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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb eines Mühlensystems.
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Bei
einem derartigen Mühlensystem
kann es sich beispielsweise um eine Kugelmühle (ball mill) oder auch um
eine SAG (semiautogenously grinding)-Mühle handeln, die zum Zermahlen
von grob körnigen
Materialien, wie z.B. Erzen oder Zement usw., bestimmt ist. Bei
solchen Mühlen
wird der Durchsatz mittels Einstellens verschiedener Stell- oder
Führungsgrößen, wie
z.B. einer Rotationsgeschwindigkeit der Mühlentrommel, einer Zufuhr des grob
körnigen
Ausgangsmaterials, einer Wasserzufuhr einer Erzmühle und/oder einer Austragsgeschwindigkeit
des am Ausgang vorliegenden gemahlenen Materials gesteuert. Ein
wichtiges Qualitätsmerkmal
ist die Korngrößenverteilung
des zermahlenden Materials. Sie beeinflusst die Ausbeute der dem
Mühlensystem
nachgeschalteten weiteren Komponenten, wie z.B. der Flotation. Es
wird ein möglichst
hoher Durchsatz bei hoher Produktqualität und bei niedrigen Kosten
angestrebt. Letztere werden durch den Energie- und/oder Materialbedarf
maßgeblich
mit bestimmt.
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Derzeitige
Mühlensysteme
werden oft noch manuell vom Bedienpersonal nach dessen empirischen
Erfahrenswerten eingestellt. Ändert
sich die Qualität
des zugeführten
Materials, vergeht eine bestimmte Zeit, bis wieder ein hoher Durchsatz
bei guter Produktqualität
erreicht werden kann. Oft steht dem Bedienpersonal außerdem auch
nur eine indirekte Qualitätskontrolle,
die sich beispielsweise anhand eines Ausbeuterückgangs in einer der nachgeschalteten
Komponenten ergibt, zur Verfügung.
Dies erschwert zusätzlich
eine gute Einstellung des Mühlensystems.
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Bekannt
sind auch (teil-)automatisierte Regelungsverfahren zum Betrieb eines
Mühlensystems. Sie
basieren beispielsweise auf einer direkten Messung von Betriebsgrößen und
auch auf Experten-Systemen. Verwendung findet dabei häufig der z.B.
per Ultraschall ermittelte sogenannte d50-Wert des gemahlenen Materials,
der aber nur bei (logarithmisch) normalverteilten Korngrößen aussagekräftig ist.
Er gestattet außerdem
keine Aussage über
ggf. im Rückfluss
vorhandene Grobkornanteile, die zu Instabilitäten des Mahlprozesses führen können. Außerdem verringern
Grobkornanteile in der Mühlen-Ausgangsleitung
die Ausbeute in der nachgeschalteten Flotation. Auch der Einsatz
von Expertensystemen kann unerwünschte
Schwingungen des Mahlprozesses verursachen.
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Die
Aufgabe der Erfindung besteht deshalb darin, ein Verfahren der eingangs
bezeichneten Art anzugeben, das eine schnelle und stabile Einstellung des
Mühlensystems
erlaubt.
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Diese
Aufgabe wird gelöst
durch die Merkmale des unabhängigen
Patentanspruchs 1. Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren handelt es sich
um ein solches, bei dem
- a) Modellparameter
eines Modells des Mühlensystems
berechnet werden,
- b) auf Basis des mit den berechneten Modellparametern aktualisierten
Modells für
mindestens eine Betriebsgröße des Mühlensystems
ein Vorhersagewert für
eine aktuelle Betriebsphase ermittelt wird,
- c) Stell- oder Führungsgrößen des
Mühlensystems
aufgrund des aktualisierten Modells eingestellt und während der
aktuellen Betriebsphase verwendet werden,
- d) ein Messwert der Betriebsgröße während der aktuellen Betriebsphase
ermittelt wird,
- e) eine Abweichung zwischen dem Vorhersagewert und dem Messwert
bestimmt wird,
- f) die Modellparameter auf Basis der Abweichung angepasst und
zusammen mit dem Modell zur Vorhersage der Betriebsgröße sowie
zur Einstellung der Stell- oder Führungsgrößen für einen zukünftigen Betriebszustand verwendet
werden.
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Das
erfindungsgemäße Betriebsverfahren basiert
auf einem adaptiven Modell-prädiktiven
Regler. Insbesondere wird ein Gesamtmodell des kompletten Mühlensystems
erstellt und in der adaptiven Regelung berücksichtigt. Hierzu werden die
Modellparameter des Gesamtmodells in Abhängigkeit eines Vergleichs zwischen
der Vorhersage und dem tatsächlich
gemessenen Wert einer oder auch mehrerer Betriebsgröße(n) nachgeführt. Da
die Betriebsgrößen vorzugsweise
unmittelbar gemessen werden, können
sie auch unmittelbar zur Adaption der Modellparameter und damit
auch des für
die Regelung verwendeten Modells herangezogen werden. Die Nachführung erfolgt
also sehr rasch. Da die Regelung auf Vorhersagen zukünftiger
Betriebsgrößenwerte
basiert, spielen Regel-Totzeiten praktisch keine Rolle. Deshalb
werden Rückkopplungen
und Instabilitäten, die
oft auf Totzeiten zurückzuführen sind,
weitestgehend vermieden. Das erfindungsgemäße Verfahren reagiert schnell
auf veränderte
Prozessbedingungen, wie beispielsweise eine veränderte Qualität des zugeführten Materials,
und regelt den gewünschten Durchsatz
mit der geforderten Produktqualität umgehend neu ein.
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Vorteilhafte
Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Verfahrens ergeben sich
aus den Merkmalen der von Anspruch 1 abhängigen Ansprüche. Günstig ist
eine Variante, bei der das Mühlensystem
mehrere Subeinheiten umfasst, für
jede Subeinheit ein Submodell bestimmt wird, und das Modell per
Kopplung der Submodelle gebildet wird. Die Berücksichtigung der Submodelle
führt zu
einer exakteren Nachbildung der Realität und damit auch zu besseren
Ergebnissen der Regelung. Besonders günstig ist es, wenn alle relevanten
Subeinheiten des Mühlensystems
modelliert und in das Gesamtmodell mit eingehen.
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Insbesondere
werden zumindest für
eine zentrale Mühleneinheit,
eine Sumpfeinheit und eine Hydrozyklonen-Einheit Submodelle aufgestellt.
Sie sind die drei wesentlichsten Subeinheiten des Mühlensystems.
Bei Bedarf kann jedoch auch für
weitere Subeinheiten, wie beispielsweise die Rohrleitungen, die
Pumpen und auch den Mühleninhalt
jeweils ein Submodell aufgestellt und im Gesamtmodell berücksichtigt
werden. Beim Submodell der zentralen Mühleneinheit können der
Anteil an in der Mahltrommel aktuell vorhandenen Stahlkugeln, das
Motordrehmoment, die Motordrehzahl, die Materialzufuhr, die Wasserzufuhr,
der Material- und Wasseraustrag in die Sumpfeinheit sowie die spezifische
Ausgestaltung der Mahltrommel Eingang finden. Die Modellierung der
Sumpfeinheit kann unter Berücksichtigung der
Frischwasserzufuhr und des Füllstands
erfolgen. Insgesamt ist auf diese Weise eine sehr genaue Abbildung
der Realität
möglich.
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Vorteilhafterweise
kann es sich außerdem bei
der Betriebsgröße, die
vorhergesagt und auch gemessen wird, um einen Durchfluss, eine Dichte,
ein Gewicht, einen Druck, eine Leistung, ein Drehmoment, eine Geschwindigkeit
oder eine Körnigkeit handeln.
Das Betriebsverfahren lässt
sich in sehr weiten Grenzen auf die verschiedensten Betriebsgrößen des
Mühlensystems
einstellen. Hierbei kann es sich insbesondere um direkt messbare,
aber auch um nur indirekt messbare Größen handeln. Letztere lassen
sich beispielsweise mittels sogenannter Softsensoren bestimmen.
Direkt erfassbare Messwerte werden dabei elektronisch so ausgewertet,
dass Aussagen über
einer Messung nicht direkt zugängliche
Größen getroffen
werden können.
Ein Beispiel hierfür
ist ein Beschädigungsgrad
der in der Trommel befindlichen Stahlkugeln.
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Besonders
günstig
ist eine Variante, bei der die vorhergesagte und gemessene Betriebsgröße eine
Korngrößenverteilung
in einer Ausflussleitung an einem Ausgang des Mühlensystems, in einer Sumpfeinheit
des Mühlensystems
oder in einer Rückflussleitung
zu einer Hydrozyklonen-Einheit ist. Die Korngrößenverteilung bietet einen
besonders guten Einblick in die Abläufe des Mühlensystems. Ihre gute Kenntnis
ermöglicht
demnach auch eine besonders effiziente Regelung des Mühlensystems.
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Insbesondere
kann die Korngrößenverteilung
in Echtzeit, d.h. insbesondere online und/oder direkt, gemessen
werden. Beispielsweise erfolgt die Erfassung der Korngrößenverteilung mittels
eines optischen, eines akustischen oder eines magnetischen Messverfahrens.
Auch der Erfassungsort hat einen Einfluss auf das jeweils geeignete
Messverfahren. So eignet sich ein Laserdiffraktometer mit Online-Verdünnung oder
eine Insitu-Messung mittels Fingerprint-Sensor zur Erfassung der
Korngrößenverteilung
in der ausgangsseitigen Ausflussleitung, in der das fein gemahlene
und in Wasser dispergierte Material transportiert wird. Alle diese
Messverfahren sind in der Lage, die Korngrößenverteilung sehr rasch zu
erfassen, sodass diese wichtige Betriebsgröße ohne relevante zeitliche
Verzögerung
dem Regelungsverfahren für
die Parameter-Adaption zur Verfügung
steht.
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Bei
einer weiteren günstigen
Ausgestaltung ist es vorgesehen, dass die Anpassung der Modellparameter
mittels eines auf mindestens eine vorgebbare Zielfunktion ausgerichteten
Optimierungs- bzw. Minimierungsverfahrens durchgeführt wird,
wobei in die Zielfunktion die Abweichung zwischen dem Vorhersagewert
und dem Messwert mit einfließt.
Für den Messwert
der Korngrößenverteilung
lässt sich
zum Beispiel eine Übergangsmatrix
als Modellparameter(satz) angeben, die für den kommenden Bearbeitungs-
oder Regelungszyklus bezüglich
jedes Teilbereichs der Korngrößenverteilung Übergangswahrscheinlichkeiten
in einen feiner körnigen
Teilbereich enthält.
Ein Zyklus ist dabei ein Zeitschritt der zugrunde liegenden diskretisierten
Differentialgleichung. Als Nebendingung kann dann z.B. vorgesehen
werden, dass die Körnigkeit
des Materials im kommenden Zyklus nur feiner, nicht jedoch gröber werden
kann.
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Bei
einer weiteren günstigen
Ausgestaltung ist es vorgesehen, dass die Einstellung der Stell- oder
Führungsgrößen mittels
eines auf mindestens eine vorgebbare Zielgröße ausgerichteten Optimierungsverfahrens
durchgeführt
wird, wobei bei dem Optimierungsverfahren Nebenbedingungen mit berücksichtigt
werden. Dadurch wird zum einen eine hohe Flexibilität erreicht,
da die Zielgröße ebenso
wie die vorhergesagte und gemessene Betriebsgröße weitgehend frei bestimmt
werden kann. Zum anderen liefert das Optimierungsverfahren sehr
gute, insbesondere an die aktuellen Gegebenheiten angepasste Modellparameter.
Die Berücksichtigung
der Nebenbedingungen ermöglicht
neben der Durchsatzoptimierung insbesondere auch einen zugleich
energie- und/oder qualitätsoptimierten
Betrieb des Mühlensystems.
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Besonders
geeignet ist dabei ein Optimierungsverfahren, das als SQP(Sequential
Quadratic Programming)-Verfahren ausgeführt ist. Dieses Verfahren eignet
sich besonders gut zum Einsatz in Industrieanlagen, also insbesondere
auch bei Mühlensystemen.
Letztere weisen nämlich
ein nichtlineares Verhalten auf, sodass sich ein SQP-Verfahren besonders
gut eignet. Es ist günstiger
als ein lineares Optimierungsverfahren.
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Weiterhin
kommt als Zielgröße des Optimierungsverfahrens
insbesondere eine innerhalb des Mühlensystems vorliegende Korngröße oder
Korngrößenverteilung
des zu mahlenden Materials oder ein Beladungszustand des Mühlensystems
in Betracht.
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Vorteilhafterweise
werden als Nebenbedingungen physikalische, technologische oder prozessbedingte
Grenzen vorgegeben. Dadurch wird verhindert, dass für die Regelung
Modellparameter herangezogen werden, die auf unsinnigen oder unmöglichen
physikalischen, technologischen oder prozessbedingten Randbedingungen
basieren. Die Berücksichtigung
derartiger Nebenbedingungen führt
zu einer Verbesserung des Regelungsverhaltens und auch zu einer
besseren Produktqualität
am Mühlenausgang.
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Vorteilhafterweise
wird die Korngrößenverteilung
so bestimmt, dass mindestens zwei Teilbereiche mit verschiedenen
Korngrößen unterschieden werden.
Es ist also mindestens ein Teilbereich für kleinere und ein zweiter
Teilbereich für
größere Korngrößen vorgesehen.
Eine weitergehende Aufteilung in mehrere Teilbereiche ist grundsätzlich möglich. Dadurch
wird die Abstufung des Regelungshaltens verfeinert. Je mehr Teilbereiche
für die
Korngrößen zur
Bestimmung der Korngrößenverteilung
vorgesehen werden, desto empfindlicher und genauer reagiert das
Optimierungs- und Regelungsverfahren. Um einen möglichst großen Bereich an Korngrößen abzudecken,
ist es außer dem
vorteilhaft, die Grenzen der Teilbereiche auf einer logarithmischen
Skala festzulegen, sodass logarithmisch gleich große Teilbereiche
resultieren.
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Insbesondere
kann als Modell außerdem
ein datengetriebenes Modell, vorzugsweise ein neuronales Netz in
vorgesehen werden. Dabei entsprechen die Modellparameter insbesondere
den Netzgewichten und die Messwerte der Betriebsgröße(n) den Trainingswerten.
Die Identifizierung und Adaption der Modellparameter findet dann
z.B. im Rahmen des Netztrainings statt. Ein auf einem neuronalen
Netz basierendes Modell benötigt
nur wenige, möglicherweise
sogar überhaupt
keine auf den physikalischen Gegebenheiten des Mühlensystems beruhende Vorgaben.
Die Bestimmung und Einstellung der Stell- oder Führungsgrößen des Mühlensystems kann auf Basis
des aktualisierten neuronalen Netzes (= Modells) und insbesondere
wieder mittels des bereits genannten auf mindestens eine vorgebbare
Zielgröße ausgerichteten
Optimierungsverfahrens, beispielsweise eines SQP-Verfahrens, durchgeführt werden.
Alternativ kann diese Einstellung auch direkt mittels Modell-prädiktiver
Regelung erfolgen.
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Weitere
Merkmale, Vorteile und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus
der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen anhand der
Zeichnung. Es zeigt:
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1 ein
Ausführungsbeispiel
eines Mühlensystems
mit einer adaptiven Modell-prädiktiven Regelungseinheit,
und
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2 ein
Blockschaltbild der Regelungseinheit gemäß 1 mit einem
adaptiven Modell des Mühlensystems
und einer Betriebsgrößenvorhersage
sowie einer daraus abgeleiteten Optimierung von Modellparametern.
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Einander
entsprechende Teile sind in 1 und 2 mit
denselben Bezugszeichen versehen.
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In 1 ist
ein Ausführungsbeispiel
eines Mühlensystems 1 gezeigt.
Es handelt sich um eine Erzmühle,
die als Kugelmühle
oder als SAG-Mühle ausgebildet
ist. Sie ist mit einer adaptiven Modell-prädiktiven Regelungseinheit 2 beschaltet,
die den Betrieb des Mühlensystems 1 steuert.
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Als
Hauptkomponenten umfasst das Mühlensystem 1 eine
zentrale Mühleneinheit 3 mit
einer Trommel 3a zum Mahlen des zugeführten Erzmaterials und mit
einem die Trommel 3a antreibenden insbesondere getriebelosen
Motor 3b, eine von der zentralen Mühleneinheit 3 gespeisten
Sumpfeinheit 4 sowie eine Hydrozyklonen-Einheit 5.
Die Sumpfeinheit 4 und die Hydrozyklonen-Einheit 5 sind
mittels einer Hydrozyklonen-Zuflussleitung 6 miteinander
verbunden. In der Hydrozyklonen-Einheit 5 findet eine Separierung
in fein genug gemahlenes und in noch zu grob körniges Material statt. Das
fein gemahlene Material gelangt in eine ausgangsseitige Ausflussleitung 7,
die an eine nicht näher
dargestellte dem Mühlensystem 1 nachgeschaltete
Komponente angeschlossen ist. Dagegen wird das grob körnige Material über eine
Rückflussleitung 8 wieder
einem Eingang 9 der zentralen Mühleneinheit 3 zugeführt.
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Der
Eingang 9 ist außerdem
an Förderbänder 10 angeschlossen,
mittels derer ungemahlenes Erzmaterial aus einem Erzvorrat 11 zugeführt wird. Anstelle
der Förderbänder 10 kann
auch ein anderes Zufuhraggregat vorgesehen sein. Weiterhin ist der Eingang 9 an
einen Wasserzulauf 12 angeschlossen. Ein weiterer Wasserzulauf 13 ist
an der Sumpfeinheit 4 vorgesehen.
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Das
Mühlensystem 1 enthält außerdem eine Vielzahl
an Messwertaufnehmern, die Messwerte für verschiedene Betriebsgrößen B erfassen
und mittels Messleitungen 14 der Regelungseinheit 2 zuführen. Im
Ausführungsbeispiel
sind ein Gewichtmesser 15 an den Förderbändern 10, ein Flussmesser 16 am Wasserzulauf 12,
ein Leistungs- und Drehmomentmesser 17 am Motor 3b,
ein Gewichtmesser 18 zur Erfassung einer Beladung der Trommel 3a,
ein Flussmesser 19 am Wasserzulauf 13, ein Niveaumesser 20 an
der Sumpfeinheit 4, ein Korngrößenmesser 21, ein
Flussmesser 22 und ein Druckmesser 23 jeweils an
der Hydrozyklonen-Zuflussleitung 6, ein Dichtemesser 24 an
der Rückflussleitung 8 und
ein Korngrößenmesser 25 an
der Ausflussleitung 7 vorgesehen. Diese Aufzählung ist
beispielhaft zu verstehen. Grundsätzlich können noch weitere Messwertaufnehmer
vorgesehen sein. Die jeweiligen Messungen erfolgen stets online
und in Echtzeit, sodass in der Regelungseinheit 2 immer
aktuelle Messwerte verfügbar
sind.
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Neben
den Messwertaufnehmern hat das Mühlensystem 1 auch
mehrere lokale Regler, die mittels Steuerleitungen 26 an
die Regelungseinheit 2 angeschlossen sind. Im Einzelnen
sind ein Gewichtregler 27 an den Förderbändern 10, ein Flussregler 28 am
Wasserzulauf 12, ein (Dreh-)Geschwindigkeitsregler 29 am
Motor 3b, ein Flussregler 30 am Wasserzulauf 13 und
an der Hydrozyklonen-Zuflussleitung 6, ein Niveauregler 31 an
der Sumpfeinheit 4 und ein Dichteregler 32 an
der Rückflussleitung 8 vorgesehen.
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Die
genannten Messwertaufnehmer und lokalen Regler sind nur beispielhaft
zu verstehen. Im Einzelfall können
auch weitere derartige Komponenten vorgesehen sein. Beispielsweise
können
an den Förderbändern 10 zusätzliche
Informationen über
die Beschaffenheit des zugeführten
ungemahlenen Erzmaterials beispielsweise mittels einer Lasermessung oder
mittels einer Videoerfassung gewonnen werden. Ebenso ist aber auch
eine Beschränkung
auf nur einen Teil der im Ausführungsbeispiel
gemäß 1 gezeigten
Messwertnehmer und lokalen Regler möglich.
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Außerdem können weitere
Betriebsgrößen, die
einer direkten Messung nicht zugänglich
sind, mittels sogenannter Softsensoren bestimmt werden. Dabei wird
auf erfassbare primäre
Betriebsgrößen zurückgegriffen,
aus deren Messwerten mittels eines Auswertealgorithmus ein aktueller
Wert der eigentlich interessierenden sekundären Betriebsgröße bestimmt
wird. Die hierzu verwendete Auswerte-Software kann auch ein neuronales
Netz umfassen.
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In
der Regelungseinheit 2 wird eine Einstellung für die verschiedenen
Prozessparameter des Mühlensystems 1 so
ermittelt, dass ein guter, gleichbleibender Durchsatz bei möglichst
niedrigem Energieverbrauch und möglichst
hoher Produktqualität
resultiert. Eine hohe Produktqualität bedeutet eine bestimmte,
relativ geringe Korngröße des in
der ausgangsseitigen Ausflussleitung 7 geführten gemahlenen
Materials.
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In 2 ist
ein Blockschaltbild der Regelungseinheit 2 mit, ihren wesentlichen
Komponenten gezeigt. Sie umfasst ein adaptives Gesamtmodell 33 des
Mühlensystems 1,
eine Prädiktions-Einheit 34, eine
Vergleichs-Einheit 35, eine Parameter-Identifizierungs-
und Adaptionseinheit 36 sowie eine Optimierungseinheit 37.
Diese Komponenten sind insbesondere als Software-Module realisiert.
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Im
Blockschaltbild gemäß 2 ist
stellvertretend für
die Vielzahl der in 1 wiedergegebenen Messwertaufnehmer
eine Messeinheit 38 enthalten. Im Falle einer Ausgestaltung
als Softsensor kann auch die Messeinheit 38 als Software-Modul
und damit als integraler Bestandteil der Regelungseinheit 2 realisiert
sein. Anderenfalls ist es jedoch ebenso möglich, dass es sich bei der
Messeinheit 38 um physikalisch von der Regelungseinheit 2 getrennte
Baugruppen handelt.
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Im
Folgenden wird die Funktionsweise der Regelungseinheit 2 näher beschrieben.
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Eingangsseitig
werden der Regelungseinheit 2 verschiedene Eingangsgrößen E zugeführt. Hierbei kann
es sich um Messwerte, aber auch um andere Betriebsdaten handeln.
Mögliche
Eingangsdaten E sind das Erzgewicht, die Härte des zu mahlenden Erzmaterials,
der Wasserzufluss an den Wasserzuläufen 12 und 13,
der Materialrückfluss
von der Hydrozyklonen-Einheit 5 zum Eingang 9 der
zentralen Mühleneinheit 3,
Korngrößenverteilungen
an verschiedenen Stellen innerhalb des Mühlensystems 1 insbesondere
in der Sumpfeinheit 4 oder in der ausgangsseitigen Ausflussleitung 7,
Geometrie-Daten der zentralen Mühlen einheit 3,
die Geschwindigkeit, mit der die Förderbänder 10 das zu mahlende
Material dem Eingang 9 zuführen, und eine Geschwindigkeit,
mit der das Endprodukt, also das gemahlene Material, den nachfolgenden
Komponenten zugeführt
wird. Die Eingangsgrößen E können sich
also auf Prozessparameter, auf das Design des Mühlensystems 1, vor
allem der zentralen Mühleneinheit 3, oder
auf das Material beziehen.
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Ausgangsseitig
stellt die Regelungseinheit 2 Ausgangsgrößen A zur
Verfügung,
die zur Steuerung des Prozessablaufs dienen. Im Ausführungsbeispiel handelt
es sich dabei um die Führungsgrößen für die verschiedenen
lokalen Regler gemäß 1.
Bei einem alternativen Ausführungsbeispiel
stellt die Regelungseinheit 2 ausgangsseitig Stellgrößen zur
Verfügung,
die unmittelbar, also auch ohne Zwischenschaltung lokaler Regler,
auf Stellglieder einwirken.
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Das
adaptive Modell 33 beschreibt das Mühlensystem 1 in seiner
Gesamtheit. Es setzt sich im Ausführungsbeispiel aus einer Kopplung
mehrerer Submodelle zusammen. Die Submodelle beschreiben die zentrale
Mühleneinheit 3,
die Sumpfeinheit 4 und die Hydrozyklonen-Einheit 5.
Weitere Submodelle für
andere Komponenten des Mühlensystems 1 können bei
Bedarf ergänzt
werden. Das Modell 33 lässt
sich mittels Modellparameter P an die aktuell herrschenden Prozessbedingungen
anpassen, wobei in der Parameter-Identifizierungs- und Adaptionseinheit 36 auch
festgestellt wird, ob diese Anpassung mittels aller oder nur eines
Teils der Modellparameter P erfolgt. Gegebenfalls wird also ein
relevanter Teilsatz der Modellparameter P identifiziert. Die so
ausgewählten
Modellparameter P eignen sich dann besonders gut zur Modell-Adaption.
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Das
Modell 33 beruht im Ausführungsbeispiel auf physikalischen
Vorgaben, die zumindest teilweise auch durch empirische Erfahrungswerte
ergänzt
werden können.
Das Modell 33 und insbesondere dessen Anpassung mittels
der Modellparameter P werden in Echtzeit berechnet. Dies trägt dazu
bei, dass keine nennenswerten Regel-Totzeiten entstehen.
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Auf
Basis des aktuellen, d.h. für
eine bestimmte Betriebsphase geltenden, Modells 33 wird
in der Prädiktions-Einheit 34 für eine oder
mehrere Betriebsgröße(n) B
ein Vorhersagewert BV bestimmt. In der Vergleichs-Einheit 35 wird
dieser Vorhersagewert BV mit einem Messwert
BM der betreffenden Betriebsgröße B verglichen.
Eine festgestellte Abweichung F wird der Parameter-Identifizierungs-
und Adaptionseinheit 36 zur Ermittlung eines verbesserten
Satzes für
die Modellparameter P zur Verfügung
gestellt. Die so verbessert eingestellten Modellparameter P werden
dann zur Adaption des Modells 33 herangezogen. Das adaptierte
Modell 33 wird anschließend zur Bestimmung der Ausgangsgrößen A und
auch des Vorhersagewerts BV für eine kommende
Betriebsphase verwendet.
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Da
die Regelungseinheit 2 also auf einer Prognose des Wertes
beruht, den die Betriebsgröße B zukünftig annehmen
wird, entfallen Regel-Totzeiten weitgehend. Die Regelungseinheit 2 ist
somit zum einen sehr stabil und reagiert zum anderen sehr rasch
auf geänderte
Prozessbedingungen.
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Als
Betriebsgröße B sind
verschiedene Größen des
Mühlensystems 1 vorstellbar,
wie beispielsweise ein Durchfluss, eine Dichte, ein Gewicht, ein Druck,
eine Leistung, ein Drehmoment, eine Geschwindigkeit, eine Körnigkeit
oder auch eine Korngrößenverteilung.
Hierbei handelt es sich insbesondere um einen Teil der Eingangsgrößen E. Vor
allem die Korngrößenverteilung
eignet sich besonders gut zur Bestimmung eines verbesserten Parametersatzes
für die
Modellparameter P.
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In
der Parameter-Identifizierungs- und Adaptionseinheit 36 kommt
ein SQP-Optimierungsverfahren zum Einsatz, bei dem eine vorgebbare
Zielfunktion unter Einhaltung von Nebenbedingungen minimiert und
zur Bestimmung des verbesserten Parameter(teil)satzes für die Modellparameter
P verwendet wird. In der Parameter-Identifizierungs- und Adaptionseinheit 36 werden
die Zielfunktionsminimierung und damit die Parameter-Adaption so
vorgenommen, dass das adaptierte Modell 33 das vergangene
Verhalten des Mühlensystems 3 möglichst
gut nachbildet. Ein mit dem so adaptierten Modell 33 für die vergangene
Betriebsphase (= für
mindestens einen vergangenen Zyklus) errechneter Wert BR der Betriebsgröße B würde sich
minimal von dem erfassten Messwert BM unterscheiden.
Das Modell 33 beschreibt mit diesem adaptierten Parametersatz
die Realität
in der Vergangenheit optimal.
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Als
Zielfunktion kommt beispielsweise die Abweichung zwischen gemessener
und berechneter Korngrößenverteilung
in Frage. Mögliche
Nebenbedingungen ergeben sich dann insbesondere aus einer Übergangsmatrix,
deren Koeffizienten angeben, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein
Materialpartikel, der im aktuellen Zyklus in einen bestimmten Teilbereich
der Korngrößenverteilung
fällt,
nach dem kommenden Zyklus in einen bestimmten (anderen) Teilbereich
der Korngrößenverteilung
fällt.
Die Werte, die die Koeffizienten dieser Übergangsmatrix annehmen können, unterliegen
gewissen, mathematisch oder physikalisch bedingten Beschränkungen.
Es lassen sich Grenzen für
die einzelnen Koeffizienten aber auch für Kombinationen, beispielsweise
für Summen von
mehreren Koeffizienten angeben.
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Ebenso
kann als Zielfunktion aber auch die Abweichung zwischen gemessener
und berechneter Dichte in der Rückflussleitung 8 definiert
werden. Selbstverständlich
kann zur SQP-Optimierung
in der Parameter-Identifizierungs- und Adaptionseinheit 36 auch
eine Kombination von mehreren Zielfunktionen herangezogen werden.
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Das
anhand der Vergangenheitsbetrachtung gewonnene adaptierte Modell 33 wird
in einem weiteren Verfahrensschritt zur zukünftigen Regelung, also zur
Regelung im kommenden Zyklus eingesetzt. Dies erfolgt in der Optimierungseinheit 37.
Es handelt sich um eine zweite Optimierung, für die insbesondere wiederum
ein SQP-Optimierungsverfahren verwendet wird. Auch hier wird eine
Zielgröße unter
Einhaltung von Nebenbedingungen optimiert. Ziel ist nun insbesondere
eine optimale Ermittlung der Ausgangsgrößen A, also der Stell- oder
Führungsgrößen der
lokalen Regler, sodass beispielsweise eine vorge gebene Korngrößenverteilung
an einer bestimmten Stelle des Mühlensystems 3,
insbesondere am Ausgang, erreicht wird. Die Zielgröße kann
bei dieser zweiten Optimierung also insbesondere die Produktqualität sein.
Als Nebenbedingungen kommen der Materialbedarf und der Energiebedarf
in Frage.
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Weitere
denkbare Nebenbedingungen ergeben sich aus den physikalischen, technologischen oder
prozessbedingten Grenzen. Sie können
vorteilhafterweise direkt in den Optimierungsalgorithmus mit eingespeist
werden, sodass ein Stell- oder Führungsgrößensatz,
der zu einem instabilen Prozessablauf führen würde, von vornherein ausgeschlossen wird.
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Gemäß einer
verfahrensökonomisch
begründeten
Nebenbedingung kann z.B. verlangt sein, dass die Dichte in der Rückflussleitung 8 achtzig
Prozent nicht übersteigt,
da die Separations-Effizienz
in der Hydrozyklonen-Einheit 5 andernfalls durch veränderte Rheologie
deutlich sinkt. Weiterhin kann die Drehzahl der Trommel 3a beschränkt werden,
um zu starke Fliehkräfte
zu vermeiden. Ebenso gibt es maximale und minimale Werte für die Pumpleistungen bei
der Frischwasserzufuhr und auch bei der Zufuhr des ungemahlenen
Erzmaterials. Außerdem
sind Grenzen für
den maximalen Beladungszustand der Trommel 3a zu beachten.
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Die
Berücksichtigung
von Nebenbedingungen trägt
auch mit dazu bei, dass der eingestellte Betriebsmodus des Mühlensystems 1 mehreren
Anforderungen gleichermaßen
gerecht wird. Beispielsweise lassen sich auf diese Weise die Mühlengeschwindigkeit,
die Frischwasserzufuhr in die zentrale Mühleneinheit 3 und
in die Sumpfeinheit 4 sowie der Energieverbrauch optimieren,
wobei zugleich der Durchsatz und die erzielte Produktqualität auf einem vorgegebenen
Niveau gehalten werden.
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Die
vorstehenden Ausführungen
wurden am Beispiel einer Erzmühle
gemacht. Die beschriebenen Prinzipien und vorteilhaften Wirkungsweisen
lassen sich aber ohne weiteres auch auf den Betrieb anderer Mühlentypen,
wie beispielsweise Zementmühlen oder
in der Pharmaindustrie eingesetzte Mühlen, übertragen.