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Die Erfindung betrifft Aerogelfasermaterialien, ein Verfahren zu deren Herstellung sowie deren Verwendung.
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US 5,772,646 A beschreibt in Petrischalen hergestelltes Cellulose-Aerogel, welches im Wesentlichen den Abmessungen der Petrischalen entspricht.
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US 2006/0194026 A1 beschreibt Aerogel enthaltend Cellulosefasern.
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Nach Hao, Jin et al. (Jin H. Nishiyama Y. et al., Nanofibrillar cellulose aerogels, Colloids and Surfaces A: Physicochem. Eng. Aspects 240, 2004, S. 63–67) werden dünne Filme aus Cellulose aus bei Raumtemperatur gesättigten Calciumthiocyanathydrat-Lösungen hergestellt, mit Cellulose-Anteilen von 0,5–3,0 (Gew.-%). Die Suspension wird in einer Glasflasche evakuiert und auf 120°C–140°C erhitzt, bis eine klare Lösung entstanden ist. Ab 80°C verformt sich die Lösung zu einem Gel, weshalb die heiße Lösung mit Hilfe von einem Metallstab auf eine Glasplatte gebracht wird und eine etwa 1 mm dicke Schicht aufgetragen wird. Die Platte mit dem Cellulose-Gel wird zur Regeneration in ein Methanolbad getaucht und gewaschen bis keine Salze mehr enthalten sind. Die Trocknung erfolgt über drei verschiedene Gefriertrocknungs-Verfahren:
- – Gefriertrocknung mit Wasser: Die Gel-Filme werden gefroren, indem sie in einem Behälter in Flüssigstickstoff getaucht werden.
- – Gefriertrocknung mit t-Butanol: Anstelle von Wasser wird t-Butanol als Poren- und Trocknungsmedium verwendet.
- – Schockgefriertrocknung: Gefrieren der dünnen Gelfilme auf einer Metallplatte direkt in Flüssigstickstoff; daran schließt sich die Gefriertrocknung an.
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WO 2004/065424 A1 betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines porösen cellulosischen Körpers, umfassend die Schritte: Herstellen einer Celluloselösung in einem tertiären Aminoxid, insbesondere N-Methymorpholin-N-Oxid, wobei die eingesetzte Cellulose einen durchschnittlichen Polymerisationsgrad von 150 bis 2000 hat und wobei die Lösung eine Cellulosekonzentration von 0,1 bis 5 Gew.-% aufweist; Herstellen eines Körpers aus Celluloselösung; Ausfällen des Körpers in einem Fällungsmittel, wodurch ein ausgefällter cellulosischer Körper erhalten wird, wobei das Fällungsmittel ein wässriges Medium oder ein Cellulose fällendes, mit Wasser mischbares nicht-wässriges Medium ist, welches nicht-wässrige Medium das tertiäre Aminoxid lösen kann und mit einem überkritischen Lösungsmittel mischbar ist. Das Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass im Falle der Verwendung eines wässrigen Mediums als Fällungsmittel im ausgefällten cellulosischen Körper enthaltendes tertiäres Aminoxid mit dem wässrigen Medium ausgewaschen wird; das wässrige Medium gegen ein mit einem überkritischen Lösungsmittel mischbares flüssiges Austauschmedium ausgetauscht; der dem Austauschmedium feuchte cellulosische Körper mit dem überkritischen Lösungsmittel behandelt wird, wodurch der poröse cellulosische Körper erhalten wird; bzw. dass im Fall der Verwendung des nicht-wässrigen Mediums als Fällungsmittel im ausgefällten cellulosischen Körper enthaltendes tertiäres Aminoxid mit dem nicht-wässrigen Medium ausgewaschen wird; der mit dem nicht-wässrigen Medium feuchte cellulosische Körper mit dem überkritischen Lösungsmittel behandelt wird, wodurch der poröse cellulosische Körper erhalten wird.
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Lenzinger Berichte, 86 (2006) 137–143 beschreibt ein Verfahren der Pyrolyse von Aerogelen auf Cellulose-Basis.
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Cellulose-Fäden mit Aerogelstruktur werden in der nachveröffentlichten
US 2006/0263587 A1 beschrieben.
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Die vier wichtigsten der in den letzten Jahrzehnten entwickelten synthetischen Verfahren zur Herstellung von Cellulosefäden, sollen hier näher erläutert werden.
- 1. Chardonnet-Seide: (Kollodium-Nitroseide) war die erste künstlich hergestellte Seide, die in Massenproduktion hergestellt werden konnte. Die alkoholisch-ätherische Lösung von Nitrocellulose, wird durch feine Spinndüsen in Luft, Wasser oder Lösungsmittel gepresst. Der dadurch entstehende Kunstfaden ist aber feuergefährlich. Für seine Verwendung als Kunstseide wird er daher denitriert.
- 2. Kupferseide: (Bemberg-Seide) Die Cellulose wird in Kupferoxydammoniak [Cu(NH3)4J(OH)2 (Schweizer'sches Reagenz) gelöst. Die Lösung wird durch Spinndüsen in Schwefelsäurelösung gepresst, wobei die Cellulose ausfällt. Die Vorzüge von Kupferseide bestehen in ihrer Feinfädigkeit und Festigkeit.
- 3. Viskoseseide: Cellulose wird durch Natronlauge zunächst in Natroncellulose und diese mit Schwefelkohlenstoff in Natriumxanthogenat, den Xanthogensäureester der Cellulose überführt. Das Natriumxanthogenat bildet eine klebrige gelartige Lösung, auch genannt „Viskose”, die in ein salzhaltiges Schwefelsäurebad gepresst wird, wo sich Viskose wieder zu Cellulose zersetzt. Technisch gesehen ist dies eine der wichtigsten Kunstseiden.
- 4. Acetatseide: Durch die Einwirkung von Essigsäureanhydrid und etwas Schwefelsäure auf Cellulose, entstehen die Acetylcellulosen, die in Aceton gelöst vorliegen. Die Lösung wird durch Spinndüsen in ein Fällungsbad geführt. Acetylcellulose besteht nicht aus reiner Cellulose, wie bei den anderen Verfahren, sondern aus Acetylcelluloseester, mit ähnlichen Eigenschaften wie Naturseiden, wie Glanz, Feinfädrigkeit, Geschmeidigkeit, Elastizität und Weichheit, allerdings bei geringeren Festigkeiten.
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Nachteil von vielen bisherigen Aerogelen ist deren fehlende biologische Abbaubarkeit. Demgegenüber sind bislang bekannte Cellulosefäden und Fasermaterialien relativ kompakt und wenig wärmeisolierend. Die bisher bekannten Verfahren zur Faserherstellung liefern nur eine bestimmte, durch den Lösungsprozess der Cellulose vorgegebene Morphologie, die für einige Anwendungsfälle auch zu offen ist. Die bekannten Verfahren liefern darüber hinaus kein nanostrukturiertes Porensystem in den Fäden, weshalb sie schwerer sind und nicht thermisch isolierend wirken können. Darüber hinaus entstehen gerade bei der Seidenherstellung teilweise gefährliche Zwischenprodukte auch werden zum Lösen und Regenerieren der Cellulose oft starke Säuren und Laugen eingesetzt.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es also die vorgenannten Nachteile zu vermeiden und vor allem sehr leichte und hochisolierende und dabei trotzdem feste Fasern bereitzustellen. Diese sollen dabei auch möglichst gut biologisch abbaubar sein.
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In einer ersten Ausführungsform wird die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe gelöst durch Aerogelfasern gemäß Anspruch 1.
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Ein Fasermaterial im Sinne der Erfindung weist im Vergleich zu seinem Querschnitt eine große Länge, insbesondere mehr als die 1000fache Länge des Querschnitts auf. Dabei ist das Fasermaterial im Sinne der Erfindung ausreichend fest und biegsam, um zur Herstellung von Garnen oder anderen textilen Rohstoffen dienen zu können.
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Aerogele im Sinne der Erfindung sind im Prinzip Dispersionen, wobei die kontinuierliche Phase, also das Dispersionsmittel, fest ist und eine weitere Phase in dieser kontinuierlichen Phase fein verteilt ist, nämlich die dispergierte Phase, die im Falle der Aerogele Luft ist. Aerogele gemäß der Erfindung haben vorzugsweise eine Dichte in einem Bereich von 1 bis 300 kg/m3.
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Die erfindungsgemäßen Fasermaterialien haben gegenüber filmförmigem Aerogelmaterial den Vorteil, dass gerade bei Cellulose-Aerogelen die Celluloseketten gerichtet sind, und daher die Fasern eine höhere Festigkeit als Filme aufweisen. Gerade die Faserform der Aerogele gemäß der Erfindung eröffnet für Aerogele vollkommen neue Einsatzmöglichkeiten wie vor allem die textile Verarbeitung von Aerogel. Dazu zählen beispielsweise Fasermatten, Gewebe, Vliese, Endlosfasern oder Garne.
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Das erfindungsgemäße Fasermaterial besteht zu mindestens 50 Vol.-%, insbesondere mindestens 85 Vol.-%, ganz besonders bevorzugt ganz aus Aerogel. Dadurch kann eine besonders hohe thermische Isolationswirkung erzielt werden.
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Das Aerogel ist ein Cellulose-Aerogel oder Kohlenstoff-Aerogel. Ist das erfindungsgemäße Aerogel ein Cellulose-Aerogel, so hat es den besonderen Vorteil, dass es vollständig biokompatibel und auch biologisch abbaubar ist. Für Fasern aus Kohlenstoff-Aerogel wurde überraschend gefunden, dass sie dem Wiedemann-Frantz'schen Gesetz widersprechen, also die Fasern trotz sehr geringer thermischer Leitfähigkeit eine hohe elektrische Leitfähigkeit aufweisen.
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Normalerweise weist das erfindungsgemäße Fasermaterial einen Durchmesser in einem Bereich von 0,1 bis 2000 μm, insbesondere in einem Bereich von 10 bis 500 μm auf. Außerdem hat das Fasermaterial vorteilhafterweise eine Dichte in einem Bereich von 1 bis 100 kg/m3, insbesondere in einem Bereich von 10 bis 60 kg/m3. Der Biegeradius der erfindungsgemäßen Fasermaterialien liegt vorteilhafterweise in einem Bereich von 1 bis 100 μm, insbesondere in einem Bereich von 20 bis 30 μm. Die spezifische Oberfläche liegt vorteilhafterweise in einem Bereich von 100 bis 300 m2/g, insbesondere in einem Bereich von 200 bis 220 m2/g. Durch die hohe spezifische Oberfläche der erfindungsgemäßen Fasermaterialien eignen sich diese besonders gut als Schwermetallfilter. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um Cellulose-Aerogel handelt, da durch die vielen OH-Gruppen auf der Oberfläche der Cellulose-Aerogele gerade Metalle und Metallsalze besonders gut adsorbiert werden können.
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In einer weiteren Ausführungsform wird die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe gelöst durch ein Verfahren zur Herstellung erfindungsgemäßer Fasermaterialien, die dadurch gekennzeichnet sind, dass man in einem ersten Schritt Aerogelvorläufermaterial enthaltendes Gel herstellt und in einem zweiten Schritt dieses Gel gegebenenfalls durch eine Düse oder Kanüle in eine polare Regenerierungsflüssigkeit überführt und in einem dritten Schritt trocknet.
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Als Aerogel-Vorläufermaterial setzt man Cellulose oder Cellulose-Carbamat ein.
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Als Regenerierungsflüssigkeit setzt man ein polares Lösungsmittel mit einer dielektrischen Konstanten von wenigstens 25 ein. Besonders bevorzugt setzt man als Regenerierungsflüssigkeit einen Alkohol, insbesondere Methanol oder Ethanol, oder ein Lösungsmittelsystem, enthaltend einen Alkohol ein.
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Die Cellulose-Konzentration im Gel stellt man vorteilhafterweise auf eine Konzentration in einem Bereich von 0,2 bis 5 Gew.-%, insbesondere einem Bereich von 0,5 bis 3,5 Gew.-% ein. Nach dem zweiten Schritt entfernt man vorteilhafterweise möglichst alle Salze. Dies geschieht besonders bevorzugt durch Lösungsmittelaustausch. Als Lösungsmittel für die Cellulose setzt man vorteilhafterweise Salzhydratschmelzen ein. Diese enthalten, insbesondere bestehen aus Materialien ausgewählt aus der Gruppe Calciumthiocyanat, Calciumchlorid, Zinkchlorid, Lithiumthiocyanat, oder Mischungen dieser Stoffe. Die Salzhydratschmelzen können vorteilhafterweise einen geringen Wasseranteil, insbesondere einen Wasseranteil in einem Bereich von 0,1 bis 5 Gew.-% aufweisen. Als Cellulose setzt man vorteilhafterweise synthetisches Cellulosepulver ein.
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Bei der Gelherstellung wird das Aerogel-Vorläufermaterial vorteilhafterweise in einer Salzhydratschmelze bei einer Temperatur in einem Bereich von 90 bis 150°C gelöst. Anschließend wird die viskose Lösung durch eine Düse oder Kanüle bei wenigstens 80°C zu einer Regenerierungsflüssigkeit gegeben und dabei abgekühlt, wobei sich unterhalb 80°C ein Gel bildet.
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Die entstandenen Fasern werden anschließend entweder durch Autoklavieren oder Gefriertrocknen getrocknet. Beim Autoklavieren wird das Lösungsmittel gegen flüssiges Kohlendioxid in dem Autoklaven ausgetauscht, wobei anschließend der Druck bei gehaltener Temperatur entspannt wird. Die Gefriertrocknung findet vorteilhafterweise wie üblich bei Kryogelen statt.
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Vorteilhafterweise pyrolisiert man die Fasermaterialien im Anschluss an die Trocknung. Dies geschieht vorzugsweise unter Ausschluss von Sauerstoff, bevorzugt bei einer Temperatur in einem Bereich von 250 bis 1050°C. Dabei wird die Temperatur vorteilhafterweise solange gehalten, bis die Cellulose zu Kohlenstoff umgewandelt wurde. Die Pyrolyse der Fasermaterialien ist deshalb besonders vorteilhaft, da so elektrisch leitfähige Fasermaterialien erhalten werden können, die entgegen dem Wiedemann-Frantz'schen Gesetz trotz ihrer guten thermischen Isolationswirkung besonders gut elektrisch leitfähig sind.
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Beispielsweise wird gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren Cellulose in niedrigschmelzenden Salzhydratschmelzen kolloidal gelöst. Die durch die Salze maskierten Polymerketten der Cellulose verhaken sich in der Lösung immer mehr und gelieren ab beispielsweise 80°C durch Versteifung der Ketten aus. Noch im heißen Zustand wird dann beispielsweise die Cellulose-Lösung durch Kanülen oder Düsen gepresst, so dass eine Formgebung erfolgen kann. Vorteilhafterweise erfolgt die Trocknung der Fäden nach vollständiger Entsalzung entweder überkritisch oder mittels Gefriertrocknen, um das Kollabieren der Porenmatrix zu verhindern
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In einer weiteren Ausführungsform wird die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe gelöst durch die Verwendung der erfindungsgemäßen Fasermaterialien zur Herstellung von Garnen, Filtern, Geweben, insbesondere Matten oder Tuch. Insbesondere eignen sich die Fasern besonders gut für Kälteschutzkleidung, insbesondere Anzüge von Astronauten.
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Ausführungsbeispiele:
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Beispiel 1:
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Synthetisches Cellulose-Pulver wurde zu einer Salzhydratschmelze aus Calciumthiocyanat und etwa 4 Gew.-% Wasser gegeben, mit dieser Salzhydratschmelze vermischt und auf 130°C erhitzt, bis eine viskose Lösung entstand. Dabei wird das synthetisch hergestellte Cellulosepulver in einer Menge von 3 Gew.-% eingesetzt. Zum Verspinnen wurde die kolloidale Cellulose-Lösung durch eine Düse mit einem Durchmesser von 0,3 mm in ein Regenerierungsbad aus Ethanol gepresst. Die so entstehenden Fäden gelieren in dem Lösemittel vollständig aus und werden gleichzeitig entsalzt. Das benutzte und salzhaltige Lösemittel konnte recycelt werden, indem es abdestilliert wurde und das Salz gefällt wurde. Die Fäden wurden so lange gewaschen, bis der Salzgehalt vernachlässigbar gering war. Anschließend wurde das Lösemittel in den Poren des Cellulosegels durch flüssiges Kohlenstoffdioxid unter Druck im Autoklaven ausgetauscht. Durch Fluidisieren der Porenflüssigkeit und anschließendes Entspannen bei gehaltener Temperatur konnten Aerogel-Fäden gewonnen werden, deren Netzwerk nicht kollabierte. Es resultierten nanostrukturierte Aerogel-Fäden aus Cellulose mit extremer Leichtigkeit (vgl. 1).
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Beispiel 2:
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Die Herstellung der Gelfäden erfolgte wie in Beispiel 1. Es wurde die Alterung und Trocknung davon unterschiedlich durchgeführt. Nachdem die Gelfäden in einem Lösemittelbad regeneriert wurden, wurde die Porenflüssigkeit durch Wasser ersetzt. Die Gelfäden wurden in Wasser so lange gewaschen, bis der Salzgehalt vernachlässigbar gering war. Danach wurden die Gelfäden schockgefrostet und unter Vakuum so getrocknet, dass das Eis in den Poren sublimierte. Derart hergestellte Gelfäden aus Cellulose entsprechen bekannten Kryogelen. Kyrogele sind jedoch bislang nicht als Fasern bekannt.
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Beispiel 3:
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Aus den in Beispiel 1 oder Beispiel 2 beschriebenen Gelfäden wurden durch Pyrolyse carbonisierte Aerogel-Fäden hergestellt. Die getrockneten Aerogel-Fäden wurden dabei unter Ausschluss von Luftsauerstoff auf Temperaturen von 850°C gebracht. Die Temperatur wurde gehalten, bis sich die Cellulose vollständig in Kohlenstoff umgewandelt hatte.