Petra Wodtke
Meine Dissertation, die ich 2014 erfolgreich abgeschlossen habe, beschäftigt sich mit der römischen Provinz Epirus aus einer kulturtheoretischen Perspektive. Sie ist darauf ausgelegt (Klassische) Archäologie als eine Kulturwissenschaft zu betreiben. Dadurch werden verschiedene Methoden und Denkansätze für eine Studie über das römerzeitliche Griechenland herangezogen, die im archäologischen Gebrauch teilweise bislang nur eine untergeordnete Rolle spielten.
Die Arbeit hat zum Ziel, Angebote zu einer weiteren Annäherung an vergangene Lebenswelten auf der Basis der materiellen Hinterlassenschaften, speziell aus der römischen Kaiserzeit, zu machen. Um dieses Ziel zu erreichen wird zunächst dargelegt, weshalb bisherige Fragestellungen an die Materieller Kultur der römischen Kaiserzeit als unzureichend bewertet werden. Bei diesen Fragestellungen handelt es sich hauptsächlich um solche nach Kulturkontaktszenarien, von denen verschiedene Konzepte von Romanisierung am stärkste ausgeprägt sind (Kapitel 2). Im Anschluss daran wird eine neue Frage formuliert, nämlich die nach den kommunikativen Möglichkeiten des Objekts. Sie lautet:
Auf welchen Kommunikationsebenen und für welche damit verbundenen Kommunikationsstrategien sind der archäologische Befund und das archäologische Objekt relevant?
Diese Fragestellung unterliegt dabei keiner zeitlichen Beschränkung. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass die kommunikative Funktion des Objektes während seiner gesamten Biographie stattfindet. Diese reicht von der Herstellung über vielfältige Nutzungskontexte und -konzepte, bis hin zu seiner Entsorgung oder Deponierung. Das anschließend im Boden befindliche Objekt ist weiterhin verschiedenen postdepositionalen Prozessen ausgesetzt. Nach einem gewissen Zeitraum kann es auch wieder in den Nutzungskreislauf rückgeführt werden. Eine mögliche Form dieser Rückführung ist die archäologische Bergung und Weiterbehandlung. Auf all diesen objektbiographischen Etappen war das Objekt Bestandteil verschiedener Kommunikationsebenen zwischen den Akteuren der jeweiligen sozialen Gruppen.
Neben der Etablierung der neuen Fragestellung an Materielle Kultur, erfolgt im 2. Kapitel ferner die Definition und Bereitstellung einer Zuschreibung eines Objektes oder eines Befundes als 'römisch' beziehungsweise der Ausschluss solcher Zuweisungen sowie eine Aushandlung der verschiedenen relevanten Kulturbegriffe. Daraufhin gilt es Materieller Kultur in ein Konzept von 'Kultur als Kommunikation' einzubinden.
Im Anschluss an die Definitionen widmet sich das 3. Kapitel der Entwicklung eines neuen Analysesystem für Materielle Hinterlassenschaften. Dieses hat zum Ziel, durch veränderte Prioritäten und Ansprachen festgesetzte Hierarchien und Wertigkeiten aufzubrechen, um eine unvorbelastetere Annäherung an vergangene Lebenswelten zu ermöglichen. Das Analysesystem basiert in erster Linie auf der Semiotik von Charles S. Peirce. Um es zu entwickeln sind zunächst einige konstituierende Schritte nötig, da die Semiotik in der Archäologie bisher eine eher disparate Entwicklungsgeschichte hat, die teilweise relativiert werden muss. Im Mittelpunkt der archäologisch-semiotischen Analyse stehen die Objekte. Dadurch wird der Blick weg von der Interpretation von Kulturkontaktszenarien durch Materielle Hinterlassenschaften, hin zu konkreten synchronen und diachronen Transformationen von Funden und Befunden (Biographien), von raumkonstituierenden und -konstituierten Riten und Praktiken sowie deren wechselseitigen Abhängigkeiten gerichtet. Im Sinne der zuvor erarbeiteten Einbindung von 'Materieller Kultur als Kommunikation', rücken also die durch die Hinterlassenschaften zugreifbaren Kommunikationsebenen vergangener Lebensweisen in den Mittelpunkt des Interesses. Eine Ansprache als 'römisch' oder 'griechisch' oder eine fiktiv konstruierte Identitäts- oder Kulturzuweisung wird dadurch überwunden.
Auf dieser Grundlage wird eine Analyse einer festgelegten Auswahl von Materiellen Hinterlassenschaften der römischen Provinz Epirus durchgeführt (Kapitel 4). Diese erfolgt ausschließlich auf Publikationslage. Entsprechend dient das Analysesystem ferner dazu, die einzelnen archäologischen Projektpublikationen als Zeichen archäologischer Erkenntnisgewinnung zu definieren und nutzbar zu machen, also zu interpretieren. Für die einzelnen Stätten, beziehungsweise die Funde und Befunde innerhalb der Stätten, werden die vielfältigen Kommunikationsebenen aufgezeigt und die aus ihnen resultierenden Strategien interpretativ ermitteln. Dadurch wird der epistemologischen Charakter des semiotischen Analysesystems aufgezeigt, um zu veranschaulichen, wie mit dessen Hilfe erweiterte Zugänge zu antiken Lebenswelten möglich sind.
Address: petrawodtke.de
Die Arbeit hat zum Ziel, Angebote zu einer weiteren Annäherung an vergangene Lebenswelten auf der Basis der materiellen Hinterlassenschaften, speziell aus der römischen Kaiserzeit, zu machen. Um dieses Ziel zu erreichen wird zunächst dargelegt, weshalb bisherige Fragestellungen an die Materieller Kultur der römischen Kaiserzeit als unzureichend bewertet werden. Bei diesen Fragestellungen handelt es sich hauptsächlich um solche nach Kulturkontaktszenarien, von denen verschiedene Konzepte von Romanisierung am stärkste ausgeprägt sind (Kapitel 2). Im Anschluss daran wird eine neue Frage formuliert, nämlich die nach den kommunikativen Möglichkeiten des Objekts. Sie lautet:
Auf welchen Kommunikationsebenen und für welche damit verbundenen Kommunikationsstrategien sind der archäologische Befund und das archäologische Objekt relevant?
Diese Fragestellung unterliegt dabei keiner zeitlichen Beschränkung. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass die kommunikative Funktion des Objektes während seiner gesamten Biographie stattfindet. Diese reicht von der Herstellung über vielfältige Nutzungskontexte und -konzepte, bis hin zu seiner Entsorgung oder Deponierung. Das anschließend im Boden befindliche Objekt ist weiterhin verschiedenen postdepositionalen Prozessen ausgesetzt. Nach einem gewissen Zeitraum kann es auch wieder in den Nutzungskreislauf rückgeführt werden. Eine mögliche Form dieser Rückführung ist die archäologische Bergung und Weiterbehandlung. Auf all diesen objektbiographischen Etappen war das Objekt Bestandteil verschiedener Kommunikationsebenen zwischen den Akteuren der jeweiligen sozialen Gruppen.
Neben der Etablierung der neuen Fragestellung an Materielle Kultur, erfolgt im 2. Kapitel ferner die Definition und Bereitstellung einer Zuschreibung eines Objektes oder eines Befundes als 'römisch' beziehungsweise der Ausschluss solcher Zuweisungen sowie eine Aushandlung der verschiedenen relevanten Kulturbegriffe. Daraufhin gilt es Materieller Kultur in ein Konzept von 'Kultur als Kommunikation' einzubinden.
Im Anschluss an die Definitionen widmet sich das 3. Kapitel der Entwicklung eines neuen Analysesystem für Materielle Hinterlassenschaften. Dieses hat zum Ziel, durch veränderte Prioritäten und Ansprachen festgesetzte Hierarchien und Wertigkeiten aufzubrechen, um eine unvorbelastetere Annäherung an vergangene Lebenswelten zu ermöglichen. Das Analysesystem basiert in erster Linie auf der Semiotik von Charles S. Peirce. Um es zu entwickeln sind zunächst einige konstituierende Schritte nötig, da die Semiotik in der Archäologie bisher eine eher disparate Entwicklungsgeschichte hat, die teilweise relativiert werden muss. Im Mittelpunkt der archäologisch-semiotischen Analyse stehen die Objekte. Dadurch wird der Blick weg von der Interpretation von Kulturkontaktszenarien durch Materielle Hinterlassenschaften, hin zu konkreten synchronen und diachronen Transformationen von Funden und Befunden (Biographien), von raumkonstituierenden und -konstituierten Riten und Praktiken sowie deren wechselseitigen Abhängigkeiten gerichtet. Im Sinne der zuvor erarbeiteten Einbindung von 'Materieller Kultur als Kommunikation', rücken also die durch die Hinterlassenschaften zugreifbaren Kommunikationsebenen vergangener Lebensweisen in den Mittelpunkt des Interesses. Eine Ansprache als 'römisch' oder 'griechisch' oder eine fiktiv konstruierte Identitäts- oder Kulturzuweisung wird dadurch überwunden.
Auf dieser Grundlage wird eine Analyse einer festgelegten Auswahl von Materiellen Hinterlassenschaften der römischen Provinz Epirus durchgeführt (Kapitel 4). Diese erfolgt ausschließlich auf Publikationslage. Entsprechend dient das Analysesystem ferner dazu, die einzelnen archäologischen Projektpublikationen als Zeichen archäologischer Erkenntnisgewinnung zu definieren und nutzbar zu machen, also zu interpretieren. Für die einzelnen Stätten, beziehungsweise die Funde und Befunde innerhalb der Stätten, werden die vielfältigen Kommunikationsebenen aufgezeigt und die aus ihnen resultierenden Strategien interpretativ ermitteln. Dadurch wird der epistemologischen Charakter des semiotischen Analysesystems aufgezeigt, um zu veranschaulichen, wie mit dessen Hilfe erweiterte Zugänge zu antiken Lebenswelten möglich sind.
Address: petrawodtke.de
less
InterestsView All (14)
Uploads
Papers by Petra Wodtke
Dieser Beitrag steht unter der Creative Commons Lizenz CC BY-NC-ND 4.0 (Namensnennung-Nicht kommerziell-Keine Bearbeitung) International. Sie erlaubt den Download und die Weiterverteilung des Werkes / Inhaltes unter Nennung des Namens des Autors, jedoch keinerlei Bearbeitung oder kommerzielle Nutzung.
http://www.waxmann.com/buch3664
and ideas of archaeology popularly circulate. It is used as a metaphor, as a tool, as a
description of methods and as a way of thinking and practising. The “archaeology of
media” is only one of numerous uses. Archaeologists-as-such now ind it dificult to
make clear statements about the nature of the archaeological endeavour, and to ind
a strong disciplinary position within this diversity. This paper tells a transictional story
about the handling of such an identity crisis.
Books by Petra Wodtke
Dieser Beitrag steht unter der Creative Commons Lizenz CC BY-NC-ND 4.0 (Namensnennung-Nicht kommerziell-Keine Bearbeitung) International. Sie erlaubt den Download und die Weiterverteilung des Werkes / Inhaltes unter Nennung des Namens des Autors, jedoch keinerlei Bearbeitung oder kommerzielle Nutzung.
http://www.waxmann.com/buch3664
and ideas of archaeology popularly circulate. It is used as a metaphor, as a tool, as a
description of methods and as a way of thinking and practising. The “archaeology of
media” is only one of numerous uses. Archaeologists-as-such now ind it dificult to
make clear statements about the nature of the archaeological endeavour, and to ind
a strong disciplinary position within this diversity. This paper tells a transictional story
about the handling of such an identity crisis.