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Stand der Technik
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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Steuern eines automatisierten oder autonomen Fortbewegungsmittels und eine Auswerteeinheit eines Fortbewegungsmittels.
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Mit der stetigen Weiterentwicklung von hochautomatisierten und autonomen Fahrzeugen wächst auch die Relevanz der Trajektorienplanung. Dabei können die Anforderungen an die Trajektorienplanung vielfältig sein. Sie reichen von der Planung einer komfortablen Trajektorie zum Spurwechsel auf der Autobahn bis hin zum sicherheitsrelevanten Ausweichmanöver im inner- und außerstädtischen Verkehr. In Abhängigkeit der Anforderung werden daher häufig hohe Ansprüche an die Trajektorienplanung gestellt, wie zum Beispiel die Einhaltung bestimmter Komfort- oder Sicherheitskriterien oder die Vorhersage von kritischen Situationen. Zudem muss die Berechnung der Trajektorien in Echtzeit möglich sein, da sie im laufenden Fahrbetrieb durchgeführt werden muss. Um diese Anforderung zu erfüllen, werden in der einschlägigen Literatur polynombasierte Ansätze diskutiert. Polynombasierte Planungsansätze sind zwar echtzeitfähig, haben jedoch den Nachteil, dass Beschränkungen nicht ohne weiteres explizit berücksichtigt werden können. Darüber hinaus ist das asymmetrische Fahrverhalten eines Menschen nur schwer über Polynome niedriger Ordnung über einen längeren zeitlichen Horizont nachzubilden. Beispielsweise leitet ein menschlicher Fahrer einen Spurwechsel dynamischer ein als er ihn beendet. Eine Möglichkeit, Beschränkungen und asymmetrisches Verhalten bei der Trajektorienplanung mit einzubinden, stellt die modellprädiktive Regelung (MPC) dar. Da hierbei jedoch laufend Optimierungsprobleme unter Nebenbedingungen gelöst werden müssen, benötigt die MPC-basierte Planung eine sehr hohe Rechenleistung, um echtzeitfähig zu sein. Eine derart hohe Rechenleistung kann mit der Grundauslastung von Steuergeräten, die in heutigen Fahrzeugen Verwendung finden, jedoch nicht sichergestellt werden.
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Offenbarung der Erfindung
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Gemäß einem ersten Aspekt betrifft die vorliegende Erfindung ein Verfahren zum Steuern eines automatisierten oder autonomen Fortbewegungsmittels. Als Fortbewegungsmittel im Sinne der Erfindung kommen zum Beispiel Automobile, insbesondere Pkw und/oder Lkw und/oder Motorräder und/oder Flugzeuge und/oder Schiffe infrage. Unter einem „autonom“ bzw. „automatisiert“ fahrfähigen Fortbewegungsmittel kann vorliegend zumindest ein Fortbewegungsmittel verstanden werden, welches in der Lage ist, beispielsweise über eine Auswerteeinheit, eine Trajektorie selbstständig zu planen und sich zudem selbstständig auf dieser Trajektorie zu bewegen. In einem ersten Schritt umfasst das erfindungsgemäße Verfahren ein Ermitteln einer Abweichung, z.B. einer Strecke, welche eine Rückführung auf eine vordefinierte Trajektorie erfordert. Ein derartiges Ermitteln der Abweichung kann insbesondere durch das Fortbewegungsmittel, beispielsweise durch eine Auswerteeinheit, zum Beispiel eine CPU und/oder einen Mikrocontroller oder ein elektronisches Steuergerät, erfolgen. Für die Ermittlung der Abweichung können auch weitere aktuell vorliegende dynamische Systemgrößen, z.B. die Geschwindigkeit und/oder die Beschleunigung, die über eine konventionelle Fortbewegungsmittel-Sensorik ermittelt werden können, berücksichtigt werden. Unter einer „vordefinierten Trajektorie“ kann eine globale Trajektorie, welche zum Beispiel auf einer Referenzlinie bzw. Referenzkurve eines Frenet-Koordinatensystems verläuft, verstanden werden. Die globale Trajektorie kann beispielsweise bei oder vor Fahrtantritt geplant werden und berücksichtigt keine Eventualitäten, welche aufgrund einer abweichenden Streckenführung oder aufgrund von Hindernissen eine Notwendigkeit einer Abweichung von dieser Trajektorie bedeuten würden. Eine Abweichung bzw. Notwendigkeit einer Rückführung auf diese vordefinierte Trajektorie kann beispielsweise aufgrund von sensorischen Daten des Fahrzeuges, welche beispielsweise von einem Ultraschallsensor und/oder einer Kamera und/oder einem LiDAR-Sensor und/oder einem Radar-Sensor und/oder einem Beschleunigungsmessgerät und/oder einem Geschwindigkeitsmessgerät stammen, erfolgen. Eine Abweichung kann durch ein Hindernis begründet sein, wodurch das Fortbewegungsmittel von der vordefinierten Trajektorie abweichen muss. Das Hindernis kann sensorisch erfasst bzw. ermittelt werden. Weiterhin ergibt sich aufgrund der ermittelten Abweichung insbesondere ein Fahrbahnkorridor, welcher aufgrund von Hindernissen und Fahrbahnbegrenzungen resultiert. Im Ansprechen auf das Ermitteln einer Abweichung erfolgt ein automatisches Errechnen eines Rucks als Eingangsgröße in Abhängigkeit der Abweichung. Beispielsweise kann zur Errechnung des Rucks eine Abweichung von der vordefinierten Referenztrajektorie, z.B. ein Abstand, und/oder eine aktuelle Beschleunigung und/oder eine aktuelle Geschwindigkeit des Fortbewegungsmittels herangezogen werden. Ausgehend von der Eingangsgröße erfolgt ein automatisches Errechnen einer unbeschränkten Stellgröße zur Rückführung auf die vordefinierte Trajektorie. Unter „Stellgröße“ wird vorliegend im regelungstechnischen Sinne eine Ausgangsgröße eines verwendeten Stellglieds (z.B. einer Auswerteeinheit) verstanden, wobei durch die Ausgangsgröße bzw. Stellgröße ein gezielter Eingriff in die Steuer- bzw. Regelungsstrecke des Systems, d.h. des Fortbewegungsmittels, aufgrund der Eingangsgröße (des Rucks) erfolgen könnte. Vorliegend wirkt die unbeschränkte Stellgröße allerdings nicht direkt auf das System. Vielmehr erfolgen weitere Manipulationsschritte, welche in der Folge erläutert werden. Die unbeschränkte Stellgröße zur Rückführung auf die vordefinierte Trajektorie wird in Abhängigkeit einer gewichteten Summe umfassend einen gewichteten Summanden der Eingangsgröße und einen gewichteten Summanden eines Zustandes bzw. gewichtete Summanden weiterer Zustände der Rückführung errechnet. Hierbei kann der Summand der Eingangsgröße auch eine Gewichtung von null aufweisen. Ferner können weitere Zustände berücksichtigt werden. Insbesondere erhält jeder Zustand einen gewichteten Summanden, um die unbeschränkte Stellgröße zu errechnen. Die unbeschränkte Stellgröße wird durch die Sättigungskaskade beschränkt. Nach dreifacher zeitlicher Integration einer dadurch erhaltenen Ausgangsgröße kann ein Zustand erhalten werden, der direkt auf das Fortbewegungsmittel wirkt. Für einen nächsten Zeitpunkt wird dieser Prozess ausgehend von dem derzeitigen Zustand wiederholt usw. Als „Zustand“ kommen z.B. die Geschwindigkeit, der Ruck, die Beschleunigung und/oder die Position des Fortbewegungsmittels in Frage. Hierbei wird der Zustand insbesondere in Abhängigkeit der Abweichung von der vordefinierten Trajektorie errechnet. Der Zustand kann beispielsweise sensorisch ermittelt werden. Der Zustand wird insbesondere für eine jeweilige laterale oder longitudinale oder vertikale Bewegung des Fortbewegungsmittels, unter der Annahme, dass die aufgezählten Bewegungen voneinander entkoppelt sind, für die jeweilige Beschleunigung, Geschwindigkeit und Position des Fahrzeuges bei der Abweichung ermittelt und in einen Zustandsraum transformiert. Beispielsweise kann die Planung der unbeschränkten Stellgröße als eine Zustandsrückführung angesehen werden, sodass das Fortbewegungsmittel von einer Anfangsbedingung ausgehend asymptotisch auf die vordefinierte Referenztrajektorie stabilisiert werden kann. Beispielsweise kann hierfür eine Rückführmatrix mithilfe einer Polvorgabe und/oder einer „linearquadratische Regler-(LQR)-Methode“ berechnet werden. Aufgrund der Verwendung der gewichteten Summe und deren einfache rechnerische Verarbeitung kann gegenüber modelprädiktiven Ansätzen eine notwendige Rechengeschwindigkeit bzw. -leistung um den Faktor 10 bis 100 reduziert werden. In einem nächsten Schritt erfolgt ein automatisches Errechnen einer beschränkten Stellgröße bezüglich des Rucks. Hierbei wird die unbeschränkte Stellgröße über eine Kaskade mehrerer Stufen manipuliert. Je Stufe der Kaskade ist hierfür eine Sättigungsfunktion bezüglich eines dynamischen Systemzustandes vorgesehen. Die Sättigungsfunktion stellt eine Beschränkung dar, welche innerhalb der Stufe der Kaskade hinsichtlich eines dynamischen Systemzustandes vorgenommen wird. Ein dynamischer Systemzustand kann beispielsweise einen Ruck, welcher gemäß physikalischer Definition die dritte zeitliche Ableitung der Strecke umfasst, beinhalten. Hierbei kann eine Abweichung von einer vordefinierten Referenztrajektorie insbesondere für die laterale Koordinate verwendet ermittelt. Vereinfachend kann insbesondere angenommen werden, dass die laterale und die longitudinale Bewegung des Fortbewegungsmittels entkoppelt sind, wobei zumindest eine konstante longitudinale Bewegung bei der Ermittlung der Rückführtrajektorie für die laterale Bewegung vorausgesetzt wird. Im Falle eines Frenet-Koordinatensystems kann der Abstand der vordefinierten Trajektorie sowie die Länge des Bogens der vordefinierten Trajektorie im zeitlichen Verlauf verwendet werden, um hieraus jeweils einen Ruck zu berechnen. Insbesondere kann der Verlauf des Rucks hierbei als Stellgröße aufgefasst werden. Mathematische Modelle, die aus diesen Annahmen resultieren, können insbesondere in einem Zustandsraum transformiert werden. Im Ansprechen darauf erfolgt ein zeitabhängiges Integrieren der beschränkten Stellgröße, z.B. ein dreifaches zeitliches Integrieren, um die beschränkte Rückführtrajektorie, d.h. welche die Beschränkungsinformationen aus der Kaskade hinsichtlich dynamischer Systemzustände (z.B. Ruck und/oder Beschleunigung) beinhalten, zu erhalten. In einem finalen Schritt erfolgt ein automatisches Steuern des Fortbewegungsmittels über eine beschränkte Rückführtrajektorie auf die vordefinierte Trajektorie. Dies kann z.B. mittels eines Reglers erfolgen. Durch das erfindungsgemäße Verfahren wird also ein Ruck dahingehend beschränkt, dass eine komfortable Trajektorienplanung stattfinden kann. Beispielsweise können die vorstehend diskutierten Schritte über eine Auswerteeinheit, zum Beispiel eine CPU und/oder einen Mikrocontroller und/oder eine elektronische Steuereinheit, ermittelt und durchgeführt werden. Somit kann vorstehend eine Trajektorienplanung, welche im Vergleich zu klassischen Planungsansätzen auf Basis von Polynomen höherer Ordnung auch für asymmetrisches Fahrverhalten (durch die Berücksichtigung des Rucks als Eingangs- und Ausgangsgröße) einsetzbar ist und Beschränkungen berücksichtigen kann, bereitgestellt werden.
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Die Unteransprüche zeigen bevorzugte Weiterbildungen der Erfindung.
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Gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung der vorliegenden Erfindung umfasst der dynamische Systemzustand einen Ruck und/oder eine Geschwindigkeit und/oder eine Beschleunigung und/oder eine Position des Fortbewegungsmittels. Der dynamische Systemzustand kann sich insbesondere auf einen longitudinalen und/oder lateralen und/oder einen vertikalen Trajektorienanteil des Fortbewegungsmittels beziehen. Somit können sämtliche relevanten dynamischen Systemzustände, welche für eine Trajektorienplanung notwendig sind, recheneffizient innerhalb des erfindungsgemäßen Verfahrens verwendet werden.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens umfasst die beschränkte Rückführtrajektorie einen longitudinalen und/oder eine lateralen und/oder einen vertikalen Anteil. Ein vertikaler Trajektorienanteil kann insbesondere dann relevant sein, wenn es sich bei dem Fortbewegungsmittel um ein Flugzeug handelt. Sofern das erfindungsgemäße Verfahren für einen lateralen Trajektorienanteil durchgeführt wird, wird insbesondere stets eine konstante longitudinale Geschwindigkeit, trotz vereinfachter Entkopplungsannahme beider Trajektorienanteile, angenommen.
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Gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens kann die Kaskade zwei bis vier Stufen enthalten. Idealerweise beinhaltet die Kaskade vier Stufen. Somit können sämtliche, für die Planung der beschränkten Rückführtrajektorie notwendigen Beschränkungsinformationen (z.B. Ruck, Beschleunigung, Position und Geschwindigkeit) berücksichtigt werden, ohne eine hohe Rechenleistung zu benötigen.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens kann die Sättigungsfunktion in Abhängigkeit von vordefinierten Beschränkungen ermittelt werden. Auf diese Weise können Variantenreiche Ausgangsbedingungen für die Erstellung von Sättigungsfunktionen bedarfsspezifisch festgelegt werden, um das menschliche asymmetrische Fahrverhalten möglichst realitätsnah abzubilden. Beispielsweise kann eine vordefinierte Begrenzung bezüglich der Position des Fortbewegungsmittels Koordinaten eines Straßenrandes zur Berechnung eines Beschränkungskorridors umfassen. Zusätzlich oder alternativ kann ein maximaler Ruck und/oder eine maximale Beschleunigung in Abhängigkeit von Probandenstudien vordefiniert werden. Beispielsweise können ein maximaler Ruck bzw. eine maximale Beschleunigung jeweils als maximaler Wert, dessen Überschreitung bei einer repräsentativen Gruppe von Probanden ein Unwohlsein verursacht, definiert werden. Ein aktueller Zustand des Fortbewegungsmittels (bezüglich Beschleunigung und/oder Position und/oder Geschwindigkeit) kann beispielsweise in Abhängigkeit von entsprechenden sensorischen Daten des Fortbewegungsmittels geschätzt werden.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird das automatische Ermitteln der Beschränkung zeitinvariant durchgeführt. Auf diese Art und Weise kann unter Vernachlässigung der Zeitkomponente Rechenleistung eingespart werden.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird ein späterer Schritt, d.h. eine Manipulation der Stellgröße in einer späteren Stufe, der Kaskade gegenüber einem früheren Schritt, d.h. eine Manipulation der Stellgröße in einem früheren Schritt der Kaskade, bevorzugt. Dies bedeutet mit anderen Worten, dass die unbeschränkte Stellgröße einzelne Sättigungsfunktionen, die den Beschränkungen der einzelnen Zustände zugeordnet werden können, durchläuft. Sind unterschiedliche Beschränkungen konkurrierend, d. h. es gibt keine physikalisch sinnvolle Lösung für alle Beschränkungen, so ist die Beschränkung bzw. die Manipulation mit der Sättigungsfunktion, die später in der Kaskade auftritt dominant, da diese die Anpassung der vorangegangenen Sättigungsschritte überschreiben kann. Dies wird auch „Priorisierung“ genannt. Dadurch können gezielt einzelne oder mehrere gegebene Beschränkungen mit niedrigerer Priorität, zum Beispiel Komfort, verletzt werden, wenn das Problem unter Berücksichtigung aller Beschränkungen nicht mehr lösbar ist. Dies macht die erfindungsgemäße Trajektorienplanung bzw. das erfindungsgemäße Verfahren für die Lösung eines Trajektorienplanungsproblems sehr robust, während gleichzeitig nur ein Bruchteil einer Rechenleistung eines MPC-Verfahrens benötigt wird.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens umfasst dieses einen Schritt eines sensorischen Ermittelns eines Hindernisses durch das Fortbewegungsmittel. Beispielsweise kann das Hindernis sensorisch mittels eines LiDAR-Sensors und/oder eines Kamera-Sensors und/oder eines Radar-Sensors und/oder eines Ultraschall-Sensors ermittelt werden. Weiterhin kann auch ein Hindernis aufgrund von empfangenen Daten, zum Beispiel Echtzeitverkehrsinformationsdaten, seitens des Fahrzeuges ermittelt werden.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens umfasst dieses den Schritt eines Berechnens einer Rückführmatrix aufgrund derer das automatische Ermitteln der Rückführtrajektorie bezüglich des dynamischen Systemzustandes erfolgt. Insbesondere kann die Rückführmatrix dahingehend verstanden werden, dass diese eine Dynamik beschreibt, wie schnell die Rückführtrajektorie auf die vordefinierte Referenz zurückgeführt wird. Beispielsweise kann die Rückführmatrix vor Fahrtantritt, d. h. offline, berechnet werden. Daher ist die vorliegende Trajektorienplanung echtzeitfähig. Da die Rückführmatrizen für das erfindungsgemäße Verfahren nicht während der Fahrt berechnet werden müssen, ist dieses Verfahren ausreichend diskret und effizient hinsichtlich einer Rechenleistung.
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Der folgende erfindungsgemäße Aspekt weist die vorteilhaften Ausgestaltungen und Weiterbildungen mit den wie vorstehend genannten Merkmalen sowie die generellen Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens und die jeweils damit verbundenen technischen Effekte entsprechend auf. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird deshalb auf eine erneute Aufzählung verzichtet.
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Gemäß einem zweiten Aspekt betrifft die vorliegende Erfindung eine Auswerteeinheit eines Fortbewegungsmittels, wobei die Auswerteeinheit eingerichtet ist, ein Verfahren gemäß dem ersten Aspekt der vorliegenden Erfindung durchzuführen. Die Auswerteeinheit kann insbesondere fix in einer Bordelektronik des Fortbewegungsmittels installiert sein. Insbesondere ist es erfindungsgemäß nicht notwendig, eine Trajektorie über einen externen Server zu planen. Insbesondere ist das erfindungsgemäße Verfahren derart recheneffizient, dass es auf einer Auswerteeinheit eines Fortbewegungsmittels einfach implementiert werden kann.
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Figurenliste
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Nachfolgend werden Ausführungsbeispiele der Erfindung unter Bezugnahme auf die begleitende Zeichnung im Detail beschrieben. In der Zeichnung ist:
- 1 ein Flussdiagramm einer Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens;
- 2 eine Illustration eines Frenet-Koordinatensystems;
- 3 eine Illustration einer Verarbeitung eines Zustandes des erfindungsgemäßen Verfahrens;
- 4 eine Illustration einer Kaskade des erfindungsgemäßen Verfahrens;
- 5a eine Illustration einer Kaskade für eine laterale Trajektorienplanung;
- 5b eine weitere Illustration einer Kaskade für eine laterale Trajektorienplanung;
- 6a eine Illustration einer Kaskade für eine longitudinale Trajektorienplanung;
- 6b eine weitere Illustration einer Kaskade für eine longitudinale Trajektorienplanung;
- 7 eine andere Illustration einer Kaskade für eine Trajektorienplanung; und
- 8 eine Illustration eines regelungstechnischen Ablaufes zur Bildung einer Zustandssumme.
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Ausführungsformen der Erfindung
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1 illustriert ein Flussdiagramm einer Variante eines erfindungsgemäßen Verfahrens. In einem ersten Schritt
100 wird insbesondere ein Hindernis durch das Fortbewegungsmittel
1 sensorisch ermittelt. Im Ansprechen darauf erfolgt in einem zweiten Schritt
200 ein Ermitteln einer Abweichung, welche eine Rückführung auf eine vordefinierte Trajektorie
2 des Fortbewegungsmittels
1 erfordert, durch das Fortbewegungsmittel
1. Eine Trajektorie, welche hierfür nötig ist, wird im Frenet-Koordinatensystem geplant. Ein solches Koordinatensystem mit Fortbewegungsmittel
1 und vordefinierter Trajektorie
2 ist in
2 gezeigt. Dieses Koordinatensystem ist mit dem Fußpunkt
r(s) kinematisch an eine vordefinierte Trajektorie
2 gebunden und beschreibt die Soll-Position und Soll-Orientierung des Fortbewegungsmittels
1 zu jedem Zeitpunkt bezüglich eines Inertialsystems. Dabei beschreibt die longitudinale Koordinate
s(t) die Bogenlänge entlang der vordefinierten Trajektorie
2. Der Abstand des Fortbewegungsmittels
1 senkrecht zur vordefinierten Trajektorie
2 entspricht der lateralen Koordinate
d(t). Zur Beschreibung der Dynamik (d. h. der Abweichung von der vordefinierten Trajektorie
2) des Fortbewegungsmittels
1 in einem derartigen Frenet-Koordinatensystem wird ein Dreifach-Integrator verwendet, wobei der Ruck als Eingangsgröße des Systems aufgefasst wird. Daraus folgt:
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In einem dritten Schritt
300 erfolgt also ein Errechnen einer Eingangsgröße eines Rucks. Hierbei ist t die Zeit. Entsprechend wird dabei angenommen, dass die lateralen und longitudinalen Bewegungen entkoppelt sind. Die Modelle werden anschließend mit dem Zustand x(t) = [d(t) ḋ(t) d̈(t)]
T bzw. x(t) = [s(t) ṡ(t) s̈(t)]
T in den Zustandsraum transformiert. Mit der Anfangsbedingung x
0 = x(0) lautet das Differenzialgleichungssystem nach Gleichung (3)
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Auf Basis der linearen Zustandsraumdarstellung der Längs- und Querdynamik kann nun die Trajektorienplanung erfolgen. Entsprechend 3 wird zunächst in einem ersten Schritt das Problem der unbeschränkten Trajektorienplanung gelöst, bevor anschließend in einem nachgelagerten Schritt Zustands- und Stellgrößenbeschränkungen berücksichtigt werden. Die Nebenbedingungen können insbesondere dabei direkt bezüglich technischer Anforderungen hinsichtlich eines maximalen Rucks, einer maximalen Querbeschleunigung o. ä. abgeleitet werden. In einem vierten Schritt 400 erfolgt ein automatisches Errechnen einer unbeschränkten Stellgröße in Abhängigkeit einer gewichteten Summe umfassend gewichtete Summanden der Zustände. Für eine hochdynamische Trajektorie kann hierbei eine höhere Gewichtung der Zustände bei der Berechnung der Zustandsrückführung mittels LQR-Verfahren vorgenommen werden. Wird hingegen eine komfortablere Trajektorie mit einem geringen Ruck benötigt, kann die Gewichtung des Rucks höher gewählt werden als die Gewichtung der Zustände. Hierbei wird für die Planung einer Rückführtrajektorie eine Zustandsrückführung uc(t) = -K(x* - x(t)) berechnet, welche das System 6, ausgehend von einer Anfangsbedingung x(0) = x0 asymptotisch auf eine vordefinierte Trajektorie 2 stabilisiert, was also bedeutet: x(t) → x*, t → ∞. Dafür muss der Zustand x(t) vollständig bekannt sein, was für die rein modellbasierte Planungsaufgabe jedoch gegeben ist. In einem vierten Schritt 400 erfolgt eine Berechnung der Rückführmatrix K, welche mithilfe einer Polvorgabe oder der LQR-Methode mit endlichem oder unendlichem Horizont oder ähnlichen Methoden durchgeführt wird. Je nach Lage der Pole oder Gewichtung der einzelnen Zustände kann dabei die unbeschränkte Dynamik der Rückführtrajektorie eingestellt werden. Für eine detailliertere Beschreibung dieses Vorgehens sei auf Lunze, J: Regelungstechnik 2: Mehrgrößensysteme Digitale Regelung, Springerverlag, 2013 verwiesen.
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In einem fünften Schritt 500 erfolgt automatisches Errechnen einer beschränkten Stellgröße bezüglich des dynamischen Systemzustands in Abhängigkeit einer vordefinierten Begrenzung und eines aktuellen Zustandes des Fortbewegungsmittels 1. Hierzu erfolgt ein Variieren der unbeschränkten Stellgröße bezüglich des dynamischen Systemzustands in Abhängigkeit einer vordefinierten Beschränkung. Mit anderen Worten wird der Stellgrößenverlauf aus der unbeschränkten Stellgröße derart angepasst, dass Beschränkungen hinsichtlich der Stellgröße und den Zuständen eingehalten werden können. Dies erfolgt insbesondere auf Basis einer Kaskade von Sättigungsgliedern mit zustandsabhängigen oberen und unteren Beschränkungen, wie es zum Beispiel in 4 gezeigt ist. Die Reihenfolge dieser Glieder bzw. Stufen in der Kaskade gibt dabei die Priorisierung der entsprechenden Beschränkungen wieder. Je näher die Beschränkung am Ausgang der Kaskade liegt, desto höher ist die zugehörige Priorität. In 4 wird exemplarisch eine Kaskade mit verschiedenen Stufen 7a bis 7c dargestellt. Hierbei werden z.B. die Priorisierungen von dem ersten Zustand x1 der Integratorkette entlang bis zum Ausgang u höher. Wenn die Beschränkungen für dieses System demnach priorisiert werden, lautet die Reihenfolge: 1. u, 2. x3, 3. x2, 4. x1. Hierbei ist u als Ruck, x4 als Beschleunigung, x2 als Geschwindigkeit und x1 als Position definiert, wobei vier die höchste und eins die niedrigste Priorität beschreibt. Die Reihenfolge der Sättigung kann im Allgemeinen aber frei gewählt werden. Die Priorisierung der Beschränkungen besitzt den Vorteil, dass, wenn eine Einhaltung aller Beschränkungen physikalisch nicht mehr möglich sein sollte, automatisch die Beschränkung mit der niedrigsten Priorität verletzt wird, um trotzdem eine Lösung finden zu können. Konkret bedeutet dies, dass zum Beispiel ein Komfortkriterium verletzt wird, um ein Sicherheitskriterium einzuhalten.
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Die Berechnung der zustandsabhängigen Sättigung stellt sich dabei wie folgt dar: Zunächst werden die zeitabhängigen und polytopen Zustandsbeschränkungen
für die Zustände mit F ∈ ℝ
n
cx3 und g ∈ ℝ
n
c definiert, wobei n
c die Anzahl der Zustandsbeschränkungen ist. Die zeitabhängige Stellgrößenbeschränkung wird durch Gleichung (5) ausgedrückt
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Hierbei ist u
min der minimale Ruck und u
max der maximale Ruck. Die Berechnung aller Stellgrößen zur Einhaltung der oberen und unteren Beschränkungen erfolgt durch Gleichungen (6) und (7)
für die Sättigungskaskade mit der unbeschränkten Stellgröße als Eingang entsprechend dem in Joos, S.; Bitzer, M.; Karrelmeyer, R.; Graichen, K.: „Prioritization-based switched feedback control for linear SISO systems with time-varying state and input constraints“ in European Control Conference (ECC), Limassol, Zypern, 2018, S. 2935 - 2940 beschriebenen Vorgehen und unter Berücksichtigung der vorab definierten Zustands- und Stellgrößenbeschränkungen aus Gleichungen (4) und (5). Hierbei sind γ
⊕,in, γ
⊕,1, .., γ
⊕,n
c,+ die berechneten Maximalwerte der Sättigungskaskade. γ
⊖,in, γ
⊕,1, ..., γ
⊖,n
c,- sind die berechneten Minimalwerte der Sättigungskaskade. In einem weiteren Schritt erfolgt eine Anpassung der unbeschränkten Stellgröße entsprechend der Priorisierung der Beschränkungen in der Kaskade. Falls die Beschränkungen zu keinem Zeitpunkt aktiv werden, verändert die Kaskade die unbeschränkte Stellgröße nicht. Dann erfolgt ein Aufschalten der resultierenden Stellgröße auf das Modell der Längs- bzw. Querdynamik gemäß Gleichung (3). Die beschränkte Stellgröße aus dem Ausgang der Sättigungskaskade wird anschließend dreifach integriert, um die beschränkte Trajektorie zu erhalten. In einem siebten Schritt
700 erfolgt schließlich ein automatisches Steuern des Fortbewegungsmittels
1 über die beschränkte Rückführtrajektorie bezüglich des dynamischen Systemzustands zurück auf die vordefinierte Trajektorie
2.
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3 zeigt ein Ablaufdiagramm umfassend einen Zustandsregler 4, eine Berücksichtigung der Beschränkungen 5 und ein System 6. Die Eingangsgröße des Zustandsreglers 4 ist zunächst die Abweichung von Soll- und Ist-Zustand. Die Ausgangsgröße (Ruck) des Zustandsreglers 4 ist die unbeschränkte Stellgröße, welche durch die Berücksichtigung der Beschränkungen 5 beschränkt wird. Somit wird eine beschränkte Stellgröße erhalten, welche dreifach integriert wird, um die beschränkte Rückführtrajektorie zu erhalten, welche dann auf das System 6, d.h. das Fortbewegungsmittel 1 wirkt.
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4 zeigt eine Kaskade gemäß Joos, S.; Bitzer, M.; Karrelmeyer, R.; Graichen, K.: „Prioritization-based switched feedback control for linear SISO systems with time-varying state and input constraints" in European Control Conference (ECC), Limassol, Zypern, 2018, S. 2935 - 2940. Hierbei sind die Stufen 7a, 7b, 7c der Kaskade gezeigt. Hierbei ist die Stufe 7b gegenüber die Stufe 7a und die Stufe 7c gegenüber der Stufe 7b priorisiert. Mit anderen Worten wird eine Beschränkung der Stufe 7a in Stufe 7b aufgehoben, wenn aufgrund der Kaskade eine nichtlösbare Aufgabe der sich in der Kaskade befindlichen Stellgröße entstehen würde.
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5a zeigt eine Illustration einer Lösung einer LQR-Methode für die laterale Trajektorienplanung unter Berücksichtigung von oberen und unteren Beschränkungen 8a bis 8d bzw. 9a bis 9d. Hierbei ist die resultierende lokale Trajektorie des Zustandes der Position 10a in der obersten Abbildung für die Position des Fortbewegungsmittels 1 gezeigt. Weiterhin ist die vordefinierte, globale Trajektorie 2 gestrichelt dargestellt. Hierbei nähert sich der Verlauf der resultierenden lokalen Trajektorie, d.h. der variierten Rückführtrajektorie, asymptotisch der vordefinierten Trajektorie 2. Hierbei ist folgende Priorisierung für die dynamischen Systemzustände gegeben: 1. Ruck, 2. Beschleunigung, 3. Geschwindigkeit, 4. Position. Dies bedeutet mit anderen Worten, dass der Ruck des Fortbewegungsmittels 1 die höchste Priorität und die Position des Fortbewegungsmittels 1 die niedrigste Priorität aufweist. Hierbei wird die Beschränkung des ersten bis vierten Zustandes 10a bis 10d von oben nach unten durchgeführt. Eine andere Priorisierung weist hierbei 5b auf, wobei die Position die höchste Priorisierung, die Geschwindigkeit die zweithöchste Priorisierung, die Beschleunigung die dritthöchste Priorisierung und der Ruck die vierthöchste Priorisierung aufweisen.
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6a zeigt die Lösung einer LQR-Methode für die longitudinale Trajektorienplanung unter Berücksichtigung von oberen und unteren Beschränkungen 8a bis 8d und 9a bis 9d. Hierbei ist der erste Zustand 10a bezüglich der Position unbeschränkt. Der zweite Zustand 10b nähert sich asymptotisch an die vordefinierte Trajektorie 2 an. Hierbei sind die oberen Beschränkungen 8b bis 8d und die unteren Beschränkungen 9b bis 9d der Zustände 10a bis 10d ebenfalls gezeigt. Die Priorisierung in 6a lautet wie folgt: 1. Ruck, 2. Beschleunigung, 3. Geschwindigkeit. 6b zeigt eine Trajektorienplanung bezüglich eines Zustandes 10a bis 10d für die longitudinale Trajektorienplanung. Hierbei sind die ersten bis dritten Zustände 10a bis 10c wie folgt priorisiert: 1. Geschwindigkeit, 2. Beschleunigung und 3. Ruck.
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7 zeigt eine weitere Variante einer Sättigungskaskade. Hierbei durchläuft die unbeschränkte Stellgröße von oben nach unten die einzelnen Sättigungsfunktionen, die den Beschränkungen der einzelnen Zustände 10a bis 10d (von oben nach unten: Position, Geschwindigkeit, Beschleunigung sowie Ruck) zugeordnet werden können. Hierbei ist in jedem der ersten vier Bilder von oben nach unten je eine Beschränkungskaskade gezeigt. Sind unterschiedliche Beschränkungen konkurrierend, d.h. es gibt keine Lösung für alle Beschränkungen der Kaskade, so ist die Beschränkung, welche später in der Kaskade auftritt dominant, da diese Anpassungen die vorangegangenen Sättigungsschritte überschreiben. Hierbei ist der jeweilige Zustand 10a-10d, welcher außerhalb der oberen und unteren Beschränkungen 8a bis 8d bzw. 9a bis 9d verläuft, gestrichelt eingezeichnet. Durch die Beschränkungskaskade werden diese außerhalb verlaufenden Stellgrößen dahingehend angepasst, dass diese die Beschränkungen einhalten. Dies wird durch die durchgezogenen Linien der Zustände 10a bis 10d gezeigt, welche innerhalb der oberen und unteren Beschränkungen 8a bis 8d bzw. 9a bis 9d verlaufen. Aus den Beschränkungen 8a bis 8d bzw. 9a bis 9d resultiert die beschränkte Trajektorie 10e für die Rückführung auf die vordefinierte Trajektorie 2.
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8 zeigt ein Ablaufdiagramm zur Bildung einer Zustandssumme. Hierfür können der Zustand x3 eine Beschleunigung, der Zustand x2 eine Geschwindigkeit und der Zustand x1 eine Position des Fortbewegungsmittels darstellen. Hierbei wird der Ruck u nicht für die Bildung der Zustandssumme berücksichtigt. Mit anderen Worten erhält der Ruck u einen Gewichtungssummanden von 0. Am Eingang der Beschränkung 5 wird eine Zustandssumme der Zustände x1 bis x3 gebildet. Hierbei kann jeder dieser Zustände x1 bis x3 eine andere Gewichtung. Je nach Wunsch, welcher Zustand stärker bzw. schwächer berücksichtigt werden soll, kann der jeweilige Zustand stärker bzw. schwächer gewichtet werden. Als Ausgang aus der Beschränkung 5 wird der Ruck erhalten. Dieser wird zeitlich integriert, um den Zustand x1 zu erhalten. Ferner wird der Zustand x1 integriert, um den Zustand x2 zu erhalten usw. Hierbei wirkt insbesondere x1 auf den Regler des Fortbewegungsmittels 1. Insbesondere kann auf diese Weise für jeden Zeitpunkt t eine beschränkte Stellgröße für den Regler bestimmt werden, um das Fortbewegungsmittel 1 auf die vordefinierte Trajektorie 2 zurück zu führen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Joos, S.; Bitzer, M.; Karrelmeyer, R.; Graichen, K.: „Prioritization-based switched feedback control for linear SISO systems with time-varying state and input constraints“ in European Control Conference (ECC), Limassol, Zypern, 2018, S. 2935 - 2940 [0023]