DE10033219A1 - Neuroprotektive Wirkung von Granulocyten-Colony Stimmulierendem Faktor (G-CSF) - Google Patents
Neuroprotektive Wirkung von Granulocyten-Colony Stimmulierendem Faktor (G-CSF)Info
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Abstract
Verwendung von G-CSF (Granulozyten Colony Stimulating Factor) zur Herstellung pharmazeutischer Präparate mit neuroprotektiver Wirkung zur Behandlung akuter Ischämien wie z. B. Apoplexie und neurodegenerativer Erkrankungen wie z. B. bei der Parkinson- oder Alzheimer-Krankheit.
Description
Verwendung von G-CSF (Granulozyten Colony Stimulating Factor) zur Herstellung
pharmazeutischer Präparate mit neuroprotektiver Wirkung zur Behandlung akuter
Ischämien.
Der Schlaganfall (Apoplexia cerebri) ist die dritthäufigste Todesursache in den
westlichen Industrieländern, zählt zu den führenden Ursachen dauernder Invalidität
und Pflegebedürftigkeit und damit - ökonomisch betrachtet - zu der teuersten
Krankheitsgruppe überhaupt. Zur Zeit erleiden in Deutschland etwa 150.000
Einwohner pro Jahr einen Schlaganfall, davon sterben 15-20 Prozent der Patienten
innerhalb der ersten vier Wochen. Nur etwa ein Drittel der überlebenden Patienten
erholt sich ohne größere bleibende Behinderung, während ebenfalls ein Drittel durch
Lähmungen oder andere neurologische Ausfälle dauerhaft schwer behindert bleibt.
Bei 80 Prozent der Patienten liegt dem Schlaganfall eine Durchblutungsstörung mit
nachfolgender Ischämie in einem umschriebenen Gefäßterritorium zugrunde. Zu
Durchblutungsstörungen im Gehirn kommt es meist entweder makroangiopathisch
durch Thrombembolien bzw. hämodynamische Strömungsverlangsamungen oder
mikroangiopathisch durch eine blutdruckbedingte Arteriosklerose der kleinen,
intrazerebralen Endarterien. Dabei begünstigen eine Reihe von Risikofaktoren das
Auftreten eines Schlaganfalles. Dies sind insbesondere die arterielle Hypertonie,
zahlreiche Herzerkrankungen, die mit einem erhöhten Embolierisiko verbunden sind -
vor allem das Vorhofflimmern -, der Diabetes mellitus, Zigarettenrauchen,
Blutgerinnungsstörungen und zu einem geringeren Anteil die Hypercholesterinämie.
Durch embolischen oder lokal thrombotischen Verschluss einer der großen
hirnversorgenden Arterien entstehen die Territorialinfarkte, d. h. Infarkte, die ein
umschriebenes Gebiet innerhalb des Versorgungsbereiches einer bestimmten
Hirnarterie betrifft. Am häufigsten ist dabei das Versorgungsgebiet der Arteria cerebri
media betroffen, ein Mediaterritorialinfarkt mit einem entsprechenden
"Mediasyndrom" entsteht. Dies ist auch die häufigste Manifestation eines
Schlaganfalles überhaupt. Bisher ist nur bei ausgewählten Patienten eine
thrombolytische Therapie erfolgversprechend. In der letzten Jahren hat sich durch
neue pathophysiologische Erkenntnisse und Methoden die Diagnostik und Therapie
akuter zerebraler Ischämien erheblich gewandelt. Die Thrombolyse bietet die
Möglichkeit zur therapeutischen Intervention innerhalb eines "therapeutischen
Fensters" von 3 bis 6 Stunden nach Infarktereignis. Ziel ist die rasche Auflösung des
Gefäßverschlusses und damit die Wiederherstellung der zerebralen Durchblutung
und Verbesserung der neurologischen Symptomatik. Dies basiert auf der
pathophysiologischen Vorstellung, dass die Wiedereröffnung eines verschlossenen
zerebralen Gefäßes den Erhalt hypoperfundierten, reversibel geschädigten
Hirngewebes (der sogenannten ischämische Penumbra), und damit die
Wiederherstellung neuronaler Funktionen unterstützt. Bisher kann diese Behandlung
allerdings nur in ausgewiesenen neurologischen Zentren durchgeführt werden. Auch
die Zulassung von rt-PA beim Schlaganfall in Deutschland steht noch aus. Die
Lysetherapie nach 6 Stunden gilt als besonders nebenwirkungsreich (erhöhte Zahl
intrakranieller Blutungen) und sollte daher unterbleiben. Andere Therapieverfahren
sind zur Zeit nicht evaluiert. Momentan werden verschiedene andere Substanzen
untersucht. Hier sind vor allem sog. Wachstumsfaktoren (bFGF) und Pharmaka, die
die Thrombozytenadhäsion blockieren (anti-GP IIb/IIa, Abcizimab), zu nennen. In den
letzten Jahren wurden zahlreiche neuroprotektive Substanzen in klinischen Studien
untersucht. Leider konnte keine dieser bisher getesteten Substanzen, die sämtlich im
Tiermodell neuroprotektiv wirkten, in der klinischen Praxis ihren Nutzen beweisen.
Vor allem die Glutamat-Antagonisten, freie Radikalenfänger und NMDA Antagonisten
blieben ohne klinischen Nutzen, oder zeigten im Gegenteil sogar erhebliche
Nebenwirkungen, die den klinischen Einsatz unmöglich machen (Psychosen etc.).
Andere Substanzen, die die leukozytäre Wandadhäsion hemmen (anti-ICAM-1) oder
der Inhibitor der Glutamat-vermittelten NO Synthetase (Lubeluzol) blieben ohne
positiven Effekt.
Aufgabe der Erfindung ist die Folgen einer akuten Ischämie zu lindern oder zu
beseitigen durch Verabreichung von Substanzen mit neuroprotektiver Wirkung.
Diese Aufgabe wird durch das Verfahren mit den Merkmalen des Anspruches 1
gelöst.
Die Verwendung von G-CSF (Granulozyten Colony Stimulating Factor) zur
Herstellung pharmazeutischer Präparate mit neuroprotektiver Wirkung zur
Behandlung akuter Ischämien stellt einen erfolgreichen Therapieansatz mittels
neuroprotektiver Wachstumsfaktoren dar.
G-CSF, englische Abkürzung für "Granulocyte Colony Stimulating Factor (G-CSF)",
reguliert als endogener, hämatopoetischer Wachstumsfaktor die Reifung,
Proliferation und Differenzierung von neutrophilen Granulozyten. G-CSF wird
natürlicherweise von verschiedenen Monozyten, Makrophagen und T-Lymphozyten
als Glykoprotein gebildet und zu den Cytokinen gezählt. G-CSF wird als
rekombinanter humaner Faktor Filgrastim (Neupogen®/Firma Amgen GmbH, CAS-
Nr. 121181-53-1) bereits zur Behandlung von Neutropenien und neutropenischem
Fieber eingesetzt. Weitere rekombinante humane G-CSF sind Lenograstim und
Molgramostim. Eine neuroprotektive Wirkung von G-CSF wurde bisher noch nicht
beschrieben.
An 24 Wistarratten wurde durch das international anerkannte Fadenmodell nach
Longa et al eine 90 minütige Ischämie induziert. 30 Minuten nach Ischämieinduktion
wurden 12 Ratten (n = 12) 2 ml NaCl intravenös über insgesamt 90 min infundiert;
diese dienten als Kontrollgruppe (K). Die Therapiegruppe (T; n = 12) erhielt über
denselben Zeitraum 20 Mikrogramm G-CSF in 2 ml NaCl gelöst. Vor
Ischämieinduktion und 1, 2, 3, 4 und 24 Stunden danach wurde mittels ELISA
(Biosource Europe, Fleurus, Belgien) die Konzentration von Interleukin 1-beta, IL-2,
IL-6 und IL-10 bestimmt. Nach 24 Stunden wurden die Gehirne entnommen und von
frontal 5 Hirnschnitte mit 2 mm Dicke angefertigt. Mittels TTC-Färbung wurde anhand
von Schnitt 1, 2, 4 und 5 die Infarkt- und Hirnödemgrösse bestimmt. Schnitt 3 wurde
weiter histologisch aufgearbeitet. Um die zerebrale Invasion mit neutrophilen
Granulozyten nachzuweisen, wurde eine Myeloperoxidasefärbung MPO (DAKO,
Carpinteria, CA, USA) durchgeführt. Durch Zugabe eines Anti-G-CSF-Antikörpers
sollten Hinweise auf eine bisher noch nicht beschriebene Existenz des G-CSF-
Rezeptors gefunden werden.
Zerebelläre Granulazellen wurden von P7-Mäusen gewonnen und nach einem
etablierten Zellkulturmodell aufgearbeitet und gezüchtet. Nach 7 Tagen wurden die
Granulazellen mit G-CSF behandelt und nach 30 min Glutamat zugegeben. Um die
Überlebensrate der Zellen zu testen, wurde 3-(4,5-Dimethylthiazol-2-yl)-2,5-
diphenyltetrazoliumbromid (MTT, Sigma, München) 2 Stunden nach
Glutamatstimulation appliziert. Nach weiteren 4 Stunden wurden die Zellen mit 1%
SDS lysiert. Die Proben wurde bei 590 nm optischer Dichte gemessen. Des weiteren
wurde mittels einer PCR der G-CSF-Rezeptor nachgewiesen werden. Dazu wurde
aus Mäusegehirnen RNA extrahiert (RNA-kit, AGS, Heidelberg). 10 Mikrogramm
RNA wurden mit MMLV reverser Transkriptase transkribiert. Für die PCR wurden
Primer von Exon 5 und 7 des G-CSF-Rezeptors benutzt (Ashihara, 1997). Die
statistische Analyse erfolgte für das Tierexperiment nach Anova mit Bonferroni-
Korrektur für multiple Gruppen.
Kontroll- und Therapiegruppe unterschieden sich nicht in den gemessenen
physiologischen Parametern (BGA, HKT, Blutdruck und Körpergewicht). Nach 24
Stunden wurde eine leichte Erhöhung der im Blut vorhandenen neutrophilen
Granulozyten festgestellt, die nicht signifikant war. Die Infarktgröße in den TTC-
Schnitten betrug für die G-CSF-behandelte Gruppe (T) 6,7% +/-6,7% (n = 12) des
Gesamthirnvolumens und war damit signifikant (p < 0,05) geringer als die der
Kontrollgruppe mit 22,7% +/-6,3% (n = 12). Das errechnete Hirnödem war mit 4,7% +-
6,6% in der G-CSF-Gruppe ebenfalls signifikant (p < 0,05) geringer als in der nicht-
behandelten Gruppe mit 12,0% +/-6,1%. Für alle gemessenen Interleukine bis auf
IL-2 konnten signifikant geringere Serumwerte in der G-CSF-Gruppe nachgewiesen
werden (p < 0,05). In der histologischen Auswertung des Hirnschnittes 3 konnte bei
der MPO-Färbung für beide Tiergruppen lediglich eine Zunahme der Invasion von
neutrophilen Granulozyten festgestellt werden, die mit der Größe des Infarktes
zunahm. Signifikante Unterschiede wurden nicht beobachtet. An den Hirnschnitten
konnte die Bindung von anti-Rezeptor-G-CSF sowohl an Neuronen als auch an
Axonen und Dendriten nachgewiesen werden. In der Zellkultur konnte eine
signifikante Abnahme des Zelluntergangs beobachtet werde. Dieser Effekt nahm mit
steigender G-CSF-Dosis zu. Die PCR wies durch PT-PCR den Mausrezeptor im
Hirngewebe nach. Das PCR-Produkt hatte die erwartete Größe von 567 bp und
wurde durch PCR-Sequenzierung verifiziert.
Die Ergebnisse zeigen, dass G-CSF neuroprotektive Eigenschaften besitzt. Diese
konnten sowohl im Tierexperiment über eine Verminderung des Infarktarreals und
Hirnödems in der G-CSF-behandelten Gruppe als auch an der Zellkultur durch einen
mittels G-CSF vermindertem Glutamatschaden bewiesen werden. Wirkmechanismen
bestehen in einer Aktivierung des intrazerebralen G-CSF-Rezeptors, und eine
Verminderung bestimmter Interleukine, die in die Entzündungsvorgänge bei
zerebraler Ischämie eingreifen. Da G-CSF endogen produziert wird, einen zerebralen
Rezeptor besitzt und neuroprotektive Eigenschaften aufweist, reiht es sich in die
Reihe der Neurotrophine wie BDNF, IGF und NGF ein. Nebenwirkungen konnte in
unserem Experiment nicht festgestellt werden.
Da G-CSF ein seit mehreren Jahren etabliertes Medikament mit geringer
Nebenwirkungsrate ist, enthält unsere Anwendungsmöglichkeit bei zerebraler
Ischämie eine große praktische Relevanz. G-CSF stellt einen wirkungsvollen
pharmazeutischen Wirkstoff für die bisher unbefriedigende Schlaganfalltherapie dar.
Claims (7)
1. Verwendung von G-CSF (Granulozyten Colony Stimulating Factor) zur
Herstellung pharmazeutischer Präparate mit neuroprotektiver Wirkung zur
Behandlung akuter Ischämien und neurodegenerativer Erkrankungen.
2. Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass G-CSF ein
Polypeptid und/oder ein Glycoprotein ist, und/oder ein Derivat und/oder ein
Analoga von G-CSF ist, welches Granulocyten Zellkolonie stimulierende Aktivität
hat.
3. Verwendung nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, dass G-CSF
entweder chemisch-synthetisch (z. B. Derivate, Analoga, Isomere) und/oder
rekombinant hergestellt und/oder aus G-CSF bildenden Zellen isoliert wird.
4. Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass akute Ischämien
wie z. B. bei Apoplexie, Schädel-Hirn-Trauma oder Tumoren behandelt werden.
5. Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass neurodegenerative
Erkrankungen wie z. B. Parkinson, Alzheimer behandelt werden.
6. Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das
pharmazeutische Präparat fest, flüssig oder aerosolartig (z. B. Spray) ist.
7. Handelspackung enthaltend ein G-CSF haltiges pharmazeutisches Präparat
zusammen mit Instruktionen für die Verwendung von G-CSF bei der
neuroprotektiven Behandlung von akuter Ischämie oder neurodegenerativen
Erkrankungen.
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