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GRANDT, Guido - Tabu-Fakten 2. WK. - Band 1

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Guido Grandt

Vergessen - Verdrängt - Verschwiegen

TABU-FAKTEN
ZWEITER WELTKRIEG
Bombenterror gegen Zivilisten - Vertreibungsverbrechen an
den Deutschen - Der Mythos von der »Willkommenskultur«
deutscher Flüchtlinge - So bauten Nazis die BRD auf­
Und viele weitere Tabuthemen
INHALTSVERZEICHNIS

VORWORT

1. Vergessen: Der verderbliche Einfluss des Frei­


maurers und Judenhassers Henry Ford auf Adolf
Hitler!

2. Verdrängt: EU und US-Botschafterin geben Hitler


»und« Stalin Schuld am Zweiten Weltkrieg! - Putin
erklärt Polens Mitschuld!

3. Verschwiegen: »Hunderttausende Ausländer


kämpften für Nazi-Deutschland!«

4. Verdrängt: Sowjets ließen Tausende Stalingrad­


Rotarmisten hinrichten! 50.000 Russen kämpften für
das Deutsche Reich!

5. Verschwiegen: Die Alliierten verschärften den


Seekrieg!

6. Vergessen: Wie Großadmiral Karl Dönitz vor dem


Nürnberger Tribunal Amerikaner und Briten vor­
führte!

7. Verdrängt: »Hölleninferno und Feuerstürme« -


Der Bombenterror gegen die Zivilbevölkerung - So
sah die Zerstörung deutscher Städte tatsächlich aus!
3
8. Verschwiegen: Ex-Reichswirtschaftsminister
Hjalmar Schacht war Freimaurer!

9. Vergessen: »Atombomben-Massenmörder« Harry


Spencer Truman war ein Logenbruder!

10. Verdrängt: Historiker dokumentieren Tabubruch


- »Panoptikum der Grausamkeit« der Roten Armee
an deutschen Soldaten und Zivilisten!

11. Verschwiegen: Schon »vor« und »während« des


Zweiten Weltkriegs wurden Massenvertreibung der
Deutschen und Gebietsabtretungen geplant! - Ein
historischer Überblick

12. Vergessen: 20 Millionen deutsche Vertreibungs­


opfer und 3 Millionen Flüchtlingstote!

13. Verdrängt: Flucht und Internierung - Das grau­


same Los deutscher Vertriebener!

14. Verschwiegen: US-amerikanischer Völkerrecht­


ler klagt an! - Die Vertreibung der Deutschen war
ein »Völkermord« und ein »Kriegsverbrechen!«

15. Verschwiegen: »Die unwillkommenen Deut­


schen« - Der Mythos von der »Willkommenskultur«
deutscher Vertriebener nach 1945!

4
16. Verdrängt: »Die Vertreibung der Deutschen« -
Das bestgehütetste Geheimnis des Zweiten Welt­
kriegs!

17. Vergessen: »Das Recht auf angestammte Heimat


und die intellektuelle Selbstverachtung der Deut­
schen!« - Rede des estnischen Staatspräsidenten
von 1995

18. Verschwiegen: So »geheim« entsorgten die Alli­


ierten die sterblichen Überreste der NS­
Hauptkriegsverbrecher!

19. Verdrängt: »Inferno Zweiter Weltkrieg« - Eine


Bilanz des Grauens!

20. Vergessen: Freigegebene CIA-Akte enthüllt


»Verschwörungstheorie« - US-Geheimdienst suchte
Adolf Hitler in Kolumbien!

21. Verschwiegen: John F. Kennedy - »Hitler hatte


grenzenlose Ambitionen für sein Land und wurde
deshalb als Bedrohung angesehen!«

22. Verschwiegen: US-Direktive 1067 belegt -


»Deutschland wurde nicht besetzt zum Zwecke sei­
ner Befreiung, sondern als besiegter Feindstaat!«
(US-Präsident Truman)

5
23. Verdrängt: Chronologie eines verschwiegenen
Politik-Skandals - »So bauten Nazis die Bundesre­
publik auf!«

QUELLENVERZEICHNIS

6
VORWORT

))Um glaubwürdig Z!' sein, muss man auch bereit sein, alle
Verbrechen Z!' verurteilen, überall in der Web� auch dann,
wenn die Opfer Deutsche waren oder sind.<(
Lennart Meri (Estnischer Staatspräsidenten (von
1992 bis 2001 im Amt)

))Man sollte aufhiiren nach der Nationalität eines Opfers Z!'


fragen, denn das Leid hat keine Nationalität.<<
Alfred-Maurice de Zayas (US-amerikanische Völ­
kerrechtler und Historiker)

))Die Verhöhnung deutscher Vertreibungsopfer


hat Tradition.<(
Andreas Kossert (Deutscher Historiker)

Um es an dieser Stelle gleich vorwegzusagen: Nein,


das vorliegende Buch will keine der von den Nazis
begangenen Gräuel »aufrechnen«. Es ist auch kein
»revanchistisches« oder »revisionistisches« Werk, son­
dern - im Gegenteil - eine journalistische Analyse
von Fakten über den Zweiten Weltkrieg, die hinläng­
lich tabuisiert, vergessen, verdrängt oder gar ver­
schwiegen wurden und werden!
Im Sinne der grundgesetzlich garantierten Mei­
nungsfreiheit muss auch darüber geredet und geschrie-
7
ben werden! Genau 75 Jahre nach Kriegsende muss
endlich Schluss sein mit einer einseitigen, subjektiven
Geschichtsbetrachtung, müssen die vielen renommier­
ten und namhaften Historiker, Völkerrechtler und
andere Experten (vor allem aus dem Ausland) gehört
werden, um ein objektives Bild dieser furchtbaren
Epoche zu bekommen!
Kritiker dieser Auffassung fordere ich schon jetzt
auf, genau diese - auch in diesem Buch benannten
und aufgeführten - Koryphäen samt ihren faktischen
Forschungen konstruktiv zu widerlegen. Man darf ge­
spannt sein...
So erklärt beispielsweise der angesehene US­
amerikanische Völkerrechtler und Historiker Alfred­
Maurice de Zayas, ehemaliger UN-Beamter und Un­
abhängiger Experte des Menschenrechtsrats der Ver­
einten Nationen für die Förderung einer demokrati­
schen und gerechten internationalen Ordnung, voll­
kommen zu Recht: »Das Leid hat keine Nationalität.«
(Quelle: Alfred M. de Z(!Jas: ))Die deutschen Verlriebenen - Keine Tä­
ter, sondern Opfer - Hintergriinde, Tatsachen, Folgen<<, Graz 2006, S.
18).
Genauso ist es!
Über das Leid der deutschen Zivilbevölkerung ist
wenig bekannt und noch weniger gesagt und ge­
schrieben worden. Es ist eine Art »Black Box«, ver­
borgen in einem diffusen Nebel, obwohl viele hierzu­
lande keine Nazis waren und vor allem Millionen Op­
fer keine Soldaten oder Parteifunktionäre, sondern
unschuldige Frauen, Kinder und Greise. Genauso wie
8
überall in den Ländern, die in diesem furchtbaren
Krieg verwickelt waren, nicht immer mit der Politik
ihrer Staatenlenker einverstanden waren und/ oder
dafür in Kollektivschuld genommen wurden.
Deshalb habe ich es in der vorliegenden journalisti­
schen Analyse zur Aufgabe gemacht, vor allem über
das Elend der deutschen Zivilbevölkerung zu schrei­
ben. Beispielsweise über das unfassbar grausame Mar­
tyrium des barbarischen Luftterrors gegen hiesige
Großstädte, bei dem Zivilisten sogar mit Brand- und
Phosphorbomben sprichwörtlich in die »Feuerhölle«
gebombt wurden (siehe Kapitel 1. Verdrängt: »Höllenin­
ferno und Feuerstürme« - der Bombenkrieg gegen die Zivilbe­
völkerung - so sah die Zerstörung deutscher Städte durch die
Alliierten tatsächlich aus!).
Im Mittelpunkt dieses Buches steht jedoch das
himmelschreiende Leid deutscher Vertriebener. Ein
Thema, das noch immer viel zu kurz kommt, mir aber
sehr am Herzen liegt. Denn ich selbst bin ein »Nach­
geborener« von Vertriebenen aus Westpreußen (Dan­
zig). Allzu gut erinnere ich mich an die schrecklichen
erinnerten Erzählungen vor allem meiner Großmut­
ter, die mit ihren drei Söhnen (darunter auch mein
Vater) über das zugefrorene Haff fliehen musste.
In Kapitel 13. Verdrängt: Flucht und Internierung - Das
grausame Los deutscher Vertriebener behandle ich unter
anderem genau diese Geschichte, die sich mit denen
von Millionen weiterer gleicht.

9
Insgesamt wurden zwischen 14 und 20 Millionen
Deutsche aus Ost- und Südosteuropa vertrieben (die
Zahlen schwanken je nach historischer Betrachtung
(siehe Kapitel 12. Ve,;gessen: 20 Millionen deutsche Ver­
treibungsopfer und 3 Millionen Flüchtlingstote!)
Wie bereits erwähnt handelte es sich dabei über­
wiegend um Frauen, Kinder und Greise.
Dieses Kriegsverbrechen, mehr noch, dieser »Völ­
kermord«, wie er von einigen Völkerrechtlern und
Historikern und nicht etwa von »Ewiggestrigen« be­
zeichnet wurde und wird, findet viel zu wenig Ein­
gang in die bundesdeutschen Geschichtsbücher. Fast
gar nichts ist darüber bekannt (siehe Kapitel 14. Ver­
schwiegen: Die Vertreibung der Deutschen ist ein » Völker­
mord« und ein »Kriegsverbrechen« - US-amerikanischer Völ­
kemchtler klagt an.�.
Vor allem liegt das daran, dass hierzulande, gerade­
zu ein politischer und medialer »Widerwille« herrscht,
dieses Thema zu behandeln, wohl um die »Täterrolle«
Deutschlands nicht zu verwässern.
Otto Schily stellte bereits 1999 fest - da war er
SPD-Bundesinnenminister - dass auch die politische
Linke dafür Schuld hätte. Sie habe in der Vergangen­
heit über die Vertreibungsverbrechen hinweggesehen,
als »Ausdruck von Mutlosigkeit und Zaghaftigkeit.«
(Quelle: FrankfurterAllgemeine Zeitung v. 31. Mai 1999).
Tatsächlich wurde und wird noch immer dieses
Verbrechen an den Deutschen tabuisiert, kleingeredet

10
oder erst gar nicht erwähnt. Und wenn, dann nur als
unbedeutendes »Randphänomen«.
Der Historiker Andreas Kossert meint dazu: »Ver­
triebene galten pauschal als Revanchisten, weshalb es
unter Intellektuellen verpönt war, sich mit Flucht und
Vertreibung der Deutschen zu beschäftigen (... ) Die
Verhöhnung deutscher Vertreibungsopfer hat Tradi­
tion.«
(Q_uelle: Andreas Kossert: »Kalte Heimat - Die Geschichte der deutschen
Vertriebenen nach 1945«, München 2009, S. 346).
Augenscheinlich sorgten sich insbesondere For­
scher hierzulande, dass eine Diskussion um die deut­
schen Vertreibungen eine Grundlage für »selbstmit­
leidige Opfermentalität« würde und damit die Schuld
an den NS-Verbrechen in den Hintergrund treten
könnte.
Natürlich soll es dabei niemals um Aufrechnung
gehen (z.B. ist der Holocaust ein unerreichtes
Menschheitsverbrechen von nicht zu überbietendem
Ausmaß), sondern um zeitgeschichtliche Fakten und
Darstellung. Doch die Einsicht, dass Deutsche im
Zweiten Weltkrieg und auch noch danach ebenfalls
Opfer von Grausamkeiten, vom Bombenkrieg und
von Flucht und Vertreibung geworden sind, ließ bei
vielen Befürchtungen aufkommen. Dieser Gedanke
wurde nicht als Chance, sondern als »Bedrohung«
aufgenommen (vgL dazµ: Kossert, S. 15).
Der amerikanische Historiker und Politikwissen­
schaftler Norman Naimark vertritt die Auffassung,
11
dass »die Vertreibung der Deutschen »politisches
Staatsziel« wurde.
(Q_ueife: zitiert nach: Zentrum gegen Vermibungen: &de der Vorsit­
zenden Erika Steinbach MdB in der Konrad-Adenauer-Stiftung 9. Juni
2015 (https:/ / =.z-g-v.de/ rgv/ veranstaltungen-unserer-stiftung/jlucht­
vermibung-deportation-962015/)).
Auch das war unzweifelhaft genauso, wie die Fak­
ten im vorliegenden Buch aufzeigen.
Den Erzählungen der Vertriebenen wurde wenig
bis gar kein Gehör geschenkt. Im vorliegenden Buch
tue ich es!
Es gab Millionen von unschuldigen deutschen Op­
fem, denen ohnehin nicht gedacht wurde und wird.
Deshalb sollten wir wenigstens ihre Geschichten und
damit verbunden auch ihr Leid in Erinnerung behal­
ten, die genauso zu unserer Vergangenheit gehören,
wie die Gräuel des NS-Regimes.
Ein weiteres Thema, das in diesem Zusammenhang
steht, ist ebenfalls ein absolutes »Mainstream-No­
Go«! Es geht um die »innerdeutsche Diskriminierung«
von Vertriebenen sowie ihre Integration, die oft nicht
mehr als eine erzwungene Assimilation war. Dieses
Tabuthema unterliegt, so scheint es jedenfalls, gleich­
ermaßen einer politisch korrekten »Verschwörung des
Schweigens.«
Kurzum: Es gab nie eine »Willkommenskultur«
deutscher Vertriebener durch die ansässigen Einhei­
mischen im Westen! Auch wenn genau das die bun­
desdeutsche Politik im Zuge der aktuellen Flücht-

12
lings krise immer und immer wieder betont - es ist
eine Lüge! Ein Mythos!
Ganz im Gegenteil wurden die deutschen Flücht­
linge, als sie endlich völlig entkräftet und desillusio­
niert im Westen ankamen, geächtet, ausgegrenzt, aufs
übelste beschimpft, in Elendsbaracken untergebracht,
kurzum als Menschen »zweiter Klasse« behandelt und
gesehen. Letztlich waren sie für viele eigentlich nur
»Dreck« (und noch Schlimmeres), wie beschä­
menderweise die Fakten im vorliegenden Buch bele­
gen. Vor allem waren die Vertriebenen die »unwill­
kommenen Deutschen«. Eine weitere Schande der
Nachkriegszeit, die die Politiker ihnen jedoch anders
verkaufen... Genauso wie die Tatsache, dass Deutsch­
land zum Zwecke seiner »Befreiung« besetzt worden
sein sollte. Auch das ist eine Märl
US-Präsident Harry S. Truman billigte selbst die
US-Direktive 1061, die besagt, dass Deutschland als
»besiegter Feindstaat« okkupiert wurde. Und nichts
anderes!
(Quelle: http://ghdi.ghi-
dc.o,g/ sub_document.cfm?document_id= 2297&/anguage=german).
Neben diesen Betrachtungen - und vielen anderen
Tabuthemen - beschäftige ich mich zudem noch aus­
führlich mit einem weiteren Schandfleck, der hierzu­
lande ebenfalls zumeist politisch und medial unter den
Teppich gekehrt wird: Nämlich dem, wie Nazis die
Bundesrepublik aufbauten und dies bis in der Gegen­
wart »vertuscht« wurde, um gerade das nicht »allzu«
13
öffentlich zu machen. Und dennoch heben sie alle
heute mahnend den Zeigefinger. Doppe1moral par
excellence...
Beenden möchte ich diese Einleitung mit den Wor­
ten des estnischen Staatspräsidenten Lennart Meri
(von 1992 bis 2001 im Amt), der zum fünften Jahres­
tag der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober
1995 in Berlin in seiner Rede »Europäische Ansichten
über Deutschland« unter anderem erklärte (Q,uelle:
https:/ /potsdamer-konftrenz.de/ verstaendigung/ lennart-meri­
rede):
»Als Este sage ich dies und frage mich, warum zei­
gen die Deutschen so wenig Respekt vor sich selbst?
Deutschland ist eine Art Canossa-Republik geworden,
eine Republik der Reue (...) Um glaubwürdig zu sein,
muss man auch bereit sein, alle Verbrechen zu verur­
teilen, überall in der Welt, auch dann, wenn die Opfer
Deutsche waren oder sind. Für mich als Este ist es
kaum nachzuvollziehen, warum die Deutschen ihre
eigene Geschichte so tabuisieren, dass es enorm
schwierig ist, über das Unrecht gegen die Deut­
schen zu publizieren oder zu diskutieren, ohne dabei
schief angesehen zu werden - aber nicht etwa von den
Esten oder Finnen, sondern von Deutschen selbst
(... )«

- Guido Grandt

14
1. Vergessen: Der verderbliche Einfluss des
Freimaurers und Judenhassers Henry Ford auf
Adolf Hitler!

Der antisemitische EinDuss Henry Fords auf


Hider wurde heruntergespielt!
Dabei sind die Fakten eindeutig!
Der Freimaurer finanzierte die Nazis sogar
mit!

Er war ein unfreundlicher Mann mit verschrobenen


politischen und gesellschaftlichen Ansichten, von
Vorurteilen geprägt und primitiv, aber der Besitzer
der größten Automobilfabrik der Welt in Detroit und
- Freimaurer: Die Rede ist von Henry Ford (1863-
1947), Meister der Palestine L.odge No. 357 in Detroit
seit 1894 und seit 1947 Mitglied der Zion L.odge No. 1.
Er war so sehr in seinem freimaurerischen Denken
gefangen, dass bei der Zeremonie zur Erhebung zum
Meister vom Stuhl sogar der Tempel der Palestine
L.odge No. 351 in der Werkhalle von Mitarbeitern in
Overalls aufgebaut wurde!
Ford war es gelungen aus den Automobilen, die in
der Frühzeit nichts weiter als Luxuspielzeuge und
Statussymbole waren, preiswerte Nutzfahrzeuge zu
machen und sie mit Erfolg zu vermarkten.
Am Ende des Ersten Weltkrieges war fast jedes
zweite, weltweit verkaufte Personenkraftwagen ein
15
Ford. Der Logenbruder stellte bereitwilliger als die
meisten anderen Unternehmer zu jener Zeit auch
Schwarze, Einwanderer, Ex-Sträflinge und Behinderte
ein, gliederte seiner Firma eine »soziologische Fakul­
tät« an, deren Aufgabe darin bestand, den Arbeitern
»moralische Tugend« beizubringen. Und das nicht nur
am Arbeitsplatz, sondern ebenso zu Hause.
Aber es gab auch eine bis heute zumeist verschwie­
gene Schattenseite: Ford richtete in seinem Konzern
eine spezielle Abteilung (Sociological Departmenl) ein, die
unter anderem mit Hausbesuchen sicherstellte, dass
seine strengen Vorstellungen von Moral und Anstand
eingehalten wurden.
»Wer nicht Fords Ideal eines amerikanischen Arbei­
ters entspricht, spürt es auf dem Lohnzettel«, meint
der Autor Sebastian Kirschner. »Nicht nur das be­
schert Ford den Ruf eines Diktators. Ford betreibt ein
eigens geschaffenes Service Department, eine interne
Sicherheitsabteilung, die gegen Demonstranten und
Gewerkschafter vorgeht. Ihr Leiter, der zwielichtige
Ex-Soldat und- Boxer Harry Bennett, agiert mit seiner
Gruppe oft so brutal, dass sie den Beinamen ,Fords
Gestapo' erhalten.« Und weiter: »Die New York Times
quittiert Fords diktatorischen Führungsstil 1928 mit
dem Titel ,Der Mussolini vom Highland Park'. Dabei
scheint Fords Bezug zum Faschismus auch abseits
seines Unternehmens nicht weit hergeholt.«
(Quelle: Sebastian Kirschner. ))Von Hitlers Held Zf,lm Idol der Welt<<
in: G/ Geschichte O1 / 18, S. 45).

16
(Quelk: Wikimedia.commons (Henry Ford mit Model T, Hotel Iroquois,
Breffalo NY 1921) (https:/ / commons.wikimedia.org/ wiki/ Fik:Ford_ 1921jp.?)}

Henry Ford gelangte schon bald in den Dunstkreis


der Reichen und Mächtigen, schließlich besaß er mehr
Geld, als er eigentlich ausgeben konnte. So zeigten
ihn Fotografien beispielsweise neben dem amerikani­
schen Präsidenten Wilson.
»Verschwörungstheoretiker« wie etwa Dieter Rüg­
geberg unterstellten Ford in seinem zweibändigen
Werk Geheimpolitik einen bedeutenden antisemitischen
Einfluss nicht nur auf Deutschland und Amerika, gar
weltweit. Aber entspricht dies auch den Tatsachen?
17
Fakt ist: In Ford reifte nicht nur Prestige und
Machthunger, sondern noch etwas anderes, Verhäng­
nisvolles, Unheilvolles heran: Antisemitische Über­
zeugungen, die immer paranoider wurden!
Freimaurer Ford ließ verlauten, dass die »jüdischen
Bankiers« in Deutschland den Ersten Weltkrieg vom
Zaun gebrochen hätten. Und er suchte Kontakt und
Freundschaft zu Menschen mit ähnlichen Ansichten
und mit denselben Ressentiments gegenüber Juden.
Zu Logenbruder Augustus Charles Lindbergh (1902-
1 974) beispielsweise, dem amerikanischen National­
helden, der später zum Freund und Propagandisten
der Nazis wurde.
Lindbergh, ein Judenhasser, war Mitglied der Krys­
tone Lodge 243 in St. Louis. Er war der Held, dem 1 927
als Erstem mit seinem Flugzeug Spirit of St. Louis der
Transozeanflug von Amerika nach Europa gelang.
Vor Flugantritt hatte er noch seine freimaurerischen
Dokumente am Rumpf des Fliegers befestigt. Später
war er Gegner des Kriegseintritts der USA in den
Zweiten Weltkrieg, wurde wegen seiner Pro-Nazi­
Haltung isoliert, sogar aus der Armee entlassen, diente
aber weiter als Versuchspilot. 1 954 wurde er rehabili­
tiert.
Henry Ford kaufte 1 9 1 9 die Zeitung The Dearborn
Independent, die er von da an zum Sprachrohr seiner
antisemitischen Ansichten machte. Um es mit den
Worten von Douglas Brinkley in Wheels far the World

18
zu sagen: »Er war vom Teufel besessen, wenn es um
das Thema Juden ging.«
(Quelle: David Landes: »Die Macht der Familie - Wirtschajtst!Jnas­
tien in der Weltgeschichte«, München 2006, S. 443).
Unter anderem postulierte der Freimaurer­
Judenhasser Ford in The Dearborn Independent. »Mehr
als jede andere Rasse zeigt er (der Jude/ d. A.) eine
ausgeprägte Abneigung gegen körperliche Arbeit,
gleicht dies durch seine ebenso entschiedene Neigung
zum Handel aus.«
(Quelle: Sebastian I.Grschner: »Von Hitlers Held Z!'m Idol der Welt«
in: G/ Geschichte 0 1 / 18, S. 45).
Ford unterschied sogar zwischen »arischem« und
»jüdischem« Kapital. So veröffentlichte er in seiner
Zeitung auch eine regelmäßige persönliche Kolumne
Der internationale Jude: Das vordringlichste Problem der Welt.
Im ersten Artikel ist Fords Judenhass per se greifbar:
»Es gibt eine Rasse, einen Teil der Menschheit, der nie
willkommen war, der es aber geschafft hat, sich zu
einer Macht zu erheben, die sich nicht einmal die
hochmütigste nichtjüdische Rasse je angemaßt hat -
auch nicht im Rom ihrer stolzesten Tage«, heißt es da
beispielsweise.
(Quelle: Hadassa Ben-Itto: »Die Protokolle der Weisen von Zion -
Anatomie einer Fälschung<<, Berlin 1998, S. 84)
Die Aufsätze und Leitartikel in Fords Zeitschrift
klagten führende jüdische Persönlichkeiten an, die die
US-Präsidenten Taft und Wilson als Marionetten be­
nutzt haben sollten. Weiter hieß es bei Ford, jüdische
Bankiers hätten den Ersten Weltkrieg angezettelt und
19
die Russische Revolution geschürt. Ferner wurde die
»jüdische Weltverschwörung«, bestehend aus 300 Ju­
den, der Korruption an der Wall Street angeklagt so­
wie der Verantwortung für den amerikanischen Bür­
gerkrieg und die Ermordung Abraham Lincolns.
»Was Juden durch Geld, Medien oder Manipulation
nicht erreichten, würden sie erreichen, indem sie den
sexuellen Perversionen der Mächtigen und Prominen­
ten Vorschub leisteten« (Ben-Itto). Alles, und wenn es
auch noch so obskur war, wurde einer jüdischen
Weltverschwörung in die Schuhe geschoben: Jazz,
kurze Hosen, heruntergekrempelte Socken, steigende
Mieten und so weiter.
Diese Artikelserie, die in über 91 Ausgaben lief,
stürzte das Land in eine wahre Verschwörungshyste­
rie und wurde im Buch The international Jew (Der inter­
nationale Jude - ein Weltproblem oder auch: Der ewige Jude)
zusammengefasst. Dieses üble Pamphlet wurde in 16
Sprachen verkauft und sogar ins Arabische übersetzt.
In den USA gingen ebenfalls Millionen dieses Mach­
werks über den Ladentisch, in Deutschland erschie­
nen bis Ende 1933 allein 29 Auflagen!
Der ewige Jude wurde zur »Bibel der Antisemiten«, in
der die Weltverschwörung als Werk der Juden und
Bolschewiken, nicht aber der Freimaurer dargestellt
wurde (wie ansonsten Verschwörungstheoretiker be­
haupten). Kein Wunder, war Ford schließlich ja selbst
Logenbruder.

20
Hadassa Ben-Itto erklärt in seinem Buch Die Proto­
kolle der Weisen von Zion - Anatomie einer Verschwö"rung.
»Die nationale Marktkraft und das Vermögen der
Ford Motor Company wurden bewusst dafür einge­
setzt, Judenhass zu verbreiten.«
(Quelle: Hadassa Ben-Itto: »Die Protokolle der Weisen von Zion -
Anatomie einer Fälschung<<, Berlin 1998, S. 86)
Sogar die christlichen Kirchen gingen im Jahre
1920 auf Distanz zu Ford und sprachen von »Rassen­
hass und Feindseligkeiten gegen unsere jüdischen
Mitbürger«, die von Zeitungen geschürt würden und
»lächerliche Anschuldigungen enthalten«.
Die amerikanischen Juden verweigerten massenhaft
den Kauf von Ford-Autos. Selbst hohe Politiker wie
Woodrow Wilson und William Howard Taft, 27. Prä­
sident der USA und ebenfalls Freimaurer, beteiligten
sich 1921 am Protest gegen die antisemitische Hetz­
kampagne des Judenhassers Ford. Doch dessen Ant­
wort war schockierend, als er bekannte, keinem Ras­
senhass Vorschub leisten zu wollen, sondern nur die
»dummen Nichtjuden« mit der Nase auf die angebli­
chen »Ränke der Juden« stoßen zu wollen.
Am 17. Februar 1921 erklärte Ford in einem Inter­
view mit der New York World: »Das einzige, was ich
über die Protokolle (der Weisen von Zion/ d. A.) sa­
gen kann, ist, dass sie mit dem Weltenlauf Schritt hal­
ten. Sie sind 16 Jahre alt, und sie haben immer auf die
Weltlage gepasst. Sie sind auch heute noch aktuell.«
(Quelle: Hadassa Ben-Itto: »Die Protokolle der Weisen von Zion -
Anatomie einer Fälschung«, Berlin 1998, S. 168)
21
Nach der Androhung e1ner Verleumdungsklage
wegen seiner Ausfälle gegenüber den Juden und auf
Grund negativer Verkaufszahlen distanzierte sich
Ford von dem unter seinem Namen veröffentlichten
Werk. Er setzte seine Unterschrift unter eine öffentli­
che Entschuldigung, die er aber nie gelesen haben
wollte. Seine persönlichen antisemitischen Überzeu­
gungen blieben dennoch die alten. Die Juden waren
für ihn die »Erzfeinde der Menschheit« schlechthin
und er war nach wie vor überzeugt vom Inhalt des
Buches, denn das bewiesen seine früheren judenfeind­
lichen Äußerungen. Er heuerte sogar Detektive und
Spione an, die Schmutz sammeln und über bekannte
Juden ausschütten sollten, um so ihr Komplott bewei­
sen zu können! Die Privatennittler glaubten die Ver­
schwörer in der jüdischen Gemeindeorganisation
New Yorks gefunden zu haben, die angeblich mit
Präsident Wilson zusammenarbeiteten.
Einer war von Der ewige Jude ganz besonders faszi­
niert: Adolf Hitler, der 1924 an seinem Buch Mein
Kampf arbeitete und daraus sogar »wortwörtlich« um­
fangreiche Passagen übernahm und Ford als einen
»großen Mann« bezeichnete! Zudem soll er sich das
Foto des Freimaurers auf den Schreibtisch gestellt
haben.
Einem amerikanischen Reporter gegenüber äußerte
Hitler, dass er »Heinrich« Ford als »seine Inspiration«
betrachtete. Einer der engsten Mitarbeiter des deut­
schen Diktators, Dietrich Eckart, benannte die Proto-
22
kolle der Weisen von Zion und Der ewige Jude ausdrücklich
als Quellen der Anregung für den Nazi-Diktator.
(Quelle: Suzanne & James Pool· »Hitlers Wegbereiter Z!'r Macht<<,
Bern, München 1980, S. 9 1-94).
Festzustehen scheint, dass Hitler das antisemitische
Werk Fords als eines seiner wichtigsten Propaganda­
mittel einsetzte.
Der Freimaurer hingegen entwickelte sich seiner­
seits zum Bewunderer von Hitler, finanzierte faschis­
tische und antiamerikanische Parteien, um den Kampf
gegen die Juden voranzutreiben. 1928 fusionierten gar
die deutschen Niederlassungen Fords mit jenen der I.
G. Farben. Die deutschen Chemiefabriken stellten
nicht nur das im Ersten Weltkrieg angewandte Chlor­
gas her, sondern sollten später »Zyklon B« produzie­
ren, das beispielsweise in den Gaskammern von
Auschwitz und Buchenwald verwendet wurde und
Millionen Juden den Tod brachte.
(Quelle: Anto'!) C. Sutton: «Wallstreet und der Aufttieg Hitlers«, Ba­
sel 2008, S 39.ff.)
In den 1930er Jahren nahm Logenbruder Henry
Ford öffentlich Partei für Nazi-Deutschland. Im Juli
1939 verlieh ihm Hitler als erstem Amerikaner die für
einen Nicht-Deutschen höchste Ehrenauszeichnung,
das »Großkreuz des Deutschen Adlerordens«.
Der Nazi-Diktator hatte diesen Verdienstorden
persönlich gestiftet, um Ausländer zu ehren, die sich
um das Deutsche Reich verdient gemacht hatten. Dies
führte in den Vereinigten Staaten zu einem Sturm der
Kontroverse.
23
Während Ford öffentlich postulierte, er »möge kei­
ne totalitären Regierungen«, profitierte er in Wahrheit
von diesen. So produzierten seine deutschen und
französischen Betriebe gewinnbringend für Hitlers
Wehrmacht, ebenso für US-Fabriken für die US­
Army. Die Nettogewinne alleine für das Jahr 1941
sollen rund 58 Millionen Franc betragen haben.
Aufgrund der großen Entrüstung über diese Nazi­
Auszeichnung, vor allem aus zionistischen Kreisen in
den USA, ruderte Ford zurück und erklärte: »Die An­
nahme einer Medaille vom deutschen Volk ( ... ) bein­
haltet nicht, wie manche zu glauben scheinen, meine
Sympathie dem Nazismus gegenüber. Diejenigen, die
mich seit Jahren kennen, wissen, dass alles, was Hass
schürt, meine Abscheu erregt.«
(Quelle: Anfo1!J C. Sutton: «Wallstreet und der A,efstieg Hitlers«, Ba­
sel 2008, S. 93).
Dass dies mehr als eine Farce war, bewiesen die
Fakten, die Ford schuf. Mehr noch: Die New York
Times berichtete am 20. Dezember 1922, dass Henry
Ford Hitlers nationalistische und antisemitische Be­
wegung in München finanzierte.

24
Quelle Smenshot/Bildzjtat: Anto'!) C Sutton: <<Wallsmet und der Anfttieg
Hitlers«, Basel 2008, S. 90

25
Der britische Historiker und Ökonom Antony Cyril
Sutton berichtete diesbezüglich: »Diese Geldmittel
Fords wurden von Hitler dazu verwendet, den bayri­
schen Aufstand zu entfachen. Dieser Aufstand schei­
terte und Hitler wurde gefangen genommen und an­
schließend vor Gericht gestellt. Im Februar 1923 sagte
der stellvertretende Präsident des bayrischen Parla­
ments, Auer, vor Gericht aus: ,Schon lange liegen
dem bayrischen Landtag die Informationen vor, dass
die Hitlerbewegung zum Teil von einem amerikani­
schen antisemitischen Boss namens Henry Ford fi­
nanziert wurde (... ) Herr Hitler prahlt in aller Öffent­
lichkeit mit der Unterstützung durch Mr. Ford und
lobt Mr. Ford als großen Individualisten und großen
Antisemiten.«
(Quelle: Anto'!Y C. Sutton: «Wallstreet und der Aefstieg Hitlers«, Ba­
sel 2008, S. 92).
Fords spätere Kooperation mit den Nazis (siehe
oben) müßigte den britischen Historiker und Öko­
nom zu folgerichtigem Statement:
»Es gibt dokumentarisches Beweismaterial darüber,
dass die Ford Motor Company im Zweiten Weltkrieg
auf beiden Seiten arbeitete. Wenn die nationalsozialis­
tischen Industriellen, die in Nürnberg vor Gericht
gestellt wurden, sich Verbrechen gegen die Mensch­
lichkeit schuldig machten, dann muss das ebenso für
die Kollaborateure in der Familie Ford, Henry und
Edsel Ford (sein Sohn/d. A.) gelten. Die Geschichte
der Fords wurde jedoch von Washington verhüllt -
26
anscheinend wie fast alles andere, das den Namen und
die Wertschätzung der finanziellen Elite der Wall
Street antasten könnte.«
(Quelle: Anto'!Y C. Sutton: «Wallstreet und der Aefstieg Hitlers«, Ba­
sel 2008, S. 97).
Ford soll sogar die Hetz-Protokolle der Weisen von
Zion benutzt haben, um den US-Senat zu überreden,
sich nicht Präsident Wilsons Völkerbund anzuschlie­
ßen.
David Landes, einer der führenden amerikanischen
Wirtschaftshistorik.er, schrieb: »Manche islamistischen
Gruppen haben Fördergelder von der Ford Founda­
tion erhalten, die auf dem Papier nichts mit dem Au­
tounternehmen zu tun hat, aber ihren langen Schatten
auf es wirft.«
(Queffe: David Lindes: »Die Macht der Familie - Wirtschajtst!Jnas­
tien in der Weltgeschichte«, München 2006, S. 443).
Wie sehr Freimaurer ihren Logenbruder
»deck(t)en«, zeigt die Tatsache, dass in einigen Publi­
kationen gar nichts über den Judenhass Fords und
seine Anbiederung an Hitler-Deutschland publiziert
wurde und wird.
Weder im Internationalen Freimaurer Lexikon noch
beispielsweise bei Jürgen Holtorfs Die Logen der Frei­
maurer findet man dazu einen Hinweis. Und das ob­
wohl eine neue Ausgabe von The International ]ew des
Logenbruders und Judenhassers Henry Ford erst
1993 erneut herausgegeben worden war.
Auch das ist eine vom Mainstream nicht beachtete
Schande!
27
Quellen: David Landes: »Die Macht der Familie - Wirtschaftst!Jnas­
tien in der Weltgeschichte<<, Miinchen 2006, S. 179, 180, 185, 187,
190.ff., 194.ff., 199, 20 7/Hadassa Ben-Itto: »Die Protokolle der Weisen
von Zion - Anatomie einer Fälschung«, Berlin 1998, S. 83.ff., 145, 168,
376/Eugen Lennhoff/Oskar Posner/Dieter A. Binder: »Internationales
Freima,mr Lexikon«, Miinchen 2006 (5. iiberarbeitete und aktualisierte
Ausgabe), S. 289, 517/Jim Mam: »Heimliche Herrscher - Wie verbor­
gene Mächte das Schicksal der Menschheit bestimmen«, Rottenbmg 2007,
S. 183, 199.ff./Jiirgen Holto,j: J>Die Logen der Freimaurer - Geschichte,
Bedeutung, Einjl11Ss«, Miinchen 1991, S. 143, 144/Dieter Riiggeber;g:
»Geheimpolitik - Der Fahrplan Z!'r Weltherrschaft«, Wuppertal 2000 (5.
Auflage), S. 77.ff./ Dieter Riiggeber;g: >JGeheimpolitik Band 2: Logen,
Politik«, Wuppertal 1997 (2. Auflage), S. 39.ff./A. Ralph Epperson:
»Die unsichtbare Hand - Der Einfluss geheimer Mächte a,ef die Weltpoli­
tik«, Rottenburg 2006, S. 272/Eduard Gugenber;ger/Franko Pet­
ri/ Roman Schweidlenka: »Weltverschwörungstheorien - Die neue Gefahr
von rechts«, Wien, Miinchen 1998, S. 136, 137,181.

28
2. Verdrängt: EU und US-Botschafterin geben
Hitler »und« Stalin Schuld am Zweiten Welt­
krieg! - Purin erklärt Polens Mitschuld!

Zwischen der EU, Polen und Russland ist ein


Streit über den 2. Weltkrieg entbrannt!
Und auch die USA mischen mit!
Dabei kommt die offizielle Geschichtsschrei­
bung ins Wanken!

Am 17. September 1939, kurz nach dem Überfall


der deutschen Wehrmacht auf Polen, marschierte die
Rote Armee in dem Land ein. Grundlage war der im
August 1939 geschlossene Molotow-Ribbentrop-Pakt,
ein Nichtangriffspakt zwischen dem Dritten Reich
und der Sowjetunion, der auch als Hitler-Stalin-Pakt
bekannt wurde.
In geheimen Zusatzprotokollen wurde die Auftei­
lung Polens unter den beiden Ländern sowie die An­
nexion der Baltenstaaten durch die Sowjetunion be­
schlossen.
(Quelle:
https:/ /www.welt.de/politik/ ausland/article 146898163 /Russlan
d-gibt-Polen-Mitschuld-am-Zweiten-Weltkrieg.htm.l).
Mit einer Entschließung des Europaparlaments
vom 19. September 2019 »zur Bedeutung des europäi­
schen Geschichtsbewusstseins für die Zukunft Euro­
pas« wird der Molotow-Ribbentrop-Pakt mit seinen

29
Geheimprotokollen als Weichenstellung für den
Zweiten Weltkrieg bezeichnet.
In diesem Rahmen hätten die »gleichermaßen das
Ziel der Welteroberung verfolgenden totalitären Re­
gime Europa in zwei Einflussbereiche« aufgeteilt.
(Quelle: https://www.tagesschau.de/ faktenfinder/russland­
polen-putin-101.html).

Ganz konkret heißt es in der »Entschließung des


Europäischen Parlaments zur Bedeutung des europäi­
schen Geschichtsbewusstseins für die Zukunft Euro­
pas (2019/2819(RSP)« (Hervorhebungen durch
mich):
A. in der Erwägung, dass sich der Ausbruch des
Zweiten Weltkriegs, der menschliches Leid in einem
nie dagewesenen Umfang mit sich brachte und zur
jahrzehntelangen Besetzung von Ländern in Europa
führte, in diesem Jahr zum 80. Mal jährt;

B. in der Erwägung, dass vor 80 Jahren, am 23. Au­


gust 1939, die kommunistische Sowjetunion und das
nationalsozialistische Deutsche Reich den als Hitler­
Stalin-Pakt bekannten Nichtangriffspakt und dessen
Geheimprotokolle unterzeichneten, womit die beiden
totalitären Regime Europa und die Hoheitsgebiete
unabhängiger Staaten untereinander aufteilten und in
Interessensphären einteilten und damit die Weichen
für den Zweiten Weltkrieg stellten;

30
C. in der Erwägung, dass eine unmittelbare Folge
des Hitler-Stalin-Pakts zwischen dem nationalsozialis­
tischen Deutschland und der Sowjetunion, dem am
28. September 1939 der Grenz- und Freundschafts­
vertrags zwischen dem Deutschen Reich und der
Sowjetunion folgte, darin bestand, dass die Republik
Polen zuerst von Hitler und zwei Wochen später von
Stalin überfallen wurde - wodurch das Land seine
Unabhängigkeit einbüßte und eine beispiellose Tragö­
die für das polnische Volk ihren Anfang nahm -, dass
die kommunistische Sowjetunion am 30. November
1939 einen Angriffskrieg gegen Finnland begann, im
Juni 1940 Teile Rumäniens besetzte und annektierte -
die seitdem nicht an Rumänien zurückgegeben wor­
den sind - und sich die unabhängigen Republiken
Litauen, Lettland und Estland einverleibte;

D. in der Erwägung, dass nach der Niederlage des


nationalsozialistischen Regimes und dem Ende des
Zweiten Weltkriegs einige europäische Länder in der
Lage waren, ihre Eigenstaatlichkeit wiederzuerlangen
und einen Prozess der Aussöhnung einzuleiten, wäh­
rend andere europäische Länder ein halbes Jahrhun­
dert lang Diktaturen blieben - einige davon unmittel­
bar von der Sowjetunion besetzt oder unter direktem
sowjetischem Einfluss - und ihnen Freiheit, Souverä­
nität, Würde, Menschenrechte und sozioökonomische
Entwicklung weiterhin versagt blieben;

31
E. in der Erwägung, dass zwar die Verbrechen des
nationalsozialistischen Regimes in den Nürnberger
Prozessen aufgeklärt und entsprechende Strafen ver­
hängt wurden, das Bewusstsein für die Verbrechen
der stalinistischen und anderer Diktaturen jedoch
nach wie vor dringend geschärft werden muss und
moralische und rechtliche Bewertungen dieser Dikta­
turen vorgenommen werden müssen;

F. in der Erwägung, dass die kommunistische und


die nationalsozialistische Ideologie in einigen Mit­
gliedstaaten gesetzlich verboten sind;

G. in der Erwägung, dass die europäische Integrati­


on von Beginn an eine Reaktion auf das Leid war, das
durch zwei Weltkriege und die Tyrannei des National­
sozialismus verursacht wurde, die zum Holocaust
sowie zur Ausbreitung totalitärer und undemokrati­
scher kommunistischer Regime in Mittel- und Osteu­
ropa führten, und ein Weg zur Überwindung tiefer
Spaltungen und Feindseligkeiten in Europa im Wege
der Zusammenarbeit und Integration sowie zur Ab­
kehr vom Krieg und zur Sicherung der Demokratie in
Europa; in der Erwägung, dass für die europäischen
Länder, die unter sowjetischer Besetzung und kom­
munistischen Diktaturen gelitten haben, die Erweite­
rung der EU seit 2004 bedeutete, dass sie in die Fami­
lie der europäischen Staaten zurückkehrten, zu der sie
gehören;
32
H. in der Erwägung, dass die Erinnerung an die
tragische Vergangenheit Europas wachgehalten wer­
den muss, um die Opfer zu ehren, die Täter zu verur­
teilen und die Fundamente für eine Aussöhnung auf
der Grundlage von Wahrheit und Erinnerung zu le­
gen;

I. in der Erwägung, dass es von entscheidender Be­


deutung für die Einheit Europas und seiner Bevölke­
rung und für die Stärkung der Widerstandskraft Eu­
ropas gegen die aktuellen Bedrohungen von außen ist,
dass der Opfer totalitärer und autoritärer Regime ge­
dacht wird und dass das gemeinsame europäische
Erbe der von kommunistischen, nationalsozialisti­
schen und anderen Diktaturen begangenen Verbre­
chen anerkannt und das Bewusstsein für dieses Erbe
geschärft wird;

J. in der Erwägung, dass sich vor 30 Jahren am 23.


August 1989 zum Gedenken an den 50. Jahrestag des
Hitler-Stalin-Pakts und an die Opfer totalitärer Re­
gime zwei Millionen Litauer, Letten und Esten bei
einer beispiellosen Demonstration, dem »Baltischen
Weg«, die Hände reichten, um eine Menschenkette zu
bilden, die sich von Vilnius über Riga bis Tallinn er­
streckte;

33
K in der Erwägung, dass die russischen Stellen un­
geachtet dessen, dass der Kongress der Volksdepu­
tierten der UdSSR am 24. Dezember 1989 die Unter­
zeichnung des Hitler-Stalin-Pakts und anderer mit
dem nationalsozialistischen Deutschland geschlosse­
ner Abkommen verurteilte, im August 2019 die Ver­
antwortung für dieses Abkommen und seine Folgen
bestritten haben und derzeit die Auffassung vertreten,
dass Polen, die baltischen Staaten und der Westen die
wahren Initiatoren des Zweiten Weltkriegs sind;

L. in der Erwägung, dass es von entscheidender


Bedeutung für die Einheit Europas und seiner Bevöl­
kerung und für die Stärkung der Widerstandskraft
Europas gegen die aktuellen Bedrohungen von außen
ist, dass der Opfer totalitärer und autoritärer Regime
gedacht wird und dass das gemeinsame europäische
Erbe der von kommunistischen, nationalsozialisti­
schen und anderen Diktaturen begangenen Verbre­
chen anerkannt und das Bewusstsein für dieses Erbe
geschärft wird;

M. in der Erwägung, dass unverhüllt radikale, ras­


sistische und fremdenfeindliche Gruppierungen und
politische Parteien zu Hass und Gewalt in der Gesell­
schaft aufgestachelt haben, beispielsweise durch die
Verbreitung von Hetze im Internet, die häufig zu
einer Zunahme von Gewalt, Fremdenfeindlichkeit
und Intoleranz führt;
34
1. erinnert daran, dass gemäß Artikel 2 EUV die
Werte, auf die sich die Europäische Union gründet,
die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokra­
tie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung
der Menschenrechte, einschließlich der Rechte der
Personen, die Minderheiten angehören, sind; in der
Erwägung, dass diese Werte allen Mitgliedstaaten ge­
mein sind;

2. betont, dass der Zweite Weltkrieg, der verhee­


rendste Krieg in der Geschichte Europas, als unmit­
telbare Folge des auch als »Hitler-Stalin-Pakt« be­
zeichneten berüchtigten Nichtangriffsvertrags zwi­
schen dem nationalsozialistischen Deutschen Reich
und der Sowjetunion vom 23. August 1939 und seiner
geheimen Zusatzprotokolle ausbrach, in deren Rah­
men die beiden gleichermaßen das Ziel der
Welteroberung verfolgenden totalitären Regime Eu­
ropa in zwei Einflussbereiche aufteilten;

3. erinnert daran, dass das nationalsozialistische


und das kommunistische Regime Massenmorde, Völ­
kermord und Deportationen durchführten und im 20.
Jahrhundert einen in der Geschichte der Menschheit
nie dagewesenen Verlust an Menschenleben und
Freiheit verursachten, und gemahnt an das von den
Nationalsozialisten verübte abscheuliche Verbrechen
des Holocausts; verurteilt in aller Schärfe die Akte der
35
Aggression, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit
und die massenhaften Menschenrechtsverletzungen,
die von Nationalsozialisten, Kommunisten und ande­
ren totalitären Regimen begangen wurden;

4. gibt seinem tief empfundenen Respekt für jedes


einzelne Opfer dieser totalitären Regime Ausdruck
und fordert alle EU-Organe und Akteure auf, alles in
ihrer Macht Stehende zu tun, damit abscheulicher
totalitärer Verbrechen gegen die Menschlichkeit und
systematischer schwerer Menschenrechtsverletzungen
gedacht wird und diese Handlungen gerichtlich ver­
folgt werden, und dafür zu sorgen, dass es nie wieder
zu derlei V erbrechen kommt; betont, wie wichtig es
ist, die Erinnerung an die Vergangenheit lebendig zu
halten, da es ohne Erinnerungsarbeit keine Aussöh­
nung geben kann, und bekräftigt sein gemeinsames
Eintreten gegen jegliche totalitäre Herrschaft, unab­
hängig von ihrem ideologischen Hintergrund;

5. fordert alle Mitgliedstaaten der EU auf, eine ein­


deutige und auf Grundsätzen beruhende Beurteilung
der Verbrechen und Akte von Aggression vorzuneh­
men, die von den totalitären kommunistischen Regi­
men und dem nationalsozialistischen Regime began­
gen wurden;

36
6. verurteilt sämtliche Ausdrucksformen und jegli­
che Verbreitung totalitärer Ideologien wie des Natio­
nalsozialismus und Stalinismus in der EU;

7. verurteilt, dass in einigen EU-Mitgliedstaaten


Geschichtsrevisionismus betrieben wird und Perso­
nen verherrlicht werden, die mit den Nationalsozialis­
ten kollaborierten; ist bestürzt über die zunehmende
Akzeptanz radikaler Ideologien und die Rückkehr von
Faschismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und
anderen Formen von Intoleranz in der Europäischen
Union, und ist besorgt darüber, dass es Berichten
zufolge in einigen Mitgliedstaaten zu Absprachen von
führenden Politikern, politischen Parteien und Straf­
verfolgungsbehörden mit radikalen, rassistischen und
fremdenfeindlichen Bewegungen unterschiedlicher
politischer Couleur gekommen sein soll; fordert die
Mitgliedstaaten auf, derlei Handlungen aufs Schärfste
zu verurteilen, da sie die Werte der EU - Frieden,
Freiheit und Demokratie - aushöhlen;

8. fordert alle Mitgliedstaaten auf, den 23. August


sowohl unionsweit als auch auf nationaler Ebene als
den Europäischen Tag des Gedenkens an die Opfer
totalitärer Regime zu begehen und das Bewusstsein
der jüngeren Generation für diese Problematik zu
schärfen, indem die Geschichte der totalitären Regime
und die Untersuchung ihrer Folgen in die Lehrpläne
und die Schulbücher aller Schulen in der EU aufge-
37
nommen werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, die
Dokumentation der konfliktreichen Vergangenheit
Europas beispielsweise durch die Übersetzung der
Verfahren der Nürnberger Prozesse in alle Amtsspra­
chen der EU zu fördern;

(Quelk: Wikimedia.commons (JosefStalin, sitz! draußen a,efder Berliner Kon­


ferenz
1945) (https:/ / commons.wikimedia.org/wiki/Fik:Stalin_t 945jpl))

38
9. fordert die Mitgliedstaaten auf, alle Formen der
Leugnung des Holocaust, wozu auch die Verharmlo­
sung und Bagatellisierung der von den Nazis und ih­
ren Kollaborateuren begangenen Verbrechen zählt, zu
verurteilen und ihnen entgegenzuwirken und gegen
Verharmlosung im politischen und medialen Diskurs
vorzugehen;

1 0. fordert eine gemeinsame Erinnerungskultur, die


die Verbrechen faschistischer, stalinistischer und an­
derer totalitärer und autoritärer Regime früherer Zei­
ten ablehnt, um die Widerstandskraft - insbesondere
der jüngeren Generation - gegen aktuelle Bedrohun­
gen der Demokratie zu stärken; legt den Mitgliedstaa­
ten nahe, allgemeine kulturelle Bildungsmaßnahmen
in Bezug auf die Vielfalt unserer Gesellschaft und
unsere gemeinsame Geschichte zu fördern, wozu
auch Bildungsmaßnahmen zu den im Zweiten Welt­
krieg begangenen Gräueltaten, beispielsweise zum
Holocaust, und zur jahrelang praktizierten systemati­
schen Entmenschlichung der Opfer gehören;

1 1 . fordert außerdem, dass der 25. Mai (der Jahres­


tag der Hinrichtung des Helden von Auschwitz, Ritt­
meister Witold Pilecki) zum Internationalen Tag der
Helden des Kampfes gegen den Totalitarismus ausge­
rufen wird, um damit all jenen Respekt und Achtung
zu zollen, die durch den Kampf gegen die Tyrannei
39
Heldenmut und wahre Menschenliebe bewiesen ha­
ben, und auch künftigen Generationen ein klares
Vorbild für die richtige Einstellung gegenüber der
Bedrohung durch totalitäre Versklavung zu bieten;

12. fordert die Kommission auf, Projekte zum his­


torischen Gedächtnis und Gedenken in den Mitglied­
staaten und die Tätigkeiten der Plattform für das Ge­
dächtnis und das Gewissen Europas wirksam zu un­
terstützen und angemessene finanzielle Ressourcen im
Rahmen des Programms »Europa für Bürgerinnen
und Bürger« zuzuweisen, um im Einklang mit dem
Standpunkt des Parlaments zu dem Programm »Rech­
te und Werte« für den Zeitraum 2021-2027 die Erin­
nerung und das Gedenken an die Opfer des Totalita­
rismus zu unterstützen;

1 3. erklärt, dass die europäische Integration als


Modell für Frieden und Aussöhnung auf der freien
Entscheidung der Völker Europas beruht, sich zu
einer gemeinsamen Zukunft zu bekennen, und dass
der Europäischen Union besondere Verantwortung
für die Förderung und die Sicherung der Demokratie
sowie die Achtung der Menschenrechte und der
Rechtsstaatlichkeit sowohl innerhalb als auch außer­
halb der Europäischen Union zukommt;

14. betont, dass die Länder Mittel- und Osteuropas


durch ihren Beitritt zur EU und zur NATO nicht nur
40
in die europäische Familie freier demokratischer Län­
der zurückgekehrt sind, sondern auch Erfolge bei der
- von der EU unterstützten - Durchführung von
Reformen und im Bereich der sozioökonomischen
Entwicklung vorweisen können; betont jedoch, dass
diese Möglichkeit anderen europäischen Ländern
auch künftig offenstehen sollte, wie in Artikel 49
EUV vorgesehen;

15. ist der Ansicht, dass Russland noch immer das


größte Opfer des kommunistischen Totalitarismus ist
und dass es so lange kein demokratischer Staat wird,
wie die Regierung, die politische Elite und die politi­
sche Propaganda nicht nachlassen, die kommunisti­
schen Verbrechen zu verharmlosen und das totalitäre
Sowjetregime zu verherrlichen; fordert deshalb die
russische Gesellschaft auf, ihre tragische Vergangen­
heit aufzuarbeiten;

16. ist zutiefst besorgt angesichts der Bemühungen


der derzeitigen russischen Führung, historische Tatsa­
chen zu verfälschen und die vom totalitären Regime
der Sowjetunion begangenen Verbrechen schönzufär­
ben, betrachtet diese Bemühungen als eine gefährliche
Komponente des Informationskriegs gegen das de­
mokratische Europa, der auf die Spaltung des Konti­
nents abzielt, und fordert die Kommission daher auf,
diesen Bemühungen entschlossen entgegenzuwirken;

41
1 7. ist besorgt darüber, dass nach wie vor Symbole
totalitärer Regime in der Öffentlichkeit und zu kom­
merziellen Zwecken verwendet werden, und weist
darauf hin, dass zahlreiche europäische Staaten die
Verwendung nationalsozialistischer und kommunisti­
scher Symbole verboten haben;

1 8. weist darauf hin, dass es im öffentlichen Raum


einiger Mitgliedstaaten (z. B. in Parks, auf Plätzen
oder in Straßen) noch immer Denkmäler und Ge­
denkstätten gibt, die totalitäre Regime verherrlichen,
was der Verfälschung historischer Tatsachen über die
Ursachen, den Verlauf und die Folgen des Zweiten
Weltkriegs Tür und Tor öffnet;

1 9. verurteilt, dass extremistische und fremden­


feindliche politische Kräfte in Europa derzeit immer
häufiger historische Tatsachen verfälschen und sich
Symbolen und rhetorischer Figuren bedienen, die
Aspekte totalitärer Propaganda aufgreifen, etwa Ras­
sismus, Antisemitismus und Hass gegenüber sexuellen
und anderen Minderheiten;

20. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Vorschriften


des Rahmenbeschlusses des Rates einzuhalten und
gegen Organisationen vorzugehen, die in der Öffent­
lichkeit und im Internet hetzen und zu Gewalt anstif­
ten;

42
21. betont, dass die tragische Vergangenheit Euro­
pas auch künftig als moralische und politische Inspira­
tion dienen sollte, sich den Herausforderungen der
Welt von heute zu stellen, wozu der Kampf für eine
gerechtere Welt, die Schaffung offener und toleranter
Gesellschaften und Gemeinschaften, in denen ethni­
sche, religiöse und sexuelle Minderheiten vertreten
sind, und die praktische Umsetzung der europäischen
Werte für alle Menschen zählen;

22. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschlie­


ßung dem Rat, der Kommission, den Regierungen
und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der russischen
Duma und den Parlamenten der Länder der Östlichen
Partnerschaft zu übermitteln.

(Quelle: https:/ / 1VWW.e11roparLe11ropa.e11/ doceo/document/ RC-9-


2019-0097_DE.htmi#-)

Das ist starker Tabak für Moskau. Denn damit be­


hauptet Brüssel unter anderem, dass nicht nur Hitler­
Deutschland, sondern auch Stalin-Sowjetunion die
»Weichen« für den Zweiten Weltkrieg gestellt haben.
Dass die Russen einen »Angriffskrieg« gegen Finnland
begannen, Teile Rumäniens besetzten und annektier­
ten und sich die unabhängigen Republiken Litauen,
Lettland und Estland »einverleibten«. Vor allem, dass
Russland das alles bis heute verharmlost, beziehungs­
weise verschweigt.

43
Wladimir Purin reagierte prompt und »korrigierte«
damit die bislang offiziell geltende Geschichtsschrei­
bung (Hervorhebungen durch mich):
Der russische Präsident Wladimir Purin gab Polen
eine Mitschuld am Ausbruch des Zweiten Welt­
kriegs und stritt zugleich eine sowjetische Verantwor­
tung ab!
In seiner Jahrespressekonferenz am 1 9. Dezember
(2019) verteidigte er den Hitler-Stalin-Pakt: Ich be­
ginne mit Geschichte. Unlängst haben Sie wahr­
scheinlich bemerkt, dass ich mich mit meinen Kolle­
gen, den leitenden Persönlichkeiten der GUS-Staaten
getroffen habe, d.h. jener Staaten, die vor nicht langer
Zeit zu unserer gemeinsamen Heimat gehörten, unse­
rem gemeinsamen Staat, der Hitler-Deutschland im
Zweiten Weltkrieg widerstand und im Großen Vater­
ländischen Krieg siegte.
Ich sprach dort darüber, dass in einigen Ländern,
bei unseren Nachbarn in Europa und sogar jenseits
des Ozeans, oft versucht wird, die Geschichte zu ver­
drehen, dass man sich irgendwelche unglaublichen
Szenarien ausdenkt, wie sich die Situation in der Welt
und in Europa vor Beginn des Zweiten Weltkrieges
entwickelt hat. Und wie eine logische Schlussfolge­
rung aus diesem Prozess haben die Kollegen in Euro­
pa, das Europaparlament, eine Resolution angenom­
men, die faktisch Hitler-Deutschland und die Sowjet­
union auf eine Stufe stellt, indem sie unterstellte oder
direkt sagte, dass auch die Sowjetunion für den Be-
44
ginn des Zweiten Weltkrieges verantwortlich ist. Das
ist natürlich völliger Unsinn.
Ich hatte meine Kollegen gebeten, mir einige Mate­
rialien aus Archiven zukommen zu lassen, und hatte
den zeitlichen Aufwand nicht gescheut, sie mir anzu­
schauen.
Ich habe eine unvollständige Liste dieser Doku­
mente für die Kollegen zusammengestellt, die heute
hier sind, und für die Führungspersönlichkeiten der
GUS-Staaten. Ich sagte damals bereits, dass uns keine
Zeit bleibe, um angemessen darüber zu sprechen, und
auch heute ist hierzu nicht der Ort. Ungeachtet des­
sen werde ich einige Worte dazu sagen. Später werde
ich, wie Sie vielleicht erfahren haben, den verspro­
chenen Artikel schreiben.
Hitler und Polen 1938:
Die UdSSR war das letzte Land in Europa, das
einen Nichtangriffspakt mit Deutschla°:d unter­
zeichnet hat. Das letzte! Alle anderen führenden
europäischen Länder taten das vor der UdSSR.
Ja, der Molotow-Ribbentrop-Pakt - lassen Sie mich
daran erinnern, dass Ribbentrop Außenminister
Deutschlands war und Molotow damals gleichzeitig
Außenminister und Vorsitzender des Ministerrates -
· wurde unterzeichnet, und es gab auch einen geheimen
sogenannten Vertrag über die Aufteilung der Ein­
flusssphären. Und womit befassten sich die europäi­
schen Staaten bis dahin? Genau damit. Sie alle haben
dasselbe getan. Beginnend 1938, als Hitler seine An-
45
sprüche auf einen Teil der Tschechoslowakei erhob,
kehrten Großbritannien und Frankreich ihrem Ver­
bündeten den Rücken, obwohl Frankreich einen Bei­
standsvertrag mit der Tschechoslowakei hatte. Das
gab Hitler die Möglichkeit, einen Teil des Landes zu
besetzen.
Aber was taten die anderen Länder, z. B. Po­
len? Faktisch verabredeten sie sich mit Hitler.
Das ist aus den Archivdokumenten ersichtlich.
Eine weitere Frage wäre, ob es dabei geheime Zu­
sätze gab oder nicht - aber das spielt keine Rolle.
Wichtig ist, wie sie gehandelt haben, und sie handel­
ten exakt gemäß der Verabredung. Wie sie verhandel­
ten, das besagen die Dokumente.
Auf der sogenannten Münchner Konferenz vertrat
Hitler direkt die Interessen Polens und zum Teil Un­
garns. Er vertrat direkt ihre Interessen und sagte da­
nach noch den Polen: »Sie wissen, es war schwer, Ihre
Interessen zu verteidigen.
Wir haben all das in Dokumenten. Gott sei Dank
besitzen wir genügend Archivdokumente, die wir
nach dem Zweiten Weltkrieg als Trophäen aus euro­
päischen Ländern erhalten haben.
Aber das ist schon in Ordnung. Was mich, offen
gesagt, getroffen hat, das war die Art und Weise, in
der Hitler und offizielle Vertreter des damaligen Po­
lens die sogenannte europäische Frage diskutierten.
Hitler teilte dem Außenminister und später dem
Botschafter Polens in Deutschland mit, direkt gesagt,
46
dass er die Idee habe, die Juden nach Afrika zu schi­
cken, in die Kolonien. Stellen Sie sich vor, im Jahr
1938, die Juden aus Europa nach Afrika zu schicken.
Zum Aussterben. Zur Vernichtung.
Und was antwortete ihm der Botschafter Polens,
was schrieb er danach auf seinem dienstlichen Brief­
papier an den Außenminister Polens, Herrn Beck:
»Als ich das hörte«, schrieb er, »antwortete ich ihm« -
antwortete er dem Führer, Hitler - »wenn er das tut,
werden wir für ihn in Warschau ein großartiges
Denkmal errichten.«
Ein Lump, ein antisemitisches Schwein - anders
lässt sich das nicht sagen. Er solidarisierte sich völlig
mit Hitlers anti.jüdischer, antisemitischer Haltung und
versprach darüber hinaus, ihm für die Verfolgung des
jüdischen Volkes in Warschau ein Denkmal zu errich­
ten. Und schreibt dies seinem Vorgesetzten, dem Au­
ßenminister, offensichtlich in der Hoffnung auf An­
erkennung. Sonst hätte er das einfach nicht geschrie­
ben.
Nachfolger von damals:
Ich werde jetzt nicht tiefer in die Details gehen,
aber ich möchte auf jeden Fall noch einmal unter­
streichen: Wir verfügen über genug Material, um nie­
mandem zu gestatten, das Andenken unserer Väter,
unserer Großväter, all jener, die ihr Leben auf den
Altar des Sieges über den Nazismus legten, zu be­
schmutzen.

47
Ich möchte nur bemerken, dass es genau diese Leu­
te, die damals Gespräche mit Hitler führten, dass es
gerade diese Art von Leuten ist, die heute die Denk­
mäler der Befreiungssoldaten abreißt, der Soldaten der
Roten Armee, welche die Länder Europas und die
europäischen Völker vom Nazismus befreiten. Das
sind ihre Nachfolger. Da hat sich leider wenig geän­
dert. Und wir alle müssen das im Blick haben, auch
im Hinblick auf den Aufbau unserer Streitkräfte...
(Quelle: Nach dem stenographischen Protokoll der Anspra­
che aus dem Russischen übersetzt von Arnold Schölzel. Origi­
naltext: kremlin.ru/events/ president/ transcripts/by­
date/24. 12.2019)
Der Tagesspiegel schrieb am 07.01.2020 dazu:
Deutschland und die USA korrigieren den Kreml­
chef:
Im September 1939 sei die Rote Armee erst in Po­
len einmarschiert, nachdem die Regierung in War­
schau die Kontrolle verloren habe; dies sei nur ge­
schehen, um die Sicherheit der UdSSR zu verteidi­
gen. Tatsächlich war die Sowjetarmee zwei Wochen
nach der Wehrmacht in Polen eingefallen. Stalins Ter­
rorapparat tötete in ähnlicher Weise wie die SS wich­
tige Gruppen der polnischen Elite.
Und weiter: Polen reagierte empört auf Purins pro­
vokante Geschichtsverfälschung. Deutschland und
die USA verteidigten Polen gegen die Vorwürfe.
»Der Ribbentrop-Molotow-Pakt diente der Vorbe­
reitung des verbrecherischen Angriffskriegs Hitler-

48
Deutschlands gegen Polen,« betonte der deutsche
Botschafter Rolf Nikel.
Die US-Botschafterin in Polen, Georgette Mosba­
cher, sagte: »Lleber Präsident Putin, Hitler und Stalin
verabredeten sich, den Zweiten Weltkrieg zu begin­
nen. Das ist eine Tatsache. Polen war Opfer dieses
entsetzlichen Konflikts.«
(Quelle: https:/ /www.tagesspiegeL de/politik/geschichtsstreitputin--gibt­
pokn-mitschuld-am-ZJPeiten-weltkrieg/2539 7584.html).
Beide Aussagen - also die des russischen Präsiden­
ten Wladimir Putin und die der US-Botschafterin in
Polen Georgette Mosbacher - korrigieren die offizielle
Geschichtsschreibung, nach der Hitler-Deutschland
alleinige Schuld am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs
hat! Geht es nach Putin, haben auch die Polen Mit­
schuld. Geht es nach Mosbacher, ebenso die Russen.
Doch erinnern wir uns. Schon 2015 gab Putin den
Polen eine Mitschuld an der größten Katastrophe:

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Ruulancl gibt Pol.n Mit.schuld am Zweiten


Weltkrieg
� - »OU01S f � J �

Quelle
Scnenshot/ Bildzitat:
https:// www.welt.de/politik/011sland/ arlic/ef46898163/ Rmsland-gibt-Po/en­
Mitsch11/d-am-Zweiten-Weltkrieg.html

Die Welt berichtete am 27. September 2015


darüber:
49
Die polnische Regierung habe »den Bau einer
Anti-Hider-Koalition blockiert«, sagt der russi­
sche Botschafter. Polen ist schockiert - und wirft
Moskau mangelnden Respekt vor den Kriegsop­
fem vor. Mit der Behauptung, Polen habe eine
Mitschuld für den Beginn des Zweiten Welt­
kriegs, hat der russische Botschafter in Warschau
heftige Empörung ausgelöst. Polen habe damals
die Bildung einer Koalition gegen die National­
sozialisten blockiert, sagte Botschafter Sergej
Andrejew in einem Interview mit dem polnischen
Femsehsender TVN24. Und: Polen war da­
her teilweise verantwortlich für die Katastrophe
im September 1939.«
Der Diplomat machte Polen auch für den
Einmarsch der Roten Annee im September 1939
mitverantwortlich. Die Invasion sei notwendig
gewesen, »um die Sicherheit der Sowjetunion zu
garantieren«. Die Sowjetunion habe ein »freund­
liches Land« an seiner Grenze haben wollen.
(Quelle:
https:/ / IVWW.weft. de/politik/ ausfand/ arlicfe 146898 163/&tssfand-gibt­
Pofen-Mitschufd-am-Zweiten-Weftkrieg. htmf).
Auf tagesschau.de steht am 02.01 .2020 diesbezüglich:
Putin jedoch behauptete, die Sowjetunion habe
Polen nichts weggenommen. Stattdessen warf er
der damaligen Führung in Warschau vor, mit
Hider kooperiert zu haben und einen ersten
Schritt zur Vemichtung des jüdischen Volkes
gemacht zu haben.
50
Polens Regierung bestellte daraufhin den rus­
sischen Botschafter ein. Das polnische Außenministeri­
um teilte mit, man sei besorgt über wiederholte Aussagen aus
"Russland, die »an die Propagandabotschaften der totalitären
Stalinzeit erinnern<(.
Übrigens geht Purin auch auf den Versailler
Vertrag ein:
Bei einem Treffen der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten
(GUS) in Sankt Petersburg am 20. Dezember (20 1 9) zeig­
te Putin Verständnis für die Stimmung in
Deutschland nach Abschluss des Versailler Ver­
trages 1919, der den Ersten Weltkrieg beendete
und Deutschland zu Gebietsabtretungen, Repa­
rationszahlungen und Abrüstung verp.iichtet hat­
te. Deutschland sei beraubt worden, sagte Putin
etwa.
Und weiter: Den Westmächten wirft Russland
allerdings vor, Nazi-Deutschland unterstützt zu
haben. So heißt es in einem Tweet des Außenmi­
nisteriums: »Hiders Kriegsmaschine« sei mit Un­
terstützung US-amerikanischer Firmen wie Ge­
neral Motors und Ford erbaut worden. Zudem
habe der »Deutsch-Amerikanische Bund« vor
dem Zweiten Weltkrieg ohne jegliche Hindemis­
se in den USA Werbung für Hider gemacht.
(Q_uelle: https:/ / www.tagesschau.de/fakten.ftnder/ russland-polen-putin-
101.html).

51
3. Verschwiegen: »Hunderttausende Ausländer
kämpften für Nazi-Deutschland!«

Erst seit kurzem beschäftigen sich Historiker


mit dem lange verdrängten Thema!
In vielen Ländem ist es bis heute ein Tabu!
Hunderttausende Ausländer kämpften für und
mit Hiders Wehnnacht!

»Wenn wir all unsere Verbündeten und diejenigen,


die an unserer Seite kämpfen, Rumänen und Ungarn
und Kroaten und Slowaken, und vor allem im Norden
die Finnen, dann Spanien und so weiter, wenn wir alle
die zusammenfassen, dann können wir wirklich sagen:
Es ist heute bereits ein Kreuzzug Europas. Und dazu
kommen dann noch die germanischen Freiwilligen
unserer Waffen-SS und eigene Legionen einzelner
europäischer Staaten. Es ist wirklich Europa, das sich
hier zusammengefunden hat, genauso wie in alten
Zeiten einst gegenüber den Hunnen oder den Mongo­
len-Stürmen.«
Das sagte kein anderer als Adolf Hitler Ende 1942.
Doch stimmt das überhaupt? Kämpften in der
Wehrmacht und der Waffen-SS Hunderttausende
»Ausländer«far und/ oder mit Nazi-Deutschland? Und
wenn ja, warum hören wir nichts oder nur so wenig
darüber?

52
Fakt ist, dass es tatsächlich ausländische Hilfstrup­
pen gab, die mit den Nazis kämpften. Vor allem ge­
gen Stalins Sowjetunion schlugen sie sich auf die Seite
der Deutschen zur »Germanisierung des Lebens­
raums« im Osten, die als »Kreuzzug gegen den Bol­
schewismus« kaschiert wurde.
Ein Beispiel von vielen: General Helmuth von
Pannwitz befehligte im Zweiten Weltkrieg das XV
Kosaken-Kavalkrie-Ko,ps, eine Reitertruppe aus dem
Kaukasus und vom Don, die nicht etwa die Sowjet­
union verteidigten, dessen Staatsbürger sie waren,
sondern die auf deutscher Seite gegen Stalin fochten.
Schon der Militärhistoriker Rolf-Dieter Müller kam
zu dem Schluss, dass der Anteil von Ausländern, die
auf Nazi-Seite gegen die Russen kämpften, deutlich
höher war als gemeinhin vermutet.
Müller: »Zu Beginn des Krieges gegen die Sowjet­
union konnte die ' Wehrmacht rund 600.000 Mann
verbündeter Truppen einsetzen, später kamen zahlrei­
che ausländische Freiwillige und ,Hilfswillige' hinzu.
Auf dem Höhepunkt des Zweiten Weltkrieges war an
der Ostfront schließlich jeder dritte Uniformträger auf
deutscher Seite ein Ausländer.«
Aus insgesamt vierundzwanzig Nationen rekrutier­
ten sich die Verbände der Waffen-SS. Am Ende des
Krieges waren von ihren mehr als 900.000 Angehöri­
gen über die Hälfte keine Deutschen aus dem »Reich«.
Dazu gehörten zunächst Kämpfer der mit Nazi­
Deutschland verbündeten Länder, wie etwa Finnland,
53
Ungarn, Rumänien, Italien, die Slowakei und Kroa­
tien. Aber auch Dänen, Norweger, Niederländer,
Franzosen, Ukrainer und Muslime aus Bosnien und
Albanien marschierten im Zeichen des Totenkopfes
der Waffen-SS. Die zuletzt genannten, die etwa in den
Divisionen Handschar und Skanderbeg dienten, galten
für Reichsführer SS, Heinrich Himmler, als »natürli­
che Feinde der Juden« und als Verbündete gegen das
Britische Empire.
Besonders häufig wurden nichtdeutsche Einheiten
eingesetzt, um Partisanen zu bekämpfen. Dabei
begingen sie zahlreiche Kriegsverbrechen.
Die Schweizer Historikerin Franziska Zaugg meint
dazu: »Es kam sowohl zu ,angeordneten' als auch
Kriegsverbrechen, die nicht befohlen wurden und von
den Deutschen kaum kontrolliert werden konnten.
Etwa das Massaker von Velika.« Dort wurden 428
Serben (darunter 120 Kinder) von Angehörigen der
Divisionen Skanderbeg und Prinz Bugen ermordet so­
wie dreihundert Häuser niedergebrannt.
Zum Hintergrundwissen gehört ebenfalls, dass bei­
spielsweise die Stalinisierung Ostpolens (im Zuge des
Hitler-Stalin-Paktes) zunächst brutaler war, als die
deutsche Herrschaft in Westpolen.
Im Dezember 2007 war auf der Seite
des Deutschlandfunks in Bezug auf den Militärhisto­
riker Müller und seine diesbezüglichen Forschun­
gen zu lesen:

54
Erst von Deutschland, dann von den Westmächten im Stich
gelassen, waren die Volker im ersten Jahr der soujetischen
Okkupation von politischer Repression und der Deportation
ihrer Führungselite betroffen. Als kurz. darauf die Wehrmacht
in die neu formierten Grenzprovinzen des Soujetimperiums
einfiel, wurde sie von der Mehrheit der Bevölkerung als Befreier
begrüßt. Einheimische Soldaten und O.ffi�ere waren bereit, die
Fahne Z!' wechseln und sich wieder in jene gemeinsame Front
mit den Deutschen einZ!'reihen, mit der ihre Heimat 1919 und
1920 gegen den Bolschewismus verteidigt worden war - im
Glauben, dies würde erneut gelingen können.
Und weiter: Patriotismus und Antikommunismus verban­
den und trennten sie Zf'gleich von den neuen Hemn, die nur
vordergründig an die Traditionen des Ersten Weltkriegs an­
knüpften. In Estland, Lettland, Litauen, Polen, Weißruss­
land, in der Ukraine und im Kaukasus, aber auch in Russ­
land selbst fanden sich Hunderttausende junger Männer, die
bereit waren, gegen die Soujetherrscheft Z!' kämpfen. Zu
schlimm -waren ihre E,fahrungen mit stalinistischem Terror,
Hungersnöten und Besa!Zfingswillkür.
Und: Die Kollaboration mit den Na�s sah mitunter so
aus: ukale Polizeieinheiten gingen far die Deutschen auf Par­
tisanen- oder Jude'!fagd Moslems in deutschen Uniformen
kämpften an vorderster Front usw. Nicht Z!' vergessen, dass
auch die Weffen-SS überall in Nord-, West und vor allem
Osteuropa Freiwillige rekrutierte, die nationale rechtsradikale
bZJV. faschistische Stromungen repräsentierten und Z!'meist in
geschlossenen Einheiten innerhalb deutscher Formationen
kämpften.
55
Militärhistorik.er Müller kommt zu dem wenig be­
kannten Schluss:
Ohne den Einbau der verbündeten Armeen hätte die
Wehrmacht 194 1 nie bis vor die Tore Moskaus marschieren
können. Ohne die Mobilisierung Zf'Sätzlicher Kräfte der Ver­
bündeten hätte Hitler 1942 seine neue Sommeroffensive Rich­
tung Wo(ga und Kaukasus nicht durch.fahren können. Spätes­
tens nach der Katastrophe von Stalingrad konnte die Wehr­
macht einen Zusammenbruch der Ostfront nur mit Hilfe der
ausländischen Helfer verhindern. Ihre größte Bedeutung hatten
sie bei der Sicherung des Hinterlandes und bei der Bekämpfung
der Partisanen.
(Quelle: https:/ / IIIWW.deutschlandfunk.de/ die-auslaendischen-he!fer-der­
wehrmacht.730.de.html?dram:arlicle_id= 102990).
Zur Wahrheit gehört auch, dass viele die­
ser Verbände Hitlers Rassenideologie folgten.
So starben beim Holocaust in Rumänien rund
300.000 Juden. Schon kurz nach dem deutschen Ein­
marsch meldete sich Litauen »judenfrei« ...
Natürlich versuchen hiesigen Historiker dieses
tabuisierte Thema (nach dem Motto, was nicht sein
darf, kann nicht sein) ganz anders zu erklären.
So meint etwa der Politikwissenschaftler und Sozio­
loge Thomas Casagrande, dass die Aufnahme von
Ausländern innerhalb der SS für massive Konflikte
sorgte. »Es gab dort keinen echten Internationalismus,
stattdessen kam es zu Übergriffen gegen so genannte
,Fremdvölkische' und ,Volksdeutsche'«. Kränkungen,
Erniedrigungen und Bestrafungen durch die »reichs-
56
deutschen« Ausbilder seien an der Tagesordnung ge­
wesen.
Mit den Zielen des Nazi-Regimes konnte der Groß­
teil von ihnen anscheinend wenig anfangen, wollten
sich nicht für Hitlers Wahnideen »verheizen« lassen
und deshalb desertierten sie oder wagten gar den Auf­
stand.
Historiker Jens Westemeier erklärt: »... militärisch
gesehen waren diese ,Freiwilligen'-Verbände bisweilen
ein schlechter Witz. Dass sie teilweise bis heute als
eine Elite angesehen werden, zeigt nur, wie sehr die
NS-Propaganda über 1 945 hinaus weitergewirkt hat.«
Damit steht er diametral zur Aussage seines Kolle­
gen, des Militärhistorikers Müller.
Das alleine drückt die Zwiespältigkeit der bis heute
tabuisierten Thematik aus.
Das Nachrichtenmagazin Focus schreibt dazu:
Lange Zeit wurde die Tatsache, dass hunderttausende
J>Fremdvölkische(( und J> Volksdeutsche<( in der Wa.ffen-SS
gedient hatten, von der historischen Forschung vernachlässigt
Insbeso,idere in den Herkunfts/ändern dieser SS-Männer war
das Thema häufig ein Tabu - und ist es teilweise bis heute. In
manchen werden sie dagegen offen als Helden gefeiert. In der
Ukraine etwa oder im Baltikum, wo jährlich am 16. März.
SS-Veteranen durch Riga marschieren.
Historiker Jochen Böhler von der Gerda-Henkel­
Stiftung meint diesbezüglich:
»Es geht bei diesen Forschungen nicht darum, ir­
gendjemanden moralisch zu verurteilen oder ihn um-
57
gekehrt reinzuwaschen.« Ziel sei es vielmehr, ein his­
torisch genaueres Bild zu gewinnen - etwa davon, was
die Leute damals dazu gebracht habe, in die Waffen­
SS einzutreten. Nur so ließen sich die zahlreichen
Mythen, die sich um das Thema gebildet hätten, be­
seitigen.

Weitere Q uelle:
https:/ / wwwfocus. de/wissen/ mensch/gescht'chte/ nationalsozjalismus/ I
ange-verschwiegen-und-verrlraengt-neue-forschungen-zeigen-darum-kaempften­
hunderttausende-auslaender-in-der-waffen-ss_id _6096223.html

58
4. Verdrängt: Sowjets ließen Tausende Stalin­
grad-Rotarmisten hinrichten! 50.000 Russen
kämpften für das Deutsche Reich!

Für viele Historiker ist die Schlacht um Stalin­


grad die Wende im Zweiten Weltkrieg!
Dabei ließen die Sowjets Tausende Stalingrad­
Rotannisten hinrichten!
50. 000 von ihnen kämpften sogar für Hider­
Deutschland!

Stalingrad - dieses Wort brannte sich über die Jahr­


zehnte in die kollektive Erinnerung des sowjetischen
und des deutschen Volkes ein. Denn in und um die
Industriestadt an der Wolga gab es die entscheidende
Schlacht des Russlandfeldzuges 1m Winter
1942/Anfang 1943.
Für die Sowjets bedeutete die Niederringung der 6.
Armee der deutschen Wehrmacht der endgültige
Sieg im Großen Vaterländischen Krieg (für manch
andere Historiker war dies allerdings die Panzer­
schlacht im Kursker Bogen). Für die Deutschen war
es die größte Niederlage, die die Wende des Zweiten
Weltkriegs gegen das Dritte Reich einläutete.
Fast gar nicht taucht in den Geschichtsbüchern hü­
ben und drüben auf, dass der sowjetische Diktator
Josef Wissarionowitsch Stalin Tausende eigene Rot-

59
annisten, die an den Kämpfen in Stalingrad beteiligt
waren, hinrichten ließ!
Hintergründe: Berichte der damaligen sowjetischen
Geheimpolizei NKWD
(Narod,ryj kommissariat wnutrennich de� sowie der politi­
schen Abteilung der Roten Armee in Moskau be­
schrieben nicht nur heldenhafte Taten, sondern auch
sogenannte »außerordentliche Ereignisse.« Gemeint
war damit »verräterisches« Verhalten, wie beispiels­
weise Desertation, überlaufen zum Feind, Feigheit,
Inkompetenz, Selbstverstümmelung, antisowjetische
Agitation, Trunkenheit.
So kam es, dass die sowjetischen Behörden etwa
13.500 ihrer eigenen an den Kämpfen in Stalingrad
beteiligten Soldaten exekutieren ließ! Dies entspricht
in Zahlenstärke mehr als einer ganzen Division.
Dabei gaben sich Selbstaufopferung der Rotarmis­
ten und brutale Zwangsmaßnahmen des NKWD ein
grausiges Stelldichein.
Neben der tausendfachen Hinrichtung der eigent­
lich doch »heldenhaften« Kämpfer gibt es in diesem
Zusammenhang noch ein weiteres Tabuthema: Mehr
als 50.000 (ehemalige) Angehörige der Roten Armee
kämpften in Stalingrad auf deutscher Seite!
Sie zählten in Wehrmacht-Uniformen zu den
Frontdivisionen der 6. Armee unter Generalfeldmar­
schall Friedrich Wilhelm Ernst Paulus. Das bezeugen
unter anderem Verpflegungsakten der Sechsten Ar­
mee in den deutschen Archiven.
60
Einer der renommiertesten Zeithistoriker der Ge­
genwart, der Brite Sir Antony Beevor schrieb dazu:
»Die kaum glaubliche Unbarmherzigkeit des sowje­
tischen Systems erklärt weitgehend, aber nicht voll­
ständig, warum so viele frühere Angehörige der Roten
Armee schließlich auf der deutschen Seite kämpften
( ... ) Einige unter ihnen waren auf brutale Weise durch
Hunger in Gefangenschaft in diesen Dienst gepresst
worden; andere jedoch waren Freiwillige.«
Während der Endkämpfe um Stalingrad wurden
von der Wehrmacht zahlreiche Berichte verfasst, die
von der Tapferkeit und der Loyalität dieser sogenann­
ten »Hiwis« zeugten, die gegen ihre eigenen Landsleu­
te antraten. Diese llioyalität führte zu einem paranoi­
den Misstrauen des NKWD.

61
(Quelle: Wikimedia.commons (Russland-Süd, Stalingrad, Geschütz.stellung)
(Bundesarchiv, Bild t0tI-218-0529-07 / Thiede / CC-BY-SA 3.0)
(https:/ / commons.wikimedia.07/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_f 01I-218-0529-
0 7,_Rllssland-S%C3%BCd,_Stalingrad,_Gesch%C3%BCtz!tellungjpg)

Die »Verräter« galten als »keine Russen mehr«. Das


war genau die Sprachregelung, die benutzt wurde, als
die Sowjetische Armee an das NKWD über diese
»früheren« Russen berichtete.
Antony Beevor: »Dieses Thema stellt auch heute
noch in Russland ein Tabu dar.«
Übrigens: Die Geschichtsschreibung geht davon
aus, dass während der Schlacht im Kessel von Sta­
lingrad ungefähr 25.000 Verwundete (...) ausgeflogen
wurden. Wenig Gewissheit hingegen gibt es über die
Zahlen der Gefallenen und der Gefangengenomme­
nen.
62
»Die Wahrheit wird angesichts des Chaos nach dem
sowjetischen Angriff am 10. Januar 1943 mit dem Ziel
der Zerschlagung des Kessels niemals bekannt wer­
den (... ) Der Sowjetangriff im Rahmen der ,Operation
Ring' steigerte die Auswirkungen von Krankheit, Käl­
te, Hunger, Erschöpfung und summarischen Hinrich­
tungen, was die Annahme nahelegt, dass die Verluste
sich erhöhten« (Beevor).
Die deutschen Verluste (einschließlich der »Hiwis«)
der 6. Armee, die rund 220.000 Mann umfasste, wer­
den auf etwa 100.000 geschätzt. Ungefähr 112.000
deutsche Soldaten sollen in sowjetische Kriegsgefan­
genschaft gekommen sein. Nur 6.000 kehrten zurück.
Die letzten erst 1955.
Die Verluste der Roten Armee werden auf zirka
324.000 Mann beziffert. Manch andere sprechen von
einer Million Rotarmisten und einer unbekannten
Zahl von Zivilisten.
Die beteiligten Verbände der Schlacht um Sta­
lingrad waren:
Achsenmächte:
• 6. Armee
• die Generalkommandos
des IV., VIII., XI., LI. Armeekorps und
des XIV. Panzerkorps
• die 14., 16. und 24. Panzer-Division
• die 3., 29. und 60. motorisierte Infanterie­
Division

63
• die 44., 7 1 ., 76., 79 . , 94., 1 1 3 . , 295., 297., 305.,
371 ., 376., 384� und die 389 . Infanterie-
Division
• die 1 00. Jäger-Division und das kroatische
Regiment 369
• die rumänische 1 . Kavallerie-Division und die
rumänische 20. Infanterie-Division
• die Sturmgeschütz-Abteilung 1 77 und Teile
der Sturmgeschütz-Abteilungen 243, 244 und
24
• 5 Sturmpionierbataillone: Pionierbataillon 1 62,
294, 305, 336 und 389
• verschiedene logistische Truppenteile, Flak-
Verbände und Bodeneinheiten der Luftwaffe
• rumänische 3 . Armee
• rumänische 4. Armee
• italienische 8. Armee
• ungarische 2. Armee
• die Luftflotte 4, bestehend aus dem IV. und
VIII. Fliegerkorps
Sowjetunion:
• 54 Schützendivisionen: 1, 10, 23, 24, 29, 38,
45, 49, 63, 64, 76, 84, 91, 95, 96, 99, 1 12, 1 16,
1 19, 120, 126, 138, 1 53, 1 57, 159, 1 69, 173,
1 93, 196, 1 97, 203, 204, 226, 233, 244, 252,
258, 260, 266, 273, 277, 278, 284, 293, 299,
302, 303, 304, 308, 321 , 333, 343, 346, 422
• 12 Gardedivisionen: 4, 13, 14, 15, 27, 34, 36,
37, 39, 40, 47, 50
64
• 2 Marine-Infanteriebrigaden: 92, 1 54
• 14 Sonderbrigaden: 38, 42, 52, 66, 93, 96, 97,
1 15, 124, 143, 149, 1 52, 1 59, 1 60
• 4 Panzerkorps: 1 , 4, 1 6, 26
• 1 5 Panzerbrigaden: 1 , 2, 6, 10, 13, 56, 58, 84,
85, 90, 121, 1 37, 1 89, 235, 254
• 3 mechanisierte Korps: 1, 4, 13
• 3 Kavalleriekorps: 3, 4, 89
• 4 Luftflotten (8, 1 1 , 1 6 u. 17)

Quelkn: Anto'!)' Beevor: J>Stalingrad«, München 1999, S. 1 1, 12,


498, 499/ / / https:/ / wwwjocus.de/wissen/mensch/geschichte/ zweiter-
weltkrieg/stalingrad-die-niederlage-der-wehrmacht-in-der-schlacht-um­
stalingrad-laeutete-vor-l5j"ahren-hitkrs-ende-ein_id_83891 14. html

65
5. Verschwiegen: Die Alliierten verschärften
den Seekrieg!

Verschwiegene Seekriegsverbrechen durch die


Alliierten:
Angriffe auf deutsche Lazarettschiffe und See­
not.iugzeuge!
Beschießungen von Schiflbrüchigen!

Der breiten Öffentlichkeit wenig bekannt, weil ver­


schwiegen, sind die Kriegsverbrechen der Alliierten
im Seekrieg. Dazu gehören unter anderem die Be­
schießungen deutscher (und italienischer) Lazarett­
schiffe.
So kannte beispielsweise die Sowjetunion vieler sol­
cher Hospitalschiffe gleich gar nicht an (z.B. die
»Stuttgart«, »Berlin«, »Rügen«, »Straßburg«). Und das
mit der Begründung, dass die deutsche Regierung
internationale Verträge und Konventionen übertrat
und man nicht glaubte, dass die Haager Konvention
von ihr geachtet würde.
So kam es, wie es kommen musste: Am 22. August
1941 wurde das deutsche Hospitalschiff »Alexander
von Humboldt« beim Einlaufen in die Petsamo-Bucht
angegriffen. Wenig später, nämlich am 2. September
1941, ebenso die »Pitea« bei Windau.
Aber auch die Briten weigerten sich beharrlich, ver­
schiedene deutsche Lazarettschiffe anzuerkennen
66
(z.B. die »Bonn«, »Erlangen«, »Freiburg«, »Hüxter«,
»Innsbruck«, »Konstanz« und »Saturnus«), weil sie
meinten, dass diese vornehmlich die Aufgabe hätten,
unverwundete Flieger aufzunehmen, nachdem diese
auf See niedergegangen waren.
Kurzum: Auch die Engländer brachten deutsche
Hospitalschiffe regelmäßig auf oder griffen sie an.
Insgesamt geschah das neunmal und selbst deutsche
Seenotflugzeuge wurden nicht verschont.
Auf italienische Lazarettschiffe gab es zehn Angrif­
fe. Dabei gingen die »Po«, »Arno«, »California«, Giu­
seppe Orlando« und »San Giusta« verloren.
Doch selbst von den Briten anerkannte Lazarettschif­
fe wurden mit Bomben und Bordwaffen attackiert. So
etwa die »Tübingen«, die einen Tag früher aus dem
italienischen Hafen Bari auslief, um verwundete deut­
sche Soldaten von der Balkanhalbinsel abzuholen.
Sogar der Zweck dieser Fahrt sowie der Kurs wurden
der britischen Regierung zuvor und vor allem recht­
zeitig bekanntgegeben. Außerdem war die »Tübingen«
vorschriftsmäßig als Lazarettschiff gekennzeichnet.
Dennoch wurde sie am 18. November 1944 südlich
von Kap Promontore in der Adria insgesamt dreimal
von drei britischen Jagdbomber und zwei britischen
Beaufightem angegriffen. Das Hospitalschiff sank
eine halbe Stunde lang.
(Q_uellen: Alfred M. de Zt!Jas: Die Wehrmacht-Untersuchungsstelle far
Verletz!ingen des Völkerrechts - Dokumentation alliierter Kriegsverbrechen
im Zweiten Weltkrieg, München 1979, S. 392 - 40 1).

67
An dieser Stelle sei gesagt: Jeglicher Angriff und
gleich gar die Versenkung von Lazarettschiffen war
und ist ein Bruch des Völkerrechts, ein Kriegsverbre­
chen �>Verletzung der Menschenrechte im Seekrieg«)!
Immer wieder kam es auch vor, dass verlorene
deutsche U-Boote trotz weißer Flagge (die Besatzung
wollte sich ergeben), dennoch vom Gegner torpediert
wurde. Selbst im Wasser treibende Schiffbrüchige
wurden mit Maschinengewehren beschossen.
Diesbezüglich gab es schriftliche Proteste der deut­
schen an die britische Regierung (zum Beispiel im
Frühjahr 1943).
Am 3. Juli 1943 kam es deswegen sogar zu einer
Besprechung im britischen Foreign Office unter dem
Vorsitz von Patrick Dean, dem Rechtsberater des
Außenministeriums des Vereinigten Königreiches.
Doch dieser war der Meinung, dass Missbilligungen
dieser Art nicht weitergeleitet werden sollten!
Bereits am 14. Mai 1943 war im britischen Luft­
fahrtministerium ausgeführt worden, dass es für ein
Flugz eug kaum möglich wäre, ein U-Boot zu kapern
beziehungsweise aufzubringen. Aus diesem Grund
sollte keine Ergebung eines Bootes angenommen
werden, es sei denn, dass alliierte Schiffe in der unmit­
telbaren Nähe waren, die das U-Boot und seine
Mannschaft gefangen nehmen könnten. In allen ande­
ren Fällen sollte der Angriff trotz Führens der weißen
Flagge fortgeführt werden. Aus strategischen Grün­
den sollte diese Praxis der deutschen Regierung je-
68
doch weitgehend verheimlicht werden. Ansonsten
nämlich hätten die Deutschen Repressalien gegen
britische Seeleute ergreifen können, wenn sie von
dieser Politik erfahren würden.
(Quelle: Public Record Office, London, Foreign Office 371/ 36546, W
852 1, zitiert nach: Alfred M. de ZffYas: Die Wehrmacht­
Unters11ch11ngsstelle fur Verlelz!lngen des Völkerrechts - Dokumentation
alliierter Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg, München 1979, S. 389,
390).
Beispielhaft für die Doppelzüngigkeit der Alliierten
möchte ich an dieser Stelle das deutsche U-Boot U-
852 unter dem Kommando von Kapitänleutnant
Heinz Eck anführen. Dieses versenkte am 13. März
1944 den Dampfer »Peleus« im Atlantik zwischen
Freetown und Ascension und beschoss die Schiffbrü­
chigen.
Dafür musste sich der Kapitänleutnant im Oktober
1945 vor einem britischen Besatzungsgericht in Ham­
burg verantworten. Er verteidigte sich mit dem Tat­
bestand des militärischen Notstands, weil er den Be­
fehl hatte, Wrackteile zu beseitigen und keine Spuren
in einem Gebiet zu hinterlassen, wo kurz zuvor vier
deutsche U-Boote infolge der Luftaufklärung verloren
gegangen waren. Deswegen hatte er die Beschießung
und die Tötung der Schiffbrüchigen in Kauf genom­
men.
Das britische Gericht folgte diesem Argument
nicht und verurteilte ihn und zwei seiner Offiziere
zum Tode. Es berücksichtigte auch nicht die von der

69
Verteidigung erwähnte Beschießung der deutschen
Besatzung durch britische Flieger am 3. Mai 1944.
(Q_uelle: Alfred M. de Zqyas: Die Wehrmacht-Untersuchungsstelle far
Verietz11ngen des Völkerrechts - Dokumentation alliierter Kriegsverbrechen
im Zweiten Weltkrieg, München 1979, S. 390, 391).

70
6. Vergessen: Wie Großadmiral Karl Dönitz vor
dem Nürnberger Tribunal Amerikaner und Bri­
ten vorführte!

Dönitz sollte Befehle zur Erschießung von


Schiflbrüchigen gegeben haben!
Doch der Großadmiral und sein Anwalt kon­
frontierten die Siegennächte mit ihren eigenen
Kriegsverbrechen!
Und führten sie damit regelrecht vor!

Im sogenannten Nürnberger Prozess (auch: Nürn­


berger Hauptkriegsverbrecherprozess (20. November
1945 - 1. Oktober 1946) wurden die Hauptkriegsver­
brecher des Dritten Reiches (Politiker, Militärs und
NS-Funktionäre) erstmals für die Planung, Vorberei­
tung, Einleitung und Durchführung eines Angriffs­
krieges, Verbrechen an der Zivilbevölkerung und an
Kriegsgefangenen sowie für den Massenmord in den
Konzentrationslagern strafrechtlich zur Verantwor­
tung gezogen.
Interessant im Zusammenhang mit dem vorherge­
henden Beitrag ist folgende wenig bekannte Tatsache:
Großadmiral Karl Dönitz, seit Ende Januar 1943
Oberbefehlshaber der Kriegsmarine und in Adolf
Hitlers Testament vom 29. April 1945 als sein Nach­
folger in den Ämtern des Reichspräsidenten und
Oberbefehlshabers der Wehrmacht benannt, sollte
71
unter anderem befohlen haben, Schiffbrüchige zu
töten.
Doch Dönitz und seinem Anwalt Otto Kranzbüh­
ler, ein ehemaliger Flottenrichter, gelang es, den von
der Anklage erhobenen Vorwurf des Befehls der Tö­
tung von Schiffbrüchigen zu widerlegen. Allerdings
blieb dies zumeist in hiesigen Geschichtsbüchern un­
erwähnt.
Kranzbühler konnte beweisen, dass Dönitz nach
der Versenkung des britischen Transportschiffes »La­
conia« am 12. September 1942 im Südatlantik durch
das deutsche U-Boot U 156 unter dem Kommando
von Korvettenkapitän Werner Hartenstein, das Un­
terseeboot zur Rettung der Schiffbrüchigen auftau­
chen ließ. Ebenso gegen Hitlers Willen eine große
Seeoperation abbrach sowie weitere U-Boote zu hel­
fen anwies. Und das trotz derer eigenen Gefährdung
durch alliierte Angriffe.
So kam es auch, denn die deutschen Boote wurden
bei ihren Rettungsmaßnahmen von amerikanischen
Flugzeugen angegriffen. Dabei wurde ein U-Boot
beschädigt, in Schlepptau genommene Rettungsboote
gingen unter. Trotz allem konnten 800 von insgesamt
811 Engländern und 450 von 1850 Italienern aufge­
nommen und einem französischen Kreuzer überge­
ben werden.
Außerdem präsentierte Kranzbühler nicht ein deut­
sches, sondern ein englisches Dokument, das besagte,
dass sich die U-Boote an Dönitz' Befehl vom 3. Sep-
72
tember 1 939 zur Beachtung aller Seekriegsregeln hiel­
ten!
Doch es wurde noch düsterer für die alliierte An­
klage: Bereits am 1 . Oktober 1 939 ermunterte die
britische Admiralität sogar ihre Handelsschiffer zum
Kampf gegen deutsche U-Boote und gab folgendes
bekannt:
»Einige deutsche U-Boote sind in den letzten Ta­
gen von britischen Handelsschiffen angegriffen wor­
den. Hierzu verkündet der deutsche Rundfunk, dass
die deutschen U-Boote das Völkerrecht bisher einge­
halten haben, indem sie die Handelsschiffe warnten,
bevor sie angriffen. Jetzt jedoch will Deutschland
Vergeltung üben, indem es jedes britische Handels­
schiff als ein Kriegsschiff betrachtet... «
Am selben Tag veröffentlichte die Britische Admi­
ralität eine Meldung, nach der die englischen Handels­
schiffe aufgefordert wurden, »jedes deutsche U-Boot
zu rammen.«
(Q_uelle: Internationaler MilitärgerichtshofNürnberg, »Der Prozess gegen
die Hauptkriegsverbrecher, Nürnberg 14. November 1945 - 1. Oktober
1946«, Band XI.II (Verhandlungsniederschriften 3. Mai 1946 - 15. Mai
1946, Amtlicher Text in deutscher Sprache), S. 454.ff.)
Dazu erklärte Großadmiral Karl Dönitz: »Es war
(... ) klar, dass alle (britischen/ d. A.) Handelsschiffe in
die militärische Nachrichtenorganisation eingespannt
waren. Wir machten femer bereits praktisch wenige
Tage nach Kriegsbeginn die Erfahrung, dass Han­
delsdampfer bewaffnet waren und von der Waffe
Gebrauch machten.«
73
Deshalb gab es von deutscher Seite aus die Befehle,
etwa Handelsschiffe, deren Bewaffnung sicher er­
kannt werden konnte oder jene, die funkten, um so­
fort die Abwehr heranzuholen, warnungslos anzugrei­
fen.
An dieser Stelle sei noch einmal erwähnt: Erst
nachdem Hitler die britischen Befehle bekannt wur­
den, dass Handelsschiffe deutsche U-Boote rammten,
mit Wasserbomben angriffen und sie auf jede ihnen
nur mögliche Weise bekämpfen sollten (etwa mit Ge­
schützen und Flakgeschützen), erging am 17. Oktober
1939 der Befehl an die deutschen U-Boote, gegen
sämtliche »einwandfrei als feindlich erkannte Han­
delsschiffe« den vollen Waffeneinsatz freizugeben.
»Ausnahme, wie bisher, feindliche Passagierdampfer.«
{Q_uelle: Internationaler MilitärgerichtshofNürnberg ))Der Prozess gegen
die Hauptkriegsverbrecher, Nürnberg 14. November 1945 - 1. Oktober
1946«, Band XIII (Verhandlungsniederschriften 3. Mai 1946 - 15. Mai
1946, Amtlicher Text in deutscher Sprache), S. 456.ff.)
Britische Handelsschiffe waren also ausgesproche­
ne »U-Boot-Fallen«. Deren Besatzungen waren mit­
nichten durchweg Zivilisten, sondern auch Kombat­
tanten, Angehörige von Kampftruppen, die nach dem
Völkerrecht zur Durchführung von Kampfhandlun­
gen allein berechtigt waren.
Kranzbühler legte dem Nürnberger Tribunal dazu
einen Auszug aus vertraulichen britischen Admirali­
tätsflottenbefehlen vor. Darin hieß es unter anderem,
dass neben den Marinesoldaten, die als Richtkanonie­
re und sonstige Geschützbedienungen auf den Han-
74
delsschiffen fungierten, jeweils fünf bis sieben Leute
aus der Besatzung »zur Vervollständigung der Bedie­
nungsmannschaft« (etwa zur Herbeischaffung von
Munition) eingesetzt werden sollten.
(Quelle: Internationaler Militä,gerichtshofNümbe,g »Der Prozess gegen
die Hauptkriegsverbrecher, Nürnberg 14. November 1945 - 1. Oktober
1946«, Band XIII (Verhandlungsniederschriften 3. Mai 1946 - 15. Mai
1946, Amtlicher Text in deutscher Sprache), S. 466.ff.)

75
CQ.uel/e: Wikimedia.rommons (Karl Dönitz) (Bundesarchiv, Bild 146-1976-
127-06A / CC-BY-SA 3.0)
(https:/ / rommons.wikimedia.orywiki/File:Bundesarchiv_Bild_146-1976-
127-06A,_Karl_D%C3%B6nitzjpgJ

76
Außerdem gab der US-Flottenchef im Pazifik, Ad­
miral Chester W. Nimitz beeidet zu, dass die amerika­
nischen U-Boote im Krieg gegen Japan sowohl auf
Warnungen als auch auf Rettungsaktionen für Schiff­
brüchige »verzichteten«, sobald die Kommandanten
die Gefährdung der eigenen Boote oder weiterer eige­
ner Operationen befürchten mussten.
(Quelle: Werner Maser: «Nürnberg - Tribunal der Sieger<(, Düsseldo,j
1977, s. 278).
Dönitz Verteidiger, Flottenrichter Kranzbühler
konnte ferner nachweisen, dass die Amerikaner seit
Beginn ihres Einsatzes im Pazifischen Ozean - und
unter Verletzung des Londoner Flottenabkommens
von 1930 - »völkerrechtswidrig operiert« hatten. Und
die von den deutschen U-Booten infolge ihrer Erfah­
rungen mit den britischen Gegnern schließlich prakti­
zierten Methoden sofort angewandt hatten.
Allerdings war bei der »Rechtsprechung« beim Alli­
ierten Nürnberger Tribunal eine Beweisführung durch
Gegenbeschuldigungen nicht zugelassen. Das heißt:
Rechtswidrige Handlungen der Deutschen durften
gegen jene der Sieger nicht aufgerechnet werden.
Dennoch brillierte Kranzbühler mit dem Argu­
ment: »Ich möchte durch die Vernehmung des Admi­
ral Nimitz klarstellen, dass die amerikanische Admira­
lität in der praktischen Auslegung des Londoner Ab­
kommens genauso gehandelt hat wie die deutsche
Seekriegsführung, und (ich) möchte dies als ein Be-

77
weismittel dafür ansehen, dass das Verhalten der
deutschen Seekriegsführung rechtmäßig gewesen ist.«
(Quelle: Internationaler MilitärgerichtshofNürnberg »Der Prozess gegen
die Hauptkriegsverbrecher, Nürnberg 14. November 1945 - 1. Oktober
1946«, Band VIII (Verhandlungsniederschriften 20. Febmar 1946 - 7.
März. 1946, Amtlicher Text in deutscher Sprache), S. 604.ff.)
Überraschenderweise folgte der amerikanische
Richter Francis Biddle Kranzbühlers Ausführungen,
die er übrigens für »meisterhaft« hielt.
Der deutsche Historiker Werner Maser schreibt da­
zu: »Die Tatsachen sprachen - gemessen an den Maß­
nahmen der am Krieg gegen das Reich beteiligten
alliierten Marinen, die sich durchweg weniger an das
Seerecht und Völkerrecht hielten, als die deutschen
U-Boot-Kommandanten es taten - so für Dönitz, dass
das IMT (Internationale Militärgerichtshof/ d. A.) sich
veranlasst sah, in seinem Dönitz-Urteil zu erklären:
,Aufgrund dieses Tatbestandes kann der Gerichtshof
Dönitz für seine Unterseebootkriegsführung gegen
bewaffnete britische Handelsschiffe nicht für schuldig
erklären.'«
An anderer Stelle: »Der Gerichtshof ist der Ansicht,
dass die Beweisaufnahme nicht mit der erforderlichen
Sicherheit dartut, dass Dönitz die Tötung schiffbrü­
chiger Überlebender vorsätzlich befahl. Die Befehle
waren zweifellos zweideutig und verdienen stärkste
Kritik.«
Und weiter: »In Anbetracht aller bewiesenen Tatsa­
chen, insbesondere mit Rücksicht auf einen Befehl
der britischen Admiralität vom 8. Mai 1940, nach dem
78
alle Schiffe im Skagerrak nachts versenkt werden soll­
ten, und endlich in Anbetracht der Antwort des Ad­
mirals Nimitz ( ... ) nach welcher im Pazifischen Ozean
seitens der Vereinigten Staaten vom ersten Tag des
Eintritts dieser Nation in den Krieg uneingeschränk­
ter U-Boot-Krieg durchgeführt wurde, ist die Verur­
teilung von Dönitz nicht auf seine Verstöße gegen die
internationalen Bestimmungen für den U-Boot-Krieg
gestützt.«
(Quellen: Internationaler Militärgerichtshof Nürnberg ))Der Prozess ge­
gen die Hauptkriegsverbrecher, Nürnberg 14. November 1945 - 1. Okto­
ber 1946«, Band I (Einfahnmgsband), S. 353, 354 und Werner Maser:
«Nürnberg - Tribunal der Sieger<(, Diisseldo,j 1977, S. 279 - 28 1).
An dieser Stelle sei angemerkt, dass diese Fakten
und Tatsachen nicht etwa aus irgendeiner »Verschwö­
rungsecke« stammt, sondern aus den Akten des
Nürnberger Prozesses a, Internationalen Militärge­
richtshofl
Letztlich wurde Großadmiral Karl Dönitz wegen
»Verbrechen gegen den Frieden« und wegen »Kriegs­
verbrechen« zu zehn Jahren Gefängnis in Spandau
verurteilt.

79
7. Verdrängt: »Hölleninferno und Feuerstür­
me« - Der B ombenterror gegen die Zivilbevölke­
rung - So sah die Zerstörung deutscher Städte
tatsächlich aus!

Während des Zweiten Weltkriegs versank halb


Europa im Chaos!
Vor allem deutsche Städte erlitten die größten
Zerstörungen!
Der Terror-Bombenkrieg gegen die deutsche
Zivilbevölkerung war unfässbar grauenhaft!

Während des Zweiten Weltkriegs, vor allem in den


letzten beiden Kriegsjahren 1944 und 1945, versanken
weite Teile Europas regekecht im Chaos. Der zerstö­
rerischste Krieg der Menschheit verwüstete die mate­
rielle und institutionelle Infrastruktur der Länder im
Herzen des europäischen Kontinents. Ganz abgese­
hen von den politischen Systemen, die komplett zu­
sammengebrochen waren. Europa war zu einem
»dunklen Kontinent« geworden.
In einigen Ländern, insbesondere in Deutschland,
Polen, Jugoslawien und der Ukraine, wurde sozusagen
ein »Jahrtausend kultureller und architektonischer
Leistungen innerhalb weniger Jahre ausgelöscht«, wie
es der herausragende britische Historiker Keith Lowe
formulierte.
(Quelle: Keith Lowe: »Der wilde Kontinent - Europa in den Jahren der
Anarchie 1943 - 1950«, Stuttgart, 2014, S. 23).
80
Dabei erfuhren Deutschlands Städte zweifellos die
umfassendste Zerstörung. So wurden rund 3,6 Millio­
nen deutsche Wohnungen von britischen und ameri­
kanischen Bombern in Schutt und Asche gelegt. Das
entsprach etwa einem Fünftel des gesamten Wohn­
raums.
Gemessen an den absoluten Zahlen, so der briti­
sche Historiker Lowe, ging in Deutschland fast 18-
mal mehr Wohnraum verloren als beispielsweise in
Großbritannien, das ebenfalls von der deutschen
Luftwaffe schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Mit 50.000 Tonnen Bomben, die diese über der Insel
abwarfen, zerstörte sie rund 202.000 Häuser. 4,5 Mil­
lionen wurden beschädigt.
(Quelle: HM Government, Statistics, S. 9 und The National Archives
(INA): Public Record Office (PRO) CAB 21/ 2110 sowie Daify Ex­
press v. 29. November 1944, siehe Lowe, S. 462).
Wie bereits angeführt, erlitten einzelne Städte in
Deutschland überdurchschnittlich schwere Verluste.

So gingen (in Prozent) an Wohnraum verloren:


- Berlin: ca. 50 %
- Hannover 51,6 %
- Hamburg: 53,3 %
- Duisburg: 64 %
- Dortmund: 66 %
- Köln: 70 %
(Quelle: Keith Lowe: »Der wilde Kontinent - Europa in den Jahren der
Anarchie 1943 - 1950<<, Stuttgart, 2014, S. 25)

81
Selbst alliierte Kriegsberichterstatter waren über das
Ausmaß der Zerstörungen schockiert. So glich bei­
spielsweise die einst blühende Elbmetropole Dresden
einer »Mondlandschaft«, deren Aufbau mindestens
siebzig Jahre benötigen würde, so die damalige Ein­
schätzung. Darauf werde ich nachfolgend noch zu­
rückkommen.
»München war derart verwüstet, dass ,man sich
kaum des Gedankens erwehren konnte, das letzte
Gericht stehe unmittelbar bevor.' Berlin war ,voll­
kommen zerschlagen - nichts als Schutthaufen und
Hausskelette'. Köln )ag in Trümmern, ohne Schön­
heit und Gestalt, einsam in völliger physischer Ver­
nichtung.'«
(Quelle: Keith Lowe: »Der wilde Kontinent - E111Vpa in den JahT'l!n der
Anarchie 1943 - 1950«, Stuttgart, 2014, S. 26).
Weniger bekannt ist, dass sich US-Präsident Fran­
klin D. Roosevelt (Freimaurer und Mitglied der Hol­
land Lodge No. 8 in New York) und der britische Pre­
mier Winston Churchill (Freimaurer und Mitglied der
United Studholme Lodge No. 1591 in London und dann
Mitglied der Rnsemary Lodge No. 285 1 in London) auf
dem Treffen in Casablanca im Januar 1943 über den
Luftkrieg einigten. So sollten die Amerikaner die Zer­
störung der militärischen und industriellen Ziele in
Deutschland betreiben und die Engländer weiterhin
die Bombenangriffe auf Wohnviertel fortführen. Da­
mit sollte die Widerstandskraft der Deutschen ge­
schwächt werden. Vor allem bei Nachtangriffen.

82
Doch schon am 8. Juli 1940 ließ Churchill verlau­
ten: »( ... ) aber es gibt etwas, das den Gegner zurück­
treiben und niederzuwerfen vermag: Das ist ein alles
vernichtender und alles ausrottender Luftkrieg mit
ganz schweren Bombern von England aus gegen das
Nazi-Heimatland. Wir müssen den Feind mit diesem
Mittel niederschlagen. Ein anderes Mittel sehe ich
nicht.«
(Quelle: Klaus Rainer RöhL· » Verbotene Trauer - Ende des deutschen
Tabus<<, München, 2002, S. 100, 1 12/Angaben zu Mitgliedschaften
von Roosevelt und Churchill in Freimaurerlogen siehe: Bugen
Lennhojf/ Oskar Posner/ Dieter A Binder: »Internationales Freimaurer
Lexikon((, München 2006 (5. überarbeitete und aktualisierte Ausgabe), S.
180, 714).
Der alliierte Terror aus der Luft traf seit Juni 1942
beinahe nur die deutsche Zivilbevölkerung. Die deut­
sche Abwehr war fast nur noch auf die Flak (Flugab­
wehrkanonen) beschränkt, weil die Abfangjäger große
Verluste erlitten. Außerdem war die Luftwaffe in Mili­
täreinsätzen von Russland bis nach Nordafrika zer­
splittert.
Während sich jedoch die Amerikaner strikt weiger­
ten, Nachtangriffe und solche gegen nichtmilitärische
Ziele zu fliegen, sahen das die Briten anders. Ganz
offen wurde in London über die systematische Zer­
störung deutscher Wohngebiete (und damit Angriffe
gegen die Zivilbevölkerung) als »wichtigste militäri­
sche Taktik« diskutiert. So rechnete beispielsweise am
30. März 1942 Churchills Berater, Frederick Alexand­
er Lindemann, 1. Viscount Cherwell, vor, dass, wenn
83
alle vorhandenen englischen Flugzeuge ihre Bomben
ausschließlich auf Wohnviertel des Feindes abwerfen
würden, bis Mitte 1943 ein Drittel aller Deutschen
obdachlos wäre...
Der britische Royal-Air-Force-Lufmarschall Arthur
T. Harris, der später als »Bomber Harris« in die Ge­
schichte einging, seit Februar 1942 Chef des neu ge­
gründeten Strategic Bomber Command, versprach
Churchill einen »schnellen und vollständigen Sieg«.
Vorausgesetzt, die ganze Kampfkraft seiner Bomber
würde konzentriert gegen deutsche Städte eingesetzt
und nicht gegen einzelne Fabriken oder militärische
Ziele. Er schlug vor, jede Nacht eine Stadt mit min­
destens 1.000 Maschinen anzugreifen.
(Quelle: siehe etwa: Anto'!)' Vemer. Bomberoffensive gegen Deutsch­
land«, Frankfurt a. M., 1970').
Damit begann der uneingeschränkte Luftkrieg ge­
gen die deutsche Zivilbevölkerung.

84
(Q_uel/e: Bundesarchi11/ Wikimedia.commons («Luftangriff gegen Deutschland<<
(Bundesarchiv, Bild 146-1993.fJ54.fJ9 / CC-BY-SA)
(https://commons.wikimedia.o,g/wiki/File:Bundesarchi11_Bild_ 146-1993.fJ54-
09,_Luftangriff_gegen_DeutschlandjPf))

Beispiel Köln:
Am 30. Mai 1942 griffen erstmals im Zweiten
Weltkrieg 1.000 englische Bomber, darunter 48 vier­
motorige Lancaster, eine einzige Stadt an. Dabei wur­
den 1.500 Tonnen Sprengbomben vor allem auf die
dichtbesiedelte Innenstadt abgeworfen. Nur weil ein
Teil der Kinder bereits evakuiert war und es eine
großzügig angelegte unterirdische Bunkeranlage un­
terhalb des Kölner Ringes gab, kam es zu keinem
Massensterben. »Nur« 460 Menschen fanden den
Tod, 45.000 wurden obdachlos.
85
(Quelle: Bundesarchiv/ Wikimedia.commons («Köln, Kinder/eichen nach ueft­
angriffe( (Bundesarchiv, Bild 146-1979-025- 19A / Unbekannter Autor / CC­
BY-SA 3.0)
(https:// commons.wikimedia.org/ wiki/File:Bundesarchiv_Bild_146-1979-
025-19A,_Koeln,_Kinderleichen_nach_ueftangri.ff:jpg)

86
Beispiel Hamburg:
Ganz anders sah es vierzehn Monate später in
Hamburg aus. Dort brannte sich über Generationen
hinweg der verheerende Feuersturm in die Gedächt­
nisse, bei dem in der Nacht zum 24. Juli 1943 in der
alliierten »Operation Gomorrha« die dicht besiedelte
Altstadt, der Bezirk der Außenalster und die Arbeiter­
viertel Hamm und Hammerbrook durch Luftminen,
Flächenbrände und erstmals auch Phosphorbomben
vernichtet werden sollten. Dabei waren mehr als
40.000 Tote zu beklagen. Manche sprechen von
60.000 bis 100.000 und 750.000 Obdachlosen (bei
einer Einwohnerzahl von mehr als einer Million Ein­
wohnern).
Ein wahres Inferno brach damals über die deutsche
Hafenmetropole herein, ausgelöst durch Hunderte
Bomber der Royal Air Force, in verschiedenen Wellen
abgewechselt mit der US-Luftwaffe.
Dabei wurde auch keine Rücksicht auf Feuerwehr­
mannschaften genommen, die versuchten die immen­
sen Brände zu bekämpfen. Ebenso wenig auf einge­
troffene Rettungsmannschaften, die Verwundeten
und Verschütteten helfen wollten.
Beispielsweise zeigte sich die monströse Dimension
der Luftminen in riesigen, meterhohen Metallbehäl­
tern von der Größe einer Litfaßsäule, gefüllt mit
Sprengstoff. Ihre Explosion erzeugte eine Druckwel­
le, die in einem Stadtviertel auf einer Fläche von etwa
87
einem Quadratkilometer sämtliche Dächer zerstörte.
Danach regneten Tausende kleinerer Brandbomben
herab, die wiederum unzählige einzelne und sich
selbst weiterentwickelnde Flächenbrände entfachten,
die sich schließlich zu einem wahren Flammenmeer
vereinten.
Im Zentrum dieser Höllenglut entstand ein Feuer­
sturm, der eine solche Gewalt entwickelte, dass Men­
schen wie »welkes Laub« von ihm mitgenommen und
ins Feuer gerissen wurden. In den Straßen wurden
regelrechte Feuerwirbel erzeugt, Sandhosen ähnelnd,
die fauchend zwischen den Fassaden entlangrasten.
Diese Feuerstürme ließen den Straßenasphalt flüs­
sig werden wie kochender Teer, verzehrten jeglichen
Sauerstoff. Durch die unvollständige Verbrennung
entstand eine Unmenge von toxischem Kohlenmono­
xid, das schwerer als Luft war und sich deshalb am
Boden ausbreitete. Dadurch erstickten tausende hilfe­
suchende Menschen in den Luftschutzkellern.
Ein Augenzeuge berichtete: »Was ihnen (den Feu­
erstürmen/d. A.) in den Weg kam, wurde wie mit
einer gewaltigen Lötlampe in Augenblicken zu Asche
verbrannt ( ... ) Wir sahen Hunderte und Aberhunderte
von Toten auf den Straßen und im Schutt. An einer
Stelle lagen gleich 25 dicht beisammen, fast aus­
schließlich Frauen und Kinder, in allen Stadien der
Verbrennung. Sie hatten hinter einer dichten Hecke
Deckung gesucht, doch die Feuerwalze hatten Men­
schen und Büsche vernichtet (... )«
88
Damit nicht genug: Neben den verheerenden
Luftminen setzten die Briten erstmals auch Phos­
phorbomben ein. Diese Bomben besaßen zwar ledig­
lich ein Gewicht von zwölf Kilogramm, konnten
Wohnhäuser jedoch vom Dach bis zum Keller durch­
schlagen. Sie waren gefüllt mit Benzin und fünf Kilo
gelbem Phosphor als Brandbeschleuniger, das sich
sofort entzündete, sobald es mit Sauerstoff in Berüh­
rung kam. Das perfide: Die Phosphorflammen ließen
sich deshalb nicht mit (Sauerstoff enthaltendem) Was­
ser löschen. Aus diesem Grund war die Wirkung der
Phosphorbomben so vernichtend!
Sie verursachten einen Flächenbrand, einen Feuer­
sturm von Orkanstärke, der sogar Bäume entwurzelte.
Gefolgt von einem Funkenhagel, der Haare und Klei­
dung der Menschen in Brand setzte. Die ungeheure
Hitze ließ nicht nur den Asphalt aufweichen und die
Fliehenden darin versinken, sondern manche Körper
miteinander verschmelzen. Andere wiederum zerfie­
len einfach zu Asche, weitere lagen unter Bergen von
Schutt und Trümmern.
Es war unmöglich, die genaue Anzahl der Toten
auch nur annähernd zu beziffern.
Die Temperaturen im Innern dieses Infernos, die
der Feuersturm mit etwa 250 km/h Geschwindigkeit
auslöste, lag bei eineinhalb tausend Grad Celsius! Die
Flammenmassen schossen wie bei einem Vulkan bis
zu fünf Kilometer in den Himmel. Ein wahres Hölle­
ninferno.
89
Eine Augenzeugin, die später das Grauen zu Pro­
tokoll gab, sah überall laut schreiende, verzweifelte
Menschen. »Die mit der Flüssigkeit aus den Phos­
phorbomben in Berührung gekommenen Frauen und
Kinder liefen wie lebende Fackeln auf die Straßen und
suchten Schutz in den ,Fleeten' (Bezeichnung eines
natürlichen Wasserlaufs in den Elbmarschen, der in
die Elbe oder einen ihrer Nebenflüsse mündete/ d.
A.). Viele sprangen einfach in die Fleete, ohne dass sie
aufhörten zu brennen, die immer noch Lebenden
konnten die steilen Betonwände der Fleete ohne Hilfe
nicht mehr erklettern und ertranken, während ihre
Körper noch weiter brannten.«
Andere Zeitzeugen erinnerten sich: »Leute, die
Phosphor an sich hatten, sahen furchtbar aus. Ihre
Haut war hellrot, Wasser sickerte aus den Poren ihrer
Haut: ihre Ohren und Nase, ihr ganzes Gesicht war
eine ekelerregende Masse.«
»Wir winselten und heulten vor Schmerz.«
»Brennende Menschen rasten vorbei wie lebendige
Fackeln und mich erschütterten ihre unvergesslichen
letzten Schreie.«
»Die Schreie und das Brennen und die sterbenden
Menschen sind unvergesslich. Wenn ein menschliches
Wesen so stirbt, dann schreit und wimmert es, und
zuletzt setzt das Todesgeröchel ein.«
Die nächtlichen Luftangriffe der Briten dauerten
fünf Tage an, abgelöst von den Tagesangriffen der
Amerikaner.
90
Wie bereits erwähnt starben dabei zwischen 40.000
und 100.000 Menschen, die Verletzten und Schwer­
verletzten, diejenigen, die ihr Leben lang verkrüppelt
und entstellt blieben, sind wohl nicht mehr zu eruie­
ren.
Die britische Regierung kam nicht umhin, aufgrund
solcher schändlicher Angriffe zu beteuern, dass an der
Elbe »nur strategische Ziele« angegriffen worden sei­
en.
Der Journalist und Publizist Klaus Rainer Röhl,
meint dazu: »Die Wahrheit sprach sich durch Berichte
der neutralen Presse und auch der US-Medien sehr
bald herum. Es war das Ende der Legende vom ,Kol­
lateralschaden' im Zweiten Weltkrieg. Es war der
Übergang dieses Krieges zum ,organisierten Massen­
mord an Frauen, Kindern, Kranken und Alten', wie es
der amerikanische General Henssel später nannte.«
(Quelle: Klaus Rainer RöhL· »Verbotene Trauer - Ende des deutschen
Tabus«, München, 2002, S. 117).

Beispiel Berlin:
Am 28. August 1943 begannen die schweren An­
griffe der RAF auf Berlin (das zuvor schon von hun­
derten Luftschlägen heimgesucht worden war). Ge­
zielt wurde Planquadrat für Planquadrat der Reichs­
hauptstadt mit Bomben belegt- Erst im März 1944
wurde die systematische Vernichtung der Wohngebie­
te abgebrochen, weil der Beginn der Invasion (in der
Normandie) bevorstand.

91
(Quelle: Bundesarchiv/Wikimedia.commons Berlin, Zerstörung
nach Luftangriff« (Bundesarchiv, Bild 1 83 )- 31345 / CC-BY-SA 3.0)
(https:/ /commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_1 83-
J31 345�Berlin�Zerst%C3%B6rung_nach_Luftangriff.jpg)

Beispiel Dresden:
Wenige Wochen vor der Kapitulation der deut­
schen Wehrmacht, am 13. Februar 1945, ordnete Ro­
yal-Air-Force-Lufmarschall Arthur T. Harris die Ver­
nichtung der alten Barockstadt Dresden an. Und das,
obwohl es dort laut dem Völkerrechtler und Histori­
ker Alfred M. de Zayas, »kaum militärische Ziele« gab.
Höchstens ein Bahnhof als Verkehrsknotenpunkt.
(Quelle: Alfred M. de Ztryas: »Die deutschen Vertriebenen - Keine Tä­
ter, sondern Opfer - Hintergründe, Tatsachen, Folgen«, Graz 2006, S.
123).
Der erste Luftangriff der insgesamt 1.400 britischen
Flugzeuge auf Dresden erfolgte um 22.21 Uhr (13.
92
Februar 1945) und bombte die Stadt sozusagen ins
Feuer. Ein zweiter folgte um 1.30 Uhr (am 14. Febru­
ar 1945). Und als ob das nicht genug wäre, griffen um
12.12 Uhr mittags auch noch 450 US-amerikanische
Flugz euge an. Alles in allem wurden 3.000 Tonnen
Brand- und Sprengbomben abgeworfen!
Der Publizist Klaus Rainer Röhl spricht in diesem
Zusammenhang von der »umfangreichsten Hinrich­
tung deutscher Zivilisten«, die »es je in diesem Krieg
gegeben hatte.«
(Quelle: Klaus Rainer RöhL· »Verbotene Trauer - Ende des deutschen
Tabus<<, München, 2002, S. 127).
Zu dieser Zeit befanden sich neben den herkömm­
lichen Einwohnern auch noch rund 200.000 Flücht­
linge (aus Schlesien) in der Dresden.
Ein Zeitzeuge entsetzte sich nach den verheeren­
den Bombenangriffen: »So weit man sehen konnte,
ein brüllender Feuerorkan! Alle die fünfstöckigen
Häuser ringsum brannten von unten bis oben und
leuchteten wie geschmolzenes Eisen. Die Flammen
schlugen stockwerkhoch aus allen Fenstern.«
Klaus Rainer Röhl: »Die Bewohner von Dresden
und die in der Stadt kampierenden Flüchtlinge starben
unter Höllenqualen in einem von Harris und seinen
Planem wissenschaftlich vorausberechneten Inferno
von Feuerstürmen. Noch in die überfüllten Parks und
Grünanlagen, in die sich Zehntausende von Verzwei­
felten geflüchtet hatten, warf man Luftminen und
Splitterbomben.«

93
Und weiter: »Der Sog des Feuers war so heftig, dass
es allen Sauerstoff wie in einem Gebläse aufsaugte
und die Menschen die keinen Sauerstoff mehr einat­
men konnten, sodass ihre Lungenbläschen von innen
her platzten, einen qualvollen Erstickungs tod erlitten
(... ) Auf die Überlebenden und Flüchtenden machten
amerikanische Begleitjäger, die keine deutschen Flug­
zeuge mehr vorfanden, Jagd mit schweren Maschi­
nengewehren, mit großem Erfolg (... )«
(Q_uelle: Klaus Rainer RöhL· » Verbotene Trauer - Ende des deutschen
Tabus«, München, 2002, S. 129, 130).
Eine Augenzeugin: »Ich muss durch eine Überfüh­
rung der Bahngleise am Neustädter Bahnhof. Nur
eine schmale Gasse führt hindurch: links und rechts
hoch aufgeschichtete Leichenberge. Die Köpfe zeigen
nach einer Richtung, die Füße nach einer anderen. Als
ich durch bin, stehe ich vor einem riesigen Berg von
Leichen. Bekleidete und nackte Leichen. Verkohlte
abgerissene Beine und Arme. Und überall der Ekel
erregende süßliche Gestank von Verwesung.«
Eine andere Augenzeugin: »Aber das Wasser (der
Elbe/ d. A.) brannte ja - erst später hörte ich, dass
während des ersten Angriffs ausschließlich Brand­
bomben geworfen worden waren und im zweiten
Angriff Naphta- und Sprengbomben, um die Überle­
benden in den Bunkern auch zu zermalmen - und die
Menschen, die in Parks zusammenhockten, konnten
von Bäumen oder Gebäuden erschlagen werden! Das
war doch Hölle auf Erden!«

94
Über jene, die in den Häusern waren, schilderte sie:
»Brennende Fackeln. Sie schrien, wie nur Menschen
in Todesnot schreien können. Sie stürzten zusammen.
Hunderte brennende, schreiende Fackeln stürzten
zusammen, verstummten. Und immer neue folgten,
und keiner kam mit dem Leben davon.« Und: »Die
Straßen mit Leichen übersät, Torsos hingen in den
verstümmelten Bäumen (...) Menschen irrten umher
(...)«
Gerhart Hauptmann, schlesischer Dichter und Lite­
ratur-Nobelpreisträger, der als der bedeutendste deut­
sche Vertreter des Naturalismus galt, beschrieb bei
diesem grauenvollen Anblick unter Tränen: »Wer das
Weinen verlernt hat, der lernt es wieder beim Unter­
gang Dresdens (...) ich habe den Untergang Dresdens
unter den Sodom- und Gomorrha-Höllen der engli­
schen und amerikanischen Flugzeuge persönlich er­
lebt (...)«
Alfred M. de Zayas empört sich darüber, dass an
dem »Massaker in Dresden« »besonders entsetzlich«
sei, dass es »kaltblütig verübt« wurde!
(Quelle: Alfred M. de Zt!Jas: »Die deutschen Vertriebenen - Keine Tä­
ter, sondern Opfer - Hintergründe, Tatsachen, Folgen«, Graz 2006, S.
127.ff.).
»Dieser Massenmord an Zivilisten wurde denn
auch schon im gleichen Monat Februar von den gro­
ßen englischen Zeitungen erstmals so benannt und
kritisiert« (Röh4 S. 13 1).

95
Die Nazis hielten Archivbilder, die allerdings kaum
vorhanden waren, von der wie ein gigantischer Hoch­
ofen glühenden Stadt zurück.
Schändlich der spätere Streit über die tatsächliche
Zahl der Opfer:
- Die amtliche Statistik der Stadt Dresden gab in
der DDR-Zeit 40.000 identifizierte, auf den Plätzen
der Stadt verbrannten und in Massengräbern bestatte­
ten Leichen an.
- Der Befehlshaber der Ordnungspolizei, Grosse,
Oberst der Schutzpolizei in Dresden, sprach von
68.650 (identifizierten) »Gefallenen«.
- Der Report oft he Joint Relief 194 1-1946, eine zu­
sammenfassende Darstellung des Internationalen Ro­
ten Kreuzes, gab die Zahl der Opfer in und um Dres­
den mit 275.000 an.
- Der im März 2010 von der Stadt in Auftrag gege­
benen Forschungsbericht einer Historikerkommission
ging von »lediglich« bis zu 25.000 Toten aus (R.iJh4 S.
131, 227).
- Der Völkerrechtler de Zayas sprach von 100.000
Toten und 400.000 Obdachlosen.
(Q,uellen: Martin K Sorge: »The Other Price oJHitler's War - German
Military and Civilian Losses &sulting.from World War II. ", Westport,
Conn. : Greenwood Press, 1986, S. 101, 102 und Martin Middlebrook:
«The Battle of Hamburg': New York: Charles Scribner's Sons, 1981, S.
244, 268, 269 sowie : Kßith Lowe: »Der wilde Kontinent - Europa in
den Jahren der Anarchie 1943 - 1950«, Stuttgart, 2014, S. 31,32/Klaus
Rainer F.öhL· »Verbotene Trauer - Ende des deutschen Tab us«, München,
2002, S. 102-131/Alfred M. de Zqyas: »Die deutschen Vertriebenen -

96
Knne Täter, sondern Opfer - Hintergründe, Tatsachen, Folgen«, Graz
s.
2006, 124).
»Der alliierte Bombenkrieg gegen die deutschen
Städte war Massenmord (... ) (von) England systema­
tisch und fast fabrikmäßig betrieben, von den Ameri­
kanern lange mit einer gewissen Distanz betrachtet,
aber am Ende klar mitgetragen und also mit zu ver­
antworten. Es war ein Krieg der Alliierten gegen die
Zivilbevölkerung, im Namen der Gerechtigkeit gegen
die Schuldigen betrieben, gerichtet gegen Unschuldi­
ge« (Riihl, S. 136).
Das Statistische Bundesamt gab die Zahl der Toten
(Zivilpersonen) durch Luftangriffe (Luftterror) auf
dem Gebiet des Deutschen Reiches in den Grenzen
von 1 937 mit 593.000 an. Mit Österreich, Danzig und
dem Sudetenland mit 653.000 Toten.
Tatsächlich ging das sogenannte »area bombing«
auf einen Beschluss des britischen Kriegskabinetts
vom 14. Februar 1942 zurück, wonach die Operatio­
nen hauptsächlich darauf abzielen sollten, die Moral
der feindlichen Zivilbevölkerung (vor allem der in­
dustriellen Arbeiterschaft) zu zerbrechen (de Z�as
(Die deutschen Vertriebenen), S. 129, 130).
Durch die Zerstörung deutscher Städte verloren
zwischen 1 8 und 20 Millionen Deutsche ihre Häuser
und/ oder Wohnungen.
(Quelle: C. P. Snow: »Science and Government", Haroard 1961, S.
47.ff.; Max Hastings: «Bomber Command': L.ondon 1979, angegeben
bei A!fred M. de Zt!Jas: »Die deutschen Vertrieb enen - Keine Täter,
sondern Opfer - Hintergründe, Tatsachen, Folgen«, Graz 2006, S. 130).

97
8. Verschwiegen: Ex-Reichswirtschaftsminister
Hjalmar Schacht war Freimaurer!

Von der Freimaurerei nicht an die große Glo­


cke gehängt:
Ein Steigbügelhalter der Nazis war ein Logen­
bruder!
Auch später noch wurde er vom »Bruderband«
geschützt!

Ein hochrangiger und prominenter Nazi war sogar


Freimaurer, saß in Adolf Hitlers Regierung: Die Rede
ist von Horace Greeley Hjahnar Schacht (1877-1970).
Er hatte sich den Nazis nicht nur angebiedert, wie
es zu jener Zeit viele Logenbrüder taten, um einem
Verbot zu entgehen (was freilich nichts nützte), son­
dern unterstützte von Anfang an das Dritte Reich.
Und er war einer der Wegbereiter der Nazi­
Herrschaft.
Schacht fungierte einst als Reichsbankpräsident
(1933-1939) und Wirtschaftsminister (1934-1937).
Danach diente er als Minister ohne Geschäftsbereich
(1937-1944).
Er war Mitglied der Loge Urania zµr Unsterblichkeit
(aufgenommen 1906) und später Mitglied der Loge
Zur Brudertreue an der Elbe (aufgenommen 1949).
Schacht sympathisierte bereits 1926 mit den Nazis,
lernte 1930 Hermann Göring, Joseph Goebbels und
98
Adolf Hitler kennen. Zwei Jahre darauf unterstützte
er als Finanzexperte die NSDAP, forderte unter ande­
rem mit seiner Unterschrift bei einer Eingabe an Hin­
denburg Hitler zum Reichskanzler zu ernennen und
half später entscheidend dabei, die Aufrüstung zu
finanzieren.
In London führte Schacht sogar Verhandlungen
über die »Aussiedlung von Juden«, die mit dem
»Schacht-Rublee-Plan« in die Geschichte einging. Das
tat er, obwohl er zunächst den Standpunkt vertrat,
dass die Rassenpolitik der deutschen Wirtschaft nicht
nur schaden, sondern sie auch ruinieren würde, wes­
halb er die diskriminierende Behandlung jüdischer
Unternehmen grundsätzlich ablehnte.
Allerdings hieß er die erlassenen »Nürnberger Ge­
setze« ausdrücklich gut: »Ich begrüße ( ... ) die Nürn­
berger Gesetze, dass er (der Jude/d. A.) wieder zu­
rückgedrängt ist in sein, ich kann ruhig sagen, Ghetto
(...)«
Außerdem teilte Schacht das nationalsozialistische
Staatsziel, Juden in der Gesellschaft zu isolieren.
Ferner sagte er einmal: »Die Juden müssen sich
damit abfinden, dass ihr Einfluss bei uns ein für alle
Mal vorbei ist. Wir wünschen, unser Volk und unsere
Kultur rein und eigen zu halten.« An anderer Stelle
meinte er: »Kein Jude darf daher Volksgenosse sein«
und befürwortete die gesetzliche Diskriminierung aller
deutschen Juden, die sie zu »Staatsbürgern minderen
Rechts« erklärte.
99
Schacht deutete bei seiner »Königsberger Rede«
auch an, dass er sich mit dem so genannten »Blut­
schutzgesetz« anfreunden könnte, das eine Heirat
zwischen Nichtjuden und Juden verbot und zudem
jeden außerehelichen Geschlechtsverkehr mit Zucht­
haus bestrafte.
Der britische Historiker und Ökonom Antony C.
Sutton bezeichnete Schacht als »Mitglied der interna­
tionalen Finanzelite, die ihre Macht hinter den Kulis­
sen mit Hilfe des politischen Apparats eines Landes
ausübt. Er ist ein entscheidendes Bindeglied zwischen
der Wall-Street-Elite und Hitlers innerem Kreis.«
{Q,uelle: Anto'!)' C. Sutton: «Wallstreet und der A,efstieg Hitlers«, Ba­
sel 2008, S 19).
Schacht erhielt zudem das Goldene Parteiabzeichen
der NSDAP verliehen. Dennoch kühlte sich ab 1937
sein Verhältnis zu den Nazis ab. Er wurde 1 944 von
ihnen sogar wegen der Mitverschwörung beim Atten­
tat auf Hitler verhaftet und in »Prominentenbaracken«
interniert.
Amerikanische Militärstaatsanwälte stellten Schacht
wegen »Verschwörung zur Herbeiführung des Krie­
ges« und der »Teilnahme an den Vorbereitungsmaß­
nahmen« vor ein internationales Kriegsverbrechertri­
bunal. So verbreitete er beispielsweise, dass Hitlers
Programm der Neuen Ordnung dasselbe gewesen sei
wie Roosevelts Programm des New Deal. Das wiesen
die Amerikaner natürlich strikt zurück.
{Q,uelle: Anto'!)' C. Sutton: «Wallstreet und der Aufstieg Hitlers«, Ba­
sel 2008, S 120).
100
Bei den Nürnberger Prozessen der alliierten Sieger
wurde der Freimaurer jedoch freigesprochen. Aller­
dings nicht wegen »erwiesener Unschuld«, sondern
wegen »unbilliger Härte«.
Dennoch galt er auf Grund des Entnazifizierungs­
gesetzes für die deutschen Behörden als Hauptschul­
diger der nationalsozialistischen Herrschaft, weil er
unter anderem der »nationalsozialistischen Gewalt­
herrschaft außerordentliche wirtschaftliche Unterstüt­
zung« gewährt hatte. Er wurde fast zur gesetzlichen
Höchststrafe von acht Jahren Arbeitslager verurteilt
und bis 1948 inhaftiert.
Im Berufungsverfahren wurde Schacht freigespro­
chen, weil die Spruchkammer ausschließlich entlas­
tende Dokumente und Zeugenaussagen hörte und
belastende Tatsachen einfach ignorierte; im Gegen­
satz zum erstinstanzlichen Urteil.
1953 gründete Schacht die Außenhandelsbank
Schacht & Co. in Düsseldorf.
Der Biograph Christopher Kopper schrieb: »Seine
(Schachts/ d. A.) Selbsterklärung, er habe sich dem
NS-Regime nur aus patriotischen Motiven zur Verfü­
gung gestellt und sei im Amt geblieben, um Schlim­
meres zu verhüten, war ausgesprochen fragwürdig -
aber fand in der alten (und neuen) Verwaltungselite
und in den führenden Wirtschaftskreisen der Bundes­
republik durchaus Zustimmung.«
(Q_uelle: Christopher Kopper: »Hjalmar Schacht - Aufstieg und Fall
von Hitlers mächtigstem Bankier((, München/ Wien 2006, S. 385).

101
Nicht nur der Umstand, dass ein Mithelfer Hitlers,
der für Millionen Tote des Zweiten Weltkrieges nnd
für die Verfolgnng, Vertreibnng nnd Ermordnng von
nahezu sechs Millionen Juden verantwortlich war, ein
Freimaurer war, der gegen alle, aber auch alle maureri­
schen Prinzipien verstoßen hatte, ist ein Skandal!
Genauso skandalös ist die Tatsache, dass Schacht
vier Jahre nach der Schreckensherrschaft der Nazis,
also 1 949, erneut in eine Freimaurerloge (Zur Bruder­
treue an der Elbe in Hamburg) aufgenommen wurde.
1 953 veröffentlichte er seine Lebenserinnernngen
nnter dem Titel 16 Jahre meines Lebens, die »voller
Ressentiments gegen deutsche wie gegen deutsch­
amerikanische Juden« steckten.
»Schacht war nach dem Krieg zumindest phasen­
weise stärker antisemitisch eingestellt, als er es wäh­
rend der Herrschaft des Nationalsozialismus je war«.
(Q_uelle: Christopher Kopper: J>Hjalmar Schacht - Axfstieg und Fall
von Hitlers mächtigstem Bankier<<, München/ Wien 2006, S. 376).

102
(Q_uelle: Wikimedia.commons (Hjalmar Schacht (1877 - 1970), Präsident der
Reichsbank
) (https:/ / commons.wikimedia.org/wiki/ File:Hjalmar_Schachtjpf))

103
Noch ein anderes »maurerisches Klüngelspiel«, das
bis jetzt als solches gar nicht erkannt worden ist, spiel­
te sich ab: In der Phase zwischen dem Freispruch des
Internationalen Militärtribunals in Nürnberg und dem
Entnazifizierungsverfahren deutscher Behörden ge­
gen den Logenbruder, fuhr Schacht von Bayern, in
dem seine Anwälte einen »vorläufigen Freibrief« er­
wirkt hatten, nach Baden-Württemberg zu einem
Freund.
Der Nürnberger Polizeipräsident infonnierte die
württembergische Landesregierung von dieser Reise,
woraufhin der Minister für Politische Befreiung sofort
einen Haftbefehl gegen Schacht erließ. Doch der dor­
tige liberale Ministerpräsident Reinhold Maier wollte
Schachts Verhaftung ohne großes Aufsehen verhin­
dern und ließ ihm über Umwegen eine Warnung zu­
kommen. Dennoch wurde er festgenommen, weil er
den Hinweis nicht ernst nahm.
Fakt ist jedoch, dass der Ministerpräsidenten ihn
»illegal« warnte. Warum?
Der Vorgang wird verständlich, wenn man weiß,
dass Reinhold Maier selbst ein sehr aktiver Freimaurer
war! Von 1924 bis 1933 war er Mitglied der Loge Zu
den Drei Cedern in Stuttgart und 1946 sogar Grün­
dungsmitglied der Stuttgarter Loge Furchtlos und Treu,
der er bis zu seinem Tod angehörte. Meier versuchte
also nichts weniger, als seinem Logenbruder Schacht
aus der Klemme zu helfen. Zu diesem Zweck war ja

104
unter anderem auch das »Bruderband« geknüpft wor­
den. Skandalös!
»'Bruder' Hjalmar Schacht stellt zweifellos für die
Geschichte der deutschen Freimaurer eine Belastung
da«, bekennt Freimaurer und Journalist Tom Goeller
daher reumütig. »Unabhängig von den gerichtlichen
Freisprüchen hätte er 1949 nicht mehr in eine Loge
aufgenommen werden dürfen. Denn es ist unstrittig,
dass er ein entscheidender Steigbügelhalter auf Hitlers
Weg zur Macht war. Das alleine hätte genügen müs­
sen, ihn aus der Freimaurerei für immer auszuschlie­
ßen.2
Und weiter: »Leider muss indes vermutet werden,
dass sich die Hamburger Loge ,Zur Brudertreue an
der Elbe' 1949 eher geschmeichelt fühlte, einen ,nam­
haften' Freimaurer zu ihren Mitgliedern zählen zu
können, als einen Helfershelfer Hitler zu bannen; ein
weiterer Fleck in der Geschichte der deutschen Frei­
maurer.«
(Q_uelle: Tom Goeller: >>Freimaurer - Aufklärung eines Mythos<<, Ber­
lin-Brandenburg 2006, S. 126.ff.)

Quellen: Christopher Kopper: »Hjalmar Schacht - Anfstieg und Fall


von Hitlers mächtigstem Bankier«, München/Wien 2006, S. 280.ff., 286,
287, 357, 360, 362, 371.ff., 382.ff./Tom Goeller: »Freimaurer - Anf
klärung eines Mythos«, Berlin-Brandenburg 2006, S. 126.ff./Eugen
Lennhoff/ Oskar Posner/ Dieter A Binder: »Internationales Freimaurer
Lexikon«, München 2006 (5. überarbeitete und aktualisierte Ausgabe),
S.743, 144/Roberl A Minder: »Freimaurer Politiker Lexikon«, Inns­
bruck 2004, S. 120

105
9. Vergessen: »Atombomben-Massenmörder«
Harry Spencer Truman war ein Logenbruder!

Das verschweigt die Diskrete Gesellschaft:


Ein Freimaurer war für den größten nuklearen
Massenmord verantwortlich!
Hiroshima und Nagasaki mahnen bis heute!

Ein weiteres »unehrenhaftes« Mitglied der Diskre­


ten Gesellschaft war Harry Spencer Truman (1884-
1972), von 1945 bis 1953 der 33. Präsident der Verei­
nigten Staaten von Amerika. Er fungierte bis zum
Tod seines Vorgängers und Logenbruders Franklin
Delano Roosevelt (1882-1945) als dessen Stellvertre­
ter.
Truman war seit 1909 aktiver Freimaurer, wurde in
die Beiton Lodge No. 450 in Grandview, Missouri auf­
genommen. Zwei Jahre später gründete er mit ande­
ren Brüdern die Grandview Lodge No. 618, war dort
erster Meister vom Stuhl. 1940 wurde er zum Groß­
meister der Großloge von Missouri gewählt und diente ihr
bis zum Oktober 1941.
US-Präsident Harry S. Truman gab die Befehle für
die größten gewollten nuklearen Katastrophen, die die
Welt bis heute gesehen hat: Am 6. August 1945, um
8.15 Uhr Ortszeit, warf der US-amerikanische B-29-
Bomber Enola Gqy das erste Mal in der Weltgeschich­
te eine Atombombe (Uran-235-Version mit dem
106
Nicknamen Uttle Bl!)') in Kriegszeiten ab. Opfer wur­
de vor allem die japanische Zivilbevölkerung! In der
Küstenstadt Hiroshima verbrannten auf Grund der
Detonation der Waffe, die eine Sprengkraft von 1 3
Kilotonnen 1NT-Äquivalent hatte, zwischen 78.000
und 90.000 wehrlose Frauen, Kinder und Männer.
Weitere 50.000 Menschen starben Jahre bis Jahr­
zehnte später an der Strahlenkrankheit.

/Quelle: Wikimedia.cvmmons (Zerstörtes Hiroshima mitAutogramm des ((Eno-


Ja Gqy(( -Bomberpiloten Paul Tibbets)
(https:/ /cvmmons.wikimedia.ory wiki/File:Hiroshima_autograph_Tibbetsjp,?))

Daraufhin riefen die Amerikaner die Japaner zur


Kapitulation auf, oder es werde weiteres »Verderben
aus der Luft regnen«. Als keine Antwort erfolgte, star­
tete am 9. August ein B-29-Bomber (die Bockscar),
um die zweite Atombombe (Plutonium-239-Version
mit dem Nicknamen Fat Man) abzuwerfen. In der
Küstenstadt Nagasaki starben durch die atomare Im-

107
plosionsbombe mit einer Sprengkraft von 20 Kilo­
tonnen 1NT zwischen 25.000 und 36.000 Zivilisten.
Rund 40.000 kamen durch die Spätfolgen der atoma­
ren Verstrahlung wns Leben.
Schließlich kapitulierte Japan. Der Test des Effekts
nuklearer Explosionen über Großstädten war für die
Amerikaner und für Logenbruder Truman von Erfolg
gekrönt.
Im Freimaurer Politiker Lexikon liest sich dieses
Kriegsverbrechen, dieser Massenmord an fast einer
Viertelmillion Zivilisten - mitgerechnet die Toten
nach der Verstrahlung - einfach so: »(... ) er (Trum­
an/ d. A.) (... ) beendete den Krieg gegen Japan durch
den Einsatz der Atombombe ... «
Mehr nicht.
Es ist ein Skandal, dass die Freimaurer ihre Werte
von Brüderlichkeit, Freiheit, Gleichheit und Toleranz
so hoch halten, wenn es Kriegsverbrecher und Mas­
senmörder wie Harry S. Truman in ihren Reihen gibt!
Ein Logenbruder, der den Befehl gab, wehrlose Zivi­
listen in den Tod zu bomben und ihr Lebenswnfeld
auf Jahre und Jahrzehnte hin nuklear zu verseuchen.

Quellen: Robert A Minder: ))Freimaurer Politiker Lexikon«, Inns­


bruck 2004, S. 261, 262/John Keegan: ))Der Zweite Weltkrieg«, Berlin
2004, S. 847/ «Kernwaffe« in: ))Wikipedia, Freie Enzyklopädie«
(http:// de.wikipedia.o'l,/ wiki/Atom-Bombe (Zugriff.
08.08.07)/ Winston Churchill: J>Der Zweite Weltkrieg<<,
Bern/München/ Wien 1998, S. 1092

108
10. Verdrängt: Historiker dokumentieren
Tabubruch -»Panoptikum der Grausamkeit« der
Roten Armee an deutschen Soldaten und Zivilis­
ten!

»Erschlagt alle Deutschen!«


»Deutsche sind keine Menschen, sondern
zweibeinige Tiere!«
Ein Historiker zeigt das Gräuel der Roten Ar­
mee gegen Deutsche auD

Bereits 1997 dokwnentierte der Münchner Histori­


ker Franz W. Seidler in seinem Buch Verbrechen an der
Wehrmacht die Gräuel der Roten Armee an deutschen
Soldaten. Ein absoluter Tabubruch!
So veröffentlichte er beispielsweise den Befehl des
politischen Kommissars des Schiitzenregiments 406 der
Roten Armee vom 17. Januar 1942, in dem es hieß:
»Es werden keine Gefangenen gemacht, alle Deut­
schen werden erschlagen. Keiner darf am Leben blei­
ben.«
Diese Anordnung war nicht etwa ein Einzelfall,
sondern »Ausdruck des Hasses, mit dem Stalins
Truppen im Zweiten Weltkrieg kämpften«.
Historiker Seidel zu seinem Buch: »Ich habe lange
gezögert, dieses gräuliche Buch herauszugeben. Das
Material der Wehrmacht-Untersuchungsstelle, von
dem die Ausarbeitung nicht einmal ein Hundertstel
109
erfasst, ist ein Panoptikum menschlicher Grausam­
keit.«
Dazu führte er auf, dass Rotarmisten deutsche Sol­
daten in selbstgeschaufelten Gräbern erschossen,
Verwundeten die Augen ausstachen, Kriegsgefange­
nen im Verhör Fingernägel und Zunge herausrissen,
Hände verbrühten, tödliche Bajonettstiche in die Rü­
cken gefangener und gefesselter Wehrmachtssoldaten
verpassten. Sogar Fälle von Kannibalismus werden
aufgezeigt.
Seidler weiter: »Es ist die Aufgabe des Historikers,
auf der Suche nach der Wahrheit ohne Rücksicht auf
Opportunitätserwägungen verschüttetes und unter­
drücktes Beweismaterial vorzulegen, das für das Ge­
schichtsbild der nächsten Generation wichtig sein
könnte.«
Dabei stützte der Historiker seine diesbezüglichen
Recherchen auf Originalakten der Berliner Wehrmacht­
Untersuchungsste/le für Verletz!tngen des Völkemchts
(WUSt).
Das Nachrichtenmagazin Focus erklärt dazu: »Dort
arbeiteten bis 1945 erfahrene Strafrichter, Gerichts­
mediziner und Gutachter. Amtsgerichte waren vom
Reichsjustizministerium zur Mitarbeit verpflichtet.
Alle Protokolle unterschrieben vernehmende Richter,
Protokollführer und vereidigte Zeugen. Das lässt Ver­
fälschungen, textlichen Irreführungen oder willkürli­
chen Behauptungen keinen Raum. Orts- und Zeitan­
gaben stimmen.«

110
Und weiter: »Die Bilder schossen nicht irgendwel­
che Hobbyfotografen, sondern kommen aus amtli­
chen Archiven. Die Schriftstücke präsentiert der Au­
tor ohne Auslassungen und Kürzungen. Sämtliche
Unterlagen können im Freiburger Militärarchiv einge­
sehen werden, ebenso die Namen von Zeugen, Un­
tersuchungsrichtern und Gutachtern.«
(Quelle: https:/ / www.jocus. de/politik/ deutschland/ kriegsverbrechen-
toete-die-deutschen_aid_167173.html).
Auch der Völkerrechtsprofessor, Historiker und
Chicagoer Harvard-Absolvent Alfred-Maurice de
Zayas erklärte zu den Dokumenten: »Das Material ist
absolut zuverlässig, dafür kann ich bürgen.«
Mehr noch: De Zayas hatte in Gesprächen mit
ehemaligen Wehrmachtsrichtern und Zeugen die Au­
thentizität der Unterlagen geprüft und klagt an: »Es ist
mir unbegreiflich, was sich heute in Deutschland ab­
spielt - dass man nur eine Seite beleuchtet und zeigt
und die andere Seite geradezu ausblendet. Schon von
daher ist diese Dokumentation notwendig und zu
begrüßen.«
Übrigens auch der US-amerikanische General
Dwight D. Eisenhower erklärte in einem Brief an
seine Frau Mamie vom September 1 944: »Gott, ich
hasse die Deutschen!«
(Quelle: Frederick Tirywr: »Zwischen Krieg und Frieden - Die Beset­
ZJlng und Entnazjfterung Deutschlands 1944 - 1946«, Berlin 2011, S.
7).
Selbst Geistliche hetzten gegen die Deutschen, bei­
spielsweise ein Vikar der Kirche von England: »Als
111
Erstes muss man erkennen, dass der deutsche Charak­
ter dem Wesen nach brutal ist und nur die Sprache
der Gewalt versteht. Seit tausendfünfhundert Jahren
ist der Hunne, um ihm den passenden Namen zu
geben, für seine Nachbarn eine Bedrohung (...) und
man ist zu der Schlussfolgerung gezwungen, dass
Gott selbst eingreifen und durch irgendeine Naturka­
tastrophe jene Teile Deutschlands auslöschen wird,
die nötig sind, um für immer auszuschließen, dass es
jemals wieder für die Welt eine Bedrohung wird.«
(Quelle: Frederick T�for: J>Zwischen Krieg und Frieden - Die Beset­
zung und Entnazjfternng Deutschlands 1944 - 1946((, Berlin 20 1 1, S.
163').
Richtig ist, dass das Völkerrecht wie es etwa in der
Haager Landkriegsordnung oder der Genfer Konven­
tion verankert ist, von beiden Seiten gebrochen wur­
de. Denn auch Hitlers sogenannter »Kommissarbe­
fehl« vom 6. Juni 1941 schrieb vor, politische Leiter
der Roten Armee nach ihrer Gefangennahme »grund­
sätzlich sofort mit der Waffe zu erledigen.« Das ist
hinreichend in den hiesigen Geschichtsbüchern nach­
zulesen.
Die andere Seite jedoch nicht. So wird auch zu­
meist heute noch jeder als »unverbesserlicher Ewig­
gestriger« bezeichnet, der beispielsweise die unver­
söhnlichen Tiraden des sowjetischen Schriftstellers
Ilja Ehrenburg zitiert. Dieser war offiziell von Dikta­
tor Stalin beauftragt, Hass gegen Deutsche zu erzeu­
gen.

1 12
So gab Ehrenburg etwa zum Besten: »Deutsche
sind keine Menschen. Deutsche sind zweibeinige Tie­
re, abscheuliche Geschöpfe, Bestien. Wir sagen nicht
mehr ,Guten Morgen oder gute Nacht'. Wir sagen am
Morgen: ,Töte den Deutschen' und in der Nacht: ,Tö­
te den Deutschen'«.
Der Focus berichtet: Ehrenburgs Mordaufrufe gip­
felten in regelrechten Anleitungen: »Töte den Deut­
schen, wo du ihn antriffst. Spreng ihn mit der Grana­
te, stich das Bajonett in ihn, die Mistgabel, spalte ihn
mit dem Beil, setze ihn auf den Pfahl, zerschneide ihn
mit dem Messer, aber töte!« Literarisches Bekenntnis
des »Poeten«: »Für uns gibt es nichts Lustigeres als
deutsche Leichen.«
(Quelle: ht(ps:/lwww/ocus. de lpolitik/deutschland/kriegsverbrechen-
toete-die-deutschen aid 167773. html).
An anderer Stelle (am 17. September 1944): »Die
deutschen Frauen werden die Stunde verfluchen, in
der sie ihre Söhne - Wüteriche - geboren haben. Wir
werden nicht schänden. Wir werden totschlagen.«
(Quelle: Klaus Rainer "RöhL· »Verbotene Trauer - Ende des deutschen
Tabus((, München, 2002, S. 143).

113
-

I!Ja Ehrenburr,s Flugblatt ;;Töte«


(Smenshot/Bildz!tat: Alfred M. de Z(!Jas: Die Wehrmacht-
Untersuchungsstelle far Verletz!'ngen des Viilkemchts - Dokumentation alliierter
Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg, München 1979, S. 454)

Und Ehrenburg weiter: » Wir haben begriffen. Von


jetzt an ist das Wort ,Deutscher' für uns der aller­
schlimmste Fluch. Von jetzt ab bringt das Wort
,Deutsche' ein Gewehr zu Entladung. Wir werden
nicht sprechen. Wir werden uns nicht aufregen. Wir
werden töten. Wenn du nicht im Laufe eines Tages
wenigstens einen Deutschen getötet hast, so ist es für
dich ein verlorener Tag gewesen. Wenn du glaubst,
dass anstatt deiner der Deutsche von deinem Nach-
114
bam getötet wird, so hast du die Gefahr nicht er­
kannt. Wenn du den Deutschen nicht tötet, so tötet
der Deutsche dich. Er wird die Deinigen festnehmen
und sie in seinem verfluchten Deutschland foltern.
Wenn du den Deutschen nicht mit einer Kugel töten
kannst, so töte ihn mit dem Seitengewehr. Wenn in
deinem Abschnitt Ruhe herrscht und kein Kampf
stattfindet, so töte den Deutschen vor dem Kampf.
Wenn du den Deutschen am Leben lässt, wird der
Deutsche den russischen Mann aufhängen und die
russische Frau schänden. Wenn du einen Deutschen
getötet hast, so töte einen zweiten - für uns gibt es
nichts Lustigeres als deutsche Leichen. Zähle nicht
die Tage. Zähle nicht die Kilometer. Zähle nur eines:
die von dir getöteten Deutschen. Töte den Deutschen
- dieses bitte dich deine greise Mutter. Töte den Deut­
schen - dieses bitten dich deine Kinder. Töte den
Deutschen - so ruft die Heimaterde. Versäume nichts.
Versieh dich nicht. Töte.«
(Q,uellen: PA, Kult, Pol Geheim. Akten des V AA von zur Mühlen
148. Siehe daZf' auch Ehrenburgs Buch, Moskau 1943, Bd. 2, S. 22f
und in einem Artikel der Frontzeitung Krasnaja Swesda. Zitiert nach:
Alfred M. de Z�as: Die Wehrmacht-Untersuchungsstellefar Verle!ZfJngen
des Völkerrechts - Dokumentation alliierter Kriegsverbrechen im Zweiten
Weltkrieg, München 1979, S. 286).
Der russische Systemkritiker und Schriftsteller Ale­
xander Solschenizyn berichtete darüber, dass am
Grenzübergang nach Deutschland Schilder aufgestellt
waren, mit der Aufschrift: »Rotarmist, Du stehst jetzt

115
auf deutschem Boden - die Stunde der Rache hat ge­
schlagen.«
(Q_uelie: Alexander Solschenizyn: JJOstpreußische Nächte«, Nemvied
1916, zjt. nach Röhl, S. 143).
Solschenizyn war es auch, der unter anderem we­
gen Kritik an dem russischen Diktator Josef Stalin
und seines Einsatzes gegen diese barbarische Behand­
lung Unschuldiger, später verhaftet und in den Archi­
pel Gulag (russische Umerziehungs- und Arbeitslager)
verbannt wurde.
Dasselbe Schicksal erlitten auch Major Lew Ko­
pelew und andere sowjetische Offiziere, die sich für
einen humaneren Umgang mit der deutschen Zivilbe­
völkerung einsetzten, Offiziere und Soldaten, die
nicht Rache üben wollten (de Zqyas (Die Deutschen Ver­
triebenen), S. 85).
Solschenizyn schrieb ein Gedicht über seinen Auf­
enthalt im ostpreußischen Neidenburg, das noch heu­
te das Grauen jener Zeit plastisch vor Augen führt:

(. ..)
Noch kein Brand, doch wüst, geplündert.
Durch die Wand gedämpft - ein Stöhnen:
Lebend find ich noch die Mutter.
Waren 's viel auf der Matratze?
Kompanie? Ein Zug? Was macht es!
Tochter - Kind noch, gleich getötet.
Alles schlicht nach der Parole:
NICHTS VERGESSEN! NICHTS VERZEIH'N!
BLUT FÜR BLUT! Und Zahnfür Zahn.
116
Wer noch Jungfrau, wird Z!'m Weibe,
und die Weiber - Leichen bald.
Schon vernebelt, Augen blutig,
bittet: »Töte mich, Soldatf((
Ein venvaister Kindenvagen
ganz in FJischen, himmelblau -
drum ein Knäuel von Soldaten:
»Guck, der Säugling, auch ein Deutscher!
Wird malgroß, setz! auf den Helm;
war's nicht besser -gleich abknallen?
Hat die Führung doch befohlen:
Blutfar Blut.
(. . .)
Zwischendurch die Frau erschossen;
Teppich rot mit Blut bespritz!,
und den kranken Mann im Bette
gleich in einem auskuriert (. . .)

(Quelle: Alexander Solschenizyn: »Ostpreußische Nächte<<, Nemvied


1976, zjt. nach &öl, S. 1445, 146 und: A!fred M. de Zt!Jas: »Die
deutschen Vertriebenen - Keine Täter, sondern Opfer - Hintergründe, Tat­
sachen, Folgen«, Graz 2006, S. 83, 84).

In einem »Memorandum über das Verhalten der


Roten Armee auf deutschem Gebiet« vom 22. Febru­
ar 1945, hieß es unter anderem:
»Dem Einbruch der Roten Armee auf Reichsgebiet
war eine systematische Hetze durch die politischen
Abteilungen der Truppe vorausgegangen. Der Truppe
wurde durch Armee- und Frontzeitungen, bei politi-
1 17
sehen Versammlungen und Vorträgen gesagt, dass sie
in Deutschland gegenüber der Bevölkerung freie
Hand hätten ( ... ) Als Folge dieser systematischen Het­
ze scheinen die Ausschreitungen einer Reihe von
Truppenteilen und Verbänden einen derartigen Um­
fang angenommen zu haben, dass die Disziplin ge­
fährdet wurde und die Truppe der Führung entglitt.
Aus diesem Grunde sieht sich die sowjetische Füh­
rung offenbar gezwungen, zurzeit den gröbsten Über­
griffen Einhalt zu gebieten ( ... )«
Vergewaltigungen wurden fast regelmäßig unter
Alkohol-Einfluss verübt. »Geschändet werden Mäd­
chen und Frauen jeden Alters (von 13 bis 68 Jahren),
von bis zu 24 Offizieren und Rotarmisten nacheinan­
der, meist unter Waffenandrohung. Vielfach erfolgt
nach Massenschändung Ermordung. Durch erbeutete
Tagebücher (nebst Augenzeugenberichten/ d. A.) und
Feldpostbriefe werden Einzelheiten dieses bestiali­
schen Vorgehens bestätigt.«
In solchen Feldbriefen hieß es unter anderem:
»Von den Deutschen sind nur Greise und Kinder da,
junge Frauen sehr wenige. Doch werden auch diese
totgeschlagen.« Oder: »Wir befinden uns weit in Ost­
preußen, wo wir die Preußen ausräuchern, so dass die
Federn nur so fliegen. Unsere Jungens haben bereits
alle deutschen Frauen ausprobiert.«
(Quelle: zitiert nach: A!fred M. de Z�as: »Die deutschen Vertnebenen
- Keine Täter, sondern Opfer - Hintergründe, Tatsachen, Folgen«, Graz
2006, S. 78-82).

118
Ein anderer Augenzeuge aus einer prominenten
schlesischen Familie berichtete über das Grauen in
einem sudetendeutschen Dorf: »Was wir dort vorfan­
den, ist mit Worten nicht zu beschreiben. Häuser
voller Toter, erhängte Männer, missbrauchte Frauen,
die halb wahnsinnig durch die Straßen liefen, Kinder
mit aufgeschlitzten Bäuchen.«
(Q_uelle: Frederick Tt!Jlor: »Zwischen Krieg und Frieden - Die Beset­
Zflng und Entnazjfterung Deutschlands 1944 - 1946 «, Berlin 20 11, S.
9 1).
Sexuelle Gewalt kamen natürlich auf beiden Seiten,
also auch auf der deutschen vor, allerdings mit Ein­
schränkungen, wie der britische Schriftsteller, Journa­
list und Historiker Frederick Taylor erklärte: »Obwohl
Vergewaltigungen durch deutsche Soldaten bei wei­
tem nicht so systematisch erfolgten (das NS-Regime
missbilligte aus rassischen Gründen sexuelle Kontakte
mit russischen Frauen), waren sie durchaus vorge­
kommen - ebenso wie die geringfügig ,respektablere'
Variante der sexuellen Ausbeutung.«
Und weiter hinsichtlich des Vormarsches der Roten
Armee Anfang 1 945, das zu einem »verhängnisvollen
Schreckensereignis« wurde: »Massenvergewaltigungen,
Morde und Zerstörungen nahmen in den deutschen
Ostprovinzen in den ersten Monaten des Jahres 1945
ein wahrhaft entsetzliches Ausmaß an. In dem Au­
genblick, als die Rote Armee deutschen Boden betrat,
wurde klar, dass alles, ob lebendig oder nicht, als
Freiwild beziehungsweise Beute betrachtet wurde.«
Weiter: ȟberall in dem Gebiet, das jetzt rasch der
119
Roten Armee in die Hände fiel, wurden Frauen ver­
gewaltigt und ermordet, Häuser und Wohnungen
geplündert und zerstört (...)«
In den letzten Kriegs- und den ersten Friedensmo­
naten schätzt Taylor, dass insgesamt 1 ,9 Millionen
deutsche Frauen alleine von sowjetischen Soldaten
geschändet wurden. Im Frühjahr 1 945 stieg die Zahl
der Vergewaltigungen vorübergehend sogar an. Es
gab natürlich auch Beispiele von Russen, die sich
freundlich oder korrekt verhielten.
(Quelle: Frederick Tqylor: »Zwischen Krieg und Frieden - Die Beset­
Zflng und Entnazjftemng Deutschlands 1944 - 1946«, Berlin 20 1 1, S.
93.ff.).

120
11. Verschwiegen: Schon »vor« und »während«
des Zweiten Weltkriegs wurden Massenvertrei­
bung der Deutschen und Gebietsabtretungen
geplant! - Ein historischer Überblick

Die Planung der Massenvertreibungen der


Deutschen vor und während des Zweiten Welt­
kriegs wird bis heute verschwiegen!
Die Fakten zeigen aut; dass dieses Verbrechen
nicht nach Ende des Zweiten Weltkriegs von den
Alliierten konzipiert wurde!
Ein Tabubruch!

Das Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlin­


ge und Kriegsgeschädigte in Bonn gab 1 959 eine
»Zeittafel der Vorgeschichte und des Ablaufs der Ver­
treibung...« heraus.
Nachfolgend präsentiere ich eine verkürzte Chro­
nik daraus, mit den wesentlichen Fakten aus denen
hervorgeht, dass bereits vor beziehungsweise während -
und nicht erst nach Ende - des Zweiten Weltkriegs
Ansprüche auf deutsche Gebiete erhoben und Mas­
senvertreibungen geplant wurden!

- Im Dezember 1 938 erörterten der tschechoslowa­


kische Staatspräsident Eduard Benesch (auch Edvard
Benes geschrieben) und der spätere Minister Hubert

121
Ripka die Ausweisung der Sudetendeutschen nach
einem »erwarteten erfolgreich verlaufenden Krieg«.

- 19. November 1939: Der exilpolnische Minister­


präsident, General Wladyslaw Eugeniusz Sikorski
verkündete bei einer Pressekonferenz in London:
»Großbritannien und Frankreich stimmen zu, dass
Polen in erster Linie eine längere Meeresküste, als sie
ihm im Versailler Vertrag zugestanden worden sei,
benötige.«

- 15. August 1941: Beginn der Deportationen der


Wolga-Deutschen nach Sibirien und Zentral-Asien
sowie die Auflösung der Republik der Wolga­
Deutschen in der Sowjetunion.

- 24. September 1941: Der exilpolnische Außenmi­


nister Edward Raczynski erklärte bereits rund vier
Jahre vor Ende des Zweiten Weltkriegs: »Die künfti­
gen Grenzen Polens sollen Polens Lebensinteresse
nach einem breiten Zugang zur See, genügend ge­
schützt vor fremder Einwirkung, und ferner eine wirt­
schaftliche Entfaltung in einem der Zahl seiner Be­
völkerung entsprechenden Verhältnis sichern.«

- September 1941: Eduard Benesch forderte erneut


die Ausweisung der Sudetendeutschen.

1 22
- 16. Dezember 1941: Schon um diese Zeit verlang­
ten der sowjetische Diktator Josef Stalin und sein
Außenminister Wjatscheslaw Michailowitsch Molo­
tow vom britischen Außenminister Robert Anthony
Eden in Moskau die »Abtretung Ostpreußens« an
Polen.

- September 1942: Die britische Regierung teilte der


tschechoslowakischen Exilregierung in London mit,
dass sie im Prinzip nichts gegen eine Ausweisung der
Sudentendeutschen einzuwenden hätte.

- 14. März 1943: Der US-amerikanische Präsident


Franklin Delano Roosevelt erörterte mit dem briti­
schen Außenminister Eden in Washington die Über­
lassung Ostpreußens an Polen sowie die Ausweisung
der Deutschen aus diesem Gebiet.

- 12. Mai 1943: Roosevelt erteilte Benesch grünes


Llcht zur geplanten Ausweisung der Sudetendeut­
schen, sprach sich ebenfalls für jene aus Ostpreußen
und aus Siebenbürgen aus.

- 6. Juni 1943: Der russische Botschafter Alexander


Jefremowitsch Bogomolow erklärte sich mit der Aus­
weisung der Sudetendeutschen einverstanden.

- 28. November bis 1. Dezember 1943: Bei der


Konferenz von Teheran erörterten Roosevelt,
123
Churchill und Stalin unter anderem die »neuen« polni­
schen Grenzen. Dabei schlug der britische Regie­
rungschef Winston Leonard Spencer Churchill die
Oder-Linie als polnische Westgrenze und die Abtre­
tung ganz Oberschlesiens an Polen vor. Dabei war
von der westlichen und östlichen Neiße nicht die Re­
de. Roosevelt und Churchill stimmten Stalins Forde­
rung nach dem Gebiet von Königsberg zu. Dieser
wiederum erklärte sich im Gegenzug mit dem »Polen­
Vorschlag« einverstanden. Roosevelt regte einen »Be­
völkerungsaustausch« für die betroffenen Gebiete an.
Stalin hielt eine solche Durchführung für möglich.

- 22. Februar 1944: Churchill informierte das briti­


sche Unterhaus darüber, dass Polen im Norden und
Westen zu Lasten Deutschlands Kompensationen
erhalten würde. Ebenso, dass auf Deutschland keine
Anwendung der Atlantik-Charta fand. Deshalb wären
auch die »Gebietsübertragungen« und »Grenzberichti­
gungen« zu Lasten des Feindeslandes zulässig. Bei der
sogenannten »Atlantik-Charta« vereinbarten am 14.
August 1941 Roosevelt und Churchill: »Die unter­
zeichnenden Länder wünschen keine Gebietsverände­
rungen, die nicht mit den frei geäußerten Wünschen
der betroffenen Völker übereinstimmen.« Wie er­
wähnt, galt diese Klausel (Punkt 2 der Atlantik­
Charta) für Deutschland nicM

124
- August 1944: Die Rote Armee drang in Teilen
Ostpreußens ein.

- Oktober 1944: Volksdeutsche aus Nord­


Siebenbürgen und Ungarn wurden behördlich nach
Österreich und Schlesien evakuiert. Im selben Monat
begann die Flucht aus dem Memelland und aus Ost­
preußen nach Pommern.

- 21. November 1944: Beginn der Internierung der


Volksdeutschen und Liquidation ihres Besitzes in
Jugoslawien.

- 10. Dezember 1944: Der Präsident der Provisori­


schen französischen Regierung, Charles de Gaulle,
und sein Außenminister Georges Bidault beschlossen
mit den Russen in Moskau den sowjetisch­
französischen Freundschaftsvertrag. Gleichzeitig ka­
men sie überein, das linke Rheinufer an Frankreich,
Ostpreußen, Pommern und Schlesien an Polen fallen
zu lassen.

- 15. Dezember 1944: Vor dem britischen Unter­


haus billigte Churchill eine Ausweitung Polens nach
Westen mit zweihundert Meilen Ostseeküste sowie
die totale Austreibung der Deutschen aus den an Po­
len fallenden Gebieten. Trotz starker Bedenken eini­
ger Abgeordneter gegen »Massenvertreibungen«.

125
- 17. Dezember 1944: Der zwischenzeitliche Chef
des polnischen Exilkabinetts in London, Tomasz Ste­
fan Arciszewski, verlangte von Churchill Ostpreußen,
Oberschlesien und Teile von Pommern für Polen.
Breslau und Stettin wünschte er nicht.

- Dezember 1944 bis Januar 1945: Volksdeutsche


aus Rumänien, Ungarn und Jugoslawien wurden in die
Sowjetunion verschleppt. Nach Unterlagen des Deut­
schen Roten Kreuzes wurden insgesamt 874.000
deutsche Zivilpersonen in die Sowjetunion deportiert.
45 Prozent der sogenannten »Reparationsverschlepp­
ten« starben (siehe de Zayas (Die deutschen Vertriebenen),
s. 174) .
- 3. bis 12. Februar 1945: Bei der Krirnkonferenz in
Jalta, an der Roosevelt, Stalin und Churchill teilnah­
men, wurde beschlossen, Polen durch »beträchtlichen
Gebietszuwachs« im Westen und Norden für Abtre­
tungen im Osten zu entschädigen. Die endgültige
Festlegung der polnischen Westgrenze wurde bis zur
Friedenskonferenz zurückgestellt. Ein Geheimproto­
koll sah unter anderem als Reparationen vor, Deut­
sche als »Arbeitskräfte« zu »verwenden«.

- 28. Februar 1945: Maßnahmen gegen die in Polen


zurückgebliebenen Deutschen und Volksdeutschen
begannen. Dazu gehörte beispielsweise die Unterbrin­
gung in Arbeitslagern sowie Vermögensentzug.
126
- Februar 1945 bis April 1945: Massenverschlep­
pungen von Deutschen aus den von der Roten Armee
besetzten Gebieten in die Sowjetunion.

(Q_uel/e: Wikimedia.rommons (Die Koeferenz der Großen Drei in Jalta macht


endgültige Pläne far die Niederlage Deutschlands. Hier sitzen die «Großen Drei«
Z}lsammen auf der Terrasse, Premierminister Winston S. Churchi/4 Präsident
Frank/in D. Roosevelt und Premierminister Josef Stalin. Februar 1945. (Armee)
Genaues Schussdatum unbekannt. NARA-DAIEINUMMER· 1 1 1-SC-
260486WAR & CONFUCT BOOK #: 750)
(https:/ /rommons.wikimedia.org/wiki/Fi/e:Yalta_Co,iference,_Circa_ 1945,_Co/
orizydjpg))

127
- Mai 1945 bis Juni 1945: Polnische Milizen er­
zwangen die behördlich angeordnete, »wilde« Auswei­
sung der Deutschen aus polnisch verwalteten Gebie­
ten östlich der Oder-Neiße-Linie.

- 14. Juni 1945: Beginn der Ausweisung der Sude­


tendeutschen auf Anweisung örtlicher tschechischer
Militärkommandanten.

- Ende Juni 1945: Plötzliche Ausweisung aller


Deutschen, die in einem Abstand von einhundert bis
zweihundert Kilometer östlich der Oder und der
westlichen Neiße lebten.

- 17. Juli bis 2. August 1945: Bei der Konferenz in


Potsdam wurde in der sogenannten »Potsdamer Er­
klärung« unter anderem festgelegt (Artikel XIII): »Die
drei Regierungen (Großbritannien, USA, Sowjetuni­
on/ d. A.) erkennen an, dass die Überführung der
deutschen Bevölkerung oder Bestandteile derselben,
die in Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn zu­
rückgeblieben sind, nach Deutschland durchgeführt
werden muss.«

- Oktober 1945 bis 1948: Austreibung der Deut­


schen aus Polen und aus den polnisch verwalteten
deutschen Provinzen jenseits der Oder-Neiße-Linie.
Einzeltransporte hielten sogar bis 1950 an.

128
- 2. Jnni 1946: Papst Pius XII. (Eugenio Maria Giu­
seppe Giovanni Pacelli) forderte bei einer Ansprache
zur Not der Kriegsgefangenen und Vertriebenen
»Schluss mit dem System der Gefängnisse und Kon­
zentrationslager«.

- 24. März 1948: Erst jetzt wurden die Konzentra­


tionslager für Deutsche in Jugoslawien aufgehoben.

(Quelle: »Zeittafel der Vorgeschichte und des Ablaefs der


Vertreibung... <( Vom Bundesministerium für Vertriebene,
Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, Bonn 1959, zitiert nach:
Heinz Nawratil: »Schwarz.buch der Vertreibung 1945 bis
1948 - Das letz.te Kapitel unbewältigter Vergangenheit<(, Wien
2013, S. 23-27).

Auch wenn ich mich wiederhole: Wie diese Chro­


nik aufschlussreich aufzeigt, wurde die Vertreibung
und die Gebietsverteilungen der Deutschen bereits vor
und während des Zweiten Weltkriegs diskutiert bezie­
hungsweise beschlossen! Diese Fakten fehlen jedoch
in der herkömmlichen Geschichtsschreibung!

129
12. Vergessen: 20 Millionen deutsche Vertrei­
bungsopfer und 3 Millionen Flüchtlingstote!

Um die Zahl der tatsächlich vertriebenen


Deutschen und die Todesopfer wird heftig ge­
stritten!
Historiker, die dem Mainstream nicht folgen,
werden als »Ewiggestrige« verunglimpft!
Doch wie sehen die Fakten wirklich aus?

Der britische Historiker Keith Lowe erklärt: »In


den Jahren nach dem Krieg wurden die Bemühungen
des (einstigen/ d. A.) NS-Regimes fortgesetzt, die ver­
schiedenen ethnischen Gruppen zu kategorisieren
und voneinander zu trennen. In den Jahren 1945 bis
1947 wurden mehrere Millionen Menschen aus ihren
Heimatländern vertrieben. Diese ethnischen Säube­
rungen zählen zu den größten der Geschichte. Dar­
über sprechen die Bewunderer des ,europäischen
Wunders' nur selten, was vor allem daran liegt, dass
die wenigsten von ihnen verstehen, was damals wirk­
lich geschah.«
Und: »Aber kein Exodus einer ethnischen Gruppe
war so dramatisch wie jener von mehreren Millionen
Deutschen, die im Jahr 1945 vor der anrückenden
Roten Armee aus Ostpreußen, Schlesien und Pom­
mern flüchteten und leere Landstriche und Geister­
städte hinterließen.« Tausende wurden wie »Vieh« in
130
den Grenzgebieten hin- und hergetrieben, da niemand
bereit war, sie aufzunehmen.
(Quelle: Keith Lowe: »Der wi/,de Kontinent - Europa in den
Jahren der Anarchie 1943- 1950«, Stuttgart 2014, S. 14, 41,
295).
Tatsächlich wurde noch nie eine so große Zahl von
Menschen aus ihrer Heimat vertrieben. Die Vertrei­
bung der Deutschen stellt somit wohl die größte
Volksvertreibung der Weltgeschichte dar!

Nachfolgend eine Auflistung der deutschen Bevöl­


kerung in den deutschen Ostgebieten sowie in den
deutschen Siedlungsgebieten in Mittel-, Ost- Südost­
europa zu Beginn des Zweiten Weltkriegs:

131
111deft detltldNllf Osfptlettn lOllwfe
■ ctan
,O!lt- und � zu ........ ..


--
Deutsche� ,smt
OStprw,M 2 473000
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SddlSll!n 4 578 000
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�..­ Alt-lumlnilft

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BatKhlla lllld
Syrnlllll

(Quelk Smenshots/Bildz!tate: Andrfas Kosserl: »Kalte Heimat - Die Ge­


schichte der deutschen Vertriebenen nach 1945«, München 20()9, S. 22, 23 (nach:
Gerhard R.eichling: »Die deutschen Vertriebenen in Zahkn - Teil I: Umsiedkr,
Verschleppte, Vertriebene, Aussiedkr 1940-1985((, Bonn 1995, S. 17)

1 33
Offiziell heißt es, dass etwa 14 Millionen Deutsche
aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Doch diese Zah­
len sind mit äußerster Vorsicht zu betrachten. Manche
Statistiken sprechen von über 16,5 Millionen Deut­
sche, die in und aus Ostdeutschland, Ost- und Südeu­
ropa (ohne die Sowjetunion in den Grenzen von
1937) vertrieben oder deportiert wurden. Davon sol­
len für das Reichsgebiet von 1937 9,29 Millionen
Menschen entfallen, auf Danzig, Memel, Sudetenland
und die anderen Regionen rund 7,25 Millionen. Eine
Schätzung des Schweizerischen Roten Kreuzes
spricht gar von insgesamt 18,1 Millionen Vertriebe­
nen.
Bei diesen Zahlen handelt es sich um die alteinge­
sessenen Bewohner der vorgenannten Gebiete, ver­
mindert um die Kriegsverluste (gefallene Soldaten,
Bombenopfer etc.). Dabei fehlen die nach 1939 Zu­
gezogenen (z.B. Böhmen und Mähren rund 400.000
Reichsdeutsche, Sudetenland über 200.000 und Dan­
zig und den polnisch besetzten Gebieten 460.000 bis
590.000, insgesamt rund 1 bis 1,5 Millionen) und
Luftkriegsevakuierten (über eine Million) sowie die
Russlanddeutschen (1,5 bis zwei Millionen). Hinzu
kommen noch etwa 1 bis 1,5 Millionen Reichsdeut­
sche, die für zahlreiche Industriebetriebe, die nach
Osten verlegt wurden, in Wirtschaft und Verwaltung
der Vertreibungsgebiete arbeiteten (inklusive Fami­
lienangehörige). So kommt man auf rund 20 Millio-
1 34
nen deutsche Aufenthaltsbevölkerung in den Vertrei­
bungs- und Deportationsgebieten gegen Ende des
Zweiten Weltkriegs! Andere Historiker wiederum
bestritten diese Zahl.
Über zwei Millionen Vertriebene starben.
Das Statistische Bundesamt kam zu folgender
»Sterbestatistik« (nachdem alle Kriegsverluste (gefalle­
ne Soldaten, Bombenkriegsopfer etc.) aus den Bevöl­
kerungsbilanzen eliminiert wurden, um die eigentli­
chen Vertreibungstoten (Vertreibungsverluste) zu
ermitteln:

Die dt'Ut hen Vertrcibungsvcrlusie


(ohne die Verluste d11r Ruß4oddeut>chcn nd
Jlcvollmung; alle Zahlen abgerundet} u de• iu�

ln ibsolutcn In PMUntJ..
Zahlen �) �
Osq,reulkn 299000 14
Onpommem lMOOO
Ostbrandenburg 207000 l&
S.:hle icn 466000 10
Danzig 83000 20
Balti3che Staaten
drischl, Mcmdland 5t 000 21
Tschechoslowakei
ciiucbl. Sudentenland 272000 tM
Polen 185000 J4
Ungarn 57000 IS
Jugoslawien 1mm U'
12
Ru - · 101 000

(Q_uel/e Smenshot/Bildzjtat: Heinz NawratiL· ))Schwarz.buch der Vertreibung


1945 bis 1948 - Das letz!e Kapitel unbewältigter Vergangenheit«, Wien 2013, S
73)

1 35
Dieser Statistik nach kommt man auf eine Summe
der Todesopfer unter den Vertriebenen von 2,23 Mil­
lionen Menschen!
Allerdings stellen auch diese eine Mindestzahl dar.
So sind beispielsweise die Opfer der Massenerschie­
ßungen durch slowakische Partisanen und jene des
Prager Pogroms nicht darin enthalten. Ebenso wenig
die Verluste der verschleppten Russlanddeutschen, die
auf rund 350.000 (oder mehr) geschätzt werden (ins­
gesamt wurden rund 900.000 Russlanddeutsche in
den asiatischen Teil der Sowjetunion während des
Krieges verschleppt). Auch die Zivilverluste bei Erd­
kämpfen in Ostpreußen und Brandenburg konnten
nicht herausgelöst werden.
Insgesamt ergibt sich so also eine Zahl von Ver­
treibungs- und Deportationsverluste der deutschen
Zivilbevölkerung im Osten von rund 2,8 Millionen
Menschen. Manche seriösen Schätzungen gehen von
3 Millionen und »mehr« aus (z.B. »Gemeinsame... Histo­
rikerkommission: Konfliktgemeinschcift, Katastrophe, Ent­
spannung<(, München 1996, S. 69 (siehe Nawrati4 S. 76).
Rechnet man nun noch die direkten und indirekten
Hungeropfer (z.B. erhöhte Säuglingssterblichkeit,
hungerbedingte Krankheiten etc.) in den späteren vier
Besatzungszonen Deutschlands von schätzungsweise
zwei Millionen (der kanadische Journalist James Bac­
que kommt sogar auf über 5 Millionen (Quelle: James
Bacque: ))Verschwiegene Schuld - Die alliierte Besatzfingspolitik in
Deutschland nach 1945<< (Vorwort von Alfred de Zl!Jas), Selen! 2002, S.
10, 1 1) hinzu, so ergibt dies eine unfassbare Zahl von 6
1 36
bis 10 Millionen deutscher Zivilopfer alleine durch
Vertreibung und Hunger!
Der damalige Präsident des Parlamentarischen Ra­
tes und spätere erste Bundeskanzler der Bundesre­
publik Deutschland, Konrad Adenauer, beklagte am
22. März 1949 in seiner Rede vor der Interparlamen­
tarischen Union in Bern die katastrophale Ernäh­
rungslage in Deutschland. Die Kindersterblichkeit
alleine in Berlin betrug 13,5 Prozent (zum Vergleich:
in New York gerade mal 1 Prozent!). Die Zahl der
Tuberkulosekranken stieg von 1938 um das Zweiein­
halbfache.
Zu den Nachkriegsverlusten zählen außer den oben
genannten noch rund 1,67 Millionen Kriegsgefangene.
Übrigens: Die Militärverluste durch Kampfhand­
lungen betrugen etwa 4 Millionen (die Schätzungen
liegen bei 3 bis 5 Millionen).
(Quelle: Heinz NawratiL· »Schwarz.buch der Vertreibung 1945 bis
1948 - Das letz!e Kapitel unbewältigter Ve,gangenheit«, Wien 20 13, S.
71.ff., 220ff. (siehe dort die angegebenen Quellen).

Anmerkung: Der Historiker und Publizist Heinz


Nawratil, der aufgrund der oben genannten Fakten
von zirka 20 Millionen deutschen Vertreibungsopfern
und etwa 3 Millionen Flüchtlingstoten ausgeht, wurde
»politisch korrekt« von anderen Historikern in die
»Nazi-Ecke« gestellt, sprich als »Nahtstelle zum
rechtsradikalen Milieu« bezeichnet. Sein Interesse an
der Vertreibung sei nur sekundär und gelte stattdessen
der »Rehabilitierung des nationalsozialistischen Kapi-
t37
tels der deutschen Geschichte« (siehe beispielsweise
Eva Hahn/Hans Henning Hahn: ))Die Vertreibung im
deutschen Erinnern - Legenden, Mythos, Geschichte«, Pader­
born 2010, S. 608).
Sobald die Sprache auf die Millionen von deutschen
Vertreibungsopfem kommt, wird sofort die »Nazi­
Keule« ausgepackt, als hätte es dieses Massenverbre­
chen so gar nicht gegeben.
An dieser Stelle sei erwähnt: Die Behandlung dieses
unfassbaren deutschen Traumas in diesem Buch hat
nichts mit »Aufrechnung«, »Revanchismus« oder »Re­
visionismus« zu tun! Doch ohnehin als Nachgebore­
ner von Vertriebenen wird ein Journalist noch über
diese Thematik im Sinne der grundgesetzlich garan­
tierten Meinungsfreiheit reden und schreiben dürfen -
nein, müssen!

1 38
13. Verdrängt: Flucht und Internierung - Das
grausame Los deutscher Vertriebener

Die Flucht der Deutschen aus dem Osten war


mit unfässbarem Leid und Grauen verbunden!
Selbst in den Flüchtlingslagem!
Bis heute verschließt die Politik davor
die Augen!

Am 1 2. Januar 1 945 begann die Großoffensive der


Sowjets gegen das Deutsche Reich. Der russische
Diktator Josef Stalin zog dazu die größte Streitmacht
in der Militärgeschichte zusammen. Die beiden
Hauptarmeen der Marschälle Georgi Konstantino­
witsch Schukow und Iwan Stepanowitsch Konew
umfassten 2,2 Millionen Soldaten, 6.000 Panzer,
knapp 5.000 Flugzeuge.
Fast überall aus dem Osten flohen Millionen Deut­
sche vor dieser »Roten Walze« nach Westen, darunter
auch die ehemaligen Bombenevakuierten (was oftmals
vergessen wird). Mitunter besaßen sie nur einen
Handkarren mit ihrem wenigen Hab und Gut. Wenn
sie Glück hatten, vielleicht sogar einen Pferdewagen.
Bei den Flüchtlingstransporten, die überwiegend
aus Frauen, Kindern und Greisen bestanden, herrsch­
ten unfassbare und unmenschliche Bedingungen. So
berichtete etwa Der Spiegel am 25. Januar 1 947 über
den Transport 514. Im Mittelpunkt standen die aus
139
Breslau vertriebenen Mediziner Dr. Probst (ehemali­
ger Chefarzt der Universitätsfrauenklinik Breslau) und
Dr. Loch (Chefarzt des Breslauer St. Joseph­
Krankenhauses). Beide versuchten während des
Flüchtlingstransports den Menschen zu helfen.
Der Spiegel: »Es gab Erfrierungen ersten, zweiten
und dritten Grades. Am dritten Tag zählte man schon
sechs Tote. Zwischendurch gab es drei Entbindungen
und zwei Fehlgeburten. Eine Frau mit Fehlgeburt war
am Waggonboden festgefroren. Dr. Loch taute sie mit
Hilfe eines Spirituskochers ab. Während dieser Hilfe­
leistung wurde Dr. Loch selbst Patient. Ihm erfroren
beide Füße. Seine Frau verstarb an den Folgen des
Transports.«
(Q_uelle: zitiert nach: Andreas Kossert: »Kalte Heimat - Die Geschichte
der de11tschet1 Vertriebenen nach 1945<(, München 2009, S. 51).
Ein anderer Zeuge, Oberstleutnant William Byford­
Jones, berichtete über einen Flüchtlingszug, der im
Sommer 1945 aus dem Osten in Berlin ankam:
»Der Zug bestand teils aus Vieh-, teils aus Güter­
waggons, die alle so überladen waren, dass die Men­
schen auf den Dächern lagen, sich außen an die Wän­
de klammerten oder auf den Prellböcken saßen. Kin­
der waren mit Seilen an Lüftungsgebläsen, Heizungs­
rohren und Eisenbeschlägen festgebunden.«
(Q_uelle: William Byfard-Jones: J>Berlin Twilight", London, 1947, S.
50, zjt. nach: Lowe, S. 299).
Der US-Amerikaner Robert Murphy, leitender Be­
rater für Deutschland und Mitarbeiter des Office of
Military Government far Germa,ry (U.S. ) (OMGUS (Amt
140
der Militämgierung für Deutschland (Vereinigte Staaten),
erklärte seinem Außenministerium angesichts der
Elendstransporte: »Man fühlt sich an andere Massen­
deportationen in der jüngeren Vergangenheit erinnert,
die in aller Welt Entsetzen auslösten. Die von den
Nationalsozialisten organisierten Massendeportatio­
nen machten es zu einer moralischen Pflicht, gegen
Deutschland in den Krieg zu ziehen und machten
unseren Kampf zu einer gerechten Sache (... ) Es wäre
sehr bedauerlich, sollte sich herausstellen, dass wir an
etwas beteiligt sind, das wir in anderen Fällen oft ver­
urteilt haben.«
(Quelle: Keith Lowe: ))Der wilde Kontinent - Europa in den Jahren der
Anarchie 1943-1950«, Stuttgart 2014, S. 300).
Der britische Historiker Keith Lowe meint dazu:
»Die meisten Tragödien geschahen, weil die Polen
und Tschechen nicht bereit waren, mit der Vertrei­
bung zu warten, bis die Bedingungen besser waren.
Sie wollten sich ihrer deutschen Minderheiten so
schnell wie möglich entledigen und kümmerten sich
nicht um die Konsequenzen ihrer Maßnahmen. Die
Folge war, dass eine nicht bekannte Zahl deutscher
Flüchtlinge - fest steht, es waren viele, viele Tausend -
einen unnötigen Tod unter furchtbarsten Bedingun­
gen fand« (Lt;we, S. 301).
Vor allem Polen und Tschechoslowaken versuch­
ten sämtliche Spuren der Existenz der Deutschen,
von der Substanz der »Germanisierung« zu verwi­
schen, Schilder und Denkmäler zu entfernen.

141
Das, was der renommierte britische Historiker
Keith Lowe nachfolgend diesbezüglich erklärt, wäre
von einem deutschen Forscher undenkbar! Aber lesen
Sie selbst.
Lowe: »In den Schulen durfte die deutsche Ge­
schichte von Gebieten wie dem Sudetenland oder
Schlesien nicht mehr unterrichtet werden. Stattdessen
versuchte man die Deutschen als Invasoren in diesen
Ländern darzustellen und behauptete, diese Gebiete
seien stets polnisch oder tschechisch gewesen« (Lowe,
S. 304).
Bereits Mitte/Ende Januar 1945 war auch Ostpreu­
ßen abgeschnitten. Der einzige offene Weg war jener
über das zugefrorene »Frische Haff«, ein nur wenige
Meter tiefes Gewässer. Dieses war durch die »Frische
Nehrung<< (ein schmaler, bewaldeter Landstreifen,
etwa 24 Kilometer lang) von der Ostsee getrennt.
Lediglich eine schmale Straße führte auf der Nehrung
zur Danziger Bucht �estpreußen). Dort sammelten
sich bereits Hunderttausende Flüchtlinge aus dem
Hinterland, die auf einen Schiffstransport in den Wes­
ten hofften.

142
,, Reichsgau"
Danzig-Westpreußen
August 1943

Pommern

Karte des ))Reichsga11s Danzjg-Westpreussen<<, 1943


(Quelle Bildzjtat: kgberger/
https:/ / de.wikipedia.org/ wiki/Landkreis_Danzjg#/ media/File:Danzjg­
Westpreussen.png)

Ich selbst bin von der Vertreibungs-Thematik be­


troffen. Denn meine Familie väterlicherseits gehörte
ebenfalls zu diesen Vertriebenen. Sie lebte im west­
preußischen Danzig (Stadtteil Schidlitz), bevor sie
1 945 vor der Roten Armee floh. In der Stadt also, aus
der auch der inzwischen verstorbene und umstrittene
Literaturnobelpreisträger Günter Grass stammte.

143
Astrid von Friesen beschrieb in Der lange Abschied
wohl am besten die psychischen Spätfolgen in der
zweiten Generation deutscher Vertriebener, die eine
gespaltene Kindheit durchlebte, zu der auch ich als
Nachgeborener von solchen (väterlicherseits) gehöre:
»Einerseits die Erzählungen und Mythen vom Zuhau­
se der Eltern, dieser Fata Morgana, zusammengesetzt
aus elterlichen Kindheitsidealisierungen, aus Sehn­
sucht, Überhöhung und Unerreichbarkeit, anderer­
seits das Leben in Armut, kleinen Wohnungen, der
Trennung vom Familienclan, der in alle Himmelsrich­
tungen verstreut war, also mit der Schizophrenie zwi­
schen früher und heute.«
(Q_uelle: Astrid von Fn·esen: »Der lange Abschied - Psychische Späifol­
gen.ftir die 2. Generation deutscher Vertriebener«, Gießen 2006, S. 13).
Bei ihrer Flucht aus Danzig kam die Hälfte meiner
Verwandtschaft durch die anrückende Rote Armee
ums Leben. Meine Nichten mussten unter Waffenge­
walt mitansehen, wie ihre Mutter (meine Tante) von
Russen mehrmals hintereinander vergewaltigt wurde.
Und das in der Marienkirche, wo sie kurz Unter­
schlupf gefunden hatten. Nicht viel später wurden sie
selbst geschändet.
Ein anderer Augenzeuge berichtete von den Mas­
senvergewaltigungen der Russen, als sie in Danzig
eingefallen waren: »In Rotten von fünf bis zehn Mann
kamen jetzt die Soldaten, um zu plündern und zu
schänden. Nun ging es nur ,Uri, Uri' und ,Frau,
komm'«. Und weiter: »Eine junge Frau mit drei klei­
nen Kindern wollte noch schnell im Keller nebenbei
144
verschwinden, als die Horde sie überwältigte. Drei
Kinder riefen: ,Mutti, Muttilein!' Da nahm der eine
Russe die Kinder und schlug sie an die Mauer. Das
Knirschen vergesse ich mein Leben lang nicht. Dann
nahm er sich als Nächstes die Frau vor. Sie kroch
nachher in die Mottlau (Fluss/ d. A.), denn gehen,
aufrecht halten konnte sie sich nicht mehr (... )«
(Zitiert nach: Klaus "Rainer RöhL· »Verbotene Trauer - Ende des deut­
schen Tabus«, München, 2002, S. 165, 166).
Durch solche (ähnlichen) Schandtaten an meiner
Familie verpassten unter anderem meine Großmutter,
samt ihren drei Söhnen - darunter auch mein sieben­
jähriger Vater - das Kreuzfahrt- und Lazarett­
schiff »Wilhelm Gustloff«. Dieses wurde zur Evaku­
ierung der Einwohner aus dem zerbombten Danzig
eingesetzt.
Hätten Sie dieses Schiff erreicht, würde es mich
heute nicht geben, weil die »Gustloff« kurze Zeit
später, am 30. Januar 1945, vor der Küste Pommerns
durch drei Torpedos des sowjetischen U-Boots S-
13 unter Kapitän Alexander Iwanowitsch Marinesko
innerhalb von fünfzig Minuten versenkt wurde.
Das Hospitalschiff war mit rund 10.000 Passagieren
(eigentlich ausgelegt für 1.500) hoffnungslos überbe­
legt. Die meisten von ihnen waren Vertriebene. Bei
der Versenkung kamen mehr als 9.000 Menschen
(wahrscheinlich die Hälfte davon Kinder (Riihl, S. 160)
ums Leben. Die Wassertemperatur betrug 2 Grad
Celsius. Nur 1.239 Menschen wurden gerettet.

145
Diese Katastrophe ist noch immer der verlust­
reichste Untergang eines einzelnen Schiffs in der Ge­
schichte der Seefahrt.
(Quellen u. a. : Heinz Schön: »Der Untergang der , Wilhelm Gustlojf -
Tatsachenbericht eines Überlebenden«, Göttingen 1952/Heinz Schön:
»SOS Wilhelm Gustloff - Die größte Schiffskatastrophe der Geschichte<<,
Stuttgart 1998/Klaus Rainer Roh/: »Verbotene Trauer - Ende des deut­
schen Tab us«, München, 2002, S. 156-166/Christopher Dobson/John
Mil/er/ Ronald Pqyne: »Die Versenk ung der Wilhelm Gustloffi<, Berlin
1995/Armin Fuhrer: »Die Todesfahrt der Gustloffi<, München 2007).

..:,...,,,. ...
,
.........,,_,, .. tll-ltnw

(Quelle: Wikimedia.commons (Lazarettschiff JJWilhelm Gustloff« bringt ver­


wundete Narvik-Kämpfer nach der Heimat »Wilhelm Gustloff« läuft in den Hefen
ein. PK - Augst 5977 - 40, Juli 1940 (Bundesarchiv, Bild 183-L12207 /
Augst / CC-BY-SA 3.0)
(https:/ / commons.wikimedia.org/ wiki/File:Bundesarrhiv_Bild_ t83-
Lt2207,_Lazarettschiff_%22Wilhelm_Gustlo.fl%22jp/!))

1 46
Eine Woche später beging die S- 13 das nächste
Kriegsverbrechen: Mit zwei Torpedos versenkte das
sowjetische U-Boot die aus dem Königsberger Hafen
Pillau kommende »General von Steuben« mit zwi­
schen 6.000 und 7.000 Flüchtlingen und 2.500
Schwerverwundeten an Bord. Nur 600 von ihnen
wurden gerettet. Andere (wie etwa de Zt:[JaS (S. 1 18)
sprechen von gerade Mal 183 überlebenden.
An dieser Stelle sei ebenfalls der Angriff auf das
damals drittgrößte deutsche Ostseebad Swinemünde
erwähnt. Das Gebiet erstreckte sich auf den östlichen
Teil der Insel Usedom sowie die Inseln Wollin und
Kaseburg am Stettiner Haff und der Südküste der
Ostsee. Swinemünde war der Vorhafen der Metropole
Stettin.
Am 12. März 1945 griff dort die 8. amerikanische
Luftwaffe mit 700 Bombern an. Zu dieser Zeit anker­
te eine Unzahl kleinerer und größerer Schiffe mit
Flüchtlingen vor der Reede, weil sie in dem völlig
überfüllten Hafen keinen Platz mehr fanden. Der
Badeort selbst war mit 30.000 Flüchtlingen vollkom­
men überlaufen. 40.000 weitere zogen auf die Stadt
zu.
Bei dem Angriff wurden sieben Flüchtlingsschiffe
versenkt und Swinemünde in Schutt und Asche ge­
legt. Jagdflugzeuge feuerten direkt in die Kolonnen
der Vertriebenen hinein, die fast ausschließlich aus
Frauen und Kindern bestanden. 22.000 Flüchtlinge
kamen bei diesem Massaker ums Leben!
147
Auch hier kam es im Nachhinein zum beklagens­
werten Streit um die Opfer, weil manche Historiker
die Zahl auf 3.000 bis 4.000 Toten herunterschraub­
ten (siehe dazu etwa: &!f Dieter Müller: »Der Bomben­
krieg 1939- 1945((, Links Verlag, 2004, S. 224).
Anmerkung: Insgesamt evakuierte die deutsche
Kriegsmarine rund drei Millionen Vertriebene in den
Westen.
Doch zurück zu meiner Familie: Meine Oma und
ihre Kinder also warteten am Danziger Hafen auf das
nächste Schiff. Ein Greis kam zur Großmutter und
ihrem Nachwuchs. Er sagte, wenn sie ihm ein paar
Reichsmark geben würde, könnte er ihr sagen, wann
das nächste Schiff kommt. Sie gab ihm fast das letzte
Geld. Neben ihr stand ein dreijähriges Mädchen, ein­
sam und verlassen. Sie nahm es zu ihren Söhnen hin­
zu. Doch dann fiel der nächste Bombenhagel, das
Mädchen wurde getötet.
Meine Familie floh daraufhin mit einem Treck aus
dem zerbombten Danzig über das zugefrorene Haff.

148
(Q_uelle: Wikimedia.commons (Deutsche Zivilisten im Februar 1945 in Danzig
und Umgebung; aef der Flucht vor der herannahenden Roten A=ee haben sie ihre
Heimat verlassen. 20./21. Februar 1945 (Bundesarchiv, Bild 146-1996-030-
01A / Hiiber, Bri§tte / CC-BY-SA 3.0
) https:/ /commons.wikimedia.ory wiki/File:Bundesarchiv_Bild_146- 1996 -
030-0 1A,_Danzjg,_Ff'loC3%BCchtlingstreck.jpg))

149
(Q_uel/e: Wikimedia.commons (II. Weltkrieg 1939-45 Deutsche Zivilisten im
Februar 1945 in Danzjg und Umgebung; auf der Flucht vor der herannahenden
Roten Armee haben Sie ihre Heimat verlassen. [20.-21. Februar
1945)(Bundesarchiv, Bild 146- 1996.028-36A / Höber, Brigitte / CC-BY-SA
3.0) (https:/ / commons.wikimedia.o,y wiki/File:Bundesarchiv_Bild_146- 1996-
028-36A,_Bei_Danzjg,_FfloC3%BCchtlingstreck.jp/!))

1 50
(Q_uelle: Wikimedia.commons (Ostpreußischer Flüchtlingstreck
1945. Fliichtlinge aus Ostpreußen aef I'ferdewagen. Im Vordergrund umgestiirz!er
Karren, im Hinte'lf7'nd Ruine eines Z!rstiirlen Gebäudes (Bundesarchiv, B 285
Bild-S00-()0326 / Unbekannt / CC-BY-SA 3.0)
(https:// commons.wikimedia.orl) wiki/File:Bundesarchiv_Bild_t 75-S00-
00326,_F!'lo0%BCchtlinge_aus_Ostpreu%C3%9Fen_auf_I'ferdewagenjp!)

151
(Quelle: Wikimedia.rommons (Ostpreußen 1945.- Flüchtlings-Treck am Knri­
schen H4faus: Deutsche Wochenschau Nr. 9/ 1945)
(Bundesarchiv, Bild 146-1979-084-05 / CC-BY-SA 3.0)
(https:/ / rommons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_146-1979-084-
05,_Ostpreu%C3%9Fen,_FfloC3%BCchtlingstreck.jpgJ

Bei dieser unfassbar harten und grausamen Flucht


griffen immer wieder sowjetische Tiefflieger und
Jagdbomber Oabos) den (und auch andere) schutzlo­
sen Flüchtlingstrecks an. Hunderte vor allem Frauen,
Kinder und Alte kamen dabei ums Leben, wie meine
Oma berichtete. Sie erzählte, wie die russischen
Schützen mit den Bord-MGs auf die Wehrlosen ziel­
ten und abdrückten.
Bei einem dieser Angriffe stolperte sie selbst über
ein totes Baby. Und das rettete ihr und ihren Söhnen
1 52
das Leben, weil die Russen glaubten, sie getroffen zu
haben...
Bei diesen schändlichen Attacken auf Zivilisten,
überwiegend Frauen, Kinder, Alte und Verwundete,
wurden jedoch nicht nur die Flüchtlingstrecks be­
schossen, sondern auch gezielt Bomben auf das dünn
gewordene Eis über dem Haff abgeworfen. Dadurch
brach es auf. In den riesigen Löchern versanken
Fuhrwerke samt den Menschen darauf.
Eine Augenzeugin berichtete: »Die Bomben schlu­
gen Löcher ins Eis und ganze Reihen von Wagen
gingen unter. Wir hatten keinen Lebensmut mehr und
warteten auf den Tod (...)«
(zitiert nach: Klaus Ivziner "RöhL· JJ Verbotene Trauer - Ende des deut­
schen Tab us«, München, 2002, S. 154, 155).
Der US-amerikanische Völkerrechtler und Histori­
ker Alfred-Maurice de Zayas erwähnt diese Verbre­
chen ebenfalls: »Was die Szene aber völlig gespens­
tisch machte, waren die russischen Tiefflieger, die
gnadenlos die Flüchtlinge mit Maschinengewehren
niedermähten oder das Eis bombardierten, so dass
mancher Wagen in den Wassern des Haffs versank.
Es war ein unvorstellbarer Kampf gegen die Ver­
zweiflung.«
(Quelle: Alfred M. de Z'!Jas: ))Die deutschen Vertriebenen - Keine
Täter, sondern Opfer - Hintergründe, Tatsachen, Folgen<<, Graz 2006, S.
102-105').
Die schwergebeutelten Vertriebenen gelangten
schließlich auf ein Schiff (wo genau das war, weiß ich

1 53
nicht), das sie über die Ostsee nach Dänemark brach­
te.
Mein inzwischen verstorbener Vater erinnerte sich
daran, dass sein Bruder (mein Onkel) unterwegs auf
dem völlig überbelegten und engen Schiff immer von
einem Mann angestarrt wurde, der vor ihm saß. Er
bat die Mutter, sie solle ihm sagen, er solle wegschau­
en. Daraufhin erklärte sie ihm, dass dieser Mann tot
wäre.
In einem der Internierungslager in Dänemark wur­
den die deutschen Flüchtlinge als »Tyske swin«, als
»deutsche Schweine« empfangen und beschimpft. Das
Lagerleben war hart und die Feindseligkeit groß.
Hintergrund: Seit 1940 war Dänemark von der
deutschen Wehrmacht besetzt. 1943 versank das Land
im Ausnahmezustand und damit auch die Versor­
gungslage der dänischen Bevölkerung, die sich gegen
die deutschen Flüchtlinge, die hier untergebracht
wurden, wehrten.
Die Vertriebenen jedoch, die dort ankamen, waren
von den Strapazen der Flucht und dem Hunger zu­
meist so geschwächt, dass viele von ihnen starben.
1945 waren es mehr als 13.000. Darunter alleine 7.000
Kleinkinder unter fünf Jahren!
(Q,uelle: Deutsche Weltkrieg.ifliichtlinge: Gestrandet in Dänemark in:
mdr.de v. 29.0 1.20 (https:/ / W1111V.mdr.de/ zeitreise/ ns-zeit/ deutsche­
krieg.ifluechtlinge-in-daenemark-100. htmO),
Tatsächlich kamen im Mai 1945 rund 250.000 deut­
sche Vertriebene auf vier Millionen Dänen. Das er­
klärte Ziel der dänischen Politiker war es jedoch, die
1 54
»ungeladenen Gäste« so schnell wie möglich wieder
loszuwerden. Schlimmer noch: Der dänische Ärzte­
verband verweigerte den Deutschen sogar die medizi­
nische Versorgung!
Von den streng bewachten Internierungslagern gab
es 1949 mehr als 460. Das größte war in Oksb0l
(auch: Oxböl) an der Westküste Jütlands, einem ehe­
maligen Wehrmachtsstützpunkt, in dem bis zu 36.000
Menschen in Baracken lebten.
Der MDR berichtet hierzu: »Der Kontakt zur ein­
heimischen Bevölkerung ist streng verboten. Es
herrscht ein sogenanntes Fraternisierungsverbot, Ver­
stöße dagegen werden geahndet. Gleichzeitig fördert
man innerhalb der Lager die Pflege der deutschen
Sprache und Kultur. Jede Art der Integration soll so
unbedingt verhindert werden.«
Und weiter: »Die Lebensbedingungen sind von La­
ger zu Lager sehr unterschiedlich. Oft mangelt es an
ausreichender Verpflegung und medizinischer Ver­
sorgung. Die Menschen leben in den Baracken auf
engstem Raum, oftmals Männer, Frauen und Kinder
gemeinsam in Mehrbettzimmern. Für ein bisschen
Privatsphäre teilt man die Betten mit Laken und De­
cken notdürftig ab. Dafür können sich die Insassen
innerhalb des Lagers frei bewegen. Es gibt Schulun­
terricht für die Kinder, man organisiert Kino-, Thea­
.ter- und sogar Tanzveranstaltungen gegen den Lager­
koller. Seltener dürfen die Flüchtlinge außerhalb des

1 55
Lagers arbeiten - zum Beispiel auf dänischen Bauern­
höfen.«
(Quelle: Deutsche Weltkrieg.iflüchtlinge: Gestrandet in Dänemark in:
mdr.de v. 29. Januar 2020 (https:/ / www.mdr.de/ zeitreise/ns­
zeit/ deutsche-krieg.ifluechtlinge-in-daenemark-100. html)).
Im Spiegel berichtete eine Zeitzeugin und Betroffene
über das Leben im Lager Oxböl:
»Das Gelände, das vorher ebenfalls von der Wehr­
macht genutzt worden war, wurde von einem hohen
Maschendrahtzaun umgeben und war in Blöcke auf­
geteilt. Ein Block bestand aus bis zu zehn Baracken
( ... ) Zu jedem Block gehörte eine Großküche, von der
wir unser Essen holen mussten. Außerdem gab es
einen See, in dem wir baden durften. Die erlaubte
Grenze war durch Bojen gekennzeichnet. Als ein jun­
ger Mann einmal über diese Linie hinausschwamm,
wurde er von einem Wachsoldaten unter Feuer ge­
nommen und am Bein verwundet.«
Und weiter: »In jedem Raum waren 12 bis 20 Men­
schen untergebracht: Männer, Frauen, Kinder. Es gab
Doppelstockbetten und jeder versuchte, seinen Be­
reich mit Decken abzutrennen, um ein bisschen Pri­
vatsphäre zu haben.«
(Quelle: »Als Flüchtling in Dänemark - Schüsse und Sahnetoten« in:
spiegeL de v. 20.03.2009 (https:/ /www.spiegeL de/geschichte/ als-jluechtling­
in-daenemark-a-949726. html)).
Insbesondere für Kinder, die auf der Flucht (oder
schon zuvor) ihre Eltern verloren hatten, war die Si­
tuation mehr als schwierig. Auch sie wollten die Dä-

1 56
nen schnell wieder loswerden und isolierten sie des­
halb vollständig!
Selbst die Versorgung war teilweise katastrophal.
Kein Wunder, dass rund 1 0.000 dieser Kinder unter
fünf Jahren alleine in dänischen Internierungslagern
etwa an Hunger, Magen-Darminfektionen und Lun­
genentzündungen starben.
Die dänische Historikerin Kirsten Lylloff spricht
im Zusammenhang der Tatsache, dass die Ärzte sich
weigerten zu helfen, von der »größten humanitären
Katastrophe der Neuzeit in Dänemark«. Als Ursache
hierfür sieht sie den »ethnischen Hass der Bevölke­
rung gegen alles Deutsche«
(Quelle: Deutsche Weltkriegsflüchtlinge: Gestrandet in Dänemark in:
mdr.de v. 29. Januar 2020 https:/ / www. mdr. de/ zeitreise/ ns­
zeit/ deutsche-kriegsjluechtlinge-in-daenemark-100.html)).
Zurück zu meiner Familie: 1 948 ging es für sie
dann aus dem dänischen Lager weiter mit dem Zug
nach Süddeutschland, wo sie eine neue Heimat in
einem kleinen, schwäbischen Dorf fand.
Doch auch dort wurde meine Familie alles andere
als freundlich empfangen. Ganz im Gegenteil (siehe
dazu Kapitel 15. Verschwiegen: »Die unwillkommenen
Deutschen« - Der Mythos von der » Willkommenskultum
deutscher Vertriebener nach 1945!)
Zehn Jahre später kam mein Großvater, der kurz
vor Moskau in Gefangenschaft geriet, aus einem sibi­
rischen Gefangenenlager zurück. Die Kernfamilie war
endlich wieder vereint.

157
14. Verschwiegen: US-amerikanischer Völker­
rechtler klagt an! - Die Vertreibung der Deut­
schen war ein »Völkermord« und ein »Kriegsver­
brechen!«

Einige Völkerrechder sprechen in Bezug auf


die Vertreibung der Deutschen von Völkermord
und Kriegsverbrechen!
Die Politik schweigt dazu!
Bis heute!

Der US-amerikanische Politiker Brazilla Carroll Re­


ece, der den Bundesstaat Tennessee im US­
Repräsentantenhaus vertrat, nannte in seiner Grund­
satzrede vom 16. Mai 1957 die Vorgänge bei der Ver­
treibung der Ostdeutschen einen »Völkermord«.
{Quelle: Heinz NawratiL· ))Schwarz.buch der Vertreibung 1945 bis
1948 - Das letz!e Kapitel unbewältigter Vergangenheit<<, Wien 2013, S.
77).

Nachfolgend die Definition für »Völkermord«:

Völkermord wird auch als Genozid bezeichnet und stammt


vom griechischen Worl far Herkunft, Abstammung (genos)
und dem lateinischen Worl far morden, metzeln (caedere) ab.
Die Konvention über die Verhütung und Bestr4'ung des Vi.il­
kermordes enthält eine Definition von Völkermord.
Nach Artikel II versteht man darunter, die an einer nati­
onalen, ethnischen, rassischen oder religiösen Gruppe begange­
nen Handlungen:
1 58
1. Tötung von Mitgliedern der Gruppe;
2. Verursachung von schwerem körperlichem oder seeli­
schem Schaden an Mitgliedern der Gruppe;
3. vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen far
die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstii­
rung ganz oder teilweise herbeiZ!'fahren;
4. Verhängung von Maßnahmen, die aef die Geburten­
verhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet sind,·
5. gewaltsame Übe,fahrung von Kindern der Gruppe in
eine andere Gruppe.
Diese Handlungen müssen in der Absicht begangen werden,
die Gruppe als solche ganz oder teilweise Z!' zerstören.
Es macht sich also schon jemand des Viilkermordes schul­
dig, der lediglich beabsichtigt, also den Vorsatz hat, eine Men­
schengruppe zu vernichten. Ist eine der Taten von Artikel II
a bis e der Konvention tatsächlich durchgefahrt worden in Ver­
nichtungsabsicht, dann ist es unerheblich, ob oder wie viele
Mitglieder der Gruppe wirklich vernichtet worden sind Letzt­
endlich braucht man far die Strafbarkeit das «Ziel" nicht er­
reicht Z!' haben.

(Quelle: https:/ / www.voelkermordkon11ention.de/ voelkermord-eine-


deftnition-9158/)

Völkermord setzt also nicht die Ausrottung ei­


ner »ganzen« Bevölkerungsgruppe voraus, son­
dern es ist ausreichend, wenn jemand die Absicht
hat, eine nationale, rassische, religiöse oder
durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe ganz oder
teilweise zu zerstören.
159
Das stellte selbst der Bundesgerichtshof in
Karlsruhe im Mai 1999 fest!
(Q_uelle: »Lebenslange Heft wegen Völkermordes Bundesgerichtshof be­
stätigt Urteil gegen Serben / Deutsche Gerichte Zf1Ständig<< in: Frankfurter
Al/gemeine Zeitung v. 04.05. 1999 (https:/ /www.genios. de/presse­
archiv/ arlikel/FAZ/ 19990504/ leb enslange-heft-wegen­
voelkermorde/F19990504GEI.MU--100.html).
Nach dieser Definition ist ebenso die Vertrei­
bung (und Tötung) deutscher Vertriebener in
den Vertreibungsgebieten ein Völkermord.
Der US-amerikanische Völkerrechtler und His­
toriker Alfred-Maurice de Zayas erklärt dazu:
»Vertreibung und Verschleppung können sehr
wohl als Völkermord bezeichnet werden, wenn
die Absicht des Vertreiberstaates nachweislich
ist, eine Volksgruppe auch nur teilweise zu ver­
nichten.« Uns: »Dies war zweifellos die Absicht
Benesch (gemeint ist der tschechoslowakische
Staatspräsident Eduard Benesch/d. A.), wie in
seinen Reden und in den Bensch-Dekreten aus­
reichend belegt. Dies ist auch die Auffassung
führender Völkerrechtslehrer (...) Somit erfüllte
die Vertreibung der Sudentendeutschen den Tat­
bestand des Völkermordes im Sinne der UNO­
Völkermordskonvention von 1948. Auch Teilas­
pekte der Vertreibung der Deutschen aus Polen
und Jugoslawien sind nachweislich Genozid.«
(Q_uelle: Alfred M. de Zqyas: »Die deutschen Verlriebenen - Keine Tä­
ter, sondern Opfer - Hintergründe, Tatsachen, Folgen«, Graz 2006, S.
225, 226).

160
Andere wiederum wollen diesen Aspekt nicht
wahrhaben.
Einige Beispiele für die wichtigsten Todesur­
sachen der deutschen Bevölkerung bei der Ver­
treibung aus ihrer Heimat:
- Beim Einmarsch der Roten Armee in Polen
und in den Oder-Neiße-Gebieten geschahen
Massenverbrechen und in den Wochen danach
die Vernichtung von Flüchtlingstrecks (sowie
Tod auf der Flucht wegen Kälte, Erschöpfung
etc.), Tod in den Gefängnissen und Lagern,
Zwangsarbeit und Deportation, Verelendung und
Hungertod der Verbliebenen, insbesondere in
Ostpreußen.
- Die Wolgadeutschen und weitere Deutsche
im europäischen Russland wurden (ab 1941)
zwangsumgesiedelt, und zwar nach Kasachstan,
Sibirien und anderen Gegenden östlich des Urals.
Bei den damit einhergehenden katastrophalen
Verhältnissen kamen viele Menschen ums Leben.
- In Tschechien (insbesondere in Prag) forder­
ten Pogrome gegen die deutsche Minderheit
zahlreiche Opfer. Genauso im Sudentenland.
- In Jugoslawien wurde die deutsche Minder­
heitsbevölkerung vor allem durch Massener­
schießungen durch Partisanen sowie Gefangen­
schaft in Lagern dezimiert (jeder Dritte starb).
(Q_uelle: Heinz Nawratil: ;;Schwarz.buch der Vertreibung 1945 bis
1948 - Das letz!e Kapitel unbewältigter Vergangenheit«, Wien 2013, S.
79, 80).
161
Der britisch-jüdische Verleger Victor Gollancz,
Sozialdemokrat, Humanist und Kämpfer für die
Menschenrechte, früher Hitler-Gegner und Kriti­
ker der Behandlung der Deutschen nach dem
Zweiten Weltkrieg (insbesondere) durch Vertrei­
bung, erklärte: »Sofern das Gewissen der
Menschheit jemals wieder empfindlich werden
sollte, werden diese Vertreibungen als die un­
sterbliche Schande aller derer im Gedächtnis
bleiben, die sie veranlasst oder sich damit abge­
funden haben.« Und weiter: »Die Deutschen
wurden vertrieben, aber nicht einfach mit einem
Mangel an übertriebener Rücksichtnahme, son­
dern mit dem denkbar höchsten Maß von Brutali­
tät.«
(Quelle: Victor Gollanez:· »Unser bedrohtes Erbe«, Zürich 1947, S.
156j, zitiert nach de Zqyas (Die deutschen Vertriebenen), S. 167).

1 62
(Q_uel/e: Wikimedia.commons (Flüchtlingstreck Ostpreußische Bauern, the try
over the Kllrischen Hafffor the russischen Einmarsch in den Jahr?n 1945.) (Bun­
desarr:hiv, Bild 146-1990-001 -30 / Unbekannter Autor / CC-BY-SA 3.0
) https:// commons.wikimedia.org/ wiki/Fi/e:Bundesarr:hiv_Bild_146-1990-
001-30,_Ff'loC3%BCchtlingsmck.jpl)

Der britische Philosoph, Mathematiker, Logi­


ker und Nobelpreisträger fiir Literatur, Bertrand
Russell, schrieb am 19. Oktober 1945 anklagend
in der Times: »In Osteuropa werden jetzt von
unseren Verbündeten Massendeportationen in
einem unerhörten Ausmaß durchgeführt, und
man hat ganz offensichtlich die Absicht, viele
Millionen Deutsche auszulöschen ( ...) dadurch,
163
dass man ihnen ihr Zuhause und ihre Nahrung
nimmt und sie einem langen, schmerzhaften
Hungertod ausliefert.« Und: »Das gilt nicht als
Kriegsakt, sondern als Teil einer bewussten
,Friedens-Politik' ( ...) Im Potsdamer Protokoll
wird vorgeschrieben, dass die Ausweisungen von
Deutschen in ,geregelter und humaner' Weise
durchgeführt werden sollten. Und es ist wohl be­
kannt ( ...) dass diese Bedingung von unseren
russischen und polnischen Verbündeten nicht
beachtet worden ist.«
(Q_uelle: zitiert nach: Alfred M. de Z�as: »Die deutschen Vertriebenen
- Keine Täter, sondern Opfer - Hintergründe, Tatsachen, Folgen«, Graz
2006, s. 167).
1950 urteilte die »Walter-Kommission« des
amerikanischen Repräsentantenhauses in einem
ausführlichen Bericht über die Vertreibung der
Deutschen, dass »keine Phase der Vertreibung
als human« bezeichnet werden könne.
Der Völkerrechtler Alfred-Maurice de Zayas
kommt zum Resümee, dass Heimatrecht Men­
schenrecht ist und deshalb die Vertreibung der
Deutschen »völkerrechtswidrig« war! Außerdem
(Auszüge):
- »Eine Massenvertreibung ist mit der Haager
Landkriegsordnung in keiner Weise in Einklang
zu bringen. »
- »Auch gemäß der ,Martenschen Klausel' in
der Präambel der IV. Haager Konvention von
1907 sind Vertreibungen rechtswidrig.«
164
- »Vertreibungen waren im Jahre 1945 völker­
rechtswidrig, auch in Friedenszeiten, denn sie
verletzen die Minderheitenschutzverträge, die
Polen und die Tschechoslowakei verpflichteten.«
- »Die Rechtsprechung des Internationalen Mi­
litär-Tribunals in Nürnberg verurteilte die Ver­
treibungen, die von den Nationalsozialisten
durchgeführt worden waren, als Kriegsverbre­
chen und Verbrechen gegen die Menschheit. Das
Völkerrecht hat per definitionem universale Gel­
tung, und darum stellten die Vertreibungsaktio­
nen gegen die Deutschen, gemessen an densel­
ben Prinzipien, ebenfalls Kriegsverbrechen und
Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar.«
- »Artikel XIII des Potsdamer Protokolls konn­
te nicht und hat auch keine Legalisierung der
Vertreibung der Deutschen bewirkt. Die Alliier­
ten hatten keine unbeschränkte Verfügungsge­
walt über das Leben der Ostdeutschen.«
- »Nach dem Stand des heutigen Völkerrechts
sind Zwangsumsiedlungen völkerrechtswidrig.«
- »In Friedenszeiten verstoßen Vertreibungen
gegen die UNO-Charta, gegen die Menschen­
rechtserklärung vom 10. Dezember 1948 und ge­
gen die Menschrechtspakte von 1966.«
- »In Kriegs- sowie Friedenszeiten stellen Ver­
treibungen und Verschleppung völkerrechtliche
Verbrechen dar. Gemäß Artikel 8 des Statuts des
Internationalen Strafgerichtshofs gelten Vertrei-
165
bungen als Kriegsverbrechen, gemäß Art. 7 als
Verbrechen gegen die Menschheit.«
- »Flüchtlinge und Vertriebene haben ein
Recht auf Rückkehr sowie Recht auf Restitution
(Rückerstattung oder Abgeltung geraubter, ent­
eigneter und zwangsverkaufter Kulturgüter/ d.
A.).«
(Q,uelle: zitiert nach: Alfred M. de Z�as: »Die deutschen Vertriebenen
- Keine Täter, sondern Opfer - Hintetl!,riinde, Tatsachen, Folgen((, Graz
s.
2006, 224-226).
Führt man sich das Resümee des renommier­
ten Völkerkundlers Alfred-Maurice de Zayas kri­
tisch vor Augen, dann gelten all diese Heimat­
und Menschenrechte in Bezug auf die Vertrei­
bung der Deutschen wohl nichd
Auch das ist angesichts der rund drei Millionen
toter Vertreibungsopfer, hauptsächlich Frauen,
Kinder und Greise, schändlich.
Darüber schweigt die deutsche Politik.
Bis heute.

1 66
15. Verschwiegen: »Die unwillkommenen
Deutschen« - Der Mythos von der »Willkom­
menskultur« deutscher Vertriebener nach 1945!

Politiker sprechen angesichts der Massenzu­


wanderung von der Rückbesinnung auf die Will­
kommenskultur deutscher Vertriebener nach
1945!
Doch das ist ein Mythos!
Denn deutsche Vertriebene wurden von den
eigenen Landsleuten wie »Aussätzige« behandelt!

Die Flüchtlingsdebatte innerhalb der EU um die


Aufnahmequoten, die Fluchtbekämpfung, die Flucht­
routen und offene oder geschlossene Grenzen ist
auch 2020 noch immer nicht beendet. Ganz im Ge­
genteil. Angesichts knapper Steuergelder und sinken­
der Konjunktur ebenso wenig die Diskussionen über
die Kosten für die Millionen Flüchtlinge, die seit 2015
nach Deutschland gekommen sind.
Dabei wurde und wird noch immer vielfach von
hiesigen Politikern fast aller Parteien darauf hingewie­
sen, dass hierzulande schon einmal eine Masse von
Flüchtlingen aufgenommen worden sei. Gemeint da­
mit sind jene rund 14 bis 20 Millionen Vertriebene
aus den Ostgebieten nach Ende des Zweiten Welt­
kriegs .

167
Rückblick: Bereits im November 2014 forderte der
(inzwischen verstorbene) Llteraturnobelpreisträger
Günter Grass, dass Flüchtlinge aus Kriegsgebieten
notfalls in privaten Wohnungen in Deutschland un­
tergebracht werden sollen. Auch »Zwangseinquartie­
rungen« seien eine Option, wenn es keine anderen
Unterbringungsgelegenheiten gebe, sagte Grass wäh­
rend einer Feierstunde der Autorenvereinigung PEN,
deren Ehrenpräsident er war. Er erinnerte daran, dass
dies nach dem Zweiten Weltkrieg auch gemacht wur­
de - unter Murren teilweise, aber die 14 Millionen
Deutschen und Deutschstämmigen aus dem Osten
seien so wieder schnell auf die Beine gekommen. Oh­
ne diese Menschen, wie später ebenso die Gastarbei­
ter, hätte es das deutsche Wohlstandswunder nicht
gegeben. Grass sieht bei den Deutschen insgesamt
eine hohe Bereitschaft zu helfen.
(Quelle: http://www.zeit. de/ gesellscheft/ 2014-11 / guenter-grass-
jluechtlinge-asylrecht-Unterbringung).
Doch war das tatsächlich so? Schlug den Vertriebe­
nen wirklich eine Welle von Solidarität und Hilfsbe­
reitschaft der »einheimischen« Deutschen - den soge­
nannten »Reichsdeutschen« - entgegen, wie es uns
heute angesichts der Debatte um die Flüchtlinge
überwiegend aus dem Nahen Osten und Afrika ver­
kauft wird? Haben die deutschen Vertriebenen eben­
falls eine solche »Willkommenskultur« erfahren, wie
die heutigen »Neubürger«, mit der Politiker hierzulan­
de so werben? Eine »Willkommenskultur«,
die anscheinend so ins bundesdeutsche Kollektiv-
168
Bewusstsein eingefroren ist, das wir sie nie mehr ver­
gessen sollten, auch nicht angesichts Hunderttausen­
der Flüchtlinge aus fremden Kulturen?
Ich bin diesen Behauptungen nachgegangen, habe
Bücher und Archive gewälzt, mit Vertriebenen ge­
sprochen. Und bin zu einem ganz anderen Ergebnis
gekommen!
Zunächst nachfolgend eine Auflistung des Anteils
der Vertriebenen an der Gesamtbevölkerung in den
einzelnen Bundesländern nach den Volkszählungen
1950, 1961 und 1970:

�-v.,t,lalNlnlll•'.c:lliiiiia.a;.r-:-v�;;;;;;�:::.-,
,.,.11
...... ......
_ ... l/olbdhl...... -'II0, .... ...
tJ.Seplemblr "50 1.111111-

....-­

SdlleSWIS•Holsteln 851000
116000
!Gmw/8
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..

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lhtlflln.Pfllz U1

lla)!e,n ).
Saland
IJund JEtid p
lletlil, (Wllt)

(Quelle Bildzjtat: Andf'l/as Kossert: »Kalte Heimat - Die Geschichte der deut­
schen Vertriebenen nach 1945<1, München 2009, S. 59 (nach: Hans Neuhojf.
))Die deutschen Vertriebenen in Zahlen11, Bonn, 1977, S. 19).

169
Harte Fakten räumen wahrlich auch mit dem My­
thos und der Geschichtsverklitterung der »Willkom­
menskultur« der »Einheimischen« bezüglich der ver­
triebenen deutschen Flüchtlinge auf, die nicht einmal
ihren Aufenthaltsort selbst bestimmen konnten, weil
dieser von den Alliierten festgelegt wurde.
Alles war anders. Ganz anders. Geradezu beschä­
mend.
Zunächst sei an dieser Stelle festgehalten: Tausende
Vertriebene, die nach ihrer Flucht endlich im Westen
ankamen, starben bereits nach ihrer Ankunft, denn sie
fanden weder ein Dach über dem Kopf, erhielten
weder medizinische Hilfe noch ausreichende Nah­
rung.
(Quelle: Keith Lowe: »Der wilde Kontinent - Europa in den Jahren der
Anarchie 1943-1950<(, Stuttgart 20 14, S. 14, 4 1, 302).
Alleine schon dieser Sachverhalt unterscheidet sich
frappierend von dem der heutigen Zustände!
Tatsächlich sahen sich auch die Westdeutschen im
Chaos der Nachkriegszeit vom Strom der Vertriebe­
nen aus dem Osten regelrecht überrollt. Dabei ging es
den Flüchtlingen zweifellos noch elender als ihnen
selbst, hofften jetzt auf Solidarität oder nur auf Mitge­
fühl. Doch sie erfuhren etwas ganz anderes: Ableh­
nung und Ausgrenzung als »unerwünschte Fremde«.
Gerade auf dem Land, wo mehr als siebzig Prozent
von ihnen untergebracht wurden. Auf Anordnung der
Siegermächte erhielten sie sogar »Zuzugssperre« in die
Städte (Kossert, S. 53).

170
Auch dieser Fakt wird hierzulande oft und gerne
verschwiegen!
Deutschland verfiel in zwei Schicksalsgemeinschaf­
ten, wie der Migrationsforscher Kaus J. Bade be­
schrieb: In die Einheimischen und in die Vertriebe­
nen, die zueinander in einer »Opferkonkurrenz« stan­
den. »Dieser Konkurrenzkampf trug ,deutliche Züge
eines Nationalitätenkampfes und eines Klassengegen­
satzes.'«
(Q_uelle: Klaus]. Bade: J>Homo migrans - Wandemngen aus und nach
Deutschland - Erfahrungen und Fragen«, Essen 1994, S. 45).
Dabei wurden die Vertriebenen als »Polacken« oder
»dahergelaufenes Gesindel« (und Schlimmeres, wie
noch aufzuzeigen sein wird) beschimpft.
»Die erlittenen Traumata während der Vertreibung,
,soziale Isolation und Deklassierung sowie das nach­
folgende Ringen um eine Identität zwischen Hier und
Dort' machte das Heimischwerden in der fremden
Umgebung oft geradezu unmöglich. Es ist an der
Zeit, deutsche Vertriebene endlich als Opfer zu be­
greifen, die nicht nur unter Flucht und Vertreibung
gelitten haben, sondern auch unter der Hartherzigkeit
ihrer eigenen Landsleute«, meint der deuts�he Histo­
riker Andreas Kossert. »Dass die Aufnahme der 14
Millionen ,nicht zur politischen Dauermalaise wurde,
die Radikalisierung ausblieb' dafür zahlten die Ver­
triebenen mit Verleugnung ihres Schmerzes und kul­
tureller Selbstaufgabe, Schlesier, Ostpreußen, Pom­
mern, Deutschböhmen und Banater Schwaben, die
über Jahrhunderte beigetragen haben zur Vielfalt der
171
deutschen Identität, hatten fern der Heimat nichts
mehr zu melden. Sie mussten sich anpassen im Wes­
ten ihres Vaterlandes, das ihnen zur kalten Heimat
werden sollte.«
(Quelle: Andreas Kosserl: »Kalte Heimat - Die Geschichte der deutschen
Vertriebenen nach 1945«, München 2009, S. 12-16)
Oft kamen die Vertriebenen in Viehwaggons im
Westen an, wurden an den Zielorten wie auf Sklaven­
oder Viehmärkten verteilt Die Alliierten hatten sich
auf bestimmte Kontingente geeinigt und brachten sie
dort unter, wo noch Kapazitäten vorhanden waren.
Aber erst nach bürokratischen Prozeduren, Registrie­
rungen, medizinischen Untersuchungen, Impfungen
und Entlausungen. Die örtlichen deutschen und
kirchlichen Fürsorgestellen kümmerten sich danach
um die weitere Verteilung und Unterbringungen. Al­
lerdings gab es für die Westdeutschen keine Möglich­
keit, die »Annahme« zu »verweigern«.
Dabei schlug den Vertriebenen, die alles verloren
hatten und denen fast alles fehlte, von den Einheimi­
schen Verachtung und Abwehr entgegen. Oft ließ
man ihnen nicht einmal das Nötigste zukommen.
Obwohl sie nicht als »Fremdkörper«, sondern als
»Gemeindegenossen« behandelt werden sollten, galten
sie als die »böse Saat der Zukunft« wie etwa die Presse
1 946 im Lipper Land titelte. »Die drei großen Übel,
das waren die Wildschweine, die Kartoffelkäfer und
die Flüchtlinge«, hieß es beispielsweise im Emsland.
Wiederum andere wurden abgeschätzt »wie Vieh«.

172
Die Bauern nahmen nur die, die arbeiten konnten.
Oder die Heimatlosen wurden als
- »Polacken«,
- »Flüchtlingsschweine«,
- »Flüchtlingspack«,
- »Gesindel«,
- »Verfluchte«,
- »Zwangsausgewiesene« ,
- »dahergelaufenes Pack« ,
- »Mulattenzucht«,
- »Mischlinge«,
- »Mischgut«,
- »Eindringlinge«,
- »Minderwertige«,
- »Dreckszeug«,
- »böse Saat«
- »Übel«,
- »Eiterbeulen«,
- »Scheiße«,
- »Hinterwäldler ohne Kultur und Zivilisation«
- oder »lästige Ausländer«
beschimpft, die nicht selten »vor den Säuen<< ran-
gierten.
Man sah sie als
- »feige«,
- »herumzigeunemd«,
- »entwurzelt«
- oder »asozial« an.

173
Sie gehörten zur absoluten Unterschicht, die in Ba-
racken hauste,
- »faul«,
- »arbeitsscheu«,
- »dreckig«,
- »verlaust«
- und »voller Flöhe« war.
Man kreidete ihnen aufgrund ihres scheinbar »ver­
derblichen Lebenswandels« jede Plage, jedes Verge­
hen an; Geschlechtskrankheiten, uneheliche Gebur­
ten, Scheidungen und vieles mehr.
So also sah die tatsächliche »Willkommenskultur«
deutscher Vertriebener im Westen Deutschlands aus.
Und das alles wollen die hiesigen Politiker nicht mehr
wissen, vergleichen diese Schande gar mit dem kol­
lektiven, öffentlichen und staatlichen »Empfangsko­
mitee« für heutige Flüchtlinge.
Was für eine Lüge!
(Q,ueflen: Anke H,efschmidt: »... und dann blieben wir doch - Flüchtlin­
ge und Vertriebene in Llppe 1945-1953((, Detmold 1994, S. 12, zjt. nach
Kossert S. 47/Andreas Efynck (Hg.): »Alte Heimat - Neue Heimat -
Flüchtlinge und Vertriebene im Raum Lingen nach 1945<<, Lingen 1997,
S. 44, 495, zjt. nach Kossert, S. 47, 48 /Katharina Eiliger: »Und tiefin
der Seele der Ferne - Die Geschichte einer Vertreibung aus Schlesien((,
Reinbek 2006, S. 182j, zjt. nach Kossert, S. 48/Alena Wagnerova:
» 1945 waren wir Kinder - Flucht und Vertreibung im Leben einer Genera­
tion((, Köln 1990, S. 56, zjt. nach Kossert, S. 48, 49/Frauke Dettmer:
»Ko,iflikte Z}Vischen Flüchtlingen und Einheimischen nach Ende des Zwei­
ten Weltkrieges(( in: »Jahrbuch für ostdeutsche Volkskunde 26/ 1983, S.
316).

174
1946 traf der aus Danzig stammende Schriftsteller
und Träger des Nobelpreises für Literatur, Günter
Grass, seine Eltern und seine Schwester im Bergi­
schen Land nach fast zwei Jahren Trennung wieder.
Er beschrieb die erzwungene Einquartierung bei einer
eingesessenen Bauernfamilie in seiner Autobiografie
Beim Häuten der Zwiebel so:
Vor mir standen Vertriebene, als einzelne Z}Var, doch unter
Millionen von nur statistischem Wert. Ich umarmte Überleben­
de, die, wie es hieß, mit dem Schrecken davongekommen waren.
Man existierte noch irgendwie, aber (. ..) Die zuständige Behör­
de hatte die Eltern und die Schwester bei einem Bauern einge­
wiesen. Dieser Zwang war üblich, denn freiwillig wurden
Flüchtlinge und Vertriebenen selten aufgenommen. Besonders
dort, wo keine Schäden sichtbar waren, Haus, Stall und
Scheune wie unbekümmert aufErbrecht fußten, Zfidem keinem
Bauernschädel ein Haar gekrümmt worden war, venveigerte
man die Einsicht, den siegreich bqubelten Krieg gemeinsam mit
den Geschädigten vedoren Z!' haben.
Und weiter: Nur weil von der Behörde geZ}VUngen, hatte
der Besitzer des Hofes meinen Eltern den Z}Veigeteilten Raum
mit Betonfußboden überlassen: eine ehemalige Futterküche für
Schweinemast. Beschwerden ha!fen nichts. »Geht doch hin, wo
ihr hergekommen seid!« hieß die Antwort des seiner Hektar
sicheren Bauern, der so katholisch war wie jener, dem ich im
Frühjahr des vergangenen Jahres davongelaufen war. Allerorts
hatte man sich schon immer misstrauisch bis feindselig gegen­
über Fremden verhalten und - wie es hieß - Hergelaufenen
verhalten; dabei sollte es bleiben.
175
(Q,uelle: Günter Grass: J>Beim Häuten der Zwiebel«, München 2008,
s. 272, 273).
Wie entwürdigend die deutschen Vertriebenen von
den Einheimischen tatsächlich aufgenommen wurden,
schilderte beispielsweise auch der Landrat des Rhein­
gaukreises, Peter Paul Nahm am 19. April 1946:
»(... ) Wie die Erfahrungen gezeigt haben, sind die
Flüchtlinge in vielen Gemeinden sehr schlecht und
unwürdig empfangen worden. Es haben sich die un­
möglichsten Szenen abgespielt. In einzelnen Orten
haben die armen Menschen stundenlang auf ihrer
einzigen Habe vor den Türen der Bauernhäuser ge­
sessen und auf Unterbringung gewartet. Keiner wollte
der Erste sein, der diese Menschen in sein Haus
nimmt.«
Der Landrat sprach von »deutschen Menschen, ge­
nau wie wir selbst« und weiter: »Die kleinsten Kam­
mern, die unwürdigsten Räume sind bereitgestellt
worden. Wohnzimmer, gute Stuben usw., die nur
einmal im Jahr zum Putzen betreten werden, sind
unangetastet geblieben ( ... ) Ich kann auf keinen Fall
dulden, dass Zimmer vollkommen leer, der Lampen­
birne beraubt, mit unfreundlichen Worten abgegeben
werden, und dass die Möbel, die in diesem Raum
standen, jetzt auf dem Dachboden ungenutzt stehen.«
(Q,uelle: Hans fand/: J>Flüchtlinge und Heimatvertriebene im Rheingau­
Taunus-Kreis - Flucht und Vertreibung, Arefnahme und Unterbringung,
Prozess der Eingliederung<<, Bad Schwalbach 1990, S. 131).
Der Historiker Andreas Kossert zitiert: »Ein Aus­
länder, der die Flüchtlingsszene in Schleswig-Holstein
176
im November 1946 beobachtet hatte, war ,sehr er­
staunt darüber, dass ein so starkes Gefühl der Miss­
stimmung und des Unverständnisses diesen Unglück­
lichen gegenüber' bestehe. Er habe den Eindruck,
dass hier augenscheinlich ein ,fremdes Volk', das die
schlechtesten menschlichen Eigenschaften besitzt,
den Schleswig-Holsteinern aufgezwungen worden ist
und das mit ihnen zusammenleben muss, wobei es ein
Parasitenleben führt.« Und weiter: »'Wenn ich mir
überlege, dass dieser Eindruck mir von Deutschen
über Deutsche vermittelt wurde, so kann ich nicht
umhin, festzustellen, dass das deutsche Volk, sehr
gelinde gesagt, in seinem Unglück wenig Solidarität
zeigt.'«
Johannes Tiedje, Flensburger Landrat erklärte hin­
sichtlich Vorschläge, Vertriebene mittels Umstruktu­
rierungen in der Landwirtschaft ansässig zu machen
damit, dass »wir Niederdeutschen und Schleswig Hol­
steiner ein eigenes Leben führen, das in keiner Weise
sich von der Mulattenzucht ergreifen lassen will, die
der Ostpreusse nun einmal im Völkergemisch getrie­
ben hat.«
Andere wiederum meinten: »In de Nordsee mit dat
Schiet« («In die Nordsee mit der Scheiße«). Manche
wollten Südschleswig vom »Strom der Fremden aus
den Ostgebieten« befreien, die den hiesigen »ange­
stammten nordischen Charakter« auslöschen wollten.
Journalisten betrieben offenkundige Rassenkunde mit
den Vertriebenen, sprachen von ihnen sowohl »ras-
177
senmäßig als auch in kultureller und geistiger Hin­
sicht« als »artfremd«, »Mulattenrasse«, »Mischlinge«
oder »Mischgut« (Kossert, S. 71-75).
So also wurde nun statt gegen Juden und Slawen,
wie zu Zeiten des Dritten Reiches, gegen Ostdeutsche
gehetzt!
Es gab aber noch schlimmere Ausuferungen ge­
genüber den Vertriebenen, die in Elendsquartieren
und sogar in Hühnerställen untergebracht wurden. Im
Kreis Ebersberg (Gemeinde Egmating) gab es im
März 1947 diesen schockierenden Anschlag:
»Hinaus mit den Flüchtlingen aus unserem Dorfl
Gebt ihnen die Peitsche statt Unterkunft - dem Sude­
tengesindel! Es lebe unser Bayernland!«
(Quelle: Andreas Kosserl: ))Kalte Heimat - Die Geschichte der deutschen
Vertrieb enen nach 1945«, München 2009, S. 62).
An dieser Stelle möchte ich auch ein »Schmähge­
bet« anführen, das in den schwäbischen Landkreisen
Waiblingen und Aalen zirkulierte:

»Herrgott im Himme4 sieh unsere Not,


wir Bauern haben kein Fett und kein Brot.
Flüchtlingefressen sich dick und fett,
und stehlen uns unser letz!es Bett.
Wir verhungern und leiden große Pein,
Herrgott, schick das Gesindel heim.
Schick sie zurück in die Tschechoslowakei,
Herrgott, mach uns von dem Gesindel frei.
Sie haben keinen Glauben und keinen Namen,
die dreimal Verfluchten, in Ewigkeit Amen.«
178
(Q_uelle: zjt. nach Kossert, S. 78)

Aber es gab noch andere Schmähreime:

)>Dreckszeug, elendes aus dem Osten


Leben auf unsere Kosten
Wir haben schon geopfert Tag um Tag
Noch und noch
Bei uns ist selber schon ein Loch
Wenn wir wollen unser Leben
Müssen die anderen eben gegen Himmel schweben.
Drum bitten wir den lieben Gott
Er möge uns befreien von der Last des bösen Stern.«

(Q_uelle: zjt. nach Kossert, S. 78)

Franz J. Bauer erklärt, dass zu Beginn des Jahres


1946 viele Vertriebene und Evakuierte (in Bayern) als
»Eiterbeule« betrachtet wurden, die »reif« sei und end­
lich »aufgestochen werden« müsse.
(Q_uelle: Franz]. Bauer: »Flüchtlinge und Flüchtlingspolitik in Bf!Yern
- 1945-1950«, Stuttgart 1982, S. 349).
Der Nationalökonom Dr. Wilhehn Weil aus Kied­
rich, uferte mit seiner Äußerung gegen Vertriebene
aus: »Ihr Flüchtlinge gehört alle nach Auschwitz in
den Kasten!«
Für diese Erläuterung verhängte das Wiesbadener
Schöffengericht eine Geldstrafe von 1.000 DM.

179
(Quelle: Hans Jandl: »Flüchtlinge und Heimatvertriebene im Rheingau­
Taunus-Kreis - Flucht und Vertreibung, Aiefnahme und Unterbringung,
Prozess der Eingliederung«, Bad Schwalbach 1990, S. 196).
Die Einheimischen verschlossen sich der solidari­
schen Hilfe, leisteten gar Widerstand und schöpften
alle gesetzlichen Möglichkeiten aus (Beschwerden,
Klagen, Anträge auf Eigenbedarf oder gewerblichen
Nutzung), um keine Vertriebenen aufnehmen zu müs­
sen.
Die Kreisbeauftragten für das Flüchtlingswesen in
Württemberg-Baden gaben im Sommer 1 947 an: »Die
einheimische Bevölkerung versucht durch Beschuldi­
gungen primitivster Art, wie durch Verleumdungen,
die Neubürger in ein schlechtes Llcht zu stellen und
sie nach Möglichkeit aus ihrem Wohnbereich heraus­
zubekommen (Kossert, S. 67, 121).«
Alliierte Militärgerichte verurteilten Hauseigentü­
mer, die sich Zwangseinweisungen widersetzten. Der
letzte US-amerikanische Landeskommissar, General
Charles P. Gross, ging sogar so weit zu behaupten,
dass das deutsche Volk offenbar nicht bereit sei, »sei­
ne Verantwortlichkeit für die Lösung des Flüchtlings­
problems anzuerkennen«. Die deutsche Bevölkerung
zeige »Gleichgültigkeit und Mangel an Hilfsbereit­
schaft gegenüber ihren vertriebenen Landsleuten«.
(Quelle: Siidkurier 11. 16. Juni 1951).
Ein anderer amerikanischer Offizier notierte: »In
Bayern oder vielleicht in ganz Deutschland gibt es
keine Unterschiede zwischen Nazis und Antinazis,
zwischen Schwarz und Rot, Katholiken oder Protes-
1 so
tanten. Der einzige Unterschied ist derjenige zwischen
Einheimischen und Flüchtlingen.«
(Quelle: Paul Erker: »Revolution des Do,fts - Ländliche Bevölkerung
Z]Pischen FlüchtlingsZflslrom und landwirtschaftlichem Strukturwandel«, S.
384, zjt. nach Kossert, S. 70, 11).
Der Militärgouverneur Brian Robertson sprach in
einem Memorandum an Außenminister Ernest Bevin
davon, dass die Migranten (also die deutschen Ver­
triebenen) eine »stigmatisierte Gruppe« seien.
(Quelle: Rainer Schulze: »Zuwanderung und Modernisierung - Flücht­
linge und Vertriebene im ländlichen Raum« in: Klaus ]. Bade (Hg.):
»Neue Heimat im Westen«, Münster 1990, S. 93).
Dort jedoch, »wo die Flüchtlinge sich bereitwillig in
die Gesinderolle fügten, gestaltete sich das Zusam­
menleben noch am erträglichsten.«
(Quelle: Franz]. Bauer: »Der Bqyrische Bauernverband, die Bodenre­
form und das Flüchtlingsproblem 1945-151« in: » Vierte!fahreshefte far
Zeitgeschichte 3 1/ 1983, S. 444).
Hinzu kam, dass viele Vertriebene früher sozial
über jenen gestanden hatten, bei denen sie nun unter­
gebracht waren. Jetzt waren sie aus allen sozialen Be­
zügen gerissen und stigmatisiert. Ehemalige Gutsbe­
sitzer waren zu Knechten und Landarbeitern degra­
diert worden, Handels-, Industrie- und Handwerks­
fachkräfte mussten sich nun als Hilfsarbeiter für einen
Hungerlohn verdingen.
Die Vertriebenen waren besitz- und rechtlos, Bett­
lern gleich, standen regelrecht vor dem Nichts und
vor den Einheimischen, die ange sichts der Millionen
von ihnen beinahe in Hysterie verfielen. Das alles

181
führte zu Spannungen innerhalb der unterschiedlichen
Schichten in einer feindlich gestimmten Umwelt.
Ich wiederhole mich: Von wegen also »Willkom­
menskultur deutscher Flüchtlinge«, wie es uns hiesige
Politiker heute noch weismachen wollen! Das ist eine
Lüge!
Dabei war es viel schlimmer: Die Vertriebenen
wurden als »böse Saat« und »Übel« sogar öffentlich in
der Presse denunziert, wie »Vieh« taxiert oder unter
anderem als »Polacken« beschimpft, wie oben darge­
stellt. Zumeist hausten sie mit mehreren Personen in
kleinen Räumen, während in den Nachbarhäusern
etliche große Zimmer freistanden. Aber nicht für sie.
Das ging sogar so weit, dass die Militärverwaltun­
gen nicht umhinkamen, Wohnraum zu beschlagnah­
men und Zwangseinweisungen und Zwangsmietver­
träge anzuordnen.
»Es kam nicht selten vor, dass Vertriebene unter
dem Schutz der Maschinenpistolen Einzug in die
Häuser erhielten« oder mit »Polizeigewalt«. Zumeist
dienten dürftige Baracken ◊>Existenzruinen der Um­
siedler«) oft ohne eigene Kochgelegenheit als soge­
nannte »Flüchtlingszwischenlager« für die »Homo
barackiensis«. Diese bestanden mitunter bis 1966.
Zeitzeugen berichteten beispielsweise über das
Gemeinde-Flüchtlingslager Dingolfing: »Dieses Lager
besteht aus Baracken, in denen die Flüchtlinge man­
gels Wohnraum untergebracht werden mussten. In
einem Raum von 20 Quadratmetern müssen größten-
1s2
teils 2-3 Familien zusammenleben (... ) Zu zweien bzw.
zu dreien liegen Kinder und Erwachsene in einem
Bett. Federbetten sind fast nicht vorhanden, so dass
sich die darin lebenden Personen mit wenigen zur
Verfügung stehenden Decken vor der Kälte schützen
müssen. Die Holzwände der Baracken sind dünn;
Doppelfenster keine vorhanden.«
Und weiter: »Mit den primitivsten Mitteln wurden
Holzschuppen und Abortanlagen hergestellt. Bei eini­
gen Kindern ( ... ) ist zu beachten, dass auch in der
Winterzeit verschiedene Kinder ohne Strümpfe wa­
ren, da die Eltern keine Möglichkeit hatten, diese zu
beschaffen (... ) Die Wände, die nur aus gewöhnlichem
Sperrholz bestehen, sind derart schadhaft, so dass
auch hier die Kälte durchdringt. Die wenigen Beklei­
dungsstücke, die an der Wand hängen, sind das einzi­
ge Vermögen.«
(Quelle: Alfred M. de Ztryas: »Die deutschen Vertriebenen - Keine Tä­
ter, sondern Opfer - Hintergründe, Tatsachen, Folgen«, Graz 2006, S.
188.ff.).
Die Beschreibung einer Baracke in einem anderen
Gemeinde-Flüchtlingslager: »Die Baracke befindet
sich in einem sehr schlechten baulichen Zustand, hat
etwa 100 Quadratmeter Wohnraum und beherbergt
fünf Familien mit zusammen 32 Personen (... ) In ei­
nem Raum von 16 Quadratmetern, dessen Wände
triefend nass sind, wohnen zwei Erwachsene und
sieben Kinder ( ... ) Der Familienvater erhält wöchent­
lich DM 13,- Krankengeld und muss damit eine 9-
köpfige Familie erhalten ( ... ) Die Wände sind zum
1 83
Schutz gegen Nässe mit Kartonpapier beklebt. In
einem Wäschekorb liegt ein dürftig gekleideter Säug­
ling ( ... )«
(Quelle: Alfred M. de Zqyas: »Die deutschen Vertriebenen - Keine Tä­
ter, sondern Opfer - Hintergründe, Tatsachen, Folgen<<, Graz 2006, S.
190).
Anmerkung: Die Kaufkraft von 13 DM (um 1949)
entspricht mit emem damaligen Kaufkraft­
Multiplikator von etwa 2,45 = 31,85 DM und somit
heute rund 16,28 Euro!
(siehe daZfl: Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag »Kauf
kraftve,gleiche historischer Geldbeträge«, Aktenzeichen: WD 4 - 3000 -
096/ 16, August 20 16, S. 5
(https:/ / www. bundestag.de/ resource/ blob/459032/ 1d7e8de03e 170ß9d
7cea9bbjO.fJ8e5c/ wd-4--096-16-pdfdata.pdj) und:
https:/ / www.mehrwertsteuemchner. de/waehrungsrechner/ euro-rechner-dm­
euro/).
In Wewelsburg (Kreis Paderborn) wurde sogar ein
ehemaliges Konzentrationslager (plus Häuser der SS­
Waldsiedlung und das SS-Gästehaus) zur Flüchtlings­
unterkunft. Die niedersächsische Flüchtlingskommis­
sarin sah die einzige Möglichkeit darin, sich »dieser
Flüchtlinge zu entledigen«, in der Einrichtung von
»Arbeitslagern«. So jedenfalls hieß es in einem inter­
nen Bericht. Der damalige KPD-Landesminister Abel
erklärte bei einer Kundgebung in Salzgitter dazu:
»Liebe Freunde, sie werden in 14 Tagen erleben, dass
Frau Flüchtlingskommissar Fuchs Konzentrationsla­
ger für Flüchtlinge im Lande Niedersachsen einrich­
ten wird, die noch ganz andere Methoden anwenden
werden.«
1 84
(vgl dazu u.a. : Andreas Ehrhardt: J>Wie lästige Ausländer. . . - Flücht­
linge und Vertriebene in Salzgitter 1945-153«, Salzgitter 1993, S.
17/Marion Frantzjoch: J>Die Vertriebenen - Hemmnisse, Antriebskräfte
und Wege ihrer Integration in der Bundesrepublik Deutschland«, Berlin
1987, S. 119/ und Kossert, S. 70).
Auch vergessen, verschwiegen oder verdrängt ist
die Tatsache, dass die Alliierten aus Angst vor Unru­
hen bei der Verteilung der Vertriebenen darauf achte­
ten, dass sie nicht in geschlossenen Gruppen angesie­
delt wurden. Außerdem sollten so möglichst alle sozi­
alen Bindungen aus der alten Heimat unterbrochen
werden. Deshalb brachte man sie weit verstreut unter,
unterband also die sozialen Kontakte, verstärkte
dadurch jedoch das ohnmächtige Gefühl der Entwur­
zelung nur noch mehr.
Ebenfalls nicht thematisiert wird, dass wenn die so­
genannten »Lagerkinder« (also die Flüchtlingskinder)
auf den Straßen unterwegs waren, die »Dorfkinder«
(sprich die Einheimischenkinder) in die Häuser geru­
fen wurden.
Wirklich unfassbar, wie man damals selbst schon
die Kleinsten ächtete!
Ebenso war der alltägliche Hunger ein großes
Problem. Vor allem Fette und Kartoffeln waren rar.
Zwar konnte man sich einiges auf dem Schwarzmarkt
besorgen, dazu wurden allerdings Gebrauchsgüter
oder Zigaretten benötigt, um diese gegen Lebensmit­
tel eintauschen zu können. Solche besaßen die Ver­
triebenen jedoch nicht.

185
Und was viele nicht wissen oder verschweigen:
Gingen diese armseligen Menschen dann zum Buch­
eckern sammeln, brauchten sie dafür einen extra Er­
laubnisschein. Selbst das Aufsammeln von Tannen­
zapfen war genehmigungspflichtig!
Es kam zu regelrechten Kämpfen zwischen Ver­
triebenen, den Ausgebombten und anderen Habe­
nichtsen und den Bauern, um ein paar Früchte des
Feldes, die zur Erntezeit sogar »bürgerkriegsähnliche«
Formen mit Verletzten und Toten annahm.
Aufgrund der Mangelernährung und der körperli­
chen Schwäche brachen Kinder im Unterricht ohn­
mächtig oder völlig erschöpft zusammen. Hingegen
einheimischer Nachwuchs von Bauern, der den Leh­
rern Speck oder andere Lebensmittel zusteckte, erhielt
mitunter bessere Zensuren.
(Q,uelle: Andreas Ehrhardt: » Wie lästige Ausländer... - Flüchtlinge und
Vertriebene in Salzgitter 1945- 153<<, Salzgitter 1993, S. 74, 75 und
Kossert, S. 66).
Der »Hass« der Einheimischen auf die Vertriebe­
nen ging sogar so weit, dass ihnen beispielsweise in
der Gemeinde Wiesenbruck (Kreis Feuchtwangen)
aus »Furcht vor Überfremdung« (!) das Wahlrecht
verweigert werden sollte! Doch diese Bemühungen
scheiterten, woraufhin die Ortsansässigen die Wahl
boykottierten und so am Ende der Bürgermeister und
alle Gemeinderäte aus den Reihen der Flüchtlinge
kamen.

186
(Q_uelle: Paul Erk er: »Revolution des Dorfts - Llndliche B evölkerung
Z]Vischen FliichtlingsZflSlrom und landwirtschriftlichem Strukturwandei<<, S.
412, zjt. nach Kossert, S. 71).
Doch auch anderen Orts gab es eine Ablehnung
der Vertriebenen aus Furcht vor »Überfremdung«
durch die eigenen Landsleute aus dem Osten. Das
muss man sich einmal vorstellen! Ein absolutes
Tabuthema.
Pfarrer und Lehrer teilten diese Ängste ebenfalls.
So wurde beispielsweise erklärt, dass die »Besatzung«
(durch die Siegermächte) für das Volk »nicht gefähr­
lich« sei, »viel gefährlicher« sei dafür die »Flüchtlings­
sache«. Und weiter: »Es ist die große Frage, ob wir
gänzlich überfremdet werden oder ob es für uns gut
ist, frisches Blut zu bekommen durch die Flüchtlinge.
Ob dieses Blut rein ist, ist sehr die Frage (...) Der Zu­
strom der Flüchtlinge (... ) trägt die Gefahr in sich,
dass der ursprüngliche Charakter unseres Volkstums
durch Mischung mit land- und artfremdem Charakter
seine Echtheit verliert (... )«
(Q_uelle: zitiert nach Kossert, S. 84).
Selbst Landesregierungen, wie beispielsweise die
Rheinland-pfälzische, befürchtete eine »Überfrem­
dung durch Zuwanderer« und begrüßte ein Zuzugs­
verbot (Kossert, S. 88).
Hinsichtlich der Ablehnung der deutschen Vertrie­
benen gab es sozusagen eine »Rangfolge«. Die Deut­
schen aus dem Wartheland und aus der Ukraine er­
fuhren die stärkste Ablehnung. Die Pommern hinge-

187
gen waren besser angesehen als die Schlesier und
Ostpreußen.
Wie schlecht das Verhältnis zwischen Einheimi­
schen und den Heimatvertriebenen tatsächlich war,
offenbart eine Umfrage vom März 1949 in der Bizone
(gemeint ist damit der Teil Deutschlands, der nach
dem Zweiten Weltkrieg der US-amerikanischen und
der britischen Besatzungsmacht unterstellt war):
Demnach beurteilten 60 Prozent aller Einheimischen
das Verhältnis zu der zugewanderten Bevölkerung als
schlecht. Die Gründe hierfür: Die Vertriebenen wür­
den überzogene Forderungen stellen, seien arrogant,
rückständig, gleichgültig und unzuverlässig, neidisch
auf die Alteingesessenen und deshalb unzufrieden.
Einfach ein »anderes Volk« mit anderen Lebens- und
Denkweisen und einer anderen Konfession.
96 Prozent der Vertriebenen hingegen waren der
Auffassung, dass das Verhältnis zu den Einheimi­
schen schlecht sei. Diese seien egoistisch, herzlos,
geizig, zeigten keinerlei Verständnis, drängten die
Flüchtlinge beiseite, behandelten sie als »minderwerti­
ge Klasse von Menschen«, betrachteten sie als »Ein­
dringlinge«, beuteten sie aus und seien ihnen gegen­
über »feindselig« eingestellt.
(Q,uelle: Rainer Schulze: »Zuwande111ng und Modernisie111ng - Fliicht•
finge und Vertriebene im ländlichen Raum« in: Klaus ]. Bade (Hg.):
»Neue Heimat im Westen<<, Münster 1990, S. 92).
Der Vertriebene Franz Reinelt, Gemeinderat in
Nürtingen, richtete 1948 diesbezüglich ein Appell an
seine Ratskollegen, in dem er davon sprach, dass die
1 88
»Neubürger« hier »unerwünscht« und »nicht gerne
gesehen« wären. »... aber auch uns (... ) wäre es lieber,
wir wären in unserer Heimat und brauchten nieman­
den zur Last fallen. Wir sind durchaus keine Flücht­
linge. Wider jedes sittlichen Rechts aus unseren Woh­
nungen gejagt und der Heimat vertrieben, jeglicher
Habe beraubt, sind wir ungewollt und ungefragt, je­
denfalls nicht freiwillig hier (her-)gebracht worden
(...)«
Weiter: »Wir sind durchaus keine minderwertigen
Menschen aus dem Osten (... ) Wir wollen als Deut­
sche von Deutschen, als gleichwertige Menschen und
nicht als Objekt behandelt werden (... ) Nach dem
Gesetz steht uns wohl Gleichberechtigung zu, aber
deren Durchführung ist ungenügend und wird auch
von Verwaltungsinstanzen oft hintertrieben. Bei Be­
werbungen um freie Stellen, bei Ämtern und Anstal­
ten lautet die erste Frage: Ist es ein Flüchtling? Wenn
ja, erfolgt ein ablehnender Bescheid, bestenfalls eine
Hilfsanstellung.«
Und: »Die wohnmäßige Unterbringung der Neu­
bürger ist meist denkbar schlecht, oft menschenun­
würdig ( ... ) Der größte Teil von uns ist sehr schlecht
ernährt, ohne Kleidung und Schuhwerk, besitzt kei­
nen Hausrat (... )«
(Quelie: Stadt Nürtingen (Hg. ): »Im Schwabenland eine neue Heimat
gefunden - Die Eingliederung der Heimatvertriebenen im Altkreis Nürtin­
gen, Katalog Z!'r Aussteliung anlässlich der Heimattage Baden­
Württemb erg 1989 in Nürtingen«, Nürtingen 1989, S. 76j)

1 89
Ein erneutes Beispiel dafür, wie »schäbig« Einhei­
mische mit den Heimatvertriebenen umgegangen
sind! Auch das wird hinlänglich von der hiesigen Poli­
tik verschwiegen!
Letztlich ging die Integration der Heimatvertriebe­
nen über Jahrzehnte und nicht etwa »schnell«, wie
ebenfalls Mainstreamkonform verlautbart wird.
In der Tat verlangten die Alliierten nach dem Ende
des Zweiten Weltkriegs eine »Integration um jeden
Preis«. Dabei jedoch hatten die Neuankömmlinge
nichts zu verlangen. Zwar waren sie der einheimi­
schen Bevölkerung rechtlich gleichgestellt, wiederum
aber doch nicht. So durften sie keine eigenen politi­
schen Parteien bilden. Die allermeisten Selbstständi­
gen und Landwirte, die durch Flucht und Vertreibung
ihren einstigen Status verloren hatten, konnten diesen
nicht mehr kompensieren. Lediglich 6,3 Prozent der
ehemals selbstständigen Bauern schafften es, einen
eigenen oder gepachteten Hof und Boden zu be­
kommen. Millionen andere mussten weiter als unqua­
lifizierte Arbeiter schuften oder waren überproportio­
nal von Arbeitslosigkeit betroffen (Kossert, S. 88, 89, 92,
93).
Selbst ihr Heimweh durften die Vertriebenen in
den integrationsfeindlichen Lebenssituationen, in de­
nen sie sich nun befanden, öffentlich nicht zeigen, um
nicht noch mehr diskriminiert, ausgegrenzt oder ange­
feindet zu werden.

1 90
Historiker Andreas Kossert spricht ebenfalls vom
»Mythos von der erfolgreichen, solidarischen Integra­
tion der Vertriebenen« (Kossert, S. 349).
Die Deutsche Welle ließ sich am 15. September 2015
zu einer Äußerung herab, die angesichts der oben
geschilderten Fakten fast wie Hohn klingen: »Men­
schenwürdiges Wohnen, Anpassungsbereitschaft, eine
Arbeit und gesellschaftliche Akzeptanz - das sind die
wichtigsten Faktoren für eine gelungene Integration
von Zuwanderern, damals wie heute. Anders als die
Flüchtlinge und Vertriebenen der Nachkriegszeit, die
- bei allen Schwierigkeiten - zumindest die gleiche
Sprache sprachen und aus demselben Kulturkreis
kamen wie die Einheimischen, haben es Zuwanderer
heute meist ungleich schwerer.«
(Q,uelie: https:/ / IVWW.dw. com/ de/ wie-integration-gelingen-kann-ein-
j!%C3%BCchtlings-schicksal-in-der-deutschen-nachkriegszeit/ a-
1854 1640).
Ist das wirklich so? Haben es die Flüchtlinge, die
heute in Deutschland ankommen »ungleich schwerer«
als die damals deutschen Vertriebenen? Wurden diese
denn ebenfalls von Teddybären-winkenden Mitbür­
gern empfangen? Bekamen sie ausreichenden Wohn­
raum (manche aktuellen Flüchtlinge sogar neue Woh­
nungen oder gar Häuser)? Erhielten sie ausreichend
Geld, um überleben zu können? Bekamen sie kosten­
lose Bildung und Krankheitsvorsorge?
Nein - dieser Vergleich hinkt! Er ist nichts anderes,
als eine politische Lüge!

191
16. Verdrängt: »Die Vertreibung der Deut­
schen« - Das hestgehütetste Geheimnis des
Zweiten Weltkriegs!

Noch immer hat der politische und mediale


Mainstream hierzulande eine Abneigung bezüg­
lich dieses Themas!
Mehr noch: Die Verhöhnung deutscher Ver­
treihungsopfer hat Tradition!
Hintergründe und Fakten!

Am 1. September 2009 erinnerte Bundeskanzlerin


Angela Merkel in einem ARD-Interview an die deut­
schen Verbrechen während des Zweiten Weltkriegs.
Dennoch sei »die Vertreibung von weit über zwölf
Millionen Menschen aus den Gebieten des ehemali­
gen Deutschlands und heutigen Polens natürlich ein
Unrecht, und auch das muss benannt werden.«
(Q_uelle: R M. Douglas: »Ordnungsgemäße Übe,fahrung - Die Ver­
treib ung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg((, München 2012, S.
9) .
Am selben Tag äußerte sich die Kanzlerin bei der
Gedenkveranstaltung zum 70. Jahrestag des Aus­
bruchs des Zweiten Weltkriegs in Gdansk (dem
früheren Danzig) weitaus differenzierter zu den deut­
schen Vertriebenen.
Nachfolgend Merkels Rede im Original, um dem
Vorwurf zuvorzukommen, ich hätte diese aus dem

192
Zusammenhang gerissen (Hervorhebung durch
mich):

Sehrgeehrter Herr Staatspräsident,


sehrgeehrter Herr Ministerpräsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Exzellenzen,
meine Damen und Herren,
heute vor 70 Jahren begann mit dem deutschen Überfall auf
Polen das tragischste Kapitel in der Geschichte Europas. Der
von Deutschland entfesselte Krieg brachte unermessliches Leid
über viele Völker - Jahre der Entrechtung, der Erniedrigung
und der Zerstijrung.
Kein Land hat so lange unter deutscher Besatz!tng gelitten
wie Polen. In dieser dunklen Zeit, über die wir heute sprechen,
wurde das Land verwüstet. Städte und Dii,fer wurden zerstiirt.
In der Hauptstadt wurde nach der Niederschlagung des Auf
stands 1944 kaum ein Stein auf dem anderen gelassen. Will­
kür und Gewalt durchzogen den Alltag. Kaum eine polnische
Familie blieb davon verschont.
Hier auf der Weste,platte gedenke ich als deutsche Bundes­
kanzlerin aller Polen, denen unter den Verbrechen der deut­
schen Besatz!tngsmacht unsägliches Leid Zf'gefügt wurde.
Die Schrecken des 20. Jahrhunderts gipfelten im Holocaust
- in der systematischen Verfolgung und Ermordung der euro­
päischen Juden.
Ich gedenke der sechs Millionen Juden und aller anderen, die
in deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagern einen
grausamen Tod erlitten.
193
Ich gedenke der vielen Millionen Menschen, die ihr Leben im
Kampfund im Widerstandgegen Deutschland lassen mussten.
Ich gedenke aller, die unschuldig durch Hunger, Kälte und
Krankheit, durch die Gewalt des Krieges und seine Folgen
sterben mussten.
Ich gedenke der 60 Millionen Menschen, die durch diesen
von Deutschland entfesselten Krieg ihr Leben verloren haben.
Es gibt keine Worle, die das Leid dieses Krieges und des
Holocaust auch nur annähernd beschreiben könnten.
Ich verneige mich vor den Opfern.
Wir wissen: Die Gräuel des Zweiten Weltkriegs können wir
nicht ungeschehen machen. Die Narben werden weiterhin sicht­
bar bleiben. Aber die Zuku,ift im Bewusstsein unserer immer
währenden Verantworlung gestalten - das ist unser Auftrag.
In diesem Geist hat sich Europa aus einem Kontinent des
Schreckens und der Gewalt in einen Kontinent der Freiheit und
des Friedens verwandelt. Dass das möglich geworden ist, ist
nicht mehr und nicht weniger als ein Wunder.
Wir Deutschen haben dabei nie vergessen: Deutschlands
Parlner in Ost und in West haben diesen Weg durch Versöh­
nungsbereitschaft geebnet. Sie haben uns Deutschen die Hand
Zftr Versöhnung ausgestreckt. Wir haben sie voller Dankbar­
keit ergriffen.
Ja, es ist ein Wunder, dass wir in diesem Jahr nicht nur an
die Abgründe europäischer Geschichte vor 70 Jahren denken
müssen. Es ist ein Wunder, dass wir auch an die glücklichen
Tage denken können, die vor 20 Jahren Z!'m Fall der Berliner
Mauer, Z!'r Wiedervereinigung Deutschlands und Z!'r Einheit

1 94
Europas gefahrt haben. Denn vollendet wurde der Weg Euro­
pas ZJlr Freiheit erst mit dem Fall des Eisernen Vorhangs.
In der Tradition der Solidarnofc in Polen haben die Men­
schen damals überall das Tor zur Freiheit mutig aufgestoßen.
Wir Deutschen werden das nie vergessen - nicht die R.olle unse­
rer Freunde in Polen, Ungarn und der damaligen Tschechoslo­
wakei; nicht die R.olle Michail Gorbatschows und unserer west­
lichen Partner und Verbündeten; und nicht die R.olle der mora­
lischen Krcift der Wahrheit, die keiner so überzeugend und
glaubwürdig verkörperte wie Papst Johannes Paul II.
Es lag auch deshalb in der besonderen deutschen Verantwor­
tung, Polen und den anderen Staaten Mittel- und Osteuropas
den Weg in die Europäische Union und die Nato Zf1 ebnen
und ihnen ZJlr Seite Zf1 stehen.
Ja, es ist ein Wunder, eine Gnade, dass wir Europäer heute
in Freiheit und Frieden leben können. Kaum etwas kijnnte den
Unterschied Zf1 1939 besser versinnbildlichen als die enge, die
vertrauensvolle Zusammenarbeit z;nschen Deutschland und
Polen und die vie!failtigen .freundschciftlichen Beziehungen zµi­
schen unseren beiden Ländern.
Die Einigung Europas und die Freundschaft Deutschlands
mit seinen Nachbarn finden ihre Stärke darin, dass wir uns
unserer Geschichte stellen. Dies bringen die Vorsitz.enden der
deutschen und polnischen Bischofskonferenzen in ihrer jüngst
veroffentlichten Erklärung Zflm heutigen Jahrestag folgender­
maßen aef den Punkt: «Gemeinsam müssen wir in die Zu­
kueft blicken, auf die wir Zflgehen mö·chten, ohne die geschicht­
liche Wahrheit in all ihren Aspekten Zfl vergessen noch Zfl
gering Zfl achten.«
195
Wenn wir in meinem Land bis heute auch an
das Schicksal der Deutschen denken, die in Fol­
ge des Krieges ihre Heimat verloren haben, dann
tun wir das stets genau in dem von den Bischöfen
beschriebenen Sinne. Dann tun wir das in dem
Bewusstsein der Verantwortung Deutschlands,
die am Anfang von a/Jem stand. Dann tun wir
das, ohne irgendetwas an der immer währenden
geschichtlichen Verantwortung Deutschlands
umschreiben zu wollen - das wird niemals ge­
schehen.
Und in genau diesem Bewusstsein bin ich heute, 70 Jahre
später, hierher nach Danzig gekommen - in diese einst leidge­
prüfte, nun aber glanzyoll restaurierte Stadt.
Sehr geehrter Herr Staatspräsident, sehr geehrter Herr Mi­
nisterpräsident, dass Sie mich als deutsche Bundeskanzlerin
Z!'m heutigen Gedenktag eingeladen haben, berührt mich sehr.
Ich verstehe dies als ein Zeichen unserer vertrauensvollen Nach­
barschef!, unserer engen Partnerschaft und wirklichen Freund­
schaft Z}Vischen unseren Ländern, Z}Vischen den Menschen in
Deutschland und Polen. Ich möchte Ihnen dafür ausdrücklich
danken!
(Quelle: BUUETIN DER BUNDESREGIERUNG Nr. 90-1
vom 1. September 2009 Rede von Bundeskanzkrin Dr. Angela Merkel bei
der Gedenkveranstaltung zum 70. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten
Weltkriegs am 1. September 2009 tn Danzig
(https:/ / W1VW. bundesregierung. de/ resource/ biob/975954/ 771 1 12/ 776ec
afe4-d1715e2919550e9c62c5b33/ 90-1-bk-data.pr!f?downioad= 1)

196
Bundeskanzlerin Angela Merkel versuchte an die­
sem Tag einen Spagat zu machen, der ihr jedoch
gründlich misslungen ist, wie auch Kommentatoren
vermerkten. Dazu noch unter falschen Fakten.
R. M. Douglas, US-amerikanischer Professor für
Geschichte an der Colgate University in Hamilton,
New York brachte es zu Tage, als er beschrieb, dass
die deutsche Kanzlerin anscheinend glaubte, dass alle
der »weit über zwölf Millionen Menschen«, die nach
dem Krieg vertrieben wurden, aus dem Vorkriegs­
deutschland oder aus Polen kamen. Tatsächlich igno­
rierte sie damit die zahlreichen Deportierten aus Süd­
osteuropa und implizierte, dass ehemalige Sudeten­
land habe schon 1938 zum Deutschen Reich gehört.
(Q_uelle: R M. Douglas: »O rdnungsgemäße Übe,fohrnng - Die Ver­
treibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg«, München 20 12, S.
1 1)
Noch sechs Jahre zuvor hörte sich Merkel ganz an­
ders an. Als Vorsitzende der CDU Deutschland mein­
te sie am 6. September 2003 in ihrer Rede zum Tag
der Heimat
»Das erinnert uns daran, dass die Befreiung Euro­
pas und auch Deutschlands vom Nationalsozialismus
damals für viele Deutsche keineswegs anbrechende
Freiheit und das Ende von Leid bedeutete. In der
östlichen Hälfte Europas und in Mittel- und Ost­
deutschland übernahm eine neue totalitäre Diktatur
die Herrschaft. Wir müssen die Geschichte von
Flucht und Vertreibung als Teil unserer gesamtdeut­
schen Geschichte ansehen und wir müssen sie weiter
197
vermitteln. Dies gehört für mich zum historischen
Bestand unserer Nation und zu einer zukunftsfähigen
Kultur des Erinnerns.«
(Quelle: zitiert nach: Zenlnlm gegen Vertreibungen: Rede der Vor.Jit­
zenden Erika Steinbach MdB in der Konrad-Adenauer-Stiftung 9. Juni
2015 (https:/ / www.z-g-v.de/zgv/ veranstaltungen-unserer-stiftung/jlucht­
vertreibung-deportation-962015/))
Erneut ein Beleg dafür, wie sich die Kanzlerin in
der Frage der Vertriebenen über die Jahre hinweg
»windet«.
Natürlich ist das Thema der deutschen Vertriebe­
nen jetzt noch, 75 Jahre nach Kriegsende ein politi­
sches Minenfeld mit ungeheurem Konfliktpotenzial.
Auch daran erinnert der US-Geschichtsprofessor
Douglas: »Vielmehr gab es in Deutschland und ganz
Mitteleuropa in der Nachkriegsepoche starke offizielle
und inoffizielle Versuche, den Diskurs (über die deut­
schen Vertriebenen/ d. A.) von Öffentlichkeit und
Medien darüber zu kontrollieren und die Diskussion
in erwünschte Bahnen zu lenken.« Dabei wurden mit­
unter . Äußerungen von Landsmannschaften­
Funktionären gleich als revanchistisch oder revisionis­
tisch angesehen. Das gilt wohl bis heute so.
»Innerhalb Deutschlands hat sich nach dem Krieg
die Kontroverse um den Umgang mit den Vertrei­
bungen fast nur um ,Erinnerung' statt um ,Geschich­
te' gedreht - anders gesagt stand die Frage im Mittel­
punkt, wie man sich an sie erinnern und sie darstellen
soll, nicht woran erinnert werden soll«, meint Douglas
treffend.
1 98
Und weiter: »Über fast alle wichtigen Punkte herr­
schen nach wie vor große Meinungsunterschiede und
noch größere Verwirrung: so grundlegende Fragen
wie die Zahl der Todesopfer während der Vertreibun­
gen (und selbst die Frage, was als vertreibungsbeding­
ter Todesfall zu zählen ist); wie viele Menschen, unter
welchen Bedingungen vor ihrer Deportation interniert
waren; ob die Hauptverantwortung für die Operation
bei den Vertreibungsstaaten selbst liegt, bei der Sow­
jetunion oder den Westalliierten; und ob die Vertrei­
bungen einen Bruch des Völkerrechts darstellten oder
in Übereinstimmung damit stattfanden.«
(Quelle: R M. Dougfas: »Ordnungsgemäße Üb erftihrung - Die Ver­
treibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg«, München 2012, S.
12, 13).
Kurzwn: Hierzulande gibt es noch immer eine gro­
ße Verwirrung in der hiesigen Öffentlichkeit über
Wesen und Umfang der Vertreibungen, bei der
Deutschland mehr als ein Viertel seines Territoriwns
verlor (unter anderem Schlesien, Pommern, Ost- und
Westpreußen). Die tatsächliche Zahl der Vertriebenen
liegt bei etwa 1 4 Millionen (bis 20 Millionen wie in
diesem Buch bereits aufgezeigt). Fast drei von zehn
Deutschen sind selbst vertrieben worden oder sind
Kinder oder Enkel von Vertriebenen. So wie ich.
R. M. Douglas enthüllt: »Während die Geschichte
der Vertreibungen in Deutschland zu wenig bekannt
ist, kann man für den Rest der Welt ohne Übertrei­
bung sagen, dass sie bis heute das am besten gehütete

199
Geheimnis des Zweiten Weltkriegs ist.« (Douglas, S.
1 4).

(Q_uelle: Wikimedia.commons Ostpreußen - Flüchtlinge auf Pferde­


wagen aufder Fahrt durch ein Dorf, 1945)
(Bundesarchiv, Bild 1 46-1 979-084--06 / CC-BY-SA 3.0)
(https:/ / commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_146-
1 979-084--06�Fl%C3%BCchtlingstreck.jpg))

Hermann Rudolph stellte im Tagesspiegel vom 1 1.


April 2002 (»Das Ende eines deutschen Tabus«) fest,
dass »in den aufgeklärten Milieus der Bundesrepublik
Vertreibung und Vertriebene zu den am besten gesi­
cherten Tabus gehörten - verteidigt mit den dicken
Kanonen des Revanchismus-Verdachtes und der
Drohung des Ausstoßes aus dem Kreis der politi-
200
sehen Satisfaktionsfähigen (... ) Im Volk der Täter
konnte es, durfte es keine Opfer gegeben haben.«
Und: »Jahrzehntelang wurde die Vertreibung aus
dem Osten als Tribut für die Niederlage akzeptiert, als
Preis, den man dafür zu zahlen hatte, dass man in
einer Demokratie und im Frieden mit den Nachbar­
ländern leben konnte (... ) Dieses Bewusstsein hat
vermutlich die Kaltherzigkeit hervorgebracht, die die
Nachkriegsgeneration gegenüber dem Schicksal der
Vertriebenen an den Tag legte.«
(Q_uelle: Andreas Kossert: »Kalte Heimat - Die Geschichte der deutschen
Vertriebenen nach 1945«, München 2009, S. 325).
Ich ergänze: Nicht nur dieses »Bewusstsein«, son­
dern ebenso die »Umerziehung«, die »Reeducation«
durch die Alliierten - was noch in einem meiner weite­
ren Bücher ein Thema sein wird - hat Flucht und Ver­
treibung aus dem öffentlichen Diskurs verdrängt.
Und damit auch den einhergehenden Schmerz und
die Trauer, Ohnmacht, Verzweiflung und Wut als
Reaktion auf den Verlust von Angehörigen, Besitz
und ideellen und kulturellen Werten.
Der US-amerikanische Völkerrechtler und Histori­
ker Alfred-Maurice de Zayas, ehemaliger UN-Beamter
und Unabhängiger Experte des Menschenrechtsrats
der Vereinten Nationen für die Förderung einer de­
mokratischen und gerechten internationalen Ord­
nung, erklärt hierzu:
»Alle Opfer des Unrechts muss mit Ehrfurcht ge­
dacht werden. Die Verbrechen am polnischen Volk
1939-44 bewegen uns zur existentiellen Identifizie-
201
rung mit den leidenden Menschen. Die Orgie der
Verbrechen, die sich über die deutschen Vertriebenen
1945-48 ergossen, muss ebenfalls das menschliche
Mitgefühl erwecken, denn alle waren Opfer der Poli­
tik und der Politiker.«
Weiter: »Man sollte aufhören nach der Nationalität
eines Opfers zu fragen, denn das Leid hat keine Nati­
onalität. Die Entscheidungen der Politik haben Milli­
onen von einfachen Menschen für immer aus ihrer
gewohnten, angestammten Lebenswelt herausgeris­
sen, ja für viele Tod und Verderben gebracht.« Und:
»In den letzten 20 Jahren ist es in Deutschland Mode
geworden, die Welt in Täter und Opfer aufzuteilen.
Diese Schwarz-Weiß-Malerei ist nicht nur unhisto­
risch, sie ist menschenverachtend, denn diese Auftei­
lung verkennt die individuelle Schuld und Unschuld
der Betroffenen. Jedoch kann man feststellen, dass die
deutschen Vertriebenen vornehmlich und überwie­
gend Opfer waren - keine Täter.«
(Quelle: A!fred M. de Zqyas: »Die deutschen Vertriebenen - Keine Tä­
ter, sondern Opfer - Hintergründe, Tatsachen, Folgen«, Graz 2006, S.
18).
Und dennoch herrscht, vor allem hierzulande, ge­
radezu ein politischer und medialer »Widerwille«, die­
ses Thema zu behandeln, wohl um die »Täterrolle«
Deutschlands nicht zu verwässern. Schuld daran ist
auch die politische Linke, so Otto Schily, der bereits
1999, als er SPD-Bundesinnenminister war, feststellte,
dass diese in der Vergangenheit über die Vertrei-

202
bungsverbrechen hinweggesehen habe, als »Ausdruck
von Mutlosigkeit und Zaghaftigkeit.«
(Queiie: Frankfurter Al/gemeine Zeitung v. 3 1. Mai 1999).
Tatsächlich wurde und wird noch immer das Ver­
treibungsverbrechen an den Deutschen tabuisiert,
kleingeredet oder erst gar nicht erwähnt. Und wenn,
dann nur als unbedeutendes »Randphänomen«.
Manch einer kritisiert das. Auch früher schon.
Aus einem Gutachten zum Thema »Die Vertrei­
bung in Film und Llteratur« für die Bavaria Fernseh­
GmbH aus den 1980er-Jahren geht hervor:
»Man fragt sich unwillkürlich, weshalb ein so dra­
matisches, einschneidendes und so viele betreffendes
historisches Ereignis wie der Verlust der ehemals
deutschen Ostgebiete innerhalb von drei Nachkriegs­
jahrzehnten weder in der ernstzunehmenden deut­
schen Llteratur noch im deutschen Film - unter wel­
chen politischen und unpolitischen Aspekten auch
immer - ein irgendwie bemerkenswertes und dem
Faktum angemessenes Echo gefunden hat.«
Und weiter: »Gesetzt den Fall, ein ähnliches
Schicksal hätte Frankreich, Italien oder England ge­
troffen - wäre es denkbar, dass französische, italieni­
sche oder englische Filmemacher einen derart spekta­
kulären und sozial äußerst folgenschweren Vorgang in
ihrem Land dreißig Jahre lang einfach ignorierten
oder sich gar durch opportunistische Selbstzensur
(was wird wohl das Ausland dazu sagen?) an einer

203
freimütigen Behandlung dieses so ungemein reichhal­
tigen Stoffgebietes hindern ließen?«
(Quelle: »Westermanns Monatshefte« Nr. 5/ 1980, S. 104).
Trotz dieses Informationsdefizits konnte sich die
Bundesregierung in jener Zeit nicht entschließen, eine
zusammenfassende Dokumentation des Bundesar­
chivs über die Vertreibungsverbrechen zu veröffentli­
chen.
Weitgehend verschwiegen: Nach Anweisung (Nr. 2)
des Alliierten Kontrollrats vom 4. September 1945
durften keine Presseartikel gedruckt werden, die »eine
Respektlosigkeit gegenüber den Besatzungsbehörden
oder Mitgliedern der Vereinten Nationen darstellen.«
(Quelle: Karl 0. Kmth: »Presse, Film und Rundfunk«, Band III, Kiel
s.
1959, 402.ff.).
Nach dieser »Anweisung« unterdrückten bis etwa
1948 die Besatzungsmächte jegliche Veröffentlichun­
gen über Vertreibungsverbrechen.
Die Süddeutsche Zeitung (München) wagte es den­
noch, am 4. Juni 1946 einen dementsprechenden Ar­
tikel zu drucken, in dem unter anderem erwähnt wur­
de, dass die Vertriebenen »grauenhafte Darstellungen«
von den Lagern (beispielsweise) in der Tschechoslo­
wakei gegeben hätten. Die Glaubwürdigkeit dieser
Schilderungen seien nicht zu bezweifeln. Es könne
nicht der Wille der Besatzungsmächte sein, »dass man
Frauen, Greisen und Kindern so grauenvoll entgelten
lässt, was ein Verbrecherregime (also die Nazis/d. A.)
verschuldet hat.«

204
Trotz dieses noch zurückhaltenden Artikels reagier­
ten die Besatzungsmächte verärgert und diktatorisch.
So setzte die US-Militärregierung _die Seitenzahl der
Süddeutschen Zeitung für dreißig Tage von acht auf vier
Seiten herunter! Im Wiederholungsfall drohte gar das
Verbot der Zeitung oder der Entzug der Lizenz.
(Quelle: Karl 0. Kurth: »Presse, Film und Rundfunk«, Band III, Kiel
s.
1959, 403.ff.).
Der deutsche Historiker Andreas Kossert ergänzt:
»Vertriebene galten pauschal als Revanchisten, wes­
halb es unter Intellektuellen verpönt war, sich mit
Flucht und Vertreibung der Deutschen zu beschäfti­
gen (... ) Die Verhöhnung deutscher Vertreibungsop­
fer hat Tradition.«
Der US-amerikanische Politikwissenschaftler und
Historiker Norman N. Naimark erklärte: »Ich sympa­
thisiere mit den Opfern - und sie waren Opfer: dieje­
nigen, die aus ihren Häusern verjagt wurden, diejeni­
gen, die starben, diejenigen, die mutwillig Brutalität
und die furchtbaren Bedingungen von Internierung
und Vertreibung ertragen mussten.«
Peter Glotz, ehemaliger Sozialdemokrat, Parlamen­
tarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bil­
dung und Wissenschaft, dann Senator für Wissen­
schaft und Forschung von Westberlin, Bundesge­
schäftsführer der SPD und Mitinitiator des Zentrums
gegen Vertreibung, der selbst Sudenten-Vertriebener
war, forderte einst: »Wir wollen (... ) eine ehrliche De­
batte. Wir wollen kein politisch korrektes Gesäusel
mehr. Wir wollen uns ( ... ) nicht mehr verlassen, ein-
2os
schüchtern und durch taktisch gemeinte ,Erklärungen'
und ,Verträge' täuschen lassen.«
(Quelle: Andreas Kossert: »Kalte Heimat - Die Geschichte der deutschen
Vertriebenen nach 1945«, München 2009, S. 13, 346, 348, 349)
Deutsche Forscher sorgten sich dahingehend, dass
eine Diskussion um die Vertreibungen eine Grundla­
ge für »selbstmitleidige Opfermentalität« wird und
damit die Schuld an den NS-Verbrechen in den Hin­
tergrund treten könnte.
Natürlich soll es dabei niemals um Aufrechnung
gehen (z.B. ist der Holocaust ein unerreichtes
Menschheitsverbrechen von nicht zu überbietendem
Ausmaß), sondern um zeitgeschichtliche Fakten und
Darstellung. Doch die Einsicht, dass Deutsche im
Zweiten Weltkrieg und auch noch danach ebenfalls
Opfer von Grausamkeiten, vom Bombenkrieg und
von Flucht und Vertreibung geworden sind, ließ bei
vielen Befürchtungen aufkommen. Dieser Gedanke
wurde nicht als Chance, sondern als »Bedrohung«
aufgenommen (vgl daZ!': Kossert, S. 15). Denn die einstigen
»Henker« durften sich nicht als »Opfer« sehen.
Dennoch gab es diese Massenvertreibungen von
Deutschen sowie die Internierungs- und Sammellager,
unsägliches Leid und zwischen zwei und drei Millio­
nen Tote.
Hinzu kommt, dass ausgerechnet die alliierten Staa­
ten bis heute wenig Interesse daran haben, sich eben­
falls mit dieser Thematik zu befassen, müssten sie
dann doch auch die Mitwirkung ihrer Staatsführer an
einem der »größten Fälle von Menschenrechtsverlet-
206
zungen in der modernen Geschichte« (Douglas, S. 15)
aufarbeiten, die das demographische Gesicht des eu­
ropäischen Kontinents veränderte. Das wiederum
würde das Narrativ, beispielsweise der Amerikaner,
stören, die sich als die »Guten« sahen und einen
»Good War« gegen ein monströses Regime führten.
Vergessen auch die Rache »der anderen« gegenüber
den deutschen »Verursachern« des Krieges, die Schul­
dige, wie Unschuldige traf. Ebenso die Vertreibungen
weiterer Bevölkerungsgruppen, zum Beispiel durch
die Russen.
»]etzt setzten die Vertreibungen ein: der Deutschen
aus dem östlichen Europa, der Finnen aus den Kare­
lien, der Polen aus den ostpolnischen Gebieten, der
Ungarn aus der Slowakei und der Italiener aus Istri­
en«, erklärt Kossert dazu. »Begonnen hatte das ver­
brecherische Treiben schon während des Krieges mit
den Zwangsdeportationen von Krimtartaren, Tschet­
schenen, Wolgadeutschen und Einwohnern der balti­
schen Staaten innerhalb der Sowjetunion, den
Zwangsumsiedlungen von Polen aus dem seit 1939
besetzten Westpolen in das Generalgouvernement
und der_ Vertreibung, Deportation und Vernichtung
der europäischen Juden« (Kosserl, S. 27).
Fakt jedoch ist, dass die Vertreibungen, die »Bevöl­
kerungstransfers«, die »größte Zwangsumsiedlung in
der Menschheitsgeschichte« (Douglas, S. 17) nicht unab­
wendbar, notwendig oder gerechtfertigt war, so wie es
die Vertreibungsländer bis heute behaupten.
207
Der britische Premierminister Winston Churchill
machte keinen Hehl daraus, dass »reiner Tisch« mit
den Deutschen gemacht werden sollte. »Aus seiner
Optik war die Massenvertreibung eine unschöne, aber
unvermeidliche Begleiterscheinung der Neuordnung
Europas nach 1945.«
(Quelle: Ute Schmidt: »Gebietsverluste, Flucht und Vertreibung (Ar­
beitsgmppe zur Erforschung der neuesten Geschichte Deutschlands)«, zitiert
nach: Kossert, S. 3 1).
Churchill brachte es wohl auf den Punkt, denn ge­
nau darum schien es bei den Vertreibungen zu gehen:
Um Rache (vor allem der einst von Hitler besetzten
mittel- und osteuropäischen Staaten) und um ein
»neues« Europa - und zwar nach den Vorstellungen
der Alliierten!
Als die Heimatlosen und Entwurzelten schließlich
in den Besatzungszonen eintrafen, gab man ihnen die
verschiedensten Bezeichnungen: Aussiedler, Vertrie­
bene, Flüchtlinge, Ostvertriebene, Heimatvertriebene,
Heimatverwiesene, Ausgewiesene, Umsiedler oder
Neubürger.
Wahrlich waren sie die Deklassierten, die moralisch
Geächteten der Siegermächte und anderer.
Die amerikanische Besatzungsmacht war es dann,
die den Begriff »expellees« (Vertriebene) anordnete.
Der deutsche Historiker Andreas Kossert schrieb
diesbezüglich: »Der Begriff sollte zum Ausdruck brin­
gen, dass die Vertreibung endgültig war und keine
Hoffnung auf Rückkehr bestand. Nach Gründung der

208
Bundesrepublik. wurde das Wort ,Vertriebener' in der
Regel dem Begriff ,Flüchtling' vorgezogen.«
(Quelle: Andreas Kossert: ;>Kalte Heimat - Die Geschichte der deutschen
Vertriebenen nach 1945«, München 2009, S. 10)
Und noch ein Fakt wird hierzulande kaum erwähnt,
obwohl er eine unfassbare Dimension hat und nicht
etwa aus den Mündern »Ewiggestriger« stammt, son­
dern aus der Feder renommierter deutscher Forscher:
»Während der Internationale Militärgerichtshof (bei
den Nürnberger Prozessen/ d. A.) die nationalsozialis­
tischen Massenmörder in Nürnberg zur Verantwor­
tung zog und dabei die ,ethnische Säuberungspolitik
der Nationalsozialisten in Polen und Frankreich' so­
wie die ,Deportation von Angehörigen der Zivilbe­
völkerung mit Recht als Kriegsverbrechen und Ver­
brechen gegen die Menschlichkeit unter Strafe stellte',
fand zur selben Zeit mit Billigung der Siegermächte
die größte ,ethnische Säuberung' in der neueren Ge­
schichte statt - die Vertreibung der Deutschen aus
dem Osten und Südosten Europas.«
(Quellen: Andreas Kossert: J>Kalte Heimat - Die Geschichte der deut­
schen Vertriebenen nach 1945«, München 2009, S. 42 sowie Manfred
Kittel/Horst Möller: J>Die Benes-Dekrete und die Vertreibung der Deut­
schen im europäischen Vergleich« in: Vierte/Jahreshefte far Zeitgeschichte 4
s.
(2006), 581).
So ähnlich formulierte es auch der US­
amerikanische Völkerrechtsprofessor, Historiker und
Chicagoer Harvard-Absolvent, Alfred-Maurice de
Zayas: »Somit stellte die Nürnberger Rechtsprechung
eindeutig fest, dass Massendeportationen als Kriegs-
209
verbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit
gelten (...) Zur gleichen Zeit, als der Nürnberger Pro­
zess lief, wurden jedoch Millionen von Deutschen aus
ihrer Heimat vertrieben, auf Beschluss oder zumin­
dest mit Billigung derselben Mächte, deren Ankläger
und Richter in Nürnberg über nationalsozialistische
Kriegsverbrechen befanden, u.a. über Massendeporta­
tionen.«
(Q,uelle: Alfred M. de Z�as: »Die deutschen Vertriebenen - Keine Tä­
ter, sondern Opfer - Hintergründe, Tatsachen, Folgen<<, Graz 2006, S. 63,
64).
Wer die menschenverachtende Vertreibung der
Deutschen aus dem Osten immer noch und aus­
schließlich als »Strafe« für die NS-Verbrechen ansieht,
verschleiert mitunter mutwillig, dass diese vor allem
die Unschuldigen, die Zivilisten, die Alten, die Frauen
und die Kinder getroffen hatte.
»Dabei richtete sich die Vertreibung wahllos gegen
alle Deutschen, auch gegen sozialdemokratische Bres­
lauer, ermländische Zentrumswähler, hinterpommer­
sche Landarbeiter, die einst der KPD nahestanden,
sudentendeutschen Sozialdemokraten und Kommu­
nisten, Überlebende der deutschen Konzentrationsla­
ger und Antifaschisten« (Kossert, S. 350).
Einer der wenigen politisch Verantwortlichen, die
das Leid richtig benannten, war der ehemalige Bun­
despräsident Johannes Rau. Er wies am 12. Mai 2000
in seiner »Berliner Rede« auf die »wenig solidarische
Aufnahme« Millionen Vertriebener hin: »Viele werden
nicht vergessen, wie viel Ablehnung sie nicht nur in
210
Dörfern und Kleinstädten gestoßen sind - obwohl sie
schwerstes Leid ertragen hatten, obwohl sie dieselbe
deutsche Sprache sprachen, obwohl sie zur gleichen
Kultur gehörten, oft sogar zur selben Konfession wie
ihre neuen Mitbürger.«
{Q,uelle: ;;Berliner &de 2000 von Bundespräsident Johannes Rau<<,
Haus der Kulturen der Welt, Berlin, 12. Mai 2000: ;;Ohne Angst und
ohne Träumereien: Gemeinsam m Deutschland leben«
(https:/ / 1111VW. bundespraesident. de/SharedDocs/&den/DE/Johannes­
Rau/ &den/ 2000/05/ 20000512_&de2.html)
Trotz all dieser Fakten, trotz all dieser Worte ist die
»innerdeutsche Diskriminierung« von Vertriebenen
sowie ihre Integration, die oft nicht weiter war als eine
erzwungene Assimilation, noch immer ein absolutes
Tabuthema, unterliegt gar - so scheint es jedenfalls -
einer politisch korrekten »Verschwörung des Schwei­
gens.«
Andreas Kossert bringt es auf den Punkt: »Ein na­
tionales Gedenken an Flucht und Vertreibung der
Deutschen und an die verlorenen Gebiete im Osten -
das wäre ein Anfang. Aber immer noch wollen viele
nicht zur Kenntnis nehmen, dass Flucht und Vertrei­
bung 2 Millionen Zivilisten das Leben kostete und
weitere 14 Millionen ihrer Wurzeln beraubten (...)
Was immer sie (die Vertriebenen/d. A.) taten, sie
blieben Eindringlinge in der Welt, die nur noch Wes­
ten schaute. In dieser Welt war kein Platz für sie (...)
Nie wollte man ihre Geschichte hören« (Kossert, S. 353,
354) .
· Ich habe einen Teil davon in diesem Buch erzählt.
211
Der englische Philosoph und Mathematiker Ber­
trand Russel beklagte schon am 23. Oktober 1945: »In
Osteuropa werden jetzt Massendeportationen von
unseren Alliierten durchgeführt in einem beispielslo­
sen Rahmen, und ein offensichtlich vorsätzlicher Ver­
such wird unternommen, viele Millionen Deutsche
auszurotten (... ) indem man ihre Häuser und Nahrung
wegnimmt, um sie einen langsamen quälenden Hun­
gertod sterben zu lassen.«
Und weiter: »Sind Massendeportationen Verbre­
chen, wenn sie während des Krieges von unseren
Feinden begangen werden, und gerechtfertigte Maß­
nahmen sozialer Regulierung, wenn sie durch unsere
Alliierten in Friedenszeiten durchgeführt werden?«
(Quelle: zitiert nach: Klaus Rainer RöhL· » Verbotene Trauer - Ende des
deutschen Tabus«, München, 2002, S. 211).
Der amerikanische Historiker Norman Naimark re­
sümiert: »Tatsache ist, dass ungefähr 2,5 Millionen
Deutsche umkamen und 11,5 Millionen vertrieben
wurden, einzig und allein weil sie Deutsche waren.
Entscheidend war ihre ethnische Zugehörigkeit und
nicht ihre Staatsbürgerschaft, ebenso wenig die Frage,
ob sie gute oder schlechte Deutsche waren, Faschis­
ten oder Antifaschisten (... ) Das war keine Abrech­
nung mehr zwischen Bevölkerungsgruppen. Die Ver­
treibung der Deutschen wurde politisches Staatsziel.«
(Quelle: zitiert nach: Zentrum gegen Vertreibungen: Rede der Vorsit­

=.
zenden Erika Steinbach MdB in der Konrad-Adenauer-Stiftung 9. Juni
2015 (https:/ f z-g-11.de/zgv/ veranstaftungen-unserer-stiftung/jlucht­
vertreibung-deportation-962015/))

212
17. Vergessen: »Das Recht auf angestammte
Heimat und die intellektuelle Selbstverachtung
der Deutschen!« - Rede des estnischen Staats­
präsidenten von 1995

Kein deutscher Politiker hat den Mut das Ta­


bu-Thema anzusprechen!
Es ist ein ausländischer Demokrat, der den
hiesigen Verantwortlichen den Spiegel vors Ge­
sicht hielt!
Eine Blamage für die deutsche Politik!

Der estnische Staatspräsident Lennart Meri (von


1992 bis 2001 im Amt) erklärte zum fünften Jahrestag
der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1995
in Berlin in seiner Rede »Europäische Ansichten über
Deutschland«:
»Für mich als Este ist es kaum nachvollziehbar, wa­
rum die Deutschen ihre eigene Geschichte so tabui­
sieren, dass es enorm schwierig ist, über das Unrecht
gegen die Deutschen zu publizieren oder zu diskutie­
ren, ohne dabei schief angesehen zu werden - aber
nicht etwa von Esten oder Finnen, sondern von
Deutschen selbst?«
(Q_ueile: https:/ /potsdamer-konferenZ: de/ verstaendigung/ lennart-meri­
rede).
Doch Lennart Meri sagte noch mehr, redete den
Deutschen in ihr Gewissen, sprach von einem »Recht

213
auf angestammte Heimat«, über die »intellektuelle
Selbstverachtung der Deutschen« und vieles mehr.
Da dies alles nicht aus dem Mund eines Revisionis­
ten, eines Revanchisten, eines Ewig-Gestrigen oder
sonst wem kommt, dem man mit dieser Allmacht­
Keule zum Schweigen bringen könnte, sondern von
einem demokratischen Staatspräsidenten, veröffentli­
che ich nachfolgend die ganze Rede (Hervorhebungen
durch mich):

EUROPÄISCHE ANSICHTEN ÜBER


DEUTSCHLAND
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Meine
lieben Deutsche Freunde und Freunde Deutschlands,
Der Mauerfall in Berlin hat eine politische Zeiten­
wende eingeführt, die am 3. Oktober 1 990 durch die
Deutsche Einheit und am 3 1 . August 1 994 durch den
Abzug letzter russischer Soldaten aus Estland sowie
aus Deutschland besiegelt wurde. Im Wettkampf der
Ideologien hatte der Westen klar gesiegt. Einen Au­
genblick hat man sogar geglaubt, sicher zu sein:
Marktwirtschaft und Demokratie sofort und überall
auf der Welt.
Seitdem aber die Deutsche Einheit immer mehr in
den Schatten des europäischen Alltags rückt, stellt
man in demselben Europa die Frage: Was hat diese
Zeitenwende uns eigentlich gebracht? Haben die
Prinzipien, auf denen sich unsere abendländische
Wertegemeinschaft beruht, sich etwa bestätigt oder
214
stehen sie ausgerechnet vor einer neuen Bewährungs­
probe? Lässt man sich bei den neuen Interpretationen
und Entscheidungsprozessen nicht irreführen von
dem Hedonismus, der immer scheinbare Siege feiert
und scheinbare Niederlagen beklagt? Hat der Westen
und sein tonangebender Politikus die Entwicklungen
in Russland nicht immer wieder völlig falsch einge­
schätzt? Hat sich nicht auch der hochgeschätzte
Übersee-Prophet, Francis Fukuyama, grundlegend
getäuscht, als er meinte, mit dem Fall des Kommu­
nismus sei «The End of History« eingetreten? Wird es
nicht seither immer deutlicher, dass die Geschichte,
die wir ja plötzlich im Überfluss, aber nicht im Ver­
schwinden haben, viel komplizierter, der Traum von
einer neuen «Weltordnung« immer unrealistischer und
die weltpolitische Lage unberechenbarer und gefährli­
cher geworden ist?
Das bipolare System existiert nicht mehr; jedoch
strahlt das Großmachtdenken, der Jalta-Geist, auch
heute auf die internationalen Beziehungen aus, unter­
stützt von mediensynchronisierten Plattitüden der
Politiker, die das Wünschenswerte mit der Wirklich­
keit verwechseln.
In dieser Situation, meine Damen und Herren, ge­
winnen PRINZIPIEN eine Bedeutung, eine Bedeu­
tung, die von den physikalischen Maßstäben ihres
Trägers nicht abhängt. Es geht um Prinzipien, die
das Nationalbewusstsein, die Staatsordnung und
gesellschaftliche Verantwortung gleichermaßen
215
befördern. Unter den Nationalhymnen der west­
lichen Welt ist es eben das DEUTSCHLAND­
LIED, wo jene Prinzipien des Abendlandes
EINIGKEIT, RECHT und FREIHEIT - auf
prägnanter Art und Weise ihren Ausdruck gefun­
den haben!
Unsere Aufgabe als Europäer setzt voraus, auch in
den Zeiten einer geschürter Geschichtslosigkeit oder
orientierungslosen .Alltagshektik sich immer dieser
Grundprinzipien zu entsinnen und sie stets mit le­
bendigem Inhalt zu erfüllen.
Meine Damen und Herren,
die Heimat ist - wie auch das Recht - immer
konkret - oder es gibt sie überhaupt nicht.
Am frühen Morgen des 18. Oktobers 1939 begann
laut dem erpressten Beistandspakt zwischen Estland
und der Sowjetunion der Grenzübergang von 25 000
sowjetischen Soldaten, um sich den ausgewählten
Militärstützpunkten auf dem estnischen Territorium
niederzulassen.
Am späten Abend desselben Tages verließ das erste
Schiff «Utlandshöm« mit den deutschbaltischen Um­
siedlern den Revaler Hafen. Etwa 12 000 Estnische
Bürger Baltischen Ursprungs waren gezwungen, sich
von ihrer Heimat, Estland, loszusagen. Das war eine
von Diktatoren diktierte Option.
Knapp zwei Monate nach dem unheilvollen Hand­
schlag in Moskau wurde das Deutschbaltentum zu
einem der ersten Opfer des Molotow-R.ibbentrop-Paktes. Wie
216
stark das Heimatgefühl bei den estnischen Deutsch­
balten eigentlich war, beweist die Tatsache, dass ein
Drittel - etwa 6000 Männer und Frauen von ihnen
dem »Heim ins Reich« erstmal keine Folge geleistet
haben, jedoch 1941 als Nachumsiedler nach Deutsch­
land ziehen mussten, kurz vor dem Ausbruch des
Krieges zwischen dem Deutschen Reich und Sowjet­
russland.
Das nach dem Kriege folgende war für die Sowjet­
union nur eine Frage der »Ausgestaltung«. Im Fall
Estlands war das Ausradieren der historischen
Rolle der Deutschbalten aus dem Bewusstsein
und Identitätsgefühl der Esten ein Bestandteil
der ideologischen »Ausgestaltung«.
Heute können wir mit voller Eindeutigkeit feststel­
len, dass dies den totalitären Gesinnungspolizisten
nicht gelungen ist. Heute können wir wieder mit Ver­
antwortung und ohne Wohlklang der politischen
Sonntagsreden sagen: Die estnische Geschichte ist
ebenso die Geschichte Europas. Das Land der Esten
war, ist und bleibt gleichfalls die Heimat der Deutschbal­
ten. Das Deutschbaltentum ist für Estland immer eine
kulturelle Brücke und ein geistiges Bollwerk gewesen.
Trotz der massiven Unterdrückung, trotz aller Diffa­
mierungen dieser historischen Realität durch das Jahr­
zehnte währende kommunistische Regime, haben sich
diese estnische-deutschen Bindungen über unzählige un­
sichtbare geistige Fäden erhalten. Die Konsequenz ist
klar und eindeutig: Estland befindet sich nicht auf
217
dem Weg »zurück nach Europa«, Estland ist seit lan­
gem - und vor allem, dank der Deutschbalten - ein in
Europa eingebundenes Land, was als solches wieder­
entdeckt und Europa zurückgewonnen werden muss.
Zu den europäischen Grundsätzen gehört un­
entbehrlich das Recht aef die Heimat. Aber nur ein
freies und demokratisches Land ist imstande, dieses
Recht zum Leitsatz seines politischen Verhaltens zu
machen. Das demokratische Estland ist wieder ein
solches Land.
Als Präsident Estlands will ich den heutigen bedeu­
tungsstarken Tag in Berlin zum Anlass nehmen und
der deutschen Öffentlichkeit versichern, dass Freistaat
Estland ein weltoffenes Land ist, wo das Recht auf die
angestammte Heimat ebenso bewahrt ist wie die sämtli­
chen Rechte, die eine conditio humana auch in der
Tat menschenwürdig gestalten. Estland ist und bleibt
offen allen Deutschen, die heute willig sind, von ihrem Recht auf
ihre Heimat Gebrauch Z!' machen.
Meine Damen und Herren,
obwohl die Grenze des Abendlandes Estland und
Deutschland auf derselben Seite belässt, können wir
erst seit einigen Jahren wieder eine vollblütige Chance
für ein neues Zeitalter der gegenseitigen Entdeckun­
gen wahrnehmen. Ich mache keinen Hehl daraus, dass
eben Deutschland nach wie vor für die meisten mei­
ner Landsleute der Inbegriff, das Schlüsselwort Euro­
pas ist. Ich werde nicht länger ausführen, dass das
erste Schiller-Denkmal der Welt nicht in Weimar oder
218
Marbach, sondern auf einer kleinen Halbinsel Pucht
in West-Estland errichtet wurde.
Ich habe diese Beispiele genannt, damit Sie verste­
hen können, warum politische Gemüter in meiner
Heimat die Einheit Deutschlands als stärkste Hoff­
nung auf den Zusammenschluss Europas beseelt ha­
ben.
Das Recht auf die Heimat kann in Europa nicht ge­
trennt vom Recht auf die EINIGKEIT wahrgenom­
men werden. Dies wäre der aktuelle, europapolitische
Sinn des Deutschlandliedes, was uns daran erinnert,
dass das Recht auf Einigkeit unmittelbar mit der
Pflicht vor Europa verbunden ist. Sicherheit in Euro­
pa ist nur dann ernst zu nehmen, wenn sie als unteil­
bar wahrgenommen wird.

219
(Q_uelle: Wikimedia.commons (Präsident von Estland, während eines Besuchs im
Pentagon am 15. Januar 1998
(https:/ / commons.wikimedia.ory wiki/ File:Lennart_Meri_ 1998jpg))

220
Estland ist dabei der Testfall: Wie wird es gelingen,
ein nach der Geschichte, Kultur und Mentalität euro­
päisches Land für Europa zurückzugewinnen? Vor
allem von Deutschen erwarten wir, dass sie sich ver­
antwortungsbewusst den sicherheitspolitischen Her­
ausforderungen unserer Zeit stellen würden.
Es ist die höchste Zeit für den Wechsel einer
Grundeinstellung gekommen, und zwar: Die Angst
vor der Macht soll durch den Mut zur Macht ersetzt
werden! Es ist unübersehbar, dass das Vertrauen zu
einer Nation nur dann entsteht, wenn sie auf eine
verantwortungsvolle Art und Weise, ohne Vorurteile,
begleitet von der friedensstiftenden Kraft des Rechts,
im Interesse des Gemeinwesens und der Freiheit im­
stande ist, entschieden über ihre Machtmittel zu ver­
fügen.
Als Este sage ich dies und frage mich, warum
zeigen die Deutschen so wenig Respekt vor sich selbst?
Deutschland ist eine Art Canossa-Republik ge­
worden, eine Republik der Reue. Aber wenn man
die Moral zur Schau trägt, riskiert man, nicht
sehr ernst genommen zu werden. Als nicht­
Deutsche erlaube ich mir die Bemerkung: Man
kann einem Voile nicht trauen, das rund um die
Uhr eine intellektuelle Selbstverachtung ausführt. Diese
Haltung wirkt auf mich, als ein Ritual, eine
Pflichtübung, die überflüssig und sogar respekt-

221
los gegenüber unserem gemeinsamen Europa
dasteht.
Um glaubwürdig zu sein, muss man auch be­
reit sein, alle Verbrechen Z!' verurteilen, überall in der Welt,
auch dann, wenn die Opfer Deutsche waren oder sind. Für
mich als Este ist es kaum nachzuvollziehen, wa­
rum die Deutschen ihre eigene Geschichte so
tabuisieren, dass es enorm schwierig ist, über
das Unrecht gegen die Deutschen zu publizieren oder zu
diskutieren, ohne dabei schief angesehen zu
werden - aber nicht etwa von den Esten oder
Finnen, sondern von Deutschen selbst? Bevor wir
überhaupt an eine «neue Weltordnung« zu den­
ken beginnen, brauchen wir vor allem historische
Aufrichtigkeit und Objektivität.
Meine Damen und Herren,
Dankbarkeit - genauso wie Ewigkeit - ist der Politik
ein unbekannter Begriff. Tragik ist keine Kategorie
der Wissenschaft, wohl aber eine Grundkonstellation
der Geschichte - genauso wie Geographie. Davon
haben die Menschen im Osten des geteilten Konti­
nents mehr gekostet als die im Westen. Jedoch war es
nicht der Charme der Westdeutschen, der die Westeu­
ropäer empfänglich machte für Amerikas Weltentwurf
namens NATO, sondern die Tatsache, dass es gegen
die »Soviet expansionist tendencies«, wie George F.
Kennan damals schrieb, kein anderes Mittel gab als
die Pax Americana.

222
Zu den amerikanischen Bedingungen aber zählte
die Forderung, die West-Deutschen in den Club auf­
zunehmen. Die Schlussfolgerung lautet: Wäre es den
Menschen und Völkern im Osten nicht so schlecht
ergangen, so wäre es denen im Westen nicht so gut
ergangen - dank der Vereinigten Staaten, die von der
europäischen Geschichte wenig wissen wollten, viel
aber von der Zukunft.
Ohne den Absturz des Ostens hätte es den Auf­
stieg des Westens schwerlich gegeben. Je weiter öst­
lich, desto unerbittlicher musste gezahlt werden
für das, was eigentlich unter eine gemeinsame
europäische Haftung hätte fallen müssen. Es ent­
stand über die Jahre eine Hypothek, die jetzt abzuzah­
len ist, wohl oder übel. Der Zerfall des Stalin-Reiches
und die Deutsche Wiedervereinigung bewirkten, dass
dort, wo vierzig Jahre lang der Eiserne Vorhang war,
heute die Gewinner der Geschichte den Geiseln der
Geschichte begegnen.
Die Einigkeit verpflichtet, denn das Glück des
Westens hatte eine Bedingung, und die lag, zu­
letzt und vor allem, im Unglück des Ostens. Jetzt
ist der Ausgleich fällig. Und noch mehr: Jetzt ist die
Notwendigkeit nach einem neuen Gleichgewicht in
Europa aktueller denn je zuvor nach dem Zweiten
Weltkrieg. Und wenn ich heute so manche Politiker
argumentieren höre, die Wiederherstellung eines ver­
einten Europas würde allzu viel kosten, dann frage ich

223
sie, wieviel hat uns alleine in unserer jüngsten Ge­
schichte das Fehlen dieser Einigkeit bereits gekostet?
Meine Damen und Herren,
»Kleinere Völker haben schon deswegen einen brei­
teren Horizont, weil sie an der Existenz der größeren
nicht vorbeikommen können.« Diese Feststellung des
estnischen Philosophen Uku Masing vom Jahre 1940
bietet meines Erachtens einen produktiven Ansatz­
punkt für die nüchterne Interpretation der Realitäten,
mit denen unsere abendländische Wertegemeinschaft
heute zu tun hat.
Diese Wertegemeinschaft, zu deren Bestandteilen
das Recht sowie die Einigkeit zählen, wäre aber völlig
sinnlos, ja unmöglich ohne FREIHEIT. Freiheit ver­
bindet und verpflichtet. Weil sie der teuerste aller
Werte ist, geht man mit ihr am leichtfertigsten um.
Denn wie sonst als Mangel am freiheitlichen Denken
wäre die im Westen immer noch glorifizierte Gorbi­
manie zu bezeichnen? Wie lange noch werden die
russischen Drohungen gegen die europäische Sicher­
heit unter dem Vorwand einer »innenpolitischen La­
ge« toleriert? Wie lange noch akzeptiert der Westen,
dass man die »interne Problematik« eines Landes auf
Kosten der Freiheit im ganz Europa zu lösen ver­
sucht?
Es wäre vorteilhaft, in erster Reihe für Russland
selbst, wenn der Westen, aber vor allem Deutschland,
den Russen eindeutig klarmachen würde, wo liegt ihre
Grenze und was heißt eigentlich die Stabilität in Eu-
224
ropa. Es geht dabei nicht um die Ausklammerung
oder Ignorierung Russlands - keineswegs! Es geht
aber ganz eindeutig um den Schutz der abendländi­
schen Werte und der europäischen Identität, des
Gleichgewichts und der Freiheit vor allem!
Die NATO wurde gegründet als eine Allianz, eine
Partnerschaft sowohl für den Frieden als auch für die
Freiheit. Heute aber scheint gerade die Freiheit ver­
gessen worden zu sein genauso wie auch die aus unse­
rer historischen Erfahrung hervorgegangene Feststel­
lung, dass es ohne Freiheit zwar ab und zu eine provi­
sorische Ruhe, nie aber einen richtigen Frieden geben
kann. Wenn Europa als Programm und als Wertege­
meinschaft wirklich überleben will, muss es die Fest­
stellung zu einer klaren Grundeinstellung umwandeln
und diese ohne jedes Wenn und Aber in das neue
Jahrhundert mitnehmen. Wenn Europa in einer kriti­
schen Situation vor der Wahl steht - entweder Ruhe
oder Freiheit -, dann soll es, in seinem eigenen Inte­
resse, genug Mut und Kraft haben, diese Wahl zu­
gunsten der Freiheit zu treffen!
Wenn aber unsere Wachsamkeit nachlässt und der
Hedonismus sich breit macht, hören wir wieder die
schleichenden Schritte der Unfreiheit: Der neue Mo­
lotow ist bereits da. Er wartet auf den neuen Ribben­
trop. Und zwar liegt es noch in unserer Macht, ihm
eindeutig zu sagen: 50 Jahre nach dem Ende des
Zweiten Weltkrieges im Westen erträgt die europäi-

225
sehe Welt der Freiheit und Demokratie keine Ribben­
trops.
Zweifellos ist die Freiheit eine Pflicht, aber sie ist
auch eine Herausforderung, die sowohl die Deutschen
als auch die Esten betrifft; sowohl die Mitglieder der
heutigen als auch der künftigen Europäischen Union
und Nordatlantischen Allianz. Es kommt dabei nicht
darauf an, die Vergangenheit zu bewältigen oder die
Gegenwart von überflüssigen Belastungen zu räumen.
Es gilt in allem Ernst, die Zukunft zu meistern!
Ich bin zuversichtlich, dass unsere beiden Länder in
ihrer Sicherheits- sowie Wirtschaftspolitik, geschweige
denn in der Entfaltung der kulturellen Beziehungen
eine Kondition erreichen, in der sie nicht mehr eine
»auswärtige Politik« im traditionellen, etwas verknö­
cherten Sinne ausüben müssen, sondern dieser Welt
immer mehr Vorbilder für eine auf gemeinsamen
Werten und kultureller Vielfalt beruhende europäi­
sche Innenpolitik liefern.
Deutschland heute, am 5. Jahrestag der wiederge­
wonnenen Einigkeit und Freiheit, ist für Europa keine
Dichtung, weder Sommer- noch Wintermärchen. An
den Märchen könnte Europa irgendwie vorbei, an
Deutschland aber keineswegs.
Ich danke Ihnen!
Reval/Berlin, den 03. Oktober 1995

(Q_uefle: https:/ /potsdamer-ko,iferenz.de/ verstaendigung/ lennart-meri­


rede).

226
Noch einmal die wichtigsten Sätze des damaligen
estnischen Staatspräsidenten Lennart Meri, die unter
anderem auch die deutschen Vertriebenen betreffen:
Als Este sage ich dies und frage mich, warum zeigen die
Deutschen so wenig Respekt vor sich selbsR Deutschland ist
eine Art Canossa-F.epublik geworden, eine F.epublik der Reue.
Aber wenn man die Moral Z!'r Schau trägt, riskiert man,
nicht sehr ernst genommen Z!' werden. Als nicht-Deutsche er­
laube ich mir die Bemerkung: Man kann einem Volk nicht
trauen, das rund um die Uhr eine intellektuelle Selbstverach­
tung ausfahrt. Diese Haltung wirkt auf mich, als ein FJtua4
eine Pflichtübung, die übeiflüssig und sogar respektlos gegenüber
unserem gemeinsamen Europa dasteht.
Und weiter:
Um glaubwürdig Z!' sein, muss man auch bereit sein, alle
Verbrechen Z!' verurteilen, überall in der Welt, auch dann,
wenn die Opfer Deutsche waren oder sind. Für mich als Este
ist es kaum nachZfivollzjehen, warum die Deutschen ihre eigene
Geschichte so tabuisieren, dass es enorm schwierig ist, über
das Unrechtgegen die Deutschen Z!' publizjeren oder Z!' disku­
tieren, ohne dabei schief angesehen Z!' werden - aber nicht etwa
von den Esten oder Finnen, sondern von Deutschen selbst?
Bevor wir überhaupt an eine <meue Weltordnung« Z!' denken
beginnen, brauchen wir vor allem historische Aufrichtigkeit und
Objektivität.
Es ist bezeichnend, dass es ausgerechnet ein »aus­
ländischer« Staatsmann sein muss, der an das diesbe­
zügliche Gewissen der Deutschen appelliert, zeigt

227
aber gleichzeitig auch die Blamage der hiesigen Politik
dar!
Schon der erste UNO-Hochkommissar für Men­
schenrechte, Dr. Jose Ayala Lasso, formulierte in ei­
nem Grußwort an die deutschen Vertriebenen am 28.
Mai 1995 in der Paulskirche in Frankfurt am Main:
»Ich ermutige Sie, in Ihrem Engagement für die
Menschenrechte nicht nachzulassen, und damit auch
das Recht auf das eigene Heimatland, überall an­
erkannt und respektiert werden. Auf diese Weise wer­
den wir zu einer neuen Weltordnung beitragen, die
sich auf die Grundprinzipien der Würde und Gerech­
tigkeit für alle gründet.«
Und: »Das Recht, aus der angestammten Heimat
nicht vertrieben zu werden, ist ein fundamentales
Menschenrecht (... ) Ich bin der Auffassung, dass hät­
ten die Staaten seit dem Ende des Zweiten Weltluie­
ges mehr über die Implikationen der Flucht, der Ver­
treibung und der Umsiedlung der Deutschen nachge­
dacht, die heutigen demographischen Katastrophen,
die vor allem als ethnische Säuberungen bezeichnet
werden, vielleicht nicht in dem Ausmaß vorgekom­
men wären.«
(Quelle: zitiert nach: Alfred M. de Z'!J'as: »Die Nemesis von Potsdam -
Die Anglo-A merikaner und die Vertreibung der Deutschen«, München
2005, S. 400j).
Nachfolgend die gesamte »Grußbotschaft« des
UNO-Hochkommissars für Menschenrechte, Dr.
Jose Ayala Lasso, an die deutschen Vertriebenen am
28. Mai 1995 in der Paulskirche in Frankfurt am Main:
228
(Q_uelle: Wikimedia.cvmmons (Dr. Jose Ayah Lasso)
https:/ / cvmmons.wikimedia.org/ wiki/Filejose_C!Jah_hsso_(cropped)jpg))

229
Jos.! Ayala Lasso
Hochkommissar fUr Menschenrechte der Vereinten ationeo

Gru�ft

Ober Menstbeorecbte und Demokratie ist in dieser hislOJiscbea l'alllskirdae


ofl gesprochen worden. Das ist gut ,o, denn es pll, 111111er Bekenotnis 2Qr lllg­
nitlU luunmw immer „ieder und an jedem Ort aufs 11e11e zu beleuena,
.SO Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriqeuehcn 1rir,da8 _ krie­
ge und gravierende MenschenrecbSSYerletzuot,m III der aa- Welt Op(er
fordern, FIOchtlings,111rOme ausll!leo, McDIIChen utrec:blea 111111 lie za Hei­
matlosen machen.
Vor SO Jahren wurden die Vereinten � mit clem Ziel &elJ'lladet.ctea
Weltfrieden und die internationale Sicherheit m wellrea 1111d ftlr die filllle­
rung und deo Schutz eier Menscbcmechte zu -.eo. Die Yie­
les geleistet, viele Edolge ffnlOCCll.abet audi viele
men mlllaea. Die Orpoilation lind leb N1ber III --- llr
Menscbenrechte wden ..... metwcbcml...,.M 'llll, - ...
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Quelle Screenshots/Bildzitate: Alfred M. de Zl!Jas: ))Die Nemesis von Potsdam


· Die Anglo-Amerikaner und die Vertreibung der Deutschen((, München 2005, S.
400, 401).

Nachfolgend zudem Auszüge aus der Ansprache


zum Tag der Heimat, Berlin, 6. August 2005, in der
Dr. Jose Ayala Lasso unter anderem die »moralische
Stärke« der deutschen Vertriebenen bewunderte:
231
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Quelle Screenshots/Bildzjtate: Alfred M. de Zqyas: »Die Nemesis von Potsdam


- Die Anglo-Amerikaner und die Vertreibung der Deutschen«, München 2005, S.
404 - 406).

234
18. Verschwiegen: So »geheim« entsorgten die
Alliierten die sterblichen Überreste der NS­
Hauptkriegsverbrecher!

Die Asche der gehenkten und dann verbrann­


ten deutschen Nazi-Machthaber wurden von den
Amerikanem »entsorgt«!
Lange galt die genaue Stelle als geheim!
Genauso, unter welchen Umständen es dazu
kam!

Im Oktober 1946 erfuhr die Öffentlichkeit aus Zei­


tungs- und Rundfunkmeldungen, dass die Asche der
als Hauptkriegsverbrecher zum Tode durch den
Strang verurteilten und hingerichteten maßgeblichen
Militärs und Politiker des Dritten Reiches irgendwo in
einem Fluss in Deutschland gestreut worden war.
Zu diesen liquidierten gehörten nach den Urteilen
des Internationalen Militärgerichtshofs (USA, Russ­
land, Frankreich, Großbritannien) beim sogenannten
»Nürnberger Prozess« (dieser und zwölf weitere
Nachfolgeprozesse wurden zwischen dem 20. No­
vember 1945 und dem 14. April 1949 durchgeführt):

• Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel (Ober­


kommando der Wehrmacht)
• Generaloberst Alfred J odl (Chef Wehrmachts­
führungsstab)
235
• Hans Frank (Generalgouverneur im General-
gouvernement Polen)
• Alfred Rosenberg (Reichsminister Ostgebiete)
• Wilhelm Frick (Reichminister des Inneren)
• Joachim von Rippentrop (Reichsaußenminis­
ter)
• Ernst Kaltenbrunner (Chef der Sicherheitspo­
lizei und des SD, Leiter Reichssicherheits­
hauptamt)
• Fritz Sauckel (Generalbevollmächtigter für
den Arbeitseinsatz)
• Arthur Seyß-Inquart (Reichsstatthalter Öster­
reich und Reichskommissar Niederlande)
• »Stürmer«-Herausgeber Julius Streicher.

Diese Hauptkriegsverbrecher wurden in der Nacht


zum 16. Oktober 1946 in der Turnhalle des Nürnber­
ger Gefängnisses gehängt. Danach wurden die Lei­
chen in elf Holzkisten mit zwei Armee-Lastwagen
(eskortiert von zwei Jeeps mit Maschinengewehren
und bewaffneten Militärpolizisten) heimlich nach
München-Solln zum Ostfriedhof gebracht. Den deut­
schen Bediensteten wurde gesagt, dass in den Särgen
die Überreste von amerikanischen Soldaten wären, die
im Krieg gefallen und jetzt verbrannt werden sollten,
um ihre Asche zu ihren Familien in der Heimat zu
schicken.
Die Totenkisten waren zur Tarnung mit falschen
Namensaufschriften versehen.
236
Auch die US-Soldaten, die dort Dienst taten, nah­
men an, dass es bei dieser routinemäßigen Arbeit um
die Asche tödlich verunglückter Kameraden ging. Die
falschen Namen sagten ihnen herzlich wenig.
So gehörten die unter »Georg Munger« geführ­
ten sterblichen Überreste in Wirklichkeit dem durch
Selbstmord aus dem Leben geschiedenen Hermann
Göring, Reichsmarschall und zweitem Mann im Drit­
ten Reich.
Die als »Abraham Goldberg« eingeäscherte Leiche
war die des einstigen Gauleiters und »Stünner«­
Herausgebers Julius Streicher.
Für zynisch halte ich es, dass gerade dieser unter
einem jüdischen Namen geführt wurde, denn Strei­
cher war ein fanatischer Antisemit übelster Sorte. Was
sich die Amerikaner dabei dachten, erschließt sich mir
nicht!
Die Soldaten riegelten das Krematorium ab, die
Verbrennungsöfen wurden angeheizt. Die Einäsche­
rungen selbst wurden laut dem US-amerikanischen
Journalisten Tim Townsend mit den Schlingen um die
Hälse und die schwarzen Kapuzen über den Köpfen
vorgenommen.
»Die Asche kam in elf Aluminiumzylinder, die je­
weils ca. 40 Zentimeter hoch und ca. 15 Zentimeter
Durchmesser hatten. Am folgenden Tag wurden sie
in eine weiße Stuckvilla transportiert, die einem rei­
chen Kaufmann gehörte und die die US-Armee zum
Anny Mortuary No. 1 (Armee-Leichenhalle 1) um-
237
funktioniert hatte. Die Villa lag auf einer Anhöhe über
dem Conwentzbach, einem Nebenfluss der Isar.«
(Quelle: Tim Townsend: »Letz!e Begegnungen unter dem
Galgen - Ein amerikanischer Militärseelsorger erlebt die
Nürnberger Prozesse«, Holzgerlingen 2016, S. 305, 319).
Nach der Verbrennung ließ der Chefbestatter der
US-Army, Major Rex S. Morgan, die Asche der ehe­
maligen Machthaber und Militärs des Dritten Reiches,
75 Meter unterhalb des Hauses Nr. 25 der Heilmann­
straße in den kaum drei Meter breiten Conwentzbach
streuen. Und zwar nachdem sie die Urnen mit Äxten
zertrümmert und mit ihren Stiefelabsätzen zertreten
hatten.
Weder den Angehörigen der Hingerichteten noch
den überlebenden Angeklagten der Nürnberger Pro­
zesse wurde jemals mitgeteilt, wo diese Leichenasche­
Aktion stattgefunden hatte.
Tim Townsend resümiert: »Die Entscheidung, die
Leichen zu verbrennen, ging gegen deutsches Recht,
nach welchem die Verwandten eines Verstorbenen ein
Recht auf die sterblichen Überreste hatten.«
(Quelle: Tim Townsend: J>Letzte Begegnungen unter dem Galgen - Ein
amerikanischer Militärseelsorger erlebt die Nürnberger Prozesse«, Holzger­
lingen 2016, S. 305, 318).
Doch jede Spur der hochrangigen Nazis sollte ver­
loren sein.
Die Alliierten befürchteten, dass an jener Stelle, wo
ihre Überreste »entsorgt« worden waren, irgendwann
einmal ein »Schrein« errichtet werden könnte, was
jedoch bis heute nicht der Fall ist.
238
Die Siegermächte lugten allerdings nach Japan,
denn dort wurde die Asche der zum Tode verurteilten
Militärs und Politiker auf dem Gipfel des Berges San­
gana unter einem gewaltigen Gedenkstein beigesetzt.
1952 wurde ihnen zu Ehren ein denkmalhaftes
»Gräber der sieben Märtyrer« errichtet. Die Begrün­
dung: Diese sollten die Männer hochachten, die wäh­
rend des Prozesses alle Verantwortung für die ihnen
zur Last gelegten Verbrechen in stillschweigender
Übereinkunft auf sich nahmen. Und dabei ihren Kai­
ser Hirohito ausklammerten.
Quellen: Werner Maser: ((Nürnberg - Tribunal der Sieger((, Düsseldorf
1977, S. 9-1 1/ Waldeckische L:zndeszeitung v. 8. 10. 1952/David
Bergami: ((Japan's Imperial Conspirary, How Emperor Hirohito led Japan
into War against the West((, New York, 1971/Joe J. Hrydecker &
Johannes Leeb: ((Der Nürnberger Prozess - Bilanz der Tausend Jahre((,
Köln und Berlin 1962, S. 525/Tim Townsend: »Letz!e Begegnungen unter
dem Galgen - Ein amerikanischer Militärseelsorger erlebt die Nürnberger
Prozesse((, Holzgerlingen 2016, S. 305, 3 18319).

239
19. Verdrängt: »Inferno Zweiter Weltkrieg«
Eine Bilanz des Grauens!

Dieser militärische Kon.iikt ist bis heute bei­


spiellos in der Menschheitsgeschichte!
Noch nie kamen so viele Menschen bei einem
Krieg ums Leben!
Noch nie wurden solche Gräuel verübt!

Nie wieder Krieg!


Die Dimensionen des Zweiten Weltkriegs, der von
1 939 bis 1 945 wütete, waren und sind noch immer
beispiellos. Sie umfassten ganz Europa, Nordafrika
und Teile Asiens. Mehr als 60 Staaten waren direkt
oder indirekt daran beteiligt und/ oder waren davon
betroffen.
Bis heute gilt der Zweite Weltkrieg als der größte,
militärische Konflikt aller Zeiten. Außerdem war die­
ser der grausamste und durch den Einsatz neuer Waf­
fensysteme auch der tödlichste jeder vorherigen mili­
tärischen Konflikte.
Zum ersten Mal in der Geschichte wurden Men­
schen in Massen (etwa durch Vergasung) in deutschen
Konzentrations- und Vernichtungslagern umgebracht.
Rund sechs Millionen, vor allem Juden fielen dieser
Mordmaschinerie zum Opfer. Ein historischer
Tabubruch.
24-0
Ein anderer war jener der Abwürfe von zwei
Atombomben durch die Amerikaner auf japanische
Städte im Jahr 1945. Alleine in Hiroshima verbrann­
ten zwischen 78.000 und 90.000 Frauen, Kinder und
Männer. Weitere 50.000 Menschen starben Jahre bis
Jahrzehnte später an der Strahlenkrankheit. In Na­
gasaki kamen zwischen 25.000 und 36.000 Zivilisten
ums Leben, zusätzliche 40.000 durch die Spätfolgen
der atomaren Verstrahlung.
Sogar Kinder und jugendliche wurden für Kämpfe
eingesetzt, etwa in Deutschland, der Sowjetunion und
auch in England.
Luftangriffe erreichten eine nie dagewesene Heftig­
keit. Als Beispiel: In einer Woche im Jahr 1944
schickte alleine Großbritannien 6.000 Bomber nach
Deutschland.
Die Welt nach Ende des zerstörerischsten Krieges
der Menschheit war eine folglich andere, als die, die
bisher existierte. Denn der Menschheitskonflikt hatte
die materielle und institutionelle Infrastruktur vieler
Länder - vor allem im Herzen des europäischen Kon­
tinents - verwüstet. Ganz abgesehen von den politi­
schen Systemen, die komplett zusammengebrochen
waren.
Europa war zu einem »dunklen Kontinent« gewor­
den.
In einigen Ländern, insbesondere in Deutschland,
Polen, Jugoslawien und der Ukraine wurde sozusagen

241
ein »Jahrtausend kultureller und architektonischer
Leistungen innerhalb weniger Jahre ausgelöscht«.
Bewaffnete zogen durch die Straßen und nahmen
sich alles, was sie wollen, töteten jeden, der sich ihnen
in den Weg stellte. Außerdem irrten etwa 12 Millionen
Vertriebene, ehemalige Kriegsgefangene, Zwangsar­
beiter und KZ-Häftlinge heimatlos und traumatisiert
durch Europa.
Vielerorts existierte weder Recht noch Ordnung,
denn es gab kein funktionierendes Justizsystem und
keine Sicherheitskräfte. Amerikanische Beobachter
warnten gar vor einem »europäischen Bürgerkrieg«.
Insgesamt wurden die materiellen Schäden des
Zweiten Weltkriegs auf 20 Milliarden Dollar ge­
schätzt. Er forderte 60 bis 70 Millionen Opfer. Dabei
hatte die Sowjetunion mit 27 Millionen die meisten
Kriegstoten zu beklagen. Zum Vergleich: Deutsch­
land 6 Millionen.
Angesichts dieser Bilanz des Grauens müsste für
jeden normaldenkenden Bürger und für jeden Politi­
ker klar sein, dass es nie wieder zu einem solchen
monströsen Krieg kommen darf.
Nie wieder!
Quellen: Keith Lowe: »Der wilde Kontinent • Europa in den Jahren
der Anarchie 1943-1950, Stuttgart, 2014/ «70 unglaubliche Fakten über
den 2. Weltkrieg<< tn: »Blick.eh« v. 08.05.20
(https:/ / 1VWW. blick.ch/ life/ wissen/geschichte/ 70-unglaublichefakten­
ueber-den-Z?Veiten-weltkrieg-id15113356. htmO

242
20. Vergessen: Freigegebene CIA-Akte enthüllt
»Verschwörungstheorie« US-Geheimdienst
suchte Adolf Hitler in Kolumbien!

Hat Adolf Hider das Ende des Dritten Reichs


überlebt?
Floh er nach Kolumbien?
Eine CIA-Akte enthüllt diese » Verschwörungs­
theorie«!

Seit dem Ende des Dritten Reichs kursieren Ge­


schichten und Verschwörungstheorien darüber, der
NS-Diktator hätte das Ende des Zweiten Weltkriegs
überlebt.
Nach 65 Jahren enthüllt ein freigegebenes CIA­
Dossier, dass dies damals durchaus für möglich gehal­
ten wurde. Und zwar nicht (nur) von Verschwörungs­
theoretikem oder Ewiggestrigen, sondern vom US­
Auslandsgeheimdienst selbst!
Demnach soll Hitler 1954 nach Südamerika geflo­
hen und in Kolumbien als Adolf Schüttelmayer gelebt
haben!
Das jedenfalls berichtete die österreichische Kronen­
Zeitung am 2. November 2017:
Geschichtsbücher lehren uns, dass Hitler sich 1945 in Ber­
lin umgebracht hat. Doch ein soeben deklassifizjertes CIA­
Dossier könnte die Geschichte nun neu schreiben. Schenkt man
der CIA-Akte )>Hitler, Ado!f0005« Glauben, soll dieser den
243
Zweiten Weltkn·eg überlebt haben und nach Südamerika geflo­
hen sein.
Und: Ein Iriformant berichtet in dem Geheimpapier dem
CIA-Agenten mit dem Codenamen »Cimelotfy-3<( laut »Daify
Maikt im Jahr 1954 Brisantes: Ado!f Hitler sei noch am
Leben.
Der Informant bezog sich laut Dossier in seinen Aussagen
aufPhillip Citroen, einen einstigen SS-Mann. Dieser habe ihm
berichtet, Hitler lebe je!Zf im kolumbianischen Tun-
ja. Außerdem stünde Citroen noch regelmeffig mit dem »Füh­
rer<t in Kontakt, heißt es in den Unterlagen weiter. Nicht nur
Hitler, sondern auch andere Nazis seien nach Kolumbien geflo­
hen. Sie hätten dem Diktator in den 50er-Jahren weiterhin
besucht, ihn »Führer<( genannt und mit dem Nazjgmß »ge­
ehrt<(.
Die Kronenzeitung weiter: ALr »Beweis<( dafür, dass Hit­
ler Z!' dieser Zeit noch am Leben gewesen sei, diente Zfldem ein
grobkörniges Foto, das Citroen mit Hitler zeigen soll Neben
dem ehemaligen Sturmbannfahrer ist tatsächlich ein Mann Z!'
sehen, der A.hnlichkeit mit Hitler hat - nicht Zflle!Zf wegen des
Schnauzbartes, den er trug. Auf der Rückseite der Aufnahme
steht »Ado!fSchüttelmC!Jer, Tunja, Kolumbien, 1954<(.

Hier das Foto:

244
Quelle Screenshot/Bildzitat CIA FOIA nach:
(https:/ / IV/V/ll.krone.at/596289?utm_sourn=%22G11ten+Mo7,en%22+News/ett
er&utm_campaign= 7a5075a220-Guten-Mo�n­
NL&utm_medium=email&utm_term=0_57e5ea3693-7a5075a220-
132464225

245
Allerdings sollen die Unterlagen bei der CIA auf
Skepsis gestoßen sein. Eindeutige Informationen, dass
es sich bei »Adolf Schüttelmayer« tatsächlich um
Adolf Hitler handelte, konnte die CIA damals nicht
evaluieren.
»Dementsprechend empfehlen wir, dass diese An­
gelegenheit fallen gelassen wird«, heißt es in den Ak­
ten abschließend. Das brisante CIA-Dossier wurde
gemeinsam mit Teilen der freigegebenen John F.
Kennedy-Akte veröffentlicht.
Die Kronen-Zeitung.
Doch das Dokument (. . .) stütz! nicht nur die These vieler
Verschwö'rungstheoretiker, sondern auch jene des argentinischen
Autors Abdel Basti. Dieser berichtete in seinem Buch )>Auf
den Spuren Hitlers« ebenfalls davon, dass der Diktator nach
Südamerika geflohen sei.
(Quelle:
https:/ / www.krone.at/596289?utm_source= %22Guten+Mo,gen%22+
Newsletter&utm_campaign= 7a5075a220-Guten-Mo,gen­
NL&utm_medium= email&utm_term=0_57e5ea3693-7a5075a220-
132464225
Meine Meinung dazu: Krude Verschwörungstheo­
rie!

246
21. Verschwiegen: John F. Kennedy - »Hitler
hatte grenzenlose Ambitionen für sein Land und
wurde deshalb als Bedrohung angesehen!«

Der wohl beliebteste US-Präsident des 20.


Jahrhunderts enthüllt in seinem Tagebuch Er­
schreckendes!
Ausgerechnet John F. Kennedy brach eine
Lanze für AdolfHider!
Und das trotz Millionen Toter durch den 2.
Weltkrieg und den Holocaust!

Im April 2017 wurde das einzige Tagebuch des 35.


US-Präsidenten - John F. Kennedy - versteigert.
Darin befasste er sich unter anderem auch mit der
Persönlichkeit Adolf Hitlers und dessen geschichtli­
cher Rolle.
Die BBC berichtete diesbezüglich, dass
das Auktionshaus RR Auction aus Boston am 26. April
2017, im Vorfeld des 100. Geburtstags Kennedys,
sein Tagebuch auktionierte. Kennedys ehemalige As­
sistentin, Deidre Henderson, hatte das Manual zur
Versteigerung angeboten.
Der damals 28-jährige Kennedy legte auf insgesamt
60 Seiten seine Eindrücke vom Europa der Nach­
kriegszeit nieder, das er als junger Reporter besuchte,
um an der Potsdamer Konferenz teilzunehmen.

247
In diesem Diary steht Unerwartetes: So hat Ken­
nedy Adolf Hitler analysiert und schrieb, dass der
deutsche Diktator das »Zeug zu einer Legende« hätte.
Und weiter: Einst werde sich Hitler »als eine der
bedeutendsten historischen Persönlichkeiten von der
heute existierenden Aura des Verhassten« befreien,
schrieb Kennedy 1945, vier Monate nach des Führers
Selbstmord. »Er hatte jenes Zeug, aus dem Legenden
gemacht werden«, notierte er laut BBC.
Kennedy: Hitler hatte »grenzenlose Ambitionen für
sein Land«, weshalb er als eine Bedrohung aufgefasst
wurde. Des Führers Leben und Tod seien von Ge­
heimnissen umwoben, die nach seinem Tod weiter
zunehmen würden, heißt es.
Doch was wollte J. F. Kennedy dadurch zum Aus­
druck bringen? Gab es Dinge, von denen er wusste,
die der Öffentlichkeit jedoch nicht zugänglich waren
und noch sind?
Kennedy habe die Aufzeichnungen seiner Assisten­
tin gegeben, damit sie einen Eindruck von seinen au­
ßen- und sicherheitspolitischen Ansichten bekommen
sollte, berichtete der Fernsehsender Fox News.
Laut dem Sender betonte Deidre Henderson (Ken­
nedys Ex-Assistentin), in dem Tagebuch deute nichts
darauf hin, dass Kennedy mit der nationalistischen
Ideologie sympathisiert habe. »Er fand das Geheimnis
der Person Hitler anziehend. Warum hat er das getan,
was er getan hat? John F. Kennedy analysierte ihn und
sagte, Hitler sei eine Legende. Und in der Tat: Hitler
248
war etne Legende - eine böse, aber eine Legende.
Kennedys Worte sind nicht als Bewunderung aufzu­
fassen«, teilte Henderson dem Magazin People mit.
Das Nachrichtenportal Sputnik News schrieb dies­
bezüglich:
»JFK war nicht der einzige Vertreter des Kennedy­
Klans, der sich strittig zum Leben und Wirken des
deutschen Diktators äußerte. Joseph Kennedy etwa
wurde für das Befürworten der Befriedungspolitik
gegenüber Hitler und die Unterstützung des Frie­
denspaktes kritisiert, den der britische Premier Cham­
berlain mit dem Diktator in München geschlossen
hatte.«
(Quelle:
https:/ / de.sputniknews.com/panorama/ 20170324315024060-k ennec!J­
tagebuch-enthuellt-einstellung-hitler/ ).

249
22. Verschwiegen: US-Direktive 1067 belegt -
»Deutschland wurde nicht besetzt zum Zwecke
seiner Befreiung, sondern als besiegter Feind­
staat!« (US-Präsident Truman)

Der 8. Mai als » Tag der Befreiung« ist zumin­


dest unter verschiedenen Historikem umstritten/
Auch der überwiegende Teil der Deutschen
soll das nicht so empfunden haben/
Selbst die Alliierten sahen das nicht so/

Das Deutsche Reich kapitulierte nicht etwa am 8.


Mai 1945 bedingungslos, wie es die herkömmliche
Geschichtsschreibung notiert, sondern schon einen
Tag zuvor!
Dazu schrieb der deutsche Historiker Hubertus
Knabe:
»Am 7. Mai unterschrieb Generaloberst Alfred Jodl
im Auftrag der deutschen Reichsregierung im franzö­
sischen Reims die Kapitulationsurkunde. Nur weil
Stalin darauf bestand, den triumphalen Akt im
Hauptquartier der Sowjets ein zweites Mal durchzu­
führen, wurde die Zeremonie am nächsten Tag in
Berlin wiederholt. Auch hier erfolgte die Unterschrift
nicht am 8. Mai, sondern erst kurz nach Mitternacht -
weshalb Russland den Sieg im »Großen Vaterländi­
schen Krieg« einen Tag später feiert.«
(Quelle: https:/ / hubertus-knabe.de/ 15j"ahre-kriegsende/).

250
Die Bundespolitik. spricht in diesem Sinne von ei­
nem »Tag der Befreiung«, der - jüngsten Diskussio­
nen nach - sogar als Feiertag Einzug in die hiesigen
Kalender halten soll.
Der Historiker Professor Dr. Heinrich August
Winkler sagte bei seiner Ansprache »8. Mai - 70. Jah­
restag des Endes des Zweiten Weltkrieges in Europa
- Gedenkstunde im Plenarsaal des Deutschen Bun­
destages« dazu:
»Es war nicht so, dass die überwältigende Mehrheit
der Deutschen den Sieg der Alliierten im Mai 1945 als
Befreiung erlebt hätte. Anders als die Völker, denen
dieser Sieg die Befreiung von deutscher Fremd- und
Gewaltherrschaft brachte, bedeutete der ,Zusammen­
bruch' des nationalsozialistischen Regimes für viele
Deutsche zugleich den Zusammenbruch ihres Glau­
bens an den ,Führer' und ihrer Hoffnungen auf einen
deutschen ,Endsieg'. Als Befreiung erlebten die be­
dingungslose Kapitulation zunächst nur die Deut­
schen, denen der verbrecherische Charakter von Hit­
lers Herrschaft schon vorher bewusst geworden oder
von jeher bewusst gewesen war.«
(Q_uelie: https:/ / www.bundesregierung.de/ breg-de/suche/ 8-mai-10-
jahrestag-des-endes-des-z.weiten-weltkrieges-in-europa-gedenkstunde-im­
plenarsaal-des-deutschen-bundestages-ansprache-vonprofessor-dr-heinrich­
august-winkler--805330).
»In Wirklichkeit«, so der Historiker Knabe wei­
ter, »dachte vor 75 Jahren niemand daran, die Deut­
schen zu befreien. Die Alliierten wollten sie vielmehr
militärisch schlagen - und zwar so nachhaltig, dass sie
251
bedingungslos kapitulierten. Selbst die Amerikaner,
die den größten Anteil daran hatten, dass die Bundes­
republik zu einem demokratischen Staatswesen wur­
de, sahen sich keineswegs als Befreier. In der Direkti­
ve 1067, die der amerikanische Präsident Harry S.
Truman am 10. Mai 1945 billigte, wurde dem Verei­
nigten Generalstab der USA vielmehr ausdrücklich
vorgeschrieben, dass Deutschland »nicht besetzt
[wird] zum Zwecke seiner Befreiung, sondern als be­
siegter Feindstaat«.
(Quelle: https:/ / hubertus-knabe.de/ 75jahre-kriegsende/).
Tatsächlich war das genauso! Aber dies wird bis
heute politisch verschwiegen.

Siehe hier:

.. � ZiM der � ln DeutxHand:


•l Ea mu11 den Deulscllen ldatgernacht WMlen. daß � � l<tiegtulvung und der fanelllche
Wlder-.i der Nazla dle deutlche Wlr19cheft � und Cheos und t.elden -.9ch gemacht -. und dll
sie nicht dw \leranlwMung fiir das enlgOhen kanra,, - • _ _,, sich geladen -
b) � - ri:111 � � � ._, �elndoliiill lh<Zllll lal
l'Ödll die U.-odwng. sondern die � Oeutsdiancls. urn -- MCl,tige -Abolchlan zu
___ Bel der Ourd11Qhrung dw 8-lzl,ng und \lef-.ng mi)-, Sie 11918Ch1. -rest und -
sein. Die ll9rbn'.ldenrQ rril deulschen lleamlltn und dw � - Sie llr9ng �

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dc.o sub_document.ifm?document_id=2297&/angu = erman

252
Weiter heißt es in der Direktive an den Oberbe­
fehlshaber der US-Besatzungstruppen in Deutschland
0CS 1067) (April 1945) (Hervorhebungen durch
mich):

Die Di�ktive ]CS 1067 an den Oberbefehlshaber der US­


Besatzf'ngstruppen in Deutschland legt im April 1945 die
Grundzjige der amerikanischen Besatzf'ngspolitik .far die
Nachkriegszeit fest. Ih� zahl�ichen strengen Bestimmungen
bleiben ojfi�ell bis Mitte 1947 gültig.
Demnach ist Deutschland als Feindstaat zu
behandeln, der dauerhaft daran gehindert werden
muss, zu einer emeuten Gefahr für den Frieden
zu wer­
den. »Fratemisierung« zwischen amerikanischen
Besatzungsangehörigen und Deutschen wird
verboten.
Die Entnazjft�erung soll durch die Auflösung aller NS-
0,y,anisationen und den Ausschluss ih�r Mitglieder aus dem
öffentlichen Leben und herausgehobenen Stellungen in der
Wirtscheft erreicht werden.
Der Neubeginn des politischen Lebens ist nur
mit amerikanischer Genehmigung möglich,
streng kontrolliert werden soll auch die Wieder­
eröffnung der Bildungseinrichtungen.
Ebenfa/Js nach strikten Vorgaben soll das wirt­
schaftliche Leben wieder in Gang kommen.
Die Wirtschaft soll dezentralisiert und mit Hil­
fe deutscher Behörden kontrolliert werden.

253
Ein wirtschaftlicher Wiederaufstieg Deutsch­
lands über das zur Versorgung der Besatzungs­
truppen und zum Leben der Bevölkerung unbe­
dingt Notwendige ist nicht erwünscht.
Der Lebensstandard in der US-Zone darf den
benachbarter Staaten nicht übersteigen.
1. Zweck und Umfang dieser Direktive:
Diese Direktive ergeht an Sie als den Kommandierenden
General der Besatzµngstruppen der Vereinigten Staaten in
Deutschland In dieser Eigenschaft werden Sie als Mitglied der
Vereinigten Staaten beim Kontrollrat auftreten und außerdem
für die Verwaltung der Militämgierung in der Zone oder den
Zonen verantwortlich sein, die den Vereinigten Staaten Z!'r
Besetzµng und Verwaltung Zf'gewiesen sind Sie enthält die
grundlegenden "Richtlinien, die Ihnen nach Beendigung des zu­
sammengefassten Kommandos des Obersten Befehlshabers der
Alliierten Expeditionsstreitkräfte in den genannten beiden
Eigenschaften als Anleitung dienen werden.
Diese Direktive gibt Richtlinien für die in der
ersten Zeit nach der Niederlage gegenüber
Deutschland einzuschlagende Politik. Als solche soll
sie keine endgültige Festlegung der Politik unserer Regierung
bezftglich der Behandlung Deutschlands in der Nachkriegswelt
darstellen. [ . . . }
I. Al/gemeine und politische Angelegenheiten:
[. . . ]
4. Grundlegende Ziele der Militämgierung in Deutschland·
a) Es muss den Deutschen klargemacht werden, dass
Deutschlands rücksichtslose Kriegfahrung und der fanatische
254
Widerstand der Nazis die deutsche Wirtschaft zerstört und
Chaos und Leiden unvermeidlich gemacht haben, und dass
sie nicht der Verantwortung für das entgehen
können, was sie selbst aufsich geladen haben.
b) Deutschland wird nicht besetzt zum Zwecke
seiner Befreiung, sondem als ein besiegter
Feindstaat. Ihr Ziel ist nicht die Unterdrückung,
sondem die Besetzung Deutschlands, um gewis­
se wichtige alliierte Absichten zu verwirklichen.
Bei der Durchfahrung der Besetzung und Ve1Waltung müssen
Sie gerecht, aber fest und unnahbar sein. Die Verbrüde­
rung mit deutschen Beamten und der Bevölke­
rung werden Sie streng unterbinden.
c) Das Hauptziel der Alliierten ist es, Deutsch­
land daran zu hindem, je wieder eine Bedrohung
des Weltfriedens zu werden. Wichtige Schritte Z!'r
Erreichung dieses Zieles sind die Ausschaltung des Nazismus
und des Militarismus in jeder Form, die sofortige Verhaftung
der Kriegsverbrecher Z!'m Zwecke der Bestrefung, die industriel­
le Abrüstung und Entmilitarisierung Deutschlands mit lang­
fristiger Kontrolle des deutschen Kriegspotentials und die Vor­
bereitungen Z!' einem späteren Wiederaufbau des deutschen
politischen Lebens aufdemokratischer Grundlage.
d) Andere alliierte Ziele sind die Durchführung
des Reparations- und Rückerstattungspro­
gramms, Nothiffefar die durch den Naziangriff verwüsteten
L..änder und die Betreuung und "Rüc!efuhrung der Kriegsgefan­
genen und Verschleppten der Mitgliedstaaten der Vereinten
Nationen.
255
5. Wirtscheftskontrollen:
a) Als Mitglied des Kontrollrats und als Zonenbefehlshaber
werden Sie sich von dem Gmndsatz leiten lassen, dass der
deutschen Wirtschaft in dem Maße Kontrollen
auferlegt werden können, als eiforderlich ist, um die in
der vorstehenden Ziffer 4 aufgezählten Ziele Z!' erreichen und
außerdem, soweit sie Z!'m Schutz der Sicherheit und Z!'r Be­
friedigung des Bedarfs der Besatzflngsstreitkräfte und ZJlr Si­
cherstellung der Produktion und Aefrechterhaltung von Ueft-
mngen und Dienstleistungen notwendig sind, um Hungersnot
oder Krankheiten und Unruhen, die eine Gefährdung dieser
Streitkräfte darstellen würden, VO'Zf'beugen. Sie werden bei der
Durchführung des Reparationsprogramms oder andenveitig
nichts unternehmen, was geeignet wäre, die grundlegenden Le­
bensbedingungen in Deutschland oder in Ihrer Zone auf einem
höheren Sfand Z!' halten als in irgendeinem benachbarten Mit­
gliedstaat der Vereinten Nationen.
b) Bei der Einführung und Durchführung der durch Sie oder
den Kontrollrat vorgeschriebenen Kontrollmaßnahmen sollen
die deutschen Behörden, soweit es praktisch
durchführbar ist, angewiesen werden, die Durch­
.iihrung dieser Kontrollen anzukündigen und zu
übemehmen. Dadurch soll dem deutschen Volk
klargemacht werden, dass die Verantwortung
sowohl für die Durchr uhrung dieser Kontrollen
als auch für jegliches Versagen bei solcher Kon­
trolltätigkeit bei ihm selbst und bei den deut­
schen Behörden liegt.
6. Entnazjftzjerung:
256
a) Der Kontrollrat soll einen Aufruf erlassen, durch den die
Nazi-Partei, ihre Gliederungen, angeschlossenen Verbände und
untergeordneten Organisationen und alle öffentlichen Nazi­
Einrichtungen, die als Werkzeuge der Parteiherrschcift gegrün­
det worden waren, aufgeliist werden und ihr Wiederentstehen in
jeder Form untersagt wird. Sie werden dqfür sorgen, dass diese
Politik in Ihrer Zone schleunigst verwirklicht wird, und Sie
werden alles tun, um das Wiedererstehen irgendeiner dieser
Organisationen als Untergrundbewegung, in getarnter oder in
geheimer Form, Z!' verhindern.
[. . . ]
c) Alle Mitglieder der Nazipartei, die nicht nur nominell in
der Partei tätig waren, alle, die den Nazismus oder Militaris­
mus aktiv unterstütz! haben, und alle anderen Personen, die
den alliierten Zielen feindlich gegenüberstehen, sollen entfernt
und ausgeschlossen werden aus öffentlichen Amtern und aus
wichtigen Stellungen in halbamtlichen und privaten Unterneh­
mungen wie (1) Organisationen des Bürgerstandes, des Wirt­
schciftslebens und der Arbeiterschcift, (2) Kij,perschciften und
andere Organisationen, an denen die deutsche Regierung oder
Unterabteilungen ein überwiegendesfinanzielles Interesse haben,
(3) Industrie, Handel Landwirtschcift und Finanv (4) Erzie­
hung und (5) Presse, Verlagsanstalten und andere der Verbrei­
tung von Nachrichten und Propaganda dienenden Stellen. Als
Personen, die nicht nur nominell in der Partei tätig waren und
die den Nazismus oder Militarismus aktiv unterstütz! haben,
sind diejenigen Z!' behandeln, die (1) ein Amt innehatten oder
anderweitig auf irgendeiner Stuft von den örtlichen bis Z!' den
Reichsstellen der Partei und ihrer Gliederungen aktiv gewesen
257
sind oder in Organisationen, die militaristische Lehren unter­
stützen, (2) irgendwelche Naziverbrechen, rassische Verfolgun­
gen oder Diskriminierungen veranlasst oder an ihnen teilge­
nommen haben, (3) sich als Anhänger des Nazismus oder
rassischer und militaristischer Überzeugungen bekannt haben,
oder (4) der Nazipartei oder Nazifunktionären oder Nazifah­
rern freiwillig beträchtliche moralische oder materielle Riffe oder
politische Unterstützµng irgendwelcher Art geleistet haben.
Keine dieser Personen daif in i rgendeiner der oben angeführten
Beschäftigungsarten aus Gründen der verwaltungstechnischen
Notwendigkeit, Bequemlichkeit oder Zweckdienlichkeit beibe­
halten werden.
[. . . ]
7. Entmilitarisierung:
a) Sie werden in Ihrer Zone sicherstellen, dass alle Einheiten
der deutschen Streitkrefte einschließlich der halbmilitärischen
Organisationen als solche aufgelöst werden und dass ihre Ange­
hörigen sofort entwaffnet und überwacht werden. Sie werden alle
Militärpersonen, die unter die Bestimmungen der Ziffer 8 fal­
len, verhaften und gefangen halten, bevor endgültig über sie
ve,fügt wird
[. . . ]
8. Als Kriegsverbrecher verdächtige Personen und Verhaf
tungen im Interesse der Sicherheit:
a) Sie werden Ado!f Hitler, seine Haupt-Nazi-Komplizen,
andere Kriegsverbrecher und alle di�enigen Personen, die an der
Planung oder Durchführung wn Naziunternehmungen beteiligt
waren, die mit Gräueltaten oder Kriegsverbrechen in Verbin­
dung standen oder Z!' solchen führten, ausfindig machen, verhef-
258
ten und gefangen halten, bis Sie weitere Anweisungen darüber
erhalten, was mit ihnen geschehen soll.
[. . . ]
9. Politische Tätigkeit
a) Keine politische Tätigkeit irgendwelcher Art
darf ohne Ihre Genehmigung begünstigt werden.
Sie werden dcifür sorgen, dass Ihre Militämgierung keine Bin­
dung Z!' irgendeiner politischen Gruppe eingeht.
b) Sie werden jegliche Verbreitung von naz!stischen, milita­
ristischen oder pan-germanistischen Lehren verbieten.
c) Sie werden keine deutschen Aufmärsche militärischer, po­
litischer, ziviler oder sportlicher Art gestatten.
d) Rede-, Presse- und Religionsfreiheit sind Z!' gewähren,
soweit sie nicht militärische Interessen beeinträchtigen.
[. . . ]
14. Erziehung:
a) Alle pädagogischen Einrichtungen in Ihrer Zone mit
Ausnahme derjenigen, die schon vorher auf Grund einer Ge­
nehmigung alliierter Steilen wiedererrichtet worden sind, sind zu
schließen. Die Schließung von naz!stischen Erzjehungsinstitu­
ten, wie Adolf-Hitler-Schulen, Napolas und Ordensburgen und
von Naz!organisationen innerhalb anderer pädagogischer Ein­
richtungen sollfor immer gelten.
b) Ein koordiniertes Kontrollsystem über die
deutsche Erziehung und ein bejahendes Pro­
gramm der Neuausrichtung sollen aufgestellt
werden, um die naz!stischen und militaristischen Lehren
völlig aUSZJlrotfen und die Entwicklung demokratischen Ge­
dankengutes zufiirdern.
259
c) Sie werden die Wiedereröffnung von Volksschulen, Mit­
telschulen und Berufsschulen so bald wie möglich nach Aus­
schaltung des Nazipersonals genehmigen. Lehrbücher und
Lehrpläne, die naz!stische und militaristische Lehren enthalten,
sollen nicht benutz! werden. Der Kontrollrat soll Programme
aufstellen, in denen die Wiedereröffnung der höheren Schulen,
Universitäten und anderer Institute für höhere Bildung in Aus­
sicht genommen wird. Nach Enifernung der besonderen naz!sti­
schen Spuren und des Nazipersonals und bis Z!'r Alfassung
solcher Programme durch den Kontrollrat können Sie innerhalb
Ihrer Zone ein vorlätefiges Programm aufstellen und in Kreft
setz.en und aufjeden Fall die Wiedereröffnung derjenigen Ein­
richtungen und Abteilungen gestatten, in denen eine Ausbil­
dung geboten wird, die Sie far die Verwaltung der Militämgie­
rung und far die Zwecke der Besatz!tng für unmittelbar not­
wendig und nützlich halten.
[. . . ]
II. Wirtschaft:
Al/gemeine Ziele und Kontrollmethoden:
16. Sie werden dqfar sorgen, dass die deutsche Wirtscheft so
verwaltet und kontrolliert wird, dass die in den Ziffern 4 und 5
dieser Direktive enthaltenen Hauptziele emicht werden. Wirt­
schaftskontrollen sind nur in dem Maße einZ!'fahren, wie sie
Z!'r Emichung dieser Ziele notwendig sind, vorausgesetz!, dass
Sie in vollem Ausmaß die far die Durchfahrung der industriel­
len Abrüstung Deutschlands notwendigen Kontrollen einfahren.
Abgesehen von den far diese Zwecke eiforderlichen Maßnah­
men werden Sie keine Schritte unternehmen, die (a) Z!'r wirt­
scheftlichen Wiederaufrichtung Deutschlands fahren könnten
260
oder (b) geeignet sind, die deutsche Wirtschaft Z!' erhalten oder
Z!' stärken.
17. Soweit es irgend möglich ist, ohne die erfolgreiche Durch­
führung der Maßnahmen Z!' gefährden, die notwendig sind, um
die in den Ziffern 4 und 5 dieser Direktive umrissenen Ziele
Z!' erreichen, werden Sie sich deutscher Behörden und Dienst­
stellen bedienen und diese derart beaufsichtigen undfar Nicht­
befolgung von Anordnungen bestrafen, wie es notwendig ist, um
Z!' gewährleisten, dass sie ihre Aufgaben ausfahren.
Zu diesem Zweck werden Sie allen deutschen Dienststellen
und Verwaltungsstellen, die Sie far unbedingt notwendig hal­
ten, angemessene Vollmachten erteilen. Vorausgesetz! aller­
dings, dass Sie sichjederzeit streng an die Bestimmungen dieser
Direktive über die Entnazjft�erung und die Auflösung oder
Ausschaltung von Na�organisationen, Einrichtungen,
Grundsätzen, besondere Merkmale und Methoden halten.
Sie werden, soweit notwendig, einen Verwaltungsapparat er­
richten, der nicht von deutschen Behörden oder Dienststellen
abhängig ist, um die Durchfahrung der Bestimmungen [ . . . ]
und aller anderen Maßnahmen, diefar die Erreichung Ihrer die
industrielle Abrüstung betreffenden Ziele erforderlich sind, zu
voll�ehen oder sicherz!'stellen.
18. Um den Aufbau und die Verwaltung der deutschen
Wirtscheft im größtmöglichen Ausmaß Z!' dezentralisieren,
werden Sie
a) dafar sorgen, dass alles, was erforderlich ist, um die le­
benswichtigen öffentlichen Versorgungsdienste und die industri­
elle und landwirtscheftliche Tätigkeit aufrechtzuerhalten oder

261
wiederherzJIStellen, soweit wie möglich auf örtlicher und regiona­
ler Grundlage unternommen wird;
b) im Kontrollrat auf keinen Fall die Errichtung einer
zentralisierten Kontrollvenvaltung über die deutsche Wirtschcift
vorschlagen oder billigen, außer in den Fällen, wo eine solche
Zentralisierung der Venvaltung Z!'r Emichung der in den
Ziffern 4 und 5 dieser Direktive aufgeführten Ziele unbedingt
notwendig ist. Die Dezentralisierung der Venvaltung daifnicht
verhindern, dass im Kontrollrat die weitestgehende Einigkeit
über die Wirtschciftspolitik erzielt wird.
[. . . ]
Deutscher Lebensstandard.·
21. Sie werden Schä!Zflngen darüber anstellen, welche Zu­
schüsse notwendig sind, um Hungersnot, die Ausbreitung von
Krankheiten und zivile Unruhen Z!' vermeiden, die die Besat­
zungsstreitkrefte gefährden könnten. Als Grundlage für diese
Schä!Zflngen soll ein Programm dienen, durch das die Deut­
schen selbstfür ihre Versor;gung aus eigener Arbeit und eigenen
Hi!fsquellen verantwortlich gemacht werden. Sie werden alle
durchführbaren wirtschciftlichen und polizeilichen Maßnahmen
er;greifen, um sicherzustellen, dass die deutschen Hi!fsquellen
voll ausgenutz! werden und der Verbrauch auf dem Mindest­
maß gehalten wird, damit die Ei,ifuhren streng begrenZf und
Überschüsse für die Besa!Zflngsstreitkrefte, verschleppte Perso­
nen und Kriegsgefangene der Vereinten Nationen sowie für
R.eparationsz;vecke verfügbar gemacht werden können. Sie
werden nichts unternehmen, was geeignet wäre, den Mindestle­
bensstandard in Deutschland auf einem höheren Niveau Z!'
erhalten als in ir;gendeinem benachbarten Mitgliedsstaat der
262
Vereinten Nationen, und Sie werden geeignete Maßnahmen
ergreifen, um sicherzJIStellen, dass der Mindestlebensstandard
des deutschen Volkes nicht höher liegt als bei irgendeinem be­
nachbarten Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen, falls solche
Maßnahmen daZf' beitragen, den Standard in irgendeiner dieser
Nationen Z!' heben.
[. . . ]
Arbeitsfragen, Gesundheitswesen und Sozjalversicherung:
23. Sie werden den Arbeitnehmern gestatten, sich nach de-
mokratischen Gesichtspunkten Z!' organisieren, vorausgesetz!,
dass die notwendigen Garantien gegeben sind, um eine Fortset­
zung des nazjstischen oder militaristischen Einflusses in jegli­
cher Tarnung oder ein Weiterbestehen irgendwelcher Gruppen,
die den Zielen und Unternehmungen der Besatz!tngsstreitkrefte
feindlich gegenüberstehen, Z!' verhindern.
[. . . ]

(Quelle: »Direktive der amerikanischen Stabschefs an den O berbefehls­


haber der US-Besatzflngstruppen in Deutschland (!CS 1061) (April
1945)«; abgedruckt in Wilhelm Cornides und Hermann Volle, Hg. »Um
den Frieden mit Deutschland<<, O berursel (Taunus): Europa-Archiv,
1948; auch abgedruckt in Rn!f Steininger, Hg., »Deutsche Geschichte
1945-1961. Darstellung und Dokumente in Z!"ei Bänden«, Stuttgart:
Fischer Taschenbuch Verlag, 1983, Bd. 1, S. 41-52.
http://ghdi.ghi-dc.o,g/ docpage.cfm?docpage_id=2911)

Der deutsche Historiker Hubertus Knabe schrieb


weiter hinsichtlich der »Befreiung«:
»Auch die Deutschen waren weit davon entfernt,
den alliierten Streitkräften jubelnd entgegenzulaufen.
Dazu trug nicht nur das schockierende Verhalten der
263
Rotannisten gegenüber der Zivilbevölkerung bei.
Vielmehr identifizierte sich die Bevölkerung bis zum
bitteren Ende mehrheitlich mit dem Regime der Na­
tionalsozialisten. Im Unterschied Z!' vielen anderen Ländern
kam es in Deutschland weder Z!'r Bildung von Partisanenein­
heiten noch Z!' lokalen Aufständen. Auch der Widerstand
blieb marginal«
Weiter: »Als die Deutschen endlich niedergerungen waren,
dachten die Alliierten folgerichtig nicht daran, ihnen nun die
Freiheit Z!' schenken. Bedingungslose Kapitulation bedeutete
vielmehr, dass Deutschland jedes Recht verloren hatte, über
seine Zuku,ift selbst Z!' befinden. Ausländische Truppen be­
setz!en sein gesamtes Territorium. In der Berliner Erklärung
vom 5. Juni 1945 legten die vier Alliiertenfest, dass sämtliche
Regierungsgewalt bis hinunter Z!' den Kommunen bei den Be­
satzflngsmächten lag. Jede - auch anti-nazjstische - politische
Betätigung musste von ihnen genehmigt werden. Die Situation
im Mai 1945 ähnelte mehr einer Militärdiktatur als einem
demokratischen Neubeginn.<(
Und: »Für Millionen Deutsche bedeutete das Kriegsende so­
gar das Gegenteil von Befreiung. Durch die Kapitulation der
Wehrmacht gerieten die meisten deutschen Soldaten in Gefan­
genscheft, am Ende waren es e!f Millionen. Mehr als ZJVÖ!f
Millionen Deutsche wurden Zfldem aus ihrer Heimat in den
Ostgebieten und in Ostmitteleuropa vertrieben. Auch in den
vier Besatzflngszonen wurden Hunderttausende Zivilisten ver­
haftet. Die S oujetunion installierte in ihrer Zone bruchlos eine
neue Diktatur, die bis 1989 fortbestand.<(
(Quelle: https:/ / hubertus-knabe.de/ 15-jahre-kriegsende/).

264
In der Tat war das Kriegsende eine »Befrei­
ung« für die Häftlinge in den deutschen Kon­
zentrationslagern, den ausländischen Kriegsge­
fangenen und Zwangsarbeitern, ebenso wie für
die innerdeutschen Gegner des Nazi-Regimes.
Der britische Premier Winston Churchill schrieb in
einem Brief an seinen Außenminister Anthony Eden
vom 11. Juli 1944 zum Genozid an den Juden:
)>Es besteht kein Zweife4 dass es sich hier um das wahr­
scheinlich größte und schrecklichste Verbrechen der ganzen
Weltgeschichte handelt, das von angeblich zivilisierten Men­
schen im Namen eines großen Staates und eines fahrenden
Volkes Europas mit wissenschaftlichen Mitteln verübt wird«
(Quelle: https:/ /1111VW.bundesregierung.de/ breg-de/ suche/ 8-mai-70-
jahrestag-des-endes-des-ZJVeiten-weltkrieges-in-europa-gedenkstunde-im­
plenarsaal-des-deutschen-bundestages-ansprache-vonprofessor-dr-heinrich­
august-winkler--805330).
Das gilt bis heute!
Dennoch ist der 7./8. Mai 1945 für die Deutschen
im engen Sinne zwar ein Tag der Befreiung vom NS­
Regime, aber ansonsten der Tag der bedingungslosen
Kapitulation, der Besetzung eines Feindstaates durch
die Alliierten, ganz abgesehen vom Leid von 14 Milli­
onen (bis 20 Millionen) Vertriebenen und einer an­
schließenden Militärdiktatur.
Und nicht zu vergessen: Diese »Befreiung« brachte
für die Ostdeutschen für viele Jahrzehnte e1ne neue
Diktatur, nämlich die unter der SED!

265
Die Direktive an den Oberbefehlshaber der US­
Besatzungstruppen in Deutschland (!CS 1067) (April
1945) belegt dies eindeutig!
Wie der Begriff »Befreiung« überhaupt in die bun­
desdeutschen Köpfe kam, beschreibt Historiker Kna­
be:
»In der Bundesrepublik setzte die Umdeutung des
Kriegsendes erst sehr viel später ein. Eine Zäsur bil­
dete dabei die Rede des christdemokratischen Bun­
despräsidenten Richard von Weizsäcker von 1985. Bei
einer Gedenkstunde zum vierzigsten Jahrestag der
Kapitulation erklärte er im Deutschen Bundestag:
,Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle
befreit von dem menschenverachtenden System der
nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.'«
Und: »Diese Feststellung war umso bemerkenswer­
ter, als von Weizsäckers Vater bei den Nürnberger
Kriegsverbrecherprozessen wegen Verbrechen gegen
die Menschlichkeit zu sieben Jahren Haft verurteilt
worden war und er selbst ihn damals mit verteidigt
hatte (... )Nach von Weizsäckers Rede wurde die Fikti­
on eines antifaschistischen Deutschland, das von den
Alliierten befreit worden sei, auch in Westdeutschland
begierig aufgegriffen. Nach und nach avancierte sie
fast zu einer Art Staatsräson der Bundesrepublik.«
(Q_uelle: https:/ / hubertus-knabe.de/ 15J°ahre-kriegsende/)

266
23. Verdrängt: Chronologie eines verschwiege­
nen Politik-Skandals - »So bauten Nazis die
Bundesrepublik auf!«

Die Bundesrepublik Deutschland wurde von


Ex-NSDAP-Mitgliedern und anderen NS­
Sympathisanten aufgebaut/
Jahrzehntelang wurde verschwiegen, dass auch
im Deutschen Bundestag ehemalige Nazis sa­
ßen/
Sogar Bundesminister waren frühere Hider­
Anhängerl

»Nie wieder Krieg von deutschem Boden, nie wie­


der Diktatur auf deutschem Boden!« Das war das
Credo deutscher Politik nach Ende des Zweiten
Weltkriegs. Eine Absage an jedwede Form totalitärer
Ideologien, Programmen, Bewegungen und Parteien.
Und das völlig zu Recht!
Ein Drittes Reich mit all seinen Schrecken, den 60
bis 70 Millionen Kriegstoten und 6 Millionen ermor­
deten Juden durfte und darf es nie wieder geben!
Allerdings nahmen dieses Credo nach 1945 viele
der politischen Verantwortlichen hierzulande wohl
nicht zu ernst. Zumindest »ideologisch« nicht. So
weiß heute kaum mehr jemand, dass die Bundesre­
publik Deutschland, die mit Inkrafttreten des deut­
schen Grundgesetzes am 23. Mai 1949 gegründet
267
wurde, vor allem von ehemaligen Nazis aufgebaut
wurde. Insbesondere im öffentlichen Dienst.
Ehemals mehr oder weniger stramme Parteigenos­
sen, die entweder in der NSDAP (Nationalsozialisti­
sche Deutsche Arbeiterpartei), ihren Unterorganisati­
onen oder der SS (Schutzstaffel), SA (Sturmabteilung)
oder Gestapo (Geheime Staatspolizei) saßen.
Noch weniger im kollektiven Gedächtnis verankert
ist die Tatsache, dass sich sogar Bundesminister ver­
schiedener Regierungen und Abgeordnete des Deut­
schen Bundestags ehemals in der Nazi-Partei tummel­
ten und dennoch in hohe Ämter kamen.
Das ist eigentlich ein Skandal erster Güte, der je­
doch kaum mehr an die Öffentlichkeit dringt, sondern
es lediglich in die Bücher von einigen wenigen Histo­
rikern schafft. Gleich gar nicht wird dies an heutigen
Schulen gelehrt und gelernt.
Was für eine Schande, kann ich da nur sagen und
schließt die Frage mit ein: Gab und gibt es wirklich
eine »vorbildliche« Auseinandersetzung der Bundes­
republik Deutschland mit dem NS-Regime?
Zunächst bleibt festzuhalten, dass diese Aufarbei­
tung international vielfach tatsächlich als »beispiel­
haft« angesehen wurde und wird. Dabei war diese zu
Beginn alles andere als das, sondern oftmals genau
das Gegenteil!
So gab es von Anfang an politische Anstrengungen
- auf die ich noch explizit eingehen werde - die der
»Säuberung« der vier Alliierten-Mächte (USA, Sowjet-
268
union, Großbritannien, Frankreich) teilweise zuwider­
liefen. Mit einer »Entnazifizierung« wollten sie die
deutsche und österreichische Gesellschaft, Kultur,
Presse, Ökonomie, Jurisdiktion und Politik von allen
Einflüssen des Nationalsozialismus befreien. Und
damit eine umfassende Demokratisierung und Entmi­
litarisierung des ehemaligen Dritten Reiches erreichen.
Eines ihrer Hauptziele war die Auflösung der
NSDAP und ihrer Unterorganisationen. Die NS­
Ideologie sollte mit Stumpf und Stiel ausgerottet wer­
den.
Doch es gab prominente Politiker, die das wohl
anders sahen und worüber heute kaum noch jemand
spricht.
Aber der Reihe nach:
Konrad Adenauer war der erste Bundeskanzler der
Bundesrepublik Deutschland (1949-1963), zugleich
erster Bundesminister des Auswärtigen (1951-1955)
und einer der Begründer der CDU. Eine absolut in­
tegre Persönlichkeit, die neben Theodor Heuss, Kurt
Schumacher und dem Parlamentarischen Rat zu den
Gründervätern unserer Republik gehörte. Allerdings
gibt es dazu noch Anmerkungen, die in (fast) keinem
Geschichtsbuchstehen. Und zwar diese:
Anfangs der 1950er-Jahre wurde durch einen Un­
tersuchungsausschuss unter der Federführung des
SPD-Parlamentariers Carlo Schmid bekannt, dass 55
der 96 neuen Diplomaten des Bonner Auswärtigen
Amtes (das damals »Dienststelle für Auswärtige Ange-
269
legenheiten im Bundeskanzleramt« hieß) Mitglied der
NSDAP waren!
Im Bundestag wehrte sich CDU-Bundeskanzler
Adenauer mit seinem überlieferten Satz gegen diese
Vorwürfe: »Ich bin doch bei Gott nicht der Mann, der
darauf ausgeht, frühere Parteigenossen in maßgeben­
de Stellungen zu bringen.«
(Quelle: http://www1.wdr.de/stichtag/stichtag-auswaertiges-amt-
100.html).
Und doch tat er es - zumindest bei einem sehr ge­
wichtigen ehemaligen Nationalsozialisten: Hans
Globke, Kommentator der berüchtigten Nürnberger
Rassegesetze mit Vergangenheit in Hitlers Reichsin­
nenministerium. Ausgerechnet ihn machte Adenauer
nicht nur zu seinem engsten Vertrauten, sondern auch
zum Chef des Kanzleramtes!
(Quelle: http://www1.wdr.de/stichtag/stichtag-aHSWaertiges-amt-
100.html).
So wurde Globke als rechte Hand Adenauers für
viele Jahre einer der mächtigsten Männer der jungen
Republik.
(Quelle: http://www. mdr.de/ zeitreise/ derfall-globke100.html).
Es lohnt sich, einen genaueren Blick auf die Ver­
gangenheit Globkes zu werfen. Denn dieser Fokus
macht das System des Protegierens ehemaliger Nazis
in der Bundespolitik deutlich.
Globke (geb. 1898) arbeitete in Hitlers Reichsmi­
nisterium. Er galt als zentrale Auskunftsperson für
Fragen zu den 1935 erlassenen »Nürnberger Rassege­
setzen«. Und da insbesondere zum sogenannten
270
»Blutschutzgesetz«, das sexuelle Beziehnngen ZWI­
schen Juden nnd Nichtjuden verbot. Ebenso zum
»Reichsbürgergesetz«, das die Staatsangehörigkeit
nach rassistischen Kriterien differenzierte.
1936 kommentierte Globke die Rassengesetzge­
bnng (hinsichtlich Ariern nnd Juden) zusammen mit
dem SS-Obergruppenführer Wilhelm Stuckart nnter
anderem so:
»Unter Geschlechtsverkehr ist zwar nicht nur der
Beischlaf, das heißt die natürliche Vereinigung der
Geschlechtsteile zu verstehen, sondern auch bei­
schlafähnliche Handlnngen, z.B. gegenseitige Onanie.
Im Hinblick auf den Zweck des Verbots, mischrassige
Nachkommenschaft zu verhüten, verbietet sich aber
jede hierüber hinausgehende Auslegnng des Begriffs
Geschlechtsverkehr; sonstige Handlnngen erotischer
Art, z.B. Küsse, Umarmnngen, unzüchtige Berührun­
gen, fallen nicht nnter das Verbot.«
(Queiie: http://www.Jto.de/ recht/feuilleton/j/ hans-globke-
rechtsgeschichte-nuernberger-rassengesetze-kommentar/ 2/).
In dem Kommentar zu den Rassegesetzen wurde
außerdem das Zusammengehörigkeitsgefühl des »ras­
sisch homogenen deutschen Volkes« propagiert nnd
alle Personen »fremden Blutes«, vor allem Juden, als
rassisch minderwertig diskriminiert.
Später wurde Globke neben der Mitverantwortnng
für die Nürnberger Rassegesetze vorgeworfen, den
>�«-Stempel in Reisepässen eingeführt zu haben, der
Juden den Fluchtweg in die Schweiz versperrte. Na­
türlich wehrte sich der der NS-Mann dagegen: Er
271
hätte versucht, Hitlers geforderte Maßnahmen zu
»mildern«. Ebenso erklärte er Kontakte zum Wider­
stand gehabt zu haben.
(Quelle: https:/ / www.hdg.de/ iemo/ biografie/ hans-globke.htm�.
Noch einmal: Ein »Alt-Nazi«, der solche rassisti­
schen und antisemitischen Kommentare von sich gab,
wurde später von CDU-Ikone Konrad Adenauer zum
Chef des Kanzleramts befördert! Dass, aufgrund die­
ser schändlichen Umstände die CDU noch heute an
der parteinahen Konrad Adenauer Stiftung festhält,
erscheint mir angesichts der schrecklichen NS­
Verbrechen mehr als fraglich!
Anmerkung: Der »Korpsgeist« im Auswärtigen
Amt verhinderte Jahrzehnte lang die Aufarbeitung der
eigenen NS-Vergangenheit. 2010 kam eine unabhän­
gige Historikerkommission zu dem Ergebnis, dass das
Auswärtige Amt im Dritten Reich nicht etwa, wie oft
behauptet, ein »Hort des Widerstands« gegen Hitler
war, sondern selbst tief in den Holocaust verstrickt
war. Und auch im Auswärtigen Amt der späteren
Bundesrepublik wurden schützende Hände über
ehemalige Kriegsverbrecher in den eigenen Reihen
gehalten.
(Quelle: http://www1.wdr.de/ stichtag/stichtag-auswaertiges-amt-
100.htm�.
Aber es wurden noch weitere politische Entschei­
dungen getroffen, um NS-belastete Personen und
Mitläufer wieder in den öffentlichen Dienst zu brin­
gen. Ebenso, um eine Strafminderung oder gar Reha­
bilitation von NS-Verbrechern zu ermöglichen.
272
Dazu heißt es in einer Anfrage der Linken-Fraktion
von 2011: »Die personelle und in Teilen auch inhaltli­
che Kontinuität, etwa im Beamtenapparat, in einzel­
nen Bundesministerien, in Polizeien, Geheimdiensten,
der Bundeswehr und dem Justizapparat haben
schwer- wiegende Folgen für das politische Klima
dieser Phase gehabt.«
(Quelle:
http://dipbt.bundestag.de/ dip2 1/ btd/ 17/08 1/ 1708 134.pdj).
Für wahr: Als im Herbst 1949 der Deutsche Bun­
destag die Arbeit aufnahm, bemühte man sich in allen
Fraktionen, die politische NS-Säuberung, die die Alli­
ierten seit 1945 vorantrieben, entweder zu beenden
oder gar rückgängig zu machen. Dazu gehörten par­
lamentarische Initiativen, Gesetzgebungswerke und
administrative Entscheidungen.
(Quelle: Norbert Frei, Vergangenheitspolitik. Die Anfange der Bun­
desrepublik Deutschland und die NS-Vergangenheit, München 1996, S.
13).
Schon bald beschloss der Deutsche Bundestag zwei
Amnestiegesetze, die vor allem NS-Tätern zuguteka­
men. Zum einen handelte es sich hierbei um das erste
Straffreiheitsgesetz vom 31. Dezember 1949 und das
zweite Straffreiheitsgesetz vom 17. Juli 1954. Von der
Amnestie ausgenommen waren Täter, die aus Grau­
samkeit, ehrloser Gesinnung oder aus Gewinnsucht
gehandelt hatten sowie Tötungs- und Raubdelikte. So
wurden beim ersten Straffreiheitsgesetz 792.176 Per­
sonen amnestiert. Vom zweiten Straffreiheitsgesetz
profitierten rund 400.000 Personen.
273
(Quelle:
http://dipbt.bundestag.de/ dip2 1/ btd/ 17/ 081/ 1708134.pdf).
Auf diesem Weg kamen also insgesamt fast 1,2 Mil­
lionen ehemalige Nazis wieder auf freiem Fuß.
Der öffentliche Dienst in der BRD wurde mit Be­
amten aufgebaut, die einen hohen Anteil an früheren
Angehörigen der NS-Behörden aufwies. Vor allem
von solchen in der NSDAP und ihren Unterorganisa­
tionen. Und das, obwohl es beim Bundesministerium
für den Marshallplan (das spätere Bundesministerium
für wirtschaftliche Zusammenarbeit) noch hieß: »Um
zu vermeiden, dass im Widerspruch zu § 26 Absatz 3
des Deutschen Beamtengesetzes Personen eingestellt
werden, die nicht die Gewähr dafür bieten, dass sie
sich durch ihr gesamtes Verhalten zur demokratischen
Staatsauffassung bekennen, werden in meinem Minis­
terium die eingereichten Lebensläufe sorgfältig ge­
prüft. Bei Besetzung besonders wichtiger Stellen wird
in Zweifelsfällen das Bundesamt für Verfassungs­
schutz um Auskunft gebeten.«
(Quelle: Bundesministeriumfar den Marshallplan, 12. Jufy 1951).
Doch die Realität sah anders aus: Gerechtfertigt
wurden die ehemaligen NSDAP-Beamten im öffentli­
chen Dienst damit, dass Sie »Verwaltungserfahrung«
besitzen würden. Die Bundesregierung erklärte noch
2011, die Forschung hätte am Beispiel der Kommu­
nalverwaltung gezeigt, dass die »alleinige Tatsache der
Parteimitgliedschaft für das Verhalten von Beamten in
der NS-Diktatur wenig Aussagekraft hat - abgesehen
davon, dass es bereits einen erheblichen Unterschied
274
macht, zu welchem Zeitpunkt jemand in die NSDAP
eintrat.« Und an anderer Stelle: »Ausdrücklich wird
darauf hingewiesen, dass eine bloße Mitgliedschaft in
der NSDAP noch keine sicheren Rückschlüsse auf
eine tiefere nationalsozialistische Grundeinstellung
zulässt.«
(Quelle: Bundesministeriumfar den Marshallplan, 12. Ju!J 1951).
Stellen Sie sich das einmal vor! Wenn heute eine
Person nur ein Flugblatt aus der rechten Szene be­
sitzt, gilt er gleich als ihr Gesinnungsbruder. Aber eine
ehemalige NSDAP-Mitgliedschaft von Beamten im
öffentlichen Dienst soll noch keinen Rückschluss auf
eine »tiefere nationalsozialistische Grundeinstellung«
zulassen?
Doch wie viele Hitler-Sympathisanten waren nun
tatsächlich im öffentlichen Dienst der BRD beschäf­
tigt? Erklärte doch einst die Bundesregierung so voll­
mundig, dass die »nationalsozialistische Gewaltherr­
schaft generell die am besten erforschte Periode des
20. Jahrhunderts« sei.
(Quelle:
http:/ /dipbt.bundestag.de/ dip2 1/ btd/ 17/ 081/ 1708134.p4!).
Beim Nachfolgepersonal in den eigenen Reihen
scheint diese »besterforschte« Periode jedoch große
Lücken aufzuweisen. Denn eine »quantitative Angabe
über den Anteil von NS-belasteten Personen« im öf­
fentlichen Dienst sei nicht möglich, hieß es von der
Regierung auf einmal. Alleine für eine dahingehende
Annäherung wären »intensive mehrjährige For­
schungsarbeiten« erforderlich.
275
Außerdem würden die noch zu ermittelnden Per­
sonalakten nur einen Bruchteil einer quantitativen
Auswertung abdecken. Andere seien nach Abschluss
der Versorgungsfälle und Ende der gesetzlichen Auf­
bewahrungs frist »vernichtet« worden. Und: Eine NS­
Überprüfung einzelner Akten wäre sehr zeitaufwendig
und würde nach Erfahrungen des Bundesarchivs
durchschnittlich 30 bis 60 Minuten dauern.
(Q_uelle:
http://dipbt.bundestag.de/dip2 1/ btd/ 17/ 08 1/ 1708 134.pdf).
Unfassbar!
Zahlen über ehemalige Nazis, die in der jungen
Bundesrepublik wieder in die Ämter kamen, gibt es
jedoch in anderer Hinsicht: Im Mai 1 951 wurde das
»Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der un­
ter Artikel 1 3 1 des Grundgesetzes fallenden Perso­
nen« mit Zustimmung aller Parteien vom Bundestag
beschlossen.
Durch dieses sogenannte »131 er-Gesetz« konnten
alle öffentlichen Bediensteten, die beim Entnazifizie­
rungsverfahren nicht als Hauptschuldige oder Belaste­
te eingestuft worden waren, wieder eingestellt werden.
Zu diesen Staatsdienern gehörten ehemalige Beam­
te, Hochschullehrer und Richter aus den Vertrei­
bungsgebieten, Beamte in nicht mehr existierenden
Verwaltungen und Berufssoldaten sowie alle diejeni­
gen, die wegen ihrer Betätigung im Dritten Reich,
nach dessen Ende aus dem Beamtenverhältnis »ent­
fernt« worden waren. Auch Angestellte und Arbeiter.
Sämtliche Verwaltungen wurden verpflichtet, mindes-
276
tens zwanzig Prozent der Planstellen mit 131em zu
besetzen.
Kurzum: Es handelte sich dabei um Personen, die
einst wegen ihrer Nähe und Betätigung zu Hitler­
Deutschland ihrer Ämter enthoben wurden.

Nachfolgend eine diesbezügliche aussagekräftige


Auflistung:

Zusammengefasst (Zahlen gerundet):


(Quelle: Deutscher Bundestag (17. Wahlperiode, Drucksache
s.
17/8 134 v. 14. 12.20 1 1, 28))

- 55 % der Beamten aus dem Bundespräsidialamt,


- 27 % des Deutschen Bundestages,
- 37 % des Bundesrates,
- 28 % der Bundeskanzlei,
- 77 % des Bundesverteidigungsministeriums,
- 48 % des Bundesjustizministeriums,
- 32 % des Bundesfinanzministeriums,
- 68 % des Bundeswirtschaftsministeriums,
- 40 % des Bundeslandwirtschaftsministeriums,
- 35 % des Bundesarbeitsministeriums,
- 41 % des Bundesverkehrsministeriums,
- 60 % des Bundesrechnungshofes etc.
waren ehemalige »NS-Belastete«. Aufgrund des
131er-Gesetzes wurden sie wieder in die Ämter ge­
hievt!
Wenn das kein Skandal ist...
277
Hinzu kommt, dass nach 1 949 an deutschen Bun­
desgerichten (einschließlich der Bundesstaatsanwalt­
schaft) 203 »NS-belastete« Personen tätig waren.
(Quelle:
http:/ /dipbt. bundestag.de/dip21/ btd/ 17/081/ 1708134.pdj).
Allerdings können strafgerichtliche Verfahren ge-
gen Angestellte, Beamte und Mitarbeiter des Bundes
aufgrund möglicher NS-Vergangenheit nicht mehr
festgestellt werden. Dies, so die Bundesregierung,
könne nur auf der Grundlage von Einzelauswertun­
gen der Verfahrensakten und der Personalakten er­
bracht werden. Doch dies sei ihr nicht möglich.
(Quelle:
http://dipbt. b undestag.de/ dip21/ btd/ 17/081/ 1708134.pdj).
Dennoch gibt es ein paar Zahlen, die aber nur ei-
nen Bruchteil der oben genannten Verfahren betref­
fen: Bis 2005 wurden 36.393 Ermittlungsverfahren
durchgeführt, 16.740 Anklagen erhoben und 6.656
Verurteilungen erwirkt.
(Quelle: Andreas Eichmüller: »Die Strafverfolgung von NS-Verbrechen
durch westdeutsche Justizbehörden seit 1945«, in: Vierteg"ahrshejte ftir
Zeitgeschichte 56 (2008) S. 621ff. (atef der Gmndlage einer beim Institut
far Zeitgeschichte gefahrten Datenbank).
Hinsichtlich der »besterforschten Periode des 20.
Jahrhunderts« wird es noch skandalöser. Vor allem,
wenn es um NS-Mitglieder aus den eigenen Politikrei­
hen geht. So kann die Bundesregierung auch nicht
mitteilen, in welchen Ministerien ab 1 949 besonders
viele Personen mit NS-Belastungen beschäftigt waren.
Ebenso wenig über die Anzahl der NS-belasteten

278
Mitglieder des Deutschen Bundestages oder der
Landtage.
(Quelle:
http:/ /dipbt. bundestag.de/ dip21/ btd/ 17/081/ 1708134.pdf).
Das ist beileibe kein Witz, sondern bittere Realität!
Nachfolgend und beispielhaft eine Auflistung ehe-
maliger NSDAP-Mitglieder mit bundespolitischen
Ämtern in der FDP.
Nicht angegeben sind darin einstmalige Nazis, die
in FDP-Landesparlamenten oder später im Europa­
parlament tätig waren:

Ernst Aschenbach, Mitglied in der NSDAP


1937-1945,
1957-1976 Mitglied im Bundestag
Joachim Angermeyer, Mitglied 1n der
NSDAP 1941-1945,
1976-1980 Mitglied im Bundestag
Albrecht Aschoff, Mitglied in der NSDAP
1933-1945,
1961-1965 Mitglied im Bundestag
Hermann Berg, Mitglied in der NSDAP
1937-1945,
1955-1957 Mitglied im Bundestag
Ewald Bucher, Mitglied 1n der NSDAP
1933-1945,
1962-1965 Bundesminister der Justiz, 1965-
1966 Bundesminister für Wohnungswesen und
Städtebau
279
Richard Burckardt, Mitglied in der NSDAP
1 940-1945,
1 961-1965 Mitglied im Bundestag
Rolf Dahlgrün, Mitglied in der NSDAP
1 933-1945,
1 962-1966 Bundesminister der Finanzen
Robert Dannemann, Mitglied in der NSDAP
1 933-1945,
1 945-1955 Mitglied im Bundestag
Hermann Dürr, Mitglied in der NSDAP
1943-1945,
1 957-1965 Mitglied im Bundestag
Josef Effertz, Mitglied in der NSDAP 1933-
1945,
1961-1968 Mitglied im Bundestag
Otto Eisenmann, Mitglied in der NSDAP
1933-1 945,
1957-1965 Mitglied im Bundestag
Josef Ertl, Mitglied in der NSDAP 1943-
1 945,
1 961-1987 Mitglied im Bundestag, 1 969-1983
Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft,
Forsten
Margarete Hütter, Mitglied in der NSDAP
1943-1945,
1943-1 953 und 1955-1957 Mitglied im Bundes-
tag
Otto Köhler, Mitglied in der NSDAP 1933-
1945,
280
1957-1960 Mitglied im Bundestag
Martin Reichmann, Mitglied in der NSDAP
1932-1945,
1961-1969 Mitglied im Bundestag
Hermann Saam, Mitglied in der NSDAP
1933-1945,
Mitglied im Bundestag 1965-1969
Walter Scheel, Mitglied in der NSDAP 1941-
1945,
1961-1966 Bundesminister für wirtschaftliche
Zusammenarbeit, 1969-1974 Bundesminister
des Auswärtigen, 197 4-1979 Bundespräsident
Hermann Schwann, Mitglied in der NSDAP
1933-1945,
1953-1957 Mitglied im Bundestag
Artur Stegner, Mitglied in der NSDAP 1931-
1945,
1949-1957 Mitglied im Bundestag
Willi Weyer, Mitglied in der NSDAP 1937-
1945,
1953-1954 Mitglied im Bundestag
Siegfried Zoglmann, Mitglied in der NSDAP
1934-1945,
1957-1970 Mitglied im Bundestag

(Quelle: http://1VW1ZI.Z?Jkunft-braucht-erinnenmg. de/ der-naumann-


kreis/)

281
Hinsichtlich von Bundesministern, die ehemals
NSDAP- oder SA-Mitglieder waren, gibt die Bundes­
regierung - welch ein Wunder - bereitwillig Auskunft.
Nachfolgend habe ich bei dieser „Liste der Schan­
de", die etwas bekannteren Persönlichkeiten aufgelis­
tet:
- Rolf Dahlgrün (geb. 19.5.1908), Ressort: Finan­
zen: Mitgliedschaft bei der NSDAP im Sinne der Fra­
gestellung seit 1.5. 1933.
Horst Ehmke (geb. 4.2. 1927), Ressort: Justiz Bun­
deskanzleramt, Forschung und Technologie, Post­
und Fernmeldewesen: NSDAP seit 20.4.1944.
- Erhard Eppler (geb. 9.12.1926), Ressort: Wirt­
schaftliche Zusammenarbeit: NSDAP seit 1944.
- Hans-Dietrich Genscher (geb. 21.3.1927), Ress­
ort: Innen, Auswärtiges Amt: NSDAP 1945.
- Kurt-Georg Kiesinger (geb. 6.4.1904), Bundes­
kanzler: NSDAP seit 1.5.1933.
- Walter Scheel (geb. 8.7.1919), Ressort: Wirtschaft­
liche Zusammenarbeit, Auswärtiges Amt: NSDAP
seit 1941 oder 1942.
- Richard Stücklen (geb. 20.9.1916), Ressort: Post­
und Fernmeldewesen: NSDAP.
- Friedrich Zimmermann (geb. 18.7.1925), Ressort:
Innen, Verkehr: NSDAP seit 1943.
- Kurt Schmücker (geb. 10.11.1919), Ressort: Wirt­
schaft, Bundesschatzminister: NSDAP seit 1.9.1937.

282
- Karl Schiller (geb. 24.4.1911), Ressort: Wirtschaft
und Finanzen: NSDAP seit 1.5.1937, SA Juli 1933-
1938.
- Richard Jaeger (geb. 16.2.1913), Ressort: Justiz:
SA seit 1933.
- Waldemar Kraft (geb. 19.2.1898), Ressort: Beson­
dere Aufgaben: NSDAP seit 1.5.1943; SS seit
13.11.1939.
- Hans Lenz (geb. 12.7.1907), Ressort: Bundes-
schatzminister, Wissenschaftliche Forschung:
NSDAP seit 1.5.1933.
- Hans Leussink (geb. 2.2.1912), Ressort: Bildung
und Wissenschaft: NSDAP seit 1.5.1937.
- Alois Niederalt (geb. 10.4.1911), Ressort: Angele­
genheiten des Bundesrates und der Länder: NSDAP
seit 1.5.1937.

(Quelle: Deutscher Bundestag (17. Wahlperiode, Drucksache


17/8134 V. 14. 12.20 1 1, J. 13+ 14)

Nun also wissen Sie, wer die junge Bundesrepublik


Deutschland tatsächlich mit aufgebaut hat: Ehemalige
Nazis im öffentlichen Dienst und in der Politik (Bun­
desregierung, Bundestag, Bundesrat etc.).
Spricht heutzutage irgendein Parteipolitiker, irgend­
ein Minister, irgendein Vertreter der Bundesregierung
darüber? Natürlich nicht! Denn zu groß ist die Angst
vor der braunen Vergangenheit in den eigenen Rei­
hen.

283
Zusätzliche Q uellen: http://www.bpb.de/ geschichte/ deutsche-
einheit/ deutsche-teilung-deutsche-einheit/43648/ brd-geschichte/ / /
https://www. bundestag.de/ kulturundgeschichte/geschichte/ ausstellungen/ ve
,jassung/ tafel21/ https:/ / www. deutsche-digitale­
biblio-
thek.de/item/EQZDXEI23RKTUQAKHB WK44K2TS55COK2/
http://www. b gbLde/xaver/ bgbl/ start.xav?start=%2F%2F'lil/o5B%40att
r_itl'lo3D'bgbl153058.p4f'%5D#_bgbl_%2F%2F'lil/o5B%40attr_id
%3D%27bgbl153058.ptff%27%5D_1470204586216/
http://www.welt.de/ kultur/history/ die_grossen_ihrer_zeit/ article139405
85/Adenauer-Gmendung-der-Bundesrepublik-Deutschland.html/
http://www.sueddeutsche.de/ kultur/ arte-portraet-der-mann-hinter­
adenauer-die-spinne- 1.524999/ Karsten Jedlitschka: ,,Old b<!JS network -
Der Verband der Nicht-Amtierenden (A mtsverdrängten) Hochschulleh­
rer und seine Lobl?Jpolitik in Bt!Jern am Beispiel der Universität Mün­
chen" in: Elisabeth Kraus (Hg. ): ,,Die Universität München im Dritten
Reich. A,ifsätze. Teil II. ': München 2008/ Albrecht Scholz/Thomas
Barth/Anna-Sophia Pappai/Axel Wacker. ,,Das Schicksal des Lehr­
körpers der Medizinischen Fakultät Breslau nach der Vertreib ung
1945/ 46" in: ,, Würz.b u,ger medizjnhistorische Mitteilungen 24, 2005"/
Jörg Friedrich: ,,Die kalte Amnestie - NS-Täter in der Bundesrepublik ':
Berlin 2001/Ernst Klee: ,,Was sie taten - Was Sie wurden': Frankfurt
am Main 1986/Malte Henvig: ,,Die Flakhelfer - Wie aus Hitlersjüngs­
ten Parteimitgliedern Deutschlands fahrende Demokraten wurden", Mün­
chen 2013/Norbert Frei: ,,Hitlers Eliten nach 1 945': München
2003/Norbert Frei: ,, Ve,gangenheitspolitik - Die Aefänge der Bundesre­
publik und die NS- Ve,gangenheit", München 2003

284
QUELLENVERZEICHNIS

»Direktive der amerikanischen Stabschefs an den


Oberbefehlshaber der US-Besatzungstruppen in
Deutschland 0CS 1067) (April 1945)«; abgedruckt in
Wilhelm Cornides und Hermann Volle, Hg.« Um den
Frieden mit Deutschland«, Oberursel
(Taunus): Europa-Archiv, 1948; auch abgedruckt in
Rolf Steininger, Hg., »Deutsche Geschichte 1945-
1961. Darstellung und Dokumente in zwei Bänden«,
Stuttgart: Fischer Taschenbuch Verlag, 1983, Bd. 1, S.
47-52.

Internationaler Militärgerichtshof Nürnberg »Der


Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher, Nürnberg
14. November 1945 - 1. Oktober 1946«, Band I (Ein­
führungsband),

Internationaler Militärgerichtshof Nürnberg »Der


Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher, Nürnberg
14. November 1945 - 1. Oktober 1946«, Band VIII
(Verhandlungsniederschriften 20. Februar 1946 - 7.
März 1946, Amtlicher Text in deutscher Sprache)

Internationaler Militärgerichtshof Nürnberg »Der


Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher, Nürnberg
14. November 1945 - 1. Oktober 1946«, Band XIII
(Verhandlungsniederschriften 3. Mai 1946 - 15. Mai
1946, Amtlicher Text in deutscher Sprache
285
BULLETIN DER BUNDESREGIERUNG Nr.
90-1 vom 1. September 2009 Rede von Bundeskanz­
lerin Dr. Angela Merkel bei der Gedenkveranstaltung
zum 70. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Welt­
kriegs am 1. September 2009 in Danzig
(https:/ /www.bundesregierung.de/resource/blob/97
5954/771112/776ecafe4d1715e2919550e9c62c5b33/
90-1-bk-data. pdf?download= 1)

Deutscher Bundestag (17. Wahlperiode, Drucksa­


che 17 /8134 v. 14.12.2011

Andreas Eichmüller: »Die Strafverfolgung von NS­


Verbrechen durch westdeutsche Justizbehörden seit
1945«, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 56
(2008)

Tim Townsend: »Letzte Begegnungen unter dem


Galgen - Ein amerikanischer Militärseelsorger erlebt
die Nürnberger Prozesse«, Holzgerlingen 2016

David Bergami: «Japan's Imperial Conspiracy, How


Emperor Hirohito led Japan into War against the
West«, New York, 1971

Joe J. Heydecker & Johannes Leeb: «Der Nürnber­


ger Prozess - Bilanz der Tausend Jahre«, Köln und
Berlin 1962,
286
»Gemeinsame... Historikerkommission: Konflikt­
gemeinschaft, Katastrophe, Entspannung«, München
1996

Hans Neuhoff: »Die deutschen Vertriebenen 1n


Zahlen«, Bonn, 1977

William Byford-Jones: »Berlin Twilight", London,


1947

James Bacque: »Verschwiegene Schuld - Die alliier­


te Besatzungspolitik in Deutschland nach 1945«, Se­
lent 2002

Klaus J. Bade: »Homo migrans - Wanderungen aus


und nach Deutschland - Erfahrungen und Fragen«,
Essen 1994

R. M. Douglas: »Ordnungsgemäße Überführung -


Die Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten
Weltkrieg«, München 2012

Anke Hufschmidt: »... und dann blieben wir doch -


Flüchtlinge und Vertriebene in Lippe 1945-1953«,
Detmold 1994

287
Andreas Eiynck (Hg.): »Alte Heimat - Neue Heimat
- Flüchtlinge und Vertriebene im Raum Lingen nach
1 945«, Lingen 1 997

Katharina Eiliger: »Und tief in der Seele der Feme -


Die Geschichte einer Vertreibung aus Schlesien«,
Reinbek 2006,

Alena Wagnerova: »1 945 waren wir Kinder - Flucht


und Vertreibung im Leben einer Generation«, Köln
1 990

Frauke Dettmer: »Konflikte zwischen Flüchtlingen


und Einheimischen nach Ende des Zweiten Weltlaie­
ges« 1n: »Jahrbuch für ostdeutsche Volkskunde
26/ 1 983

Hans Jandl: »Flüchtlinge und Heimatvertriebene im


Rheingau-Taunus-Kreis - Flucht und Vertreibung,
Aufnahme und Unterbringung, Prozess der Eingliede­
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des-deutschen-bundestages-ansprache-von-professor­
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025-19A�Kocln�Kinderlcichen_nach_Luftangriff.jpg)))/«Luftangriff gegen
Deutschland« (Bundesarchiv, Bild 146-1993-054-09 / CC-BY-SA)
(https://cornrnons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_l46-1993-
054-09,_Luftangriff_gegcn_Deutschland.jpg)/«Deutsche Zivilisten im
Februar 1945 in Danzig und Umgebung« (Bundesarchiv, Bild 146-1996-028-
36A/Höber, Brigine/CC-BY-SA 3.0)
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De,:Autor
Guido Grandl, Jahrg,ang 1963, istfreier TV-ProduZfnl, TV­
&dakteur, investigativer Journalist und Publizist. Seit iiber 25 Jahren
beschäftigt er sich mit der Kehrseite der Gesellscheft. Er hat rund 300
Filmbeiträgefar private, öffentlich-rechtliche und ausländische TV­
Sender recherchiert, gedreht und produziert und iiber 30 Bücher Z!'
seinen investigativen &cherr:hen ve,jasst.

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