räumliche Nulllage elektronisch festhalten, unabhängig von der räumlichen Verdrehung des hierfür eingesetzten elektronischen Sensors, welcher beispielsweise direkt an dem mechanischen Aufnehmer 38 bzw. direkt an der Antriebswelle 32 befestigt sein kann. In diesen Fällen entfällt eine drehfeste Arretierung der jeweiligen Messvorrichtung bzw. des jeweiligen Sensorsystems zum Gehäuse 26. Die ermittelten Signale der gegenüber dem Gehäuse rotierbaren Sensoren können in diesen Fällen beispielsweise induktiv, über Funksignale oder elektrisch über Schleifkontakte an eine Steuerung des Schraubaggregates übertragen werden.
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Analog zu 2 kann mit dieser Vorrichtung aus 3 ebenfalls unabhängig von der Drehlage des Gehäuses 26 bzw. unabhängig von einem ggf. teilweisen Mitdrehens der Schraube 10 ein ordnungsgemäßer Drehwinkelanzug der Schraube-Mutter-Verbindung durchgeführt werden, wobei vorzugsweise nach Erreichen eines vordefinierbaren Anziehdrehmoments eine weitere Drehung um einen vordefinierbaren Weiterdrehwinkel, beispielsweise 90°, durchgeführt werden kann, zur Umsetzung eines überelastischen Schraubenanzugs.
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Die 4 zeigt analog zur 2 ein Ausführungsbeispiel einer Verschraubungsvorrichtung 200 mit Schraubaggregat 58. Im Gegensatz zu 2 erfolgt eine Erfassung der Drehwinkellageänderung zwischen Schraubenbolzenende 20 aus 1 und Adapternuss 22 mittels einer berührungslosen Messvorrichtung 42 anstelle Aufnehmermessvorrichtung 36. Daher entfallen in der 4 der mechanische Aufnehmer 38 samt Zapfen 34 sowie die Lagerung aus 2. Die berührungslose Drehwinkelerfassung kann beispielsweise durch Analyse eines Reflexionsverhaltens eines Lichtstrahls an reflektierenden bzw. absorbierenden Bereichen des Bolzenendes 20 erfolgen. Hierzu kann die berührungslose Messvorrichtung 42 eine Leuchtdiode, IR-Diode, Laserdiode oder ähnliches sowie ein entsprechendes Photodetektorelement umfassen. Alternativ kann eine magnetische Erfassung der Lagewinkeländerung des Schraubenbolzens 18 durch einen Hallsensor erfolgen, beispielsweise eine Ausrichtungsbestimmung des Polarisierungswinkels des Bolzenendes 20. Des Weiteren ist eine induktive Erfassung denkbar, bei der durch eine in der Messvorrichtung 42 integrierte Magnetspule ein Magnetfeld erzeugt, und dessen lageabhängige Störung durch den Schraubenbolzen 18 durch einen Magnetfeldsensor ermittelbar ist. Hierzu kann der Schraubenbolzen 18 vormagnetisiert sein, bzw. daran eine magnetisierte Markierung, beispielsweise auch in Form eines Aufklebers 46 aus 6, befestigt sein. Die berührungslose Messvorrichtung 42 kann zumindest einen Teilumfang des Bolzenendes 20 umfassen, um eine optische, magnetische oder induktive Winkelerfassung vorzunehmen, und kann zumindest teilweise in der Wandung der Mutteraufnahme 56 angeordnet sein.
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Die 5 zeigt analog zur 3 ein weiteres Ausführungsbeispiel einer Verschraubungsvorrichtung 200 mit Schraubaggregat 58. Im Gegensatz zu der Verschraubungsvorrichtung 200 aus 3 erfolgt eine Erfassung der Drehwinkellageänderung zwischen Schraubenbolzenende 20 aus 1 und Schraubaggregatgehäuse 26 mittels einer berührungslosen Messvorrichtung 42 anstelle einer Aufnehmermessvorrichtung 36. Daher entfallen in 5 der mechanische Aufnehmer 38 samt Zapfen 34 sowie die Lagerung 40 aus 3. Die Funktionsweise der berührungslosen Messvorrichtung 42 entspricht der des Ausführungsbeispiels der 4. Hierzu weist das Schraubaggregat 58 einen Sondenkanal 24 auf, durch welchen die Messvorrichtung 42 analog der Aufnehmermessvorrichtung aus 3, letztlich verdrehfest an dem Gehäuse 26 arretiert ist. Der Sondenkanal 24 erstreckt sich durch den Antrieb bzw. durch die Antriebsmessvorrichtung 30 und die Antriebswelle 32 bis hin zur Mutteraufnahme 56 der Adapternuss 22. Eine Winkellageänderung zwischen Mutter 12 bzw. zwischen Adapternuss 22 und Gehäuse 26 kann entweder analog zu 3 wiederum über die Antriebsmessvorrichtung 30 erfolgen, oder kann alternativ auch über einen weiteren entsprechenden Winkelsensor innerhalb der berührungslosen Messvorrichtung 42 erfolgen, oder auch in einer optionalen, ggf. außerhalb des Schraubaggregatgehäuses 26 angeordneten Messvorrichtung 62 detektiert werden, welche verdrehfest an dem Gehäuse 26 arretiert ist. Analog zu 3 kann der Differenzwinkel zwischen Adapternuss-Gehäuse und Schraube-Gehäuse errechnet werden.
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Die 6 zeigt ein Bolzenende 20 einer Schraube 10 bei Aufbringung eines berührungslos detektierbaren Aufklebers 46 für ein Verschraubungssystem 100 eines Ausführungsbeispiels der Erfindung. Ein Aufkleber 46, auf dem sich eine oder auch eine Mehrzahl optischer Markierungen 44 befindet, wird auf ein Schraubenbolzenende 20 eines Schraubenbolzens 18 geklebt. Durch optische Detektierung der Markierung 44 mittels einer Lichtquelle, wie IR-Diode, LED oder Laserdiode, und Detektion des reflektierten Lichtanteils mittels eines entsprechenden optischen Sensors, kann die Winkellage bzw. die Änderung der Winkellage des Bolzens 18 gegenüber einer berührungslosen Messvorrichtung 42, die sich in der Adapternuss 22 oder im Gehäuse 26 eines Schraubenaggregats 58 befindet, erkannt werden. Der optisch detektierbare Aufkleber 46 kann beispielsweise in Verbindung mit einem in den 4 oder 5 dargestellten Schraubaggregat 58 verwendet werden. Es ist aber auch hier denkbar, dass der Aufkleber 46 eine berührungslose Markierung in Form einer Magnetisierung anstelle der optischen Positionen aufweist. Dazu müssen die entsprechenden Positionen mit einer magnetisierten bzw. magnetisierbaren metallischen Schicht versehen sein, welche von einem entsprechenden berührungslosen Sensor detektiert werden können. Im weiteren ist auch eine induktiv detektierbare Markierung auf dem Aufkleber denkbar. Anstelle eines Aufklebers 46 zeigt 7 eine Anordnung optischer Markierungen 44 in Form von Farbmarkierungen 52 zur berührungslosen optischen Erfassung der Drehwinkellageänderung mittels einer Messvorrichtung 42, entsprechend der 4 und 5. Die Farbmarkierung wird, bzw. die Farbmarkierungen werden in diesem Falle direkt auf das Bolzenende aufgebracht,
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Die 8 und 9 zeigen Möglichkeiten einer geometrischen Markierung die sowohl zur berührungslosen optischen, magnetischen oder induktiven Erfassung der Drehwinkellageänderung mittels einer Messvorrichtung 42, entsprechend der 4 und 5, als auch zur Erfassung der Drehwinkellageänderung mittels einer Aufnehmermessvorrichtung 36, entsprechend der 2 und 3, genutzt werden können. In 8 ist eine geometrische Markierung 28 in Form von zwei zueinander rechtwinkligen Schlitzen 48 ausgebildet, die vorteilhafterweise auch zum Verdrehen des Schraubenbolzens mittels eines entsprechenden Werkzeugs, z.B. Schlitzschraubenziehers, verwendet werden können. In der 9 ist die geometrische Markierung 28 in Form von drei Vertiefungsbohrungen 50 innerhalb der Endfläche 20 des Schraubbolzens ausgebildet. Die Vertiefungen, wie Kerben bzw. Schlitze 48 können sowohl mechanisch als auch optisch detektiert werden. Es ist denkbar, dass durch das Schraubaggregat oder durch ein gesondertes Werkzeug vor oder im Laufe des Verschraubungsvorgangs mittels eines Impulsschlags derartige Vertiefungen am Bolzenende 20 angebracht werden. Somit können gewöhnliche Schrauben verwendet und vor dem Start der Drehwinkelanziehphase des Montageprozesses mit einer Drehlagenmarkierung versehen werden.
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10 zeigt eine Mutter 12, welche beispielhaft eine optische Markierung in Form von Farbmarkierungen 52 zur berührungslosen optischen Erfassung der Drehwinkellageänderung umfasst.
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11 zeigt dagegen eine Mutter 12, welche beispielhaft eine geometrische Markierung in Form von Schlitzen bzw. Kerben 48 sowohl zur mechanischen als auch zur berührungslosen Erfassung der Drehwinkellageänderung umfasst. Es ist dabei vorstellbar, dass die in den 10 und 11 dargestellten markierten Muttern 12 beispielsweise zusätzlich durch die berührungslose Messvorrichtung aus 5 detektiert werden können, neben der Detektion des markierten Bolzenendes zur direkten Bestimmung der Winkellageänderungen zwischen Mutter 12 und Gehäuse 26 bzw. zwischen Schraube 10 und Gehäuse 26.
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Es ist auch vorstellbar, dass die in den 8, 9 und 11 dargestellten geometrischen Markierungen nach außen hin ausgebildet sind. In diesen Fällen muss ggf. zur Kopplung mit einem mechanischen Aufnehmer dessen Kontakt- bzw. Eingriffskontur entsprechend gestaltet sein.
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Die 12 und 13 zeigen jeweils ein Klemmkraft-Drehwinkel-Diagramm jeweils als oberen und unteren Extremfall bzgl. einer einzigen fest vorgegebenen Anziehvorschrift, welches durch Anwendung eines Ausführungsbeispiels einer Verschraubungsvorrichtung 200 befolgt wird. Den nachfolgend beschriebenen 12 und 13 liegt daher dieselbe Anziehvorschrift zugrunde, d.h. die Anziehparameter MA und Δα sind identisch. Die Klemmkraftachse FC ist in den Diagrammen dabei über der Drehwinkelachse α aufgezeichnet, welche die Drehwinkellageänderung beim Montagevorgang zwischen Schraube 10 und Mutter 20 darstellt, beginnend von der Anziehphase an. Die Anziehvorschrift setzt sich in diesen beiden Ausführungsbeispielen daher beispielhaft aus Kombination eines fest vordefinierten Voranzugsdrehmoments MA und eines fest vordefinierten Weiterdrehwinkelwertes Δα zur Umsetzung eines überelastischen Schraubenanzugs zusammen. Dieses Verfahren wird als sogenanntes kombiniertes Drehmoment-Drehwinkel Anziehverfahren bezeichnet, und stellt eine spezielle Variante eines überelastischen Schraubenanzugs dar. Ein weiteres, hier nicht näher beschriebenes Anziehverfahren stellt das sogenannte streckgrenzgesteuerte Anziehverfahren dar, bei dem im Gegensatz zum hier dargestellten kombinierten Drehmoment-Drehwinkel Anziehverfahren die Parameter MA und Δα nicht existieren bzw. nicht fest vordefiniert sind. Das hier beschriebene kombinierte Drehmoment-Drehwinkel Anziehverfahren hat im Vergleich zum streckgrenzgesteuerten Anziehverfahren dabei den entscheidenden Vorteil, dass es auch auf einfache Weise händisch beispielsweise auch im Falle einer Reparatur ohne elektronische Hilfe, mittels einem mechanischen Drehmomentschlüssel bzw. einem mechanischen Winkelzähler jederzeit nachgestellt bzw. durchgeführt werden kann. Man braucht dazu keine teuren elektronischen Vorrichtungen bzw. Schraubaggregate. Auch falls während der Produktion einmal ein Aggregat ausfallen sollte, kann mittels dem kombinierten Drehmoment-Drehwinkel Anziehverfahren händisch schnell eine Abhilfe unter Verwendung derselben Anziehvorschrift geschaffen werden, was bei dem streckgrenzgesteuerten Anziehverfahren nicht ohne Weiteres bzw. nicht ohne Zuhilfenahme elektronischer Hilfsmittel möglich ist.
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12 stellt ein Verschraubungsdiagramm für den oberen Extremfall einer kombinierten Drehmoment-Drehwinkel Anziehvorschrift dar, bei dem sich die Montagereibwerte an der unteren Grenze innerhalb der üblichen Toleranzen bewegen, das heißt, es liegen niedrige Reibwerte vor. In diesem Zusammenhang umfasst der Begriff Reibwert sowohl den mittleren Reibbeiwert in der Mutternkopfauflage auf dem Bauteil 14, als auch den mittleren Gewindereibbeiwert zwischen Schraube 10 und Mutter 12. Im Fall niedriger Montagereibwerte kann ein hoher Teil des Anzugsdrehmomentes in die Erhöhung der Klemmkraft umgesetzt werden.
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13 stellt hingegen ein Verschraubungsdiagramm für den unteren Extremfall derselben kombinierten Drehmoment-Drehwinkel Anziehvorschrift aus 12 dar, in welchem sich die Montagereibwerte an der oberen Grenze innerhalb der üblichen Toleranzen bewegen, das heißt, es liegen hohe Reibwerte vor. Somit wird ein großer Teil des Anzugsdrehmomentes nicht in Klemmkraft FC, sondern zur Überwindung des Reibmomentes aufgewendet.
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Punkt A stellt in beiden 12 und 13 die erreichte Klemmkraft Fca nach Anziehen auf ein einstellbares und in beiden Fällen identisches Voranzugsdrehmoment MA, beispielsweise 80Nm, dar. Hierzu wird die Mutter 12 gegenüber der Schraube 10 bis zu einem relativen Drehwinkel αM angezogen. Im Fall eines niedrigeren Reibwertes (12) kann eine höhere Klemmkraft Fca als im Fall eines hohen Reibwertes (13) erreicht werden. Günstigerweise wird der Wert für das Voranzugsdrehmoment MA so gewählt, dass er sich im oberen Extremfall nach 12 mit einem Sicherheitsabstand unterhalb der Streckgrenze Fcb des Verschraubungssystems 100 bewegt, so dass eine Übermontage der Schraube 10 im Rahmen der üblichen Toleranzen mit großer Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Punkt B stellt den Punkt der Streckgrenze Fcb des Schraubenbolzens unter Voraussetzung einer vorbildlichen Auslegung des Klemmverbundes dar. Der Schraubenbolzen stellt dabei hinsichtlich seiner Streckgrenze Fcb üblicherweise das schwächste Glied im Klemmverbund dar.
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Im weiteren Diagrammverlauf der beiden 12 und 13 beginnt oberhalb des Punktes B der überelastische Bereich des Schraubenbolzens während der Anziehphase des Montagevorgangs. Punkt C markiert die Endklemmkraft Fcc der Anziehvorschrift nach Ausführung eines konstanten Weiterdrehwinkels Δα im Sinne eines anzustrebenden überelastischen Schraubenanzugs oberhalb der Streckgrenze B. Der Weiterdrehwinkelwert kann beispielsweise 45°, 60° oder vorzugsweise 90° betragen. Somit nimmt die Mutter 12 gegenüber der Schraube 10 den relativen Drehwinkel αE = αM + Δα an. Der Weiterdrehwinkel Δα ist so ausgelegt, dass die Schraube nach Vollendung des Schraubenanzugs im Rahmen der üblichen Toleranzen, wie z.B. den Reibwertschwankungen, nicht übermontiert ist, das heißt, dass die Schraube keine signifikanten sicherheitstechnischen Nachteile durch den Schraubenanzug erfährt bzw. im späteren Betrieb darstellt.
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Im weiteren Diagrammverlauf der 12 und 13 markiert Punkt D diejenige Stelle, an der das Verschraubungssystem 100 bzw. der Schraubenbolzen 18 versagen würde, sofern der Schraubenanzug über den Punkt C hinaus fortgesetzt wird. Es ist bei der Auslegung der Anziehvorschrift, insbesondere bei der Bestimmung der Höhe von Voranzugsdrehmoment MA und Weiterdrehwinkel Δα sicherzustellen, dass im oberen Extremfall nach 12 und unter Berücksichtigung üblicher Toleranzen ein ausreichender Sicherheitsabstand zwischen Punkt C und Punkt D eingehalten werden kann.
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Vergleicht man die erreichte Endklemmkraft Fcc in den beiden 12 und 13, so lässt sich feststellen, dass im oberen Extremfall nach 10 eine signifikant höhere Klemmkraft Fcc gegenüber Fca erreicht werden kann. Im unteren Extremfall nach 11, welcher die erreichbaren Mindestklemmkräfte und somit die rechnerische und konstruktionstechnische Auslegungsbasis widerspiegelt, kann mithilfe des Anwendung der hier beschriebenen kombinierten Drehmoment-Drehwinkel-Anziehverfahrens eine etwa doppelt so hohe Klemmkraft Fcc gegenüber einer konventionellen reinen Drehmoment Anziehvorschrift Fca erreicht werden.
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Bei dem unteren Extremfall kann es auch abweichend zu 13 selbst unter den üblichen Toleranzen an besonderen Verschraubungsstellen mit entsprechenden Randbedingungen vorkommen, dass der Punkt C bzw. die Endklemmkraft Fcc unterhalb der Streckgrenze B liegt, dennoch wird auch hier eine deutliche Klemmkraftsteigerung in Form einer annähernden Verdoppelung erzielt, mittels der Anwendung eines entsprechend ausgelegten Weiterdrehwinkels Δα.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 3241389 A1 [0012]
- DE 19736547 C [0013]