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Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung von Halbleiterscheiben aus Silicium, umfassend das Ziehen eines Einkristalls aus einer in einem Tiegel enthaltenen Schmelze und das Abtrennen von Halbleiterscheiben von dem gezogenen Einkristall, wobei während des Ziehens des Einkristalls Wärme zu einem Zentrum des wachsenden Einkristalls an der Grenze zur Schmelze geleitet wird und ein CUSP-Magnetfeld an die Schmelze angelegt wird. Gegenstand der Erfindung ist auch eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens.
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Ein solches Verfahren wird auch als MCZ-Verfahren bezeichnet, weil die Herstellung des Einkristalls nach der Czochralski-Methode erfolgt und die Schmelze einem Magnetfeld ausgesetzt wird. Magnetfelder werden schon seit langem eingesetzt, um Schmelzenströme beeinflussen zu können. Bei der industriellen Fertigung von Einkristallen aus Silicium werden besonders häufig horizontale Magnetfelder oder sogenannte CUSP-Felder verwendet. In der
JP 61-222984 ist eine Vorrichtung zum Ziehen von Einkristallen nach der Czochralski-Methode unter Einprägen eines statischen Magnetfelds in die Schmelze beansprucht, das die Temperaturverteilung in der Schmelze optimiert und Konvektion dämpft. Das CUSP-Magnetfeld wird von sich gleichpolig gegenüberliegenden Magnetspulen erzeugt, die koaxial zur Ziehachse des Einkristalls angeordnet sind.
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In der
WO 2006/073614 A1 wird der Einfluss der Feld-Komponenten eines CUSP-Magnetfelds untersucht. Die Druckschrift lehrt, ein asymmetrisches Magnetfeld zu erzeugen und Verlauf des MCZ-Verfahrens zu ändern, um damit die Form der Phasengrenze zwischen Einkristall und Schmelze zu beeinflussen.
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Im Artikel „Flow and temperature field in molten silicon during Czochralski crystal growth in a cusp magnetic field” (Watanabe et al., Journal of Crystal Growth 193 (1998), pp. 402–412) wird der Einfluss der axialen Lage des Zentrums eines CUSP-Magnetfelds untersucht. Bei einer Position des Zentrums in der Schmelze wurde eine homogenere Verteilung der Sauerstoff-Konzentration im Einkristall beobachtet, als bei davon abweichenden Positionen. Die
US 6,048,779 beschreibt eine ähnliche Untersuchung und kommt zu dem Ergebnis, dass sich das Profil der Sauerstoff-Konzentration vergleichmäßigen lässt, indem das Zentrum des CUSP-Magnetfelds in die Schmelze gelegt wird.
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In der
DE 103 39 792 A1 sind MCZ-Verfahren zur Herstellung von Einkristallen aus Silicium beschrieben, die bezüglich ihrer Defekteigenschaften optimiert sind. Im Fokus der Betrachtungen stehen intrinsische Punktdefekte und deren Ansammlungen (Agglomerate) sowie das Voronkov-Modell, das Voraussagen über die Bildung solcher Defekte ermöglicht. Bei den intrinsischen Punktdefekten unterscheidet man Silicium-Zwischengitteratome (engl. „interstitials”) und Leerstellen (engl. „vacancies”). Geraten Punktdefekte beim Abkühlen des Einkristalls in Übersättigung bilden Silicium-Zwischengitteratome Ansammlungen, die sich in Form von Versetzungsschleifen (engl. „dislocation loops”, A-Swirl-Defekte, LPITs) und kleineren Clustern (B-Swirl-Defekte) nachweisen lassen. Leerstellen bilden bei Übersättigung Leerstellen-Ansammlungen (engl. „voids”), die je nach Nachweismethode unter anderem COP-Defekte (engl. „crystal originated particles”, FPD (engl. „flow pattern defects”), LLS (engl. „localized light scatterer”) oder auch DSOD („Direct Surface Oxide Defects”) genannt werden. Es muss darauf geachtet werden, dass Halbleiterscheiben aus Silicium im für die Herstellung der Bauelemente relevanten Bereich keine A-Swirl-Defekte aufweisen und möglichst frei von COP-Defekten sind, deren Größe im Bereich der Strukturbreiten der Bauelemente oder darüber liegt. Halbleiterscheiben, die diesem Erfordernis genügen, werden häufig als defektfrei oder perfekt bezeichnet, obwohl ihr Kristallgitter in der Regel kleinere COP-Defekte oder B-Swirl-Defekte oder beide Defekttypen enthält. Nach dem Voronkov-Modell hängt es beim Ziehen des Einkristalls im Wesentlichen vom Verhältnis aus der Ziehgeschwindigkeit V, mit der der Einkristall aus der Schmelze gezogen wird, und dem axialen Temperaturgradienten G an der Phasengrenze zwischen dem wachsenden Einkristall und der Schmelze ab, welcher intrinsische Punktdefekt-Typ im Überschuss in das Kristallgitter eingebaut wird. Unterschreitet das Verhältnis einen kritischen Wert, entsteht ein Überschuss an Silicium-Zwischengitteratomen. Wird der kritische Wert überschritten, überwiegen die Leerstellen. Ist ein Überschuss von Leerstellen vorhanden, hängt die Größe der sich bildenden COP-Defekte im Wesentlichen von zwei Prozessparametern ab, nämlich dem bereits erwähnten Verhältnis von V/G und von der Geschwindigkeit, mit der der Einkristall im Bereich von ungefähr 1100°C bis 1000°C, der Nukleationstemperatur von Leerstellen-Ansammlungen, abkühlt. Die COP-Defekte werden demnach umso kleiner, je näher das Verhältnis V/G am kritischen Wert liegt und je schneller der Einkristall in dem genannten Temperaturbereich abkühlt. In der Praxis wird daher angestrebt, die beiden Prozessparameter während des Ziehens des Einkristalls so zu kontrollieren, dass die durch Übersättigung von Leerstellen entstehenden Defekte ausreichend klein bleiben, um bei der Herstellung von elektronischen Bauelementen nicht zu stören. Da die Strukturbreiten der Bauelemente mit jeder Generation abnehmen, sinkt die noch tolerierbare Defektgröße entsprechend.
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Durch Korrosion des Quarztiegels wird Sauerstoff in die Schmelze eingetragen. Der Sauerstoff bildet im Einkristall kleine Ausscheidungen, sogenannte Präzipitate (engl. „as grown bulk micro defects”, BMD). Diese sind in einem gewissen Umfang erwünscht, weil sie im Inneren der Siliciumscheibe (engl. „bulk”) sitzend metallische Verunreinigungen von der Oberfläche abziehen (gettern) können.
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Wird der Einkristall unter Bedingungen gezogen, bei denen das Verhältnis V/G nur geringfügig über dem kritischen Wert liegt, bilden sich in der Folge der Wechselwirkung von Leerstellen und Sauerstoffatomen auch Keime, aus denen OSF-Defekte (engl. „oxidation induced stacking faults”) hervorgehen. Die Präsenz eines Gebiets mit solchen Keimen (OSF-Gebiet) wird üblicherweise nachgewiesen, indem eine vom Einkristall abgetrennte Halbleiterscheibe für einige Stunden einer Oxidation in nassem Sauerstoff bei ungefähr 1000°C unterzogen wird, wodurch OSF-Defekte gebildet werden. Da dieser Defekttyp ebenfalls nachteilig für die Funktionstüchtigkeit von elektronischen Bauelementen ist, ist man bestrebt, ihre Bildung zu unterdrücken, beispielsweise, indem die Konzentration von Sauerstoff in der Schmelze soweit herabgesetzt wird, dass im Einkristall weniger Sauerstoff eingelagert wird, als es zur Bildung von OSF-Defekten erforderlich wäre. Das OSF-Gebiet kann auch durch Veränderung von V/G vermieden werden, beispielsweise indem höhere oder niedrigere Ziehgeschwindigkeiten verwendet werden. Außerdem kann die Ausbildung von OSF-Keimen durch höhere Abkühlraten (im Temperaturbereich der Präzipitation bei 900°C) vermindert werden.
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Halbleiterscheiben aus Silicium werden im Kontext der Erfindung als defektarm bezeichnet, sofern keine OSF-Defekte nachweisbar sind und mindestens 75% der Oberfläche im Wesentlichen frei ist von A-Swirl-Defekten und COP-Defekten mit einer Größe von größer als 30 nm.
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Besondere Schwierigkeiten bei der Kontrolle des Verhältnisses V/G ergeben sich aus dem Umstand, dass der Einkristall am Rand üblicherweise schneller abkühlt, als im Zentrum, weshalb das Verhältnis V/G vom Zentrum zum Rand hin abnimmt. Das kann trotz einer entsprechenden Kontrolle dazu führen, dass sich im Zentrum unakzeptabel große COP-Defekte und/oder im Randbereich A-Swirl-Defekte bilden. Die Abhängigkeit von G vom radialen Abstand r, G(r), muss daher insbesondere dann berücksichtigt werden, wenn Halbleiterscheiben aus Silicium mit einem Durchmesser von 200 mm, 300 mm oder größer hergestellt werden sollen. Ebenso müssen Schwankungen von V/G in Abhängigkeit der kristallisierten Schmelzenmenge berücksichtigt werden.
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Um radiale Schwankungen des axialen Temperaturgradienten G an der Phasengrenze zu beschränken, wird in der oben erwähnten
DE 103 39 792 A1 vorgeschlagen, einen zum Zentrum der Phasengrenze gerichteten Schmelzenstrom zu bewirken. Dies wird beispielsweise dadurch erreicht, dass der Einkristall und der Tiegel gleichsinnig gedreht werden und ein CUSP-Magnetfeld an die Schmelze angelegt wird. Die dadurch zum Zentrum des Einkristalls zusätzlich zugeführte Wärme erhöht dort den axialen Temperaturgradienten und vergleichmäßigt seinen radialen Verlauf. Es hat sich jedoch herausgestellt, dass diese Maßnahmen der radialen Homogenisierung von G alleine nicht ausreichen, um hohe Ausbeuten an defektarmen Halbleiterscheiben zu erreichen. So stellt man häufig fest, dass insbesondere Halbleiterscheiben von schnell gezogenen Einkristallen in ihrem Zentrum ein breites Gebiet mit unakzeptabel großen COP-Defekten aufweisen.
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Es bestand daher die Aufgabe, ein MCZ-Verfahren zu entwickeln, mit dem defektarme Halbleiterscheiben mit verbesserter Ausbeute hergestellt werden können.
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Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren gemäß Anspruch 1. Das Verfahren verbessert insbesondere die Ausbeute an defektarmen Halbleiterscheiben aus Silicium mit einem Durchmesser von 300 mm oder größer. Dies trifft vor allem dann zu, wenn mit vergleichsweise hohen Ziehgeschwindigkeiten von über 0,35 mm/min gezogen wird. Das Verfahren zeigt insbesondere für diese Fälle einen Weg auf, wie ein Gebiet mit großen COP-Defekten im Zentrum der Halbleiterscheibe verkleinert oder vermieden werden kann.
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Die Erfinder haben durch intensive Studien festgestellt, dass der radiale Verlauf des Verhältnisses V/G wirksamer vergleichmäßigt werden kann, wenn die neutrale Fläche des CUSP-Magnetfeldes die Ziehachse des Einkristalls in einem Abstand von 50 mm bis 150 mm über der Oberfläche der Schmelze schneidet. Durch diese Maßnahme bleibt der zum Zentrum der Phasengrenze Wärme transportierende Schmelzenstrom stärker auf dieses Zentrum fokussiert. Es ist bevorzugt, die neutrale Fläche des CUSP-Magnetfeldes so zu legen, dass sie die Ziehachse des Einkristalls in einem Abstand von der Oberfläche der Schmelze schneidet, der im Bereich von 80 bis 140 mm liegt. Die Lage der neutralen Fläche lässt sich über die horizontale Anordnung der Magnetspulen und über das Verhältnis der Feldstärken der Felder der oberen und unteren Magnetspule steuern. Die neutrale Fläche liegt beispielsweise umso entfernter von der Oberfläche der Schmelze, je größer der Abstand der oberen Magnetfeldspule von der Oberfläche der Schmelze ist und je niedriger die Feldstärke des Feldes der oberen Magnetfeldspule im Verhältnis zur unteren Magnetfeldspule ist. Die neutrale Fläche des CUSP-Magnetfeldes bezeichnet die Orte zwischen den Magnetfeldspulen, an denen die axiale Komponente des CUSP-Magnetfeldes null ist.
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Die vorliegende Erfindung wird nachfolgend mit Hilfe von Figuren näher erläutert.
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In 1a ist schematisch die Temperaturverteilung in einem aus der Schmelze gezogenen Einkristall abgebildet. Der Abstand der Isothermen in der Nähe der Phasengrenze gibt den axialen Temperaturgradienten G wieder, dessen radiale Variation G(r) von großer Bedeutung für die Defektbildung ist. Üblicherweise wird durch die hohe Abstrahlung am Kristallrand der Temperaturgradient sehr hoch, der Einkristall kühlt also schnell ab (Temperaturabnahme pro Länge).
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In 1b zeigt die gemäß dem Voronkov-Modell zu erwartende radiale Defektverteilung, die im Wesentlichen vom Wert des von der Ordinate repräsentierten Verhältnisses aus Ziehgeschwindigkeit V und axialem Temperaturgradienten G an der Phasengrenze bestimmt wird. Befindet sich dieser Wert während des Ziehens des Einkristalls im mit II bezeichneten Bereich, sind der Einkristall und die daraus abgetrennten Halbleiterscheiben frei von A-Swirl-Defekten und großen COP-Defekten. Die obere Grenze des Bereichs II bezeichnet das niedrigste V/G-Verhältnis, bei dessen Überschreitung Ansammlungen von Leerstellen gebildet werden, die größer als 30 nm sind. Unter dieser Grenze werden nur noch kleinere COP-Defekte (engl. „small COPs”) gebildet. Die untere Grenze des Bereichs II bezeichnet das höchste V/G-Verhältnis, bei dessen Unterschreitung A-Swirl-Defekte gebildet werden. Über dieser Grenze werden nur noch B-Swirl-Defekte gebildet. Zwischen der oberen Grenze und der mit Ccrit gekennzeichneten Grenze befindet sich das OSF-Gebiet, in dem OSF-Defekte nachgewiesen werden können, sofern keine Maßnahmen zur Begrenzung der Einlagerung von Sauerstoff in den Einkristall getroffen wurden. Die mit Ccrit gekennzeichnete Grenze bezeichnet das V/G-Verhältnis, bei dem weder Leerstellen noch Silicium-Zwischengitteratome im Überschuss vorhanden sind.
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Das erfindungsgemäße Verfahren dient dazu, bei einem gewählten Verhältnis V/G möglichst viele defektarme Halbleiterscheiben von einem Einkristall zu erhalten. Der radiale Verlauf von V/G muss daher soweit homogenisiert sein, dass das Verhältnis nicht im Bereich der Bildung von A-Swirl-Defekten (Bereich III) und möglichst auch nicht im Bereich der Bildung großer COP-Defekte (Bereich I) liegt. Erfindungsgemäß wird dies erreicht, indem an die Schmelze ein CUSP-Magnetfeld angelegt wird, dessen neutrale Fläche dort, wo sie die Ziehachse schneidet, einen Abstand von 50 mm bis 150 mm über der Oberfläche der Schmelze hat.
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2 zeigt schematisch den Zusammenhang zwischen der axialen Lage der neutralen Fläche und der Bildung von COP-Defekten mit einer Größe von größer als 30 nm für Ziehgeschwindigkeiten um 0,38 mm/min. Schneidet die neutrale Fläche die Ziehachse unter der Oberfläche der Schmelze, also an einer Stelle, die auf der gezeigten Skala kleiner als 0 liegt, werden unakzeptabel große und viele COP-Defekte nachgewiesen. Das ist auch dann noch der Fall, wenn der Schnittpunkt im Bereich der Oberfläche der Schmelze liegt. Erst wenn der Schnittpunkt im Sinne der Erfindung angehoben wird und so die Zufuhr von Wärme besser auf das Zentrum des Einkristalls konzentriert wird, geht die Anzahl großer COP-Defekte deutlich zurück. Liegt die neutrale Fläche mehr als ungefähr 150 mm über der Oberfläche der Schmelze, wächst der Einkristall nicht mehr rund.
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Bevorzugte Ausführungsformen des Verfahrens sehen eine oder mehrere zusätzliche Maßnahmen zur radialen Homogenisierung des axialen Temperaturgradienten G vor. Eine davon ist, dass der Einkristall und der die Schmelze enthaltende Tiegel während des Ziehens des Einkristalls gleichsinnig und der Einkristall schneller als der Tiegel gedreht werden. Beim Ziehen eines Einkristalls zur Herstellung von Halbleiterscheiben mit einem Durchmesser von 300 mm hat es sich als besonders günstig erwiesen, wenn die Drehzahl des Einkristalls im Bereich von 6 bis 10 U/min und die des Tiegels im Bereich von 1 bis 4 U/min liegen. Eine möglichst hohe Differenz der Drehzahlen ist hierbei besonders bevorzugt. Allerdings darf der Einkristall auch nicht zu schnell gedreht werden, weil er sich sonst verformen wird, das heißt unrund wird und damit große Schwierigkeiten oder Verluste bei der weiteren Verarbeitung zu Siliciumscheiben bereitet. Eine andere zusätzliche Maßnahme besteht darin, dass der Abstand, den der untere Rand eines üblichen, den Einkristall umgebenden Hitzeschildes zur Oberfläche der Schmelze hat, mindestens 10 mm, vorzugsweise 25 bis 50 mm beträgt.
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Des Weiterensieht die Erfindung eine ringförmige Heizquelle vor, wie sie beispielsweise in der schon zitierten
DE 103 39 792 A1 beschrieben ist. Sie wird eingesetzt, um den an die Oberfläche der Schmelze angrenzenden Rand des Einkristalls zu erhitzen. Damit lässt sich der Wärmeeintrag im Außenbereich des erstarrenden Einkristalls und damit der axiale Temperaturgradient G in diesem Bereich recht genau steuern und an sich ändernde thermische Verhältnisse anpassen, was über den Abstand zwischen Hitzeschild und Schmelzenoberfläche nicht oder nur schwer durchführbar ist. Eine solche gesteuerte Wärmezufuhr im Randbereich des Einkristalls ist zweckmäßig, weil sich die geometrischen und damit die thermischen Verhältnisse mit der Länge des Einkristalls und der abnehmenden Schmelzenmenge ändern.
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Nach dem Voronkov-Modell müssen zur Steigerung des axialen Gradienten G beim Ziehen des Einkristalls die Ziehgeschwindigkeit V und der axiale Temperaturgradient G gleichermaßen angehoben werden. Allgemein wird eine Erhöhung des Temperaturgradienten durch stärkeres Abkühlen des Einkristalls erreicht, indem beispielsweise Hitzeschilder und Kühler verwendet werden, die den Einkristall umgeben. Ungünstigerweise wird durch das Kühlen und die höheren Ziehgeschwindigkeiten der radiale Verlauf des Temperaturgradienten G(r) inhomogener. Um mit besonders hohen Ziehgeschwindigkeiten operieren zu können, sollte daher möglichst intensiv Wärme aus der Schmelze zum Zentrum des wachsenden Einkristalls geleitet werden. Der Wärmetransport erfolgt im Wesentlichen durch einen vom Tiegelboden zum Zentrum der Phasengrenze gerichteten Schmelzenstrom. Ein kleinerer Anteil kann auch direkt über Wärmeleitung eingetragen werden.
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Zur Realisierung besonders hoher Ziehgeschwindigkeiten wird erfindungsgemäß eine bewegliche Heizquelle verwendet, die während des Ziehens des Einkristalls mit dem Tiegel angehoben wird und die einen in der Mitte liegenden Bereich des Tiegelbodens erhitzt. Dadurch, dass die Heizquelle mit dem Tiegel angehoben wird, wird keine zusätzliche Heizleistung benötigt, weil kein Leistungsverlust durch einen zunehmenden Abstand zwischen der Heizquelle und dem Tiegelboden kompensiert werden muss. Die zentrierte geometrische Anordnung der Heizquelle im Tiegelboden unterstützt die Ausbildung des zentralen, Wärme transportierenden Schmelzenstromes. Zusätzlich wird der Tiegelboden mit Hilfe einer Heizquelle erhitzt, die unter dem Tiegel stationär angeordnet ist und daher beim Ziehen des Einkristalls nicht zusammen mit dem Tiegel angehoben wird. Zusammen mit einem üblichen Seitenheizer, der den Tiegel umschließt, wird so auf verschiedenen Wegen Wärme zum Zentrum der Phasengrenze geführt. Die Gesamtheizleistung wird auf die Heizquellen aufgeteilt. Zur Herstellung defektarmer Halbleiterscheiben mit Durchmessern von 300 mm mit hoher Produktivität wird die Heizleistung auf die Heizquellen vorzugsweise in folgender Weise aufgeteilt. Die Heizleistung des Seitenheizers liegt im Bereich von 75% bis 85%, die der ringförmigen Heizquelle bei 6% bis 12%, die der stationären Heizquelle im Bereich von 5% bis 10% und die der beweglichen Heizquelle im Bereich von 4% bis 8% der Gesamtleistung. Der mit zusätzlicher Wärme beaufschlagte Bereich im Tiegelboden hat vorzugsweise einen Durchmesser von maximal der Hälfte des Kristalldurchmessers. Die Temperaturverteilung sollte im genannten Bereich rotationssymmetrisch sein.
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Üblicherweise wird die Heizleistung des Seitenheizers über die Länge des Einkristalls so gesteuert, dass die gewünschte Ziehgeschwindigkeit und der Kristalldurchmesser zugleich erreicht und eingehalten werden können.
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Dem Einkristall wird vorzugsweise auch Wärme durch Kühlung entzogen. Damit wird die gesamte Abkühlrate des Einkristalls beeinflusst und der axiale Temperaturgradient G insgesamt erhöht. Außerdem wird die Nukleation von Leerstellen-Ansammlungen im dafür relevanten Temperaturbereich (Schmelzpunkt bis etwa 1000°C) beeinflusst. Je höher die Abkühlrate ist, desto kleiner wird die Größe der sich bildenden COP-Defekte. Zur effektiven Kühlung eignet sich besonders ein wassergekühlter Wärmetauscher, der um den Einkristall herum angeordnet ist und Sicherheitsmerkmale aufweist, wie sie in der
EP 725169 A1 beschrieben sind. Seine dem Einkristall zugewandte Innenfläche ist vorzugsweise geschwärzt, so dass möglichst wenig Strahlungswärme zum Einkristall reflektiert wird. Der Emissionsgrad ε der Innenfläche beträgt vorzugsweise, mindestens 0,75. Die dem Einkristall zugewandte Innenfläche beträgt mindestens 2500 cm
2.
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Bevorzugte Ausführungsformen des Verfahrens sehen auch eine oder mehrere Maßnahmen zur Kontrolle der Sauerstoff-Konzentration im Einkristall vor. Die Sauerstoff-Konzentration im Einkristall sollte kontrolliert werden und vorzugsweise ausreichend niedrig sein, damit keine OSF-Defekte gebildet werden, auch wenn der Einkristall bei einem Verhältnis V/G gezogen wird, das gemäß dem Voronkov-Modell die Bildung solcher Defekte fördert. Andererseits sollte vorzugsweise auch ausreichend Sauerstoff vorhanden sein, damit genügend Nukleationszentren für Sauerstoffpräzipitate vorhanden sind. Es ist bekannt, dass die Bildung von Nukleationszentren für Sauerstoffpräzipitate und letztendlich auch die Getterfähigkeit gesteigert werden kann, wenn zusätzlich mit Stickstoff und/oder Kohlenstoff dotiert wird. Es kann daher gegebenenfalls zusätzlich mit Stickstoff und/oder Kohlenstoff dotiert werden, solange dies nicht zur Bildung von OSF-Defekten führt. Es ist außerdem bekannt, dass die Spanne, innerhalb der sich V/G bei der Herstellung defektarmer Halbleiterscheiben bewegen kann, größer wird, wenn der Einkristall mit Stickstoff, Kohlenstoff oder Wasserstoff oder einer Kombination dieser Elemente zusätzlich dotiert wird. Was die Sauerstoff-Konzentration betrifft, ist eine Konzentration nach ASTM-Norm F121-83 im Bereich von vorzugsweise 5 × 1017 Atome/cm3 bis 6,5 × 1017 Atome/cm3 anzustreben, sofern keine zusätzliche Dotierung mit Stickstoff und/oder Kohlenstoff vorgesehen ist.
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Die Sauerstoff-Konzentration wird vorzugsweise kontrolliert über die von den Magnetspulen erzeugte Feldstärke, über den Druck in der Ziehanlage und über die Durchflussmenge pro Zeiteinheit, mit der ein Inertgas wie beispielsweise Argon durch die Ziehanlage geleitet wird. Der Sauerstoffgehalt im Einkristall ist abhängig von den Schmelzenströmen. Bei einer gleichsinnigen Drehung von Einkristall und Tiegel führt beispielsweise eine erhöhte Tiegeldrehung zu einem geringeren Sauerstoffgehalt. Besonders bevorzugt sind Feldstärken im Bereich der Ziehachse von mindestens 10 mT (7960 A/m) bis 80 mT (63700 A/m) in der Schmelze, sowie ein Druck-Durchflussverhältnis von 0,004 bis 0,03 mbar/(l/h). Bei zu geringer Feldstärke wird die den Schmelzenstrom zum Zentrum der Phasengrenze führende Wirkung verschwinden, der Schmelzenstrom divergieren und seine homogenisierende Wirkung im Zentrumsbereich der Phasengrenze nicht mehr entfalten.
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In den 3a und 3b ist der Einfluss dargestellt, den die Feldstärke des CUSP-Magnetfeldes und die Tiegeldrehung bei gleichsinniger Drehung des Einkristalls auf die Sauerstoffkonzentration im Einkristall haben. Das Verhältnis von Druck zu Durchfluss bestimmt zwar den Sauerstoffgehalt mit, muss aber gleichzeitig so gewählt werden, dass ein effektiver Abtransport der Partikel und Kondensate aus dem Gasraum über dem Tiegel garantiert ist. Andernfalls können Partikel in die Schmelze und zur Phasengrenze gelangen und dort Kristallversetzungen verursachen. Die Herstellung defektarmer Einkristalle mit Durchmessern von mindestens 300 mm bei hohen Ziehgeschwindigkeiten wird bevorzugt unter einem hohen Druck von mindestens 40 mbar, besonders bevorzugt mindestens 80 mbar, durchgeführt. Dadurch kann die Abkühlrate im Temperaturbereich der Nukleation von Leerstellen-Ansammlungen zusätzlich etwas erhöht werden, so dass noch kleinere Defekte ausgebildet werden.
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In 4 ist eine erfindungsgemäße Ziehvorrichtung gezeigt, mit der Einkristalle, die defektarme Halbleiterscheiben in hohen Ausbeuten liefern, auch unter Verwendung vergleichsweise hoher Ziehgeschwindigkeiten bis über 0,55 mm/min in Richtung a aus einer Schmelze gezogen werden können. Die Drehung des Einkristalls und des Tiegels erfolgt um gleichsinnige Drehrichtungen b und c. Die Vorrichtung umfasst einen eine Schmelze enthaltenden Tiegel 8, der von einem Seitenheizer 6 umgeben ist. Der aus der Schmelze gezogene Einkristall 9 wird durch ein ihn umgebendes Hitzeschild 2 vor Strahlungswärme abgeschirmt. Das CUSP-Magnetfeld wird von zwei sich gegenüberliegenden Magnetfeldspulen 5 erzeugt, die koaxial zum Tiegel und zur Ziehachse des Einkristalls angeordnet sind. Die neutrale Fläche 10 des CUSP-Magnetfeldes schneidet die Ziehachse im Abstand d zur Oberfläche der Schmelze. Der Abstand beträgt 50 bis 150 mm. Die Ziehvorrichtung umfasst des Weiteren einen mit dem Tiegel anhebbaren Bodenheizer 4 der Wärme liefert, die der zu einem Zentrum des wachsenden Einkristalls gerichteter Schmelzenstrom 11 transportiert. Die axiale Lage der neutralen Fläche des CUSP-Magnetfeldes über der Oberfläche der Schmelze trägt maßgeblich dazu bei, dass der Schmelzenstrom 11 das Zentrum fokussiert erreicht, das heißt, beim Erreichen des Zentrums einen Radius aufweist, der wesentlich geringer ist, als der Radius des Einkristalls. Weitere Merkmale der Ziehvorrichtung sind ein stationärer Bodenheizer 7, mit dem ein außen liegender Bereich des Bodens des Tiegels erhitzt wird und ein den Einkristall umschließender, vorzugsweise mit Wasser gekühlter und auf der Innenfläche geschwärzter Wärmetauscher 1, sowie ein ringförmiger Heizer 3, mit dem ein an die Oberfläche der Schmelze angrenzender Rand des Einkristalls erhitzt wird.
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Der untere Rand des Wärmetauschers (Kühler) hat einen Abstand e bis zur Unterkante des Hitzeschildes, der vorzugsweise im Bereich von 40 bis 200 mm liegt. Für die Herstellung von defektarmen Einkristallen bei hohen Ziehgeschwindigkeiten (über 0.5 mm/min) liegt der Abstand vorzugsweise im unteren Teil des angegebenen Bereichs. Der Abstand f bezeichnet den Abstand zwischen dem unteren Rand des ringförmigen Heizers 3 und dem unteren Rand des Hitzeschilds 2. Dieser Abstand beträgt vorzugsweise 10 bis 30 mm. Der untere Rand des Hitzeschildes 2 hat einen Abstand g zur freien Schmelzenoberfläche von vorzugsweise 10 bis 50 mm. Je größer die von dem ringförmigen Heizer zugeführte Wärmemenge ist, desto geringer kann dieser Abstand gehalten werden. Mit Hilfe des ringförmigen Heizers 3 und des Wärmetauschers 1 lässt sich der Wärmehaushalt gezielt steuern und an die sich während des Ziehvorganges ändernden thermischen Verhältnisse anpassen.
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Beispiel:
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Es wurden mehrere Einkristalle aus Silicium unter verschiedenen Bedingungen gezogen und zu Halbleiterscheiben, mit einem Durchmesser von 300 mm weiterverarbeitet. Die anschließend untersuchten Halbleiterscheiben stammten von verschiedenen zylindrischen Kristallpositionen, wobei als Nullposition der Übergang von einem Anfangskonus zum zylindrischen Teil des Einkristalls definiert wurde. Es wurden insgesamt drei Gruppen von Proben gebildet, bei denen sich die jeweiligen Prozessparameter mit Ausnahme der Lage der neutralen Fläche des Magnetfelds im Wesentlichen nicht unterschieden.
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Zum Ziehen der Einkristalle wurde eine Vorrichtung mit den Merkmalen gemäß 4 verwendet, jedoch ohne den beweglichen Bodenheizer 4 im Falle der langsam gezogenen Einkristalle und ohne den ringförmigen Heizer 3 im Falle der schnell gezogenen Einkristalle. Kristall- und Tiegeldrehung waren jeweils gleichsinnig.
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Die Untersuchung der entnommenen Halbleiterscheiben zeigte in allen Fällen die Abwesenheit von A-Swirl-Defekten (LPITs) und FPDs (Flow Pattern Defects). Der Nachweis solcher Defekte geschieht durch Anätzen der Proben und anschließender mikroskopischer Untersuchung. Bei den Proben, bei denen eine Sauerstoffkonzentration von unter 5.8 E17 Atome pro cm3 mit Hilfe der maßgeblichen Prozessparameter eingestellt wurden, waren auch keine OSF-Defekte vorhanden. Probe P3 hatte beispielsweise einen Sauerstoffgehalt von 4.6 E17 Atome/cm3, mit einer radialen Variation von 0.6%, bei einem spezifischen Widerstand von 10 Ohmcm (radiale Variation 1.1%) und war ohne nachweisbare sauerstoffinduzierte Stapelfehler (OSF).
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Die Untersuchung in Bezug auf das Vorhandensein von COP-Defekten mit einem Durchmesser von mehr als 30 nm wurde auf zwei Arten durchgeführt. Durch IR-Lichtstreuungs-Analyse mit einem Messgerät vom Typ MO-6 von Mitsui Mining and Smelting und durch elektrochemische Cu-Dekoration (DSOD). Wie aus Vergleichsmessungen hervorgeht, korrelieren MO-6 und DSOD-Messungen. Vor der Durchführung der Messung wurden scheibenförmige Proben aus den polierten Halbleiterscheiben entnommen, mit einem dem Radius der Halbleiterscheiben entsprechenden Durchmesser. Die Stelle der Probenentnahme geht auch aus 2 hervor. Da die Prozessbedingungen bei der Herstellung der Einkristalle mit Ausnahme der Lage der neutralen Fläche des Magnetfelds bei jeder Probengruppe im Wesentlichen dieselben waren, lässt sich die Wirkung der Verlagerung der neutralen Fläche auf die Defektbildung direkt zeigen.
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Die Proben P1 bis P3 der ersten Gruppe stammten von langsam gezogenen Einkristallen unter nicht erfindungsgemäßen Verfahrensbedingungen. Die Proben P1 und P2 zeigen im Zentrum einen Bereich, in dem sich mittels DSOD sichtbar gemachte COP-Defekte häufen, während bei Probe P3 ein solcher Bereich nicht mehr nachgewiesen wurde. Erkennbar sind lediglich vereinzelte Präparationsartefakte. In 5 sind die Defektbilder dieser Proben und weiterer Proben P4 bis P7 hervorgehoben dargestellt.
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Der Schnittpunkt der neutralen Fläche des CUSP-Magnetfeldes lag nur im Falle der Probe P3 mit +9 cm über der Oberfläche der Schmelze und damit im erfindungsgemäßen Bereich. Bei den beiden anderen Proben P1 und P2 lag die axiale Position der neutralen Fläche in der Schmelze (–16 cm) oder geringfügig unter der Oberfläche der Schmelze (–1,4 cm). Mit der Erhöhung der Position der neutralen Fläche des Magnetfelds wurde bewirkt, dass der defektfreie Anteil an der Fläche der Halbleiterscheibe deutlich zunimmt. Diese Wirkung zeigt sich auch bei höheren Ziehgeschwindigkeiten, wie aus den nachfolgenden Beispielen hervorgeht.
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Bei der Herstellung weiterer Einkristalle wurde die Wirkung des Wärmetauschers verstärkt, indem er näher zur Phasengrenze positioniert wurde. Durch die damit verbundene Erhöhung des Temperaturgradienten G konnte auch die Ziehgeschwindigkeit V angehoben werden. Die auf MO-6 Messungen beruhenden Defektbilder der Probengruppe P4 und P5 zeigen eine geringere Homogenität von G(r). Eine entsprechende Verringerung der COP-Defekte im Zentrumsbereich wurde daher erst durch eine Steigerung des Abstands der neutralen Fläche des Magnetfelds von der Oberfläche der Schmelze von +12 cm (Probe 4) auf +14 cm (Probe 5) bewirkt.
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Beim Ziehen der Einkristalle für die dritte Gruppe (Probe 6 und Probe 7) wurde auf den Einsatz des ringförmigen Heizers zugunsten eines größeren Abstandes g zwischen dem Hitzeschild und der Oberfläche der Schmelze verzichtet was nicht erfindungsgemäß ist. Gleichzeitig wurde ein leistungsfähigerer Wärmetauscher in geringem Abstand e zur Unterkante des Hitzeschilds angeordnet, um den Gradienten G zu erhöhen. Dadurch konnte auch die Ziehgeschwindigkeit V weiter gesteigert werden. Es zeigte sich aber auch ein verstärkter Bedarf an einer Homogenisierung des Gradienten G(r). Die Leistung der beweglichen Heizquelle wurde erhöht, um mehr Wärme ins Zentrum der Phasengrenze zu führen. Wie die auf MO-6 Messungen beruhenden Defektbilder zeigen, bewirkte erst die Erhöhung des Abstands der neutralen Fläche des Magnetfelds von der Oberfläche der Schmelze von +10,5 cm (Probe 6) auf +11,5 cm (Probe 7) eine deutliche Verkleinerung des COP-Defektgebiets im Zentrum.
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Die Mittelwerte der wichtigsten Prozessparameter beim Ziehen der Einkristalle und die Defektbilder der Proben P1 bis P7 sind in der folgenden Tabelle zusammenfassend dargestellt.
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Der Vergleich der Defektbilder zeigt, dass in allen Fällen eine höhere Lage der neutralen Fläche des Magnetfelds eine signifikante Verkleinerung des COP-Defektgebiets im Zentrum der Halbleiterscheibe zur Folge hatte.