Books by Emanuel Kapfinger
Die Faschisierung des Subjekts. Über die Theorie des autoritären Charakters und Heideggers Philosophie des Todes, 2021
2., durchgesehene Auflage 2022
Eine Theorie der Faschisierung des Subjekts steht nach wie vor ... more 2., durchgesehene Auflage 2022
Eine Theorie der Faschisierung des Subjekts steht nach wie vor aus. Emanuel Kapfinger entwickelt eine solche in der Kritik von Heideggers »Freiheit zum Tode« in seinem Hauptwerk Sein und Zeit. Im Zuge dessen beantwortet er auch die Frage, was eine faschistische Philosophie ist. Er weist nach, dass die Theorie des autoritären Charakters die zentralen Phänomene des Faschismus – namentlich den Vernichtungswillen – nicht fassen kann und stützt sich dabei auf die Dialektik der Aufklärung. Schließlich versucht Kapfinger, in Reflexion dieser Analysen, ein allgemeines dialektisches Modell von Faschisierung zu skizzieren. Durch diese Verallgemeinerung trägt er auch zur Einschätzung des heutigen Rechtsextremismus bei.
Mit einem Vorwort von Micha Brumlik
Bookmarks Related papers MentionsView impact
Für Hans-Jürgen Krahl. Beiträge zu seinem antiautoritären Marxismus, 2022
Hans-Jürgen Krahl war ein unglaublicher Revolutionär: Um 1968 gab es niemanden, der den Versuch e... more Hans-Jürgen Krahl war ein unglaublicher Revolutionär: Um 1968 gab es niemanden, der den Versuch einer »historisch angemessenen Vermittlung von Theorie und Praxis« derart intensiv betrieben hat wie er. Als Vorstandsmitglied des SDS lieferte er wichtige Überlegungen zur Organisation der Studierendenbewegung. Er stellte sich nicht nur entschieden gegen eine autoritäre Wende der Bewegung, sondern setzte ihr ein Modell antiautoritärer Emanzipation entgegen. Als einer der Theorieköpfe von ’68 debattierte er mit den Intellektuellen der Frankfurter Schule auf Augenhöhe und arbeitete an einer eigenständigen Weiterentwicklung der Kritischen Theorie. Trotz seines frühen Todes mit 27 Jahren hinterließ er ein faszinierendes Lebenswerk, das auch heute einen wichtigen Fundus für Theorie und Praxis der antiautoritären Linken bietet.
Der Band beschäftigt sich mit Krahls zentralen Themen wie Klassenanalyse, seiner Auseinandersetzung mit Adorno, Vermittlung von Theorie und Praxis oder Dialektik. Zudem wird ein Blick auf die internationale Rezeption und seine zeitgenössische Relevanz geworfen.
Mit Beiträgen von Pauline Corre-Gloanec, Samuel Denner, Andreas George, Meike Gerber, Emanuel Kapfinger, Robin Mohan, Alexander Kluge, Hermann Kocyba, Hans-Jürgen Krahl, Marcello Tarì, Julian Volz und Frieder Otto Wolf
Herausgegeben von Meike Gerber, Emanuel Kapfinger und Julian Volz
Bookmarks Related papers MentionsView impact
Papers by Emanuel Kapfinger
transcript Verlag eBooks, Dec 30, 2023
Bookmarks Related papers MentionsView impact
Kritische Theorie und extreme Rechte. Analysen im Anschluss an Horkheimer, Adorno und Co., hrsg. von Leo Roepert, 2023
English Abstract follows German.
Emanuel Kapfinger weist in seinem Beitrag das Fehlen einer T... more English Abstract follows German.
Emanuel Kapfinger weist in seinem Beitrag das Fehlen einer Theorie faschistischer Subjektivität in der aktuellen Diskussion über die radikale Rechte nach. Gestützt auf Wilhelm Heitmeyers empirischer Binnendifferenzierung der radikalen Rechten erarbeitet er darum einen Vergleich mit der radikalen Rechten zwischen 1918 und 1945, um die damaligen Faschismustheorien systematisch auf die Gegenwart zu beziehen. Damit entwickelt er vier Subjektkategorien: der in der gesamten Bevölkerung verbreitete, nicht rechtsradikale autoritätsgebundene Charakter (Adorno); der noch nicht faschistische Autoritarismus (Fromm/Heitmeyer); der pseudosozialistische Faschismus (Wilhelm Reich); der eliminatorische Faschismus (Dialektik der Aufklärung). Letzteren vertieft er anhand einer Kritik der „Freiheit zum Tode“ des faschistischen Philosophen Heidegger. —
Emanuel Kapfinger demonstrates in his contribution the lack of a theory of fascist subjectivity in the current discussion about the radical right. Based on Wilhelm Heitmeyer's empirical internal differentiation of the radical right, he therefore develops a comparison with the radical right between 1918 and 1945 in order to systematically relate the fascism theories of that time to the present. In doing so, he develops four subject categories: the authoritarian character, which is widespread throughout the population but not radical right (Adorno); the not yet fascist authoritarianism (Fromm/Heitmeyer); the pseudo-socialist fascism (Wilhelm Reich); the eliminationist fascism (Dialectic of Enlightenment). He analyses the latter in greater depth using a critique of the fascist philosopher Heidegger's "freedom towards death". —
Der Sammelband und damit auch der hier zur Verfügung gestellte Aufsatz ist lizenziert unter der Creative Commons Attribution-ShareAlike 4.0 Lizenz (BY-SA). Diese Lizenz erlaubt unter Voraussetzung der Namensnennung des Urhebers die Bearbeitung, Vervielfältigung und Verbreitung des Materials in jedem Format oder Medium für beliebige Zwecke, auch kommerziell, sofern der neu entstandene Text unter derselben Lizenz wie das Original verbreitet wird. Lizenz-Text: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0
Bookmarks Related papers MentionsView impact
Die Arbeit geht von der Beobachtung aus, dass kulturkritische Analysen recht häufig auf Hegels Ph... more Die Arbeit geht von der Beobachtung aus, dass kulturkritische Analysen recht häufig auf Hegels Phänomenologie des Geistes zurückgreifen: von Fanon über Marcuse bis zu Butler. Ein solcher kritischer Zugang zur Phänomenologie, der diese für die Kritik kultureller Probleme verwendet, ist offenbar sehr produktiv und soll darum systematisch ausgearbeitet werden. Dies richtet sich gegen den gegenwärtigen Mainstream der vorliegenden Lektüren der Phänomenologie, kann sich durchaus auf einschlägige kulturtheoretische Lektüren stützen, darunter insbesondere auf Fredric Jamesons Monographie The Hegel Variations (2010). Wegen Hegels affirmativer, idealistischer Dialektik muss dieser Zugang jedoch-gegen Jameson-anhand einer Kritik der Phänomenologie erarbeitet werden. Dies wird hier im Sinne materialistisch-dialektischer Philosophiekritik verstanden, orientiert unter anderem an Marx' Fragment Kritik des Hegelschen Staatsrechts. Die Phänomenologie wird dabei als treffende Darstellung des "Falschen"-bei Marx der Staat, hier die Kultur-verstanden, wodurch es die Kritik der Phänomenologie zugleich ermöglicht, eine materialistisch-dialektische Kritik der Kultur zu erarbeiten. "Kultur" meint im vorliegenden Kontext den durch Sinnlichkeit und Sprache bestimmten Gesellschaftsbereich, der insbesondere von den Bereichen der Ökonomie, des Staats und des Naturverhältnisses abzugrenzen ist; damit schließt dieser Kulturbegriff an die kulturrevolutionären Bewegungen von 1917/18 und von 1968 an. Durch die an Hegel herausgearbeiteten Grundlagen einer materialistisch-dialektischen Kulturkritik wird zudem eine Linie der Kulturkritik sichtbar, die bisher nicht beschrieben wurde und die sich von Rosa Luxemburg über Walter Benjamin und Bertolt Brecht bis hin zu Alexander Kluge und Angela Davis spannen lässt. Diese materialistisch-dialektische Kulturkritik auf Basis des Historischen Materialismus ermöglicht es-dies ist der politische Einsatz der Arbeit-die gegenwärtige Problemlage der Kulturkritik zu überwinden, die sich grob als Kulturalisierung der Kritik sowie als Zersplitterung der Kritik unter Verlust der Systemperspektive charakterisieren lässt. Die hier unternommene Kritik der Phänomenologie will also die Phänomenologie als zentrales Hilfsmittel für die Kulturkritik wiedergewinnen und systematisch die Grundlagen materialistisch-dialektischer Kulturkritik erarbeiten, und hofft damit einen Anstoß zur Neukonstituierung einer solchen Kulturkritik zu geben.
Bookmarks Related papers MentionsView impact
analyse & kritik, 2019
In Auseinandersetzung mit der aktuellen Diskussion über Utopien und ein neues Narrativ der Linken... more In Auseinandersetzung mit der aktuellen Diskussion über Utopien und ein neues Narrativ der Linken legt der Essay kritisch die Marx' Argumente gegen den Utopismus dar.
Erschienen in: analyse & kritik. Zeitung für linke Debatte und Praxis, Ausgabe 645 vom 15.01.2019
Bookmarks Related papers MentionsView impact
Auf den Schultern von Karl Marx, 2021
Obwohl der Hegel-Abschnitt in Marx' "Pariser Manuskripten" vordergründig als reine Hegel-Kritik e... more Obwohl der Hegel-Abschnitt in Marx' "Pariser Manuskripten" vordergründig als reine Hegel-Kritik erscheint und fast ausschließlich so rezipiert wurde, entwickelt Marx darin einen komplexen kritischen Philosophiebegriff. Philosophie ist nach Marx, wie sich zeigt, die von der Praxis entfremdete Selbstreflexion dieser Praxis, mit dem Ziel, deren Probleme zu lösen. Sie kann diese jedoch aufgrund ihrer Entfremdung nur innerhalb der Theorie lösen, was sie jedoch als die praktische Lösung hypostasiert. Diese These über die Philosophie führt Marx dabei so aus, dass die Kritik der Philosophie als solcher nur als Kritik Hegels möglich ist, weil dieser das "Tun der Philosophie" begrifflich erfasst hat.
Bookmarks Related papers MentionsView impact
konkret, 2020
Porträt von Hans-Jürgen Krahl zu seinem 50. Todestag am 13. Februar 1970, geschrieben zusammen mi... more Porträt von Hans-Jürgen Krahl zu seinem 50. Todestag am 13. Februar 1970, geschrieben zusammen mit Julian Volz, erschienen in der konkret 2/2020,
Bookmarks Related papers MentionsView impact
analyse & kritik, 2019
Würdigung und Kritik von Adorno aus Anlass seines 50. Todestags, unter Auseinandersetzung mit dem... more Würdigung und Kritik von Adorno aus Anlass seines 50. Todestags, unter Auseinandersetzung mit dem Nachruf von Hans-Jürgen Krahl auf Adorno: "Der politische Widerspruch der kritischen Theorie Adornos"
Bookmarks Related papers MentionsView impact
Jahrbuch 2016 zur Geschichte und Wirkung des Holocaust, hrsg. vom Fritz Bauer-Institut, 2016
Dieser Aufsatz stellt eine Analyse der nationalsozialistischen Subjektivität vor und stützt sich ... more Dieser Aufsatz stellt eine Analyse der nationalsozialistischen Subjektivität vor und stützt sich dafür auf eine Interpretation der »Freiheit zum Tode« aus Martin Heideggers
Sein und Zeit.
Meine These ist, dass in dieser philosophischen Denkfigur die nationalsozialistische Subjektivität zum Ausdruck kommt. Als Kern dieser Subjektivität werde ich eine radikale Selbstaufgabe herausarbeiten, die in einer vollständigen Unterwerfung und einem kompromisslosen Vollstrecken des »Notwendigen« zur »Freiheit« gelangt. Dieses Phänomen ist von Hannah Arendt und von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno als absolute Indifferenz dargestellt worden. Ich teile diese Beobachtung, unterscheide mich aber in der begrifflichen Analyse.
Bookmarks Related papers MentionsView impact
Unbedingte Universitäten. Was passiert? Stellungnahmen zur Lage der Universität, 2010
Die folgende Analyse des Verhältnisses von Wissenschaft, Bildung und kapitalistischer Produktions... more Die folgende Analyse des Verhältnisses von Wissenschaft, Bildung und kapitalistischer Produktionsweise dient einem doppelten
Zweck: Es geht sowohl um die Kritik der Verhältnisse an den Hochschulen als auch um die Kritik an idealistischen Alternativvorstellungen, die auf »unbedingte Universitäten« zielen. Zunächst werden wir die Beziehung zwischen Bildung, Wissenschaft und kapitalistischer Produktionsweise allgemein umreißen. Wir möchten damit deutlich machen, dass der vermeintlich kritische Begriff der »Ökonomisierung des Bildungswesens« die historische Kontinuität der Funktionen des Bildungswesens für die Reproduktion der kapitalistischen Verhältnisse verdeckt. Allerdings bringt die kapitalistische Produktionsweise eine fortwährende Umwälzung
aller sozialen Verhältnisse mit sich. Die Institutionen des Bildungswesens wurden immer wieder an die sich verändernde Arbeitsteilung und an die Reproduktionserfordernisse kapitalistischer Herrschaft angepasst, d.h., es ergibt sich notwendig immer wieder neuer Reformbedarf. Die Hochschulreformen der letzten zehn Jahre sind mit einer neuen Phase kapitalistischer Entwicklung verbunden und können nur in diesem Kontext begriffen werden. Diese Veränderungen sind Gegenstand des zweiten Teils dieses Textes.
Erschienen in Johanna-Charlotte Horst (Hrsg.): Unbedingte Universitäten. Was passiert? Stellungnahmen zur Lage der Universität, Zürich 2010, S. 249-278.
Bookmarks Related papers MentionsView impact
Teaching Documents by Emanuel Kapfinger
Seminar "Faschismustheorie der Kritischen Theorie", 2024
In diesem Seminar am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt sol... more In diesem Seminar am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt sollen die klassischen faschismustheoretischen Texte der Kritischen Theorie sowie Wilhelm Reichs in Perspektive auf die Gegenwart der radikalen Rechten gelesen werden. Diese Texte werden zunächst im historischen Bezug auf den deutschen Faschismus 1919-1945 diskutiert, sollen aber am Schluss des Seminars durch aktuelle Texte ergänzt und so auf die Gegenwart bezogen werden. Die klassischen Texte sollen dabei darauf hin befragt werden, inwiefern und was sie zur Analyse der heutigen radikalen Rechten und einer etwaigen Gefahr der Faschisierung beitragen können.
Ins Thema eingeführt werden soll dabei mit materialreichen Studien aus der Kritischen Theorie, die um die besondere Aggressivität des deutschen Faschismus und die These von der Singularität des Holocaust kreisen (Block I). In einem zweiten Block sollen die verschiedenen sozialpsychologischen und subjekttheoretischen Analysen der radikalen Rechten aus der Kritischen Theorie (Adorno, Horkheimer/Adorno, Fromm) und von Wilhelm Reich diskutiert werden (Block II), gefolgt von einschlägigen Texten zur Kulturtheorie des Faschismus (Adorno, Benjamin) (Block III). Schließlich soll anhand Heitmeyers zweibändiger Synthese der aktuellen Rechtsextremismusforschung Signaturen der Bedrohung der Bezug auf die Gegenwart hergestellt werden (Block IV).
Bookmarks Related papers MentionsView impact
Syllabus für das Seminar "Kulturtheoretische Zugänge zum Faschismus", Institut für Kulturwissensc... more Syllabus für das Seminar "Kulturtheoretische Zugänge zum Faschismus", Institut für Kulturwissenschaft, HU Berlin, SoSe 2022.
Ankündigungstext:
Das Seminar diskutiert kulturtheoretische Zugänge zum historischen deutschen Faschismus. Im Zentrum stehen klassische Texte aus dem Kontext der Frankfurter Schule, die von aktuellen Texten zum Thema ergänzt werden.
Zunächst geht es um historische Phänomene kultureller Aspekte des deutschen Faschismus, um den Hitler-Gruß, Johanna Haarers schwarze Pädagogik, die Angst als Grundstimmung des Faschismus, die Verschwiegenheit, den Lichtdom und Arno Brekers Skulptur Bereitschaft. Zweitens soll an Wilhelm Reichs Massenpsychologie des Faschismus nachvollzogen werden, dass die ursprünglich ökonomistischen Theorien den Faschismus nicht erklären können, sondern dass dazu das Eigengewicht der Ideologie herangezogen werden muss. Da allerdings Reich die Ideologie auf Individualpsychologie reduziert, ist demgegenüber ein kulturtheoretischer Zugang zur faschistischen Ideologie nötig, der Ideologie als ein durch kollektive Praktiken und kulturelle Strukturen vermitteltes Verhältnis der Individuen begreift. Ein solcher lässt sich anhand von Arbeiten Theodor W. Adornos, Walter Benjamins und Raul Hilbergs studiert werden. Die individualpsychologische Perspektive auf den Faschismus hat allerdings noch eine weitere Konsequenz: Es wird nicht zwischen Autoritarismus und Faschismus unterschieden. Diese Differenz soll mit Hannah Arendt eingeführt und mit Horkheimer/Adorno weitergeführt werden. Nur mit dieser Spezifik des Faschismus kann auch die antisemitische Vernichtungsmaschinerie begriffen werden. Schließlich sollen mit der Bedeutung von Antiziganismus, Geschlecht und Kolonialismus für den Faschismus Themen diskutiert werden, die in der üblichen Diskussion oft unterbelichtet bleiben.
Das Seminar orientiert sich an folgendem Buch: Emanuel Kapfinger (2021), Die Faschisierung des Subjekts. Über die Theorie des autoritären Charakters und Heideggers Philosophie des Todes. Mit einem Vorwort von Micha Brumlik, Mandelbaum Verlag.
Bookmarks Related papers MentionsView impact
Syllabus für das Seminar im WiSe 2020/21 am Institut für Kulturwissenschaft der HU Berlin
Ankünd... more Syllabus für das Seminar im WiSe 2020/21 am Institut für Kulturwissenschaft der HU Berlin
Ankündigungstext:
1968 ist durch die Verbindung von Sozial- und Künstlerkritik gekennzeichnet, so Luc Boltanski und Ève Chiapello in ihrem Buch „Der neue Geist des Kapitalismus“. Während die Sozialkritik die soziale Ungleichheit thematisierte, ging es der Künstlerkritik um das Kulturelle: um Kreativität, Sexualität, die patriarchale Familie, das „Elend des Alltags“. Die Einheit beider Kritiken steht für eine zentrale „These“ des Geistes von 1968.
Wir werden den Geist von 1968 im Seminar an historischem Material, dann aber vor allem in seiner Theorie studieren und drei Texte lesen, die in engem Bezug zu der politischen Bewegung stehen und dem Geist von 1968 zugerechnet werden können:
- Mariarosa dalla Costa/Selma James (1971, dt. 1973): „Die Macht der Frauen und der Umsturz der Gesellschaft“, Merve.
- Gilles Deleuze/Félix Guattari (1972, dt. 1974): „Anti-Ödipus. Kapitalismus und Schizophrenie I“, Suhrkamp. (Auszüge)
- Herbert Marcuse (1969): „Versuch über die Befreiung“, Suhrkamp.
Den drei Texten ist gemeinsam, in Kritik am orthodoxen Marxismus eine Perspektive auf den Zusammenhang von Ökonomie und Kultur zu erarbeiten, die beide zugleich als eigenständige Bereiche gesehen werden. Unsere theoretische Arbeit wird schließlich auch erlauben, Verengungen der aktuellen Debatte über die Verbindung von Identitäts- und Klassenpolitik zu diskutieren, in der der Blick auf das Kulturelle häufig verstellt zu sein scheint.
Eine gute Vorbereitung für das Seminar ist die Lektüre von „Der lange Sommer der Theorie“ von Philipp Felsch.
Bookmarks Related papers MentionsView impact
Syllabus für das Seminar "Kulturtheorie der Bildung bei Burckhardt, Hegel, Bourdieu), Institut fü... more Syllabus für das Seminar "Kulturtheorie der Bildung bei Burckhardt, Hegel, Bourdieu), Institut für Kulturwissenschaft, HU Berlin, SoSe 2020.
Ankündigungstext:
Das Seminar setzt sich mit Bildung als kultureller Formation auseinander. Dafür sollen drei Kulturtheorien der Bildung (Burckhardt, Hegel, Bourdieu) und ein Text zu Klassismus behandelt werden.
Bildung als kulturelle Formation verstanden ist nicht in erster Linie eine Tätigkeit oder ein Ideal, sondern wird von einem bestimmten soziokulturellen Milieu getragen und repräsentiert. Dieses Milieu kann durch Bildungsdistinktion, überlegenes Gemeinschaftsgefühl und spezifische „gebildete“ Interaktions- und Urteilsformen charakterisiert werden. Bildung funktioniert dabei nur durch ein Anderes, von dem sie sich als Positives abgrenzt, d. h. von sogenannter „Ungebildetheit“, z. B. der unreflektierten Übernahme von Zeitungsnachrichten oder einer Präferenz für sogenannte seichte Unterhaltung. Diese Abgrenzung wird heute als Klassismus diskutiert, einer kulturellen Diskriminierungsform, die nicht den ökonomisch bedingten Klassenunterschieden entspricht, wenn sie auch damit verflochten ist. Die gebildeten Interaktionsformen können schließlich in eine Überordnung der Form über den Inhalt der Interaktion übergehen, so dass die Gewähltheit oder die Gewitztheit des Ausdrucks zu Kriterien für Bildung werden, nicht mehr bestimmte Kenntnisse oder Fähigkeiten.
Eine gute Vorbereitung für das Seminar ist die Lektüre der autobiographisch-soziologischen Romane „Die Jahre“ von Annie Ernaux und „Rückkehr nach Reims“ von Didier Eribon.
Bookmarks Related papers MentionsView impact
Book Reviews by Emanuel Kapfinger
Widerspruch. Münchner Zeitschrift für Philosophie, 2021
Wie können die heutigen Arbeitsverhältnisse, die zu lange nicht mehr gekannter Verelendung und En... more Wie können die heutigen Arbeitsverhältnisse, die zu lange nicht mehr gekannter Verelendung und Entfremdung führen, angemessen und zielführend kritisiert werden? Wie können die Kämpfe um Veränderung geführt werden?
Diesen Fragen stellte sich Axel Honneth in seiner Vorlesung „Der arbeitende Souverän. Honneths Antworten sind lehrreich und inspirierend und sie erfolgen in entschlossen sozialistischer Perspektive, die grundlegende Veränderungen fordert. Weil er sie in einem Sein-Sollen-Dualismus formuliert, gerät sie am Ende dennoch in eine sozialdemokratische "Politik des langen Atems".
Bookmarks Related papers MentionsView impact
Widerspruch. Münchner Zeitschrift für Philosophie, 2018
Die Phänomenologie des Geistes bereitete ihren LeserInnen seit jeher besonderes Kopfzerbrechen. V... more Die Phänomenologie des Geistes bereitete ihren LeserInnen seit jeher besonderes Kopfzerbrechen. Viele von ihnen wünschten sich eine handliche Lesehilfe, die die schwierige Sprache des Buchs und seine undurchsichtigen Argumente verständlich macht. Georg Bertram hat nun einen schlanken Kommentar mit ebendiesem Anspruch vorgelegt.
Bookmarks Related papers MentionsView impact
Widerspruch. Münchner Zeitschrift für Philosophie, 2015
Hegel und wir besteht aus zwei Büchern, die eher lose miteinander verbunden sind. In dem ersten, ... more Hegel und wir besteht aus zwei Büchern, die eher lose miteinander verbunden sind. In dem ersten, ziemlich interessanten Buch präsentiert Albrecht Koschorke eine erzähltheoretische Analyse der Hegelschen Geschichtsphilosophie. In dem zweiten geht es über "uns". Dort arbeitet Koschorke an einem Europa-Narrativ, das den administrativen Maßnahmen "Europas"-gemeint ist die EU-Überzeugungskraft verleihen soll, ein Unterfangen, das ich für recht fragwürdig halte.
Bookmarks Related papers MentionsView impact
Conference Reports by Emanuel Kapfinger
Widerspruch. Münchner Zeitschrift für Philosophie, 2015
Bookmarks Related papers MentionsView impact
Uploads
Books by Emanuel Kapfinger
Eine Theorie der Faschisierung des Subjekts steht nach wie vor aus. Emanuel Kapfinger entwickelt eine solche in der Kritik von Heideggers »Freiheit zum Tode« in seinem Hauptwerk Sein und Zeit. Im Zuge dessen beantwortet er auch die Frage, was eine faschistische Philosophie ist. Er weist nach, dass die Theorie des autoritären Charakters die zentralen Phänomene des Faschismus – namentlich den Vernichtungswillen – nicht fassen kann und stützt sich dabei auf die Dialektik der Aufklärung. Schließlich versucht Kapfinger, in Reflexion dieser Analysen, ein allgemeines dialektisches Modell von Faschisierung zu skizzieren. Durch diese Verallgemeinerung trägt er auch zur Einschätzung des heutigen Rechtsextremismus bei.
Mit einem Vorwort von Micha Brumlik
Der Band beschäftigt sich mit Krahls zentralen Themen wie Klassenanalyse, seiner Auseinandersetzung mit Adorno, Vermittlung von Theorie und Praxis oder Dialektik. Zudem wird ein Blick auf die internationale Rezeption und seine zeitgenössische Relevanz geworfen.
Mit Beiträgen von Pauline Corre-Gloanec, Samuel Denner, Andreas George, Meike Gerber, Emanuel Kapfinger, Robin Mohan, Alexander Kluge, Hermann Kocyba, Hans-Jürgen Krahl, Marcello Tarì, Julian Volz und Frieder Otto Wolf
Herausgegeben von Meike Gerber, Emanuel Kapfinger und Julian Volz
Papers by Emanuel Kapfinger
Emanuel Kapfinger weist in seinem Beitrag das Fehlen einer Theorie faschistischer Subjektivität in der aktuellen Diskussion über die radikale Rechte nach. Gestützt auf Wilhelm Heitmeyers empirischer Binnendifferenzierung der radikalen Rechten erarbeitet er darum einen Vergleich mit der radikalen Rechten zwischen 1918 und 1945, um die damaligen Faschismustheorien systematisch auf die Gegenwart zu beziehen. Damit entwickelt er vier Subjektkategorien: der in der gesamten Bevölkerung verbreitete, nicht rechtsradikale autoritätsgebundene Charakter (Adorno); der noch nicht faschistische Autoritarismus (Fromm/Heitmeyer); der pseudosozialistische Faschismus (Wilhelm Reich); der eliminatorische Faschismus (Dialektik der Aufklärung). Letzteren vertieft er anhand einer Kritik der „Freiheit zum Tode“ des faschistischen Philosophen Heidegger. —
Emanuel Kapfinger demonstrates in his contribution the lack of a theory of fascist subjectivity in the current discussion about the radical right. Based on Wilhelm Heitmeyer's empirical internal differentiation of the radical right, he therefore develops a comparison with the radical right between 1918 and 1945 in order to systematically relate the fascism theories of that time to the present. In doing so, he develops four subject categories: the authoritarian character, which is widespread throughout the population but not radical right (Adorno); the not yet fascist authoritarianism (Fromm/Heitmeyer); the pseudo-socialist fascism (Wilhelm Reich); the eliminationist fascism (Dialectic of Enlightenment). He analyses the latter in greater depth using a critique of the fascist philosopher Heidegger's "freedom towards death". —
Der Sammelband und damit auch der hier zur Verfügung gestellte Aufsatz ist lizenziert unter der Creative Commons Attribution-ShareAlike 4.0 Lizenz (BY-SA). Diese Lizenz erlaubt unter Voraussetzung der Namensnennung des Urhebers die Bearbeitung, Vervielfältigung und Verbreitung des Materials in jedem Format oder Medium für beliebige Zwecke, auch kommerziell, sofern der neu entstandene Text unter derselben Lizenz wie das Original verbreitet wird. Lizenz-Text: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0
Erschienen in: analyse & kritik. Zeitung für linke Debatte und Praxis, Ausgabe 645 vom 15.01.2019
Sein und Zeit.
Meine These ist, dass in dieser philosophischen Denkfigur die nationalsozialistische Subjektivität zum Ausdruck kommt. Als Kern dieser Subjektivität werde ich eine radikale Selbstaufgabe herausarbeiten, die in einer vollständigen Unterwerfung und einem kompromisslosen Vollstrecken des »Notwendigen« zur »Freiheit« gelangt. Dieses Phänomen ist von Hannah Arendt und von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno als absolute Indifferenz dargestellt worden. Ich teile diese Beobachtung, unterscheide mich aber in der begrifflichen Analyse.
Zweck: Es geht sowohl um die Kritik der Verhältnisse an den Hochschulen als auch um die Kritik an idealistischen Alternativvorstellungen, die auf »unbedingte Universitäten« zielen. Zunächst werden wir die Beziehung zwischen Bildung, Wissenschaft und kapitalistischer Produktionsweise allgemein umreißen. Wir möchten damit deutlich machen, dass der vermeintlich kritische Begriff der »Ökonomisierung des Bildungswesens« die historische Kontinuität der Funktionen des Bildungswesens für die Reproduktion der kapitalistischen Verhältnisse verdeckt. Allerdings bringt die kapitalistische Produktionsweise eine fortwährende Umwälzung
aller sozialen Verhältnisse mit sich. Die Institutionen des Bildungswesens wurden immer wieder an die sich verändernde Arbeitsteilung und an die Reproduktionserfordernisse kapitalistischer Herrschaft angepasst, d.h., es ergibt sich notwendig immer wieder neuer Reformbedarf. Die Hochschulreformen der letzten zehn Jahre sind mit einer neuen Phase kapitalistischer Entwicklung verbunden und können nur in diesem Kontext begriffen werden. Diese Veränderungen sind Gegenstand des zweiten Teils dieses Textes.
Erschienen in Johanna-Charlotte Horst (Hrsg.): Unbedingte Universitäten. Was passiert? Stellungnahmen zur Lage der Universität, Zürich 2010, S. 249-278.
Teaching Documents by Emanuel Kapfinger
Ins Thema eingeführt werden soll dabei mit materialreichen Studien aus der Kritischen Theorie, die um die besondere Aggressivität des deutschen Faschismus und die These von der Singularität des Holocaust kreisen (Block I). In einem zweiten Block sollen die verschiedenen sozialpsychologischen und subjekttheoretischen Analysen der radikalen Rechten aus der Kritischen Theorie (Adorno, Horkheimer/Adorno, Fromm) und von Wilhelm Reich diskutiert werden (Block II), gefolgt von einschlägigen Texten zur Kulturtheorie des Faschismus (Adorno, Benjamin) (Block III). Schließlich soll anhand Heitmeyers zweibändiger Synthese der aktuellen Rechtsextremismusforschung Signaturen der Bedrohung der Bezug auf die Gegenwart hergestellt werden (Block IV).
Ankündigungstext:
Das Seminar diskutiert kulturtheoretische Zugänge zum historischen deutschen Faschismus. Im Zentrum stehen klassische Texte aus dem Kontext der Frankfurter Schule, die von aktuellen Texten zum Thema ergänzt werden.
Zunächst geht es um historische Phänomene kultureller Aspekte des deutschen Faschismus, um den Hitler-Gruß, Johanna Haarers schwarze Pädagogik, die Angst als Grundstimmung des Faschismus, die Verschwiegenheit, den Lichtdom und Arno Brekers Skulptur Bereitschaft. Zweitens soll an Wilhelm Reichs Massenpsychologie des Faschismus nachvollzogen werden, dass die ursprünglich ökonomistischen Theorien den Faschismus nicht erklären können, sondern dass dazu das Eigengewicht der Ideologie herangezogen werden muss. Da allerdings Reich die Ideologie auf Individualpsychologie reduziert, ist demgegenüber ein kulturtheoretischer Zugang zur faschistischen Ideologie nötig, der Ideologie als ein durch kollektive Praktiken und kulturelle Strukturen vermitteltes Verhältnis der Individuen begreift. Ein solcher lässt sich anhand von Arbeiten Theodor W. Adornos, Walter Benjamins und Raul Hilbergs studiert werden. Die individualpsychologische Perspektive auf den Faschismus hat allerdings noch eine weitere Konsequenz: Es wird nicht zwischen Autoritarismus und Faschismus unterschieden. Diese Differenz soll mit Hannah Arendt eingeführt und mit Horkheimer/Adorno weitergeführt werden. Nur mit dieser Spezifik des Faschismus kann auch die antisemitische Vernichtungsmaschinerie begriffen werden. Schließlich sollen mit der Bedeutung von Antiziganismus, Geschlecht und Kolonialismus für den Faschismus Themen diskutiert werden, die in der üblichen Diskussion oft unterbelichtet bleiben.
Das Seminar orientiert sich an folgendem Buch: Emanuel Kapfinger (2021), Die Faschisierung des Subjekts. Über die Theorie des autoritären Charakters und Heideggers Philosophie des Todes. Mit einem Vorwort von Micha Brumlik, Mandelbaum Verlag.
Ankündigungstext:
1968 ist durch die Verbindung von Sozial- und Künstlerkritik gekennzeichnet, so Luc Boltanski und Ève Chiapello in ihrem Buch „Der neue Geist des Kapitalismus“. Während die Sozialkritik die soziale Ungleichheit thematisierte, ging es der Künstlerkritik um das Kulturelle: um Kreativität, Sexualität, die patriarchale Familie, das „Elend des Alltags“. Die Einheit beider Kritiken steht für eine zentrale „These“ des Geistes von 1968.
Wir werden den Geist von 1968 im Seminar an historischem Material, dann aber vor allem in seiner Theorie studieren und drei Texte lesen, die in engem Bezug zu der politischen Bewegung stehen und dem Geist von 1968 zugerechnet werden können:
- Mariarosa dalla Costa/Selma James (1971, dt. 1973): „Die Macht der Frauen und der Umsturz der Gesellschaft“, Merve.
- Gilles Deleuze/Félix Guattari (1972, dt. 1974): „Anti-Ödipus. Kapitalismus und Schizophrenie I“, Suhrkamp. (Auszüge)
- Herbert Marcuse (1969): „Versuch über die Befreiung“, Suhrkamp.
Den drei Texten ist gemeinsam, in Kritik am orthodoxen Marxismus eine Perspektive auf den Zusammenhang von Ökonomie und Kultur zu erarbeiten, die beide zugleich als eigenständige Bereiche gesehen werden. Unsere theoretische Arbeit wird schließlich auch erlauben, Verengungen der aktuellen Debatte über die Verbindung von Identitäts- und Klassenpolitik zu diskutieren, in der der Blick auf das Kulturelle häufig verstellt zu sein scheint.
Eine gute Vorbereitung für das Seminar ist die Lektüre von „Der lange Sommer der Theorie“ von Philipp Felsch.
Ankündigungstext:
Das Seminar setzt sich mit Bildung als kultureller Formation auseinander. Dafür sollen drei Kulturtheorien der Bildung (Burckhardt, Hegel, Bourdieu) und ein Text zu Klassismus behandelt werden.
Bildung als kulturelle Formation verstanden ist nicht in erster Linie eine Tätigkeit oder ein Ideal, sondern wird von einem bestimmten soziokulturellen Milieu getragen und repräsentiert. Dieses Milieu kann durch Bildungsdistinktion, überlegenes Gemeinschaftsgefühl und spezifische „gebildete“ Interaktions- und Urteilsformen charakterisiert werden. Bildung funktioniert dabei nur durch ein Anderes, von dem sie sich als Positives abgrenzt, d. h. von sogenannter „Ungebildetheit“, z. B. der unreflektierten Übernahme von Zeitungsnachrichten oder einer Präferenz für sogenannte seichte Unterhaltung. Diese Abgrenzung wird heute als Klassismus diskutiert, einer kulturellen Diskriminierungsform, die nicht den ökonomisch bedingten Klassenunterschieden entspricht, wenn sie auch damit verflochten ist. Die gebildeten Interaktionsformen können schließlich in eine Überordnung der Form über den Inhalt der Interaktion übergehen, so dass die Gewähltheit oder die Gewitztheit des Ausdrucks zu Kriterien für Bildung werden, nicht mehr bestimmte Kenntnisse oder Fähigkeiten.
Eine gute Vorbereitung für das Seminar ist die Lektüre der autobiographisch-soziologischen Romane „Die Jahre“ von Annie Ernaux und „Rückkehr nach Reims“ von Didier Eribon.
Book Reviews by Emanuel Kapfinger
Diesen Fragen stellte sich Axel Honneth in seiner Vorlesung „Der arbeitende Souverän. Honneths Antworten sind lehrreich und inspirierend und sie erfolgen in entschlossen sozialistischer Perspektive, die grundlegende Veränderungen fordert. Weil er sie in einem Sein-Sollen-Dualismus formuliert, gerät sie am Ende dennoch in eine sozialdemokratische "Politik des langen Atems".
Conference Reports by Emanuel Kapfinger
Eine Theorie der Faschisierung des Subjekts steht nach wie vor aus. Emanuel Kapfinger entwickelt eine solche in der Kritik von Heideggers »Freiheit zum Tode« in seinem Hauptwerk Sein und Zeit. Im Zuge dessen beantwortet er auch die Frage, was eine faschistische Philosophie ist. Er weist nach, dass die Theorie des autoritären Charakters die zentralen Phänomene des Faschismus – namentlich den Vernichtungswillen – nicht fassen kann und stützt sich dabei auf die Dialektik der Aufklärung. Schließlich versucht Kapfinger, in Reflexion dieser Analysen, ein allgemeines dialektisches Modell von Faschisierung zu skizzieren. Durch diese Verallgemeinerung trägt er auch zur Einschätzung des heutigen Rechtsextremismus bei.
Mit einem Vorwort von Micha Brumlik
Der Band beschäftigt sich mit Krahls zentralen Themen wie Klassenanalyse, seiner Auseinandersetzung mit Adorno, Vermittlung von Theorie und Praxis oder Dialektik. Zudem wird ein Blick auf die internationale Rezeption und seine zeitgenössische Relevanz geworfen.
Mit Beiträgen von Pauline Corre-Gloanec, Samuel Denner, Andreas George, Meike Gerber, Emanuel Kapfinger, Robin Mohan, Alexander Kluge, Hermann Kocyba, Hans-Jürgen Krahl, Marcello Tarì, Julian Volz und Frieder Otto Wolf
Herausgegeben von Meike Gerber, Emanuel Kapfinger und Julian Volz
Emanuel Kapfinger weist in seinem Beitrag das Fehlen einer Theorie faschistischer Subjektivität in der aktuellen Diskussion über die radikale Rechte nach. Gestützt auf Wilhelm Heitmeyers empirischer Binnendifferenzierung der radikalen Rechten erarbeitet er darum einen Vergleich mit der radikalen Rechten zwischen 1918 und 1945, um die damaligen Faschismustheorien systematisch auf die Gegenwart zu beziehen. Damit entwickelt er vier Subjektkategorien: der in der gesamten Bevölkerung verbreitete, nicht rechtsradikale autoritätsgebundene Charakter (Adorno); der noch nicht faschistische Autoritarismus (Fromm/Heitmeyer); der pseudosozialistische Faschismus (Wilhelm Reich); der eliminatorische Faschismus (Dialektik der Aufklärung). Letzteren vertieft er anhand einer Kritik der „Freiheit zum Tode“ des faschistischen Philosophen Heidegger. —
Emanuel Kapfinger demonstrates in his contribution the lack of a theory of fascist subjectivity in the current discussion about the radical right. Based on Wilhelm Heitmeyer's empirical internal differentiation of the radical right, he therefore develops a comparison with the radical right between 1918 and 1945 in order to systematically relate the fascism theories of that time to the present. In doing so, he develops four subject categories: the authoritarian character, which is widespread throughout the population but not radical right (Adorno); the not yet fascist authoritarianism (Fromm/Heitmeyer); the pseudo-socialist fascism (Wilhelm Reich); the eliminationist fascism (Dialectic of Enlightenment). He analyses the latter in greater depth using a critique of the fascist philosopher Heidegger's "freedom towards death". —
Der Sammelband und damit auch der hier zur Verfügung gestellte Aufsatz ist lizenziert unter der Creative Commons Attribution-ShareAlike 4.0 Lizenz (BY-SA). Diese Lizenz erlaubt unter Voraussetzung der Namensnennung des Urhebers die Bearbeitung, Vervielfältigung und Verbreitung des Materials in jedem Format oder Medium für beliebige Zwecke, auch kommerziell, sofern der neu entstandene Text unter derselben Lizenz wie das Original verbreitet wird. Lizenz-Text: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0
Erschienen in: analyse & kritik. Zeitung für linke Debatte und Praxis, Ausgabe 645 vom 15.01.2019
Sein und Zeit.
Meine These ist, dass in dieser philosophischen Denkfigur die nationalsozialistische Subjektivität zum Ausdruck kommt. Als Kern dieser Subjektivität werde ich eine radikale Selbstaufgabe herausarbeiten, die in einer vollständigen Unterwerfung und einem kompromisslosen Vollstrecken des »Notwendigen« zur »Freiheit« gelangt. Dieses Phänomen ist von Hannah Arendt und von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno als absolute Indifferenz dargestellt worden. Ich teile diese Beobachtung, unterscheide mich aber in der begrifflichen Analyse.
Zweck: Es geht sowohl um die Kritik der Verhältnisse an den Hochschulen als auch um die Kritik an idealistischen Alternativvorstellungen, die auf »unbedingte Universitäten« zielen. Zunächst werden wir die Beziehung zwischen Bildung, Wissenschaft und kapitalistischer Produktionsweise allgemein umreißen. Wir möchten damit deutlich machen, dass der vermeintlich kritische Begriff der »Ökonomisierung des Bildungswesens« die historische Kontinuität der Funktionen des Bildungswesens für die Reproduktion der kapitalistischen Verhältnisse verdeckt. Allerdings bringt die kapitalistische Produktionsweise eine fortwährende Umwälzung
aller sozialen Verhältnisse mit sich. Die Institutionen des Bildungswesens wurden immer wieder an die sich verändernde Arbeitsteilung und an die Reproduktionserfordernisse kapitalistischer Herrschaft angepasst, d.h., es ergibt sich notwendig immer wieder neuer Reformbedarf. Die Hochschulreformen der letzten zehn Jahre sind mit einer neuen Phase kapitalistischer Entwicklung verbunden und können nur in diesem Kontext begriffen werden. Diese Veränderungen sind Gegenstand des zweiten Teils dieses Textes.
Erschienen in Johanna-Charlotte Horst (Hrsg.): Unbedingte Universitäten. Was passiert? Stellungnahmen zur Lage der Universität, Zürich 2010, S. 249-278.
Ins Thema eingeführt werden soll dabei mit materialreichen Studien aus der Kritischen Theorie, die um die besondere Aggressivität des deutschen Faschismus und die These von der Singularität des Holocaust kreisen (Block I). In einem zweiten Block sollen die verschiedenen sozialpsychologischen und subjekttheoretischen Analysen der radikalen Rechten aus der Kritischen Theorie (Adorno, Horkheimer/Adorno, Fromm) und von Wilhelm Reich diskutiert werden (Block II), gefolgt von einschlägigen Texten zur Kulturtheorie des Faschismus (Adorno, Benjamin) (Block III). Schließlich soll anhand Heitmeyers zweibändiger Synthese der aktuellen Rechtsextremismusforschung Signaturen der Bedrohung der Bezug auf die Gegenwart hergestellt werden (Block IV).
Ankündigungstext:
Das Seminar diskutiert kulturtheoretische Zugänge zum historischen deutschen Faschismus. Im Zentrum stehen klassische Texte aus dem Kontext der Frankfurter Schule, die von aktuellen Texten zum Thema ergänzt werden.
Zunächst geht es um historische Phänomene kultureller Aspekte des deutschen Faschismus, um den Hitler-Gruß, Johanna Haarers schwarze Pädagogik, die Angst als Grundstimmung des Faschismus, die Verschwiegenheit, den Lichtdom und Arno Brekers Skulptur Bereitschaft. Zweitens soll an Wilhelm Reichs Massenpsychologie des Faschismus nachvollzogen werden, dass die ursprünglich ökonomistischen Theorien den Faschismus nicht erklären können, sondern dass dazu das Eigengewicht der Ideologie herangezogen werden muss. Da allerdings Reich die Ideologie auf Individualpsychologie reduziert, ist demgegenüber ein kulturtheoretischer Zugang zur faschistischen Ideologie nötig, der Ideologie als ein durch kollektive Praktiken und kulturelle Strukturen vermitteltes Verhältnis der Individuen begreift. Ein solcher lässt sich anhand von Arbeiten Theodor W. Adornos, Walter Benjamins und Raul Hilbergs studiert werden. Die individualpsychologische Perspektive auf den Faschismus hat allerdings noch eine weitere Konsequenz: Es wird nicht zwischen Autoritarismus und Faschismus unterschieden. Diese Differenz soll mit Hannah Arendt eingeführt und mit Horkheimer/Adorno weitergeführt werden. Nur mit dieser Spezifik des Faschismus kann auch die antisemitische Vernichtungsmaschinerie begriffen werden. Schließlich sollen mit der Bedeutung von Antiziganismus, Geschlecht und Kolonialismus für den Faschismus Themen diskutiert werden, die in der üblichen Diskussion oft unterbelichtet bleiben.
Das Seminar orientiert sich an folgendem Buch: Emanuel Kapfinger (2021), Die Faschisierung des Subjekts. Über die Theorie des autoritären Charakters und Heideggers Philosophie des Todes. Mit einem Vorwort von Micha Brumlik, Mandelbaum Verlag.
Ankündigungstext:
1968 ist durch die Verbindung von Sozial- und Künstlerkritik gekennzeichnet, so Luc Boltanski und Ève Chiapello in ihrem Buch „Der neue Geist des Kapitalismus“. Während die Sozialkritik die soziale Ungleichheit thematisierte, ging es der Künstlerkritik um das Kulturelle: um Kreativität, Sexualität, die patriarchale Familie, das „Elend des Alltags“. Die Einheit beider Kritiken steht für eine zentrale „These“ des Geistes von 1968.
Wir werden den Geist von 1968 im Seminar an historischem Material, dann aber vor allem in seiner Theorie studieren und drei Texte lesen, die in engem Bezug zu der politischen Bewegung stehen und dem Geist von 1968 zugerechnet werden können:
- Mariarosa dalla Costa/Selma James (1971, dt. 1973): „Die Macht der Frauen und der Umsturz der Gesellschaft“, Merve.
- Gilles Deleuze/Félix Guattari (1972, dt. 1974): „Anti-Ödipus. Kapitalismus und Schizophrenie I“, Suhrkamp. (Auszüge)
- Herbert Marcuse (1969): „Versuch über die Befreiung“, Suhrkamp.
Den drei Texten ist gemeinsam, in Kritik am orthodoxen Marxismus eine Perspektive auf den Zusammenhang von Ökonomie und Kultur zu erarbeiten, die beide zugleich als eigenständige Bereiche gesehen werden. Unsere theoretische Arbeit wird schließlich auch erlauben, Verengungen der aktuellen Debatte über die Verbindung von Identitäts- und Klassenpolitik zu diskutieren, in der der Blick auf das Kulturelle häufig verstellt zu sein scheint.
Eine gute Vorbereitung für das Seminar ist die Lektüre von „Der lange Sommer der Theorie“ von Philipp Felsch.
Ankündigungstext:
Das Seminar setzt sich mit Bildung als kultureller Formation auseinander. Dafür sollen drei Kulturtheorien der Bildung (Burckhardt, Hegel, Bourdieu) und ein Text zu Klassismus behandelt werden.
Bildung als kulturelle Formation verstanden ist nicht in erster Linie eine Tätigkeit oder ein Ideal, sondern wird von einem bestimmten soziokulturellen Milieu getragen und repräsentiert. Dieses Milieu kann durch Bildungsdistinktion, überlegenes Gemeinschaftsgefühl und spezifische „gebildete“ Interaktions- und Urteilsformen charakterisiert werden. Bildung funktioniert dabei nur durch ein Anderes, von dem sie sich als Positives abgrenzt, d. h. von sogenannter „Ungebildetheit“, z. B. der unreflektierten Übernahme von Zeitungsnachrichten oder einer Präferenz für sogenannte seichte Unterhaltung. Diese Abgrenzung wird heute als Klassismus diskutiert, einer kulturellen Diskriminierungsform, die nicht den ökonomisch bedingten Klassenunterschieden entspricht, wenn sie auch damit verflochten ist. Die gebildeten Interaktionsformen können schließlich in eine Überordnung der Form über den Inhalt der Interaktion übergehen, so dass die Gewähltheit oder die Gewitztheit des Ausdrucks zu Kriterien für Bildung werden, nicht mehr bestimmte Kenntnisse oder Fähigkeiten.
Eine gute Vorbereitung für das Seminar ist die Lektüre der autobiographisch-soziologischen Romane „Die Jahre“ von Annie Ernaux und „Rückkehr nach Reims“ von Didier Eribon.
Diesen Fragen stellte sich Axel Honneth in seiner Vorlesung „Der arbeitende Souverän. Honneths Antworten sind lehrreich und inspirierend und sie erfolgen in entschlossen sozialistischer Perspektive, die grundlegende Veränderungen fordert. Weil er sie in einem Sein-Sollen-Dualismus formuliert, gerät sie am Ende dennoch in eine sozialdemokratische "Politik des langen Atems".