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Handbuch Diagnostische Radiologie Gastrointestinales System PDF

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Handbuch diagnostische Radiologie

Herausgeber:
Jürgen Freyschmidt, Bremen
St. Feuerbach (Hrsg.)

Handbuch
diagnostische Radiologie

Gastrointestinales
System

Mit Beiträgen von:


G. Antes, W. Bautz, H.-J. Brambs, St. Feuerbach, T. Fischer,
W. Golder, Ch. Hannig, H. Helmberger, B. Kammer, M. Persigehl, J. Pullwitt,
K. Schlottmann, M. Strotzer, M. Völk, A. Wuttge-Hannig

Mit 805 Abbildungen in 1327 Einzeldarstellungen

123
Professor Dr. med. Stefan Feuerbach ISBN 978-3-540-41418-6
Universitätsklinikum Regensburg Springer Berlin Heidelberg New York
Institut für Röntgendiagnostik
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek
Franz-Joseph-Strauß-Allee 11 Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der
93042 Regensburg Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar

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ihre Richtigkeit überprüft werden.
Planung: Dr. U. Heilmann, Heidelberg
Redaktion: D. Mennecke-Bühler, Heidelberg
Herstellung: LE-TeX Jelonek, Schmidt & Vöckler GbR, Leipzig
Umschlaggestaltung: Frido Steinen-Broo, eStudio Calamar,
Spanien
Satz und Reproduktion: am-productions GmbH, Wiesloch

21/3180 YL – 5 4 3 2 1 0
Gedruckt auf säurefreiem Papier
Vorwort

Eine fortlaufende Optimierung der bildlichen Darstellung krankhafter Organver-


änderungen erfordert ein sich ständig verbreiterndes medizinisches Wissen.

Ein Handbuch ist der Definition nach ein zusam- Untersuchungsstrategien erfordern (z. B. mit Hilfe
menfassendes, in der Regel mehrbändiges Werk über der Projektionsradiographie, CT, MRT, Ultraschall,
eine Wissenschaft oder ein spezielles wissenschaft- ggf. Szintigraphie).
liches Gebiet. Kann ein solches Werk noch Bestand In den jeweiligen Hauptkapiteln findet sich zu-
haben in einer Zeit, in der sich wissenschaftliche nächst eine Darstellung der Normalanatomie und
Erkenntnisse mit nahezu unvorstellbarer Geschwin- ihrer wesentlichen Varianten – bezogen auf die ein-
digkeit entwickeln und wandeln? zelnen Darstellungsmodalitäten; dann folgt ein Ka-
Die Herausgeber und Autoren dieses Handbuchs pitel über die systematische Bildanalyse. Die Kapitel
bejahen diese Frage; sie halten es geradezu für not- über die einzelnen Krankheitsentitäten (Fehlbildun-
wendig, eine fundierte Standortbestimmung über gen, traumatische und entzündliche Veränderungen,
die diagnostische Radiologie in einem Rahmen ab- Tumoren und sonstige Störungen) sind einheitlich
zugeben, der für die praktischen Belange dieses – nach folgenden Themen aufgebaut:
neben der klinischen Pathologie – wichtigsten
diagnostischen Schlüsselfachs prinzipiell einen – pathologisch-anatomische Grundlagen
Wertbestand von etwa 8–10 Jahren besitzen soll. (zum Verständnis der radiologischen Befunde),
Dieser Zeitraum bezieht sich selbstverständlich nur – klinische Symptomatik,
auf die einzelnen Bände, deren jeweiliges Erscheinen – charakteristische radiologische Symptome
sich zwar durch die verschiedensten Umstände seit und ihre Differentialdiagnose.
dem Start des Gesamtprojektes verzögert hat, die – Jedes Kapitel schließt mit Empfehlungen zur
sich aber zum Zeitpunkt ihrer Fertigstellung jeweils Untersuchungsstrategie und zusammenfassenden
auf dem aktuellen Erkenntnisstand befanden bzw. Merksätzen.
befinden. Bei der Erstellung der einzelnen organbe-
zogenen Bände wurde bedacht, dass sich im oben an- Der rote Faden, der sich durch das gesamte Werk
gegebenen Zeitraum zwar untersuchungstechnische zieht, ist die synoptische Betrachtungsweise von klini-
Modalitäten, wie z. B. Sequenzen in der MRT, durch- schen und mit Hilfe der Radiologie erkennbaren pa-
aus ändern werden, dass aber das Prinzip der Dar- thologisch-anatomischen und funktionellen Verän-
stellungsmöglichkeiten von krankhaften Verände- derungen. Eine dem Patienten nützliche Diagnostik
rungen bestimmter Organe oder Organsysteme weit- kann im Übrigen nur aus der Fusion von technischer
gehend unverändert bleibt; denn die den Krankhei- Entwicklung und einem angepassten medizinischen
ten zugrunde liegenden pathologischanatomischen Wissen um das Wesen und die Vielfalt von Krankhei-
Veränderungen selbst ändern sich ja kaum! ten gelingen.
Die rasche Entwicklung und den Wandel von ätio- Frau Dr. U. Heilmann vom Springer-Verlag danken
logischen, pathogenetischen und therapeutischen wir für die Anregung zu diesem Handbuchprojekt.
Erkenntnissen kann und muss man in wissen- Ein ganz besonderer Dank gilt Frau D. Mennecke-
schaftlichen Zeitschriften und ggf. aktuellen Mono- Bühler, ohne deren gekonntes Management dieses
graphien verfolgen; doch wird man das Neue nur neunbändige Werk sicherlich nicht zum Abschluss
dann verstehen und nutzen können, wenn man durch gekommen wäre.
einen soliden Wissensfundus darauf vorbereitet ist.
Dazu soll dieses Handbuch mit seinem besonderen Im Frühjahr 2007
Konzept der Wissensvermittlung beitragen. Es orien-
tiert sich an Organen oder Organsystemen mit ihren Für die Herausgeber und Autoren
Erkrankungen, die jeweils bestimmte radiologische J. Freyschmidt, Bremen
Vorwort

Für die Diagnostik der Erkrankungen abdomineller fahren zur Vermeidung einer aufwändigen Stufen-
Organe stehen eine Vielzahl von Untersuchungstech- diagnostik wann der Vorzug zu geben ist. Gleichzei-
niken wie für kaum eine andere anatomische Region tig gilt es zu berücksichtigen, dass keinesfalls alle
zur Verfügung. Endoskopische Verfahren, die gleich- Methoden stets und ubiquitär verfügbar sind und
zeitig eine Biopsie oder therapeutische Maßnahmen eine diagnostische Strategie deshalb auch vom
ermöglichen, haben in den letzten 30 Jahren die klas- „Machbaren“ abhängt.
sischen radiologischen Verfahren wie Röntgenunter- Allen Autoren war es daher ein Anliegen, nicht nur
suchung des Magens im Doppelkontrast, Magen- die modernen diagnostischen Verfahren darzustel-
Darm-Passage oder den Kolonkontrasteinlauf nahe- len, sondern – soweit dies sinnvoll erschien – auch
zu komplett verdrängt. auf die „klassischen“ Verfahren einzugehen. Dies ent-
Um die Dünndarmdiagnostik konkurrieren die spricht zum einen den Gegebenheiten der täglichen
klassische Sellink-Technik, das Magnetresonanz- Praxis, zum anderen aber auch unserem Anspruch,
(MR-) Enteroklysma und zunehmend auch die Kap- dass es sich bei einem Handbuch (auch) um ein
selendoskopie.Andererseits verlieren bewährte endo- Nachschlagewerk handeln soll. Aus diesem Grund
skopische Techniken wie die endoskopische retro- werden auch „Raritäten“ berücksichtigt, die Priorität
grade Cholangiopankreatographie (ERCP) gegenüber wurde aber auf die häufigen und damit wichtigsten
der Magnetresonanzcholangiographie (MRC) und Erkrankungen gelegt.
der Magnetresonanzcholangiopankreatographie in Die ausreichende Berücksichtigung herkömm-
diagnostischer Hinsicht erheblich an Bedeutung. licher, klassischer Techniken und die korrekte Ein-
Die klassische Angiographie erhält in der Dia- schätzung moderner diagnostischer Verfahren im
gnostik von Embolien und Blutungen zunehmend Vergleich zu konkurrierenden Techniken wie der
Konkurrenz durch die CT- und MR-Angiographie, Endoskopie stellte für die Autoren eine Herausforde-
andererseits haben sich die therapeutisch-interven- rung dar, zumal die angewandten Untersuchungs-
tionellen Techniken zur Embolisation erheblich ver- strategien durch die Verfügbarkeit der jeweiligen
bessert. Methode vor Ort entscheidend beeinflusst werden.
Für die Diagnostik der parenchymatösen Organe Die Autoren hoffen, dieser Aufgabe dennoch weitge-
(Leber, Milz und Pankreas) stehen mit Ultraschall, hend gerecht geworden zu sein, und wünschen,
Computertomographie und Magnetresonanztomo- dass dieses Buch durch praxisnahe, pragmatische
graphie gleich drei leistungsfähige Schnittbildver- Empfehlungen und die Gewichtung der Krankheits-
fahren zur Verfügung. Alle diese Techniken sind ei- bilder zur Entscheidungsfindung in der täglichen
nem kontinuierlichen und rasanten technischen Praxis beiträgt.
Fortschritt unterworfen. Sie besitzen Vor-, aber auch
Nachteile, sodass es kaum möglich erscheint, all- Mai 2007
gemeinverbindliche Richtlinien für jedes Organ und Für die Autoren
jede Verdachtsdiagnose zu liefern, welchem Ver- Professor Dr. med. Stefan Feuerbach, Regensburg
Inhalt

1 Abdomen 3.3 Radiologische Untersuchungstechnik 39


W. Bautz 3.3.1 Kontrastmittel 41
1.1 Das Zwerchfell und seine Lücken 1 3.3.2 Praktische Anwendung
1.2 Die abdominellen Drainagewege und Standardprojektionen
und Recessus 5 beim Pharyngoösophagogramm 44
1.3 Radiologische Diagnostik des Abdomens 7 3.3.3 Fremdkörperdetektion 45
Literatur 9 3.3.4 Radiologische Untersuchungstechnik
bei Aspiration, Perforation
2 Akutes Abdomen oder ösophagotrachealen Fisteln 45
W. Bautz 3.4 Fehlbildungen 46
2.1 Definition 11 3.4.1 Pharyngeale Malformationen 46
2.2 Differenzialdiagnose 12 3.4.2 Ösophageale Malformationen 51
2.3 Anamese, Symptome 3.5 Traumatische Veränderungen 54
und klinische Untersuchung 12 3.5.1 Ösophagusperforation 54
2.3.1 Anamnese 12 3.5.2 Fremdkörper 55
2.3.2 Leitsymptome 12 3.5.3 Boerhaave-Syndrom 55
2.3.3 Klinische Untersuchung 13 3.6 Entzündliche Erkrankungen 56
2.4 Radiologische Diagnostik 14 3.6.1 Refluxösophagitis 56
2.4.1 Röntgenaufnahmen des Abdomens 14 3.6.2 Andere Ursachen für entzündliche
2.4.2 Durchleuchtungsuntersuchungen 15 Ösophaguserkrankungen 66
2.4.3 Sonographie 15 3.7 Motilitätsstörungen des Pharynx
2.4.4 Computertomographie 16 und Ösophagus 70
2.4.5 Diagnostische Empfehlungen 16 3.7.1 Primäre Motilitätsstörungen
2.5 Abdomenübersichtsaufnahmen des Pharynx und des Ösophagus 70
beim akuten Abdomen 17 3.7.2 Sekundäre Motilitätsstörungen
2.5.1 Pathologische Gasansammlungen des Pharynx und des Ösophagus 76
und Spiegel 17 3.8 Neurologisch bedingte Funktionsstörungen
Literatur 25 des Pharynx und des Ösophagus 78
3.8.1 Formen der Aspiration 82
3 Erkrankungen des Ösophagus 3.8.2 Neurologisch bedingte Dysfunktionen
Ch. Hannig, A. Wuttge-Hannig des Pharynx und Ösophagus
3.1 Anatomie 28 ohne Aspiration 91
3.1.1 Mundhöhle 28 3.9 Divertikel des Pharynx
3.1.2 Pharynx 28 und des Ösophagus 97
3.1.3 Oberer Ösophagussphinkter 30 3.9.1 Pharyngeale Divertikel 97
3.1.4 Ösophagus 30 3.9.2 Ösophageale Divertikel 103
3.1.5 Unterer Ösophagussphinkter 33 3.10 Tumoren 106
3.1.6 Röntgenanatomie 35 3.10.1 Benigne Tumoren des Pharynx
3.2 Physiologie des Pharynx und des Ösophagus 106
und des Ösophagus 37 3.10.2 Maligne Pharynxtumoren 108
3.10.3 Maligne Ösophagustumoren 113
3.10.4 Posttherapeutische Veränderungen 123
Literatur 136
X Inhalt

4 Magen und Duodenum 4.5 Weitere Erkrankungen 185


W. Golder 4.5.1 Bestrahlungsfolgen 185
4.1 Angeborene 4.5.2 Magenwandemphysem 185
und anlagebedingte Erkrankungen 140 4.5.3 Fremdkörper 186
4.1.1 Größen-, Form- und Lageanomalien 140 4.5.4 Magen und Duodenum
4.1.2 Divertikel 143 bei Systemerkrankungen 186
4.1.3 Hypertrophische Pylorusstenose 143 4.5.5 Morbus Ménétrier
4.1.4 Duodenalatresie 145 (Eiweißverlust-Gastropathie) 187
4.1.5 Aortomesenteriale Kompression 4.5.6 Volvulus 188
des Duodenums 146 4.5.7 Invagination, Intussuszeption 189
4.1.6 Pancreas anulare 146 Literatur 189
4.1.7 Paraduodenale Hernie 147
4.1.8 Pancreas aberrans 147 5 Dünndarm
4.1.9 Transpylorischer Schleimhautprolaps 148 G. Antes
Literatur 148 5.1 Allgemeiner Teil 192
4.2 Entzündungen, Geschwüre 5.1.1 Untersuchungstechniken 192
und Gefäßerkrankungen 149 5.1.2 Anatomie 196
4.2.1 Chemische Gastritis 149 5.1.3 Radiologische Normalbefunde
4.2.2 Gastritis phlegmonosa 149 und Variationen 196
4.2.3 Spezifische Gastritis 149 5.1.4 Grundmuster
4.2.4 Erosion 151 und Differenzialdiagnose 197
4.2.5 Ulcus ventriculi 151 Literatur 200
4.2.6 Ulcus duodeni 153 5.2 Fehlbildungen 201
4.2.7 Gastroduodenale Blutung 154 5.2.1 Rotations- und Fixationsstörungen 201
Literatur 155 5.2.2 Kongenitale (mesokolische)
4.3 Tumoren 156 innere Hernien 204
4.3.1 Gutartige epitheliale Tumoren 5.2.3 Darmduplikaturen 205
des Magens 156 5.2.4 Divertikel 206
4.3.2 Magenkarzinom 157 5.2.5 Segmentale Dilatation 209
4.3.3 Maligne Lymphome des Magens 163 Literatur 210
4.3.4 Endokrine Tumoren des Magens 165 5.3 Obstruktionen 210
4.3.5 Mesenchymale Tumoren des Magens 165 Literatur 219
4.3.6 Tumoren des Duodenums 166 5.4 Entzündliche Darmerkrankungen 219
4.3.7 Metastasen in Magen und Duodenum 169 5.4.1 Morbus Crohn 219
4.3.8 Magen und Duodenum bei Tumoren 5.4.2 Infektionen 226
der Nachbarorgane 170 5.4.3 Parasiten und Würmer 228
Literatur 171 5.4.4 Gastrointestinale Manifestationen
4.4 Postinterventioneller Gestalt- und Funktions- bei Aids 230
wandel von Magen und Duodenum 173 5.4.5 Gastrointestinale Entzündungen
4.4.1 Komplikationen chirurgischer Eingriffe nach Knochenmarktransplantationen 231
an Magen und Duodenum 174 5.4.6 Dünndarmulkus 232
4.4.2 Komplikationen endoskopischer Eingriffe 5.4.7 Back-wash-Ileitis 232
an Magen und Duodenum 177 5.4.8 Eosinophile Gastroenteritis 232
4.4.3 Folgen plastischer 5.4.9 Morbus Whipple 233
und rekonstruktiver Eingriffe 177 5.4.10 Lymphfollikuläre Hyperplasie
4.4.4 Folgen palliativer Eingriffe 179 und unspezifische Ileitis terminalis 233
4.4.5 Folgen ablativer Eingriffe 180 5.4.11 Retraktile Mesenteritis 234
4.4.6 Postoperative Rezidiv- Literatur 235
und Pseudoläsionen 183
Literatur 185
Inhalt XI

5.5 Dünndarmtumoren 236 6.4 Gefäßerkrankungen des Kolons 309


5.5.1 Adenokarzinom 238 6.4.1 Akute und chronische untere
5.5.2 Karzinoid gastrointestinale Blutung im Kolon 309
(neuroendokrine Tumoren) 240 6.4.2 Mesenteriale Ischämie 311
5.5.3 Nichtepitheliale Tumoren 242 Literatur 317
5.5.4 Lymphome 244 6.5 Tumoren 318
5.5.5 Sekundäre Dünndarmtumoren 248 6.5.1 Adenome und hyperplastische
5.5.6 Tumorähnliche Läsionen 249 Polypen 318
5.5.7 Aids-assoziierte Neoplasien 250 6.5.2 Maligne Tumoren des Dickdarms 324
Literatur 251 6.5.3 Benigne und maligne nichtepitheliale
5.6 Andere Erkrankungen 253 Tumoren 331
5.6.1 Vaskuläre Erkrankungen 253 6.5.4 Kaposi-Sarkom 335
5.6.2 Malabsorption 259 6.5.5 Metastasen 335
5.6.3 Bakterielle Überbesiedelung 262 Literatur 336
5.6.4 Kurzdarmsyndrom 262 6.6 Andere Erkrankungen des Kolons 340
5.6.5 Intestinale Lymphangiektasie und intesti- 6.6.1 Endometriose 340
nales Eiweißverlustsyndrom 263 6.6.2 Amyloidose 341
5.6.6 Zollinger-Ellison-Syndrom 264 6.6.3 Sklerodermie 341
5.6.7 Motilitätsstörungen 265 6.6.4 Lupus erythematodes 341
Literatur 270 6.6.5 Pneumatosis coli 342
6.6.6 Lymphatische Hyperplasie 343
6 Erkrankungen des Dickdarms 6.6.7 Divertikelkrankheit 343
M. Persigehl, St. Feuerbach 6.6.8 Reizkolon 349
6.1 Fehlbildungen, Form- 6.6.9 Vaskuläre Erkrankungen 349
und Lageanomalien, Hernien 273 Literatur 350
6.1.1 Formanomalien 274 6.7 Besondere Erkrankungen der Appendix 352
6.1.2 Lageanomalien 276 6.7.1 Appendizitis 352
6.1.3 Volvulus 279 6.7.2 Perityphlitischer Abszess 354
6.1.4 Invagination (Intussuszeption) 281 6.7.3 Mukozele 354
6.1.5 Hernien 282 Literatur 355
6.1.6 Verlagerung von Dickdarmanteilen 6.8 Funktionelle cine-MRT
durch nichtkolische Prozesse 285 des Beckenbodens 356
Literatur 286 T. Fischer
6.2 Traumatische Veränderungen 287 6.8.1 Einleitung 356
6.2.1 Stumpfes Bauchtrauma 287 6.8.2 Historische Entwicklung
6.2.2 Scharfes (penetrierendes) und Vergleich konventioneller
Bauchtrauma 288 röntgenologischer Verfahren
6.2.3 Iatrogene Läsionen des Dickdarms 289 mit der funktionellen cine-MRT 357
6.2.4 Bestrahlungsfolgen 292 6.8.3 Technische Durchführung 357
6.2.5 Verätzungen 292 6.8.4 Bildanalyse 361
Literatur 292 6.8.5 Typische Befunde 366
6.3 Entzündliche Veränderungen 293 6.8.6 Indikationen 369
6.3.1 Colitis ulcerosa 294 Literatur 370
6.3.2 Morbus Crohn 298
6.3.3 Pseudomembranöse Kolitis 299 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen
6.3.4 Strahlenkolitis 300 H. Helmberger, B. Kammer
6.3.5 Bakterielle Kolitis 301 7.1 Spezielle Untersuchungstechniken 374
6.3.6 Pilzinfektionen 303 7.1.1 Spezielle Untersuchungstechniken
6.3.7 Virale Infektionen 303 für die Leber 374
6.3.8 Parasitäre Infektionen 304 7.1.2 Spezielle Untersuchungstechniken
Literatur 306 für die Gallenblase
und die Gallenwege 379
Literatur zu Abschn. 7.1 384
XII Inhalt

7.2 Fehlbildungen 385 8.1.9 Magnetresonanztomographie 622


7.2.1 Embryologie und Anatomie 385 8.1.10 Magnetresonanzcholangio-
Literatur zu Abschn. 7.2.1 393 pankreatographie (MRCP) 624
7.2.2 Fehlbildungen der Leber 394 8.1.11 Magnetresonanzangiographie 626
Literatur zu Abschn. 7.2.2 403 8.1.12 Methodenvergleich 626
7.2.3 Fehlbildungen der Gallenblase 8.2 Anatomie und Funktion 627
und der Gallenwege 404 8.2.1 Pankreasparenchym 627
Literatur zu Abschn. 7.2.3 424 8.2.2 Pankreasgang und Gallengang 628
7.2.4 Fehlbildungen der Gefäße von Leber, 8.2.3 Gefäßversorgung 629
Gallenblase und Gallenwegen 424 8.2.4 Nervenversorgung 629
Literatur zu Abschn. 7.2.4 435 8.3 Normvarianten, Entwicklungsanomalien und
7.3 Traumatische Veränderungen 436 angeborene Erkrankungen des Pankreas 629
7.3.1 Traumatische Veränderungen 8.3.1 Entwicklungsanomalien 629
der Leber 436 8.3.2 Angeborene Pankreaserkrankungen 634
Literatur zu Abschn. 7.3.1 443 8.4 Entzündliche Pankreaserkrankungen 636
7.3.2 Traumatische Veränderungen 8.4.1 Akute Pankreatitis 636
der Gallenblase und der Gallenwege 443 8.4.2 Chronische Pankreatitis 644
Literatur zu Abschn. 7.3.2 447 8.5 Pankreastumoren 656
7.3.3 Komplikationen nach Leber- 8.5.1 Solide exokrine Pankreastumoren 656
und Gallenwegstraumen 448 8.5.2 Zystische Pankreastumoren 667
Literatur zu Abschn. 7.3.3 452 8.5.3 Endokrine Pankreastumoren 675
7.4 Entzündliche Erkrankungen 453 8.6 Verletzungen des Pankreas 681
7.4.1 Entzündliche Erkrankungen der Leber 453 8.7 Pankreastransplantation 683
Literatur zu Abschn. 7.4.1 470 Literatur 684
7.4.2 Entzündliche Erkrankungen
der Gallenblase und der Gallenwege 471 9 Erkrankungen der Milz
Literatur zu Abschn. 7.4.2 507 M. Völk, K. Schlottmann, M. Strotzer
7.5 Tumoren 508 9.1 Fehlbildungen 689
7.5.1 Tumoren der Leber 508 9.1.1 Embryologie 689
Literatur zu Abschn. 7.5.1 554 9.1.2 Normvarianten in Lage und Form 690
7.5.2 Tumoren der Gallenblase 9.1.3 Kongenitale Zysten 690
und der Gallenwege 556 9.2 Traumatische Milzläsionen 691
Literatur zu Abschn. 7.5.2 578 9.3 Entzündliche Erkrankungen 692
7.6 Andere Erkrankungen 579 9.3.1 Bakterielle Abszesse 692
7.6.1 Diffuse Erkrankungen der Leber 579 9.3.2 Mykotische Abszesse 693
Literatur zu Abschn. 7.6.1 605 9.3.3 Tuberkulose 694
7.6.2 Transplantationsradiologie 607 9.3.4 Echinokokkose 694
Literatur zu Abschn. 7.6.2 614 9.3.5 Pneumocystis-carinii-Infektion 695
9.3.6 Histoplasmose 696
8 Erkrankungen des Pankreas 9.4 Tumoren 696
H.-J. Brambs 9.4.1 Benigne Tumoren 696
8.1 Bildgebende Diagnostik 617 9.4.2 Maligne Milztumoren 698
8.1.1 Abdomenübersicht 9.5 Hämatologische Erkrankungen 701
und Thoraxaufnahmen 617 9.5.1 Myeloische Leukämie 701
8.1.2 Magen-Darm-Passage 9.5.2 Sichelzellenanämie 701
und hypotone Duodenographie 618 9.5.3 Thalassämie 701
8.1.3 Angiographie 618 9.5.4 Paroxysmale nächtliche
8.1.4 Endoskopische retrograde Cholangio- Hämoglobinurie 702
pankreatographie (ERCP) 618 9.5.5 Polycytaemia vera 702
8.1.5 Ultraschall 619 9.5.6 Idiopathische thrombozytopenische
8.1.6 Endoskopischer Ultraschall (EUS) 620 Purpura 702
8.1.7 Intraduktaler Ultraschall 621 9.5.7 Osteomyelofibrose 702
8.1.8 Spiral-Computertomographie 621
Inhalt XIII

9.6 Milzbeteiligung bei systemischen 10.2 Nekrose 724


Erkrankungen 702 10.2.1 Segmentaler Infarkt
9.6.1 Milzbeteiligung bei rheumatologischen des Omentum majus 724
Systemerkrankungen 703 10.2.2 Appendicitis epiploica 726
9.6.2 Milzbeteiligung bei Speicher- Literatur 727
krankheiten 703 10.3 Tumoren und tumorähnliche
9.6.3 Sarkoidose 705 Veränderungen 728
9.7 Andere Erkrankungen 706 10.3.1 Peritonealkarzinose 728
9.7.1 Milzinfarkt 706 10.3.2 Pseudomyxoma peritonei 730
9.7.2 Splenose 707 10.3.3 Malignes Lymphom 731
9.7.3 Entzündlicher Pseudotumor 709 10.3.4 Malignes Mesotheliom 732
9.8 Diagnostisches und interventionelles 10.3.5 Mesenteriale und omentale Zysten 733
Vorgehen bei inzidentellen 10.3.6 Liposarkom 735
oder unklaren Milzläsionen 709 10.3.7 Leiomyosarkom 736
Literatur 711 10.3.8 Aggressive Fibromatose 739
10.3.9 Sklerosierende Mesenteritis 740
10 Originäre Erkrankungen des Peritoneums Literatur 744
J.H. Pullwitt, J. Freyschmidt
Literatur 718 Sachverzeichnis 747
10.1 Entzündliche Erkrankungen 719
10.1.1 Bakterielle Peritonitis 719
10.1.2 Sterile Peritonitis 722
10.1.3 Folgen entzündlicher Peritoneal-
erkrankungen – Peritonitis adhaesiva,
Verwachsungsbauch 723
Literatur 724
Autorenverzeichnis

Antes, Günther, Dr. med. Hannig, Christian, Prof. Dr. med.


Chefarzt, Abteilung für Radiologie Institut für Röntgendiagnostik
Klinikum Kempten-Oberallgäu gGmbH Klinikum rechts der Isar, TU München
Robert-Weixler-Straße 50 Ismaninger Straße 22
87439 Kempten 81675 München

Bautz, Werner, Prof. Dr. med. Helmberger, Hermann, Prof. Dr. med.
Radiologisches Institut Zentrum für Radiologie
Universität Erlangen-Nürnberg und Nuklearmedizin Nymphenburg
Maximiliansplatz 1 Klinikum Dritter Orden
91054 Erlangen Menzinger Straße 44
80638 München
Brambs, Hans-Jürgen, Prof. Dr. med.
Klinik für diagnostische und Kammer, Birgit, Dr. med.
interventionelle Radiologie Pädiatrische Radiologie
Universitätsklinikum Ulm Dr. von Haunersches Kinderspital
Steinhövelstraße 9 Ludwig-Maximilians-Universität München
89075 Ulm Lindwurmstraße 4
80337 München
Feuerbach, Stefan, Prof. Dr. med.
Institut für Röntgendiagnostik Persigehl, M., Prof. Dr. med.
Universitätsklinikum Institut für diagnostische Radiologie
Franz-Josef-Strauss-Allee 11 Klinikum Rosenheim
93042 Regensburg Pettenkoferstraße 10
83022 Rosenheim
Fischer, Tanja, Dr. med.
Institut für Klinische Radiologie Pullwitt, Jens
Innenstadt, Klinikum der Universität München Radiologische Klinik
Marchioninistraße 15 Zentralkrankenhaus
81377 München St.-Jürgen-Straße
28205 Bremen
Golder, Werner, Prof. Dr. med.
Association d’Imagerie Médicale Schlottmann, Klaus, Priv.-Doz. Dr. med.
65, rue R. Poincaré Klinik für Innere Medizin I
10000 Troyes, Frankreich Klinikum der Universität Regensburg
Franz-Josef-Strauss-Allee 11
93053 Regensburg
XVI Autorenverzeichnis

Strotzer, Michael, Prof. Dr. med. Wuttge-Hannig, Anita, Dott.


Abteilung Radiologie Radiologie – Strahlentherapie – Nuklearmedizin
Krankenhaus Hohe Warte Karlsplatz 3–5
Hohe Warte 8 80335 München
95445 Bayreuth

Völk, Markus, Priv.-Doz. Dr. med.


Abteilung VIII (Radiologie)
Bundeswehrkrankenhaus
Oberer Eselsberg 40
89081 Ulm
Abdomen 1
W. Bautz

1.1 Das Zwerchfell und seine Lücken 1 Das Zwerchfell ist reich an Lymphgefäßen, man
1.2 Die abdominellen Drainagewege und Recessus 5 unterscheidet ein subperitoneales und ein subpleura-
1.3 Radiologische Diagnostik des Abdomens 7 les Netz. Durch den Druckgradienten zwischen Tho-
Literatur 9 rax und Abdomen ist der Lymphstrom in die Brust-
höhle begünstigt. So kann eine subphrenische Ent-
zündung relativ leicht eine sympathische Pleuritis
auslösen.
Zwerchfellhernien kommen beim Erwachsenen
1.1
am häufigsten im Bereich des Hiatus oesophagei vor
Das Zwerchfell und seine Lücken
(Hiatushernien, Abb. 1.2 a, b). Prädisponierend für
die Entwicklung von Hernien sind auch die oben
Das Zwerchfell (Diaphragma) trennt anatomisch den genannten muskelschwachen Stellen im Zwerchfell
Thorax- vom Abdominalraum und unterstützt funk- (Abb. 1.3):
tionell die Atmung und den Blutstrom zum Herzen.
1. dorsal am lumbokostalen Dreieck das Bochdalek-
Es ist eine kuppelartig in den Thoraxraum aufstei-
Dreieck (Bochdalek-Hernie, Abb. 1.4 a–c) und
gende Muskel-Sehnen-Platte, die an den lumbalen
2. die Parasternalhernien: rechts ventral zwischen
Wirbelkörpern, den Rippen und dem Sternum inse-
der Pars sternalis und der Pars costalis des Dia-
riert. Das Zwerchfell besteht beidseits aus 3 Muskel-
phragma die Morgagni-Spalte (Morgagni-Her-
partien (Pars lumbalis, Pars costalis und Pars sterna-
nie), links die Larrey-Spalte (Larrey-Hernie).
lis), die in der Sehnenplatte des Centrum tendineum
verankert sind (Abb. 1.1). Die sternokostalen und die lumbokostalen Hernien
Die Pars lumbalis entspringt mit 2 lang ausgezoge- sind sehr selten und beim Erwachsenen von geringer
nen Muskelsträngen rechts und links an der Lenden- Bedeutung.
wirbelsäule in Höhe von L2 bis L3. Lateral bilden Traumatische Hernien nach Verletzungen des
beidseits 2 Sehnenbögen die Quadratus- und die Zwerchfells entstehen ein- oder zweizeitig bei 5–10%
Psoasarkade für den Durchtritt der gleichnamigen der Abdominaltraumen. Meist kommt es zu einem
Muskeln. Im Zwerchfell befinden sich Öffnungen Prolaps von Baucheingeweiden in den Thoraxraum
für den Durchtritt der Speiseröhre (Hiatus oeso- (Abb. 1.5 a, b), wobei die linke Seite wesentlich häufi-
phageus), der Aorta (Hiatus aorticus) und der V. cava ger betroffen ist als die rechte (Verhältnis 3:1). Termi-
(Foramen v. cavae) sowie für Nerven und den Ductus nologisch handelt es sich nicht um eine echte Hernie,
thoracicus. Die Pars costalis des Zwerchfells inseriert da der Bruchsack fehlt.
ringsum an der unteren Thoraxapertur alternierend
mit den Ursprungszacken des M. transversus ab- 왔 Als Relaxatio diaphragmatica be-
Definition
dominis. Zwischen der Pars lumbalis und der Pars zeichnet man einen umschriebenen
costalis besteht häufig ein muskelfreies Dreieck, das Kontraktilitätsverlust des Zwerchfells mit konsekuti-
Trigonum lumbocostale (so genanntes Bochdalek- ver Überdehnung und paradoxer Atembeweglichkeit
Dreieck). Die Pars sternalis des Zwerchfells ent- des betroffenen Abschnitts.
springt vom Sternum und ist durch das schmale,
bindegewebige Trigonum sternocostale von der Pars Die Relaxatio diaphragmatica kann angeboren (De-
costalis getrennt. fektbildung) oder erworben (Phrenikusschädigung)
sein.
2 Kapitel 1 Abdomen

Abb. 1.1. Diaphragma. Ansicht von abdominal


1.1 Das Zwerchfell und seine Lücken 3

a b

Abb. 1.2 a, b. Große Hiatushernie. Gesamter Magen intrathorakal. Man erkennt im Retrokardialraum 2 Gas-Flüssigkeits-Spiegel

Abb. 1.3. Zwerchfellbruchpforten. Ansicht von abdominal


4 Kapitel 1 Abdomen

Abb. 1.4 a–c. Große Bochdalek-Hernie rechts. a, b Auf den


Röntgenaufnahmen des Thorax in 2 Ebenen erkennt man eine
homogene, scharf begrenzte kugelige Raumforderung dorsal
im rechten kostophrenischen Winkel. Der Befund ist ge-
genüber dem Zwerchfell nicht begrenzbar. c Die CT zeigt eine
Bochdalek-Hernie mit thorakal verlagertem Fettgewebe ohne
Organinhalt. Nebenbefunde: axiale Hiatushernie (b, c), Zu-
stand nach Herzschrittmacherimplantation

Abb. 1.5 a, b. Traumatische Zwerchfellhernie rechts. a In der


Röntgenaufnahme des Thorax p.-a. erkennt man Gasblasen
unter der „hochstehenden rechten Zwerchfellkuppel“. b Die CT
des Thorax und Abdomens zeigt in der frontalen Bildrekon-
struktion, dass es sich bei dem Befund um eine Zwerchfellrup-
tur nach einem anamnestisch bekannten stumpfen Bauchtrau-
c ma handelt. Die rechte Kolonflexur und Dünndarm sind in den
Thoraxraum prolabiert, die Leber ist orthotop
1.2 Die abdominellen Drainagewege und Recessus 5

Recessus:
Diaphragma Rec. subphrenicus
Vv. hepaticae
Rec. sup.
Cardia
V. cava inferior Bursa omentalis

Nebenniere
Rec. splenicus
Lig. hepatoduodenale
Niere
Pancreas
Rec. duodenalis sup.

Rec. duodenalis inf.


Radix mesocoli
transversus
Duodenum Sulcus paracolicus

Radix mesenterii

Recc. iliocaecales
sup. et inf.
Rec. intersigmoideus

Rec. retrocaecalis
Rectum

Abb. 1.6. Mesenteriale Wurzeln und Recessus an der dorsalen Bauchwand

1.2 Durch die komplexe Embryonalentwicklung bil-


Die abdominellen Drainagewege und Recessus den sich unter Beteiligung der Leber, der Milz und
des Gastrointestinaltrakts Spalträume bzw. Kompar-
Die komplizierte Anatomie des Abdomens entsteht timente der Peritonealhöhle aus (Abb. 1.6). Eine Zir-
in der Embryonalentwicklung durch Drehung der kulation von Peritonealflüssigkeit zwischen allen
Nabelschleife und Verklebung bestimmter Peritone- Räumen ist generell möglich, dennoch lassen sich be-
alduplikaturen mit der hinteren Bauchwand, wie im vorzugte Verbindungswege identifizieren (Abb. 1.7),
Bereich des Colon ascendens und Colon descendens. welche die typischen intraabdominellen Ausbrei-
Benachbart der Grenzen dieser Verklebungsflächen tungswege von Infektionen und anderen Krankhei-
entsteht die Radix mesenterii (von der Flexura duo- ten erklären.
denojejunalis links paravertebral in Höhe L2 bis zum Das Mesocolon transversum trennt einen supra-
Ileozökalwinkel) und die Radix mesocoli transversi von einem inframesokolischen Raum. Eine weitere
(von der rechten Kolonflexur bis zur linken Kolon- Unterteilung erfolgt durch Mesenterien und Liga-
flexur/Lig. phrenicocolicum). mente: Zwischen Diaphragma und Leber finden sich
Bleibt die Verklebung des Peritoneums z. B. im Be- die Recessus subphrenici, kapillare Spalten beidseits
reich des Colon ascendens unvollständig, so resul- des Lig. falciforme. Sowohl der rechte als auch der
tiert ein Colon mobile (teilweise intraperitoneal gele- linke Recessus subphrenicus sind nach ventral und
genes Colon ascendens). Ist die Verklebung über- lateral offen und stehen mit den parakolischen Rin-
schießend, so kann das gesamte Zökum einschließ- nen in Verbindung.
lich des terminalen lleum retroperitoneal liegen
(Caecum fixum).
6 Kapitel 1 Abdomen

Oberbauch und Becken dar (Meyers 1970). Dies ist


ein Grund, warum sich Oberbauchabszesse rechts
häufiger als links finden.
Beidseits der Radix mesenterii des Dünndarms
existieren Peritonealtaschen, die mesenteriokolischen
Spalten, die oberhalb der Flexura duodenojejunalis
in Verbindung stehen und nach kranial vom Meso-
colon transversum begrenzt werden. Nach kaudal
geht der linke mesenteriokolische Spalt in die Peri-
tonealnischen des kleinen Beckens über. Die hier
vorhandene Peritonealflüssigkeit wird in das kleine
Becken drainiert. Prozesse im rechten mesenterioko-
lischen Raum bleiben lokalisiert.
Die Flüssigkeit der Bursa omentalis (aus dem
Mesogastrium dorsale entstandene größte Bauchfell-
tasche hinter dem Magen) kann über das Foramen
epiploicum in den rechten subphrenischen Raum
drainiert werden.
Durch die Drehung der Nabelschleife mit der Ver-
lagerung zunächst intraperitonealer Darmabschnitte
nach retroperitoneal bilden sich in der Nachbar-
schaft von Mesenterialgefäßen und an den Über-
gangsstellen zwischen intra- und sekundär retroperi-
tonealen Darmabschnitten auch kleinere Recessus
(Mesenterialnischen). Sie spielen einerseits in der
lokalen Infektionsentwicklung (lokale Peritonitis)
Abb. 1.7. Ausbreitungswege intraabdomineller Abszesse: Ent- andererseits für die Entstehung so genannter innerer
lang der parakolischen Rinnen (a und b) in den Morrison- Hernien mit der Gefahr der Inkarzeration intraperi-
Pouch und die subphrenischen Räume (c und d). Von a und
b sowie dem linken mesenterokolischen Raum (f) bestehen tonealer Organe eine wichtige Rolle.
Verbindungswege in das kleine Becken. Prozesse im rechten Neben den schon genannten Recessus gibt es eine
mesenterokolischen Raum (e) bleiben meist dort lokalisiert. Vielzahl weiterer, die in der folgenden Übersicht auf-
Verbindung zwischen dem subhepatischen Raum (g) und der geführt sind.
Bursa omentalis. (Mod. nach Rauber u. Kobsch 1988)

Wichtige Recessus
∑ Morrisons Pouch (Recessus subphrenicus dexter inferior bzw.
왔 Als parakolische Rinne bezeichnet Recessus hepatorenalis): Spalt zwischen der Rückseite des
Definition Lig. triangulare dextrum, der Leberrückseite rechts und dem
man rechts die Mulde zwischen late-
raler Bauchwand und dem Colon ascendens und Peritoneum parietale im dorsalen Teil der rechten Zwerch-
Zökum, links zwischen lateraler Bauchwand und fellkuppel. Er führt nach links in Richtung Foramen epiploi-
dem Colon descendens. cum.
∑ Recessus subphrenicus sinister inferior (Recessus hepatogas-
tricus):Spalt zwischen der Rückseite des Lig.triangulare sinis-
Die linke parakolische Rinne ist eine direkte Verbin- trum, der Facies diaphragmatica, des linken Leberlappens,
dung zwischen dem Becken und dem linken sub- dem Lig. splenorenale und dem Magenfundus.
phrenischen Raum (Recessus subphrenicus sinister), ∑ Recessus duodenalis superior: zwischen der kranialen Kontur
wobei aber die Flüssigkeitsbewegung kranial durch der Flexura duodenojejunalis und hinter der von der
das Lig. phrenicocolicum behindert wird. V. mesenterica inferior aufgeworfenen Peritonealfalte. Mög-
Flüssigkeit in der rechten parakolischen Rinne licher Bruchsack für obere Dünndarmschlingen. Diese so
wird nach kranial in den rechten subphrenischen genannte Treitz-Hernie ist mit 53% die häufigste innere
Raum drainiert. Ursache hierfür ist der kaudokranial Hernie (Hansmann u. Morton 1939).
abfallende intraabdominale Druck in Verbindung ∑ Recessus duodenalis inferior: hinter der inkonstant vorhan-
mit der Zwerchfellbewegung. Erst bei massiver Kon- denen duodenomesokolischen Plica duodenalis inferior,
tamination, z. B. nach Ulkusperforation, kann es auch von links der Flexura duodenojejunalis nach kaudal und
zu einer kraniokaudalen Flüssigkeitsbewegung in rechts.
∑ Recessus paracolici: unregelmäßig lateral von Colon ascen-
den Douglas-Raum kommen. Die rechte parakolische
dens und descendens.
Rinne stellt die wichtigste Verbindung zwischen
1.3 Radiologische Diagnostik des Abdomens 7

Im Ileozökalbereich können folgende Recessus einer hochge-


schlagenen Appendix als Lager dienen:
∑ Recessus ileocaecalis superior und inferior (oberer und unte-
rer Ileozökalwinkel) sowie der
∑ Recessus retrocaecalis.
Die Recessus ileocaecalis sind nach der Treitz-Hernie der zweit-
häufigste Ort für Innere Hernien (13%).
∑ Recessus intersigmoideus: Zwischen der Wurzel des Meso-
colon sigmoideum und dem Peritoneum parietale über dem
linken M. psoas major.
∑ Recessus rectouterinus (Excavatio rectouterina, Douglas-
Raum): zwischen der Dorsalseite des Uterus und der Ventral-
seite des Rektum; entspricht beim Mann dem
∑ Recessus rectovesicalis.

Merke !Zusammenfassend finden sich die


wichtigsten Ausbreitungswege (vgl.
Abb. 1.7) von Abszessen entlang der parakolischen
Rinnen bis in die subphrenischen Räume und den
Morrison-Pouch. Prozesse im rechten mesenterioko-
lischen Raum bleiben meist lokal, während der linke
mesenteriokolische Raum in das Becken drainiert
(Douglas-Raum bzw. Recessus recto-vesicalis). Sub-
hepatisch besteht eine Ausbreitungsmöglichkeit vor
allem zwischen Morrison-Pouch und der Bursa
Abb. 1.8. Röntgenaufnahme des Abdomens (Abdomenüber-
omantalis. Von allen intraabdominalen Abszessbil- sicht oder Abdomenleeraufnahme) im Liegen. Rechts ist der
dungen ist die subphrenische bzw. subhepatische Weichteilschatten der Leber mit dem Leberunterpol und im
Lokalisation am häufigsten. linken Oberbauch die Milz erkennbar, Psoasränder (), Au-
ßenkonturen der Nieren (), Gas im Kolonrahmen (C) und
Magen mit Darstellung des Magenfaltenreliefs (M), Flanken-
schatten (FS)
1.3
Radiologische Diagnostik des Abdomens

Für die radiologische Diagnostik abdomineller Er- Auf den Röntgenaufnahmen werden Organe und
krankungen wird nahezu das gesamte Spektrum der Weichteilstrukturen nur bei ausreichender Fettum-
bildgebenden Verfahren eingesetzt, wobei die Schnitt- mantelung (großer Kontrast) und günstigem Strah-
bilddiagnostik eine überragende Bedeutung erlangt lengang (möglichst tangential) abgrenzbar. Fast im-
hat. Hinsichtlich der Indikationen zu den jeweiligen mer erkennt man das Fett in den Flanken (so genann-
Verfahren, der Untersuchungstechniken und der ter Flankenschatten), die Spitze des rechten Leber-
radiologischen Normalanatomie wird auf die spe- lappens, die Psoasaußenkontur, gefüllte Harnblase,
ziellen Kapitel dieses Buches verwiesen. Nieren, den Uterus und den Milzunterpol. Gas findet
An dieser Stelle sollen die Röntgenaufnahmen des sich regelmäßig im Magen, manchmal in geringen
Abdomens (so genannte Abdomenübersichtsaufnah- Mengen auch im Duodenum (Bulbus duodeni) und
men oder Abdomenleeraufnahmen) näher beschrie- nahezu immer im Kolon und Rektum.
ben werden. Bei älteren Menschen finden sich häufig Arterien-
Auf der normalen Röntgenaufnahme des Abdo- wandverkalkungen, besonders im Bereich der Aorta
mens erkennt man, am besten auf der Aufnahme in und ihrer Beckenaufzweigung und der A. lienalis
Rückenlage (Abb. 1.8), neben dem Skelett die Weich- (s. auch Kap. 2, Tabelle 2.4).
teilschatten der parenchymatösen Organe, evtl. Ver- Die Röntgenaufnahmen des Abdomens können
kalkungen und die Gasverteilung im Gastrointesti- evtl. in Zusammenschau mit den Röntgenaufnahmen
naltrakt. Die Röntgenaufnahmen des Abdomens im des Thorax Hinweise auf jene Normvarianten ge-
horizontalen Strahlengang (in Linksseitenlage oder ben, die differenzialdiagnostisch besonders bei der
im Stehen) dienen vor allem dem Nachweis von Gas- Abklärung des akuten Abdomens von Bedeutung
Flüssigkeits-Spiegel bei einem Ileus oder ein Pneu- sein können, wie Chilaiditi-Syndrom und Situs inve-
moperitoneum („freie Luft“) bei gastrointestinalen rus.
Perforationen.
8 Kapitel 1 Abdomen

Abb. 1.10. Dextrokardie bei Situs inversus

In der Regel handelt es sich um einen Zufalls-


befund (Gas im Kolon subphrenisch rechts) auf der
Röntgenaufnahme des Abdomens oder des Thorax
(Abb. 1.9 a, b). Das suphrenische Gas lässt sich meis-
tens eindeutig als intraintestinal lokalisieren und
darf nicht mit „freier Luft“ verwechselt werden.

왔 Unter dem Begriff Situs inversus tota-


Definition
lis versteht man eine spiegelverkehrte
Anordnung aller Organe des Abdomens und des
Thorax (Abb. 1.10) infolge einer Störung der fetalen
Darmdrehung in Grad und Richtung (Non- bzw.
b Malrotation).

Abb. 1.9. Chilaiditi-Syndrom. Interposition der rechten Ko- Häufiger als ein Situs inversus totalis ist der Situs
lonflexur zwischen Zwerchell und Leber. Zustand nach Aorten- inversus partialis.
klappenersatz
왔 Bei einem Situs inversus partialis sind
Definition
nur die Thoraxorgane (Dextrokardie)
oder die Abdominalorgane fehlpositioniert.

왔 Als Chilaiditi-Syndrom wird eine Auf der Abdomenübersichtsaufnahme bzw. der


Definition
Lageanomalie der rechten Kolon- Thoraxaufnahme geben die Herzachse, der Aorten-
flexur bezeichnet, die zwischen Zwerchfell und Leber verlauf und die Luft im Magen (Magenblase) Hin-
interponiert ist und gelegentlich Symptome (Ober- weise, ob der Situs inversus total oder partiell ist. Der
bauchschmerzen und Völlegefühl) hervorrufen kann, Situs inversus partialis ist häufig mit Herzfehlern
aber sonst keinen Krankheitswert besitzt. assoziiert.
1.3 Radiologische Diagnostik des Abdomens 9

CAVE ! Um eine Appendizitis nicht zu über-


sehen, muss bei Schmerzen im linken
Literatur
Unterbauch auch an die Möglichkeit eines Situs Hansmann GH, Morton SA (1939) Intraabdominal hernia.
inversus gedacht werden. Report of a case and review of the literature. Arch Surg 39:
973–986
Krolak C, Rock C, Reiser M (2003) Interventionelle Verfah-
Der Situs inversus tritt bei etwa der Hälfte der Men- ren bei entzündlichen Darmerkrankungen. Radiologe 43:
schen mit Kartagener-Syndrom („ziliäre Dyskinesie“, 59–65
Trias aus Situs inversus, Bronchiektasen und Sinu- Loeweneck H, Feifel G (2004) Bauch. In: Lanz T v, Wachsmuth
sitis) auf. W (Hrsg) Praktische Anatomie, Bd 6, Sonderauflage.
Springer, Berlin Heidelberg New York Tokyo
Meyers MA (1970) The spread and localization of acute
intraperitoneal effusion. Radiology 95: 547–554
Rauber A, Kobsch F (1988) Anatomie des Menschen, Bd 2.
Innere Organe. Thieme, Stuttgart New York
Rohen JW (2000) Topographische Anatomie, 10. Aufl. Schat-
tauer, Stuttgart New York
Swart B, Köster R (1990) Abdomen Übersichtsaufnahme.
In: Frommhold W (Hrsg) Schinz Radiologische Diagnostik,
Bd III/1. Thieme, Stuttgart New York, S 99–170
Akutes Abdomen 2
W. Bautz

2.1 Definition 11 dominal pain“) und hat sich im deutschen Sprach-


2.2 Differenzialdiagnose 12 raum erst in den 1950er Jahren durchsetzen können
2.3 Anamese, Symptome (Dick 1952).
und klinische Untersuchung 12 Die Kardinalsymptome, die den Gebrauch des
2.3.1 Anamnese 12 Begriffes akutes Abdomen rechtfertigen, sind (Ma-
2.3.2 Leitsymptome 12
2.3.3 Klinische Untersuchung 13 rincek 2002; Reng u. Langgartner 2003):
2.4 Radiologische Diagnostik 14 ∑ abdomineller Schmerz, akut auftretend,
2.4.1 Röntgenaufnahmen des Abdomens 14 ∑ Bauchdeckenspannung („Abwehrspannung“),
2.4.2 Durchleuchtungsuntersuchungen 15
2.4.3 Sonographie 15 ∑ Störung der Darmperistaltik (fehlende Peristaltik
2.4.4 Computertomographie 16 bis Hyperperistaltik), evtl. mit Meteorismus
2.4.5 Diagnostische Empfehlungen 16 (Trommelbauch), Übelkeit und Erbrechen,
2.5 Abdomenübersichtsaufnahmen ∑ Kreislaufstörungen bis hin zur Schocksymptoma-
beim akuten Abdomen 17 tik.
2.5.1 Pathologische Gasansammlungen und Spiegel 17
Literatur 25 In der Praxis wird jedes Auftreten von akuten Bauch-
schmerzen – oft irrtümlich – mit dem Begriff des
akuten Abdomen belegt. Aber nur etwa 20% der Pa-
2.1 tienten, die wegen akuter Abdominalschmerzen in
Definition die Klinik eingewiesen werden, erfüllen die erwähn-
ten Kriterien des akuten Abdomens (Trede u. Gai
1986). In der Mehrzahl der Fälle besteht eine Sympto-
Plötzlich einsetzende Abdominalschmerzen können matik, die mit dem Begriff unklares Abdomen be-
durch eine Fülle unterschiedlicher Erkrankungen schrieben werden sollte. Das wesentliche Unterschei-
verursacht werden, die oft schwierig zu differenzie- dungsmerkmal ist der Nachweis einer Abwehrspan-
ren sind. Abhängig von den Symptomen verwendet nung der Bauchdeckenmuskulatur („brettharter
man die klinischen Begriffe „akutes Abdomen“ und Bauch“), die beim unklaren Abdomen fehlt.
„unklares Abdomen“. Eine mehr praxisorientierte Definition des akuten
Akutes Abdomen steht nicht für eine definierte Er- Abdomens rückt den Handlungszwang in den Mittel-
krankung, sondern beschreibt einen Symptomen- punkt, denn der erstbehandelnde Arzt muss recht-
komplex, der den Verdacht auf ein akutes, potenziell zeitig entscheiden, ob bei akuten Bauchschmerzen
lebensbedrohliches abdominelles Geschehen nahe ein Handlungsbedarf besteht oder nicht. Wenn ja,
legt. Das akute Abdomen bedarf einer raschen Abklä- muss er den Patienten notfallmäßig in ein Kranken-
rung, oft auch einem sofortigen chirurgischen Ein- haus einweisen, bzw. im Krankenhaus muss die
greifen ohne weitere ätiologische Klärung. Es ist also Diagnostik vorangetrieben werden, um möglichst
ein vorläufiger Arbeitsbegriff, der aus der Zeitnot rasch den Arbeitsbegriff akutes Abdomen durch eine
und dem Handlungszwang heraus geboren wurde exakte Diagnose zu ersetzen und die Entscheidung
(Reng et al. 1998). Der Begriff entstand in Nordame- zur operativen oder konservativen Therapie treffen
rika nach dem Ersten Weltkrieg (im angloamerikani- zu können.
schen Sprachgebrauch: UDAP/“undifferentiated ab-
12 Kapitel 2 Akutes Abdomen

2.2 2.3
Differenzialdiagnose Anamese, Symptome und klinische Untersuchung
Folgende Erkrankungen sind häufige Ursachen für Die korrekte Interpretation der Anamnese und der
ein akutes Abdomen (Enke u. Sachs 1993): klinischen Symptomatik ist für die Wahl der weiter-
führenden Diagnostik und die korrekte Einordnung
∑ lokale Peritonitis infolge einer übergreifenden
der dabei erhobenen radiologischen Befunde von
Organentzündung (z. B. akute Appendizitis, akute
großer Wichtigkeit. Im Folgenden soll auf die wich-
Cholezystitis),
tigsten Aspekte eingegangen werden.
∑ generalisierte Peritonitis (z. B. infolge Perforation
eines Hohlorgans),
∑ Ileus (z. B. Darmverschluss infolge tumoröser
2.3.1
oder entzündlicher Stenosen, Briden oder einer
Anamnese
inkarzerierten Hernie),
∑ intestinale Ischämie (z. B. infolge eines Mesente-
Obligat sind Fragen, ob die Beschwerden erstmalig
rialgefäßverschlusses oder einer Torsion bzw.
oder rezidivierend sind sowie Fragen nach voraus-
Inkarzeration eines intraabdominell gelegenen
gegangenen Abdominalerkrankungen, Operationen,
Organs),
Thoraxerkrankungen, gynäkologischen Erkran-
∑ intraabdominelle Blutung (z. B. extrauterine Gra-
kungen und Stoffwechselstörungen. Wichtig sind
vidität, Perforation eines Aortenaneurysmas,
auch die Medikamenten- und Drogenanamnese (Ka-
stumpfes Bauchtrauma).
minski et al. 1994; Papi et al. 1999; Scott-Conner u.
Diese Erkrankungen bedürfen in der Regel einer so- Fabrega 1996).
fortigen chirurgischen Therapie.
Die Verdachtsdiagnose eines akuten Abdomens
bestätigt sich bei älteren Patienten wesentlich häufi-
CAVE !
Medikamente und Drogen können
einerseits Ursache für akute Abdomi-
ger als bei unter 50-jährigen (Ohmann et al. 1992). nalschmerzen sein, andererseits aber auch deren
Dies spiegelt sich auch in der Häufigkeitsverteilung Symptome maskieren (z. B. Analgetika, Spasmo-
der zugrunde liegenden Erkrankungen wieder. Bei lytika).
jüngeren Patienten steht die akute Appendizitis mit
mehr als 50% an der Häufigkeitsspitze (de Dombal
1994), während im höheren Alter die akute Chole- 2.3.2
zystitis die häufigste Ursache ist, auch nehmen vas- Leitsymptome
kuläre und maligne Prozesse zu.
Differenzialdiagnostisch muss beachtet werden, Der Schmerz ist das Kardinalsymptom des akuten
dass auch extraabdominelle Erkrankungen wie Abdomens. Differenzialdiagnostisch wegweisend sind
Myokardinfarkt, Pleuritis, Ösopagusperforation,
∑ der Zeitpunkt des Schmerzbeginns (z. B. post-
retroperitoneale Prozesse, urologische Erkran-
prandial),
kungen, Stoffwechselerkrankungen und Intoxika-
∑ die Art des Schmerzbeginns (z. B. schlagartig),
tionen akute Abdominalschmerzen verursachen
∑ der Schmerzverlauf (Tabelle 2.1),
können.
∑ die Schmerzlokalisation (umschrieben, diffus,
wechselnd) und
∑ die Schmerzausstrahlung (z. B. Schulter, Rücken).

Tabelle 2.1. Akutes Abdomen: typische Schmerzverläufe. (Mod. nach Dirks u. Nothwang 2000; Encke u. Sachs 1993)

Schmerztyp Ursache

Wellenartig, stetig zunehmend Peritoneale Reizung („Peritonismus“) bei Appendizitis, Cholezystitis,


Divertikulitis usw.
Kolikartig, schmerzfreie Intervalle Gallen- und Ureterkolik, mechanischer Ileus usw.
Schlagartig einsetzend, maximal Perforation eines Hohlorgans, Aortenruptur,
Tubenruptur (Extrauteringravidität) usw.
Akuter Beginn – ruhiges Intervall – Darmischämie: Mesenterialinfarkt, Strangulation einer
dann erneut aufbauend mit Peritonitiszeichen Dünndarmschlinge, Dickdarmvolvulus usw.
2.3 Anamese, Symptome und klinische Untersuchung 13

Auch der Einfluss von Wärme oder Kälte auf die Regel eindeutig. Bewegungen der Bauchdecke ver-
Schmerzsymptomatik kann differenzialdiagnostisch stärken den Schmerz, weshalb der Patient eine Schon-
helfen: Bei entzündlichen Abdominalerkrankungen haltung einnimmt. Druckschmerz und Loslass-
wird die Applikation von Wärme meist als unange- schmerz sind somatische Schmerzen, ausgelöst
nehm empfunden, während Kälte die Schmerzen durch eine Irritation des Peritoneum parietale.
lindert.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Schmerz-
bzw. Krankheitsempfinden individuell sehr unter-
Merke ! Typisch für ein akutes Abdomen ist
die Abwehrspannung bis hin zur brett-
schiedlich ist. Besonders alte Menschen klagen häu- harten Bauchdecke, einer reflektorischen Anspan-
fig über nur geringe Beschwerden auch bei schweren nung der Bauchmuskeln.
abdominellen Erkrankungen (Marco et al. 1998).
Man muss auch bedenken, dass lebensbedrohliche Sie kann lokalisiert oder generalisiert sein und wird
Erkrankungen, wie z. B. gastrointestinale Blutungen, durch eine Entzündung des Peritoneum parietale
schmerzfrei verlaufen und erst mit einer Schock- ausgelöst, meist als Komplikation einer zunächst auf
symptomatik auffallen können. ein viszerales Organ beschränkten Erkrankung (z. B.
Appendizitis, Perforation eines Hohlorgans). Früh-
Merke ! Bei der Anamnese und der klinischen
Untersuchung muss versucht werden,
zeichen sind Druck-, Klopf- und Loslassschmerz und
Bauchdeckenspannung. Als Zeichen der Entzündung
zwischen dem viszeralen und dem somatischen kommen Fieber, Tachykardie und im Blutbild eine
Schmerz zu differenzieren. Leukozytose hinzu. Im fortgeschrittenen Stadium
der diffusen Peritonitis werden die Zeichen des
Die beiden Schmerzkomponenten werden hervorge- Schocks beobachtet. Gerade um diese lebensbedroh-
rufen durch die zweifache sensible Versorgung der liche Spätphase der Peritonitis zu vermeiden, stellt
Abdominalorgane, zum einen durch viszerosensible eine unwillkürliche Bauchdeckenspannung in aller
Fasern in sympathischen Nerven und zum anderen Regel eine sofortige Operationsindikation dar.
durch segmental verlaufende Spinalnerven. Die Analyse des Schmerzes im Verlauf kann auch
Viszerale Schmerzen entstehen durch Reizung Aufschluss über das Fortschreiten des Krankheits-
viszeraler Afferenzen im autonomen Nervensystem prozesses geben: Der viszerale Schmerz weist auf ein
(Nn. splanchnici). Ausgelöst wird der viszerale Frühstadium der Krankheit hin und der Übergang
Schmerz durch eine Druckerhöhung in Hohlorganen zum somatischen Schmerz auf das Fortschreiten
(Dehnung) oder durch Ischämien. Der Schmerz- eines entzündlichen oder vaskulären Prozesses.
charakter wird als dumpf, brennend oder bohrend So manifestiert sich eine akute Appendizitis häu-
und bei muskulären Hohlorganen (z. B. Darm, Gal- fig zunächst mit dumpfen Schmerzen periumbilikal
lenblase) oft auch kolikartig beschrieben, ohne ge- oder im Epigastrium sowie durch Übelkeit und Er-
naue Angabe der Lokalisation. Der Patient windet brechen, später lokalisiert sich der Schmerz im
sich, um mit Lageänderungen eine Schmerzerleichte- rechten Unterbauch (McBurney-Punkt) als Ausdruck
rung zu erzielen. Aufgrund der Konvergenz viszera- einer lokalen Peritonitis mit Abwehrspannung.
ler und kutaner afferenter Nervenfasern auf die- Wechselt dann der Schmerzcharakter hin zu diffu-
selben Hinterhornneurone des Rückenmarks können sen, nicht mehr lokalisierbaren Schmerzen, weist dies
viszerale Schmerzen auch auf abhängige Hautareale auf eine diffuse Peritonitis nach Organruptur hin.
projiziert werden (so genannte Head-Hautzonen, Das akute Abdomen bei Kindern unterscheidet
z. B. Schulterschmerz rechts bei Cholezystitis, dorsale sich von dem der Erwachsenen deutlich, dies betrifft
gürtelförmige Schmerzen in Hüfthöhe bei Pankreas- sowohl die Schmerzsymptomatik – Kinder projizie-
erkrankungen). Typisch ist die Kombination von ren ihre Beschwerden, egal welchen Ursprungs, häu-
viszeralen Bauchschmerzen mit vegetativen Begleit- fig auf den Nabel – als auch die Differenzialdiagnose.
symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Tachykardie
und kaltschweißige blasse Haut (Facies abdomi-
nalis). 2.3.3
Somatische Schmerzen werden durch mechani- Klinische Untersuchung
sche Traumen, Entzündungen und chemische Rei-
zung in den Nozizeptoren des Peritoneum parietale, Die Inspektion des Patienten gilt seinem Allgemein-
im Mesenterium, im Retroperitoneum und auch in zustand, Gesichtsausdruck (Facies abdominalis),
den Bauchwandschichten ausgelöst. Der Schmerz- der Atmung, Körperhaltung (Schonhaltung, Bewe-
charakter der somatischen Schmerzen ist schnei- gungsunruhe), Veränderungen der Bauchhaut wie
dend, stechend oder brennend. Wegen der einseiti- Laparotomienarben, aufgetriebenes Abdomen, Caput
gen Innervierung ist die Schmerzlokalisierung in der medusae usw.
14 Kapitel 2 Akutes Abdomen

Merke ! Eine Schmerzverstärkung beim Hus-


ten oder Pressen ist typisch für das
2.4.1
Röntgenaufnahmen des Abdomens
Vorliegen einer Peritonitis.
Die Röntgenaufnahme des Abdomens im Stehen zur
Die Palpation und Perkussion des Abdomens dient Untersuchung des akuten Abdomens wurde von
ebenfalls der Schmerzbeurteilung, der Feststellung Schwarz im Jahre 1911 eingeführt. Diese Untersu-
einer Abwehrspannung, dem Nachweis von Organ- chungstechnik ermöglichte erstmals den Nachweis
vergrößerungen bzw. Resistenzen sowie freier intra- von freier Luft und von Darmspiegel im Abdomen.
abominaler Flüssigkeit und/oder Luft. Obligat ist die Die alleinige Aufnahme des Abdomens im Stehen
Überprüfung der Bruchpforten zum Ausschluss von erwies sich in der Folge bei der gegebenen Fragestel-
inkarzerierten Hernien. lung aber als unzuverlässig. Heute werden deshalb
Auskultatorisch kann die Darmmotilität beurteilt beim Erwachsenen standardmäßig Aufnahmen in
werden. Beim paralytischen Ileus kommt es über Rückenlage und zusätzlich Aufnahmen im horizonta-
eine Hypomotilität zur so genannten Totenstille. len Strahlengang in Linksseitenlage oder, wenn es die
Gesteigerte Darmtätigkeit findet sich bei Infektionen Schmerzsymptomatik erlaubt, im Stehen angefertigt.
oder mechanischen Passagestörungen (hochgestellte Da akute abdominelle Beschwerden auch extra-
Darmgeräusche beim mechanischen Ileus). Bei län- abdominale Ursachen haben bzw. abdominelle Er-
ger bestehendem mechanischen Ileus tritt sekundär krankungen zu intrathorakalen Begleitreaktionen
eine Paralyse auf. führen können, werden zusätzlich Röntgenaufnah-
men des Thorax empfohlen (Abb. 2.1 a, b). Bei Kin-
dern ist die alleinige Röntgenaufnahme des Abdo-
2.4 mens in Rückenlage meist diagnostisch ausreichend.
Radiologische Diagnostik Die Röntgenaufnahme des Abdomens in Rücken-
lage dient der Beurteilung normaler und pathologi-
Wenn es die klinische Situation erlaubt, wird nach scher Weichteilschatten, der Gasverteilung, eventuel-
der körperlichen Untersuchung und parallel laufen- ler Verkalkungen und röntgendichter Fremdkörper
den laborchemischen Untersuchungen das akute Ab- sowie des Skeletts, während die Aufnahmen im hori-
domen weitergehend radiologisch abgeklärt. Das zontalen Strahlengang Gas-Flüssigkeits-Spiegel oder
dafür zur Verfügung stehende Methodenspektrum freie intraperitoneale Luft zeigen. Für den Nachweis
wurde in den letzten Jahren durch die sich schnell freier intraperitonealer Luft sollte der Patient min-
entwickelnde CT außerordentlich bereichert, was zu destens 10 min in der entsprechenden Aufnahme-
einem Paradigmenwechsel in den Indikationen ge- position (Linksseitenlage oder im Stehen) gelagert
führt hat. werden, damit das Gas aufsteigen und sich sammeln
Die heutige Mehrschicht-Spiral-CT (MSCT) er- kann. Die so nachweisbare minimale Menge freien
möglicht die Aufnahme des gesamten Körpers mit intraperitonealen Gases beträgt bei der Aufnahme in
hoher Auflösung in wenigen Sekunden. Dies hat die Linksseitenlage 1–2 cm3, das ist weniger als bei der
Notfalldiagnostik revolutioniert. Bei der Diagnostik Aufnahme im Stehen.
des akuten Abdomens verdrängt die CT zunehmend Die Normalanatomie der Abdomenübersichtsauf-
die ehemals dominierenden Röntgenaufnahmen des nahmen ist in Kap. 1 dargestellt. Auf der Abdomen-
Abdomens (so genannte Abdomenleeraufnahmen übersichtsaufnahme findet sich Gas regelmäßig im
bzw.Abdomenübersichtsaufnahmen) und die Durch- Magen, manchmal in geringen Mengen im Duode-
leuchtungsuntersuchungen des Gastrointestinal- num (Bulbus duodeni) und nahezu immer im Kolon
trakts einschließlich der Angiographie. und Rektum. Es handelt sich hierbei um verschluck-
Die nachfolgende Darstellung des Spektrums der te Luft oder Gas aus dem intestinalen Stoffwechsel.
radiologischen Methoden trägt der Tatsache Rech- Bei den 50 l Gas, die täglich den Darm passieren, han-
nung, dass nicht in allen Krankenhäusern die CT zur delt es sich überwiegend um CO2, das von der Neu-
Verfügung steht und vielfach auch heute noch Rönt- tralisation der Salzsäure im Magen stammt. Zudem
genaufnahmen des Abdomens zusammen mit der entsteht Gas beim bakteriellen Nahrungsabbau, und
Abdominalsonographie die Basisdiagnostik beim Gas kann auch aus dem Blut in den Darm diffundie-
akuten Abdomen darstellen. ren. Etwa 95% des Darmgases wird in die Blutbahn
aufgenommen und über die Lunge abgeatmet (Swart
1990).
2.4 Radiologische Diagnostik 15

Täglich passieren 8 l Flüssigkeit den Gastrointesti-


naltrakt (Speichel, Magensaft, Galle, Pankreas- und
Darmsekret). Diese enorme Flüssigkeitsmenge wird
nahezu vollständig im Ileum und Colon ascendens
resorbiert. Durch Dehnung der Darmwand und/oder
Entzündungen wird das geschilderte Gas- und Flüs-
sigkeitsgleichgewicht gestört (s. Ileus).

2.4.2
Durchleuchtungsuntersuchungen

Durchleuchtungsuntersuchungen des Gastrointesti-


naltrakts zur Abklärung eines akuten Abdomens
werden mit wasserlöslichen Röntgenkontrastmitteln
durchgeführt (so genannter Gastrografineinlauf und
Gastrografinschluck). Sie sind indiziert bei klini-
schem Verdacht auf eine Stenose oder Perforation im
oberen oder unteren Gastrointestinaltrakt, meist
wenn eine Endoskopie nicht zum Ziel geführt hat.
Der Gastrografineinlauf spielt bei der Invagination
auch eine therapeutische Rolle.
Der Dünndarmeinlauf über eine Sonde (Entero-
a klysma) ist für die Abklärung eines unklaren Abdo-
mens außerhalb der Akutphase indiziert. Briden
mit partieller, subtotaler Obstruktion oder blutende
Tumoren bzw. Meckel-Divertikel können mit dieser
Methode erfasst werden.
Die Angiographie hat ihre Bedeutung für die Ab-
klärung des akuten Abdomens weitgehend verloren.
Indikationen bestehen noch bei gastrointestinaler
Blutung, die definitionsgemäß nicht zum akuten Ab-
domen gehört, insbesondere wenn eine interventio-
nell-radiologische Therapie geplant ist, und bei Ver-
dacht auf eine akute mesenteriale Ischämie. Hier ist
die potenzielle Rolle der MSCT noch nicht in Studien
evaluiert.

2.4.3
b Sonographie

Abb. 2.1 a, b. Schussverletzung (Röntgenthorax und Abdomen- Die abdominelle Sonographie gehört zur Primär-
übersicht im Liegen). Einschussstelle im linken Unterbauch. diagnostik des akuten Abdomens. Vorteile der Me-
Das Projektil liegt links thorakal. Hämatothorax thode sind die breite Verfügbarkeit, kurze Untersu-
chungszeiten und fehlende Strahlenbelastung. Nach-
teile sind u. a. ausgeprägte Untersucherabhängigkeit
der Ergebnisse einschließlich der Probleme bei der
Befunddokumentation und eine eingeschränkte Be-
urteilbarkeit des Abdomens bei Adipositas und bei
Darmgasüberlagerungen, womit bei einem Drittel
der Patienten mit einem akuten Abdomen gerechnet
werden muss. Wichtige sonographische Befunde
beim akuten Abdomen sind in Tabelle 2.2 zusam-
mengestellt.
16 Kapitel 2 Akutes Abdomen

Tabelle 2.2. Akutes Abdomen: sonographische Befunde. Tabelle 2.3. CT beim Akuten Abdomen: Untersuchungspara-
(Nach Encke u. Sachs 1993) meter (64-Schicht-MSCT)

∑ Freie Flüssigkeit (Blut, Aszites) Vorbereitung des Patienten


∑ Organrupturen, subkapsuläre Hämatome (Milz, Leber) ∑ Primär kein positives Kontrastmittel oral oder rektal
∑ Kein Spasmolytikum
∑ Cholelithiasis, Cholezystitis, Appendizitis
Untersuchung
∑ Nierenstauung, Nephrolithiasis ∑ Spirale (64 ¥ 0,5 mm; 400 mm) nativ
∑ Intraabdominelle Tumoren oder Abszesse ∑ Spiralen (64 ¥ 0,5 mm; 400 mm) mit i. v. Kontrastmittel:
Standard-Delay von 20 s (arterielle Phase)
∑ Aortenaneurysma (rupturiert, penetriert) und 70 s (portale Phase)
∑ I. v. Kontrastmittel (400 mg I/ml): 100 ml
mit einer Flussgeschwindigkeit von 4 ml/s
und 50 ml NaCl maschinell mit Doppelkolbenpumpe

2.4.4 Die modernen MSCT-Geräte ermöglichen eine


Computertomographie nichtinvasive Darstellung der Arterien und Venen
mit einer Ortsauflösung ähnlich der Rotations-DSA
Die moderne MSCT-Technik ermöglicht die Aufnah- (0,3 mm). Damit kann die Methode wertvolle klini-
me des gesamten Körpers in weniger als 30 s. Aus sche Hilfe bei der Lokalisation von arteriellen Steno-
dem Volumendatensatz können hochauflösende iso- sen bzw. Verschlüssen und bei der Beurteilung der
trope Schichten multiplanar rekonstruiert und inter- abhängigen Darmperfusion leisten.
aktiv dargestellt werden.

Merke !
Von Darmgas und Adipositas weit-
gehend unbeeinträchtigt ist die MSCT
2.4.5
Diagnostische Empfehlungen
allen anderen radiologischen Verfahren in der Abklä-
rung des akuten Abdomens überlegen. Bei der Diagnosefindung sind für den Radiologen
neben der Bildinterpretation die korrekte Beurtei-
In den meisten Fällen gibt sie wertvolle Hinweise auf lung der Anamnese und der klinischen Befunde von
den zugrunde liegenden Prozess (Marincek 2002; hoher Bedeutung. Der Radiologe muss diese In-
Rosen et al. 2000; Siewert et al. 1997). formationen einordnen können und auf der Basis
In Tabelle 2.3 sind typische Untersuchungspara- der gestellten Verdachtsdiagnose die bestmögliche
meter für die Diagnostik des akuten Abdomens mit Untersuchungstaktik wählen. Damit leistet er einen
einer 64-Schicht-Spiral-CT zusammengestellt. wichtigen Beitrag zur schnellen und möglichst recht-
zeitigen Therapieentscheidung.
CAVE !Von einer Darmkontrastierung mit
positiven Kontrastmittel sollte primär
Die radiologische Primärdiagnostik des akuten
Abdomens besteht oftmals auch heute noch aus den
abgesehen werden, denn das oral oder rektal appli- traditionellen Abdomenübersichtsaufnahmen (Ab-
zierte jodhaltige Kontrastmittel kann eine evtl. beste- domenleeraufnahmen).
hende gastrointestinale Blutung maskieren. Betrachtet man die Häufigkeit der Erkrankungen,
die ein akutes Abdomen auslösen können, fällt auf,
Bei einem Ileus wirkt die Flüssigkeit im Darmlumen dass die akute Appendizitis und die akute Cholezys-
wie negatives Kontrastmittel, und nach intravenöser titis mit zusammen fast 70% ganz im Vordergrund
Kontrastmittelgabe sind die Darmwand und evtl. stehen. In diesen und in vielen anderen Fällen kön-
bestehende Entzündungen und Raumforderungen nen die Abdomenübersichtsaufnahmen nur bedingt
meist sehr gut zu erkennen. Auch muss bedacht wer- weiterhelfen. Sie sind nur beschränkt aussagekräftig
den, dass orales jodhaltiges Kontrastmittel zu Spie- und sollten nur noch dann zum Einsatz kommen,
gelbildungen im Dünndarm führen kann. Allenfalls wenn keine Sonographie und insbesondere keine
bei Verdacht auf eine Perforation im Gastrointesti- moderne CT zur Verfügung steht.
naltrakt kann abschließend jodhaltiges Kontrast- Indikationen zur Sonographie beim akuten Abdo-
mittel oral oder rektal gegeben werden, um den Kon- men sind die Pathologien der Gallenblase und bei
trastmittelaustritt und damit die Perforation lokali- Frauen im gebärfähigen Alter der Beckenorgane. In
sieren zu können. Auf Spasmolytika sollte verzichtet allen anderen Fällen gilt die CT als die Methode der
werden, denn sie können die klinische Symptomatik Wahl. Unabhängig von Adipositas und Darmgas-
maskieren. überlagerungen können mit den modernen MSCT-
2.5 Abdomenübersichtsaufnahmen beim akuten Abdomen 17

Geräten auch diskrete intraabdominale und retro- lus) ausgelöst. Bei der Strangulation geht die Ab-
peritoneale Prozesse und durch sie ausgelöste Kol- schnürung des Darmabschnittes mit einer Durch-
lateralveränderungen schnell diagnostiziert und blutungsstörung der Darmwand einher. Beim me-
übersichtlich dargestellt werden. Der frühzeitige chanischen Ileus werden in Abhängigkeit von der
Einsatz der CT spart wertvolle Zeit bis zur Einleitung Verschlusslokalisation ein hoher (Duodenal- oder
der Therapie. Dünndarmileus) bzw. ein tiefer Ileus (Dickdarm-
ileus) unterschieden. Der Terminus „Subileus“ be-
zeichnet einen unvollständigen Darmverschluss.
2.5 Ein primär paralytischer Ileus entsteht durch ei-
Abdomenübersichtsaufnahmen nen Mesenterialinfarkt. Die häufigere sekundäre
beim akuten Abdomen Form kann reflektorisch (z. B. postoperativ, Bauch-
traumen), zentral (z. B. Schlafmittelvergiftung, Apo-
Die Analyse der Abdomenübersichtsaufnahme ist plex, Schädel-Hirn-Traumen), metabolisch (z. B. Dia-
subtil und sollte immer systematisch erfolgen. Ge- betes mellitus, Hypokaliämie) oder toxisch bedingt
sucht wird nach Pathologien des Skeletts, Konkre- sein. Ein unbehandelter mechanischer Ileus geht in
menten, Verkalkungen und Fremdkörpern, patholo- einen paralytischen Ileus (diffuse Peritonitis) über.
gischen Gasansammlungen intra- und extraintesti- Die führenden Symptome eines Ileus sind kolik-
nal, Spiegelbildungen, Verlagerung von Darmstruk- bis krampfartige Schmerzen, die bei einer Strangula-
turen sowie Auslöschung von Organkonturen. tion plötzlich beginnen können, sowie Erbrechen,
Tabelle 2.4 gibt eine Übersicht wichtiger Befunde auf Stuhl- und Windverhalt und Meteorismus. Beim
Abdomenübersichtsaufnahmen und deren Ätiologie. mechanischen Ileus lässt sich eine gesteigerte Darm-
peristaltik mit hochgestellten Darmgeräuschen
(Durchspritzgeräusche) auskultieren. Demgegen-
2.5.1 über fehlen beim paralytischen Ileus die Darmgeräu-
Pathologische Gasansammlungen und Spiegel sche, man spricht von einer so genannten Toten- oder
Grabesstille. Ein mechanischer Ileus ist eine Opera-
Bei der Diagnostik des akuten Abdomens mit Ab- tionsindikation.
domenübersichtsaufnahmen liegt das Hauptaugen- Auf den Abdomenübersichtsaufnahmen weisen
merk auf der Suche nach pathologischen Gasansamm- Gas-Flüssigkeits-Spiegel auf einen Ileus hin. Diese
lungen einschließlich Gas-Flüssigkeits-Spiegel. Spiegel werden durch die Grenzflächen zwischen Gas
und Flüssigkeit im Darm hervorgerufen und sind nur
Ileus auf den Aufnahmen im horizontalen Strahlengang
(Abdomenübersichtsaufnahmen in Linksseitenlage
왔 Ileus (Darmverschluss) bezeichnet oder im Stehen) sichtbar. Ihre Zahl korreliert nicht
Definition
eine lebensbedrohliche Unterbrechung mit dem Schweregrad der Erkrankung.
der Darmpassage, bedingt durch eine Verengung Mechanischer Ileus: In der Abdomenübersichts-
(Stenose) bzw. Verlegung (Obstruktion) des Darmlu- aufnahme findet man oral der Stenose geblähte
mens (mechanischer Ileus) oder durch eine Darm- Darmschlingen mit unterschiedlich hohen Spiegeln
lähmung (paralytischer oder funktioneller Ileus). (so genannte stehende Darmschlingen), die post-
stenotischen Darmabschnitte können gasfrei sein
Durch die Passagestörung kommt es zu einem (Abb. 2.2). Das Verteilungsmuster der Spiegel kann
Druckanstieg im Darmlumen mit einer Dehnung also Hinweise auf die Verschlusslokalisation geben.
und Tonussteigerung der Darmwandmuskulatur. Anfänglich ist das Faltenrelief der prästenotischen
Reflektorisch wird so die gastrointestinale Sekretion Darmabschnitte noch erhalten. Wenn der mechani-
angeregt und gleichzeitig mit wachsender Dehnung sche Ileus letztlich in einen paralytischen Ileus über-
der Darmwand ihre Fähigkeit zur Rückresorption geht, ist er röntgenologisch nicht von einem primär
von Flüssigkeit und Gas vermindert (s. Abschn. paralytischen Ileus zu differenzieren.
2.4.1). Bei entzündlichen Prozessen (Peritonitis, Paralytischer Ileus: Die Abdomenübersichtsauf-
Gastroenteritis) kann die Flüssigkeitsmenge im nahmen zeigen multiple dilatierte Dünn- und Dick-
Darmlumen zusätzlich durch Transudation und darmschlingen (Abb. 2.3 a, b) mit im Vergleich zum
Exsudation anwachsen und so der Körper mehr als mechanischen Ileus meist kleineren Spiegeln.
10 l Flüssigkeit pro Tag verlieren. Manchmal kann auch ein dilatierter, atonischer
Der mechanische Ileus (Obstruktionsileus) wird Magen nachgewiesen werden.
durch eine Okklusion (z. B. durch Kolonkarzino- Beim mechanischen Ileus kann die Verschluss-
me, Invagination, Gallensteine, Fremdkörper) oder lokalisation durch eine Passage oder einen Einlauf
Strangulation (z. B. Briden, Inkarzerationen, Volvu- mit wasserlöslichem Kontrastmittel (z. B. Gastro-
18 Kapitel 2 Akutes Abdomen

Tabelle 2.4. Abdomenübersichtsaufnahmen: pathologische Befunde. (Mod. nach Krestin 1994)

Skelettsystem
Frakturen
Osteolysen, Metastasen, Plasmozytom
Renale, diabetische Osteopathie
Spondylitis, Sakroileitis, Osteomyelitis

Konkremente, Verkalkungen, Fremdkörper


Konkremente Röntgendichte Gallen-, Nieren- und Blasensteine, Appendikolith, Fäkolith, Prostatasteine
Verkalkungen
Gefäße Arteriosklerose, Aneurysmen, Portalvenenthrombose, Phlebolithen
Organe Leber (Echinokokkus, Granulome, Metastasen)
Pankreas (chronische Pankreatitis)
Nieren (Markschwammniere, Papillennekrose, Tuberkulose)
Nebennieren (Infarkt, Hämatom, Phäochromozytom)
Milz (Granulome, Bruzellose)
Ovarien (Ovarialkarzinom, Dermoid, Tuberkulose, extrauterine Gravidität
Uterus (Myom)
Prostata (Adenom)
Peritoneum (Peritonealkarzinose, Mesotheliom, sklerosierende Peritonitis)
Fremdkörper metallisch (Ingestion, Manipulation, traumatisch, iatrogen)
Eisen- und bromhaltige Medikamente
Weichteildicht („body packing“)
Bezoare

Raumfordernde Prozesse
Verlagerung gashaltiger Distanzierung der Darmschlingen (Aszites, Darmwandverdickung, Tumor)
Darmstrukturen Zentralisation der Darmschlingen (Aszites, Pseudomyxoma peritonei)
Lokalisierte Impressionen des Darms von außen (Tumor, Abszess, Gallenblasenhydrops)
Verlagerung einzelner Darmabschnitte (Abszess, Tumor, Pankreatitis)
Auslöschung Kaudaler Leberrand (Aszites, subhepatischer Abszess)
von Organkonturen Psoaskontur (retroperitoneale Blutung oder Abszess Pankreatitis)
Nierenkonturen (Nierenabszess, Tumor, bakterielle Nephritis)
Flankenstreifen (Pathologie des hinteren Pararenalraums)
Beckenwandfett (pelvine Abszesse, infiltrierende Tumoren)

Pathologische Gasansammlungen intra- und extraluminal


Pathologische gastro- Isolierte Magenblähung (Magenausgangstenose, Fehlintubation usw.)
intestinale Gasverteilung „Double-bubble-Zeichen“ (Duodenalatresie)
Isolierte Duodenalblähung (Pankreatitis, Lymphadenitis mesenterialis)
Isolierte Dünn- oder Dickdarmdarmblähung (mechanischer Dünndarmileus)
Kombinierte Dünn- und Dickdarmblähung (Pseudoobstruktion, paralytischer lleus)
Megakolon (Colitis ulcerosa)
„Coffee-bean-Zeichen“ (Volvulus)
„Sentinel loop“ (Appendizitis, Pankreatitis, Abszess)
„Colon cut off sign“ (Pankreatitis)
„Thumb-printing“ (verdickte Darmwand bei Entzündung, Blutung, Ischämie)
Verdickte Kerckring-Falten (Ischämie, Entzündung, Sprue)
Haustrenverlust (Colitis ulcerosa)
Extraintestinales Aerobilie (biliodigestive Anastomose, Gallensteinileus)
intraluminales Gas Gallenblase (Cholecystitis emphysematosa)
Pfortader (Darmgangrän, Pneumatosis intestinalis)
Darmwand (Gangrän, nekrotisierende Enterokolitis)
Nierenbecken und Ureter (iatrogen)
Harnblase oder Harnblasenwand (iatrogen, Fistel, Cystitis emphysematosa)
Extraluminales Gas Freie Luft (intraperitoneale Perforation)
„Rigler sign“ (intraperitoneale Perforation)
„Football-Zeichen“ (intraperitoneale Perforation)
Perirenales Gas (retroperitoneale Perforation, Pneumomediastinum)
Gas in den Flankenstreifen (retroperitoneale Perforation)
Fixierte Gasblasen (Abszess)
Gas im Organparenchym Leber (Abszess, Metastasen, nach Embolisation)
Milz (Abszess, Infarkt)
Pankreas (Abszess, Tumornekrose)
Niere (abszedierende Pyelonephritis)
Uterus (nekrotisches Uterusmyom)
2.5 Abdomenübersichtsaufnahmen beim akuten Abdomen 19

Abb. 2.2. Mechanischer Ileus. Multiple stehende Dünndarm-


schlingen und -spiegel bei Bridenileus. Wenig Gas im Kolon-
rahmen

grafin) erfolgen. Zunehmend wird aber primär die


CT eingesetzt, die nicht nur die Darmobstruktion
lokalisieren, sondern oft auch die Ätiologie (z. B.
Bride, Hernie, Neoplasie, Entzündung, Gallenstein-
ileus, Invagination, Volvulus) schnell klären kann
(Abb. 2.4 a, b). Einzig beim Sigmavolvulus erübrigt
sich eine CT-Untersuchung, weil pathognomonische
Befunde bereits auf der Abdomenleeraufnahme
vorliegen, nämlich ein distendierter Kolonabschnitt
b
mit torquierter Mesenterialachse, welche auf ihren
Ursprung, d. h. das Colon sigmoideum, gerichtet ist Abb. 2.3 a, b. Paralytischer Ileus. Postoperativ geblähter Darm
(Abb. 2.5 a, b). mit multiplen Dünndarm- und Dickdarmspiegeln

Gastrointestinale Perforation
(Pneumoperitoneum, Pneumoretroperitoneum)
Gastrointestinale Perforationen lösen schwerste in 75–80% der Fälle die Zeichen eines Pneumoperi-
Krankheitsbilder aus, die unmittelbares chirurgi- toneums in der Abdomenübersichtsaufnahme. Ursa-
sches Handeln erfordern. Hinweisendes und oft ein- chen hierfür können gedeckte Perforationen sein –
ziges Zeichen einer gastrointestinalen Perforation ist durch vorangegangene entzündliche Verwachsun-
das Pneumoperitoneum, der Nachweis von extra- gen, das Netz oder ein anderes Organ wird die Per-
luminaler intraabdominaler Luft. Die wichtigsten Ur- forationsstelle abgedichtet. Möglich ist auch, dass der
sachen für ein Pneumoperitoneum sind in Tabelle 2.5 perforierte Magen-Darm-Abschnitt gasleer ist.
zusammengestellt.
Ein Pneumoperitoneum ist aber nicht pathogno-
monisch für eine gastrointestinale Perforation. Ein-
Merke !Zum Nachweis eines Pneumoperi-
toneums mit Abdomenübersichtsauf-
erseits gibt es eine Reihe anderer, häufig iatrogene nahmen muss zusätzlich zur Aufnahme im Liegen
Ursachen für intraabdominale Luft, andererseits fin- immer eine Aufnahme in Linksseitenlage oder im
det sich bei einer gastrointestinalen Perforation nur Stehen angefertigt werden.
20 Kapitel 2 Akutes Abdomen

b b

Abb. 2.4 a, b. Mechanischer Ileus bei Karzinom des Quer- Abb. 2.5 a, b. Sigmavolvulus
kolons. a Auf der Abdomenübersicht in Linksseitenlage zeigt
sich ein stark distendiertes Colon ascendens und transversum
mit Spiegeln; Gas und Spiegel auch im Dünndarm. b In der CT
erkennt man als Ursache für den Ileus einen zirkulär stenosie- Tabelle 2.5. Ursachen für ein Pneumoperitoneum
rend wachsenden Tumor im Querkolon nahe der linken Flexur
(Pfeil). Nebenbefund: Aerobilie Iatrogene Ursachen
∑ Laparotomie
∑ Laparoskopie, Hysteroskopie
∑ Peritonealdialyse
Der Nachweis freier Luft gelingt auf den in Rücken- ∑ Komplikation einer endoskopischen Biopsie
oder Polypektomie
lage angefertigten Aufnahmen in nur 56% der Fälle.
Wird eine Aufnahme im Stehen angefertigt, erhöht Spontane Perforationen
sich die Nachweisrate auf 76%, in Linksseitenlage auf
∑ Peptische Ulzera
∑ Divertikukitiden
fast 90%. In etwa 10% der Patienten mit unauffälli- ∑ Darmischämien
gem Befund im Stehen kann die Aufnahme in Links- ∑ Toxisches Megakolon
seitenlage freie abdominelle Luft nachweisen. ∑ Darmobstruktionen (z. B. Tumor, Volvulus)
Auf den Aufnahmen im Stehen findet sich die freie Perforationen bei penetrierenden
Luft entweder direkt unter den Zwerchfellkuppeln oder stumpfen Bauchtraumen
(Abb. 2.6 a, b), rechts häufiger und stärker ausgeprägt Weitere Ursachen
als links oder auch subhepatisch bzw. im „Morrison- ∑ Pneumatosis intestinalis oder coli
∑ Bei Frauen Lufteinstrom durch das innere Genitale
Pouch“. Auf der Aufnahme in Linksseitenlage sam-
2.5 Abdomenübersichtsaufnahmen beim akuten Abdomen 21

Abb. 2.7 a, b. Pneumoperitoneum. a Auf der Abdomenüber-


sicht in Linksseitenlage erkennt man wenig freie Luft zwischen
Leber und dem Zwerchfell (Pfeile). b Mit der CT lässt sich als
Ursache für das Pneumoperitoneum ein perforiertes Duode-
nalulkus nachweisen (Pfeil)

und Ligamente, wie das Lig. falciforme hepatis, die


Umbilikalligamente und der Urachus abgrenzbar
und auch die Darmwand sichtbar werden (Rigler-
Zeichen), wenn die Darmwand intra- und extralumi-
nal von Gas umgeben ist (Abb. 2.8 a, b). Große Gas-
ansammlungen (vgl. Abb. 2.8 a, b) imponieren in der
Abdomenübersicht im Liegen als röntgenstrahlen-
durchlässiger Schatten über dem gesamten Abdomen
(„football sign“, wobei das Lig. falciforme der Naht
b des „Balles“ entspricht).
Nach abdominellen Eingriffen (Laparotomien,
Abb. 2.6 a, b. Pneumoperitoneum und mechanischer Ileus bei Laparoskopien, Hysteroskopien und Peritonealdia-
Rektumkarzinom und Perforation lysen) ist ein bis zu einer Woche persistierendes
Pneumoperitoneum normal. Selten gelangt Luft auch
über den weiblichen Genitaltrakt in die freie Bauch-
melt sich das Gas zwischen Leber und lateraler Abdo- höhle und hat dann keine pathologische Bedeutung.
minalwand an (Abb. 2.7 a, b). Wichtig ist die Kenntnis der Varianten bzw. Er-
Bei einem ausgeprägten Pneumoperitoneum kön- krankungen, die ein Pneumoperitoneum vortäu-
nen in den Abdomenübersichtsaufnahmen sonst schen können (so genanntes Pseudopneumoperi-
nicht identifizierbare peritoneale Umschlagsfalten toneum):
22 Kapitel 2 Akutes Abdomen

a
Abb. 2.9. Zustand nach Hemihepatektomie rechts. Subphre-
nisch verlagertes und geblähtes Kolon

Retroperitoneale Perforationen des Gastrointesti-


naltrakts (postbulbäres Duodenum, Appendix, Hin-
terwand von Colon ascendens und descendens, Rek-
tum unterhalb der peritonealen Umschlagsfalte) füh-
ren zu einer meist fleckförmigen Gasverteilung in
den betroffenen retroperitonealen Kompartimenten.
Sie bleiben häufig lokal und sind oft über Stunden
oder Tage klinisch stumm. In ähnlicher Weise kön-
nen Abszesse zu retroperitonealen Gasansammlun-
gen führen (Abb. 2.10).
Nach retroperitonealer Perforation eines Duode-
nalulkus oder des Colon ascendens bzw. descendens
b verteilt sich die Luft im vorderen Pararenalraum
meist auf beiden Seiten der Wirbelsäule entlang der
Abb. 2.8 a, b. Pneumoperitoneum. Massiv freie Luft im Abdo- Psoasmuskulatur. Nach kranial kann das Gas bis in
men nach koloskopischer Polypektomie. a Die Abdomenüber-
sicht in Rückenlage lässt die von beiden Seiten mit Gas umge- das Mediastinum strömen. Zu Gasaustritten in den
benen Darmwände erkennen (Rigler-Zeichen). b Aufnahme in hinteren Pararenalraum kommt es bei Perforation
Linksseitenlage der Rektumhinterwand (meist iatrogen), wobei das
Gas sich beidseits in die Flanken, medial aber nur bis
zum Psoas ausdehnen kann.
Eine gastrointestinale Perforation kann mit einer
∑ Chilaiditi-Syndrom, die Interposition der rechten Durchleuchtungsuntersuchung gesichert werden.
Kolonflexur zwischen Zwerchfell und Leber, Dabei darf ausschließlich wasserlösliches jodhaltiges
∑ omentales Fett zwischen Zwerchfell und Leber, Kontrastmittel (oder Luft rektal) verabreicht werden.
∑ basaler Pneumothorax, Die CT eignet sich besser als die Abdomenüber-
∑ Hohlorgandistension und sichtsaufnahmen zum Nachweis von extraintestina-
∑ subphrenischer Abszess. len Gas, wobei die exakte Lokalisation und Verteilung
des Gases und der Flüssigkeit Hinweise auf den Ur-
Nach Hemihepatektomie rechts kann Darm direkt sprung und die Ursache der Perforation geben kön-
unter die rechte Zwerchfellkuppel verlagert sein nen. Auch die direkte Lokalisation einer gastrointes-
(Abb. 2.9). tinalen Perforation ist mit der CT nach oraler oder
Vom Pneumoperitoneum muss das Pneumoretro- rektaler Applikation wasserlöslichen Kontrastmittels
peritoneum differenziert werden. oft möglich (vgl. Abb. 2.7 b).
2.5 Abdomenübersichtsaufnahmen beim akuten Abdomen 23

Tabelle 2.6. Ursachen einer Pneumatosis intestinalis

Primäre pneumatosis intestinalis


Sekundäre Pneumatosis intestinalis
∑ Nekrotisierende gastrointestinale Form
– Mesenterialischämie
– Nekrotisierende Enterokolitis
– Ingestion ätzender Chemikalien
(Laugen, Säuren, Formaldehyd)
∑ Nichtnekrotisierende gastrointestinale Form
– Obstruktion, einschließlich Pylorusstenose,
Morbus Hirschsprung, Ileus
– Infektionen (Zytomegalievirus, Clostridien usw.)
– Entzündungen einschließlich Morbus Crohn,
Colitis ulcerosa
– Kollagenosen (z. B. Sklerodermie)
– Trauma (auch iatrogen, z. B. nach Sigmoidoskopie,
Biopsie, Darmoperationen)
– Medikamentnebenwirkung: Steroide,
Immunsuppresiva, Chemotherapeutika
∑ Bei Lungenerkrankungen
– COPD
– Maschinelle Beatmung

durch den intraluminalen Druck zu einem Einwan-


Abb. 2.10. Retroperitoneales Gas (Retropneumoperitoneum) dern von Darmbakterien (vor allem Klebsiellen und
bei nephrogenem Abszess. Linker Psoasrand ist nicht abgrenz-
bar. Streifig-fleckförmige Gasschatten in Projektion auf den Kolibakterien) in die Darmwand. Medikamentös
M. psoas einschließlich der Paravertebralregion links können Stereoide, Immunsuppressiva und Chemo-
therapeutika über eine Steigerung der Mukosaper-
meabilität den selben Weg eröffnen. Am häufigsten
findet sich eine sekundäre Pneumatosis intestinalis
im Dünndarm. Lokalisationen im Dickdarm, Magen
Pneumatosis intestinalis und/oder Ösophagus sind möglich.
und portomesenterisches Gas Bei mehr als 3/4 der Patienten mit einem transmu-
ralen Darminfarkt ist in der Abdomenübersichtsauf-
왔 Pneumatosisintestinalis ist ein nahme und in der CT eine Pneumatosis intestinalis
Definition
deskriptiver radiologischer Befund, mit meist bandförmigen Gasansammlungen nach-
der bläschen- bis bandförmige Gasansammlungen weisbar (Abb. 2.11 a–d). Das Gas kann aber auch
in der Subserosa und evtl. Submukosa des Darms direkt in das portomesenteriale System gelangen,
beschreibt. ohne dass sich eine Pneumatosis intestinalis aus-
bildet. Portomesenterisches Gas ohne Pneumatosis
Bezüglich der Ätiologie (Tabelle 2.6) unterscheidet intestinalis findet sich bei Mesenterialabszessen,
man zwischen einer primären (etwa 15% der Fälle) Phlebitis der Pfortader, Sepsis, Abdominaltrauma,
und der sekundären Form (etwa 85% der Fälle). gastrointestinalen Operationen und Lebertransplan-
Bei der primären, idiopathischen Pneumatosis tationen.
intestinalis (Pneumatosis cystoides intestinalis) fin- Die Fülle des Gases (bläschenförmig oder band-
den sich meist in der Submukosa bzw. Subserosa im förmig, Gas im portomesenterialen System) korre-
Colon descendens kleine, dünnwandige gasgefüllte liert offensichtlich mit dem Gewebeuntergang. So
Höhlen. Meist handelt es sich um einen asymptoma- weist eine bläschenförmige Pneumatosis intestinalis
tischen Zufallsbefund. und wenig oder kein portomesenterisches Gas auf
Ursachen für die wesentlich häufigere sekundäre einen partiellen Infarkt hin. Die Prognose hängt von
Pneumatosis intestinalis können nekrotisierende der Ausdehnung des Darminfarkts (transmural,
oder obstruierende gastrointestinale Prozesse und einsegmental oder mehrsegmental, Gesamtlänge) ab
obstruierende Lungenerkrankungen sein. Patho- und von der Zeit bis zur Diagnose bzw. zur chirurgi-
physiologisch kommt es wahrscheinlich durch ischä- schen Exploration.
mische, traumatische, obstruktive oder entzündliche Diagnostisch ist die CT sowohl der Abdomenüber-
Prozesse zu Läsionen der Mukosa und begünstigt sichtsaufnahme als auch der Sonographie einschließ-
24 Kapitel 2 Akutes Abdomen

a b

c d

Abb. 2.11 a–d. Pneumatosis intestinalis bei Dünndarmgan- Gasbläschen unterschiedlicher Größe in der Dünndarmwand
grän. a Auf der Abomenübersichtsaufnahme in Linksseiten- (b, c) sowie Gas intrahepatisch in der Pfortader (d)
lage ist Gas in den Dünndarmwänden erkennbar. Die CT zeigt

lich Farbdopplersonographie im Nachweis einer Aerobilie


Pneumatosis intestinales und portomesenterischen Eine Luftfüllung der Gallenwege (Aerobilie) findet
Gases überlegen. Die Gasbläschen in der Submukosa sich nach spontaner oder operativer Fistel zwischen
(nicht zu verwechseln mit Stuhl) und das porto- Gallenwegssystem und Gastrointestinaltrakt (bilio-
mesenterische Gas können sehr sensitiv nachgewie- digestive Fistel, klaffende Papille nach Steinabgang,
sen werden. Die Häufigkeit der Diagnosestellung Gallengangsendoprothese, Zustand nach Papillo-
einer Pneumatosis intestinalis hat mit dem Einsatz tomie bzw. Sphinkterplastik, Gallensteinperfora-
der CT deutlich zugenommen, was die Prognose für tion). Auf der Abdomenübersichtsaufnahme werden
die Patienten verbessert. die luftgefüllten Gallenwege sichtbar (Abb. 2.12). Im
Vergleich ist jedoch die CT wesentlich sensitiver.
2.5 Abdomenübersichtsaufnahmen beim akuten Abdomen 25

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Erkrankungen des Ösophagus 3
Ch. Hannig, A. Wuttge-Hannig

3.1 Anatomie 28 Bei der Erfassung krankhafter Veränderungen des


3.1.1 Mundhöhle 28 Pharynx und des Ösophagus in der modernen Bild-
3.1.2 Pharynx 28
3.1.3 Oberer Ösophagussphinkter 30 gebung war und ist die Aufmerksamkeit der Radio-
3.1.4 Ösophagus 30 logen primär auf die Darstellung morphologischer
3.1.5 Unterer Ösophagussphinkter 33 Veränderungen gerichtet. Wegen der großen Bedeu-
3.1.6 Röntgenanatomie 35 tung funktioneller Störungen der Speiseröhre ins-
3.2 Physiologie des Pharynx und des Ösophagus 37 besondere in der Problemzone „Kreuzung der Atem-
3.3 Radiologische Untersuchungstechnik 39 und Speisewege“ im pharyngoösophagealen Über-
3.3.1 Kontrastmittel 41 gang besteht dringender Bedarf an einer röntgen-
3.3.2 Praktische Anwendung
und Standardprojektionen diagnostischen Erfassung von Funktionsveränderun-
beim Pharyngoösophagogramm 44 gen oder von Funktionsstörungen.
3.3.3 Fremdkörperdetektion 45 Wir werden im vorliegenden Kapital also nicht nur
3.3.4 Radiologische Untersuchungstechnik die typischen pathologisch-morphologischen Verän-
bei Aspiration, Perforation
oder ösophagotrachealen Fisteln 45 derungen, sondern auch die typischen Motilitätsstö-
3.4 Fehlbildungen 46
rungen der Speiseröhre und deren Folgen im Pha-
3.4.1 Pharyngeale Malformationen 46 rynx abhandeln. Die kausale Differenzierung der ver-
3.4.2 Ösophageale Malformationen 51 schiedenen Funktionsstörungen ist von hoher Pra-
3.5 Traumatische Veränderungen 54 xisrelevanz für die Differenzialindikationsstellung
3.5.1 Ösophagusperforation 54 zur Therapie.
3.5.2 Fremdkörper 55 Die führenden Symptome sind
3.5.3 Boerhaave-Syndrom 55
3.6 Entzündliche Erkrankungen 56 ∑ eine Dysphagie,
3.6.1 Refluxösophagitis 56 ∑ eine Aphagie,
3.6.2 Andere Ursachen ∑ eine Odynophagie oder
für entzündliche Ösophaguserkrankungen 66
∑ ein Globus pharyngis.
3.7 Motilitätsstörungen des Pharynx
und Ösophagus 70
3.7.1 Primäre Motilitätsstörungen des Pharynx 왔 Die klassische Definition einer Dys-
und des Ösophagus 70 Definition
3.7.2 Sekundäre Motilitätsstörungen des Pharynx
phagie nach Hellemans-Vantrappen
und des Ösophagus 76 besteht in einer Missempfindung bei der Nahrungs-
3.8 Neurologisch bedingte Funktionsstörungen aufnahme, jedoch nicht beim Speichelschluck.
des Pharynx und des Ösophagus 78
3.8.1 Formen der Aspiration 82 Ein Globus pharygis hingegen ist eine Missempfin-
3.8.2 Neurologisch bedingte Dysfunktionen dung im Pharynx beim Speichelschluck, welche bei
des Pharynx und Ösophagus ohne Aspiration 91
der Nahrungsaufnahme verschwindet.
3.9 Divertikel des Pharynx und des Ösophagus 97 Die Odynophagie beschreibt eine schmerzhafte
3.9.1 Pharyngeale Divertikel 97
3.9.2 Ösophageale Divertikel 103 Boluspassage, die Aphagie eine Unfähigkeit der Nah-
3.10 Tumoren 106
rungsaufnahme.
3.10.1 Benigne Tumoren des Pharynx
und des Ösophagus 106
3.10.2 Maligne Pharynxtumoren 108
3.10.3 Maligne Ösophagustumoren 113
3.10.4 Posttherapeutische Veränderungen 123
Literatur 136
28 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

3.1
Anatomie
Die Anatomie der oberen Speisewege ist wegen der
engen funktionellen Verknüpfung zwischen Mund-
höhle, Pharynx, Ösophagus und Magen sowie der In-
teraktionen zu den oberen Atemwegen ein komple-
xes System. Nachfolgend sollen die einzelnen Regio-
nen mit ihren anatomischen Besonderheiten aufge-
zeigt werden.
Eine der Folgen des wachsenden klinischen Inter-
esses an der Dysphagie ist die Wiederbelebung der
anatomischen Studien über den Pharynx und den
Ösophagus (Bosma et al. 1986). Eine besondere Be-
deutung nimmt hierbei die Röntgenmorphologie des
oberen Schluckweges ein.

Abb. 3.1 Darstellung der Aufteilung des Pharynx: Der Naso-


3.1.1 pharynx endet am Gaumen, der Oropharynx reicht vom Gau-
Mundhöhle men bis zu den Valleculae, der Hypopharynx erstreckt sich
vom laryngealen Aspekt der Epiglottis bis zum oberen Öso-
phagussphinkter
Die Mundhöhle stellt den obersten Bereich der Spei-
sewege dar. Eine genaue anatomische Abhandlung
hierüber wurde bereits im Kopf-Hals-Band aus der salen Pharynxwand. Der Oropharynx reicht von die-
Reihe Handbuch diagnostische Radiologie beschrie- ser Linie bis zum Unterrand der Valleculae (Zungen-
ben. Hier sollen die für das Schlucken unverzichtba- grund). Der Hypopharynx reicht vom Unterrand der
ren anatomischen Strukturen kurz zusammengefasst Valleculae und der Unterseite der Epiglottis bis zum
werden. oberen Ösophagussphinkter (M. cricopharyngeus,
Die orbikuläre Muskulatur der Mundes trägt zum Pars horzontalis; Abb. 3.1).
Verschluss der Lippen bei. Das Vestibulum oris trennt Direkt an den Zungengrund schließen die Vallecu-
die Wangenmuskulatur durch die Zahnreihen von lae an, welche bis zur Basis der Epiglottis reichen.
der Mundhöhle ab. Die Mundhöhle besteht aus dem Nach ventral liegt der Aditus laryngis, welcher beim
harten und weichen Gaumen und der Zunge, dem Erwachsenen einen stumpfen Winkel zum Ösopha-
Zungengrund und dem Mundboden. Dorsal wird sie gus bildet. Beiderseits lateral des Aditus laryngis
von der Pharynxhinterwand begrenzt. beginnen die Recessus piriformes. Dorsal wird der
Pharynx von den Konstriktormuskeln (Mm. con-
strictor superior, medius und inferior) abgeschlos-
3.1.2 sen. Die kaudale Begrenzung besteht im oberen Öso-
Pharynx phagussphinkter (M. cricopharyngeus) oder pharyn-
goösophageales (PE-) Segment genannt.
Der Pharynx ist durch seinen anatomischen Aufbau Die Pharynxkonstriktoren sind an eine Aponeuro-
an verschiedene Funktionen adaptiert: se diffus einstrahlend adaptiert, welche in einer dor-
salen pharyngealen Raphe endet (Abb. 3.2 a, b). Ähn-
∑ das Schlucken,
lich inserieren die Mm. palatopharyngeus, salpingo-
∑ die Aufrechterhaltung des pharyngealen Luftwe-
pharyngeus und stylopharyngeus von innen her an
ges und
dieser Aponeurose. Die Textur dieser dorsalen Pha-
∑ die Partizipation dieses Hohlorgans an Sprach-
rynx-Muskel-Aponeurose ist interessant, da durch
leistung und Respiration.
die schrägen oder z. T. geflechtartigen Faserverläufe
Somit ist der Pharynx nicht nur ein Teil der Speisewe- eine Verkürzung sowohl in der Längsachse als auch
ge sondern auch ein Bestandteil der oberen Luftwege. in der Sagittalachse möglich ist, ohne dass es zu einer
Zu den aktiv am Schluckakt beteiligten Strukturen Faltenbildung an der Aponeurose kommt.
des Pharynx zählen der weiche Gaumen, der pharyn- Der Muskelschlauch des Pharynx wird durch die
geale Anteil der Zunge, der Oro- und Hypopharynx. Mm. constrictores pharyngis superior, medius und
Der Nasopharynx grenzt sich vom Oropharynx durch inferior gebildet. Ihre Fasern überdecken sich zeltar-
die Verlängerungslinie, die durch den harten Gau- tig und münden mit Ausnahme der Pars fundiformis
men gezogen werden kann, ab und endet in der dor- des M. cricopharyngeus in der oben beschriebenen
3.1 Anatomie 29

Abb. 3.2 a, b. Muskulärer Aufbau


des Pharynx. a Dorsale Ansicht
der Pharynxmuskulatur. Die
Mm. constrictor pharyngis
superior, medius und inferior
führen die Pharynxkontraktion
aus. b Ventrale Aufsicht auf die
Pharynxmuskulatur mit Einsicht
in den Larynx, die Mund- und
Nasenhaupthöhle

dorsalen Raphe. Diese Muskelzüge bilden die Hinter- gekleidet und erleichtert die Beweglichkeit des Pha-
und Seitenwand des Pharynx. Die ventrale Begren- rynx beim Schluckakt gegenüber den umgebenden
zung wird durch den Larynx gebildet. Strukturen. Dorsal wird der Pharynx durch die
so genannte bukkopharyngeale Faszie umscheidet,
Bindegewebskompartimente welche zusammen mit der Alarfaszie den nur virtuell
als Dehnungs- und Verschieberäume bestehenden Retropharyngealraum bildet. Zwischen
Der Hypopharynx, die Halsregion des Ösophagus, Alarfaszie und prävertebraler Faszie liegt der Präver-
die Trachea und die Glandula thyreoidea bilden ge- tebralraum, welcher zum Mediastinum hin geöffnet
meinsam ein viszerales Kompartiment, dessen vor- ist. Dies ist bei absteigenden pharyngealen Abs-
dere Begrenzung die prätracheale Faszie und dessen zessen, bei Tumorinfiltrationen in die Alarfaszie
hintere Grenze die prävertebrale Faszie ist. Dieses und bei perforierten Divertikeln oder Traumen von
Kompartiment ist mit lockerem Bindegewebe aus- Bedeutung.
30 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Pharynxinnervation streifter und glatter Muskulatur im tubulären Öso-


Die sensorische und motorische Innervation des phagus.
Pharynx und des Larynx liegen im so genannten Der Anteil der glatten Muskulatur nimmt linear
Schluckzentrum der Medulla oblongata, welches mit der Distanz vom Ringknorpel zu. Im Gegensatz
durch Einflüsse aus dem Kortex moduliert wird. zu anderen früher anerkannten anatomischen An-
Die Motorneurone der Pharynxkonstriktoren, des sichten wird an der Trennung zwischen innerer Ring-
M. levator veli palatini und der Mm. palatopharyn- und äußerer Längsmuskulatur festgehalten. Die
geus, salpingopharyngeus und der intrinsischen strenge Trennung der Muskelschichten in eine äuße-
laryngealen Muskeln sind im Nucleus ambiguus re Längs- und eine innere Ringmuskulatur ist in der
lokalisiert und werden über die Fasern des 9. Hirn- Literatur vereinzelt angezweifelt worden. Sie wird
nervens vermittelt, wobei der N. vagus als gemischter von einigen Autoren als postmortales Artefakt ange-
Nerv auch sensorische Fasern aus dem Ganglion sehen. Nach dieser Theorie beginnen die Muskel-
nodosum führt. Zusätzlich werden humorale Fakto- fasern der Muscularis propria in Längsrichtung im
ren zur Steuerung der pharygealen Muskulatur dis- äußeren Teil der Wand, um sich dann zum Lumen hin
kutiert. schraubenförmig schräg zu stellen. Diese Schrägstel-
Die motorische Innervation der intrinsischen lung erfolgt apolar, d. h. in beide mögliche Drehrich-
Larynxmuskulatur erfolgt durch den N. laryngeus tungen, sodass ein Netzwerk ausgebildet wird. Nach
superior, welcher aus einem Ast des N. vagus, dem Kauffmann verdichtet sich dieses Fasernetz im
N. laryngeus recurrens entspringt. distalen Ösophagus, bildet den unteren Ösophagus-
sphinkter und strahlt in die Magenfornix ein. Andere
Autoren (Liebermann-Meffert et al. 1979) halten
3.1.3 an der Trennung zwischen Ring- und Längsmusku-
Oberer Ösophagussphinkter latur fest. Hierbei soll die Boluspropulsion mittels
einer spangenförmigen Kontraktion der Ringmus-
Killian (1908) entdeckte erstmals die Existenz eines kelschichten erfolgen. Die Ergebnisse einer in Zu-
oberen Ösophagussphinkters. Er unterschied bereits sammenarbeit mit Liebermann-Meffert erstellten
eine Pars fundiformis von den übrigen Pharynxkon- anatomisch-histologischen Studie unterstützen diese
striktoren, welche in die dorsale Raphe inserieren. Theorie.
Die Pars fundiformis des oberen Ösophagussphink- Zur Klärung der Frage, wo die gestreifte Muskula-
ters zeigte einen horizontalen Faserverlauf ohne Ver- tur des Ösopahgus von glatter ersetzt wird, wurde
bindung zur oben genannten Raphe. Die Muskellücke von Liebermann-Meffert eine Studie an 13 menschli-
zwischen diesen horizontal verlaufenden Faserbün- chen Präparaten innerhalb von maximal 40 Stunden
deln und den schrägen Fasern, der Pars fundiformis post mortem durchgeführt. Von den Ösophagusprä-
und der Pars obliqua des M. cricopharyngeus, wird paraten wurden in 1 cm-Abständen vom Ringknor-
auch heute noch als Killian-Dreieck bezeichnet. Die pel bis zur Kardia aus der Vorder- und Hinterwand je
komplexe Textur der Pharynxhinterwand wurde 1 cm2 große Gewebeblöcke entnommen und Serien-
erst- und einzigmalig von Perrott 1962 an 44 Leichen- dünnschnitte als Längs- und Querschnitte durchge-
präparaten analysiert. Er fand 4 verschiedene Grund- führt.
formen (Abb. 3.3 a–d). Wegen der individuell unterschiedlichen Gesamt-
länge des Ösophagus wurde diese zu 100% gleichge-
setzt und der Entnahmeort auf die Länge des Öso-
3.1.4 phagus bezogen. Eine schematische Darstellung der
Ösophagus Verteilung der glatten und quergestreiften Muskula-
tur ist in Abb. 3.4 wiedergegeben. 10 cm unterhalb
Muskulärer Aufbau der Ösophagus des oberen Ösophagussphinkters war keine Skelett-
Eine grundlegende systematische Arbeit über die muskulatur mehr nachweisbar (das entspricht in
Anatomie des Pharynx und Ösophagus stammt aus etwa der Höhe der Carina).
dem Jahre 1956. In der anatomischen Literatur sind Diese exakte anatomische Zuordnung der histo-
die Angaben über den muskulären Aufbau des pha- logischen Verteilung der Muskelfasertypen ist inso-
ryngoösophagealen Übergangs und insbesondere fern von klinischem Interesse, als sie ein unterschied-
des proximalen Ösophagus bezüglich ihrer muskulä- liches Ansprechen auf Pharmaka, wie z. B. Buscopan,
ren Textur sehr unscharf und z. T. auch kontrovers zeigen.
(Duranceau u. Liebermann-Meffert 1991). Die Arbeit Der Anteil der glatten Muskulatur nimmt linear
von Duranceau und Mitarbeiter gilt auch heute noch mit der Distanz vom oberen Ösophagussphinkter
als Standard bezüglich der Verteilung von querge- zu).
3.1 Anatomie 31

Abb. 3.3 a–d. Vier verschiedene Typen


der Textur der Pharynxhinterwand nach
Perrott. a Kreuzende Fasern der Pars
obliqua des M. cricopharyngeus erzeugen
Dehiszenzen der bukkopharyngealen
Faszie, an denen sich fakultativ Divertikel
ausbilden. b Kräftig ausgebildete Pars
horizontalis des M. cricopharyngeus
mit Prädisposition zur Divertikelbildung
zwischen Pars horizontalis und Pars obli-
qua. c Kräftig ausgebildete Pars obliqua
des M. cricopharyngeus. d Subtotale
Verschmelzung der schrägen und hori-
zontalen Fasern der M. cricopharyngeus.
Die Formen c und d dürften weniger zur
Divertikelbildung prädisponieren

Im kaudalen Anteil des Ösophagus besteht eine Engen und Verlagerungen des Ösophagus
physiologische Aufweitung, die Ampulla epidia- Die physiologischen anatomischen Engen des Öso-
phragmatica. Sie kann bis zu 10 cm groß sein. Im Un- phagus finden sich in 3 verschiedenen Höhen. Ferner
terschied zu einer Hiatushernie weist sie die Schleim- bestehen 3 anatomisch bedingte Verlagerungen der
hautfältelung des Ösophagus und nicht das für die Speiseröhre:
hernierte Magenschleimhaut typische „Dreifalten-
zeichen“ auf (vgl. Abb. 3.32 a, b).
32 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.4. Schematische Darstel-


lung der Verteilung der glatten
und quergestreiften Muskulatur
in Relation zur Länge der Speise-
röhre

Engen
Die 1. Enge besteht im oberen Ösophagussphinkter.
Diese kommt meist erst bei einer Dysfunktion dieses
Sphinkters zur Darstellung.
Eine 2. Enge besteht insbesondere bei astheni-
schen Patienten im mittleren Drittel des Ösophagus.
Hier überkreuzt der linke Hauptbronchus den Öso-
phagus. Die daraus resultierende Enge kann bis zu
8 cm lang sein und weist typischerweise einen schrä-
gen Verlauf auf (Abb. 3.5).
Die 3. Enge der Speiseröhre findet sich im unteren
Ösophagussphinkter.
Eine weitere relative Enggstellung kann durch ei-
nen Ring kranial einer großen Ampulla epidiaphrag-
matica bedingt sein (Abb. 3.6 a, b).

Verlagerungen
Direkt unterhalb des oberen Ösophagussphinkters
besteht die 1. Verlagerung des Ösophagus im Regel-
fall nach links, da hier die Trachea gering parame-
dian rechts verlauft. Verstärkt werden kann diese
Verlagerung durch eine rechtsseitige Struma oder
Strumaknoten.
Im kranialen Drittel des Ösophagus besteht die
2. Verlagerung des Hohlorgans nach rechts mit links-
seitiger rundlicher Impression. Diese ist durch den Abb. 3.5. Impression des Ösophagus durch den kreuzenden
Aortenbogen verursacht. linken Hauptbronchus p.-a.
Die 3. Verlagerung ist durch die Lagebeziehung
zum Herzen, insbesondere dem linken Vorhof gege-
ben. Innervation des Ösophagus
Der Grad der Verlagerung nimmt mit dem Maß Der Ösophagus wird durch Afferenzen aus dem
der Herzvergrößerung und insbesondere der Vorhof- N. vagus innerviert. Die ösophageale Peristaltik
vergrößerung zu. hängt jedoch nicht allein von der vagalen Innerva-
tion ab, sondern erfolgt auch über die Kontrolle in-
tramuraler Nervenplexus.
3.1 Anatomie 33

Abb. 3.7. 63-jährige Patientin mit Festkörperimpaktation:


asymmetrisch vernarbter Schatzki-Ring

einen Beweis für des Vorliegen einer Hiatushernie


darstellt. Schatzki-Ringe werden ab einem Durch-
messer von <1,5 cm symptomatisch (Abb. 3.7). Es
wurde eine weitere physiologische Linie des öso-
phagogastrischen Übergangs beschrieben (Castell u.
Johnson 1983).
Der untere Ösophagussphinkter liegt im Regelfall
in einer Muskellücke des Diaphragmas und wird
durch eine Membran in dieser Region fixiert.

Innervation des unteren Ösophagussphinkters


Die Innervation des unteren Ösophagussphinkter ist
noch Teil der wissenschaftlichen Diskussion. Erwie-
sen ist die Beteiligung des N. vagus. Das autonome
Abb. 3.6. a Patient in p.-a.-Strahlengang: Ampulla mit ringar- Nervensystem ist hier ebenfalls beteiligt. Neben den
tiger Absetzung zum distalen, segmental kontrahierten Öso-
phagus hin. Kaudal eine große Hiatushernie mit einem Schatz- myoenterischen Plexus von Auerbach und Meissner
ki-Ring. b Endoskopische Ansicht des ösophagogastrischen spielt sicher die humorale Innervierung eine Rolle.
Überganges mit so genannter Z-Linie, entsprechend dem Im Gegensatz zum oberen Ösophagussphinkter ist
Übergang des Plattenepithels des Ösophagus in die Magen- der untere Ösophagussphinkter keine definierte
schleimhaut
muskuläre Einheit.

왔 Der untere Ösophagussphinkter wird


3.1.5 Definition
manometrisch definiert als Hoch-
Unterer Ösophagussphinkter druckzone, welche zwischen 2 und 4 cm Länge misst
und im Bereich der ösophagogastrischen Übergangs-
Die Muskulatur des Ösophagus strahlt in die Kardia region zu liegen kommt.
ein. Seine Länge beträgt 2–4 cm. Hier liegt der Über-
gang zwischen dem Plattenepithel des Ösophagus Dies korrespondiert anatomisch mit dem unteren
und der gastralen Schleimhaut, die so genannte Anteil der Ampulla epidiaphragmatica und vor allem
Z-Linie. Vernarbungen dieser Linie in Hernien ent- dem infradiaphragmalen Verlauf der Speiseröhre
sprechen dem so genannten Schatzki-Ring, welcher (Hannig 1995).
34 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.8. Laterales Pharyngogramm im Doppelkontrast bei


„E-Phonation“. Gut abgrenzbar sind Zungengrund (z), weicher
Gaumen mit Uvula (v), Hyoid (h), Epiglottis (e), Valleculae
seitlich. Die luftgefüllten Räume des Oro- und Hypopharynx
lassen parallel zur Pharynxhinterwand die palatopharyngeale
Falte (schwarzer Pfeil), die die Mm. palatopharyngeus und sty-
lopharyngeus umscheiden, erkennen. Zwischen Zungengrund
und weichem Gaumen sind manchmal die sich überlagernden
palatoglossalen Falten (schwarze Pfeilspitze) über dem M. pa-
latoglossus erkennbar. Parallel darunter liegt die pharyngoepi- Abb. 3.10 a, b. Normalbefund im Doppelkonstrast-Ösophago-
glottische Falte (weißer Pfeil) gramm (Hypotonie nach Glukagon bzw. Buscopan i. v. – Gas-
distension nach Bikarbonat). In dem durch die Gasfüllung
weitgestellten Ösophagus sind 2 der physiologischen Engen
erkennbar. Im mittleren Drittel findet sich die durch den Aor-
tenbogen und distal die durch die oberen Ösophagussphinkter
verursachte Enge

Abb. 3.9. Pharyngogramm im p.-a.-Strahlengang mit do-


sierter Pharynxdistension durch modifiziertes Pseudo-Val-
salva-Manöver (a Membrana thyreohyoidea, b mittlere Plica
glossoepiglottica, c Rand der Epiglottis in Ruhestellung,
d Valleculae, e aryepiglottische Falte, f Recessus piriformis,
g semizirkuläre Faserzüge des M. constrictor pharyngis infe-
rior, h Trachea)
3.1 Anatomie 35

Abb. 3.11 a–f. Schematische Darstellung des oropharyngealen Schluckaktes (Erklärung im Text)

3.1.6 durch den oberen Ösophagussphinkter illustriert


Röntgenanatomie werden.
a) Der Bolus wird zwischen hartem und weichem
Die normale Röntgenanatomie des Pharynx wird in
Gaumen geformt und gehalten.
Abb. 3.8 im Doppelkontrast durch ein „Pseudo-Val-
b) Jeweils Beginn der Bolusaustreibung durch Anhe-
salva-Manoever“ mit dosierter Pharynxdistension
bung der Zungenspitze gegen den harten Gaumen
erzielt. Als Kontrastmittel diente eine Bariumverbin-
(Mm. mylohyoideus, genohyoideus, digastricus).
dung mittlerer Viskosität.
Gleichzeitige Elevation des weichen Gaumens bis
In Abb. 3.9 ist ein Pharyngolaryngogramm nach
zum Passavant-Wulst und hierdurch Nasopha-
Aspiration bei Normalpatienten dargestellt. Hier
rynxabschluss.
kommen die Seitenwand des Vestibulum laryngis
c) Rückwärtsbewegung des Zungengrundes (Mm.
und die Plica ventricularis und der Ventriculus Mor-
styologlossus und hyoglossus) und dadurch Ein-
gagni besser zur Darstellung. Ferner sind die Plica
tritt des Bolus in den Oropharynx. Mit der ein-
vocalis und die Seitenwand der Trachea zu erkennen.
setzenden Ventral-Kranial-Bewegung des Zun-
Die normale Röntgenanatomie des Ösophagus
genbeins und dem Beginn der Peristaltik der
zeigt Abb. 3.10 a,b.
Pharynxkonstriktoren (schwarze Pfeile) ist die
der Willkürmotorik unterworfene orale Phase der
Röntgenmorphologie des Schluckaktes
Boluspropusion beendet. Durch die Berührung
bei Normalpatienten
der Triggerzonen im weichen Gaumen und in den
Anhand der Schemazeichnung und der kinemato-
vorderen und hinteren Gaumenbögen beginnt die
graphischen Sequenz (Abb. 3.11 a–f, Abb. 3.12 a–f)
reflektorisch gesteuerte Pharynxkontraktion.
soll die Röntgenmorphologie des physiologischen
Schluckablaufs von der Mundhöhle bis zur Passage
36 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.12 a–f. Kinematographische Sequenz eines oro-pha- ße Pfeilspitze). Die Larynxelevation erreicht ihre Endstellung,
ryngo-oesophagealen Schluckaktes eines Normalpatienten. wobei das Hyoid der Mandibulaunterkante maximal ange-
a Adduktion des weichen Gaumens gegen den Zungengrund nähert ist (weißer Pfeil). Dadurch Aufweitung des Pharynx-
(schwarzer Pfeil). b Larynxelevation und Rampenform der lumens (kleine schwarze Pfeile). d Fortschreiten der Peristaltik
Zunge bei der Bolusentleerung in den Oropharynx. Abschluss der Pharynxhinterwand (weiße Pfeilspitze). e Die Spitze des
des Nasopharynx durch den weichen Gaumen und den Passa- Bolus passiert den weit offenstehenden oberen Ösophaguss-
vant-Wulst (schwarze Pfeile). c Die Zungenspitze hat den har- phinkter (unterer Bildrand). f Restentleerung des Pharynx
ten Gaumen erreicht (großer schwarzer Pfeil). Beginn der Peri- durch eine kräftige peristaltische Welle (weiße Pfeilspitze)
staltik der Pharynxhinterwand in Höhe des Atlasbogens (wei-

d) Durch die fortgeschrittene Larynxelevation und Pharyngealraum im Sinne einer peristaltischen


die „Überdeckung“ des Aditus laryngis durch Welle.
den Zungengrund wird der Epiglottisschluss und f) Der Bolus wird durch die pharyngeale Welle unter
gleichzeitig der Eintritt des Speisebolus in den Mithilfe des in die Ausgangsstellung nach kaudo-
Hypopharynx erleichtert. dorsal zurückkehrenden Larynx in den Ösopha-
e) Die Kontraktionen des mittleren und nach- gus ausgetrieben. Der obere Ösophagussphinkter
folgend unteren Schlundschnürers verengen den ist bereits vor der Ankunft des Bolus geöffnet.
3.2 Physiologie des Pharynx und des Ösophagus 37

auf die Zungenspitze, wo er durch eine Rollbewegung


3.2
der Zunge gegen den harten Gaumen gepresst und so
Physiologie des Pharynx und des Ösophagus
zum Oropharynx transportiert wird (Luschei u.
Der gesunde Erwachsene schluckt im Laufe eines Goldberg 1981).
Tages zwischen 580- bis 2400-mal (Logemann 1983).
Die oralen Bewegungsmuster zur Vorbereitung Reflextriggerung
der Speisen für den Schluckvorgang sind sowie indi- Beim neurologisch ausgereiften Individuum wird im
viduell als auch abhängig von der physikalischen Gegensatz zum Säugling der Beginn des pharyn-
Nahrungszusammensetzung sehr variabel. gealen Schluckaktes willkürlich initiiert. Die Zunge
Da die sensomotorischen Koordinationen der transportiert den Bolus zu den Triggerarealen. Es
oralen Ernährung selbstständig von jedem Individu- können Hauptareale und nachgeordnete Triggerzo-
um in der Entwicklungsphase vom „Saugen“ bis zur nen unterschieden werden. Die Rezeptoralreale um-
den erwachsenen Formen der Nahrungsaufnahme fassen den weichen Gaumen, die Uvula, den Zungen-
erlernt werden, kann eine starke interindividuelle grund, den pharyngealen Aspekt der Epiglottis,
Variationsbreite nicht überraschen (Bosma et al. die Gaumenbögen, die Valleculae und letztlich die
1986). Die enge Verknüpfung von Saugvorgang und Pharynxhinterwand und den pharyngoösophagea-
Schluckreflex besteht auch nach der Kindheit fort. len Übergang. Die Reflextriggerung erfolgt als Sum-
Die Fähigkeit zur Ernährung durch Saugen findet mation von 4 Typen von Rezeptoren: den thermi-
sich bei jedem neurologisch reifen Neugeborenen, schen, taktilen, gustatorischen und den für ölige
bleibt aber als angeborenes primitives Verhaltens- Konsistenzen. Bei Erreichen einer kritischen Schwel-
muster während des ganzen Lebens verfügbar. Im Er- le wird der Reflex ausgelöst.
wachsenensalter kann dieses Bewegungsmuster in
∑ Zum primären Triggerareal gehören beim Er-
der Rehabilitation von Bedeutsamkeit sein, um eine
wachsenen die Gaumenbögen, die Uvula und die
willkürliche Schluckinitiation zu ermöglichen.
Pharynxhinterwand.
Beim Säugling erfolgt die Reflextriggerung im
∑ Das sekundäre Areal ist die Region des Säuglings-
sekundären Triggerareal, den Valleculae. Dies ist
chluckes und der Triggerpunkt bei nichtmatu-
möglich, da die Anatomie des Säuglings aufgrund des
riertem Reflex. Er liegt in den Valleculae und stellt
reduzierten Abstandes zwischen der Mundhöhle und
somit bei der anatomisch veränderten Situation
den Valleculae relativ gering ist. Ferner besteht ein
beim Adulten eine Region der Aspirationsgefähr-
stumpfer Winkel zwischen dem Aditus laryngis und
dung dar.
dem Ösophagus. Hierdurch kann eine „abgeschlosse-
∑ Das tertiäre Triggerareal liegt in den Recessus
ne Kammer“, welche den Bolus zwischen dem wei-
piriformes. Es entspricht einem Hilfsareal bei ver-
chen Gaumen und der Epiglottisspitze aufnehmen
zögerter Schluckreflextriggerung und bietet be-
kann, gebildet werden. Der Säugling füllt diese Re-
reits wegen der tiefen Lage eine deutliche Zone
gion durch 2- bis 3-maliges Saugen auf, dann erst
der Aspirationsgefährdung.
wird der Schluckreflex getriggert. In der Auffüllungs-
∑ Das quaternäre Areal liegt im Aditus laryngis.
phase kann der Säugling weiter atmen.
Auffällig ist in dieser Region ein Fehlen der Re-
Beim Erwachsenen nimmt durch das Größen-
zeptoren für ölige Konsistenzen.
wachstum der Abstand zwischen der Mundhöhle und
den Valleculae zu. Daher ist eine Schlucktriggerung Nach Kennedy muss zur Auslösung eines Schluck-
im Bereich der Valleculae nicht mehr ausreichend. reflexes ein kritisches Niveau der sensorischen Sti-
Eine zeitgerechte Maturierung des primären Trigger- mulation erreicht werden (Kennedy u. Kent 1988).
areals, den Gaumenbögen und der dorsalen Pha- Erst dann löst der Reflex aus.
rynxwand, ist daher für die optimale Kontrolle des Der N. tractus solitarii als sensorischer und
Schluckaktes nötig. der N. ambiguus als motorischer Vaguskern gelten
Der Schluckakt lässt sich in 3 Phasen differenzie- weiterhin als Hauptelemente des „medullären“
ren, die einer individuellen zentral-nervösen bzw. Schluckzentrums, welches allerdings durch kortikale
reflexgesteuerten Kontrolle unterliegen: die orale, die Afferenzen und Motorgeneratoren moduliert wird.
pharyngeale und die ösophageale Phase. Dabei wird das Atemzentrum während der Aktivität
des Schluckzentrums und umgekehrt das Schluck-
Die orale Phase zentrum während der Respiration inhibiert. Ein
Die orale Phase kann in 2 Abschnitte unterteilt wer- weiteres wichtiges Element für den regelrechten
den. Während der präparatorischen Phase wird die Ablauf des Schluckaktes ist der „Pattern-Generator“
Nahrung zerkleinert und erhält durch Einspeiche- im Hirnstamm.
lung eine adäquate Konsistenz. Die orale Entleerungs- Der rein reflexgetriggerte Schluckakt beginnt
phase beginnt mit dem Aufladen des geformten Bolus mit der dorsalen pharyngealen peristaltischen Welle,
38 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.13. So genannter „Saug-Pump-Mechanismus“ des Pha- noid-Knorpel-Massiv ausgeht, dargestellt. Durch die Anhe-
rynx. Rechts ist der Pharynxschlauch schematisch in Ruhezu- bung des Larynx wird der schematisch angedeutete Aditus
stand und während der Boluspassage (getüpfelt) dargestellt. laryngis in Synergie mit der intrinsischen Larynxmuskulatur
Linke Bildhälfte: Pharynxschlauch und anatomische Leitstruk- geschlossen. Durch die Aufweitung entsteht ein vorübergehen-
turen. Der Zungengrund (schwarzer dicker Pfeil bzw. Pfeilsspit- der Unterdruck, wobei eine Saugkraft auf den Bolus einwirkt.
ze in der Schemazeichnung) bewirkt durch einen Stempelme- Dieser Saugmechanismus wird durch die Kranialbewegung
chanismus eine Schubkraft auf den Bolus (punktierte Fläche). des Pharynx unterstützt, der sich über den entgegenkommen-
Durch die Larynxexkursion nach ventral und kranial (nach den Bolus stülpt (gebogene, dünne Pfeile). Der Pumpmechanis-
oben gerichteter schwarzer, dicker, gebogener Pfeil, linke Bild- mus wurde in der Schemazeichnung rechts durch die beiden
hälfte) wird das Pharynxlumen durch die Anhebung geweitet Pfeilspitzen, die den Zungengrund bzw. die pharyngeale Kon-
(dünne, schwarze Pfeile). In der Schemazeichnung ist die Ven- traktionswelle markieren, symbolisiert
tral-Kranial-Bewegung durch den dicken Pfeil, der vom Aryte-

d. h. der Vorwölbung der Pharynxhinterwand (der Saug-Pump-Mechanismus (Abb. 3.13). Zu diesem


Passavant-Wulst), zum Nasopharynxabschluss. trägt vor allem die Dorsokaudalbewegung des Zun-
gengrundes bei, der als so genannter Zungengrund-
Die pharyngeale Phase stempelmechanismus bezeichnet wird. Die peristalti-
Sie besteht aus einer komplexen neuromuskulären sche Schluckwelle des Pharynx pflanzt sich durch
Leistung, da eine Vielfalt unterschiedlicher Funktio- alle Pharynxkonstriktoren von oral nach aboral fort.
nen in feiner zeitlicher Abstimmung annähernd Dies wird durch eine Abfolge von Inhibition und
simultan zu erfolgen haben. Gleichzeitig muss die Aktivierung der beteiligten Muskeln ermöglicht.
Atmung unterbrochen werden und ein ausreichen- Durch die neuralen Efferenzen werden 26 Muskel-
der Schutz der Atemwege durch die intrinsische und gruppen innerhalb eines Zeitraums von durch-
die extrinsische Larynxmuskulatur gewährleistet schnittlich 0,7 s aktiviert, bzw. inhibiert. Die in der
sein. Zu Beginn bildet das Anheben des weichen Gau- Austreibungsphase des Pharynx aufgebauten Drucke
mens gegen des Passavant-Wulst ein dichtes Ventil erreichen 25,4±6 kPa mit Druckspitzen bis zu
gegen eine nasale Regurgitation. Gleichzeitig konver- 79,8 kPa, entsprechend 600 mmHg, die im Hypo-
gieren die zentralen Anteile das M. constrictor super- pharynx knapp oberhalb des oberen Ösophagus-
ior nach medial und nach ventral. Die zusätzlich er- sphinkters gemessen wurden (Kennedy u. Kent
folgende Ventrokranialbewegung des Larynx erleich- 1988). Daraus resultiert eine proximale Bolusge-
tert die Erweiterung des Pharynxraumes und den schwindigkeit von 70 cm/s.
Eintritt des Bolus in den Hypopharynx und bringt
gleichzeitig die Epiglottis und den Aditus laryngis in Oberer Ösophagussphinkter
die „Abdeckung“ des Zungengrundes. Für den unbehinderten Boluseintritt in den Ösopha-
Anhand einer simultanen Ableitung der Videoauf- gus ist eine zeitgerechte Öffnung des oberen Ösopha-
zeichnung und gleichzeitiger Manometrie konnte gussphinkters von entscheidender Bedeutung. Sie
festgestellt werden, dass durch die oben erwähnte geschieht zum einen durch eine kurzfristige Unter-
Ventrokranialbewegung des Larynx im Bereich der brechung des Ruhetonus von 0,5–1 s, zum anderen
Retrokrikoidalregion ein negativer intraluminaler wird sie durch die Ventrokranialbewegung des La-
Druck abgeleitet wird. Somit besteht offensichtlich rynx erreicht. Dies führt zu einer passiven Weitung
eine Art von Zweipumpensystem im Sinne eines der „Sphinkterschlinge“, deren ventraler Anteil am
3.3 Radiologische Untersuchungstechnik 39

Larynxskelett fixiert ist. Vergleichsweise beträgt primäre Peristaltik, welche sich kontinuierlich mit
die peristaltische Geschwindigkeit im Ösophagus einer Geschwindigkeit von 2–4 cm aboral bis zur Am-
nur 2–4 cm/s. pulla epidiaphragmatica ausbreitet. Die primäre
Der obere Ösophagusspinkter bildet einen be- Ösophagusperistaltik kann durch das so genannte
deutsamen Schutzmechanismus der oberen Speise- Phänomen der „deglutitiven Inhibition“, d. h. eines
röhre als Barriere gegen eine gastro-ösophago-pha- Schluckens während des Ablaufs des Perstaltik unter-
ryngeale Regurgitation, z. B. mit Gefahr der laryngot- brochen werden. Es kommt dann zu einem erneuten
rachealen Aspiration. Dieser Mechanismus tritt z. B. „Anspringen“ einer neuen peristaltischen Welle
beim gastroösophagealen Reflux oder bei anderen (Donner 1976).
Störungen der ösophagealen Reinigungsfunktion Sekundäre peristatische Wellen werden durch ei-
auf. Manometrisch beträgt die Länge der Hoch- nen lokalen Reiz, wie durch liegengebliebene Nah-
druckzone des oberen Spinkters etwa 3,5 cm. Die rungsreste oder einen Reflux aus dem Magen ausge-
Hochdruckzone zeigt sowohl eine axiale als auch löst. Diese so genannte Reinigungsperistaltik ent-
eine radiale Asymmetrie. So wurden die höchsten steht normalerweise oral der „Reizstelle“ (Vantrap-
Druckwerte an der Hinterwand gemessen, bei Ab- pen u. Hellmans 1974).
leitung von der ventralen Spinkterregion lagen die Als tertiäre Kontraktionen werden nichtpropulsi-
Drucke etwa 1/3 tiefer – das Gleiche gilt bei unter- ve segmentale Kontraktionen definiert, die simultan
schiedlicher Höhenverteilung auch für die Seiten- in verschiedenen Höhen der tubulären Speiseröhre
wandung der Sphinkterregion. Dies ist eine der auftreten. Man findet sie gehäuft im distalen glatt-
Schwierigkeiten bei der manometrischen Erfassung muskulären Bereich des Speiseröhre, vor allem bei
der reellen Druckwerte am oberen Ösophagus- peripheren Neuropathien und im höheren Lebens-
sphinkter. Zudem bewegt sich die Hochdruckzone alter beim so genannten „Presby-Ösophagus“.
des oberen Sphinkters wegen der intradeglutiti-
ven Pharynxelevation um 2,5–3 cm nach kranial ge- Unterer Ösophagussphinkter
genüber dem Druckabnehmer. Der untere Ösophagussphinkter besteht in einer etwa
Der schluckreflektorische Druckabfall erfolgt nur 3–4 cm langen Hochdruckzone, welche im Hiatus
0,5–1 s vor Eintreffen des Bolus. Eine Kontraktion mit oesophagei gelegen ist. Mehrere Faktoren haben Ein-
überschießenden Druckwerten folgt erst nach der fluss auf die Funktion des Sphinkters: Günstig ist ein
vollständigen Boluspassage. Störungen der zeitlichen langer infradiaphragmaler Verlauf des Ösophagus
Koordination bzw. eine verspätete oder inkomplette und ein korrekter Winkel zwischen dem Ösophagus
Öffnung oder ein vorzeitiger Schluss des oberen Öso- und dem Fundus (so genannter Hiss-Winkel). Einen
phagussphinkters können zu erheblichen Schluck- Einfluss auf die Sphinkterfunktion hat der intra-
beschwerden führen und auch die Druckverhältnisse abdominelle Druck und im Fall eines längeren intra-
im Pharynx stark verändern (Hannig u.Wuttge-Han- thorakalen Verlaufs auch der negative intrathorakale
nig 1987; Hannig et al. 1987 a,b). Druck.
Bei Fehllage des unteren Ösophagussphinkters
Merke !Für die korrekte Erfassung der mano-
metrischen Störung in der Region des
über dem Hiatus oesophagei ist der Synergismus
durch die zusätzlichen Muskelkontraktionen des
oberen Ösophagussphinkters ist eine kombinierte Diaphragmas und durch den höheren intraabdomi-
Radiomanometrie die einzig verlässliche Methode. nellen Druck aufgehoben. Bei der Aufnahme von
Speisenoxen (Koffein, Teein, Nikotin oder Alkohol
Hierbei sollte die Positionierung der perfundierten und Schokolade) wird der Ruhedruck des Sphinkters
Transduktoren auch bezüglich der radialen Ausrich- weiter reduziert.
tung radiologisch überprüft werden.

Die ösophageale Phase 3.3


Der peristaltische Bolustransport im tubulären Öso- Radiologische Untersuchungstechnik
phagus ist beim Gesunden mit der Boluspassage im
Pharynx als funktionelle Einheit koordiniert. Daher Die moderne gastroenterologische Röntgendiagnos-
sollte die Beurteilung der pharyngealen und der öso- tik muss bei der Abklärung der Dysphagie neben der
phagealen Motilität integraler Bestandteil jeder Öso- Beschreibung rein morphologischer Veränderungen
phagusuntersuchung sein. auch auf die Beobachtung und diagnostische Bewer-
Die primäre Ösophagusperistaltik wird von der tung der gastrointestinalen Motilität ausgerichtet
sekundären und tertiären Peristaltik unterschieden. sein.
Im Normalfall erfolgt der Transport eines Speisebo- Die konventionelle Untersuchung wird heute mit
lus durch eine von einem Schluckreflex getriggerte dosissparenden gastrointestinalen Röntgengeräten
40 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

durchgeführt. Die Dokumentation wird digital mit


„spot imaging“ durchgeführt. Für die Beurteilung
der Funktion sind dynamische Aufzeichnungsver-
fahren, wie die Hochfrequenzkinematographie, die
Videofluoroskopie und das DSI („digital spot ima-
ging“) besonders gut geeignet (Hannig 1995). Bei
wissenschaftliche Fragestellungen verwenden wir
zur Erfassung der schnellen Bewegungsvorgänge
der pharyngoösophagealen Motorik eine Arriflex-
35 mm-Kinokamera mit Bildfolgen von 50–200/s,
die an eine Bildverstärker-Fernsehkette für die gas-
troenterologische Diagnostik angeschlossen ist. Die
modernen Kinofilme bieten aufgrund der feinen
Körnung bei gleichzeitig hoher Empfindlichkeit eine
sehr hohe Ortsauflösung.
Im Routinebetrieb wird eine Videoaufzeichnung
mit 25 Vollbildern/s bzw. 50 Halbbildern/s vom Bild-
verstärker der gastroenterologischen Untersuchungs-
einheit abgenommen.
Die neuen dosissparenden Methoden der Flu-
oroskopie weisen Einschränkungen für die dynami-
sche Schnellserienaufzeichnung auf. Eine Reduktion
der Bildfrequenz zur Dosisersparnis (Pulsung) ist
für die schnellen Bewegungsvorgänge nicht sinnvoll.
Daher sind nur Methoden anwendbar, welche die
Dosisersparnis mit einer hohen Bildfrequenz kombi-
nieren. Die Verminderung der Dosisleistung ist hier-
bei ein denkbarer Ansatz. Die Kombination von einer Abb. 3.14. Videofluoromanometrie des oberen Ösophaguss-
Aufsummierung von mehreren Bildern bei sich nicht phinkters. Zur Überwachung der korrekten Position der
bewegenden Bildanteilen (Pixel-abhängig) und eine Transducer-Sonde im oberen Ösophagussphinkter, welcher
Multiplikation der Information des Einzelpixels bei während eines Schluckaktes etwa 5 cm nach kranial verscho-
ben wird, wird eine gleichzeitige Aufzeichnung der Position
Bewegung in diesen Bildabschnitt stellt eine neue und der Manometriekurve durchgeführt
Möglichkeit zur weiteren Dosisreduktion dar. Diese
Technologien werden in Zukunft auch eine DSI mit
30 Bildern/s erlauben.
Eine nur für die orale und in einem kleinen Teil-
aspekt auch für die pharyngeale Phase einsetzbare von Motilitätsstörungen unverzichtbar (Abb. 3.14).
Methode ist der Ultraschall der Schluckfunktion. Die Bei der Audiofluoroskopie werden zusätzlich die
Methode der Zukunft wird sicher die dynamische akustischen Signale der Strömungsphänomene wäh-
Magnetresonanztomographie (MRT) sein, insbeson- rend eines Schluckaktes aufgezeichnet.
dere wenn Untersuchungen beim sitzenden Patien- Die Vitalität von Tumorgewebe nach einer neoad-
ten möglich sein werden. Die Multislice-Computerto- juvanten Therapie kann durch die Fusion von mor-
mographie (Multislice-CT) ermöglicht bereits jetzt phologischen Untersuchungen (CT/MRT) mit meta-
eine präzisere anatomische Zuordnung aufgrund der bolischen Ergebnissen Positronenemissionstomogra-
fehlenden Atemartefakte. Eine interessante zusätz- phie (PET) überprüft werden (Abb. 3.15 a, b).
liche Methodik besteht in der virtuellen Endoskopie, Der radiologische Untersuchungsablauf wird der
bei welcher auch endoskopisch nichtpassierbare Verdachtsdiagnose des Patienten angepasst. Die
Stenosen überwunden oder empfindliches Gewebe, Konsistenz, die Größe des Kontrastmittelbolus sowie
z. B. unter einer Radiotherapie, beurteilt werden die Körperhaltung werden auf das Beschwerdebild
kann. des Patienten gemäß der Eingangsanamnese abge-
Die Kombination einer funktionellen Methode stimmt. Damit soll bei einer ausreichenden Testbe-
mit der Morphologie besteht in der Radiomanome- lastung des Patienten eine gefährliche Impaktation
trie oder einer Audiovideoradiographie. Die kombi- oder Aspiration vermieden werden.
nierte Videofluoromanometrie erlaubt eine genaue Bei neurologisch erkrankten Patienten ist z. B.
Höhenzuordnung der simultan aufgezeichneten ma- eine Reduktion des normalerweise 15 ml messenden
nometrischen Ergebnisse und ist für die Abklärung Testvolumens angezeigt.
3.3 Radiologische Untersuchungstechnik 41

Abb. 3.15. Darstellung eines distalen Ösophagustumors in des AEG I. Die topographische Zuordnung wird durch die CT
PET/CT vor (a) und nach (b) einer Chemotherapie. Die ver- möglich. (Herrn Prof. Dr.W. Schwaiger, TU-München Dank für
mehrte Glukoseutilisation des 19F-FDG im distalen Ösophagus die Überlassung der Bildbeispiele)
ermöglicht eine Evaluation der Vitalität und der Ausdehnung

3.3.1 1:1 mit Micropaque flüssig mit einer Dichte von


Kontrastmittel 100 g% gemischt. Dazu kommt eine geringe Menge
von zusätzlichen Entschäumungsmitteln, wie z. B.
Die Wahl des Kontrastmittels hängt von der klini- Sab simplex. Auf diesem Weg wird versucht, die hohe
schen Fragestellung und der Anamnese des Patienten Viskosität des Flüssigpräparates mit der guten Kon-
ab. Mit dem Ziel einer möglichst genau den Be- trastdichte des HD- („High-density-“) Pulvers zu
schwerden des Patienten angepassten Kontrastmit- kombinieren (laut Angabe des Herstellers von Micro-
telpräparation kommen entweder flüssige, semisoli- paque HD oral Pulver enthalten 100 g Pulver 96,057 g
de, solide oder heterogen zusammengesetzte Kon- BASU 4). Nach Zugabe von 80 ml Wasser ergibt sich
trastmittelpräparationen zur Anwendung. Hierbei ein Gewichts-Volumen-Verhältnis von 220 g% für die
spielt neben der Form, der Größe und der Tempera- Pulverpräparation bei einer Viskosität von 90 mPa/s.
tur des applizierten Bolus die Viskosität eine ent- Die granulometrische Feinverteiligung der Barium-
scheidende Rolle. Das zur Anwendung kommende sulfat BASU 4-Partikel ist unregelmäßig mit einer re-
Spektrum reicht von den verformbaren Barium-Ge- lativ größten Konzentration von Bariumsulfatparti-
latine-Festkörpern über „High-density-Bariumsul- keln im Bereich von 2–20 nm. Als Hilfsstoff enthält
fatsuspensionen“ mit guten Doppelkontrasteigen- Micropaque HD u. a. Geschmackskorregenzien (Va-
schaften bis zu angesäuerten „Low-density-Barium- nillearoma) und einen Entschäumer (Dimetikon).
sulfatpräparationen“.
Bei Verdacht auf Perforation, Aspiration oder eine
unmittelbar bevorstehende operative Intervention
Merke ! Der Vorteil der korpuskulären Kon-
trastmittelsuspension liegt in einem
am Gastrointestinalsystem kommen ionische wasser- sehr guten, homogenen Wandbeschlag, der eine opti-
lösliche hyperosmolare bzw. auch nichtionische male Diagnostik auch sehr kleiner Schleimhautver-
isoosmolare wasserlösliche jodhaltige Kontrastmit- änderungen im Doppelkontrast zulässt.
telpräparationen zur Anwendung.
Wir verwenden aufgrund der sehr geringen Kosten
Nichtwasserlösliche Bariumsulfatsuspensionen und der hohen diagnostischen Effizienz diese Bari-
Für die konventionelle Pharyngoösophagographie umsulfatpräparationen im Normalfall. Zur Erzielung
im Doppelkontrast verwenden wir eine Modifikation eines optimalen Doppelkontrastes werden bereits
der von Tenner (1984) empfohlenen Präparation. nach dem ersten Schluck Barium CO2-Bildner verab-
Sie besteht aus einer Mischung von 160 g% Micro- reicht (entweder Weinsäure mit Tartrat oder kom-
paque HD oral Pulver. Diese wird im Verhältnis von merziell erhältliche CO2-Bildner). In Abhängigkeit
42 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

von der klinischen Fragestellung wird die Peristaltik 5- bis 7-fach höher, was zu einem massiven alveo-
durch eine Ampulle Buscopan/50 kg Körpergewicht lären und interstitiellen Flüssigkeitseinstrom und
(KG) bzw. bei Kontraindikationen durch die Gabe somit einer Störung des Gasaustausches führt. Durch
von Glukagon erreicht. mechanische Irritation oder chemotoxische Hista-
Bei funktionellen Fragestellungen ist auf die Gabe minfreisetzung aus Mastzellen kann das Auftreten
von Pharmaka zu verzichten, welche die normale von Bronchospasmen begünstigt werden.
pharyngoösophageale Motilität beeinflussen. Diese Gefahr tritt bei annähernd isoosmolaren,
jodhaltigen, dimeren Kontrastmitteln nicht auf, da
CAVE ! Eine gefürchtete Komplikation ist der
Eintritt der oben genannten nichtwas-
sie wegen annähernd dem Plasma gleichen Osmola-
lität keine wesentliche alveoläre Diffusion von Flüs-
serlöslichen Kontrastmittel bei der Perforation von sigkeit bei trachealer Aspiration nach sich ziehen.
Hohlorganen mit Übertritt von Kontrastmittel in Nach eigenen Beobachtungen kommt es auch bei
Pleura, Mediastinum oder Peritoneum. Aspiration größerer Mengen von z. B. Iotrolan (Iso-
vist, Schering) in durchschnittlich 25 Minuten zu
Der durch die nichtresorbierbaren Kontrastmit- einer fast vollständigen Resorption des Kontrastmit-
telpartikel ausgelöste Fremdkörperreiz, welcher zu tels in der Lungenperipherie.
chronischen Fibrosierungen bzw. zu einer Barium- Diese Kontrastmittel sind also das Mittel der Wahl
peritonitis führen kann, hat auch heute noch eine bei Gefahr einer trachealen Aspiration, wie z. B. bei
Letalität von bis zu 50% zur Folge (Vogel 1986). Patienten mit neurologischen Schluckstörungen
Die tracheale bzw. alveoläre Aspiration von Bari- oder den Verdacht auf eine ösophagotracheale Fistel.
umsulfatpräparationen ist entgegen der vorwiegen-
den in den angelsächsischen Ländern vertretenen
Meinung nicht frei von Nebenwirkungen! Bei Eintritt
Merke ! Die Wahl des Kontrastmittels ist so-
wohl bezüglich seiner Konsistenz als
von Kontrastmittel in den Alveolarraum treten gra- auch bezüglich seiner Wasserlöslichkeit und der Iso-
nulomatöse Reaktionen durch die nichtresorbier- osmolarität dem Beschwerdebild und dem Gefähr-
baren Bariumkristalle auf, wie auch im Tierexperi- dungsgrad des Patienten anzugleichen!
ment belegt wurde. Bei der trachealen Aspiration
von hochviskösem Bariumsulfat sind Todesfälle Thermische Provokationstests
durch Obstruktion der Trachea bzw. der Hauptbron- Eine thermische Anpassung der Bariumsulfatsus-
chien beschrieben. pension vor allem bei Patienten mit Erkrankungen
aus dem neurologischen bzw. neuromuskulären For-
Wasserlösliche, jodhaltige Kontrastmittel menkreis ist indiziert.
Spezielle klinische Fragestellungen wie neurologi- Im Normalfall wird der Testbolus bei Zimmertem-
sche Krankheitsbilder und postoperative Verlaufs- peratur verabreicht.
kontrollen zwingen zum Ausweichen auf resorbier- Eine niedrige Bolustemperatur verlangsamt die
bare Kontrastmittel, welche bei Leckage des Gastro- pharyngoösophageale Motilität. Andererseits be-
intestinaltrakts und/oder bei trachealer Aspiration schleunigen heiße Getränke die Ausbreitung der pe-
besser verträglich sind. ristaltischen Welle. Dadurch wird die pharyngoöso-
Bei Verdacht auf eine Perforation eines Hohl- phageale Transitzeit verkürzt, der untere Ösopha-
organs sind hyperosmolare wasserlösliche Kontrast- gussphinkter erschlafft kürzer und die Sphinkter-
mittel wie Natrium-Meglumin-Diatrizoat (Gastro- kontraktion ist von geringerer Amplitude.
grafin, Schering) oder z. B. Meglumin-Ioxitalamat Bei der dystrophischen Myotonie können durch
(Telebrix-Gastro, Byk Gulden) wegen der guten Re- eisgekühlte Bariumsulfatsuspensionen Veränderun-
sorbierbarkeit angezeigt. gen im Verhalten des Pharynx und Ösophagus zu so
Diese Präparatgruppe verbietet sich jedoch bei genannten „formes frustes“ führen. Das heißt, es
Patienten mit erhöhtem Aspirationsrisiko, da durch kann zu einem vorübergehenden völligen Sistieren
die Hyperosmolarität die Entstehung eines lokalen der pharyngoösophagealen Förderleistung kommen.
oder generellen Lungenödems gefördert wird. Umgekehrt kann durch die Anwendung von Kälte
Neben der Osmolarität ist die für pulmonale Ver- im Sinne einer Eissondenstimulation eine reduzierte
träglichkeit der Kontrastmittel auch das Ausmaß der pharyngeale Sensibilität gebahnt und dadurch die
Aspiration sowie die Viskosität und die Chemotoxizi- pharyngoösophageale Motilität bei neurologisch
tät der angewandten Mittel verantwortlich. gestörten Patienten gefördert werden.
Die oben genannten, hoch-osmolaren, ionischen
monomeren Kontrastmittel dringen aufgrund ihrer Pharmakologische Tests
niedrigen Viskosität schnell bis in den Alveolarraum Durch die Pharmakoradiographie des Pharynx und
vor. Im Vergleich zum Plasma ist ihre Osmolalität Ösophagus sind im Gegensatz zur Manometrie nur
3.3 Radiologische Untersuchungstechnik 43

qualitative Aussagen möglich. Der Säure-Barium- mit pH-metrisch gesicherter ösophagealer Reflux-
Test, der Karbach-Hohl-Test zur Provokation sowie erkrankung. Hierbei ergab sich eine Spezifität von
der Nifedipin-Test zur Extinktion eines diffusen Öso- 75% bei einer Sensitivität von 87%, der Vorhersage-
phagusspasmus sind preiswerte und wenig aufwän- wert betrug 81%.
dige Screening-Verfahren, die in der Routinediag-
nostik des Ösophagus bei entsprechenden Verdachts- Kalziumantagonisten und Nitrate
momenten angewandt werden können. Nifedepin-Kapseln (Adalat) in einer Dosierung
In Anlehnung an den Bernstein-Test wurde von von 10–20 mg und Glyzerol-Trinitrat-Kapsel (Nitro-
Donner die Durchführung eines Schlucks mit ange- lingual forte) mit 0,8 mg Wirkstoff werden sublingual
säuertem Bariumsulfat zur Beurteilung der Säure- zur Extinktion eines diffusen Ösophagusspasmus
sensibilität der Speiseröhre vorgestellt. Dieser Säure- und gelegentlich bei einer hypermotilen Achalasie
Barium-Test kann insbesondere bei Patienten mit eingesetzt. Die entsprechenden Retardpräparate
Verdacht auf refluxassoziierte Motilitätsstörungen können auch zur Langzeittherapie der Achalasie und
zur Anwendung kommen. des diffusen Ösophagusspasmus verabreicht werden.
Unter Mithilfe der Apotheke des Klinikums rechts Wegen ihrer Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen
der Isar der Technischen Universität München wur- und hypotoner Kreislaufreaktion ist ihr Einsatzspek-
den mehrere handelsübliche BASU 4-Fertigpräparate trum jedoch beschränkt.
auf ihre pH-Stabilität nach Beimengung von HCl ge- Da diese Pharmaka sowohl bei der Angina pecto-
testet. Hierbei stellte sich heraus, dass viele Präpara- ris als auch beim „non-cardiac chest pain“ wirksam
tionen für die Titration nicht geeignet sind, da die sind, ist mit ihnen eine Differenzierung zwischen
Säure offenbar die vorhandenen „Lösungsvermittler“ koronarer Herzerkrankung und einer Funktions-
dieser Suspensionen zerstört und das Barium inner- störung des Ösophagus nicht möglich (Hannig 1995).
halb weniger Minuten ausflockt.
Als gut praktikabel und über mehrere Stunden Bariumsulfat-Gelatine-Kugeln für spezielle
pH-stabil erwies sich eine einfache Rezeptur aus der pharyngoösophageale Fragestellungen
Fertigpräparation Micropaque flüssig. Sie wird fol- Die Diagnostik von Festkörperdysphagien kann er-
gendermaßen hergestellt: Es werden in 30 ml Wasser hebliche Schwierigkeiten verursachen, wenn ledig-
2,5 ml normale HCl 98%ig injiziert und mit 30 ml lich gering ausgeprägte Stenosen unterschiedlichster
Micropaque flüssig gut vermischt. Hierdurch konnte Ätiologie vorliegen.
ein gut reproduzierbarer pH-Wert von 1,6–1,7 er- In Zusammenarbeit mit der Apotheke des Klini-
reicht werden. kums rechts der Isar wurde eine Barium-Gelatine-
Die praktische Durchführung geschieht wie folgt: Kugel von 1,4 cm Durchmesser entwickelt, die ande-
Zunächst werden mehrere Schlucke einer neutralen re Bariumpräparationen, wie z. B. eine Bariumsulfat-
Bariumsulfatsuspension unter Durchleuchtung in paste oder flüssiges Barium in sinnvoller Weise er-
Rückenlage und RAO-Bauchlage beobachtet und jede gänzt. Die Kugel ist prall elastisch und löst sich im
peristaltische Welle vom Pharynx bis zum Magenein- Fall einer Impaktation in Körperwärme schnell auf.
gang verfolgt. Im Fall einer normalen primär-propul- Bei der Röntgendiagnostik der Speiseröhre ist
siven Peristaltik werden nur bei Verdacht auf latente häufig eine definierte Dehnung des Ösophagus- bzw.
refluxassoziierte Motilitätsstörungen dem Patienten Pharynxlumens diagnostisch von großem Wert. Bei
zunächst mehrere Schlucke der angesäuerten Bari- der Passage einer Bariumsulfat-Gelatine-Kugel mit
umpräparation ohne Röntgenkontrolle verabreicht, einem Durchmessers von 1,4 cm lassen sich gut la-
um einen ausreichenden Kontakt des Säuregemischs tente Stenosen oder Strikturen maligner oder benig-
mit der Ösophagusschleimhaut zu gewährleisten. ner Natur nachweisen. Neben diesen morphologi-
Erst dann werden unter Durchleuchtung bzw. unter schen Veränderungen lassen sich durch diese Kugeln
Videodokumentation 3 weitere Schlucke etwa 15 ml auch funktionelle Störungen der Speiseröhrenmoto-
saurer Bariumsulfatsuspension ebenfalls wieder in rik während der Boluspassage provozieren und be-
Rückenlage und RAO-Bauchlage beurteilt. obachten, wie etwa eine gestörte Passage am oberen
Der Test wird als positiv gewertet, wenn entweder oder unteren Ösophagussphinkter oder die Aus-
eine hypotone Reaktion mit verlängerter Verweil- lösung eines diffusen Ösophagusspasmus.
dauer der Testlösung im Ösophagus auftritt oder Eine weitere Indikation stellt die Überprüfung
eine hypermotile Peristaltik mit nichtpropulsiven postoperativer Zustände im Magen-Darm-Trakt dar.
segmentalen Kontraktionen zu verzeichnen ist. Hier- Hier kann eine objektive Aussage über die eventuelle
bei ist die hypermotile Reaktion weit seltener zu Anastomosenenge oder über die Effizienz einer statt-
beobachten. gehabten Dilatationstherapie oder einer Myotomie
Der Säure-Barium-Test wurde bei 520 Patienten am unteren Ösophagussphinkter bei der Achalasie
unseres Patientenkollektivs durchgeführt, 290 davon getroffen werden.
44 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.16 a–d. Röntgenkinematographische Sequenz (Zeitin- schen Kugel vor der Passage durch den Spondylophyten. Zu-
tervall der Einzelbilder 20 ms). a Die Bariumsulfat-Gelatineku- sätzlich ist die Erkennung einer zweiten ösophagealen Engstel-
gel wird durch einen großen Spondylophyten bei C5 deutlich le wegen der prall-elastischen Konsistenz durch Applikation
imprimiert (schwarzer Pfeil), und es kommt zu einer vorüber- einer einzigen Kugel möglich
gehenden Impaktation. b–d Deformierung der prall-elasti-

Für den normalen Ösophagus eine Aufdehnung 3.3.2


von 1,4–1,5 cm einerseits dem Patienten gut zumut- Praktische Anwendung und Standardprojektionen
bar und entspricht andererseits auch den physiologi- beim Pharyngoösophagogramm
schen Verhältnissen bei der Boluspassage durch die
Speiseröhre. Der normale Untersuchungsmodus besteht aus
Dieser Durchmesser berücksichtigt auch ältere den im Folgenden aufgeführten Einstellungen. Dabei
Angaben, nach denen „Schatzki-Ringe“ bei Hiatus- wird der Schluckakt von der Vorbereitungsphase im
hernien etwa ab einem Durchmesser von 1,3–1,4 cm Mund bis zur vollständigen Wiederentfaltung des
symptomatisch werden. Pharynx dokumentiert. Die Ösophaguspassage wird
Die Kugel sollte mit ausreichend Flüssigkeit, vom oberen Sphinkter bis zur kompletten Passage
idealerweise mit sehr dünnflüssigem Barium appli- des Bolus über die Kardia verfolgt.
ziert werden, sodass die Menge des nachgetrunke-
1. Im Stehen werden bei streng seitlichem Strahlen-
nen Materials evaluiert werden kann. Im Fall einer
gang 2–3 Schlucksequenzen dokumentiert:
Impaktation oder beim Steckenbleiben vor einer
a) Es wird auf die Mundhöhle, den Naso- und
Stenose fanden wir experimentell eine Auflösung der
Oropharynx zentriert. Beurteilt werden sollten
Kugel bei Körperwärme innerhalb von etwa 10 Minu-
hierdurch sowohl die orale Bolusformung und
ten.
Kontrolle zwischen hartem und weichen Gau-
Zudem bietet die prall-elastische Konsistenz
men und der Zunge als auch der Beginn des
unserer Gelatinekugel einen weiteren Vorteil: Wie
reflexgesteuerten Schluckaktes mit der Anhe-
röntgenkinematographisch dokumentiert werden
bung des Velum palatini. Zur besseren Beur-
konnte, wird unsere Bariumsulfat-Gelatine-Kugel
teilbarkeit der velopalatinalen Funktion kann
durch Spondylophyten eingedrückt, wobei die Pas-
der nasale Aspekt des weichen Gaumens durch
sage subjektiv als weniger unangenehm empfun-
die nasale Aspiration einer geringen Menge
den wird. Nach Passage der Engstelle nimmt die
dünnflüssigen Bariumsulfats kontrastiert wer-
Kugel wieder ihre sphärische Ausgangsform an (Abb.
den. In dieser Einstellung wird auch der pho-
3.16 a–d).
natorische Abschluss des Velum palatini durch
das Testwort „Kuckuck“ geprüft.
CAVE ! Bei Patienten mit neurogenen, z. T.
durch eine Störung des sensiblen Im-
b) Beim zweiten Schluck wird auf den orohypo-
pharyngealen Übergang zentriert, sodass die
puts verursachten Schluckstörungen darf die Ku-
dorsale pharyngeale peristaltische Welle vom
gel keinesfalls verwandt werden, da eine tracheale
Passavant-Wulst bis zum oberen Ösophagus-
Aspiration auf jeden Fall zu vermeiden ist (Hannig
sphinkter nachverfolgt werden kann.
1995).
3.3 Radiologische Untersuchungstechnik 45

c) Anschließend wird auf die Region des pharyn-


goösophagealen Übergangs zentriert, um eine
Dysfunktion des oberen Ösophagussphinkters
erkennen zu können. Diese Sequenz wird in
lateralem und bei Patienten mit kurzem Hals
im schrägen Strahlengang aufgezeichnet.
2. Dokumentation des Schluckaktes im postero-an-
terioren Strahlgang: Die Mandibulaunterkante
wird zur besseren Einsicht des Pharynx mit dem
Os occipitale zur Deckung gebracht. In beiden
Ebenen wird der Schluckakt von der Vorbe-
reitungsphase im Mund bis zur kompletten Wie-
derentfaltung der pharyngealen Recessus aufge-
zeichnet.
3. Der Ösophagus wird zunächst im Stehen auf
funktionelle Störungen untersucht, wobei in der
Regel eine posterior-anteriore, LAO-, RAO- und
streng seitliche Projektion durchgeführt werden
sollten. Auch hier wird die Untersuchung vom
oberen Ösophagussphinkter bis zur Kardia doku-
mentiert. Abb. 3.17. In kranialen tubulären Ösophagus ödematöse
rundliche Einlagerung mit Aushebung des Faltenzüge im Rah-
4. Die Peristaltik des tubulären Ösophagus wird in men des Ödems
Rückenlage und in RAO-Bauchlage dokumen-
tiert, da so der störende Einfluss der Schwerkraft
aufgehoben wird. Der Patienten wird instruiert,
nur einmal zu schlucken, um eine so genannte gealen Peristaltik oder ein Lufteinschluss gewertet
„deglutitive Inhibition“, d. h. einen Abbruch der werden.
peristaltischen Welle im tubulären Ösophagus Eine weitere Untersuchungsvariante bei einge-
durch die Auslösung eines erneuten Schluckaktes spießten Fischgräten oder kleinen Holzsplittern, die
zu vermeiden. Zur Prüfung eines eventuellen gas- kaum röntgendicht sein können, besteht in der Gabe
troösophagealen Refluxes wird die Ösophagus- eines mit wasserlöslichem Kontrastmittel getränkten
Kardia-Passage auch bei Rückdrehung von der Wattebausches (Abb. 3.17). Aufgrund der Textur des
Rechtsseitenlage zur Rückenlage untersucht. Wattebausches bleibt er oder Fasern davon an den
5. Zur optimalen Darstellung der Ösophagus- eingespießten Fremdkörpern hängen. Insbesondere
schleimhaut wird nachfolgend Glukagon oder bei Patienten, welche eine ausgeprägte Verkalkung
Buscopan injeziert und, falls noch nicht im funk- des Larynxskeletts aufweisen, ist diese Technik zur
tionellen Teil erfolgt, ein Gasbildner verabreicht. Orientierung bzw. Erkennung des Fremdkörpers
Dieser für die morphologische Darstellung des wertvoll.
Ösophagus nötige Untersuchungsabschnitt er-
folgt vorwiegend im Stehen.
3.3.4
Diese Standarduntersuchungstechnik ist in Abhän- Radiologische Untersuchungstechnik bei Aspiration,
gigkeit vom Beschwerdebild zu modifizieren. Perforation oder ösophagotrachealen Fisteln

Eine möglichst hochfrequente dynamische Aufzeich-


3.3.3 nung mittels mindestens 7 Bildern/s oder eine Video-
Fremdkörperdetektion graphie ist für diese Fragestellung geeignet. Als Kon-
trastmittel sollte primär ein wasserlösliches, iso-
Die Erkennung von Fremdkörpern ist bei einer Na- osmolares, möglichst auch lungenverträgliches Kon-
tivröntgenaufnahme an ihre Röntgendichte gebun- trastmittel, wie z. B. Iotrolan, eingesetzt werden.
den. Neben Weichteilaufnahmen werden zu der
Detektion von Knochenteilen und Holz- bzw. Plastik-
teilen digitale Subtraktionstechniken verwandt.
Merke ! Keine hyperosmolaren Kontrastmittel
bei Aspiration, Perforation oder bei
Neben dem direkten Nachweis des impaktierten ösophagotrachealen Fisteln. Aufnahmefrequenz
Körpers kann auch eine Schwellung des prävertebra- mindestens 7 Bilder/s. Erster Schluck möglichst im
len Weichteilsaums, eine lokale Störung der pharyn- seitlichen Strahlengang.
46 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Um eventuelle kleinere Dissektionen auszuschließen, 3.4


wird von mehreren Autoren empfohlen, nach Aus- Fehlbildungen
schluss einer Perforation mit wasserlöslichem Kon-
trastmittel noch einen Bariumschluck im Doppel- Fehlbildungen der Mundhöhle und des Pharynx so-
kontrast durchzuführen, um kleinere Mukosaläsio- wie des Ösophagus stellen eine wichtige diagnosti-
nen zu identifizieren (Gore u. Levine 2000; Hannig sche Herausforderung bei der Analyse des Patho-
1995). mechnismus einer Schluck- oder Gedeihstörung im
Die klassische Trias zwischen Säuglings- und Kindesalter dar.
∑ Erbrechen,
∑ tiefem Brustschmerz und
3.4.1
∑ subkutanem bzw. auch mediastinalem Emphysem
Pharyngeale Malformationen
sind annähernd pathognomonisch für eine spontane
Ösophagusperforation. Häufig sind die Befunde noch Funktionelle und anatomische Malformationen sind
begleitet von einem meist linksseitigen Pleuraerguss. im Säuglingsalter die Hauptursachen einer Dys-
Die selteneren intraabdominellen Ösophagusper- phagie oder einer Essstörung. Hierbei hat sich eine
forationen haben eine höhere Spontanheilungsten- symptombezogene Evaluation der verschiedenen am
denz nach konservativer Therapie und keine so hohe Schlucken beteiligten Strukturen bewährt. Sie sind in
Mortalität wie die thorakalen. Tabelle 3.1 aufgeführt.
Es ist experimentell belegt, dass eine Barium- Ferner hat sich in der Praxis folgende in Schwere-
sulfatsuspension inflammatorische Reaktionen im grade unterteilte Beurteilung bewährt:
Mediastinum mit nachfolgenden Granulomen und Drei unterschiedliche Schweregrade einer pha-
Fibrosen erzeugen kann. Daher ist auf jeden Fall die ryngealen Malformation, eine kleinere, behandelbare
wasserlösliche Kontrastmittelkonsistenz als erster Störung, eine mit eine Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte
Untersuchungsschritt vorzuziehen. einhergehende Schluckstörung oder eine schwere
Andererseits ist bei den wasserlöslichen Kontrast- in diesem Lebensalter nicht rehabilitierbare anato-
mitteln zu bedenken, dass z. B. Gastrografin stark hy- mische oder funktionelle Störung, ziehen unter-
perosmolare Eigenschaften hat und daher bei einem schiedliche therapeutische Konsequenzen nach sich
Eintritt in das Bronchialsystem ein Lungenödem her- (Abb. 3.18 a–c, Tabelle 3.2, Tabelle 3.3).
vorrufen kann. Es wird daher empfohlen, auf niedrig- Da eine gezielte Schlucktherapie für den pharyn-
osmolare Kontrastmittel wie z. B. Jodtrolan (Isovist) gealen Schuckakt erst im Kleinkind- bzw. Adoleszen-
auszuweichen, um im Fall eines Verdachts auf eine tenalter möglich ist und im früheren Alter nur eine
bronchiale Verbindung Komplikationen zu vermei- auf die orale Phase begrenzt wirkende Stimulations-
den (Hannig 1995). therapie nach Castillo-Morales eingesetzt werden

Tabelle 3.1. Kongenitale Dysphagien

Syndrome und Krankheiten Ätiologie und Pathogenese Vermutete Ursache der Schluckstörungen

APERT-Syndrom Ätiologie: genetische Ursache Hypoplasie der Maxilla mit Fehlstellung


Autosomal-dominate Form des Gebisses
Pathogenese: Kraniostenie Spalte des harten und weichen Gaumens
und vorzeitiger Schluss der Wachstumsfugen
am Gesichtsschädel
Gesichtsspalten Ätiologie: genetische und nichtgentische Labiale, palatale, velare oder labiopalatale
Ursache (viral, vaskulär, pharmakologisch) Spalte, Kieferspalte, kombinerte
Pathogenese: fehlende Fusion der Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte
korrespondierenden fazialen Prozesse
Franceschetti- oder Ätiologie: genetisch, autosomal-dominant Hypoplasie der Kaumuskulatur,
Treacher-Collins Syndrom der Maxilla und der maxillaren Zähne
Hypoplasie der Mandibula, vor allem des
Mallarknochens, der Ossa temporalia,
der pterygoidalen Apophyse
Labiomaxilläre und velare Spalten,
Makrostomie
Hirnnervenanomalien oft mit
ausgedehnten neurologischen Störungen
Störungen des pharyngo-laryngo-
hyoidalen Muskeltonus
Pierre-Robin- Syndrom
3.4 Fehlbildungen 47

Abb. 3.18 a–d. Verschiedene kindliche Schluckstörungen. Spalte mit KM-Penetration in den Nasopharynx. d 5-jähriges
a Leichte Störung mit fehlender Saug-Schluck-Koordination Kind mit restlicher Schuckstörung vor einer funktionellen
(verspätete Triggerung bei erhaltenem pharyngealen Schuck- Therapie (postdeglutitive Aspiration bei insuffizienter Ent-
akt). b Fehlender Nasopharanxabschluss, massive verspä- leerung des Pharynx durch inkomplette Öffnung des oberen
tete Triggerung des Schluckreflexes. c Lippen-Kiefer-Gaumen- Ösophagussphinkters)

kann, ist die Erkennung des Schweregrades einer Lebensalter nichttherapierbaren Störung und somit
Malformation oder angeborenen Innervationsstö- der Verzicht auf eine orale Ernährung ist für die
rung in den oberen Speisewegen von entscheiden- Lebensqualität des Kindes und der Eltern wichtig
der Bedeutung. Auch die Diagnose einer in diesem (Abb. 3.18 d, Tabelle 3.4).
48 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Tabelle 3.2. Beurteilungskriterien der Schluckstudie bei Säug- Tabelle 3.3. Dysphagie bei Säuglingen und Kindern
lingen und Kindern
Kleinere Störungen Festkörperdysphagie
Neugeborene Funktion der Mundhöhle Orale Abwehr
und Säuglinge mit Saugreflex
Angst vor Aspiration/Verschlucken
Funktion der pharyngealen Phase
Anatomische Varianten Lippen-Kiefer- Gestörter nasopharyngealer
Gastroösophageler Reflux Gaumen-Spalten Abschluss
Gestörte Reifung
Kleinkinder/Kinder Angst nach Erstickungsepisoden der Schlucktriggerung
Reifung des Triggers für
verschiedene Boluskonsistenzen Schwere Störungen, Aspiration
z. T. mit Aspiration Kein Speichelschluck
Oro-pharyngo-ösophageale
Interaktionen Keine orale Boluspropulsion
Velumfunktion beim Sprechen

Jugendliche Narbenbildung
nach maxillofazialer Chirurgie

Tabelle 3.4. Therapien der Schluckstörung bei Säuglingen und


Kindern

Neugeborene, Pörnbacher-Therapie
Säuglinge Castillo-Morales-Therapie
Therapie für die Mundhöhle
Antirefluxtherapie
Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten:
vorläufiger operativer Verschluss
Oder: keine Therapie

Kleinkinder/Kinder Überwindung der Angst/


Verhaltenstherapie
Reflexstimulation für verschiedene
Konstistenzen
Ösophageale Therapie,
myofunktionelle Therapie
Direkte oder indirekte Stimulation
(logopädisch)
Rheologische Anpassung
der Nahrung

Jugendliche Funktionelle Therapie bei Lippen-


Kiefer-Gaumen-Spalten
Definitiver operativer Verschluss
von Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten Abb. 3.19. Kindliche Anatomie. Ein kurzer Abstand zwischen
Mundhöhle und Aditus laryngis, weite Valleculae und ein lan-
Erwachsenentherapie (Münchner ges Velum erlauben ein 3-maliges Saugen zum Auffüllen der
funktionelle Therapie, Bobart-, Valleculae. Hier Korrektur des verkürzten Velums durch eine
Voita-, Key-Coombs-Therapie) Velopexie

Normalbefund 3-maliges Saugen die von den großen Valleculae und


Im Vergleich zum Erwachsenen ist der Abstand zwi- dem langen Velum gebilderte „Kammer“ aufgefüllt.
schen der Mundhöhle und dem stumpfwinklig abge- Während dieser Zeit ist die Nasenatmung weiter
henden Velum beim Neugeborenen deutlich kleiner möglich. Nach dem 3. Saugmanöver wird sie unter-
(Abb. 3.19). Aufgrund dieser unterschiedlichen ana- brochen, und es erfolgt die Triggerung des Schluck-
tomischen Verhältnisse im Pharynx wird durch ein reflexes (Abb. 3.20 a–d).
3.4 Fehlbildungen 49

Abb. 3.20 a–d. Neugeborenes im


„succle feeding“. Im Regelfall folgt auf
3 Saugepisoden, welche die Valleculae
auffüllen, ein Schluckakt. a Beginn des
pharyngealen Schuckaktes mit patho-
logischer Anspülung des Aditus laryn-
gis. b Pharynxpassage. c Passage
durch den oberen Ösophagussphink-
ter. d Wiedereröffnung des Pharynx
postdeglutitiv

Leichte Störungen „Common-cavity-Syndrom“ (Abb. 3.22) ließ wegen


Leichte Störungen bestehen in Beschwerden, welche der Beteiligung der pharyngealen Phase keine Thera-
vorwiegend durch eine Angst vor fester Nahrung im piemöglichkeit zu. Es wurde somit eine ausschließ-
Mund oder durch eine vorausgegangene Verschluck- lich parenterale Ernährung bei dem Kind begonnen
episode begründet sind. und durch diese Entscheidung auch die Lebens-
Hierbei ist es wichtig, dem Kind die Beschwerden qualität der gesamten Familie gebessert. In Zukunft
verursachende Konsistenz erst nach einer gut zu soll eine Diversifizierung der Schluck- und Atemwe-
schluckenden Präparation anzubieten. ge bei abgeschlossenem Größenwachstum überlegt
Nervale umschriebene Defizite oder die Reifungs- werden.
störung des Schluckreflextriggers stellen seltenere,
auch frühzeitig gut zu behandelnde Störungen dar. Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten
Eine alleinige Störung der oralen Phase bei er- Die soziale Stigmatisierung durch eine Lippen-Kie-
haltenem pharyngealem Schluckakt, wie bei einer fer-Gaumen-Spalte wird durch das äußere ästheti-
leichten perinatalen Ischämie, kann suffizient durch schen Bild, die Palatorhinolaly und die nasale Bolus-
eine Castillo-Morales-Therapie behandelt werden penetration während des Schluckaktes verursacht.
(Abb. 3.21 a–f). Die beiden letzteren Symptome werden zum einen
durch die Verkürzung und durch die funktionelle
Schwere Störungen Einschränkung des weichen Gaumens und zum an-
Die schweren Störungen sind zum Glück recht selten, deren durch die posttherapeutischen Narben nach
da diese Kinder in der Regel aufgrund der gleichzei- Spaltenverschluss hervorgerufen. Beide Effekte kön-
tig oft multiplen Malformationen kaum lebensfähig nen zu einer velopharyngealen Insuffizienz mit den
sind. oben genannten Komplikationen führen. Daher soll-
Als Beispiel ein 5 Jahre altes Kind mit einer te die Analyse des individuellen velopharyngealen
zerebralen Dysgenesie: Das Kind musste seit seiner Verschlussmechanismus vor und nach der Operation
Geburt 15-minutig abgesaugt werden. Die fehlende erfolgen (Hess et al. 1994).
Gaumenbeweglichkeit führt zu einem fehlenden Die frühzeitige Anwendung von Okklusionspro-
Druckaufbau im Pharynx. Ferner besteht weder ein thesen oder einer chirurgischen Okklusion kann die
suffizienter Pharynxabschluss noch eine zeitgerechte Maturation des Triggers vom infantilen zum adulten
Öffnung des oberen Ösophagussphinkters. Das Typ unterstützen. Der pharyngeal ausgelöste Säug-
50 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.21 a–f. Fünf Monate alter


Säugling mit einer Gedeihstörung
aufgrund einer Störung der oralen
Motorik. a Der Sauger kann nicht aus-
gepresst werden. b Erst nach Einfüh-
ren einer Sonde in den Oropharynx
gelangt ein Bolus in den Pharynx.
c Ein Schluckreflex kann erst nach
Überlauf in das quarternäre Areal
des Aditus laryngis ausgelöst werden.
Der Bolus wird in der Pharynx zu-
rückbefördert (d) und dann suffizient
durch den oberen Ösophagussphink-
ter entleert (e). f Nach Abschluss des
Schluckreflexes nur noch geringe
Retention in den Valleculae

lingsschluckakt ist bei Kleinkindern aufgrund der Im Allgemeinen können 4 Typen von velopharyn-
angepassten Anatomie gefahrlos möglich. Das Kauen gealen Verschlussmechanismen unterschieden wer-
erleichtert die Entwicklung des oral gesteuerten den:
Schluckaktes. Taktile Stimulationen sind nützlich für
∑ sagittal,
diesen Prozess.
∑ koronar,
∑ zirkulär,
∑ zirkulär mit dem Passavant-Wulst.
3.4 Fehlbildungen 51

3.4.2
Ösophageale Malformationen
Fehlbildungen des Ösophagus spielen radiologisch
heute keine sehr bedeutende Rolle mehr, da sie meis-
tens klinisch im frühesten Säuglingsalter erkannt
und dann frühzeitig therapiert werden. Dies gilt
insbesondere für die Ösophagusatresien und die
verschiedenen Formen der Ösophagusduplikaturen
(Abb. 3.23 a–d, Abb. 3.24 a, b).

Ösophagusatresien
Die Atresien werden in der Klassifikation von Vogt
nach der Präsenz oder Lokalisation einer ösophago-
trachealen Fistel eingeteilt. Die Entstehung einer
Atresie wird durch eine Entwicklungsstörung im
2. bis maximal 3. Embryonalmonat verursacht.
Die Atresien werden in folgende verschiedene Ty-
pen unterteilt
∑ Typ 1: Die Mehrzahl der Atresien sind in Höhe
der Bifurkation und etwas darüber lokalisiert und
Abb. 3.22. Säugling, 14 Monate, mit so genanntem „Common- weisen eine ösophagotracheale Fistel auf. In 90%
cavity-Syndrom“. Es besteht kein Nasopharynxabschluss we-
gen eines atonischen Velums. Ein Schluckreflex kann nicht aus- endet der kraniale ösophageale Stumpf blind,
gelöst werden. Es besteht keine Öffnung des oberen Ösopha- während der kaudale Ösophagusanteil sich in den
gussphinkters. Das Kontrastmittel wird primär in den Aditus membranösen Anteil der Trachea eröffnet.
laryngis befördert und von dort aspiriert ∑ Typ 2: Selten mündet der kaudale Anteil in einen
der beiden Hauptbronchen. In anderen Fällen
besteht eine Einmündung des kranialen Anteils
Die diagnostischen Methoden sind die laterale Auf-
des Ösophagus in die Trachea oder eine Verbin-
nahme des Schädels, ein Orthopantomogramm, die
dung zwischen beiden Ösophagusknospen und
Videofluoroskopie, die 64-Schicht-Multislice-CT und
der Trachea.
die dynamische MRT.
∑ Typ 3: Hier besteht eine einfache ösophagotrache-
Da die Strahlenbelastung sehr kritisch ist, dürfte
ale Fistel bei durchgehendem Ösophaguslumen,
die MRT die Methode der Zukunft sein. Dies ist ins-
tritt deutlich seltener auf.
besondere bedeutend, da verschiedene Tests in unter-
schiedlichen Ebenen durchgeführt werden müssen. Inkomplette Formen der Atresie, bei welchen die
Neben der regulären postero-anterioren und der kaudale und die kraniale Ösophagusknospe etwas
lateralen Ebene ist es wichtig, die Patienten vor allem versetzt aufeinander treffen, stellen primär keinen
postoperativ in der vertikomentalen Ebene zu unter- auffälligen Befund im Säuglings- und Kindesalter
suchen. Nur hierdurch können die Relativbewegun- dar. Erst nach zusätzlichen Erkrankungen, wie z. B.
gen des Velums, oft unterstützt durch den Zungen- einer Refluxerkrankung, weisen diese Patienten im
grund in Kombination mit dem Abschluss durch die Erwachsenenalter eine relevante Symptomatik auf.
Dorsal- und Lateralwände des Pharynx, erkannt wer- Abbildung 3.25 zeigt ein Beispiel dieser inkompletten
den. Atresieform, welche erst bei gleichzeitiger weiterer
Erkrankung als Zufallsbefund aufgedeckt wurde.
Merke !Die genaue Analyse der Velummoti-
lität und der Schluckaktes erlaubt die
Nach einer Ösophaguskorrekturoperation treten
Schluckstörungen fast regelhaft auf (Schima et al.
Planung eines individuellen Therapieplanes: die ein- u. Eisenhuber 2004). Die hierbei am häufigsten
fache Augmentation der Pharynxrückwand (Hynes) beobachtete postoperative Dysphagie ist durch post-
oder die kompliziertere Velopharyngoplastik (San- therapeutische Strikturen bedingt. Daneben sind
venero-Rosselli). ösophageale Motilitätsstörungen häufig zu beobach-
ten. Das Fehlen einer schluckgetriggerten primären
Die posttherapeutische Beurteilung der Velumbe- Peristaltik ist häufig, und die sekundäre Peristaltik
weglichkeit hilft zu entscheiden, ob eine Reoperation weist eine geringere Amplitude als bei gesunden
oder nur eine konservative Rehabilitation die Be- Kindern auf.
handlung vervollständigen kann.
52 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.23 a–d. Ösophageale Atresie


mit ösophagotrachealer Fistel.
a Häufigste Form (90%).
b, c Seltenere Formen.
d Ösophagotracheale Fistel ohne
Atresie

Webs und Stenosen Im Gegensatz zu den frühzeitigen Hiatushernien


Membranöse Stenosen, so genannte Webs, sind eine besteht beim kongenitalen Brachyösophagus für
seltene, häufiger beim weiblichen Geschlecht zu be- den thorakalen Magenanteil eine aus der thorakalen
obachtende Anomalie. Sie bestehen aus Mukosa und Aorta stammenden Gefäßversorgung und ein Fehlen
Stroma und liegen vor allem im kranialen Ösopha- der peritonealen Umscheidung des bereits embryo-
gus. nal nach intrathorakal verlagerten Magenanteils.
Auch für die zirkulären Stenosen, welche ver- Daher ist bei der kongenitalen Form des Brachi-
mehrt im distalen Ösophagus angetroffen werden, ösophagus der hernierte Magen nicht in den Abdo-
wird eine kongenitale Genese diskutiert. minalraum reponierbar.
Die Dysphagie ist hier das führende Symptom, da
Brachyösophagus diese Form häufig zu einer GERD („gastroesophage-
al reflux disease“) führt. Zu differenzieren ist die
왔 Ein Brachyösophagus besteht in ei- kongenitale Form auch von dem sekundär erworbe-
Definition
nem insuffizienten Längenwachstum nen Brachiösophagus, bei welchem die Verkürzung
des Ösophagus, welches notwendigerweise mit ei- durch die säurebedingte Sklerosierung im Ösopha-
nem intrathorakal gelegenen, durch das Zwerchfell gus bedingt ist.
hernierten Magenanteil einhergeht.
3.4 Fehlbildungen 53

Abb. 3.24 a, b. Atresie Vogt III b bei


Neugeborenem mit guter Darstellung
des kranialen Bildsacks und nach-
folgender Auffüllung der Trachea.
(Freundliche Überlassung durch
Dr. B. Kammer, München)

Sie liegt häufig im linksseitigen basalen Thoraxan-


teil. Meist endet die Zyste beidseits blind. Nur selten
weist sie eine Verbindung zum kranialen Drittel des
Ösophagus auf. Der kaudale Pol ist am Hiatus fixiert.
Die Mukosa der Zyste kann sowohl ösophagealen als
auch gastralen, interstinalen oder sogar bronchialen
Ursprungs sein. Sehr selten findet sich Neuroglia, was
auf eine Beteiligung der Notochorda als Ursache der
Entwicklungsstörung hinweist. In diesem Fall besteht
häufig eine assoziierte Spina bifida oder eine Hemis-
pondylie. Außerdem wurde eine gleichzeitig ange-
troffene Dysgenesie eines oder beider Unterarme be-
schrieben.
Ferner können bei den Duplikaturen häufig gleich-
zeitig Malformationen des Darms, vor allem Steno-
sen und Atresien des Dünndarms, beobachtet wer-
den.
Diese Duplikaturzysten können bereits bei der Ge-
burt recht groß sein und somit eine Dyspnoe durch
die Kompression der linken Lunge und eine Verlage-
Abb. 3.25. 43-jährige Patientin mit Dysphagie und einem rung des Herzens nach rechts thorakal verursachen.
Zufallsbefund einer inkompletten Atresie
Sie sind differenzialdiagnostisch von den entero-
genen Zysten des Mediastinums, welche ebenso aus
einer Duplikatur des Intestinum primitivum hervor-
gehen, abzugrenzen.
Ösophageale Duplikaturen
Vaskuläre Ringe
왔 Die Ösophagusduplikatur besteht in Die pathogenetische Bedeutung von vaskulären Rin-
Definition
einer ovalen oder länglichen Zyste, gen oder von aberrierenden Gefäßen als Ursache
welche zusammen mit dem Ösophagus durch eine eine Dysphagie hängt vom Grad der anatomischen
gemeinsame Umkleidung mit mediastinalen Pleura Veränderung ab. In der Regel führen Anomalien, bei
umscheidet ist. welchen ein Ring um Trachea und Ösophagus durch
54 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

aberrierende Gefäße und/oder das Lig. arteriosum


besteht, bereits bei der Geburt zu einer Symptomatik.
Bei den Neugeborenen stehen durch die Kompres-
sion der Trachea respiratorische Beschwerden mit
Stridor, Atemnot und gelegentlichen zyanotischen
Anfällen beim Stillen im Vordergrund. Bei einer
starken Kompression von Trachea und Ösophagus
nehmen diese Neugeborenen eine Hyperextensions-
haltung des Kopfes zur Verbesserung der Atmung ein
(Levine 1989).
Während bei Neugeborenen die respiratorische
Störung im Vordergrund steht, besteht bei Klein-
kindern >2 Jahren vorwiegend eine ösophageale
Symptomatik mit Dysphagie, Schwierigkeiten beim
Füttern und/oder rezidivierenden Aspirationen.
Da eine aberrierende rechte A. subclavia allein
keinen vollständigen Ring verursacht, bestehen hier-
bei nur selten Schluckstörungen. Gelegentlich kann
jedoch eine Elongation der ringartigen Struktur zu-
sammen mit einer Hypertonie und einer Arterioskle-
rose bei Älteren das Auftreten einer Dysphagie erklä-
ren.
Die radiologische Diagnostik besteht in einer Brei-
schluckuntersuchung, wobei insbesondere Änderun-
gen der physiologischen Engen und Stenosen des
Ösophagus erkennbar sind.
Abb. 3.26. Direkt unter dem oberen Ösophagussphinkter fin-
det sich eine nach einer Bougierung aufgetretene Perforation
nach lateral links
3.5
Traumatische Veränderungen
Wie oben erwähnt, sind endoskopische Maßnah-
3.5.1 men verantwortlich für 75–80% aller ösophagealen
Ösophagusperforation Perforationen. Sie treten etwa in 1/1000 Patienten auf,
welche sich einer Endoskopie unterziehen. Dies gilt
Die Ösophagusperforation ist die schwerwiegendste allerdings erst seit Anwendung der modernen, flexi-
und am schnellsten zum Tode führende gastrointes- blen Fiberglas- bzw. Videooptiken.
tinale Perforation. Unbehandelte Perforationen des Die meisten endoskopischen Perforationen ereig-
thorakalen Ösophagus haben eine Mortalitätsrate nen sich an der Hinterwand des zervikalen Ösopha-
von etwa 50%, da eine fulminante Mediastinitis nach gus nahe des oberen Ösophagusspinkters. Dieses
der Ösophagusruptur bereits zum Tode führen kann. Areal ist besonders vulnerabel für Perforationen, da
Perforationen des zervikalen Ösophagus kommen das Endoskop an dieser Stelle gegen die zervikale
häufiger vor, sind aber etwas gutartiger in ihrem Ver- Wirbelsäule komprimiert wird. Die Gegenwart von
lauf. pharyngealen Divertikeln, eine betonte zervikale
Lordose oder große Osteophyten vergrößern das
Merke ! Die meisten traumatischen Verände-
rungen der Speiseröhre sind heute
Risiko dieser Perforation.
Perforationen des distalen Ösophagus ereignen
iatrogener Genese, d. h. in den meisten Fällen Per- sich meistens im Bereich oder nahe der gastroöso-
forationen oder Schleimhautdissektionen im Rah- phagealen Verbindungsregion, sofern nicht ander-
men der Endoskopie bzw. im Rahmen von Dilata- weitige Strikturen vorliegen. In sehr seltenen Fällen
tionsbehandlungen. kommt es auch im Rahmen von pneumatischen
Dilatationen (Ballondilatation) oder durch das Legen
In Abb. 3.26 wurde im Rahmen einer Dilatationsbe- von nasogastralen oder endotrachealen Sonden zu
handlung einer Hypopharynxstenose eine Dissek- solchen Komplikationen.
tion mit via falsa erzeugt, die erst mittels Nahrungs- Klinisch bestehen sowohl bei der zervikalen als
karenz und gezielter Kathetereinlage im Laufe von auch bei der thorakalen Ösophagusperforation
3 Wochen zur Abheilung gebracht werden konnte. meistens erhebliche Beschwerden mit Dysphagie,
3.5 Traumatische Veränderungen 55

den Perforationen häufiger nach Laugenverätzungen


beobachtet.

Merke !Die meisten Fremdkörpereinspießun-


gen ereignen sich in Höhe des oberen
Ösophagussphinkters.

Die Prävalenz für eine Karzinomentwicklung bei


Laugenverätzungen liegt in der Literatur zwischen
2 und 16%. Die Karzinome bei diesen Strukturen
treten häufig mit einer Latenzzeit zwischen 40 und
45 Jahren auf und haben eine im Vergleich zu Karzi-
nomen anderer Genese bessere Fünfjahresüber-
lebensrate von 8–33%. Dies wird zum einen auf
die häufigeren endoskopischen Kontrollen zurück-
geführt, zum anderen ist das Tumorgewebe durch
dichtes Narbengewebe umgeben, welches die frühe
Invasion nach mediastinal zumindest verzögert.

3.5.3
Boerhaave-Syndrom

Abb. 3.27. In der CT großer, den Oropharynx massiv verdrän- Die meisten Fälle von Boerhaave-Syndrom ereignen
gender parapharyngealer Abszess. Die dorsalen Weichteile sich nach fulminantem Erbrechen bei Zustand nach
werden links massiv durch den Abszess, welcher die typische
hyperperfundierte Kapsel aufweist, nach ventral verdrängt reichlich Nahrungs- und Alkoholgenuss.
und der Pharynx hierduch massiv deformiert Durch die plötzliche Druckerhöhung im intralu-
minalen Ösophagus kommt es zu einer transmuralen
Perforation des normalen ösophagealen Gewebes mit
Gefahr der Mediastinitis, Sepsis und Schock.
Nackenschmerzen und Fieber. Häufig zeigt sich kli- Die spontanen Ösophagusperforationen treten ge-
nisch ein subkutanes Emphysem am Nacken und im wöhnlich 1–4 cm oberhalb des ösophagogastrischen
Schulterbereich. Übergangs auf, sind vertikal orientiert und ziehen
Mit einer Gesamtmortalitätsrate von <15% haben meistens nach links posterolateral.
die zervikalen Perforationen eine erheblich bessere Als schnell durchzuführendes Screening insbe-
Prognose als die distalen Ösophagusperforationen, sondere bei der Fragestellung nach zervikaler Im-
da sie häufig konservativ mit Drainage, antibioti- paktation bzw. Perforation hat sich die laterale und
scher Therapie und Nahrungskarenz behandelt wer- anterior-posteriore Übersichtsaufnahme des Halses in
den können. Weichteiltechnik bewährt. Hier sind häufig die Kno-
chenstrukturen oder auch Luft- und Flüssigkeitsein-
schlüsse bzw. eine Verbreiterung (ein Ödem) der
3.5.2 prävertebralen Halsweichteile erkennbar. Häufig ist
Fremdkörper es allerdings schwierig, kleine Knochenpartikel vom
kalzifizierten Schild- oder Ringknorpel zu differen-
Die meisten Fremdkörperperforationen bei Erwach- zieren.
senen werden durch impaktierte Tier- oder Fisch- Im Gegensatz zu den zervikalen Impaktationen
knochen im Hypopharynx meistens prävertebral sind die distalen Impaktationen häufig bedingt
und in Höhe des oberen Sphinkters vorgefunden durch z. B. einen refluxinduzierten Schatzki-Ring
(Hannig 1995). Hier besteht die Gefahr eines Retro- oder durch eine Hiatushernie mit Schatzki-Ring oder
pharyngealabszesses (Abb. 3.27). In sehr seltenen andere Engen der distalen Speiseröhre wie z. B.
Fällen können lang anhaltende Fremdkörperimpak- peptische Stenosen. Es ist daher notwendig, z. B. nach
tationen im Bereich des thorakalen oder distalen der endoskopischen Entfernung des Bolus, nicht nur
Ösophagus zu einer transmuralen Entzündung und zum Ausschluss einer Perforation sondern auch zur
Drucknekrose der Ösophaguswand mit konsekutiver Klärung der eventuellen Ursache der Impaktation
Ruptur führen. Im Fall von Säure- oder Laugen- eine weitere Röntgenuntersuchung des Schluckaktes
ingestionen, sei es akzidentiell oder suizidal, wer- durchzuführen (Abb. 3.28 a, b).
56 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

depine noch vor der endoskopischen Intervention


bewährt (Hannig 1995).

Merke ! Patienten mit stattgehabter Impakta-


tion müssen immer radiologisch
nachuntersucht werden. Bei Verdacht auf eine akute
Ösophagusperforation hat diese Röntgenuntersu-
chung mit wasserlöslichem, möglichst isoosmolarem
Kontrastmittel zu erfolgen.

3.6
Entzündliche Erkrankungen

Die häufigste Ursache für entzündliche Veränderun-


gen an Pharynx und Speiseröhre ist die gastroöso-
phageale Refluxerkrankung (GERD).
Als klinische Indikatoren für einen möglicherwei-
se bestehenden gastroösophagealen Reflux sind der
Globus pharyngis mit annähernd 65% und das Sod-
brennen mit etwa 50% Inzidenz die häufigsten
Symptome (Hannig 1995).
Bei Verdacht auf gastroösophageale Refluxerkran-
kung sind Endoskopie, Langzeit- (24-Stunden-) pH-
Metrie, der Bilitec-Test oder die Refluxaspiration ge-
eignete gastroenterologische Verfahren. Die radiolo-
gische Untersuchung insbesondere auch die Motili-
tätsuntersuchung der Speiseröhre inklusive der
Doppelkontrastuntersuchung sind nicht konkurrie-
rende sondern sich gegenseitig ergänzende Verfah-
ren (Hannig 1995). Eine weitere neue Methode zur
Quantifizierung des Massenrefluxes unabhängig
vom pH-Wert und dem Gallensäurengehalt ist die
Impedanzmessung. Kombinierte Verfahren wie die
Radiomanometrie sind wegen der relativ großen kra-
niokaudalen Verschiebung in der Region des oberen
Ösophagussphinkters unumgänglich bei Funktions-
störungen in diesem Bereich. Für die Funktionsana-
lyse des ösophagogastralen Übergangs kann wegen
der intragastralen Druckerhöhung auf eine Röntgen-
kontrolle während der Manometrie verzichtet wer-
Abb. 3.28 a, b. Impaktation im Übergang vom kranialen zum den, wegen der Verschieblichkeit der Kardiaregion ist
mittleren Drittel des Ösophagus mit vollständiger Verlegung sie jedoch ebenfalls zur topographischen Zuordnung
des Lumens (so genanntes „Steakhouse-Syndrome“) und end- sehr wertvoll.
oskopisches Bild des impaktierten Fleischbolus

3.6.1
Refluxösophagitis

Die Entstehung einer Refluxösophagitis ist ein multi-


faktorieller Prozess. Er ist zum einen abhängig von
Im Fall einer Impaktation wegen Kardiospasmus der Frequenz und Dauer der Refluxereignisse sowie
bzw. im Rahmen einer diffusen Motilitätsstörung der des Refluxvolumens und der aggressiven Potenz des
Speiseröhre, wie z. B. einer Achalasie oder auch eines refluierenden Materials zum anderen vom intrinsi-
diffusen Spasmus, hat sich bei uns gelegentlich die schen Widerstand der ösophagealen Mukosa (Dodds
probatorische Gabe von Glukagon bzw. von Nifi- 1988).
3.6 Entzündliche Erkrankungen 57

Abb. 3.29. Klaffende Kardia bei Refluxerkrankung ohne Zei- Abb. 3.30 a, b. Sklerodermie: „tube esophagus“, ein früher Or-
chen einer Ösophagitis ganbefall der Speiseröhre mit Amotilität im Bereich der glatten
Muskulatur

Generell kommt es zum gastroösophagealen Re- bioptisch nachgewiesenen Barrett-Ösophagus auf-


flux, wenn der Druck am unteren Ösophagussphink- wiesen.
ter pathologisch vermindert ist oder fehlt (Abb. 3.29). Da der Barrett-Ösophagus (s. unten) ebenfalls
Dies ist z. B. häufig bei Kollagenosen anzutreffen. zur Entwicklung eines Adenokarzinoms der Speise-
Der obere Ösophagussphinkter hat dann die Auf- röhre prädisponiert, haben Patienten mit Sklero-
gabe, das refluierende Material vor einem Eindringen dermie auch ein erhöhtes Risiko zur Karzinoment-
in den Pharynx und den Larynx und evtl. einer Aspi- wicklung.
ration zu bewahren. Eine alternative Methode besteht in der Ösopha-
gusfunktionsszintigraphie, welche bei relativ geringer
Merke ! Da die Dauer der Exposition mit dem
refluierenden Agens auf die Schleim-
Strahlenbelastung eine langzeitige Beobachtung
und eine Quantifizierung des ösophagealen peristal-
haut entscheidend für die Entstehung einer Reflux- tischen Transports erlaubt (Katschinski et al. 2002;
ösophagitis ist, ist unbedingt auf die Reinigungs- Abb. 3.31).
funktion, das h. h. auf peristaltische Störungen bzw. Gelegentlich kann zur Diagnosestellung bzw. zur
eine abnormale Motilität der Speiseröhre bereits bei ätiologischen Klärung einer Refluxösophagitis bei
der Screening-Röntgenuntersuchung mit zu achten. negativer pH-Metrie auch eine Refluataspiration
notwendig werden, da auch ein alkalischer oder ein
So führt z. B. die Störung der „Ösophagusreinigungs- neutraler Reflux auftreten kann, der dann allerdings
funktion“ beim ösophagealen Befall bei Sklero- meist erhöhte Konzentrationen von Gallensekret
dermie zu einer schweren Ösophagitis, da die klä- oder von Pankreassekret enthält. Eine neue Methode
rende Peristaltik bei diesem Krankheitsbild ausfällt ist die oben genannte Impedanzmessung, die gleich-
(Abb. 3.30 a, b). zeitig mit einer pH-Metrie oder einer Manometrie
Eine Studie von Recht et al. (1988) ergab, dass 37% den Volumenreflux messen kann.
der Patienten mit Sklerodermie mit symptomati- Wir fanden bei über 60% unserer Patienten mit
scher Refluxproblematik in der Endoskopie einen gastroösophagealer Refluxerkrankung und teilweise
58 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.31. Ösophagusszintigraphie. 1 Beispiel für einen Nor- Testspeise im oberen bis mittleren Ösophagusdrittel. Die ra-
malbefund in der Ösophagusfunktionsszintigraphie (Darstel- dioaktiv markierte Testspeise kann in diesen Abschnitten bis
lung der Ösophaguspassage als so genanntes „kondensiertes zum nächsten Schluckakt nicht geklärt werden, wohingegen
Bild“, wobei bildliche Darstellung und quantitative Auswer- der Speisetransport in den distalen Ösophagusabschnitten
tung durch eine „region of interest“ (ROI) auf den tubulären (glatte Muskulatur!) nahezu ungestört abläuft. Im Mittel wer-
Ösophagus beschränkt sind). In der Y-Richtung zeigt das Bild den pro Schluck innerhalb von 12 s nur etwa 50% der Test-
die räumliche Aktivitätsverteilung im Ösophagus, die X-Rich- speise entleert. b Gleicher Patient wie unter a beschrieben:
tung repräsentiert den zeitlichen Untersuchungsverlauf (t = Wiederholung der Untersuchung kurz nach i. v.-Injektion von
240 s). Um einen validen Eindruck der Ösophaguspassage zu Tensilon. Durch die Hemmung der Cholinesterase wird die
erhalten, werden standardmäßig 6 Schluckaktionen im 30 s- quergestreifte Muskulatur gekräftigt, sodass die Testspeise fast
Abstand ausgeführt (Testspeise: mit 99mTc-Zinnkolloid mar- vollständig aus dem Ösophagus entleert werden kann. Im Mit-
kierter, semisolider Babybrei, pro Schluck etwa 10 g). Visuell tel werden nach Tensilon innerhalb von 12 s etwa 80% der
zeigt sich nach jeder der 6 Schluckaktionen eine rasche Passa- Testspeise pro Schluck entleert. 3 Charakteristisches Befund-
ge der Testspeise durch den gesamten Ösophagus (Passagezeit muster bei einer Störung im glattmuskulären distalen Ösopha-
<10 s). Bis zur nachfolgenden Schluckaktion ist der Ösophagus gussegment, in diesem Beispiel bei einer 57-jährigen Patientin
nahezu vollständig von Aktivität geklärt. Normalerweise soll- mit progressiver, systemischer Sklerodermie. Die Passage
ten innerhalb von 12 s nach Beginn des Schluckaktes mehr als durch den proximalen Organabschnitt (quergestreifte Musku-
85% der Testspeise entleert werden (im Beispiel 93%). 2 Cha- latur!) ist regelrecht. Durch die Beteiligung der glatten Musku-
rakteristisches Befundmuster bei einer Störung der querge- latur kommt es dann zu einer typischen Retention oder Kumu-
streiften Muskulatur in den proximalen Ösophagusabschnit- lation der Testspeise in den distalen Ösophagusabschnitten. In
ten, z. B. im Rahmen einer Myositis oder Myasthenie. Im Bei- diesem Fall war im Untersuchungszeitraum keine Entleerung
spiel handelt es sich um einen 67-jährigen Patienten mit einer der Testspeise in den Magen nachweisbar. (Mit freundlicher
okulopharyngealen Myasthenia gravis: a In der Ausgangsun- Genehmigung von R. Linke und K. Tatsch, Klinik und Polikli-
tersuchung zeigt sich entsprechend der Störung der querge- nik für Nuklearmedizin, Klinikum der Universität München)
streiften, proximalen Ösophagusabschnitte eine Retention der

auch behandelter Ösophagitis eine Hiatushernie seröhrenverkürzung werden die ligamentären Struk-
(Abb. 3.32 a, b). Es wurde allerdings postuliert, dass turen des gastroösophagealen Übergangs transhiatal
eine Hiatushernie kein sicherer Indikator für eine nach intrathorakal gezogen.
Refluxerkrankung ist. Möglicherweise kommt es im Der Grad der Refluxerkrankung korreliert nicht
Rahmen einer chronischen Refluxerkrankung und immer mit dem Schweregrad und der Charakteristik
einer chronischen Ösophagitis zu einer axialen der klinischen Symptome. Atypische Symptome, wie
Schrumpfung der Speiseröhre, und durch diese Spei- z. B. retrosternaler Druck im Rahmen einer refluxas-
3.6 Entzündliche Erkrankungen 59

Abb. 3.33. Peptische Stenose im mittleren Ösophagus mit


Doppelkontrast mit typischer Sanduhrform

Eine weitere Manifestation der Refluxösophagitis


kann die so genannte Laryngitis posterior sein. Sie
entsteht durch die meist nächtliche Aspiration von
Säure in den Larynx, wobei üblicherweise Reizungen
der Arythenoidalknorpel erkennbar sind. Die Laryn-
gitis posterior ist häufig auch Mitursache einer
spasmodischen Dysphonie oder eines nichtallergisch
bedingten Asthmas („reflux induced asthma“).
In unserem Krankengut fanden wir bei annähernd
60% der Patienten mit GERD Dysfunktionen am
oberen Ösophagussphinkter. Diese führten häufig zu
dem oben erwähnten Globusgefühl. Diese Missemp-
Abb. 3.32. a Hiatushernie mit dem für die hernierte Magen-
findung dürfte durch die atypischen Strömungsphä-
schleimhaut typischen Dreifaltenzeichen. b Hiatushernie mit nomene wegen einer verzögerten Öffnung oder ei-
klaffender Kardia und deutlich kontrastgefülltem Herniensack nem vorzeitigen Schluss des oberen Ösophaguss-
mit Dreifaltenzeichen phinkters verursacht sein.

Radiologisches Vorgehen
soziierten Spastik, können einen Herzinfarkt vortäu- Grundsätzlich ist eine Doppelkontrastuntersuchung
schen, oder es können Symptome wie z. . Schmerzen mit Bariumsulfat mittlerer Dichte und mittlerer Vis-
im rechten oberen Quadranten des Abdomens. kosität durchzuführen. Diese sollte sowohl im Liegen
Die Entwicklung einer peptischen Stenose (Abb. als auch im Stehen erfolgen. Insbesondere muss auch
3.33) verläuft normalerweise langsam progredient die orale und oropharyngeale sowie pharyngoöso-
von einem Globusgefühl über eine Dysphagie bis zu phageale Übergangsregion genau beobachtet werden
einer Festkörperdysphagie. und eventuelle Sekundärveränderungen durch Re-
60 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

flux, wie z. B. Veränderungen am oberen Ösopha- umsulfatsuspension nach Gabe eines Gasbildners mit
gussphinkter, dokumentiert werden. einem Becher mit Strohhalm verabreicht. Der Nach-
Ein spontaner gastroösophagealer Reflux bei Pa- weis einer guten primären propulsiven Peristaltik ist
tienten mit Refluxösophagitis kann nur in 20% der auch Voraussetzung für eine chirurgische Interven-
Fälle während der Untersuchung beobachtet werden. tion bei chronischem Reflux.
Dies liegt in der Tatsache begründet, dass der Reflux Die meisten von uns beobachteten ösophagealen
episodenhaft auftritt und nicht notwendigerweise Transportstörungen bei Refluxösophagitis waren hy-
während der relativ kurzen Untersuchungsphase zu pomotile Motilitätsstörungen, d. h. >80% der Patien-
beobachten sein muss. ten wiesen ein verlängertes Verweilen des Kontrast-
Provokationsmanöver wie Pressen oder der so ge- mittels in der Speiseröhre auf bzw. die propulsive Pe-
nannte „Wasser-Siphon-Test“ haben sich als nicht ristaltik fehlte annähernd vollständig. Erst nach Auf-
sinnvoll zum Refluxnachweis erwiesen, da sie auch richten der Patienten konnte hier eine Entleerung des
bei Gesunden pathologisch ausfallen können. Das Ösophagus beobachtet werden. Diese Patienten sind
einzige „erlaubte“ Manöver ist die Drehung von der z. B. für eine Fundoplikation nicht geeignet.
Rechtsseitenlage auf die Rückenlage. Sollte hier ein Feinere Schleimhautalterationen im Rahmen ei-
Spontanreflux beobachtet werden, hat dies eine ge- ner Refluxösophagitis oder einer Stenose sind häufig
wisse klinische Relevanz (Hannig 1995; Hannig et al. erst im 2. Durchgang der Untersuchung, d. h. in der
1987 a,b). Doppelkontrastphase nach Buscopan-Gabe zu erken-
Die Refluxszintigraphie mit steigender Druck- nen. Die Buscopan-Gabe verbietet sich allerdings
belastung des Abdomens hat heute gegenüber der intitial wegen der sonst verfälschten funktionellen
24-Stunden-Refluxaspiration und der 24-Stunden- Beobachtungsergebnisse.
pH-Metrie an Bedeutung verloren. Die Refluataspira-
tion oder der Bilitec-Test erfassen die alkalischen Re- Motilität bei Reflux
fluxanteile. Die Menge des Refluats kann mit der erst Zwischen 25 und 50% der Patienten mit Refluxöso-
kürzlich entwickelten Impedanzmessung bestimmt phagitis haben eine abnormale Motilität, meist im
werden. Ein weiteres Manöver, nämlich die Aufforde- Sinne einer schwachen oder fehlenden peristalti-
rung zum tiefen Ein- und Ausatmen, ist bei Patienten schen Aktivität, verbunden mit einem vermehrten
mit Reflux sensitiver als die positionellen Manöver Auftreten nichtpropulsiver segmentaler bzw. tertiä-
(A. Wuttge-Hannig in Vorbereitung). rer Kontraktionen. Diese können sich unter einer
Die radiologische Untersuchung hat sich weiterhin adäquaten Therapie wieder normalisieren.
auf die Kardia und auf den Magen zum Ausschluss Gelegentlich sind die ösophageale Aperistaltik
einer pathologischen Magenentleerung oder einer bzw. die nichtpropulsiven segmentalen Kontraktio-
Gastroparese oder auch eine Ptose des Magens zu nen der einzige Befund bei Patienten mit Reflux-
erstrecken. Diese können einen sekundären Reflux erkrankungen. Diese Motilitätsstörungen können
verursachen. Die nuklearmedizinische Magenentlee- durch Zerstörung der neuronalen Auerbach-Plexus
rungsstudie ist eine alternative Technik, welche ins- durch Ausdehnung des inflammatorischen Prozesses
besondere eine Abklärung mit einer physiologisch in die Ösophaguswand entstanden sein.
adaptierten Nahrung erlaubt.
Radiologische Symptomatik
Merke ! Derzeit gilt die intraösophageale 24-
Stunden-pH-Metrie als der sensitivste
Eine Ösophagitis Grad I ist oft schwer darzustellen
und zeigt im Doppelkontrast meist das Bild einer
Test zum Ausschluss und zum Nachweis eines gastro- kleinnodulären bis granulomatösen Mukosaverän-
ösophagealen Refluxes. derung bzw. von Mikroulzerationen als winzige Kon-
trastmitteldepots. Sie wird durch das Ödem und
Dabei ist einschränkend zu erwähnen, dass nur ein die entzündliche Veränderung in der Ösophagus-
saurer Reflux erfasst wird. Die 24-Stunden-Ösopha- schleimhaut hervorgerufen. Frühe Formen der Öso-
gusaspiration ist nur in ausgewählten Zentren ver- phagitis können auch das Bild z. B. einer milden Can-
breitet. didaösophagitis vortäuschen. Selten können eine
Da insbesondere die ösophageale Motilität und so oder mehrere plaqueartige Zonen im Ösophagus
genannte refluxassoziierte Motiltitätsstörungen Hin- gefunden werden, welche durch ein entzündliches
weise auf eine eventuelle Refluxerkrankung geben Exsudat in der Mukosa hervorgerufen werden. Sie
können, muss die Röntgenuntersuchung sowohl im treten typischerweise bei etwas schwereren Öso-
Stehen als auch unbedingt im Liegen, und zwar in phagitiden im distalen Ösophagus auf. Eine einzelne
Rückenlage und in „überdrehter“ Rechtsseitenlage große Pseudomembran kann auch mit einem ober-
mit Einsicht auf die Kardia, durchgeführt werden. flächlichen Karzinom, vor allem einem Barrett-Kar-
Sinnvollerweise wird dem Patienten dabei die Bari- zinom, verwechselt werden. Für eine reine Reflux-
3.6 Entzündliche Erkrankungen 61

Diese Divertikel sind oft rechtwinklig zum ösopha-


gogastralen Übergang angeordnet und werden häu-
fig von einer vermehrt transparenten Zone umgeben.
Letztere wird durch ein umgebendes Ödem verur-
sacht. Hierbei können die ösophagealen Schleim-
hautfalten zum Ulkus hin radial konvergieren. Selten
kann bei longitudinal angeordneten Ulzera ein ge-
schlängelter Verlauf wahrgenommen werden. Bei
Patienten mit einer GERD ist üblicherweise die Trias
einer vorwiegend distalen Schleimhautbeteiligung
bei gleichzeitiger Hiatushernie mit Reflux und einem
anamnestischen Sodbrennen oder Globusgefühl
wegweisend.
Eine Ösophagitis Grad III besteht in einer zirkulä-
ren Arrosion der Schleimhaut, welche vom unteren
Ösophagussphinkter bis weit ins mittlere Ösopha-
gusdrittel reichen kann.
Differenzialdiagnostisch sollte bei einem Befall
auch der kranialen Anteile des Ösophagus an eine
medikamenteninduzierte oder eine Herpesösophagi-
tis gedacht werden.
Eine Refluxösophagitis kann sich auch in einem
solitären Ulkus im distalen Ösophagus nahe des öso-
phagogastrischen Übergangs, einem so genannten
marginalen Ulkus, manifestieren.
In selteneren Fällen findet man auch im frühen
Stadium der Refluxösophagitis verdickte transver-
sale submukosale Falten, die auch als „feline esopha-
gus“ bezeichnet werden, da sie einer Katzenfellmase-
rung ähneln. Diese Falten erscheinen nur als vorü-
bergehendes Phänomen – sie verstreichen sehr
schnell wieder mit der peristaltischen Welle. Auch
longitudinale Falten des Ösophagus können verdickt
sein. Sie werden durch ein submuköses, entzündli-
ches Ödem verursacht. Ab 2–3 mm spricht man hier-
bei von einer pathologischen Verdickung, welche bei
der Boluspassage verstreichen kann. Diese longitudi-
nalen Falten können auch unregelmäßig, diskontinu-
ierlich auftreten und so ein differenzialdiagnosti-
Abb. 3.34. a Im ösophagogastrischen Übergang kleine diverti- sches Problem gegenüber einer Varikose des Ösopha-
kelartige, vertikal abgehende Ulzeration mit nebenbefundlich gus darstellen.
segmentalen Kontraktionen bei GERD. b Endoskopisches Bild
einer Refluxösophagitis Grad II (nach Savary-Miller) mit kon- Die Ösophagitis Grad IV geht mit peptischen Ste-
fluierenden Läsionen. (Mit freundlicher Genehmigung von nosen einher.
J. Reichenberger, II. Medizinische Klinik, Klinikum rechts der Zwischen 10–20% der Patienten mit Refluxöso-
Isar der TU-München) phagitis entwickeln peptische Strikturen, die zu ent-
sprechenden dysphagischen Beschwerden führen
(Abb. 3.35 a, b).
genese sprechen kleinere Satellitenläsionen in der Distale ösophageale Webs wurden ebenfalls als
Umgebung (Levine 1989). Refluxfolge beobachtet (Enterline u. Thompson 1976;
Im nächsten erkennbaren Stadium, der Ösophagi- Abb. 3.36). Es ist normalerweise einfach, sie vom
tis Grad II, finden sich oberflächliche Ulzerationen, Schatzki-Ring zu unterscheiden, da sie weiter
welche meistens im unteren und mittleren Drittel ge- proximal der Kardia liegen. Sie stellen die Differen-
legen sind und nur im Doppelkontrast mit Barium- zialdiagnose zur peptischen Striktur dar (vgl.
Suspension zur Darstellung kommen (Abb. 3.34 a, b). Abb. 3.35 a, b).
62 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.35 a, b. Peptische Stenose mit deutlicher


Vernarbung und Barrett-Ulkus (Pfeil)

Barrett-Ösophagus
왔 Der Barrett-Ösophagus ist meist eine
Definition
Folge der chronischen Refluxerkran-
kung mit progressiver Metaplasie des Plattenepithels
in Zylinderepithel überwiegend im distalen Ösopha-
gus als Folge der Refluxösophagitis.

Der Barrett-Ösophagus hat innerhalb der Patienten


mit chronischem Reflux eine Prävalenz von 10%. Es
gibt allerdings auch kongenitale Barrett-Schleim-
haut-Inseln in der Speiseröhre, die durchaus auch ei-
ne zervikale Lokalisation haben können und ebenso
zur malignen Entartung neigen wie die refluxindu-
zierten Barrett-Inseln (Hannig 1995). Der Barrett-
Ösophagus ist die häufigste Ursache für die später
entstehenden so genannten Barrett-Karzinome oder
auch Barrett-Adenokarzinome. Es gilt hier die so ge-
nannte 10er Regel, d. h.: 10% der Patienten mit chro-
nischem Reflux entwickeln eine Barrett-Metaplasie,
von diesen 10% entwickeln wiederum 10% ein
Barrett-Karzinom, d. h. ein Adenokarzinom auf dem
Boden der Barrett-Mukosa (Hannig 1995; Siewert
Abb. 3.36. Langstreckige peptische Stenose mit multiplen
et al. 1990).
Webs (Membranstenosen) im segmental engen distalen Öso-
phagusabschnitt
3.6 Entzündliche Erkrankungen 63

Abb. 3.37. a Endoskopisches Bild eines Barrett-Ösophagus mit zellen. (Mit freundlicher Genehmigung von J. Reichenberger,
den typischen flammenförmigen, lachsroten Schleimhautarea- II. Medizinische Klinik, Klinikum rechts der Isar der TU-Mün-
len im distalen Ösophagus. b Im histologischen Bild Becher- chen sowie H. Höfler, TU-München)

Der Barrett-Ösophagus entwickelt sich häufig im Aufweitung des Hiatus führt. Adipositas, Schwanger-
Bereich der so genannten Z-Linie, d. h. dem Über- schaft und Lungenemphysem erhöhen den Ruhe-
gangsbereich des Zylinderepithels des Magens zum druck und das Druckgefälle und begünstigen die
Plattenepithel der Ösophagusschleimhaut. Endosko- hiatale Bruchbildung.
pisch zeigt der Ösophagus im Fall einer Barrett-Mu-
kosa eine starke Rötung der Schleimhaut, teilweise Klassifikation
mit roten Schleimhautinseln, die sich zungenförmig In Abb. 3.38 a–d werden die 4 Typen der Hiatusher-
vom gastroösophagealen Übergang nach kranial er- nien vorgestellt.
strecken. Die Endoskopie hat bei Barrett-Ösophagus
eine Sensitivität von über 90% (Abb. 3.37 a, b). 쐍 Axiale Hiatushernie. Die häufigste Hiatushernie ist
Die definitive Diagnose erfolgt auch hier nach his- die axiale oder Gleithernie.
tologischen Kriterien. Trotz der relativ typischen
ösophagealen Strikturen mit den typischen Barrett- 왔 Bei einer Hiatushernie gleitet der öso-
Definition
Ulzerationen, die sehr tief sein können, ist die Öso- phagogastrale Übergang durch den
phagographie nicht die adäquate Methode zum Hiatus in den Mediastinalraum und führt eine trich-
Screening eines Barrett-Ösophagus. Als indirketer terförmige Umbildung des oberen Magenmundes
Hinweis auf eine Barrett-Mukosa kann auch ein reti- herbei.
kuläres Schleimhautmuster in der Doppelkontrastun-
tersuchung gelten. Der Vorgang ist zunächst reversibel und nur in Hori-
zontal- bzw. Oberkörpertieflage sowie bei abdomina-
Hiatushernien lem Überdruck produzierbar. Entsprechend der Grö-
ße dieses Gleitelements bildet sich ein mehr oder
왔 Unter Hiatushernien verstehen wir weniger ausgeprägter Bruchsack (Abb. 3.39 a, b).
Definition
die Verlagerung von Kardia, oberem Die gleitende Kardia kann durch die Störung des
Magenabschnitt und evtl. benachbarten Strukturen physiologischen Ventilelements und der abdomino-
durch den Hiatus oesophageus vom Bauch- in den thorakalen Druckregulation am Mageneingang dann
Brustraum, entsprechend dem physiologischen ab- zum gastroösophagealen Reflux führen, wenn gleich-
dominothorakalem Druckgefälle. zeitig der untere Ösophagussphinkter inkompetent
ist. In der Mehrzahl der Patienten mit Refluxkrank-
Pathogenese heit findet man eine mehr oder minder ausgeprägte
Pathogenetischer Hauptfaktor ist eine mit fortschrei- Hernie.
tendem Alter zunehmende Mesenchymschwäche, Durch perifokale Entzündung und Längsschrump-
welche zu einer Relaxation und Verlängerung des fung des Ösophagus im Rahmen einer Refluxöso-
ligamentären Bandapparates am ösophagogastralen phagitis kann die Kardia in den Mediastinalraum
Übergang sowie zu einer Lockerung mitunter auch hinaufgezogen und immer mehr verankert werden.
64 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.38 a–d. Schemazeichung der


4 verschiedenen Typen einer Hiatus-
hernie. a Axiale Gleithernie, b Fixierte
Hiatushernie. c Mischhernie. d Paraö-
sophageale Hernie

Aus dem fakultativen Gleitbruch ist dann eine fixier- Bild einer Pylorusstenose. Die paraösophageale Hia-
te Hernie (Abb. 3.40) entstanden, sekundärer Brachy- tushernie neigt zur Progression bis zum Vollbild des
ösophagus genannt. Dies geschieht praktisch nur in totalen Thoraxmagens oder auch „upside-down sto-
Zusammenhang mit einer Refluxkrankheit. mach“ genannt (vgl.Abb. 3.41). Hier befindet sich das
ganze Organ in einem großen mediastinalen Bruch-
쐍 Paraösophageale Hiatushernie. In 10% der Hiatus- sack mit der Majorseite als oberer Kontur.
hernien steht nicht die axiale Lockerung der Kardia
im Vordergrund, sondern – bei der paraösophagea-
len Hiatushernie – eine Verlagerung von Fundustei- CAVE ! Im Gegensatz zur meist harmlosen
Gleithernie ist die paraösophageale
len bis zum ganzen Magen neben dem Ösophagus in Hernie wegen der potenziellen Komplikation eines
den Mediastinalraum (Abb. 3.41). Magenvolvulus gefährlich, auch im asymptomati-
Bruchbildung und Torsion vollziehen sich nach schen Stadium.
konstanten anatomischen Gesetzen: Die Majorseite
dreht sich nach vorne und kranial mit der Kardia- Ein Drittel der Fälle wird als Zufallsbefund entdeckt,
gegend als Fixpunkt. In der Mehrzahl der Fälle bildet ein Drittel wegen schleichender Anämie, meist bei
sich zuerst ein partieller proximaler Magenvolvulus, okkulter seltener evidenter Blutung, ein Drittel we-
seltener ein distaler Magenvolvolus mit Drosselung gen Passagestörungen.
des Ausflusstrakts und Entleerungsstörung mit dem
3.6 Entzündliche Erkrankungen 65

Abb. 3.39 a, b. Hiatus-Gleithernie. a Im Stehen ist die Hernie nicht erkennbar (Reposition durch die Schwerkraft). b Im Liegen
Darstellung der Hernie

Abb. 3.40. Paraösophageale Hernie. Die Kardia verbleibt in Abb. 3.41. Upside-down stomach. Hernierung des gesamten
der subepiphrenischen Position, der Magenanteil herniert Magens, wobei die Kardia und der Pylorus in situ bleiben
neben den Ösophagus in den Thoraxraum

쐍 Gemischte Hiatushernie. Die reine paraösophageale primär rein axialen Gleithernie, bei welcher sich der
Form der Hernie ist selten. Bei 188 von 216 von Sie- verlagerte Magenabschnitt axial und paraösophageal
wert et al. (1990) operierten Hiatushernien mit para- gleichzeitig entwickelt. Die Erscheinungen der ge-
ösophagealer Komponente gleitet die Kardia eben- mischten Hernie können sowohl vom Volvulus wie
falls in den Thoraxraum, und es entsteht die so auch – seltener – vom Reflux beherrscht werden.
genannte gemischte Hiatushernie (Abb. 3.42). Diese Die Therapie erfolgt entsprechend.
Bruchform entsteht durch die Vergrößerung einer
66 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Die Diagnostik aller Hernien wird in der Regel zu-


nächst radiologisch gestellt ebenso wie die Typisie-
rung der 3 Unterformen inklusive des Upside-down-
stomach (Siewert et al. 1990).

3.6.2
Andere Ursachen für entzündliche
Ösophaguserkrankungen

An erster Stellen steht hier die Candidaösophagitis


(Abb. 3.43 a–c) – weit seltener die Herpesösophagitis
oder die Zytomegalievirus- (CMV-) Ösophagitis als
infektöse Entität. Ferner beobachtet man Ösophagiti-
den bei Aids (Levine et al. 1987). Ebenfalls sind sie bei
viralen Infekten verschiedener Genese zu beobach-
ten.

Nichtinfektiöse andere Ösophagitiden


Hierzu zählen die Strahlenösophagitis (Abb. 3.44)
und die durch saure oder alkalische Ingestion verur-
sachte Ösophagitis. Eine seltene Form der Ösophagi-
tis gibt es auch beim Morbus Crohn (Abb. 3.45),
Abb. 3.42. Mischhernie. Eine Teil des Fundus ist zusammen ferner bei der Epidermolysis bullosa dystrophica, der
mit der Kardia nach intrathorakal verlagert Behçet-Krankheit sowie der intramuralen Pseudo-
divertikulose (s. unten).
Von den medikamenteninduzierten Ösophagitiden
sind vor allem solche durch Einnahme von Doxy-
Gemischte und paraösophageale Hernien bevor- zyklin und Tetrazyklin, aber auch von Acetylsali-
zugen im Verhältnis 3:1 Frauen, wobei häufig eine cylsäure und nichtsterioidalen Antiphlogistika zu
pyknisch-adipöse Konstitution die stetige Zunahme erwähnen. Vor allem wenn die genannten Medika-
der Bruchbildung durch Bauchdruck begünstigt. mente mit zu wenig Flüssigkeit eingenommen wer-

Abb. 3.43. Feingranuläres Bild der Candi-


diasis im a kranialen Ösophagusdrittel und
b im kaudalen Anteil mit einer Hiatushernie.
c Endoskopischer Aspekt einer Candidiasis.
(Mit freundlicher Genehmigung von
J. Reichenberger, II. Medizinische Klinik,
Klinikum rechts der Isar der TU-München)
3.6 Entzündliche Erkrankungen 67

den, können lokale Schleimhautdestruktionen ent-


stehen.
Die strahleninduzierte Ösophagitis wird durch
eine Organdosis von 55–60 Gy ZVD induziert und
führt in 5% der Fälle nach 5 Jahren zu irreversiblen
Schleimhautdestruktionen mit einer eventuellen
Striktur. Diese Folgen treten z. B. nach einer Strahlen-
therapie von Pharynx-Larynx-Karzinomen, bei Be-
strahlungen eines zentral gelegenen Lungentumors
oder bei einem primären Karzinom des Ösophagus
auf (Abb. 3.46 a, b).
Die so genannte kaustische Ösophagitis wird in
den meisten Fällen durch eine akzidentelle oder
suizidale Einnahme von alkalischen oder von sauren
(z. B. HCl-) Lösungen hervorgerufen. Selten kommt
sie auch durch die Einnahme von Ammoniumchlo-
rid- oder Phenol-haltigen Lösungen, von Silbernitrat
und einer Vielzahl anderer im Haushalt gebräuchli-
cher Reinigungsprodukte, wie z. B. „Rohrreiniger“,
zustande. Bei der Einnahme von Säuren ergibt sich
Abb. 3.44. Beginnende Strahlenösophagitis nach Bestrahlung typischerweise eine Koagulationsnekrose, welche ei-
eines retrokardial/epiphrenisch gelegenen Lymphoms
ne gewisse protektive Wirkung gegen das Eindringen
in die tieferen Wandschichten der Speiseröhre hat
und somit auch einen gewissen Schutz gegen eine
Organperforation bedingt.
Die Einnahme von alkalischen Lösungen ist inso-
fern gefährlicher, da hier sehr schnell alle Wand-
schichten durchdrungen werden und es somit zu ei-
ner akuten transmuralen Nekrose kommt (Hannig
1995; Abb. 3.47).

Merke ! Bei akuter Ingestion von kaustischen


Substanzen ist zunächst der Perfora-
tionsausschluss mittels einer Ösophagographie mit
wasserlöslichem Kontrastmittel durchzuführen.

Dies sollte möglichst noch vor einer Endoskopie er-


folgen.

Morbus Crohn
Der Morbus-Crohn-Befall des Ösophagus ist äußerst
selten. In unserem bisher untersuchten Patientengut
von weit über 25.000 Fällen haben wir lediglich einen
Patienten mit einem Morbus Crohn der distalen Spei-
seröhre und einer Fistelung zum Fundus und zur
Kardia gesehen.

Behçet-Krankheit
왔 Die Behçet-Krankheit ist eine sehr
Definition
seltene Multisystemerkrankung, die
Haut befällt und mit einer Arthritis, einer Kolitis und
Abb. 3.45. Crohn-Ösophagitis mit den typischen feingranulä- einer Thrombophlebitis sowie gelegentlich auch
ren Läsionen einer Ösophagitis einhergeht.
68 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.46. a Hypopharynxtumor 3 Jahre nach Radio-Chemo-Therapie mit postradiogener Stenose. b Zustand nach Radio-
Chemo-Therapie eines Ösophagustumors

Intramurale Pseudodivertikulose der Ösophagus Die intramurale Pseudodivertikulose führt auf-


Der normale Ösophagus enthält ungefähr 200 tief grund ihrer transmuralen Ausdehnung auch oft zu
mündende muzinöse Drüsen, welche in longitudina- einer Wandverdickung der Speiseröhre, die konzen-
len Reihen, parallel der Achse der Speiseröhre ange- trisch ist und hierdurch differenzialdiagnostische
ordnet sind. Probleme zu einem zirkulären Karzinom in der CT
hervorruft.
왔 Die intramurale Pseudodivertikulose Spezielle radiologische Untersuchungstechnik s.
Definition
entspricht einer Dilatation dieser Aus- Abschn. 3.9.1.
führungsgänge im Rahmen einer transmuralen Ent-
zündung. Immunologische Ösophagitiden
Neben der Graft-vs.-host-Ösophagitis ist eine eosi-
Die intramurale Pseudodivertikulose tritt häufig nophile Ösophagitis häufig die Ursache einer lang-
gleichzeitig mit einer Candidiasisinfektion auf oder sam progredienten Festkörperdysphagie. Ein lang-
auch als Folge derselben. Ferner ist sie bei Patienten streckiger Stenosebereich mit z. T. auch pseudodiver-
mit Diabetes mellitus und Immunschwäche beschrie- tikelartigen Schleimhautunregelmäßigkeiten wird
ben (Hannig 1995; Abb. 3.48 a, b). bei der eosinophilen Ösophagitis häufig beobachtet
(Abb. 3.49 a, b).
3.6 Entzündliche Erkrankungen 69

Abb. 3.47. Langstreckige Stenose nach Laugeningestion. Ne- Abb. 3.48 a, b. Multiple aufgeweitete muzinöse Drüsengänge
benbefund: Perforation bei Bougierung bei Pseudodivertikulose

Abb. 3.49 a, b. Seltene eosinophile Achalasie. 30-jähriger Mann freundlicher Genehmigung von J. Reichenberger und F. Bash-
mit seit 3 Monaten progredienter leichter Dysphagie. bush, II. Medizinische Klinik, Klinikum rechts der Isar der TU-
a Noduläre Einlagerungen im ösophagogastrischen Übergang. München)
b Endoskopische Ansicht der nodulären Strukturen. (Mit
70 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Achalasie
3.7
Die Achalasie gehört zu den häufigsten primären
Motilitätsstörungen des Pharynx und Ösophagus
Motilitätsstörungen der Speiseröhre (Bosma u. Don-
In den letzten Jahren hat die Diagnostik der Motili- ner 1980; Bosma et al. 1986).
tätsstörungen der Speiseröhre durch die Fortschritte Grundsätzlich gilt für alle Formen der Achalasie
der endoskopischen und radiologischen, besonders die manometrische Definition:
aber der manometrischen Techniken, einen erhebli-
chen Aufschwung erlebt (Classen u. Rösch 1973, 왔 Eine Achalasie des unteren Ösopha-
Definition
Siewert et al. 1976; Tabelle 3.5). gussphinkters ist definiert durch eine
fehlende oder unzureichende schluckreflektorische
Erschlaffung des unteren Sphinkters.
3.7.1
Primäre Motilitätsstörungen des Pharynx Grundsätzlich wird eine hypermotile Form von einer
und des Ösophagus hypomotilen und amotilen Achalsie unterschieden.

Die dabei am klarsten definierten Krankheitsbilder Die hypo- und amotile Achalasie
sind die Achalasie und der so genannte „idiopathi- Bei der hypo- und amotilen Achalasie findet sich
sche diffuse Ösophagusspasmus“. typischerweise eine beträchtliche Dilatation des tu-
bulären Ösophagus. Ein Flüssigkeitsspiegel im Öso-
phagus ist radiologisch oft bereits ohne Kontrast-
Tabelle 3.5. Übersicht über die Motilitätsstörungen des Pha-
rynx und der Ösophagus mittelgabe bei der Durchleuchtung am stehenden
Patienten zu erkennen.
Primäre Motilitätsstörungen:
Achalasie
Diffuser Oesophagusspasmus
Nussknackerösophagus
Merke ! Als semiquantitativer Parameter für
die Höhe des Sphinkterresidual-
Nichtspezifische ösophageale Motilitätsstörungen drucks am unteren Ösophagussphinkter kann die
Angabe der Höhe des Flüssigkeitsspiegels in Relation
Sekundäre Motilitätsstörungen:
Bindegewebserkrankungen: zu den Nachbarorganen dienen.
Progressive systemische Sklerose
Dermatomyositis Je höher dieser Spiegel ist, welcher nach dem ameri-
Polymyositis
CREST-Syndrom kanischen Schrifttum „support level“ genannt wird,
Lupus erythematodes desto höher ist der Sphinkterresidualdruck an der
Endokrine Ursachen: Kardia.
Diabetes mellitus In nahezu allen fortgeschrittenen Stadien der
Myxödem
Hyperthyreoidismus Achalasie fehlt die beim Gesunden üblicherweise
Metabolische Erkrankungen: sichtbare Gasblase im Magenfundus. Vom Succus
Alkoholinduzierte Störungen werden sowohl das spezifisch schwerere Bariumsul-
Amyloidose
Infektiöse Ursachen: fat als auch noch verbliebene Speisereste überschich-
Chagas-Krankheit tet. Erreicht die Barium-Succus-Säule eine kritische
Candida- und Herpesösophagitis Höhe, zumeist oberhalb des Niveaus des Aortenbo-
Chemische Ursachen: gens, wird der hydrostatische Druck größer als der
Gastroöesophagealer Reflux
Säure- oder Laugeningestion Verschlussdruck im unteren Ösophagussphinkter.
Muskuläre Grunderkrankungen: Durch diese passive Öffnung kann ein Teil des Öso-
Myasthenia gravis phagusinhalts in den Magen übertreten. Die Barium-
Polymyositis
Muskuläre Dystrophie säule sinkt somit wieder unter den kritischen Pegel,
Neurologische Erkrankungen: der den Schluss des unteren Ösophagussphinkters
Parkinson-Krankheit nach sich zieht.
Guillain-Barré-Syndrom Relativ häufig findet man am distalen Ösophagus
Amyotrophe Lateralsklerose
Multiple Sklerose mäßig weit einschnürende segmentale Kontraktio-
Immunologische Ursachen: nen, die oft nur als Kräuselungen der Schleimhaut
Graft-vs.-host-Reaktion imponieren. Sie werden durch Kontraktionen der
Eosinophile Ösophagitis
Iatrogene Ursachen: Tunica muscularis mucosae hervorgerufen.
Medikation mit anticholinergen Substanzen
sowie Benzodiazepinen oder Barbituraten usw.
Bestrahlung
Post-Vagotomie-Syndrom
3.7 Motilitätsstörungen des Pharynx und Ösophagus 71

Abb. 3.50 a, b. Hypomotile Achalasie Grad I nach Brombart.


Nur geringe Erweiterung des Ösophagus mit niedrigem Sup-
port-Level. Der ösophagogastrische Übergang ist enggestellt.
Die Fehlfunktion am unteren Ösophagussphinkter kann durch
das Schlucken eines Mash Mallow aufgedeckt werden

Einteilung nach Brombart (1983)


Die hypomotile und amotile Form der Achalasie wird radiolo-
gisch in 3 Stadien eingeteilt:
∑ Stadium I: Abbildung 3.50 a,b zeigt eine geringgradige,
gleichmäßige Erweiterung des Ösophagus und eine Engstel- Abb. 3.51. Hypomotile Achalasie Grad II nach Brombart.
lung im distalen Segment, vor allem im Kardiabereich. Die Weitstellung des Ösophaguslumens >4 cm, hoher Support-
Level. Das Kontrastmittel staut sich vor dem sektglasartig ver-
Magenluftblase ist meist noch von normaler Größe. Die Dila- engten ösophagogastrischen Übergang
tation liegt in einem Bereich von <4 cm Lumenweite.
∑ Stadium II: Der Ösophagus ist bei der hypomotilen Achalasie
Grad II mit einer mittleren Breite von *4 cm stärker dilatiert
als im Stadium I, das kardiale Ösophagussegment ist lang-
streckig enggestellt und zeigt die Form eines Sektglases. Die
Magenblase fehlt oftmals.Eine Achalasie dieses Schweregra- CAVE !
In der posterior-anterioren Thorax-
aufnahme besteht die Gefahr der
des zeigt Abb. 3.51. Verwechslung einer amotilen Achalasie mit einer
∑ Stadium III: Im Stadium III ist der Ösophagus massiv dilatiert lymphatischen Erkrankung.
und enthält große Mengen von Speiserückständen. Der
epiphrenische Ösophagusabschnitt verläuft häufig siphon-
artig nach links, in Extremfällen – wie in Abb. 3.52 – auch Hypermotile Achalasie
„kinking-artig“. Die Luft in der Magenblase fehlt in diesem
Stadium regelhaft. Auf dem Lungenübersichtsbild in der 왔 Die seltenere hypermotile Form der
Definition
posterior-anterioren Ansicht findet sich häufig eine Ver- Achalasie ist durch eine weniger aus-
breiterung des Mediastinalschattens überwiegend nach geprägte Ösophagusdilatation und durch segmen-
rechts, wodurch eine Doppelkontur entsteht. Dies kann bei tale, nichtpropulsive Kontraktionen, wie z. B. etagen-
Unkenntnis des Krankheitsbildes und fehlender Kontrastmit- artige Kontraktionen oder seltenere langstreckige
telgabe, insbesondere bei nur in einer Ebene angefertigten Kontraktionen im Sinne von Etagen- oder Segment-
Thoraxübersichtsaufnahmen, zu Fehlinterpretationen Anlass spasmen gekennzeichnet.
geben (Abb. 3.53 a, b).
72 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.52. Hypomotile Achalasie Grad III nach Brombart.


Massive Dilatation und Elongation der Speiseröhre mit si-
phonartigem Verlauf des distalen Ösophagus

Sie haben einen durchschnürenden Charakter und


gehen häufig mit retrosternalen Schmerzen einher.
Bei der hypermotilen Achalasie ist die Entwicklung
von epidiaphragmalen Pulsionsdivertikeln des Öso-
phagus beschrieben worden (Brombart 1983). Eine
Anisoperistaltik bzw. ein segmentaler oder etagen-
förmiger Spasmus kann sich als Reaktion der Speise-
röhre auf die Dysfunktion des unteren Ösopha-
gussphinkters ausbilden. Dies führt zur Zonen regio-
naler Druckbelastung im tubulären Ösophagus und Abb. 3.53 a, b. Thoraxübersicht bei hypo-/amotiler Achalasie
Grad III. a Der Megaösophagus maskiert in der p.-a.-Aufnah-
ist Ursache der oben genannten Pulsionsdivertikel me die Herz- und Mediastinalkontur. b In der seitlichen Auf-
(Abb. 3.54 a, b). nahme mit Kontrastmittel deutliche Durchmischung von Spei-
seresten mit Kontrastmittel
Differenzialdiagnosen der Achalasie
Differenzialdiagnostisch ist von allen 3 Formen der
Achalasie die distale Ösophagusstenose, insbesonde- kann man nach Applikation des Pharmakons eine
re die submukös wachsende Form des Karzinoms des kräftige Kontraktion des Ösophagus entweder in
ösophagogastrischen Übergangs abzugrenzen. Don- Form von segmentalen Spasmen oder im Sinne von
ner (1976) empfiehlt hierzu eine pharmakoradiologi- sekundären Kontraktionen beobachten.
sche Testung der Reaktion des Ösophagus auf choli- Patienten mit Ösophaguskarzinomen oder mit
nerge Substanzen, wie z. B. die subkutane Gabe von Strikturen sprechen im Normalfall wegen der nicht-
2,5–75 mg Metacholin. Bei Vorliegen einer Achalasie gestörten Ösophagusmotorik nicht auf Metacholin
3.7 Motilitätsstörungen des Pharynx und Ösophagus 73

des Dilatationserfolges und zum Ausschluss einer


Leckage regelmäßig angezeigt.
In der Regel wird nach 2–3 erfolglosen Dilata-
tionsbehandlungen die Indikation zu einer operati-
ven Intervention gestellt.

Merke ! Jede neu entdeckte Form der Achala-


sie bedarf zusätzlich einer Endosko-
pie, bzw. Endosonographie, mit Biopsie, um submu-
köse Neoplasien auszuschließen. Nach Dilatations-
behandlung muss eine Röntgenkontrolle mit wasser-
löslichem Kontrastmittel erfolgen.

Da, ebenso wie bei der hypermotilen Achalasie bei


einem diffusen Ösophagusspasmus, eine pneumati-
sche Dilatation der Kardia gelegentlich hilfreich sein
kann, kann folgende Theorie abgeleitet werden: dif-
fuser Spasmus und hypermotile Achalasie sind un-
terschiedliche Ausprägungsvarianten einer identi-
schen Grundkrankheit. In der Tat sind Fälle bekannt,
in welchen sich aus einem diffusen Ösophagusspas-
mus im Verlauf von Jahren eine hypermotile Achala-
sie entwickelte. Zudem besteht bezüglich der Häufig-
keit einer paraphysiologischen Dysfunktion am
oberen Ösophagussphinkter (verspätete Öffnung,
vorzeitiger Schluss des Sphinkters) eine Ähnlichkeit
zwischen der hypermotilen Achalasie und dem diffu-
Abb. 3.54 a, b. Lang bestehende hypermotile Achalasie, welche
sen Ösophagusspasmus, jedoch nicht mit der hypo-
bereits zur Ausbildung von epiphrenischen Divertikeln (so ge- motilen Achalasie (Hannig 1995).
nannten dorsalen Pulsionsdivertikeln, Pfeile) an anatomischen Die medikamentöse Therapie mit Kalziumantago-
Schwachstellen geführt hat nisten (Nifedipinen oder Nitraten) ist beim diffusen
Ösophagusspasmus die Behandlungsmethode der
ersten Wahl. In neuerer Zeit werden auch erfolg-
reiche Therapieansätze mit einer submukösen
oder andere Cholinergika an. In einigen Fällen von endoskopischen Botulinumtoxininjektion durchge-
diffusen Ösophagusspasmen ist nach Gabe von cho- führt. Allerdings ist die Dauer des Therapieerfolgs
linergen Substanzen ebenfalls eine Zunahme spasti- meistens auf etwa ein halbes Jahr begrenzt und muss
scher Kontraktionen beobachtet worden. dann in der Regel nach 6–12 Monaten wiederholt
Unabhängig von den Möglichkeiten der Pharma- werden.
koradiographie und der Manometrie ist immer ein
Malignitätsausschluss durch eine Endoskopie, Endo- Diffuser Ösophagusspasmus
sonographie und ggf. durch eine tiefe Knopfbiopsie
bei einer inkompletten Öffnung des unteren Ösopha- 왔 Radiologisch wie manometrisch ist
Definition
gussphinkters zu fordern. diese Motilitätsstörung durch repeti-
In Abhängigkeit von der Art der Achalasie ergeben tive, oft anfallsartig auftretende simultane, nichtpro-
sich unterschiedliche therapeutische Ansätze. In der pulsive Kontraktionen des glattmuskulären Ösopha-
Regel ist eine mehrfache Dilatationsbehandlung ei- gus gekennzeichnet.
ner operativen Therapie, wie z. B. einer Myotomie
des unteren Ösophagussphinkters mit Thal-Fundo- Die dabei auftretende Schmerzsymptomatik wird
plastik vorgeschaltet (Siewert et al. 1990). Die Kom- auch als „non-cardiac chest pain“ bezeichnet und ist
plikationsrate der Dilatationsbehandlung ist mit ursächlich vermutlich auf eine Ischämie im Bereich
<5% gering (Wienbeck 1976). Eine Perforation oder der spastischen Muskelzellareale zurückzuführen,
größere Mukosarisse werden mit einer von der Höhe die durch die Kontraktionen von ihrer Blutzufuhr
des Dilatationsdruckes abhängigen Rate von 1,6– abgeschnitten werden.
9,4% angegeben. Deshalb ist eine Röntgenkontrolle Die Diagnose ist nur in Zusammenschau mit der
mit wasserlöslichem Kontrastmittel zur Überprüfung Klinik und durch die Röntgenfunktionsanalyse, Ma-
74 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.55. Langstreckige Kontraktionen der Speiseröhre im


Sinne von tertiären Kontraktionen als refluxassoziierte Motili-
tätsstörung

nometrie und besonders sicher durch die 24-Stun-


den-Langzeitmanometrie zu stellen. Die Klinik be-
steht in Dysphagie und intermittierenden retroster-
nalen Beschwerden, die nicht sicher von pektanginö-
sen Beschwerden zu unterscheiden sind. Auch ein Abb. 3.56. Kurzstreckige nichtpropulsive tertiäre Kontraktio-
nen entsprechend den so genannten „Perlschnurspasmen“
probatorischer Einsatz von Kalziumantagonisten
oder Nitropräparaten lässt keine Differenzierung ei-
nes diffusen Spasmus von einer kardialen Erkran-
kung zu, da diese Pharmaka sowohl eine Wirkung auf
die glatte Ösophagusmuskulatur als auch auf die phagusspasmus als Ursache sehr wahrscheinlich
Herzkranzgefäße ausüben. (Abb. 3.55, Abb. 3.56).
Weiterhin ist im Hirnstamm eine Verknüpfung Eine Sicherung dieser Diagnose kann bei einem
zwischen den Arealen, welche die Funktion des Öso- Ansprechen der Schmerzsymptomatik und gleich-
phagus, der Lunge und des Herzens regeln, bzw. zeitiger Regression der radiologisch erfassbaren Mo-
gegenseitig aktivieren und inhibieren, bekannt. Dies tilitätsstörung nach sublingualer Gabe von Kalzium-
erschwert daher oft die Lokalisation der Störung zu antagonisten oder Nitropräparaten erbracht werden.
einem dieser Organbereiche. Während des nur einige Minuten andauernden
Erfasst man während der Röntgenuntersuchung Untersuchungszeitraumes der Röntgenvideo- oder
eine Episode perlschnurartiger oder korkenzieher- Röntgenkinematographie wird oft ein Provokations-
förmiger Kontraktionen, die mit den oben genannten manöver, z. B. die parenterale Gabe von 0,5 mg Carba-
Beschwerden einhergehen, so ist ein diffuser Öso- chol oder Tensilon, zur Anfallsauslösung verwendet.
3.7 Motilitätsstörungen des Pharynx und Ösophagus 75

Abb. 3.57. Korkenzieherspasmus als Aus-


druck eines lang bestehenden diffusen
Ösophagusspasmus mit ausgeprägter
muskulärer Hypertrophie (a) und endos-
kopisch (b) „wendeltreppenartigem“
Aspekt der Speiseröhre

Diese pharmakoradiologischen Ansätze sind in letz- ruht (Abb. 3.57 a, b). Endoskopisch ist bei diesem
ter Zeit jedoch umstritten (Hannig 1995). Krankenbild ein wendeltreppenartiger Verlauf der
Ein relativ großer Festkörperbolus kann ebenfalls Speiseröhre zu beobachten. Endoskopische Lang-
einen diffusen Ösophagusspasmus provozieren. Es strecken-Botulinumtoxininjektionen versprechen ei-
kommt hierbei häufig zu Bolusimpaktationen, die ne oft auch länger anhaltende Besserung.
in der angloamerikanischen Literatur als so genann-
tes „Steakhouse-Syndrom“ bezeichnet werden. Der Nussknackerösophagus
durch den großen Bolus hervorgerufene Dilatations- Die Diagnose „Nutcracker-“ oder Nussknackeröso-
reiz führt bei dieser Patientengruppe zu einem re- phagus ist eine primär manometrische Diagnose. Sie
flektorisch ausgelösten Spasmus. Bei der radiologi- wurde erstmals als Krankheitsbild von Benjamin
schen Testung kommen als Festkörperbolus die von et al. (1979) beschrieben, der ihr auch den Namen
uns beschriebenen Bariumsulfat-Gelatine-Kugeln gab. Bekanntermaßen weisen 20% aller Patienten, die
(so genannte „mash mallows“) zur Anwendung, kardiologisch wegen Verdacht auf eine koronare
die sich im Fall einer Impaktation innerhalb von Herzerkrankung (KHK) untersucht werden, keinerlei
10 Minuten auflösen. pathologischen Befund auf. Ein sehr hoher Prozent-
Durch die abnorm starken Kontraktionen werden satz dieser Patienten leidet am so genannten Non-
die Ösophaguswände derart enggestellt, dass sie sich cardiac chest pain, welcher entweder durch den oben
in einigen Abschnitten berühren. Dies wird auch als beschriebenen diffusen Ösophagusspasmus oder
Etagenspasmus bezeichnet. Diese perlschnurartige den Nussknackerösophagus verursacht wird.
Wandkonfiguration wird oft mit dem von Barsony Die radiologische Diagnose des Nussknackeröso-
eingeführten Begriff der so genannten „Barsony- phagus ist schwierig, da die Peristaltik unauffällig
Divertikel“ beschrieben. In der Tat handelt es sich erscheint. In einer Serie von 170 Patienten mit Chest
hierbei nicht um echte Divertikel, sondern nur um pain wurde ein Nussknackerösophagus gefunden.
passagere Kontraktionen. Da sich die Speiseröhre Dabei zeigte sich eine normale propulsive Peristaltik
infolge der massiven Kontraktionen verkürzt, sieht mit abnorm hohen Druckamplituden bis 300 mmHg.
man häufig auch eine Hiatusgleithernie. Es fanden sich lediglich unspezifische Abnormalitä-
Eine Sonderform des diffusen Spasmus ist der ten der ösophagealen Bolustransitzeit bzw. der Moto-
fixierte Korkenzieherspasmus, welcher auf einer rik. Diese konnten jedoch nicht spezifisch der Dia-
nichtkonzentrischen langstreckigen Kontraktion be- gnose zugeordnet werden.
76 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Nichtspezifische ösophageale Motilitätsstörungen


Eine sehr große Gruppe der ösophagealen Motilitäts-
störungen machen die so genannten nichtspezifi-
schen Kontraktionen der Speiseröhre aus. Sie mögen
idiopathischer, also primärer Natur sein oder sekun-
dären Ursprungs, verursacht durch eine Vielzahl
extraösophagealer Erkrankungen (vgl. Tabelle 3.5).
Manometrisch finden sich Kontraktionen mit multi-
plen simultanen Peaks, peristaltische Wellen mit
herabgesetzter Amplitude und isolierte simultane
spontane Kontraktionen. Die manometrischen Kon-
traktionsmuster passen nicht in die oben genannte
Kategorien der spezifischen motorischen Störungen
der Speiseröhre wie Achalasie oder diffuser Spasmus.
Radiologisch kann eine inkomplette oder fehlende
Peristaltik mit nichtpropulsiven Kontraktionen eben-
so beobachtet werden wie hypomotile tertiäre Kon-
traktionen. Die Sensitivität der radiologischen Stu-
dien liegt nur zwischen 46 und 73%, da diese Motili-
tätsstörungen wegen der relativ kurzen Bebachtungs-
zeit häufig der Beobachtung in der Durchleuchtung
oder Videofluoroskopie entgehen.
Vom klinischen Standpunkt aus ist es wichtig,
nach zugrunde liegenden Krankheiten wie Diabetes
mellitus, Alkoholismus oder progressiver systemi-
scher Sklerose zu fahnden, welche diese so genannten
sekundären Motilitätsstörungen der Speiseröhre ver-
ursachen können. In diesen Fällen orientiert sich die Abb. 3.58 a, b. Megaösophagus bei Chagas-Krankheit
Therapie an der zugrunde liegenden Krankheit.

Plattenepithelkarzinome des distalen Ösophagus mit


3.7.2 hämatogener Metastasierung in die gastroösophage-
Sekundäre Motilitätsstörungen des Pharynx ale Übergangsregion mit submuköser Ausbreitung.
und des Ösophagus Die konventionelle Ösophagusmanometrie kann
nicht immer zwischen idiopathischer und Pseudo-
Chagas-Krankheit achalasie unterscheiden. Die schnelle Entwicklung
Zu den sekundären Motilitätsstörungen der Speise- der Pseudoachalasie ist ein entscheidender Hinweis
röhre gehört die Chagas-Krankheit. Sie wird hier auf ein malignes Wachstum im Gegensatz zur lang-
erwähnt, da ihre radiologische, klinische und mano- samen Entwicklung der Achalasie oder auch idio-
metrische Symptomatik der Achalasie völlig gleicht. pathischen Achalasie (1,9 Monate vs. 4,5 Jahre). An-
Häufig bestehen Megaformen des Ösophagus (Abb. zumerken ist, dass bei der Pseudoachalasie die bei
3.58 a, b). Allerdings werden zusätzlich zur Erweite- der hyper- und z. T. auch hypomotililen Achalasie an-
rung der Speiseröhre auch Megaformen des Kolons, zutreffende verspätete Öffnung oder der vorzeitige
der Ureteren und anderer Hohlorgane beobachtet. Schluss des oberen Ösophagussphinkters typischer-
Die Chagas-Krankheit, die in Chile und Brasilien weise nicht zu finden ist (Hannig et al. 1987 a,b).
endemisch ist, wird durch das Trypanosoma cruzi Möglichkeiten zur Differenzialdiagnostik stellen
verursacht. Eine histologische Differenzierung durch die Pharmakoradiographie mit Amylnitrit-Inhala-
Erregernachweis in der Ösophagusmuskulatur sowie tion oder Kalziumantagonisten dar, welche im Fall
insbesondere der Nachweis einer Zerstörung der der Pseudoachalasie keinen therapeutischen Effekt
intramuralen Ganglienzellen beweisen das Vorliegen zeigt. Ferner kann die CT eine zirkuläre Wandverdi-
dieser Krankheit. ckung des Ösophagus oder auch die anschließenden
Tumormassen leicht detektieren.
Pseudoachalasie Auf jeden Fall ist eine Endoskopie mit tiefer
Die Pseudoachalasie ist meist verursacht durch ein Knopfbiopsie der Kardiaregion erforderlich und
Adenokarzinom des Magenfundus, welches den dis- auch hier sollten negative Ergebnisse mit Vorsicht be-
talen Ösophagus infiltriert. Andere Ursachen sind trachtet werden und im Zweifelsfall die Endoskopie
3.7 Motilitätsstörungen des Pharynx und Ösophagus 77

Abb. 3.59. Pseudoachalasie bei submukös wachsendem Kardi- Abb. 3.60. Presby-Ösophagus bei einem 78-jährigen Mann.
akarzinom Fehlende primäre Peristaltik, wenig durchschnürende tertiäre
Kontraktionen

und Biopsie wiederholt werden. Wiederholte Biop- die Diagnose einer reinen Motilitätsstörung stellt
sien, endoskopischer Ultraschall bis zur chirurgi- (Abb. 3.60).
schen Exploration führen schließlich zur Diagnose
der karzinominduzierten Pseudoachalasie (Abb. 3.59). Die manometrisch zu objektierenden Veränderun-
gen eines Presby-Ösophagus bestehen in weniger
Presby-Ösophagus häufigen primären peristaltischen Wellen, häufigen
Die erhöhte Inzidenz ösophagealer Abnormalitäten nichtperistaltischen Kontraktionen und selten einer
bei älteren Individuen (>65 Jahre) wurde unter dem inkompletten Relaxation des unteren Ösophagus-
Terminus „Presby-Ösophagus“ subsummiert. Es be- sphinkters. Diese Veränderungen sind den Motili-
steht eine erhöhte Prävalenz von nichtpropulsiven tätsstörungen ähnlich, welche in NEMD (nichtspe-
Kontraktionen bis zur Atonie und gestörter Reini- zifische ösophageale Motilitätsstörungen) gefunden
gungsfunktion. werden (Gore u. Levine 2000).
Die Existenz dieser klinischen Entität steht aber
noch unter Diskussion. In einer anderen Studie wur- Nichtspezifische ösophageale Motilitätsstörungen
den keine solchen Anormalitäten in gesunden älteren NEMD ist ein Überbegriff für alle nicht weiter klassi-
Individuen gefunden. Die erhöhte Prävalenz ösopha- fizierbaren ösophagealen Motilitätsstörungen (Achem
gealer Motilitätsstörungen in der höheren Alters- u. Benjamin 1995; Clouse 1993). Oft werden unspezi-
gruppe wird hier als Folge der zugrunde liegenden fische nicht weiter einteilbare manometrische Motil-
Grunderkrankungen erklärt, wie Diabetes mellitus titätsstörungen gefunden. Die Symptomatik besteht
oder neuromuskuläre Erkrankungen, welche im Al- in thorakalen Beschwerden oder Dysphagie, welche
ter die Ösophagusmotilität häufig beeinträchtigten. unterschiedlich stark ausgeprägt sein können.
Die manometrischen Veränderungen umfassen
Merke ! Aufgrund dieser Tatsachen ist es von
höchster Wichtigkeit, gerade bei älte-
(Achem u. Benjamin 1995; Clouse 1993):
∑ ein Fehlen der primären Peristaltik bei etwa 20%
ren Personen mit relativ abrupt und neu aufgetre-
der Schluckakte,
tener Dysphagie einen Tumor oder eine Striktur aus-
zuschließen und nach entsprechenden internisti- ∑ eine mit einer geringen Amplitude einhergehende
schen Grunderkrankungen zu fahnden, bevor man Peristaltik,
78 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

∑ eine verlängertes Andauern der Peristaltik, ∑ eine Reduktion oder ein Fehlen der trachealen
∑ repetitive oder dreifache peristaltische Peaks oder Sensibilität sowie
∑ eine inkomplette Relaxation des unteren Ösopha- ∑ eine Öffnungsstörung des oberen Ösophagus-
gussphinkters. sphinkters.

Die radiologisch gefundenen Veränderungen geben Eine Fehlfunktion der oralen und oropharyngealen
die manometrischen Veränderungen wieder. Ein Mechanismen, wie eine Unfähigkeit des Mund- oder
Abbruch der Peristaltik oder ein Auftreten von nicht- Lippenschlusses, eine Störung der oralen Boluskon-
peristaltischen Kontraktionen kann wahrgenommen trolle oder ein insuffizienter Abschluss des Naso-
werden. Bei geringeren manometrischen Verände- pharynx können den Schluckakt behindern. Eben-
rungen können radiologisch erkennbare Verände- falls kann eine neurogen bedingte Dilatation des
rungen fehlen oder anderen typischen Motilitäts- Pharynx oder eine Störung der pharyngealen Motili-
störungen z. T. entsprechen. tät die Funktion des Pharynx einschränken.
Auch der tubuläre Ösophagus wird von einer Viel-
Der hypertensive untere Ösophagussphinkter zahl kortikobulbärer Afferenzen gesteuert.
Die Hypertension des unteren Ösophagussphinkters Zur Abklärung der neurologischen Schluckstö-
wurde erstmals bei Patienten mit ösophagealen rungen kommt das gesamte radiologisch-diagnosti-
Symptomen beschrieben, welche ungewöhnlich hohe sche Spektrum vom Ösophagusbreischluck, insbeson-
Ruhedrucke aufwiesen (Achem u. Benjamin 1995; dere aber auch die Videofluoroskopie und ggf. die
Clouse 1993). Fast alle Patienten klagten über un- CT und MRT zur Anwendung.
spezifische Thoraxschmerzen und häufig auch über Insbesondere stellt die Videofluoroskopie in der
eine Dysphagie. Unter diese Gruppe gehören Patien- Differenzialdiagnose der trachealen Aspiration die
ten, welche bei zeitgerechter Öffnung und norma- sensitivste Methode im diagnostischen Spektrum
ler ösophagealer Peristaltik einen Ruhetonus von dar. Es ist mit dieser Methode möglich, eine Untertei-
>40 mmHg aufweisen. Hierbei sind die radiologi- lung der trachealen Aspiration in einer Form vor,
schen und die nuklearmedizinischen Ergebnisse im während und nach Triggerung des Schluckreflexes
Regelfall unauffällig. Ebenso wie der Nussknacker- nachzuweisen sowie eine Schweregradeinteilung der
ösophagus ist der hypertensive untere Ösophagus- Aspiration vorzunehmen (s. unten). Dies erweist sich
sphinkter eine manometrische Diagnose. als wertvolle Grundlage für das spätere rehabilitative
Vorgehen. Auch kann die Videofluoroskopie in vielen
Fällen der Planung funktionell chirurgischer Eingrif-
3.8 fe dienen. Sie bietet auch gute diagnostische Möglich-
Neurologisch bedingte Funktionsstörungen keiten bei der Analyse der Zungen- und Velumfunk-
des Pharynx und des Ösophagus tion sowie der oralen Schluss- und Propulsions-
mechanismen bei neurologischen Schluckstörungen
Problemstellung ohne Aspiration.
Die Diagnostik und Therapie der „neurogenen Dys-
phagie“ als poliätiologisches Syndrom wird von einer Spezielle radiologische Untersuchungstechnik
Vielzahl von Fachdisziplinen bearbeitet. Bei anamnestisch bekannter schwerer Aspirations-
Eine große Zahl von Erkrankungen des zentralen neigung wird die Untersuchung mit einer geringen
Nervensystems, der peripheren Nerven, Muskeln und Menge (2–4 ml) eines nichtionischen, annähernd
Synapsen kann zu Störungen der Schluckfunktion isoosmolaren Kontrastmittels wie Iotrolan (Isovist)
führen (Hannig et al. 1987 a,b). Die Aspiration stellt begonnen. Da dünnflüssige Materialien in der Regel
hierbei die schwerwiegendste Konsequenz einer leichter aspiriert werden als zähe Nahrungspräpara-
neurologischen Störung des Schluckaktes dar. tionen, ist auf diese Weise sehr schnell eine ausrei-
Unter den verschiedenen neurogenen Störungen chende Testbelastung des Patienten erreicht (Loge-
sind solche von besonderer Bedeutung, welche die mann 1979).
laryngopharyngeale Interaktion beeinflussen und da- Kommt es bereits beim ersten Schluck zu einer
durch zur Aspiration führen können. Dazu gehören: massiven Aspiration, wird die Untersuchung zunächst
abgebrochen und der Patient ggf. tracheal abgesaugt.
∑ eine Störung der Triggerung des pharyngealen
Bei gut erhaltenem Hustenreflex und ausreichender
Schluckreflexes,
Exspiration des Kontrastmittels unter Durchleuch-
∑ eine insuffiziente oder fehlende Larynxelevation
tungskontrolle kann die Untersuchung durch einen
und/oder Ventralbewegung,
zweiten Schluck im lateralen Strahlengang mit verrin-
∑ eine verminderte oder fehlende Glottisadduktion,
gertem Bolusvolumen komplettiert werden.
3.8 Neurologisch bedingte Funktionsstörungen des Pharynx und des Ösophagus 79

Mit dem oben angeführten Kontrastmittel Iotra- 2002). Die Analyse des Pathomechanismus einer
lan wurden in unserem Krankengut 14.000 Patienten, solchen Aspiration als Grundlage rehabilitativer
davon 2500 mit massiver Aspiration, untersucht. Bei Maßnahmen ist also von erheblicher klinischer Be-
einer Aspiration auch von >10 ml wurden bisher kei- deutung. Darüber hinaus ist es möglich, die der Aspi-
ne schweren pulmonalen Komplikationen beobach- ration zugrunde liegenden oft mehrphasigen Störun-
tet. Wegen seiner guten Resorbierbarkeit ist das aspi- gen der pharyngolaryngealen Interaktion zu analy-
rierte Kontrastmittel bereits nach 20–60 Minuten ra- sieren und ein individuelles operatives oder neuro-
diologisch kaum noch nachweisbar. Gelegentlich logisch konservatives Rehabilitationskonzept zu
kommt es im Verlauf der nachfolgenden 24 Stunden erarbeiten.
zu einem leichten passageren Temperaturanstieg, der Wir haben bisher in unserer interdisziplinären
jedoch regelhaft wieder abklingt und keine antibioti- Arbeitsgruppe für Dysphagie 7500 neurologisch er-
sche Therapie erfordert. Vereinzelt wurden auch krankte Patienten untersucht. Erwartungsgemäß
kleine Subsegmentatelektasen der Lunge beobachtet, war die neurogene Dysphagie eine Erkrankung er-
die sich jedoch schnell spontan zurückbildeten. höhten Lebensalters (Altersmaximum zwischen 70
Bei einem anamnestisch geringen Verdacht auf und 79 Jahren).
Aspiration werden zunächst einige Schluck Wasser Bei etwa 78% dieser Patienten bestand eine mehr
gereicht, wobei das Schluckvolumen von 2 auf 15 ml oder weniger stark ausgeprägte tracheale Aspira-
gesteigert wird. Dies kann zunächst im Röntgenraum tionsneigung. Wegen der unterschiedlichen Pathoge-
ohne Durchleuchtung oder auch mit Durchleuchtung nese und dem daraus resultierenden unterschied-
geschehen. Kommt nach 3–5 „Probeschlucken“ im lichen Therapieansatz werden 3 Formen der Aspira-
lateralen Strahlengang zu keiner Aspiration, erfolgt tion abgegrenzt:
die Untersuchung mit einer Bariumpräparation mitt-
∑ die so genannte prädeglutitive Aspiration, d. h.
lerer Viskosität (z. B. Micropaque flüssig).
eine Aspiration vor der Triggerung des Schluck-
Bei einer klinischen Vorgeschichte, die das Vorlie-
reflexes,
gen einer latenten oder manifesten chronischen Aspi-
∑ die intradeglutitive Aspiration, die während der
ration vermuten lässt, wie z. B. gehäufte Pneumonien
Schluckreflextriggerung auftritt, und
oder Bronchitiden bzw. die Angabe, dass der Patient
∑ die so genannte postdeglutitive Aspiration nach
während der Nahrungsaufnahme gelegentlich husten
Triggerung des Schluckreflexes.
muss, wird die oben beschriebene Untersuchung mit
Barium angeschlossen: ein so genannter „Stresstest“ Die neurologischen Grundkrankheiten der von uns
mit sehr dünnflüssigem Kontrastmittel, z. B. Micro- untersuchten Patienten sind in Tabelle 3.6 zusam-
paque flüssig 1:5 mit Wasser verdünnt. Der Patient mengestellt.
wird aufgefordert, etwa 200 ml dieser Lösung so So hilfreich die Differenzierung zwischen prä-, in-
schnell wie möglich zu trinken. Durch diese Absen- tra- und postdeglutitiver Aspiration für den thera-
kung der Viskosität lässt sich in der Regel eine Aspi- peutischen Ansatz ist (Tabelle 3.7), so selten lässt
ration leichter provozieren. Insbesondere zum Aus- sich jede Aspirationsform einer bestimmten Gruppe
schluss einer myasthenischen Reaktion ist das Stress-
trinken geeignet. Oft lässt sich erst in der Ermü- Tabelle 3.6. Neurologische Grundkrankheiten als Ursache
dungsphase eine latente Aspiration nachweisen. einer Dysphagie

Region Krankheit
CAVE ! Von der Verwendung hyperosmolarer
wasserlöslicher Kontrastmittel, wie Zerebrum Ischämischer bzw. hämor-
z. B. Gastrografin, ist bei aspirationsgefährdeten Pa- rhagischer Infarkt
tienten aufgrund der Hyperosmolarität und der Schädel-Hirn-Trauma
Enzephalitis
dadurch möglichen pulmonalen Komplikationen, Neoplasie
die bis zum letalen Lungenödem reichen können,
Hirnstamm Pseudobulbärparalyse
dringend abzuraten. Hirnstamminsult
Diffuse Erkrankung Amyotrophe Lateralsklerose,
Epidemiologie der Motoneurone multiple Sklerose
Nach amerikanischen Statistiken versterben 6–30% Postpoliosyndrom oder
der Patienten mit zerebrovaskulären Insulten inner- Multiinfarktsyndrom
halb des ersten Krankheitsjahres an einer chroni- Extrapyramidale Morbus Parkinson
schen Aspirationspneumonie (Logemann 1979). Fer- Syndrome Chorea-Huntington
ner fanden wir bei einer europäischen Studie in Myopathien Polymyositis
Altersheimen eine vorher nicht beachtete Prävalenz Viruskörpereinschlussmyopathie
Andere
von Schluckstörungen in knapp 30% (Ekberg et al.
80 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Tabelle 3.7. Differenzialdiagnose und Differenzialtherapie der Aspiration. (Aus Hannig 1995)

Prädeglutitive Aspiration Intradeglutitive Aspiration Postdeglutitive Aspiration

vor während nach


Triggerung des Schluckaktes

Stimulation des sensorischen Imputs Training der Larynxelevation Postdeglutitiv forcierte Exspiration
Thermosondenstimulation „Supraglottisches Schlucken“ Kopfneigung zur paretischen Seite
Stimulation der oralen Motorik Schlucktraining mit rheologisch Evtl. operative Pharynxraffung
angepasster Nahrung
Anteflexion Reduktion des Sphinkterspasmus
Dekantation
Tonisierungsübungen Myotomie des oberen Ösophagus- Evtl. Myotomie des oberen
sphinkters Ösophagussphinkters
Modifizierung der Nahrungsrheologie

neuroanatomischer Läsionen zuordnen bzw. genau


topographisch-anatomisch lokalisieren.

Pathomechanismus der Aspiration


und Schweregrad der Aspiration
Der Pathomechanismus und das Ausmaß eines Kon-
trastmittel- bzw. Boluseintritts in die Luftwege lässt
sich röntgenkinematographisch genau definieren
(Hannig et al. 1987 a,b).
Die nachweisbaren Störungen der Bewegungsab-
läufe und die Art der Verteilung des Kontrastmittels
im laryngotrachealen System erlauben dank der
dynamischen Aufzeichnung fast regelmäßig eine
Identifikation der beteiligten Muskelgruppen.
Bei der milden Form eines gestörten Larynxab-
schlusses lässt sich ein verspäteter Epiglottisschluss
durch das Eindringen von Kontrastmittel in den sub-
epiglottischen Raum nachweisen (Abb. 3.61). Dieser
Befund wird auch als laryngeale Penetration bezeich-
net.
Hierbei kommt es in der seitlichen Projektion
zu einem schmalen, bogenförmigen Kontrastmit-
telsaum zwischen Epiglottisunterrand und Ary-
höckern. Verantwortlich dafür ist eine Dysfunktion
des M. thyreohyoideus und des M. aryepiglotticus.
Besteht zusätzlich eine Schwäche des M. crico-
arytaenoideus lateralis, des M. thyreoarytaenoideus Abb. 3.61. „Laryngeale Pententration“. Das Kontrastmittel
(gebogener Pfeil) gelangt während der Pharynxkontraktion
und des M. arytaenoideus obliquus, welche alle vom entlang der Unterseite der Epiglottis (e) in den Aditus laryngis,
N. laryngeus recurrens innerviert werden, kann man ohne durch die Glottis tracheal aspiriert zu werden. Der Aditus
ein weiteres Vordringen des Kontrastmittels in das laryngis ist hierbei durch die Aryhöcker (a) nicht vollständig
nicht mehr vollständig geschlossene Vestibulum la- verschlossen. Das kleine KM-Depot im subglottischen Raum
ist das Residuum einer vorausgegangenen geringfügigen Aspi-
ryngis und nachfolgend in den Ventriculus laryngis rationsepisode (weiße Pfeile)
beobachten (entsprechend einer Aspiration Grad I).
Der M. cricothyreoideus, der durch den N. laryngeus
superior innerviert wird, ist als einziger bei Rekur-
rensparese nicht betroffen. Durch die Aktion dieses Eine primäre Aspiration wird durch diesen „be-
Muskels ist kompensatorisch eine Spannung der helfsmäßigen“ Glottisschluss verhindert. Bei der
Stimmbänder und damit indirekt ein ausreichender Wiederöffnung der Glottis nach Ende des Schluck-
Glottisschluss zu erreichen (Abb. 3.62). aktes tritt das in dem Vestibulum und in dem Ven-
3.8 Neurologisch bedingte Funktionsstörungen des Pharynx und des Ösophagus 81

Diese beide Formen der laryngealen Penetration


in eine weniger bedrohliche reversible bzw. passage-
re Form werden von einer während des ganzen
Schluckaktes persistierenden Variante unterschieden
(Ekberg 1982).
Die erste Form ist einer verspäteten Muskelak-
tion der intrinsischen und z. T. auch extrinsischen
Larynxmuskulatur zuzuordnen. Die zweite, bedroh-
lichere Form ist durch eine persistierende Muskel-
dysfunktion bzw. Schwäche myogener oder neuro-
gener Art verursacht. Es ist daher von klinischer
Relevanz, zwischen einer Dyskoordination und Dys-
funktion der extrinsischen bzw. intrinsischen Larynx-
muskulatur zu unterscheiden, wie es röntgenologisch
bei dynamischer Untersuchungstechnik möglich ist.
Liegt lediglich eine Dyskoordination vor, so wer-
den nach unseren Beobachtungen die Kontrastmit-
telreste im Vestibulum laryngis normalerweise durch
den von kaudal nach kranial fortschreitenden Ver-
schluss des Vestibulums und durch die zusätzliche
axiale Kompression der Larynxachse durch die
Larynxelevation wieder in den Hypopharynx aus-
gepresst.

Merke ! Die hier beschriebenen Formen der


Kontrastmittel- bzw. Nahrungsmittel-
penetration in die Luftwege bzw. in den subepiglotti-
schen Raum sollten dem Radiologen als Warnzeichen
Abb. 3.62. Penetration von Kontrastmittel in den Aditus einer drohenden Dekompensation bekannt sein.
laryngis (a) markiert durch den schwarzen Pfeil. Geringe KM- Sie erfordern in der Regel noch keine Behandlung im
Mengen dringen bis zum Ventriculus laryngis vor (weißer
Pfeil). In Höhe der Stimmlippen werden sie an einem weiteren Sinne einer logopädischen Therapie. Insbesondere
Vordringen in die Trachea durch den M. cricothyreoideus ge- bei Zunahme der subjektiven Beschwerden der Pa-
hindert (V Velum palatini, H Hyoid) tienten ist eine sofortige Kontrolluntersuchung ange-
zeigt.

triculus laryngis retinierte Kontrastmittel in die Tra- Festlegung des Schweregrades einer Aspiration
chea über (Aspiration Grad I). Die Menge des Aspi- In der uns bekannten Literatur ist keine radiologi-
rats ist durch das Volumen dieser Laryngealräume sche Einteilung des Schweregrades einer Aspiration
limitiert, weshalb nie massive Aspirationen beobach- beschrieben. Basierend auf röntgenkinematographi-
tet werden können. schen und videofluoroskopischen Funktionsanalysen
Diese von uns unter dem Begriff laryngeale der oben genannte Patienten wurde von uns eine
Penetration (s. oben) subsummierten Dysfunktionen Klassifikation der Aspiration in 4 Schweregrade vor-
führen bei episodenhaftem Auftreten in der Regel zu genommen (Tabelle 3.8):
keiner klinisch relevanten trachealen Aspiration. Sie
verdienen dennoch Aufmerksamkeit, da es beim Auf-
treten einer zusätzlichen Funktionsstörung, wie z. B. Tabelle 3.8. Schweregrad der Aspiration
einer Pharynxentleerungsstörung zur Dekompen-
sation dieser vikariierenden Atemschutzfunktionen Grad Aspiration Hustenreflex
kommen kann. I Aspiration des im Aditus
In Übereinstimmung mit Ekberg (1982) und Cur- laryngeus retinierten Bolus Erhalten
tis u. Hudson (1987) wird von uns die Penetration II Aspiration <10% Erhalten
weiter unterteilt in ein Eindringen des Kontrastmit- III Aspiration >10% Erhalten
tels in lediglich das subepiglottische oder supra- Aspiration <10% Nicht erhalten
glottische Segment. Letzteres ist als bedrohlicher IV Aspiration >10% Nicht erhalten
anzusehen
82 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

∑ Schweregrad IV entspricht einer Aspiration von


>10% des Bolus bei aufgehobenem Hustenreflex.
Bei 94% der Patienten mit Schweregrad IV kam es
gehäuft zu schweren bronchopulmonalen Kom-
plikationen, häufig mit einer chronischen Aspira-
tionspneumonie. Viele von ihnen mussten mittels
PEG ernährt werden.

3.8.1
Formen der Aspiration

Prädeglutitive Aspiration
Diagnose und Pathomechanismus
왔 Bei der prädeglutitiven Aspiratioin ist
Definition
die orale Boluskontrolle gestört. Da-
durch kommt es zu einem vorzeitigen Übertritt des
Kontrastmittels in die Valleculae und in die Sinus
piriformis.

Der vorzeitig freigesetzte Bolus trifft auf einen noch


inkomplett elevierten Larynx. Da der Glottisschluss
Abb. 3.63. Penetration des Kontrastmittels in den Aditus noch nicht abgeschlossen ist und die Elevation des
laryngis (A) bis fast zur Glottisebene. (e) Epiglottisspitze, Arymassivs noch nicht komplett ist, kommt es nach
(h) Hyoid, (schwarzer Pfeil) oberer Ösphophagussphinkter nur dem Eintritt des Kontrastmittels in den Aditus laryn-
filiform geöffnet, (schwarze Pfeilspitzen) Kontrastierung der
Trachea durch aspiriertes Kontrastmittel gis schließlich transglottisch zur trachealen Aspira-
tion. Die mangelhafte Boluskontrolle kann sowohl
durch eine Zungenatrophie, durch einen insuffizien-
ten Abschluss der Mundhöhle durch den weichen
∑ Beim Schweregrad I kommt es nur zur Aspiration Gaumen als auch durch einen verminderten sensori-
des im Aditus und Ventriculus laryngis retinier-
schen Input aus den oralen Triggerzonen verursacht
ten Materials (vgl. Abb. 3.62). Diese relativ kleinen
sein (Abb. 3.64 a–f).
Volumina können normalerweise ohne große An-
Auch eine isolierte sensorische Störung der Pha-
strengung durch einmalig verschärftes Ausatmen
rynxhinterwand oder der hinteren Gaumenbögen
oder kurzes Husten expektoriert werden. Nur
mit verspäteter oder fehlender Auslösung des Schluck-
ein geringer Prozentsatz unserer Patienten dieses
reflexes kann zur prädeglutitiven Aspiration führen
Schweregrades klagten über gehäufte pulmonale
(Hannig 1995). Bei ungestörter oraler Motorik wird
Infekte.
der Bolus über den Zungenrücken in den Oro-
∑ Schweregrad II (Abb. 3.63) entspricht einem Aspi- pharynx transportiert und fällt wegen Ausbleibens
rationsvolumen von etwa 10% des Bolus bei gut
oder Verspätung der Pharynxkontraktion passiv in
erhaltenem Hustenreflex. Mehr als 85% der Pa-
die Valleculae oder die Recessus piriformis. Da
tienten mussten hierdurch die Nahrungsauf-
gleichzeitig die reflexgetriggerte Larynxelevation
nahme bzw. das Trinken von Kontrastmittel
und der ebenfalls reflexgesteuerte Glottisschluss
wegen einer länger andauernden Hustenattacke
ausbleiben oder verspätet einsetzen, gelangt ein Teil
vorübergehend unterbrechen. Etwa 15% der Pa-
des Bolus in die Luftwege.
tienten dieses Schweregrades waren anamnes-
Patienten mit einer solchermaßen gestörten Re-
tisch durch chronisch-rezidivierende Aspira-
flextriggerung geben typischerweise gehäufte Aspi-
tionspneumonie belastet.
rationsepisoden beim Trinken dünnflüssiger Stoffe
∑ Schweregrad III entspricht einer Aspiration von an. Es ist experimentell nicht erwiesen, ob flüssige
<10% des Bolus bei reduziertem oder aufgeho-
Stoffe weniger als halbfeste oder feste Stoffe geeignet
benem Hustenreflex oder einem Volumen von
sind, einen Schluckreflex auszulösen.
>10% des Bolus bei erhaltenem Hustenreflex. Bei
Wahrscheinlich ist jedoch, dass aufgrund der sehr
>50% dieser Patienten waren im Krankheitsver-
geringen Viskosität Flüssigkeiten prädeglutitiv leich-
lauf gehäuft schwere bronchopulmonale Kompli-
ter aus der Mundhöhle entweichen und über den
kationen aufgetreten.
oben genannten Pathomechanismus in die Luftwege
3.8 Neurologisch bedingte Funktionsstörungen des Pharynx und des Ösophagus 83

Abb. 3.64 a–f. Prädeglutitive Aspiration, Sequenz. 60-jährige rynxkontraktion (weiße Pfeilspitze) gelangt das Kontrastmittel
Patientin mit Zustand nach linksseitigem Mediainfarkt. durch den bereits gefüllten Hypopharynx in den Aditus laryn-
a, b Vorzeitiger KM-Eintritt in die Valleculae und Recessus gis (schwarzer Pfeil) und verursacht eine tracheale Aspiration
piriformis (schwarze Pfeilspitzen). c–f Vor Einsetzen der Pha-

gelangen. Häufig konnte auch eine Kombination rung in Anteflexion und die nachfolgende Dekanta-
von Störungen der Zungenmotorik mit sensorischen tion sowie Übungen zur oralen Boluskontrolle und
Defiziten der Schluckreflextriggerung beobachtet eine Modifikation der Nahrungsrheologie empfeh-
werden. lenswert. Dies ist Aufgabe speziell ausgebildeter
Logopäden.
Therapie
Entsprechend der röntgenologisch-dynamisch erfas- Intradeglutitive Aspiration
sten Dysfunktionen wird sich das therapeutische Diagnose und Pathomechanismus
Schema mehr auf das Training der Oralmotorik oder Die intradeglutitive Aspiration (Abb. 3.66 a–d) weist
auf die Behandlung des Schluckreflexes konzentrie- häufig folgende Trias auf:
ren (Hannig 1995).
∑ schwache oder aufgehobene Pharynxkontraktion,
So wird z. B. bei der prädeglutitiven Aspiration, die
∑ gestörte Ventrokranialbewegung des Larynx und
durch eine Reduktion des sensorischen Inputs verur-
dadurch verzögerter Epiglottisschluss sowie
sacht ist, die Thermosondenstimulation angewandt.
∑ eine Öffnungsstörung bzw. eine Spastik des obe-
Diese besteht in einer Betüpfelung der sensorischen
ren Sphinkters.
oralen Triggerareale mit Eis und anschließender
Gabe von eiskalter karbonisierter Flüssigkeit. Das Das im Pharynx aufgestaute Kontrastmittel kann bei
Ergebnis dieser Therapieform wird in Abb. 3.65 a–f insuffizientem Glottisschluss in die Trachea „über-
vorgestellt. Bei Störungen der oralen Motorik sind schwappen“. Je später der Verschluss des Vestibulum
zur Tonusnormalisierung die Aufnahme der Nah- laryngis und der Glottis zustande kommt, desto
84 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.65 a–f. 55-jähriger Patient mit prädeglutitiver Aspira- e Epiglottis) c Massive Aspiration bereits vor Beginn der Pha-
tion bei Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma. a Ausgeprägter rynxkontraktion (weiße Pfeilspitze; Aspiration: schwarze Pfei-
KM-Übertritt über den Zungengrund in die Valleculae und le, g Glottis). d–f Zustand nach Thermosondenstimulationsbe-
den Hypopharynx (schwarze Pfeile). b Noch vor der Pharynx- handlung. Nur noch minimale laryngeale Penetration (schwar-
kontraktion Eintritt des Kontrastmittel in das Vestibulum la- ze Pfeilspitze) ohne tracheale Aspiration
ryngis und in den subepiglottischen Raum (schwarzer Pfeil;

schwerer ist das Ausmaß der intradeglutitiven Aspi- schriebene Trias der Motilitätsstörungen muss bei
ration. In Übereinstimmung mit anderen Autoren der intradeglutitiven Aspiration nicht immer erfüllt
wurde eine intradeglutitive Aspiration besonders bei sein. Entscheidende pathogenetische Faktoren sind
Hirnstammläsionen verschiedener Art beobachtet der defiziente Glottisschluss und die verspätete oder
(Hannig 1995). Durch eine Schädigung des N. vagus inkomplette Larynxelevation.
im Bereich des Ganglion nodosum vor dem Abgang
des N. laryngeus superior wird eine schlaffe Stimm- Therapie
bandlähmung verursacht, da sowohl die inneren Neben Übungen zur Verbesserung der Larynxeleva-
Kehlkopfmuskeln als auch der an der Stimmband- tion (so genanntes Mendelsohn-Manöver; Abb. 3.67)
spannung beteiligte M. cricoarytaenoideus ausfallen. und thermaler Schluckreflexstimulation kann hier
Eine Lähmung des N. hypoglossus beeinträchtigt der von Logemann (1979) eingeführte so genannte
die axiale Kompression des Larynx unter den Zun- supraglottische Schluck therapeutisch zur Anwen-
gengrund und damit ebenfalls den Verschluss des dung kommen. Sinnvoll ist auch hier ein Schlucktrai-
Vestibulum laryngis (Brühlmann 1985). Die oben be- ning mittels physiologisch angepasster Nahrung. Bei
3.8 Neurologisch bedingte Funktionsstörungen des Pharynx und des Ösophagus 85

Abb. 3.66 a–d. Intradeglutitive


Aspiration. 56-jähriger Patient
mit Zustand nach Hirnstamm-
insult. a, b Pharyngeale Stase bei
gestörter Pharynxkontraktion
und gleichzeitigem Spasmus des
oberen Sphinkters (radiologisch
ist lediglich die Diagnose einer
Öffnungsstörung zu stellen).
Eine Spastik muss manometrisch
validiert werden. c, d Während
der sehr schwachen Pharynxkon-
traktion erfolgt ein subglottischer
KM-Übertritt in die Trachea
(schwarze Pfeilspitze). Die Öff-
nungsstörung des oberen Öso-
phagussphinkters ist in d durch
weiße Pfeile gekennzeichnet

dem Bild einer Innervationsstörung mehrerer Hirn-


nerven, das mit gleichzeitiger Öffnungsstörung oder
Spastik des oberen Ösophagussphinkters einhergeht,
sollte bei einer schweren Aspiration mittels Mano-
metrie die Diagnose des hypertonen oberen Ösopha-
gussphinkters bestätigt werden. Dann kann die Indi-
kation zur Sphinktermyotomie gestellt werden. Die
von unserer Arbeitsgruppe entwickelte und in dieser
Form erstmalig durchgeführte Laryngo-Hyoido-
Mento-Pexie mit oder ohne Myotomie ist wegen der
bisher geringen Patientenzahl noch mit Zurückhal-
tung zu betrachten (s. unten).

Postdeglutitive Aspiration
Diagnose und Pathomechanismus
Bei der postdeglutitiven Aspiration funktioniert der
Abb. 3.67. Mendelsohn-Manöver. Durch die prolongierte La- Verschlussmechanismus während des Schluckaktes
rynx-Ventral-Kranial-Bewegung wird die passive Öffnung des regelrecht. Die Ursache dieser Schluckstörung ist ei-
oberen Ösophagussphinkters erleichtert. Als Rest der Aspira- ne vermehrte Retention von Speise- bzw. Kontrast-
tion besteht eine Penetration in den Aditus laryngis Grad II
mittelresten in den Valleculae und noch bedrohlicher
in den Recessus piriformis bei neurogener oder myo-
gener Pharnyxdilatation (Abb. 3.68 a–f).
86 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.68 a–f. Postdeglutitive Aspiration. a Bereits in der Sphinkteröffnungsstörung Überlauf des Kontrastmittels nach
Ruhephase vor dem Schluckakt erkennt man eine KM-Reten- kontralateral (schwarze Pfeile). f Bei der „Umschaltung“ auf
tion im rechten Hypopharynx. b Beginn der Pharynxkontrak- Respiration kommt es zu einer massiven Aspiration des supra-
tion mit Ausbildung einer rechtsseitigen Pharyngozele und glottisch retinierten Kontrastmittels (schwarzer Pfeil)
KM-Retention rechts (schwarze Pfeile). c, d Bei gleichzeitiger

Nach Ablauf des Schluckreflexes kommt es bei Pharynxdilatation beruhen (wie Dermatopolymyo-
„Umschaltung“ auf Atmung zu einer Dorsal-Kaudal- sitis o. Ä.).
Bewegung des Larynx und dadurch zu einer Verklei- Besonders häufig findet sich die postdeglutitive
nerung des hypopharyngealen Reserveraums, wo- Aspiration bei neuromuskulären Erkrankungen mit
durch das retinierte Material durch die sich wieder einer verminderten Transport- und Entleerungs-
öffnende Glottis aspiriert wird. Im Extremfall kommt funktion des Pharynx (Brühlmann 1985).
es bereits vor der Dorsal-Kaudal-Bewegung des
Larynx zu einem Überlaufen des hypopharyngeal Therapie
aufgestauten Kontrastmittels zwischen den Ary- Als konservative Maßnahme kommt ein Atem-
höckern in Richtung auf den Aditus laryngis. training mit einem willkürlich verstärkten Glottis-
Pathophysiologisch liegt dieser Aspirationsform schluss und mit einer postdeglutitiv forcierten
eine meist schwache pharyngeale Peristaltik oder Exspiration in Frage, das so genannte supra-supra-
eine Hypertonie bzw. Öffnungsstörung des oberen glottische Schlucken, welches von Logemann (1979)
Ösophagussphinkters zugrunde. Auch Formen einer entwickelt wurde (Abb. 3.69 a–d). Bei einseitigen
passiven Überdehnung des Pharynx mit passageren Pharynxparesen kann durch positionelle Maßnah-
Pharyngozelen oder eine myogene Dilatation bzw. men, wie z. B. eine Kopfneigung und eine Drehung
eine Schwächung der Pharynxmuskulatur werden des Kopfes zur kranken Seite, eine gewisse Besserung
vereinzelt beobachtet und sind unter der Bezeich- erzielt werden. In schweren Fällen ist eine operative
nung „Trompetenbläserkrankheit“ in die Literatur Pharynxraffung indiziert.
eingegangen (Hannig et al. 1987 a,b). Außerdem kön- Bei einer gleichzeitigen Öffnungsstörung des obe-
nen sie auf einer myogenen Grunderkrankung mit ren Ösophagussphinkters sollte auch hier bei einer
3.8 Neurologisch bedingte Funktionsstörungen des Pharynx und des Ösophagus 87

Abb. 3.69 a–d. Zustand nach


postdeglutitiver Aspiration.
Supra-supraglottischer Schluck
in einer Kontrolluntersuchung ein
Jahr nach konservativer Therapie
(vgl. Abb. 3.68 a–f). a Unverändert
besteht die Pharyngozele rechts
mit Überlauf zur Gegenseite
(schwarze Pfeile). KM-gefüllter
Ventriculus Morgagni (dünner
schwarzer Pfeil); Stimmlippen-
ebene (Pfeilspitzen). b Durch for-
cierte postdeglutitive Exspiration
(weißer Pfeil) wird der supraglot-
tische KM-See (schwarze kleine
Pfeile) ausgeblasen. c, d Es wird
so ein fast aspirationsfreies
Schlucken ermöglicht

manometrischen gesicherten Spastik bzw. gestörter dingten Aspirationsformen ist die Symmetrie des
schluckreflektorischer Öffnung eine Myotomie dis- Pharynxbefalls. Es bestand eine ausgeprägte Dyski-
kutiert werden. nesie des oberen Ösophagussphinkters mit gehäuft
Die prä-, intra- und postdeglutitive Aspiration ist auftretenden subtotalen obstruktiven Episoden so-
nicht immer einer bestimmten neurogenen Grund- wie einer intra- und postdeglutitiven Aspiration des
erkrankung zuzuordnen. Schweregrades III bis IV, wie in den kinematographi-
schen Sequenzen Abb. 3.70 a–d erkenntlich. Trotz der
Mischformen der Aspiration schwachen Pharynxkontraktilität, die für die myo-
Diagnose und Pathomechanismus gene Grunderkrankung typisch ist, entschloss man
der kombinierten Aspiration sich zu einer Myotomie des oberen Ösophagus-
In etwa 25% des von uns untersuchten neurologi- sphinkters. Die Patientin erholte sich im Verlauf
schen Krankengutes lag nicht eine alleinige intra-, weniger Wochen vollständig und erreichte wieder ihr
prä- oder postdeglutitive Aspiration vor, sondern es Normalgewicht.
kam auch häufig zu Mischformen. Seltene Ursachen für eine fehlende schluckreflek-
Eine kombinierte intra- und postdeglutitive Aspi- torische Erschlaffung des oberen Ösophagussphink-
ration fand sich bei einer 60-jährigen Patientin mit ters, die so genannte zervikale Achalasie, sind Folgen
einer Dermatopolymyositis. Es bestand zum Zeit- von vorausgegangenen multiplen Infarkten und oder
punkt der Röntgenuntersuchung eine komplette vorausgegangene Infektionskrankheiten (Dyphthe-
Aphagie und eine Kachexie mit einer Abmagerung rie, Post-Poliomyelitis-Syndrom).
auf 30 kg binnen weniger Wochen. Durch die dyna- Dieser pathologische Befund am oberen Ösopha-
mische Röntgenuntersuchung ließ sich ein ausge- gussphinkter wird überwiegend bei Patienten in hö-
dehnter Pharynxbefall im Rahmen der Grund- herem Lebensalter beobachtet. Man erkennt eine aus-
erkrankung bestätigen. Typisch für die myogen be- geprägte Sphinkterprominenz während des Schluck-
88 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.70 a–d. 60-jährige Patien-


ten mit Dermatopolymyositis,
welche zu einer kombinierten in-
tra- und postdeglutitiven Aspira-
tion führte. a Bei schwacher Pha-
rynxkontraktion findet sich eine
längerstreckige Engstellung des
oberen Ösophagussphinkters mit
subtotaler Lumenobstruktion
(weiße Pfeile). b Während der
pharyngealen Boluspassage tritt
eine tracheale Aspiration (schwar-
zer Pfeilkopf) bei insuffizient ge-
schlossener Glottis, inkompletter
Larynxelevation und fehlendem
Epiglottisschluss entsprechend
einer intradeglutitiven Aspiration
auf. c, d Intermittierende, teilwei-
se Erschlaffung des oberen Öso-
phagussphinkters, gefolgt von er-
neuter, vermutlich spastischer
Kontraktion (weiße Pfeile bzw.
weiße Pfeilspitze) und nachfol-
gend postdeglutitive Aspiration

aktes, d. h. des Muskelwulstes des M. cricopharyn- Es handelt sich um eine 83-jährige Patientin mit
geus, der sich während des Schluckaktes in die Kon- einer Struma maligna und relativ akut einsetzenden
trastmittelsäule des PE-Segments vorwölbt. Dies dysphagischen Beschwerden, die sich bis zum Zeit-
kann entweder im Sinne einer verzögerten Öffnung punkt der Untersuchung innerhalb von 5 Tagen bis
als passageres Ereignis geschehen oder während der zur Aphagie gesteigert hatten (Abb. 3.72 a–f). Die
ganzen Schluckphase im Sinne einer so genannten Patientin verstarb 3 Tage nach der Untersuchung,
zervikalen Achalasie bzw. einer fehlenden schluck- sodass die dringend indizierte zervikale Myotomie
reflektorischen Erschlaffung beobachtet werden. zur Beseitigung des Passagehindernisses nicht mehr
Häufig kann gleichzeitig eine Achalasie der unteren durchgeführt werden konnte. Wie die Sektion ergab,
Ösophagussphinkters (Abb. 3.71 a, b) und eine Öff- handelte sich um eine Infiltration der Struma malig-
nungsstörung der Papilla Vateri angetroffen werden. na in die pharyngealen Nervenplexus, die überwie-
Eine sehr fortgeschrittene zervikale Achalasie gend vagal den oberen Sphinkter innervieren, d. h.
fand sich bei einer gleichzeitigen neurologischen dessen inhibitorische Neurone inhibieren.
Störung:
3.8 Neurologisch bedingte Funktionsstörungen des Pharynx und des Ösophagus 89

Bei unseren diagnostisch-therapeutischen Stu-


dien trafen wir immer wieder auf Patienten mit
schwerster Aspiration, bei welchen weder konservati-
ve Maßnahmen, wie die oben erwähnten Formen des
Schlucktrainings, noch chirurgische Interventionen,
wie eine Pharynxraffung oder eine Myotomie des
oberen Ösophagussphinkters zum Erfolg führten.
Dies trifft besonders auf Patienten mit schwerer in-
tradeglutitiver Aspiration zu, bei welchen aufgrund
mangelnder Kooperationsfähigkeit eine Larynx-
elevation nicht erlernt werden konnte oder der
Larynx wegen narbiger Veränderungen nicht aus-
reichend mobilisierbar war.
Erste Arbeiten über eine laterale Larynxfixation
an der Mandibula stammen aus dem Jahre 1983. Die-
se Operationstechnik wurde allerdings nur bei ausge-
dehnten Defekten nach einer Zungengrundresektion
angewandt.
Anhand videofluoroskopischer Untersuchungen
wurde eine neue operativ-rehabilitive Technik erar-
beitet, die einen ausreichenden Schutz der Atemwege
durch eine operative Larynxelevation bei den oben
genannten Patientengruppen gewährleistet. Die Ent-
wicklung der modifizierten Laryngo-Hyoido-Mento-
Pexie sei am Beispiel eines nach dieser Methode ope-
rierten Patienten erläutert:
Ein 43-jähriger Patient war wegen eines Ependy-
moms des 4. Ventrikels radikal operiert und nach-
bestrahlt worden. Dabei war es zu einer Läsion des
9. und 10. sowie des 12. Hirnnerven gekommen. We-
gen einer massiven Aspiration wurde ein operativer
Kehlkopfverschluss, d. h. eine Vernähung der Stimm-
lippen vorgenommen. Der Patient wurde tracheo-
tomiert und eine Myotomie des oberen Ösophagus-
sphinkters mit dem Ziel einer Besserung der Ent-
leerung des im Hypopharynx retinierten Kontrast-
mittels und der Speisereste durchgeführt. Die
10 Jahre nach der Operation im Rahmen einer Vor-
stellung in unserer Arbeitsgemeinschaft für Dyspha-
gie angefertigte Röntgenkinematographie zeigte
neben einer Pharynxparalyse auch eine komplette
Lähmung der subepiglottischen und glottischen
Schluckmechanismen. Wegen der gleichzeitig kom-
Abb. 3.71. Zervikale Achalasie des oberen Ösophagussphink- plett defizienten extrinsischen laryngealen Muskula-
ters (a) und hypomotile Achalasie des unteren Ösophaguss- tur (Larynxelevation und Ventralbewegung) persis-
phinkters Grad III (b) bei einer 57-jährigen Patientin (gleich-
zeitig fand sich manometrisch eine Öffnungsstörung der Pa- tierte eine massive, überwiegend intradeglutitive
pilla Vateri) Aspiration, wobei das Kontrastmittel allerdings nur
bis zum Niveau der vernähten Stimmlippen gelangte.
In geringerem Umfang führte auch eine gestörte
orale Boluskontrolle wegen der Dysathrie der Zunge
zu einem unkoordinierten Bolusaustritt aus der
Operative Antiaspirationsverfahren Mundhöhle. Diese wurde weitgehend durch die Auf-
Die hier vorgestellten operativen Antiaspirationsver- fangmechanismen der Valleculae kompensiert.
fahren wurden auf der Basis dynamisch-radiolo- Die Muskelfunktionsstörungen wurden dyna-
gischer Untersuchungen entwickelt (modifizierte misch-radiologisch analysiert, und nach genauer pla-
Laryngo-Hyoido-Mento-Pexie). nimetrischer Auswertung der dynamischen Sequen-
90 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.72 a–f. Atypische Öff-


nungsstörung des oberen Öso-
phagussphinkters bei Infiltration
des Plexus pharyngeus im Rah-
men einer Struma maligna.
a–c Die kinematographische
Sequenz zeigt eine insuffziente
Öffnung des oberen Ösophaguss-
phinkters (kleine weiße Pfeilspit-
zen). Der Muskelwulst nimmt
hierbei intermittierend Zungen-
form an. e Durch den Aufstau
im Pharynx kommt es zur massi-
ven Aspiration. Die Obstruktion
durch den Sphinkter beträgt min-
destens 80% des freien Lumens

zen wurde zusammen mit den kollabierenden HNO- schnitt mit 2 Nähten angeschlungen und eine er-
Kollegen die Indikation zur operativen Larynxeleva- neute Röntgenkinematographie unter kranioventra-
tion gestellt. Um die operativen Schritte mit aus- len Zug am Hyoid durchgeführt. Dabei zeigte sich,
reichender Sicherheit festzulegen zu können, wurde dass bei dieser künstlich hervorgerufenen Larynxbe-
in Zusammenarbeit mit den kollabierenden HNO- wegung nur noch eine geringe Menge Kontrastmittel
Kollegen das Zungenbein nach einem kleinen Haut- während des Schluckaktes in den Aditus laryngis
3.8 Neurologisch bedingte Funktionsstörungen des Pharynx und des Ösophagus 91

Abb. 3.73 a, b. Schematische Darstellung


der radiologisch geplanten modifizierten
Laryngo-Hyoido-Mento-Pexie. a Der präo-
perative Situs mit dem komprimierten Pha-
rynx. b Die infra- und z. T. auch suprahyoi-
dale Muskulatur, u. a. der M. omohyoideus
zungenbeinnahe, der M. stylohyoideus und
das Lig. stylohyoideum, wurden abgesetzt.
Die Zügelung des Hyoids an die Mandibula
verbessern die Geometrie, wobei der Aditus
laryngis unter die Abdeckung des Zungen-
grundes rotiert (genaue Erklärung im Text).
Durch die folgende Laryngo-Hyoido-Men-
to-Pexie wurde der Larynx nach kranial-
ventral versetzt. Zusätzlich wurde eine Dis-
sektion der infrahyoidalen und z. T. auch der
suprahypoidalen Muskulatur beidseits
durchgeführt. Um die Traktion des Zungen-
beins nach dorsal zu beseitigen, wurde
der dorsale Bauch des M. omohyoideus
zungenbeinnahe, der M. stylohyoideus,
das Lig. stylohyoideum und die dorsalen
Fasern des M. mylohyoideus durchtrennt

gelangte. Weiterhin wurde durch die daraus resultie- 3.8.2


rende Vergrößerung des pharyngealen Reserveraums Neurologisch bedingte Dysfunktionen des Pharynx
ein zusätzliches „Auffangbecken“ für den postdeglu- und Ösophagus ohne Aspiration
titiv verbliebenen Kontrastmittelrest geschaffen.
Um eine ausreichend weite Verlagerung des Zungen- Wenn sie auch klinisch eine eindrucksvollere Symp-
beins und des Larynx nach ventral zu erreichen, tomatik zeigen, sind die neurogenen Schluckstörun-
wurde eine Miniplatte an die Innenseite der Mandi- gen mit Aspiration oft erst die Folge einer „kom-
bula und an der ventralen Fläche des Zungenbeins pensierten Dysfunktion“ der laryngopharyngealen
angebracht. Zunächst wurde mit 2 Drahtzerklagen, Interaktion. Es sollte das besondere Anliegen des
später mit Fascia-lata-Plastik unter Durchleuch- Radiologen sein, bei der konventionellen Pharyngo-
tungskontrolle das Zungenbein dem Kinn soweit an- ösophagographie neurologisch bedingte Schluck-
genähert, dass eine suffiziente Protektion des Laryn- störungen möglichst frühzeitig zu erkennen, um sie
xeingangs durch den Zungengrund und die Aryhö- einer rechtzeitigen Behandlung zuführen zu können,
cker möglich wurde. Der Eingriff wurde mit einer bevor schwerwiegende Komplikationen, wie die
erweiterten Myotomie der Pharynxkonstriktoren oben erwähnten chronischen Aspirationspneumo-
und deren Fixation an der prävertebralen Faszie nien, auftreten. Es wurde bereits auf die große patho-
kombiniert (Abb. 3.73 a, b). logische Wertigkeit der so genannten laryngealen
Durch dieses Vorgehen wurde der vorher fehlende Penetration und der Aspiration des Schweregrades I
Epiglottisschluss wieder möglich. Durch die operati- hingewiesen und die Rolle der beteiligten Muskel-
ve Larynxelevation konnte das Vestibulum laryngis gruppen erörtert.
besser in den Abdeckungsbereich des Zungengrun-
des gebracht werden. Diese mit Hilfe der dynami-
schen Radiographie erarbeitete modifizierte Opera- Merke ! Eine kontinuierliche, während mehre-
rer Schluckakte auftretende „larynge-
tionsmethode ist mittlerweile in unserer Klinik etwa ale Penetration“, d. h. das Eindringen von Kontrast-
25-mal durchgeführt worden. Die überwiegend posi- mittel in den subepiglottischen Raum auch ohne tra-
tiven Resultate lassen diese Option auch in anderen cheale Aspiration, sollte Anlass zur weiteren neurolo-
therapeutisch aussichtslosen Fällen offen. gischen Abklärung sein.
Wegen der noch relativ geringen untersuchten
Fallzahl und die auf bisher 10 Jahre beschränkte Ein sehr häufiges Krankheitsbild oft neurogener Ur-
Nachverfolgung des Patientenguts ist die oben ge- sache ist die Dysfunktion des obere Ösophagussphink-
nannte Operationsmethode noch mit Vorbehalt zu ters, welche besonders im höheren Lebensalter als so
betrachten und sollte zunächst auf schwerste, ander- genannte „idiopathische zervikale Achalasie“ als eine
weitig inkurable Fälle beschränkt bleiben. der häufigsten Ursachen einer benignen Dysphagie
auftritt. Nicht immer sind dabei so eindrucksvolle
92 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Protrusionen des krikopharyngealen Muskelwulstes,


wie in Abb. 3.72 a–f vorgestellt, zu beobachten. Be-
reits Sphinkteröffnungsstörungen mit einer passage-
ren Lumenobstruktion von 40% führen zu dysphagi-
schen Beschwerden (Jones u. Donner 1991). 63%
unserer neurologisch erkrankten Patienten zeigten
eine solche Dysfunktion im Sinne einer verspäteten
oder inkompletten Sphinkteröffnung bzw. eines vor-
zeitigen Sphinkterschlusses. Dabei betrug der Mittel-
wert der dadurch verursachten und z. T. nur ganz
kurzfristig auftretenden Lumenobstruktion 69%.
Normalerweise ist die Sphinkterzone des pharyn-
goösophagealen Übergangs bereits eine Sekunde vor
Ankunft des Bolus geöffnet (Kennedy u. Kent 1988).
Die Ursache der neurologisch bedingten Funktions-
störung des oberen Ösophagussphinkters ist noch
weitgehend unklar. Diskutiert werden diffuse Sub-
stanzverluste im Bereich der kortikobulbären Bah-
nen oder Störungen im Bereich der Neurotransmitter,
die auf den oberen Ösophagussphinkter wirken.
Gerade im Alter wäre ein Einfluss reduzierter kor-
tikobulbärer Afferenzen im Rahmen z. B. eines Multi-
infarktsyndroms oder eines Post-Polio-Syndroms Abb. 3.74. Myasthenia gravis mit abgeschwächter Velumfunk-
denkbar, welche die inhibitorischen Neuronen nicht tion (v Velum) durch eine kompensatorisch vermehrte Pro-
ausreichend inhibieren und dadurch den Ruhetonus trusion des Passavant-Wulstes (schwarzer Pfeil) wird ein
noch suffizienter Nasopharynxabschluss erreicht (das Velum
des Ösophagussphinkters nicht ausreichend unter- wurde durch eine nasale KM-Aspiration vor der Untersuchung
brechen. Ein typisches Beispiel hierfür ist auch die kontrastiert)
Pseudobulbärparalyse.
In neuerer Zeit wurden mittels funktioneller MRT
auch so genannte „pattern generators“ im motori-
schen Kortex nachgewiesen. Daher ist davon auszu-
gehen, dass auch kortikale Afferenzen offensichtlich Merke ! Prinzipiell können Velumdysfunktio-
nen mit und ohne nasale Penetration
den oberen Ösophagussphinkter mit steuern. bei einer Vielzahl neurologischer Erkrankungen be-
obachtet werden, wobei radiologisch eine Zuordnung
Oropharyngeale Dysfunktionen zur Grundkrankheit nicht möglich ist.
Am Beispiel der Myasthenia gravis seien typische
Veränderungen bei extrapyramidalen motorischen Die Störung der oralen Boluskontrolle wird durch un-
Krankheitsbildern und bei Erkrankungen der moto- terschiedliche Pathomechanismen, wie eine Atrophie
rischen Endplatte demonstriert (Abb. 3.74). In der der Zunge oder eine Hypoplasie oder Schwäche des
Durchleuchtung bzw. bei der Videographie beobach- weichen Gaumens verursacht. Ferner kann eine Dys-
tet man eine ungenügende Bolusformung und -pro- arthrie der Zunge oder ein Zungentremor zur Beein-
pulsion in der Mundhöhle mit verzögerter oraler trächtigung der oralen Phase des Schluckaktes füh-
und pharyngealer Entleerung. Die Zungenbewe- ren. Der gestörte Lippenschluss oder ein Absacken
gungen sind bei der Myasthenie schwach und ermü- des Bolus in die Wangentaschen beruhen auf einer
den mit Dauer der Kaufunktion ebenso wie die Pha- Läsion des N. facialis. Ausgedehntere Schäden der
rynxkontraktilität. Da gleichzeitig auch der weiche oralen Innervation verursachen eine dentale Malok-
Gaumen „ermüdet“, kann es bei verminderter intra- klusion und eine insuffiziente Bolusaufladung auf die
deglutitiver Velumelevation auch zu so genannten Zunge.
„nasalen Penetrationen“, d. h. zum Eintritt von Spei- Eine einseitige Läsion des N. recurrens, z. B. bei
se- bzw. Kontrastmittelbolusanteilen in den Naso- Zustand nach Strumektomie, führt zu einer Verplum-
pharynx kommen. Als „vorgeschalteter“ Kompen- pung und deutlich eingeschränkten Funktion der
sationsmechanismus wird eine vermehrte Ventral- ipsilateralen Stimmlippe. Der intradeglutitive Glottis-
bewegung des Passavant-Wulstes, welche so die schluss wird durch die erhaltene Innervation der
defiziente Velumfunktion auszugleichen versucht, Gegenseite im Rahmen einer Kompensation gewähr-
beobachtet (Abb. 3.75 a–d). leistet. Diese Innervationsstörung äußert sich auch in
einer Asymmetrie des Arytenoidalmassivs, wobei
3.8 Neurologisch bedingte Funktionsstörungen des Pharynx und des Ösophagus 93

Abb. 3.75 a–d. 42-jährige Patienten mit Zustand nach opera- Drucks verursacht. Bei intaktem Trigeminuskern zeigt sich
tiv-traumatischer Läsion der unteren Hirnnervengruppen, eine Deformierung des weichen Gaumens im Sinne einer so
insbesondere Läsion im Bereich des 7., 9. und 10. Hirnnerven. genannten „Tensor-Levator-Imbalance“. d Gleichzeitig voll-
a, b Der weiche Gaumen ist paretisch, eine geringe Menge Kon- führt der M. constrictor pharyngis superior durch eine mas-
trastmittel entweicht vorzeitig über den Zungenrücken sive Ventralexkursion einen frustranen Kompensationsver-
(so genanntes „leaking“). c Der Nasopharynxabschluss ist such zum Abschluss des Nasopharynx (schwarze Pfeilspitze).
insuffizient – beim Schluckvorgang presst der Zungengrund Typisch ist auch die hantelförmige Deformierung des weichen
das Kontrastmittel in den Nasopharynx. Dies wird durch den Gaumens bei dieser gemischten Innervationsstörung (5. und
im Oropharynx unter Mithilfe des Zungengrundes aufbauten 7. Hirnnerv)

wiederum eine Kompensation der nichtlädierten Kennzeichen für eine rein myogene Pharynxkon-
Seite über die Mittellinie hinweg zu erkennen ist traktionsschwäche ist, wie im Fallbeispiel der Patien-
(Abb. 3.76 a, b). tin mit Dermatopolymyositis dargestellt, ein symme-
So können die pharyngealen Konstriktormuskel- trischer Kontraktionsverlust der beteiligten Muskel-
gruppen im Rahmen einer neurologischen Erkran- gruppen.
kung uni- oder bilateral und in unterschiedlicher Ein Beispiel einer Patientin mit einer Hemiparese
Höhe betroffen sein, d. h. es kann isoliert z. B. des Pharynx und einer Epiglottiskippung zur pareti-
der M. constrictor pharyngis medius bei intaktem schen Seite wird in Abb. 3.77 a–d und Abb. 3.78 a,b
M. constrictor pharyngis inferior eine Lähmung oder vorgestellt.Anamnestisch gab sie ein langandauerdes
auch eine Spastik aufweisen. Globusgefühl und eine nachfolgende Festkörperdys-
phagie an.
94 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.76 a, b. 72-jährige Patien-


tin mit Zustand nach einer links-
seitigen Strumektomie und
Läsion des N. recurrens vor
12 Jahren. Vor und während des
Valsalva-Manövers zeigt sich eine
kompensatorische, die Mittellinie
leicht überschreitende Vorwöl-
bung des rechtsseitigen Arymas-
sivs (schwarze Pfeilspitze markiert
das rechtsseitige der beidseitigen
Pouches während der Pharynx-
distension)

Abb. 3.77 a–d. Patientin mit


einem Globus pharygis. a Bereits
in der Ruhe erkennt man eine
vermehrte Retention von Kon-
trastmittel im rechten Recessus
piriformis und eine mäßige
Hypotonie der rechten Pharynx-
hälfte. b, c Die Boluspassage er-
folgt fast ausschließlich über die
rechte Seite, die Epiglottis kippt
hierbei nach rechts. d Nach Ab-
lauf des Schluckaktes Retention
im rechten Recessus piriformis
3.8 Neurologisch bedingte Funktionsstörungen des Pharynx und des Ösophagus 95

Abb. 3.78 a, b. MRT-Befund der


Patientin von Abb. 3.77 a–d. Ein
großes Neurinom des 9. Hirnner-
vens (a mit und b ohne KM-Ver-
stärkung), konnte visualisiert
werden

Aufgrund der kinematographischen Untersu- myogene Dysfunktionen oft durch eine adäquate
chung, die in Abb. 3.77 a–d dargestellt ist, wurde der Medikation geheilt werden können.
Verdacht auf eine einseitige basale Hirnnerven-
parese geäußert und eine MRT durchgeführt (vgl.
Abb. 3.78 a, b). Merke ! Da im Falle einer vagalen Dysfunk-
tion nicht nur der oberen Ösopha-
Der Tumor wurde mittlerweile entfernt und die gussphinkter, sondern auch der tubuläre Ösophagus
Diagnose histologisch gesichert. in seiner Reinigungsfunktion beeinträchtigt ist,
Der Tumor war auf den 9. Hirnnerven begrenzt. sollte eine Myotomie des oberen Ösophagussphink-
Die Funktionsbeeinträchtigung des Vaguskerns ters nur in ausgewählten Fällen bei Affektion dieses
rechts ließe sich durch die Tumorkompression auf Nervens durchgeführt werden.
den 10. Hirnnerv erklären.
Ferner ist auch der 9. Hirnnerv über den Plexus Die relative Kontraindikation besteht in der Tatsache,
pharyngeus an der nervalen Versorgung des Hypo- dass nach Dilatation oder Myotomie des PE-Seg-
pharynx beteiligt (s. Abschn.„Physiologie“). ments im Falle eines ösophagopharyngealen Refluxes
Neben den neurogenen rein pharyngealen Störun- eine pharyngotracheale Aspiration vor allem in der
gen, kann auch eine insuffiziente oder asymmetrische Nacht auftreten kann.
Larynxelevation auf dem Boden einer Innervations- Zwar ist es möglich, eine passive Öffnung des
störung der extrinsischen Larynxmuskulatur oder oberen Ösophagussphinkters durch das Mendel-
einer myogenen Affektion der extrinsischen Larynx- sohn-Manöver, eine willentlich prolongierte Larynx-
muskulatur eine Dysphagie verursachen. anhebung und Larynxventralbewegung, zu erleich-
Die einseitige Pharynxpassage und der reduzierte tern – im Falle einer Spastik des oberen Ösophagus-
Tonus des Hemipharynx sind Zeichen für eine einsei- sphinkters ist jedoch eine solche konservative Thera-
tige zerebrale oder medulläre Läsion. Ein symmetri- pie nur relativ selten erfolgreich.
scher Pharynxbefall kann durch eine neuromuskulä- Weiterreichende rekonstruktive chirurgische Maß-
re Erkrankung verursacht sein (Wuttge-Hannig u. nahmen sollten auf solche Patienten beschränkt
Hannig 1995). Dilatationen des Hypopharynx treten bleiben, welche auch währende einer längerdauern-
häufig bei Trompetenbläsern und Sängern auf und den (mehrmonatlichen) konservativen rehabilitati-
sind generell auch bilateral (Pharyngozele). ven Schlucktherapie keine bessere Funktion erlangt
Mit Einschränkung ist auch die Identifikation haben. Bei diesen Patienten bleibt häufig als Mittel
und Differenzierung zwischen myogener, neurogener der letzten Wahl die Separation des Schluck- vom
oder refluxinduzierter ösophagealer Peristaltikstö- Atemweg. Diese kann von der Anlage eines Tra-
rungen möglich. Tabelle 3.9 zeigt einen Leitfaden zur cheostomas bis zu einer Laryngektomie mit einer
Differenzierung dieser 3 Grundtypen der Dysphagie eventuellen Anlage einer Sprechprothese reichen.
(Wuttge-Hannig u. Hannig 1995). Die Refluxepiso- Zusammenfassend liegt der größte Vorteil der
den bei diesen Patienten stehen möglicherweise dynamischen Aufzeichung des Schluckaktes in der
auch im Zusammenhang mit einer Dysfunktion der Identifikation des Pathomechanismus einer Aspira-
10. Hirnnervens. Dies ist insofern von Bedeutung, als tion und der Festlegung des Schweregrades derselben.
96 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Tabelle 3.9. Neurogene vs. nichtneurogene Krankheitsbilder

Neurologische Myogene Nichtneurologische


Veränderungen Veränderungen Veränderungen

1. Mundhöhle:
Lippenschluss gestört Ja Nicht typisch Negativ
Mastikation gestört Ja Nicht typisch Negativ
Bolusaufladung auf der Zunge Einseitig Symmetrisch Symmetrisch
Bolusformung zwischen hartem weichen Gaumen
und Zungenrücken Gestörta Störung möglich Negativ
Unwillkürlicher Bolusübertritt aus Mundhöhle Jaa Ja Nein

2. Pharynx:
Verspätete Triggerung des Schluckreflexes Jaa Möglich Nein
Nasopharyngealer Abschluss pathologisch Möglich Möglich Nein
Epiglottiskippung nicht horizontal Möglich Nein Nein
Epiglottisschlusszeit Evtl.verspätet Evtl. verspätet Normal
Epiglottisrelaxationszeit Verlängert Verlängert Normal
Oder vorzeitiga,b Oder vorzeitig Normal
Larynx-Kranialbewegung Vermindert oder fehlt Normal
Auch einseitigb,c Symmetrisch
Larynx-Ventralbewegung Vermindert oder fehlt Normal Normal
Auch einseitigb,c Symmetrisch
Verschluss des Aditus laryngis fehlt Häufigb Fast immer Normal
Einseitige Pharynxpassage Häufigb,c Nie Normal
Pseudotumoreffekt Auch einseitigb,c Symmetrisch Normal
Retention in den Valleculae Auch einseitigb,c Symmetrisch Einseitig möglich
Retention in den Recessus piriformes Auch einseitigc Symmetrisch Einseitig möglich
Pharynxperistaltik Abgeschwächt Abgeschwächt Normal
Teile der Muskula- Die ganze Muskula-
tur betreffend tur betreffend
Pharynx-Peristaltikzeit Verlängertb,c Verlängert Selten verlängert
Pharynx-Passagezeit Verlängertb,c Verlängert Selten verlängert

3. Oberer Ösophagussphinkter:
Verspätete Öffnung des oberen Ösophagussphinkters Häufigb,c Dyskinesie Häufig
Vorzeitiger Schluss des oberen Ösophagussphinkters Häufigc Dyskinesie Häufig
Inkomplette Öffnung des oberen Ösophagussphinkters Häufigb,c Fast immer Selten
Koordination des oberen Ösophagussphinkters
mit der peristaltischen Welle im Pharynx Fehlt häufig Fehlt fast immer Normal
Verbesserung des Schluckens
durch Drehbewegungen des Kopfes Oftc Nein Nein

4. Ösophagus:
Funktionelle Passagebehinderung Oft Oft Bei Reflux primäre
Motilitätsstörungen
Segmentale/etagenartige Kontraktionen Selten Selten (S. oben)
Verzögerter ösophagogastrischer Übergang Selten Selten Refluxassoziierte
Motilitätsstörung
Achalasie usw.

Hierbei bedeuten:
a Prädeglutitive Aspiration.
b Intradeglutitive Aspiration.
c Postdeglutitive Aspiration.
3.9 Divertikel des Pharynx und des Ösophagus 97

Daraus resultieren Ansätze zu rehabilitativen


Maßnahmen und die Möglichkeit einer Erfolgskon-
trolle.
Besonders wichtig ist die Differenzierung zwi-
schen prä-, intra- und postdeglutitiver Aspiration,
da sich diese als besonders klinisch relevant für die
Differenzialtherapie erwies.
Die Bedeutung der Diagnosestellung einer Aspira-
tion bei der normalen Röntgenuntersuchung des
Pharynx und des Ösophagus, sei durch 2 weitere
Fakten unterlegt: Zum einen beträgt die Letalität
nach massiver Aspiration von saurem Magensaft
nach Angaben aus der Literatur zwischen 30–70%,
zum anderen versterben nach Angaben von Ekberg
et al. (2002) 30–40% aller Patienten in Alters- und
Pflegeheimen an einer akuten oder chronischen
Aspiration.

3.9
Divertikel des Pharynx und des Ösophagus

3.9.1
Pharyngeale Divertikel

Zenker-Divertikel
Das erste Divertikel des pharyngoösophagealen Abb. 3.79. Mögliche Ausstrittspforten von Divertikeln, ge-
zeichnet nach Perrott (1962)
Übergangs wurde im Jahre 1767 von Ambraham Lud-
low beschrieben.
Die erste systematische pathologisch-anatomische
Untersuchung der Pulsionsdivertikel des Pharynx Killian war der erste Autor, der in seinen Über-
verdanken wir Zenker und von Ziemssen (Zenker u. legungen zur Pathogenese der Zenker-Divertikel der
v. Ziemssen 1878). Region des oberen Ösophagussphinkters eine ent-
In einem grundlegenden Lehrbuchkapitel be- scheidende Bedeutung zumaß. Dies belegt das Zitat
schreibt Zenker 32 Fälle der später nach ihm benann- aus seiner Arbeit Über den Mund der Speiseröhre aus
ten pharyngoösophagealen Übergangsdivertikel. Er dem Jahr 1908. Hier schreibt er: „Im übrigen halte
bezeichnete sie als Schleimhauthernien oder auch ich es für erwiesen, daß von seltenen Ausnahmen ab-
Pharyngozelen, da die von ihm untersuchten Präpa- gesehen, die Pulsionsdivertikel des Hypopharynx
rate offenbar kaum Muskelfasern aufwiesen. Die Aus- Krampfzuständen des Speiseröhrenmundes ihre Ent-
trittsstelle der Divertikel lokalisierte er zwischen die stehung verdanken“ (Killian 1908).
Fasern des M. constrictor pharyngis inferior. Zenker In den darauf folgenden Jahrzehnten wurden –
hielt die lokale Wandschwäche im hinteren Teil dieses insbesondere nach Einführung der Manometrie – die
Muskels für den wichtigsten äthologischen Fraktor. verschiedensten, z. T. kontroversen Theorien zur
Als auslösende Ursache der Divertikelbildung nahm Pathogenese des Zenker-Divertikels publiziert. Das
er steckengebliebene Fremdkörper oder stenosieren- Interesse der meisten Autoren konzentrierte sich auf
de Läsionen an. den oberen Ösophagussphinkter.
Die muskulären Verhältnisse am M. constrictor Die zunächst ebenfalls diskrepanten Ansichten
pharyngis inferior wurden 1908 durch Killian weiter über die anatomischen Verhältnisse an der Pharynx-
geklärt. Er konnte im M. cricopharyngeus eine obere hinterwand und dem pharnygoösophagealen Über-
schräge (Pars obliqua) und eine untere horizontale gang dürften seit der grundlegenden Arbeit von
(Pars fundiformis) Muskelfaseranordnung identifi- Perrott (1962) als geklärt gelten (Abb. 3.79; vgl.
zieren. Zwischen diesen Muskelanteilen war die Abb. 3.3 a–d).
pharyngobasilare Faszie der Pharynxhinterwand nur
spärlich mit Muskelfasern gedeckt. Diese hypopha-
ryngeale „Schwachstelle“ wird heute als Killian-
Dreieck bezeichnet.
98 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.80. Zenker-Divertikel Grad I nach Brombart mit dorn- Abb. 3.81. Zenker-Divertikel Grad III nach Brombart mit ei-
artiger Aussackung kranial der Pars horizontalis des M. crico- nem sackförmigen, den Ösophagus nicht verdrängenden
pharyngeus Blindsack, welcher Kontrastmittel retiniert

Radiologische Stadieneinteilung Die Zenker-Divertikel der Brombart-Stadien I und II


Die heute allgemein anerkannte radiologische Eintei- sind also passagere hypopharyngeale Divertikel.
lung der Zenker-Divertikel stammt von Brombart
(1983): ∑ Stadium III (Abb. 3.81): Ein Divertikel des 3. Gra-
∑ Stadium I (Abb. 3.80): Das Divertikel hat im late- des ist sackförmig konfiguriert. Es ist konstant,
ralen Strahlengang die Form eines 2–3 mm lan- d. h. es ist während der gesamten Boluspassage
gen Rosendorns. Es ist nur in der letzten Phase abgrenzbar. Seine Hauptachse misst >10 mm, und
des Schluckaktes nachweisbar, wenn es zwischen es biegt nach horizontalem Verlauf im Bereich des
der peristaltischen Welle der Pharynxhinterwand Divertikelhalses nach kaudal um und kann annä-
und dem vorzeitig kontrahierenden oberen Öso- hernd parallel zur Ösophagushauptachse stehen.
phagussphinkter abgeschnürt wird. Der Ösophagus wird aufgrund der relativ gerin-
En face erzeugt das Divertikel nur eine horizonta- gen Größe des Divertikelsackes in diesem Stadi-
le Linie von wenigen Millimetern Länge. um noch nicht komprimiert.
∑ Stadium II: Das Divertikel hat in diesem Stadium ∑ Stadium IV: Ein Divertikel des Stadiums IV kann
im Profil die Form einer 7–8 mm langen Keule, die eine beträchtliche Größe erreichen. Es bildet sich
nach hinten annähernd senkrecht zur Ösopha- ein zwischen Halswirbelsäule und zervikalem
gusachse gerichtet ist. En face bietet das Diver- Ösophagus nach kaudal verlaufender Sack, wel-
tikel ein spindelförmiges oder ovales Barium- cher den Ösophagus komprimiert und in Ab-
depot mit transversaler Hauptachse. Auch in hängigkeit von der Größe des Divertikels unter-
diesem Stadium ist das Divertikel nur in der End- schiedlich stark verdrängt. Typischerweise tritt
phase der Kontrastmittelpassage sichtbar und beim Schlucken das Kontrastmittel primär in das
verstreicht wie im Stadium I während der Pha- Divertikel ein, die Passage in den Ösophagus
rynxrelaxationsphase oder beim Pseudo-Valsal- erfolgt erst nach Überlaufen des gefüllten Diver-
va-Manöver. tikels.
3.9 Divertikel des Pharynx und des Ösophagus 99

Größere Zenker-Divertikel enthalten oft Luft, Spei- nen heftige Dysphagien verursachen, die in der Regel
chel oder Nahrungsreste ferner geschluckte Festkör- auf einer Dysfunktion des oberen Ösophagussphink-
per wie z. B. Pillen, die dann oft tage- bis wochenlang ters beruhen, während größere Divertikel manchmal
in dem Divertikelsack verweilen. Die dadurch be- symptomlos bleiben.
dingte inkonstante Resorption oral verabreichter Ein weiteres häufiges Symptom ist das Globusge-
Pharmaka ist bei der Medikation von Zenker-Diver- fühl im Sinne eines ständig vorhandenen Fremdkör-
tikel-Patienten unbedingt zu berücksichtigen. per- bzw. Kloßgefühls im Hals, welches 41% unserer
Patienten beschrieben. Häufig fühlen die Patienten
CAVE ! Die Pharmakokinetik von oral appli-
zierten Medikamenten kann durch
auch ein Gurgeln, welches durch Turbulenzen im
Divertikelsack verursacht wird. Die hierdurch beim
große Zenker-Divertikel beeinträchtigt sein. Ferner Patienten hervorgerufene Verunsicherung führt
besteht bei der Ingestion von schleimhautirritieren- nicht selten zur sozialen Abkapselung des Divertikel-
den Substanzen wie Acetylsalicylsäure oder z. B. trägers.
Tetrazyklin die Gefahr einer Ulzeration bis zur Perfo- Der zervikale Ösophagus und der Larynx können
ration des Divertikels. sowohl durch die Größe des Divertikels als auch
durch eine eventuelle postentzündliche Adhäsion in
Klinik ihrer Kranial-Ventral-Bewegung behindert sein. Dies
Das Zenker-Divertikel ist vor allem eine Krankheit kann eine weitere Ursache für Aspirationen darstel-
des höheren Lebensalters. Die Beschwerden und len. So ist im Rahmen der entzündlichen Verände-
Symptome entwickeln sich meist langsam über meh- rungen ein Verlust der zirkulären Elastizität des kra-
rere Jahre hinweg, sodass die Patienten oftmals erst nialen tubulären Ösophagus möglich. Durch diese
nach beträchtlicher Zeit einen Arzt konsultieren. Das Faktoren kann der Boluseintritt in die Speiseröhre
Auftreten eines Divertikels bei Patienten <40 Jahren erschwert werden. Im Extremfall kann es bei einer
ist eine Seltenheit (Henderson 1976). Divertikelperforation zu einer Mediastinitis kom-
Das häufigste Symptom ist die Dysphagie. Sie lag men, da die Ausbreitung im Retropharyngealraum
in unserem Patientengut bei 60%. Die Patienten ga- unbehindert bis zum Zwerchfell möglich ist.
ben meist an, sie hätten das Gefühl, die Speisen blie- Eine seltenere, wohl ebenfalls auf chronisch-ent-
ben im unteren Anteil des Rachens hängen, und sie zündliche Schleimhautveränderungen infolge der
benötigten mehrere Schlucke, um sie herunterspülen Stase im Divertikel zurückzuführende Komplikation
zu können. Ferner kommt es relativ häufig zur Re- ist die maligne Entartung. Ihre Inzidenz beträgt
gurgitation des Divertikelinhalts, gelegentlich auch 0,3–1% (Enterline u. Thompson 1976).
mit nächtlichen Aspirationen.
Ein weiteres häufiges Symptom ist der Globus Zenker-Divertikel und Dysfunktion
pharyngis im Sinne eines ständig vorhandenen des oberen Ösophagussphinkters
Fremdkörpergefühls im Hals, welches bei 35% unse- Prinzipiell sind 4 Formen der Dysfunktion des obe-
rer Patienten vorlag. ren Ösophagussphinkters möglich:
In selteneren Fällen kann die Heiserkeit auch
∑ vorzeitiger Schluss,
durch einen Druck des Divertikels auf den N. recur-
∑ verspätete Öffnung,
rens verursacht sein.
∑ inkomplette Öffnung,
Eine häufige, nicht selten lebensbedrohliche Kom-
∑ fehlende Öffnung.
plikation von Pulsionsdivertikeln ist die chronische
Aspirationspneumonie, welche durch Aspiration von Wir fanden bei 92% unserer Patienten mit Zenker-
Divertikelinhalt inbesondere in der Nacht von der Divertikeln einen vorzeitigen Schluss des oberen Öso-
liegenden Position hervorgerufen wird. Die konseku- phagussphinkters, d. h. bei diesen Patienten war vor
tive Ausbildung von Lungenabszessen ist beschrie- Ankunft der pharyngealen peristaltischen Schnür-
ben. welle eine Ventralbewegung des M. cricopharyngeus
Bei großen Divertikeln wird der Ösophagus durch erkennbar. Dieser verfrühte Sphinkterschluss wird
die Ausdehnung des dorsal herunterhängenden Sa- als Hauptursache für die Divertikulogenese angese-
ckes unterschiedlich stark komprimiert, wodurch hen.
eine Passage der aufgenommenen Nahrung erschwert Das Zeitintervall des vorzeitigen Sphinkterschlus-
bzw. unmöglich gemacht wird. Dies kann bis zur ses errechnete sich aus der Zeitspanne von Beginn
totalen Aphagie sowie zu starken Gewichtsverlust der Ventralbewegung des Sphinkters bis zur Ankunft
und zu einer Exsikkose führen. der peristaltischen Welle am oberen Sphinkter. Auf-
Bemerkenswerterweise ist die Intensität der fällig ist eine Zunahme des Zeitintervalls dieser vor-
Schluckbeschwerden nicht proportional zur Größe zeitigen Schlussbewegung von 217 ms im Zenker-
des Divertikels: Kleine, inkonstante Divertikel kön- Stadium I kontinuierlich auf 378 ms im Zenker-Stadi-
100 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Tabelle 3.10. Grad der Zenker-Divertikel in Abhängigkeit von ggf. die Therapie der oft ursächlichen ösophagealen
der Vorzeitigkeit des Schlusses des oberen Ösophagussphink- Grunderkrankung wie z. B. einer Refluxerkrankung.
ter (ms)
Gerade in den Stadien I und II sind diagnostische Be-
Grad Minimal Median Maximal mühungen zur Aufdeckung von funktionellen und
morphologischen Veränderungen am tubulären Öso-
I 370 30 phagus zu fordern, da ihrer Fortentwicklung z. B.
II 480 40 40 durch eine Antacida-Therapie entgegengewirkt wer-
III 610 20 30 den kann. Eine Sanierung der Ursachen der Funk-
IV 800 40 50 tionsstörung des oberen Ösophagussphinkters ver-
hindert zumindest eine weitere Größenzunahme
dieser frühen inkonstanten Zenker-Divertikel.
Die einzige Therapie bei Patienten mit einem
um IV. Diese Steigerung war statistisch signifikant symptomatischen Zenker-Divertikel Grad III oder IV
(p=0,001; Tabelle 3.10). ist die Operation, da es hier keine effektive konser-
Eine verspätete Öffnung des oberen Ösophagus- vative Behandlungsmöglichkeit gibt. In der Literatur
sphinkters zeigte sich bei 39,5% der von uns unter- sind eine Vielzahl von Operationsmethoden be-
suchten Patienten. Sie war in annähernd allen Fällen schrieben, z. B.
mit einem vorzeitigen Sphinkterschluss kombiniert.
∑ die ein- und zweizeitige Divertikulektomie mit
Die inkomplette Öffnung, die bis zur so genannten
oder ohne Myotomie des oberen Sphinkters,
„zervikalen Achalasie“ reichen kann, unterscheidet
∑ die Divertikulopexie,
sich von der verspäteten Öffnung durch die während
∑ die Invagination des Divertikels oder
der ganzen Boluspassage nachweisbare Prominenz
∑ die alleinige endokopische submuköse Myotomie
der Pars horizontalis des M. cricopharyngeus.
des oberen Ösophagussphinkters.
Im Falle der zervikalen Achalasie öffnet sich der
pharyngoösophageale Übergang überhaupt nicht, Basierend auf der Erkenntnis, dass der wichtigste
was durch eine fehlende aktive, nerval gesteuerte Öff- pathogenetische Faktor für die Divertikelentstehung
nung des Spinkters bedingt sein dürfte. eine Dysfunktion des oberen Ösophagussphink-
Die Begriff „zervikale Achalasie“ ist von manome- ters ist, hat sich die Myotomie des M. constrictor
trischen Messungen am oberen Ösophagussphinkter pharyngis zusammen mit dem kranialen Anteil des
abgeleitet, welche methodenbedingt keine feinere M. thyreopharyngeus und Anteilen der zervikalen
Differenzierung des Motilitätsmusters des Sphink- Ringmuskelschicht des Ösophagus als Methode der
ters zulassen. Sie sind in Analogie zur Achalasie der Wahl durchgesetzt (Siewert et al. 1990).
Kardia zu sehen. Die zervikale Achalasie ist ebenso Die Entscheidung zur Kombination der Myotomie
wie die Achalasie der Kardia als eine fehlende mit der Divertikulektomie oder der Divertikulopexie
oder inkomplette schluckreflektorische Erschlaffung hängt von der Größe des Divertikels ab. Ist es im
des entsprechenden Sphinkters definiert (vgl. Abb. Durchmesser >2 cm oder sind zusätzliche Symptome
3.71 a, b). durch das Divertikel selbst verursacht, sollte es ent-
Bei der verspäteten Öffnung verstreicht der an- fernt werden.
fangs deutlich sichtbare Muskelwulst während der Die Notwendigkeit der Divertikelexzision wird
Boluspassage. von verschiedenen Autoren unterschiedlich beurteilt.
Eine inkomplette Öffnung konnte in 20% unserer So wurde die Ansicht geäußert, dass die Divertiku-
Patienten mit Zenker-Divertikeln ohne eine signifi- lektomie außer bei Ulzerationen oder Malignitäts-
kante Häufung in einem bestimmten Divertikelstadi- verdacht im Divertikel eine überflüssige chirurgische
um gefunden werden. Dasselbe gilt für die verspätete Übung darstelle. Die Vorteile der alleinigen Myoto-
Öffnung. mie liegen in der kürzeren Operationszeit und der
Die mittlere Lumenobstuktion durch die oben unmittelbar postoperativ möglich oralen Ernährung
beschriebenen Sphinkterdysfunktionen am pharyn- ohne Gefahr einer Nahtinsuffienz.
goösophagealen Übergang betrug 34,2%. Dies ent- Durch die Myotomie allein wird die Motilitäts-
spricht einem strömungsrelevanten Hindernis, wel- störung des oberen Ösophagussphinkters nicht kom-
ches eine zeitgerechte Pharynxentleerung beein- plett beseitigt, es wird aber eine Reduktion des Ruhe-
trächtigt. drucks am oberen Sphinkter um mindestens 50%
erreicht.
Therapie In einigen Zentren wird auch eine endoskopische
Zenker-Divertikel des Schweregrades I bedürfen in Divertikulektomie durchgeführt. Bei diesem Vorge-
der Regel keiner chirurgischen Intervention. Hier hen wird über ein Endoskop das Septum zwischen
steht die konservative Therapie im Vordergrund und dem Divertikel und der oberen Speiseröhre mit einer
3.9 Divertikel des Pharynx und des Ösophagus 101

Diathermie oder einem Lasermesser durchtrennt. hebung des zervikalen Ösophagus während des
In neuerer Zeit wird mittels einer Stapler-Naht eine Schluckaktes. Der Divertikelsack liegt lateral des pro-
so genannte „Schwellenspaltung“ durchgeführt. Eine ximalen zervikalen Ösophagus.Auf Seitbildern über-
Myotomie des oberen Ösophagussphinkters wird lagert er den zervikalen Ösophagus.
durch dieses Verfahren zumindest partiell erreicht. Die Killian-Jamieson-Divertikel sind häufiger uni-
Die Methode bietet sich vor allem bei nichtnarkose- lateral als bilateral und liegen normalerweise para-
fähigen und bei älteren Patienten an. median links. Sie sind in der Regel kleiner als Zenker-
Die posttherapeutische Beurteilung der minimal- Divertikel mit einem Durchschnittsdurchmesser von
invasiv therapierten Zenker-Divertikel ist ein neues etwa 1,4 cm (Gore u. Levine 2000).
Feld der radiologischen Bildgebung. Eine Regurgitation von Kontrastmittel aus dem
Divertikelsack in den Hypopharynx ist sehr unge-
Merke ! Ein wichtiges Kriterium zur Objekti-
vierung einer postherapeutischen
wöhnlich, da dieser Reflux durch den M. cricopha-
ryngeus verhindert wird. Gelegentlich findet man
Dysphagie ist die Beurteilung der postdeglutitiven Killian-Jamieson-Divertikel und Zenker-Divertikel
Retention im Pharynx und die Länge sowie der am selben Patienten (Abb. 3.82 a–d).
Durchmesser der Divertikelhalses.
Pouches der Killian-Jamieson-Muskelschwachstelle
Besonders zu bemerken ist bei einer insuffizienten Inkonstante Divertikel im Bereich der Killian-Jamie-
Resektion des M. cricopharyngeus die narbige Neo- son-Muskelschwachstelle, so genannte Pouches, wer-
sphinkterbildung, die dann wiederum die Rezidiv- den ebenfalls häufig beobachtet. Viele Pouches ent-
divertikelentwicklung fördert. Auch nach einer The- stehen durch einen vorzeitigen Schluss im Bereich
rapie kann ein nicht behandelter gastroösophagealer der oberen Ösophagusmuskulatur.
Reflux die Divertikelrezidivbildung fördern. Hierbei Dieser Befund ist häufig mit einer gastroösopha-
kann ein so genannter „second sphincter“ entstehen, gealen Refluxerkrankung assoziiert, ähnlich häufig
welcher sich aus einem Anteil der gesteiften Musku- wie eine Refluxerkrankung, die bei den Zenker-
latur des Ösophagus als paraphysiologischer Schutz- Divertikeln als auslösendes Agens gefunden wird.
reflex gegen eine pharyngeale Regurgitation des In der posterior-anterioren Projektion erscheinen
gastroösophagealen Refluxes ausbildet. In Einzel- diese Pouches als breitbasige Protrusionen des late-
fällen kann sich so ein Divertikel deszendierend bis ralen proximalen zervikalen Ösophagus, welche typi-
weit nach thorakal entwickeln. scherweise während des Schluckaktes verstreichen
(Abb. 3.83).
Killian-Jamieson-Divertikel
Die Killian-Jamieson-Divertikel sind etwa 100-mal Pouches der Membrana thyreohyoidea
seltener als die Zenker-Divertikel. Sie stülpen sich Ähnlich dem Herzmuskel unterliegt der „Muskel-
durch den so genannten Killian-Jamieson-Raum schlauch“ der „Pharynxpumpe“ bei Überlastung und
nach außen, welcher eine Lücke zwischen der Ring- im Alter Veränderungen, wie Hypertrophie, Atrophie
muskulatur des proximalen zervikalen Ösophagus und Dilatation. Daneben gibt es auch physiologische
darstellt. Diese Muskellücke ist kranial durch den un- Schwachstellen der Pharynxwand, wie z. B. eine Mus-
teren Rand der Pars fundiformes des M. cricopharyn- kellücke an der Membrana thyreohyoidea am Ein-
geus begrenzt. Die kaudale Begrenzung stellt der trittspunkt des N. laryngeus superior und der A. und
Unterrand des Ringknorpels und kaudal-medial das V. laryngea superior oder das Killian-Dreieck als
Lig. suspensorium oesophagei unterhalb seines An- Bruchpforte für das Zenker-Divertikel (s. oben). Wie
satzes an der hinteren Wandung des Ringknorpels bereits beschrieben, führt meist eine Dysfunktion
dar (Killian 1908). des oberen Ösophagussphinkters zu einer Druck-
Diese Divertikel sind auch bekannt als proximale überlastung innerhalb des Pharynx, und es kann zur
laterale zervikale ösophageale Divertikel oder latera- Ausbildung so genannter „oropharyngealer Pouches“
le Divertikel des pharyngoösophagealen Übergang- oder auch so genannter „inkonstanter lateraler oro-
sareales. pharyngealer Divertikel“ verschiedenen Schweregra-
Patienten mit Killian-Jamieson-Divertikeln sind des kommen. In unserem Patientengut mit Dyspha-
normalerweise asymptomatisch oder haben Sympto- gie fanden sich in 28% solche Pouches, bei denen mit
me, die durch eine abnormale pharyngeale Motilität Globus pharyngis in 42,4%, wobei allerdings 29,1%
verursacht werden. der letzteren Gruppe lediglich einen Pouch des
Pharyngographisch tritt das Killian-Jamieson-Di- Schweregrades I aufwiesen.
vertikel direkt unterhalb des M. cricopharyngeus auf. Die endoskopische Ansicht nach Entleerung des
Die Öffnung des Divertikelsackes ändert sich mit Pouches ergibt eine Retention im Hypopharynx.
der Form und Größe desselben und mit der An-
102 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.82 a–d. Jamieson-Diverti-


kel in der Schlucksequenz ventral
des oberen Ösophagussphinkters
ohne postdeglutitive Entleerung
des Divertikelsackes

Pouches können unilateral oder bilateral auftre-


ten. Bei einer massiven Druckbelastung im Pharynx
können mehrere Pouches in verschiedenen Höhen
entstehen (Abb. 3.84).
Die von uns eingeführte Stadieneinteilung des
Schweregrades der Wandschwäche ist folgenderma-
ßen definiert (Tabelle 3.11):
∑ Grad I bezeichnet eine kurzfristige ausgestülpte
Wandschwäche, welche nur während eines Teils
der Boluspassage durch den Pharynx auftritt.
∑ Grad II bezeichnet Pouches, welche fast während
der ganzen Pharynxpassage erkennbar sind, sich
jedoch mit dem Pharynx gleichzeitig entleeren.
∑ Im Grad III entleert sich das während der ganzen
Boluspassage erkennbare Pouch erst postdegluti-
tiv in den Pharynx und verursacht eine Retention.
Diese Retention kann so ausgeprägt sein, dass
hierdurch eine postdeglutitive Aspiration ausge-
löst werden kann. Daneben entspringen an selber
Abb. 3.83. Killian-Jamieson-Pouch. Typische Rechtsorientie- Stelle die seltenen konstanten lateralen Pharynx-
rung des Pouches. Austritt im Übergang zur Ringmuskulatur divertikel (vgl. Abb. 3.84).
3.9 Divertikel des Pharynx und des Ösophagus 103

Abb. 3.85. Pouches in der EBT. Rechtsseitige Ausstülpung des


Pouches in der Incisura ventral des Cornu superior des Schild-
knorpels. Dies stellt die Prädilektionsstelle für die Ausstülpung
eines Pouches dar

3.9.2
Ösophageale Divertikel

Ösophageale Divertikel sind sehr häufig ebenfalls mit


Abb. 3.84. Pouches in verschiedenen Höhen. Rechts finden
Motilitätsstörungen der tubulären Speiseröhre oder
sich 3 Pouches, wobei lediglich die beiden kranialen am typi- der Kardia assoziiert. Ihre Klassifikation basiert auf
schen Ort, das links basale jedoch atop gelegen ist. Ferner fin- ihrer Lokalisation.
det sich ein Pouch der linken Seite am typischen Ort Das oben abgehandelte Zenker-Divertikel sowie
das Killian-Jamieson-Divertikel sind keine Divertikel
des Ösophagus, sondern des Pharynx bzw. pharyngo-
ösophagealen Übergangs.
Am tubulären Ösophagus unterscheidet man die
In einer EBT- („Electron-Beam-CT-“) Studie konnte Divertikel der Ösophagusmitte und die epiphreni-
die Lokalisation der Protrusionen an der Oberkante schen Divertikel, welche meistens relativ nah am
des Schildknorpels, vor dem Cornu superior, lokali- Zwerchfell gelegen sind.
siert werden. Sie entspricht der Eintrittspforte der
Gefäße und Nerven in den Pharynx (Abb. 3.85). Divertikel des mittleren Ösophagus
Nach lang bestehender Druckbelastung des (das früher so genannte „Traktionsdivertikel“)
Pharynx oder gelegentlich posttraumatisch, z. B. Bis in die 1990er Jahre wurden die Divertikel des
nach Einspießen eines Hühnerknochens in die Mem- mittleren Ösophagus vor allem in Nachbarschaft
brana thyreohyoidea, können sich inkonstante und zum Hilus als Traktionsdivertikel betrachtet, und es
konstante laterale oropharyngeale Divertikel ausbil- wurde ihnen keine wesentliche klinische Signifikanz
den (Hannig et al. 1987 a,b). zugesprochen (Abb. 3.86).

Tabelle 3.11. Schweregrad der Pouches

Grad Größe Zeit des Auftretens Entleerung

Grad I Kleines Pouch Teil der Boluspassage Sofortige Entleerung


Grad II Größeres Pouch Ganze Pharynxpassage Entleerung mit Boluspassage
Grad III Großes Pouch Ganze Pharynxpassage Entleerung nach Boluspassage mit pharyngealer Retention
104 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

vertikel, die eine röntgenmorphologische Form wie


traktionsbedingte Aussackungen aufweisen, schei-
nen eher auf einer embryonalen Missbildung zu be-
ruhen, d. h. auf einer fehlenden Trennung von Gewe-
bebrücken zwischen Bronchialsystem und Ösopha-
gus während der Embryogenese (Hannig 1995). Bei
den Divertikeln der mittleren Ösophagusregion fan-
den wir in 80% das Muster eines Pulsionsdivertikels.

왔 Wir definieren ein Divertikel als Pul-


Definition
sionsdivertikel, wenn es rundlich kon-
figuriert ist und seine Größe und Form sich während
der Boluspassage verändert.

Ein weiteres wichtiges Kriterium ist, dass sich die


Divertikel während des Schluckaktes um mindestens
2 cm kranial-kaudal bewegen. Die am häufigsten
zugrunde liegenden Erkrankungen in unserem Pa-
tientengut waren ösophageale Motilitätsstörungen,
wie hypermotile Achalasie, diffuser Spasmus oder
refluxinduzierte Motilitätsstörungen.

Merke ! Auch die Divertikel im mittleren Öso-


phagus sind zu hohem Anteil Pul-
sionsdivertikel. Insbesondere bei symptomatischen
Patienten bestehen bei 88% Pulsionsdivertikel der
Abb. 3.86. Hohes Traktionsdivertikel im mittleren Ösophagus mittleren Speiseröhre.

Epiphrenische Divertikel
Epiphrenische Divertikel sind in der Regel assoziiert
In letzter Zeit hat sich diese Betrachtungsweise re- mit ösophagealen Motilitätsstörungen wie z. B. ei-
lativiert, und einige Studien haben gezeigt, dass auch nem diffusen Ösophagusspasmus oder auch unspezi-
die im mittleren Ösophagus gelegenen Divertikel fischen Funktionsstörungen der Speiseröhre. Beson-
mehr dem Pulsionstyp zuzuordnen sind, wie z. B. ders häufig treten sie im Rahmen einer Dysfunktion
die Zenker-Divertikel oder auch die epiphrenischen der Kardia auf, hier meistens auf dem Boden einer
Divertikel. verzögerten oder inkompletten Kardiaöffnung.
Pulsionsdivertikel in Höhe des mittleren Ösopha- Annähernd 2/3 der Patienten mit epiphrenischem
gus sind auch nach unseren eigenen Beobachtungen Divertikel haben spezifische Motilitätsstörungen der
nicht selten beim diffusen Spasmus und nichtspezifi- Speiseröhre, wobei die hypermotile Achalasie die
schen Kontraktionsstörungen der Speiseröhre anzu- häufigste Form darstellt. Ferner ist eine refluxassozi-
treffen. ierte Genese wahrscheinlich.
Auch andere Autoren haben aufgrund von radio- Der hohe Prozentsatz von Motilitätsstörungen
logischen und manometrischen Befunden postuliert, in Verbindung mit epiphrenischen Divertikeln be-
dass die Divertikel des mittleren Ösophagus mehr stimmt auch den therapeutischen, speziell den chir-
dem Pulsionstyp entsprechen. Die manometrischen urgisch-therapeutischen Ansatz. Die Patienten soll-
Daten wiesen distal der Divertikelsäcke hypertone ten in jedem Falle einer Manometrie unterzogen
Druckwerte in der Speiseröhre auf, die radiologi- werden, um nach kurablen manometrisch nachweis-
schen Befunde machten die typische Pulsionsform baren Krankheiten zu fahnden, bevor eine rein
und auch eine pulsatile Entwicklung dieser Diverti- symptomatische Resektion des Divertikels durchge-
kel unter Durchleuchtung wahrscheinlich. Ihr radio- führt wird. Bei persistierenden Motilitätsstörungen
logisches Erscheinungsbild gleicht weitgehend dem nach alleiniger Divertikelektomie ist die Rezidivrate
der epiphrenischen Divertikel. mit 20–35% sehr hoch.
Die Theorie einer entzündlichen Adhäsion im Die Myotomie des unteren Ösophagussphinkters
Rahmen z. B. einer Tuberkulose mit konsekutiver ist heute eine Routinemaßnahme bei der Operation
Traktion ist weitgehend verlassen. Die wenigen Di- der epiphrenischen Divertikel.
3.9 Divertikel des Pharynx und des Ösophagus 105

CAVE ! Im Falle der epiphrenischen Diverti-


kel und der Divertikel des mittleren
Klinik
Die ösophageale intramurale Pseudodivertikulose
Ösophagus sollte bei geplanter Operation vorher in tritt im Allgemeinen im höheren Lebensalter auf und
jedem Fall eine Manometrie durchgeführt werden, da bevorzugt leicht das männliche Geschlecht. Etwa
eine alleinige Divertikelektomie ohne vorherige ma- 20% der Patienten leiden unter Diabetes mellitus,
nometrische Abklärung das Risiko eines postoperati- 15% sind Alkoholiker. Es findet sich eine Prävalenz
ven Rezidivs des Divertikels erhöht. Eventuell muss von annähernd 90% von begleitenden ösophagealen
dann eine zusätzliche Myotomie durchgeführt wer- Strikturen, meistens entzündlicher Genese.
den. Die Behandlung ist normalerweise auf die oben
genannten Strikturen gerichtet, da die Pseudodiverti-
Morphologisch bzw. funktionell sind die epiphreni- kel ihrerseits selten dysphagische Probleme erzeu-
schen ebenso wie die mitt-ösophagealen Divertikel gen. Hierbei hat sich die pneumatische Dilatation als
von den so genannten Barsony- oder auch inkonstan- sehr erfolgreich erwiesen.
ten Divertikeln bei der hypermotilen Achalasie oder
beim diffusen Spasmus zu unterscheiden, die nur Radiologische Symptomatik
vorübergehend zwischen 2 „Hochdruckzonen“ aus- Die intramurale Pseudodivertikulose der Speiseröh-
gepresst werden. re wird in weit weniger als 0,1% des Patientenguts
mit Bariumösophagogramm diagnostiziert. Die Öso-
Intramurale Pseudodivertikulose des Ösophagus phagographie ist dennoch sensitiver als die Endosko-
(Siehe auch entzündliche Erkrankungen des Ösopha- pie, da die Visualisierung der sehr kleinen Öffnungen
gus) der dilatierten muzinösen Ausführungsgänge extrem
Die Pseudodivertikulose des Ösophagus ist keine schwierig ist. Das klassische Bild der intramuralen
eigentliche Divertikelerkrankung, sondern gehört zu Pseudodivertikulose ist gekennzeichnet durch intra-
den entzündlichen Alterationen des Ösophagus. Um murale, sehr kleine, 1–4 cm lange kaktusartige Aus-
häufige Verwechslungen diesbezüglich zu verhin- buchtungen entlang der Achse der Speiseröhre.
dern, sei sie an dieser Stelle abgehandelt. Die Darstellung der Pseudodivertikel gelingt in
der Regel nur mit Barium. Nach unseren Erfahrun-
Pathogenese gen hat es sich bewährt, die Füllung der intramura-
Der Ösophagus enthält normalerweise über 200 tiefe len Drüsengänge mit einer Bariumsulfatsuspension
muzinöse Ausführungsgänge, welche sich longitudi- durchzuführen. Dazu ist es sinnvoll, den Patienten
nal der langen Ösophagusfalten ausbreiten. Sie haben in Rückenlage etwa 10 Minuten verweilen zu lassen,
eine Länge zwischen 2 und 5 mm. Pathologisch-ana- nachdem vorher jeweils eine Ampulle Buscopan/
tomische Studien haben gezeigt, dass die intramura- 50 kg KG injiziert wurde, um eine ausreichend lange
le Pseudodivertikulose dilatierten Ausführungsgän- Kontaktzeit des Kontrastmittels mit der Ösophagus-
gen dieser tiefen muzinösen Drüsen entspricht. wand zu gewährleisten. Im Anschluss daran kann der
Die Ursache der Pseudodivertikulose wird noch Patient aufgerichtet und die Untersuchung im Dop-
etwas kontrovers diskutiert. In 30–40% der Patienten pelkonstrast mit Gabe von Gasbildnern ergänzt wer-
fanden sich Candida albicans. Daraus folgerten eini- den. Das Kontrastmittel hat somit ausreichend Zeit,
ge Autoren, dass die Candidaösophagitis zur Ent- in die winzig kleinen Ausführungsgänge einzudrin-
wicklung der Pseudodivertikulitis prädisponiert. gen (Hannig 1995). In unserem Patientengut fanden
Dennoch wird von den meisten Autoren diese Candi- sich in <0,5% intramurale Pseudodivertikulosen.
dabesiedlung als sekundärer Faktor nach einer pri- Meistens fielen sie durch eine erhebliche Odynopha-
mären Entzündung der Speiseröhre postuliert. gie auf.
80–90% der Patienten mit Pseudodivertikulose Wegen der Metaplasie der Schleimhaut im Bereich
zeigen endoskopisch oder histologisch eine inflam- der muzinösen Ausführungsgänge ist eine seltene
matorische Erkrankung der Speiseröhre. Dabei fan- Komplikation der Pseudodivertikulose auch eine
den sich vermehrt narbige Strikturen vor allem im maligne Entartung. Auf radiologische Zeichen einer
distalen Ösophagus, meist als Ergebnis einer Reflux- solchen ist somit dringend zu achten. Gelegentlich
ösophagitis. führt auch die Perforation von ösophagealen intra-
Somit ist vermutlich die ösophageale intramurale muralen Pseudodivertikeln zur Entwicklung einer
Pseudodivertikulose als Folge der chronischen Öso- periösophagealen Abszessbildung bis hin zur Medi-
phagitis, speziell der Refluxösophagitis anzusehen. astinitis.
Dies ist jedoch nicht statistisch erwiesen, da nur we-
nige Patienten mit Ösophagitis dieses seltene Krank-
heitsbild aufweisen.
106 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

3.10
Tumoren
3.10.1
Benigne Tumoren des Pharynx und des Ösophagus

Der häufigste benigne submukosale Tumor der


Speiseröhre ist das Leiomyom, welches >50% aller
gutartigen ösophagealen Tumoren ausmacht (Abb.
3.87 a, b). Die Leiomyome des Ösophagus treten
meist solitär auf. Sie liegen meist unterhalb der Tra-
chealbifurkation, da hier ein höherer Anteil glatt-
muskulärer Ösophaguswand vorliegt. Sie wachsen
nicht in den skelettmuskulären, gestreiften Muskel-
anteilen des Speiseröhre.
Klinisch sind die meisten Patienten mit ösophage-
alen Leiomyomen lange Zeit asymptomatisch. Sogar
relativ große Tumoren bis zu 3 cm Durchmesser er-
zeugen keinerlei dysphagische Beschwerden. Erst bei
einer Obstruktion von >50% des Lumens werden
diese Tumoren symptomatisch.
In der Doppelkontrastradiographie stellen sie sich
als sehr glatt begrenzte, pelottenartige Raumforde-
rungen der Speiseröhre mit unversehrtem Schleim-
hautrelief dar (submuköses Wachstum!). Ihre Größe
kann zwischen 2 und 8 cm betragen. Sie zeigen die
typische Form anderer intramuraler Läsionen des
Gastrointestinaltrakts.
In der Mukosa können Papillome und benigne
Adenome auftreten.
Die mukosalen Papillome machen nur 5% aller
benigen Tumoren des Pharynx und des Ösophagus
aus. Im Doppelkontrastradiogramm erscheinen sie
als kleine polypöse Raumforderungen von <1 cm
Durchmesser mit glatter oder leicht lobulierter Ober-
fläche.
Die mukosalen Adenome machen <1% aller benig-
nen Ösophagus- und Pharynxtumoren aus. Sie ent-
stehen am häufigsten in Zylinderepithelarealen,
sodass man annimmt, dass sie sich aus ektopischen
Magenmukosainseln entwickeln (häufig bei der Bar-
rett-Mukosa; Abb. 3.88 a, b).
Beide Formen der mukosalen „benigen“ Tumoren
sollten wegen einer Entartungstendenz, die etwa der
von Kolonpolypen entspricht, endoskopisch abgetra-
gen werden.
Zu den in der Submukosa auftretenden gutartigen
Tumoren der Speiseröhre und des Pharynx gehören
der Häufigkeit nach: Abb. 3.87. Leiomyom mit typischer glattwandiger submuköser
Raumforderung „en profil“ (a) und „en face“ (b)
∑ das Leiomyom,
∑ der fibrovaskuläre Polyp,
∑ der Granulosazelltumor (und andere mesenchy-
Sehr seltene gutartige Tumoren des Pharynx und der
male Tumoren) und
Ösophagus sind intramurale Zysten, Fibrome und ge-
∑ selten Zysten und Fibrome.
stielte fibroadenomatöse Polypen (Abb. 3.89 a–c).
3.10 Tumoren 107

Abb. 3.88 a, b. Ösophagusadenom im


mittleren Ösophagus. a Radiologisch
erkennt man eine Vorwölbung in das
Ösophaguslumen. b Endoskopische
Ansicht des flach der Schleimhaut
aufsitzenden Adenoms

Abb. 3.89 a–c. 65-jährige Patientin mit peristierender Dysphagie und einem großen histologisch gesicherten fibrovaskulären
Polypen. (Mit freundlicher Genehmigung von P. Pokieser und A. Ba-Ssalamah, Radiologische Klinik, AKH, Wien)
108 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

3.10.2 Weiterhin erlaubt die dynamische Untersuchung


Maligne Pharynxtumoren eine Einschätzung des Ausmaßes der funktionellen
Einschränkung des Pharynx durch den Tumor und
Der Radiologe sollte mit den Neoplasien des Pharynx erfasst frühzeitig Komplikationen wie Fisteln oder
ebenso vertraut sein wie mit dem Ösophaguskarzi- Aspirationsepisoden.
nom. Plattenepithelkarzinome der Zunge, des Pha- Die Symptome des Pharynxkarzinoms sind unspe-
rynx und des Larynx stellen 5% aller Karzinome in zifisch. Sie treten nach einem kurzen Zeitintervall
den USA dar. Im Gegensatz dazu machen die Öso- von <4 Monaten auf. Sie reichen vom Globusgefühl
phaguskarzinome nur 1% aller Karzinome in den über Dysphagie bis zur Odynophagie und Hustenreiz
USA aus. Diese Zahlen sind denjenigen in Deutsch- bei laryngealer Penetration. Heiserkeit tritt auf, wenn
land vergleichbar. der Larynx infiltriert wird oder die medialen Sinus
Die Prognose der pharyngealen Karzinome ist piriformis betroffen sind, insbesondere bei Infiltra-
besser als die der Ösophaguskarzinome, die Fünfjah- tion der Aryknorpel. Fast alle Patienten (>95%) be-
resüberlebensrate liegt für pharyngeale Karzinome treiben einen mittelgradigen bis schweren Alkohol-
bei 20–40%, wogegen die Fünfjahresüberlebensrate und Tabakmissbrauch.
für das fortgeschrittene Ösophaguskarzinom nur bei 90% aller malignen Läsionen des Oro- und Hypo-
etwa 5–10% liegt. pharynx sind Plattenepithelkarzinome. 20% der Pa-
Eine Pharyngoösophagographie hat dort eine spe- tienten mit Pharynxtumoren zeigen weitere primäre
zielle Wertigkeit, wo die flexible Endoskopie natur- Tumoren der Mundhöhle, des Ösophagus oder der
gemäß methodische Schwierigkeiten aufweist: Dies Lunge (Abb. 3.90 a,b, Abb. 3.91).
sind die unteren Abschnitte der Zungenbasis, die Wegen der hohen Inzidenz von Ösophaguskarzi-
Valleculae, der Hypopharynx und der pharyngoöso- nomen beim Larynx- und Pharynxkarzinom, die
phageale Übergang (oberer Ösophagussphinkter). zwischen 1 und 15% liegt, ist eine Mituntersuchung
Darüber hinaus kann vor allem die dynamische der Speiseröhre bei der Pharyngographie obligat zu
Untersuchung simultane, strukturelle und funktio- fordern.
nelle Läsionen mit großer Präzision erfassen, wie z. B.
einen prominenten M. cricopharyngeus, ein Zenker-
Divertikel oder ein Web bzw. eine Striktur anderer Merke ! Beim Nachweis eines Pharynx- oder
Larynxkarzinoms sollte unbedingt
Genese, die durch die konventionelle Endoskopie oft eine radiologische und ggf. endoskopische weitere
schwierig zu passieren sind. Abklärung der Speiseröhre erfolgen.

Abb. 3.90 a, b. Großes linksseitiges Plattenepithelkarzinom der Oro- und Hypopharynxrückwand


3.10 Tumoren 109

Tabelle 3.12. TNM-Klassifikation von Pharynxtumoren. (Nach


Wittekind u. Wagner 1997)

pT-Klassifikation (Primärtumor)
pTX Primärtumor kann histologisch nicht beurteilt
werden
pT0 Kein histologischer Anhalt für Primärtumor
pTis Carcinoma in situ
pT 1–4 Zunehmende Größe und/oder lokale Ausdehnung
des Primärtumors

pN-Klassifikation der Kopf-Hals-Tumoren


(außer denen des Nasopharynx)
pNX Regionäre Lymphknoten können
nicht beurteilt werden
pN0 Keine regionären Lymphknotenmetastasen
pN1 Metastase in solitärem ipsilateralem Lymphknoten,
3 cm oder weniger
pN2a Metastase in solitärem ipsilateralem Lymphknoten,
>3 cm, <6 cm
pN2b Metastasen in multiplen ipsilateralen
Lymphknoten, keiner >6 cm
pN2c Metastasen in bilateralen oder kontralateralen
Lymphknoten, keiner >6 cm
pN3 Metastase(n) in Lymphknoten, >6 cm
Abb. 3.91. Pharynxhinterwandtumor in Höhe des Oropha-
rynx und gleichzeitig Velumtumor, welcher das Cavum oris pM-Klassifikation (Fernmetastasen)
einengt pMX Fernmetastasen können mikroskopisch
nicht beurteilt werden
pM0 Mikroskopisch keine Fernmetastasen
pM1 Mikroskopisch Fernmetastase(n),
kann ergänzt werden und durch Bezeichnung
des Organs (z. B. pul für Lunge), Lymphknoten-
Eine Klassifikation der Pharynxtumoren ist für eine metastasen jenseits der regionären Lymphknoten
stadienorientierte Therapie unerlässlich.Verschiede- gelten als Fernmetastase (pM1)
ne Einteilungen sind in Tabelle 3.12, Tabelle 3.13 und
R-Faktor (Residualtumor)
Tabelle 3.14 zusammengestellt. Der R-Faktor beschreibt das Vorhandensein
CT und MRT als Schnittbildverfahren sind die von Residualtumor nach Behandlung
Mittel der Wahl, die extraluminale Tumorausdeh- RX Vorhandensein von Residualtumor
nung und die regionale Lymphknotenmetastasie- kann nicht beurteilt werden
R0 Kein Residualtumor
rung zu erfassen. Vor allem submuköse Tumoren, die R1 Mikroskopischer Residualtumor
mit modernen Endoskopen oft übersehen werden, R2 Makroskopischer Residualtumor
sind mit diesen Methoden am besten zu detektieren.
Auch die retrokrikoidale Region stellt eine besonde- Der Zusatz p (pathologisch) bedeutet, dass sich
die Klassifikation nach der histologischen Untersuchung
re Herausforderung für die radiologische Diagnostik des Operationspräparates orientiert.
dar, da diese Region oft nicht ausreichend endosko-
pisch einsehbar ist. Die Erfassung der pharyngola-
ryngealen Tumoren im Schnittbild wird im Band
Kopf-Hals aus der Reihe Handbuch diagnostische Tabelle 3.13. Stadieneinteilung Karzinome des Mundraumes,
Radiologie gesondert abgehandelt. Die Erfassung des Pharynx, Larynx und der Kieferhöhle aufgeführt. Für die übri-
Lymphknotenstatus und eventueller Metastasen ist gen Regionen gelten davon abeweichende Einteilungen
für ein korrektes prätherapeutisches Staging durch Stadium 0 Tis N0 M0
die TNM-Klassifikation (vgl. Tabelle 3.12) unbedingt
Stadium I T1 N0 M0
erforderlich.
Stadium II T2 N0 M0
Radiologische Untersuchungstechnik Stadium III T3 N0 M0
T1 N1 M0
Für die konventionelle Pharyngographie verwenden T2 N1 M0
wir eine spezielle Mischung aus „Very-high-density- T3 N1 M0
Bariumsulfat“ 1:1, gemischt mit fertiger flüssiger Stadium IV T4 N0 M0
Bariumsuspension und Entschäumungsmittel, um T4 N1 M0
eine optimale Dichte der Schleimhautbenetzung bei Jedes T N2 M0
gleichzeitig günstiger Kontrastmittelviskosität zu Jedes T N3 M0
Jedes T Jedes N M1
erreichen. Ferner werden spezielle Manöver, wie das
110 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Tabelle 3.14. Histomorphologische Malignitätsgraduierung.


(Aus Ihrler 2003)

Grad 1 Das Karzinomgewebe zeigt nach


hoch differenziert: histologischen bzw. zytologischen
Kriterien Ähnlichkeit zu regulär
ausdifferenzierter Plattenepithel-
schleimhaut mit häufiger Ver-
hornung und leicht identifizierbaren
Interzellularbrücken. Die zelluläre
Pleomorphie ist gering, Mitosen sind
selten und atypische Mitosen fehlen
Grad 2 Die Hornbildung ist geringer aus-
mäßig differenziert: gebildet, Interzellularbrücken sind
spärlich nachweisbar, es liegen eine
höhere Kernpleomorphie und
höhere Mitoserate vor
Grad 3 Die Zeichen einer plattenepithelialen
niedrig differenziert: Differenzierung liegen nur spärlich
vor. Die Kernpleomorphie ist hoch-
gradig, die mitotische Aktivität hoch
mit häufigen atypischen Mitosen.
Es kann ein schmalsträngiges
Infiltrationsmuster dominieren

modifizierte Pseudo-Valsalva-Manöver und das Mül-


ler-Manöver angewandt, um die Wanddistension
bzw. deren Fehlen bei Wandinfiltration besser zu
erkennen. Zur Distension des Pharynx im lateralen
Strahlengang hat sich eine laute „E“-Phonation be-
währt. Zur Erfassung der Beweglichkeit der Stimm-
und Taschenbänder im Fall einer laryngealen Infil-
tration werden im posterior-anterioren Strahlengang
bei großer Vergrößerung unter Zentrierung auf die
Glottis die Vokale „A-E-I-O-U“ phoniert. Hierdurch
sind tumorbedingte uni- oder bilaterale Rekurrens-
paresen gut erkennbar (Hannig 1995).
Das Plattenepithelkarzinom der Tonsilla palatina
ist der häufigste maligne Tumor des Pharynx.
Plattenepithelkarzinome des Zungengrundes sind
meist schlecht differenzierte Läsionen, die erst spät
in fortgeschrittenen Stadien mit Lymphknotenme-
tastasen entdeckt werden. Die Tumoren infiltrieren
tief die intrinsische und extrinsische Zungenmusku-
latur. Ipsi- und kontralaterale Lymphknotenmetasta-
sen finden sich in >70% der Patienten. Die Fünfjah- Abb. 3.92 a, b. Epiglottistumor und supraglottischer Tumor.
resüberlebensrate beträgt 20–40%. Bei dieser Dia- a Von der Epiglottis ausgehende Raumforderung, welche in
gnose werden die neuen akzellerierten Radio-Che- den Aditus laryngis reicht. b Rechts große, höckerige Tumor-
mo-Therapien mit einem Zweijahresüberleben von masse, welche von der Epiglottis ausgeht und links sowohl
in den Aditus laryngis, aber vor allem in den linken Recessus
bis zu 65% eingesetzt. piriformis reicht

Tumoren der supraglottischen Region


Plattenepithelkarzinome, die die Epiglottis, die ary- sind in der Regel schlecht differenziert oder un-
epiglottischen Falten und die Schleimhaut, welche differenziert und streuen sehr schnell in den gesam-
den Aryknorpel überlagert, die Taschenfalten und ten supraglottischen Raum und in den präepiglotti-
das Vestibulum laryngis befallen, sind als supraglot- schen Raum. Die Fünfjahresüberlebensrate beträgt
tische Karzinome subsumiert (Abb. 3.92 a, b). Sie etwa 40%.
3.10 Tumoren 111

Tumoren des Sinus piriformis


Plattenepithelkarzinome des Sinus piriformis (Abb.
3.93 a, b) sind in der Regel fortgeschrittene Läsionen
zum Zeitpunkt der Diagnosestellung und zeigen
ebenfalls eine sehr schnelle Tumorausbreitung
und Fernmetastasierung. Lymphknotenmetastasen
treten in 70–80% auf. Die Fünfjahresüberlebensrate
beträgt 20–40%.
Tumoren des lateralen Sinus piriformis infiltrie-
ren die Membrana thyreohyoidea und häufig den
Schildknorpel und die Weichteile des Nackens inklu-
sive der Gefäß-Nerven-Scheide.

Tumoren der Pharynxhinterwand


Plattenepithelkarzinome der Pharynxhinterwand
sind typischerweise bei Diagnosestellung sehr groß,
da sie sehr lange asymptomatisch bleiben. Ihre erste
klinische Manifestation stellt sich normalerweise in
einer Schwellung am Nacken oder Hals, verursacht
durch lokale nodale Metastasen, dar (Abb. 3.94 a, b).
Sie breiten sich longitudinal oft länger als 5 cm in den
Nasopharynx und bis zum zervikalen Ösophagus
aus. Diese Tumorentität des Pharynx ist am häufig-
sten verbunden mit simultanen malignen Läsionen
der Mundhöhle und des Ösophagus. Die Fünfjahre-
überlebensrate beträgt etwa 21%.

Tumoren der Postkrikoidalregion


Plattenepithelkarzinome der Postkrikoidalregion
sind sehr selten, außer in Skandinavien. Man vermu-
tet eine Assoziation mit Eisenmangelanämie und
zervikalen ösophagealen Webs (Vincent-Syndrom)
wie auch Pemphigus vulgaris (Enterline u. Thomp-
son 1976).
Die postkrikoidalen Karzinome (Abb. 3.95) sind
leicht zur verwechseln mit der so genannten post-
oder subkrikoidalen Impression des Pharynx, die aus
abundanter Mukosa besteht. Dies ist eine formvaria-
ble Vorwölbung, die lediglich während des Schluck-
aktes zu beobachten ist und nach dem Schlucken
wieder verstreicht. Die retrokrikoidale Impression
weist grundsätzlich 6 morphologische Erscheinungs-
formen auf (Abb. 3.96). Auf Einzelfilmaufnahmen ist
im konventionellen Röntgen eine Verwechslung mit
Webs oder retrokrikoidalen Karzinomen häufig.
Hilfreich ist in diesem Fall die dynamische Aufzeich-
nung, da der Nachweis der Formvariabilität ein rela- Abb. 3.93 a, b. Tumor im rechten Sinus piriformis. a Laterale
tiv sicheres Zeichen der Benignität der Läsion dar- Ansicht mit Ausdehnung in den Oropharynx. b P.-a.-Ansicht
des rechten Sinus piriformis mit Verminderung des Lumens
stellt. und eine Destruktion des lateralen Pharynxwand
112 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.94 a, b. Pharynx-Hinterwand-Tumor. Oro-Hypopharynx-Tumor links, welcher die Boluspassage z. T. behindert

Veränderungen nach Therapie von Pharynxtumoren


Der Pharynx und der Ösophagus können sowohl im
Rahmen der primären wie der additiven Therapie
von Tumoren, wie Lymphomen oder Plattenepithel-
karzinomen beeinträchtigt sein, aber auch bei der
Strahlentherapie des Larynxkarzinoms miterfasst
werden. Die akute Mukositis und ein Ödem treten
früh im Bestrahlungsverlauf auf, gefolgt von Epithel-
nekrosen und Ulzerationen mit submuköser Entzün-
dung. Die Mukosa atrophiert, und eine submuköse
Fibrose kann entstehen. Die Mehrzahl der chroni-
schen Strahlenschäden resultieren von vaskulären
Veränderungen wie Thrombose und Fibrose der
Kapillaren und der Lymphbahnen und einer subinti-
malen Fibrose mit Hyalinisierung der Venen und
Arterien. Diese vaskulären Veränderungen führen
zur Atrophie der Haut und zur Fibrose des subkuta-
nen Gewebes sowie auch der Muskulatur.
Etwa 15% der Patienten entwickeln ein persistie-
rendes Ödem nach Strahlentherapie. Sehr häufig tritt
Abb. 3.95. Tumor in der Retrokrikoidalregion. Die höckerig auch eine Xerostomie auf, sofern die Parotis- oder
erscheinende Raumforderung ist während mehrerer Schluck-
abläufe fast gleich erkennbar Submandibulardrüsen mit im Strahlenfeld lagen. Die
Xerostomie führt zu persistierender Dysphagie. Ra-
diologisch ist sie gut an einer vermehrten Benetzung
der Schleimhaut zu erkennen.
3.10 Tumoren 113

Abb. 3.96. Sechs Grundtypen


der retrokrikoidalen Impression.
Aufgrund der Form ist eine Klas-
sifizierung in gut- oder bösartig
nicht möglich. Nur die Formvari-
abilität während des Schluckaktes
ist ein Hinweis auf Benignität

Abb. 3.97 a–c. Polypös wachsen-


des Plattenepithelkarzinom im
mittleren Ösophagusdrittel in
verschiedenen Projektionen

3.10.3 Inzidenz von Refluxerkrankungen, insbesondere seit


Maligne Ösophagustumoren Ende der 1970er Jahre. Diese Karzinome entwickeln
sich auf der Basis eines Barrett-Ösophagus und
Ösophaguskarzinome stellen etwa 1% aller malignen unterliegen völlig anderen pathophysiologischen
Erkrankungen und 7% aller Karzinome des Gastro- Grundlagen als die Plattenepithelkarzinome.
ösophagealtrakts dar. Die Prognose ist generell sehr Rein röntgenmorphologisch lassen sich die Plat-
schlecht mit einer Gesamtfünfjahresüberlebensrate tenepithelkarzinome weder in der CT noch in der
von <10%. Noch vor 10–15 Jahren stellten Plattenepi- Doppelkontrastradiographie von den Adenokarzino-
thelkarzinome den Hauptanteil der Karzinome der men unterscheiden.
Speiseröhre dar (Abb. 3.97 a–c). Im Falle einer geplanten Resektion ist es für den
Das Adenokarzinom des Ösophagus ist aber in sei- Chirurgen wichtig, neben dem Tumor-Staging durch
ner Inzidenz in den letzten Jahren dramatisch ange- die Übersichtsradiographie eine weitere Information
stiegen. Dies beruht vermutlich auf der vermehrten über die Topographie des Tumors zu erhalten, insbe-
114 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

sondere über die Lagebeziehung zum linken Haupt-


bronchus bzw. zur Trachea sowie zum oberen Öso-
phagussphinkter und zur Kardia (Hannig 1995).

Plattenepithelkarzinom
Das Plattenepithelkarzinom der Speiseröhre zeigt
auffällig große geographische Variationen. So gibt es
z. B. den so genannten „asiatischen Ösophaguskarzi-
nomstreifen“. Dieser erstreckt sich von der Osttürkei,
dem Nordiran über Indien nach Nordchina. Als
Hauptursache dieser regionalen Spitzen werden in
erster Linie die speziellen Ernährungsgewohnheiten
verantwortlich gemacht. Eine hereditäre Prädisposi-
tion erscheint weniger wahrscheinlich.Auch Umwelt-
faktoren spielen eine Rolle in der Pathogenese der
Plattenepithelkarzinome: So sind Nitrosamine oder
andere Nitrosokomponenten potente Karzinogene,
die in hoher Konzentration in der Nahrung und im
Wasser von Teilen Nordchinas vorkommen. In letzter
Zeit hat sich die Ursachenforschung auch auf den pa-
thogenetischen Einfluss des humanen Papilloma-
virus (HPV) konzentriert. In China wurde der HPV zu
23–66% in Proben, die aus dem Tumor entnommen
wurden, nachgewiesen. Zumindest wirkt dieser Virus
offensichtlich synergistisch in der Kanzerogenese.
Nach Definition der „Japanese Society for Esopha-
geal Diseases“ sind die Frühkarzinome histologisch Abb. 3.98. Kleines Plattenepithelkarzinom, im Doppelkon-
trast durch die unregelmäßige Schleimhaut mit Buckelung er-
auf die Mukosa oder Submukosa beschränkt und zei- kennbar
gen keine Lymphknotenbeteiligung. Diese histologi-
sche Form erreicht eine Fünfjahreüberlebensrate von
annähernd 90%. Hingegen ist das oberflächliche
Ösophaguskarzinom zwar ebenfalls auf die Mukosa
und Submukosa begrenzt, weist aber bereits früh Das Adenokarzinom
Lymphknotenmetastasen auf (vgl. Abb. 3.97 a–c). Die Adenokarzinome zeigen lediglich eine erhöhte
In der Literatur werden die Begriffe frühes Öso- Prävalenz des Befalls der distalen Speiseröhre und
phaguskarzinom, oberflächliches Ösophaguskarzi- der Kardia. Sie werden nach Siewert et al. (1990) in
nom und kleines Ösophaguskarzinom häufig syno- Karzinome des ösophagogastrischen Übergangs Typ
nym gebraucht. Diese Begriffe sollten jedoch nicht AEG I, AEG II und AEG III eingeteilt (Abb. 3.99 a–c).
synonym verwendet werden, da sie auf unterschied-
∑ Die Adenokarzinome des Typs AEG I sind auf die
lichen histopathologischen Grundlagen beruhen und
distale Speiseröhre begrenzt (Abb. 3.100 a–d).
sie sich dadurch erheblich in ihrer Prognose unter-
∑ Der Typ AEG II zeigt eine deutliche Mitbeteilung
scheiden (Abb. 3.98).
der Kardia (Abb. 3.101).
Die so genannten Frühkarzinome sind ein Aus-
∑ Die Karzinome des Typs AEG III sind überwie-
druck für Tumoren <3,5 cm Größe. Dies ist die einzi-
gend auf den Magen und die Kardia begrenzt
ge Definition, unabhängig von der Tiefe ihrer Inva-
(Abb. 3.102 a–c).
sion oder der Präsenz oder Absenz von Lymphkno-
tenmetastasen.
3.10 Tumoren 115

Abb. 3.99 a–c. Operationspräparate entsprechend der Eintei- subkardial lokalisiert. (Mit freundlicher Genehmigung von
lung AEG I bis III (nach Siewert et al. 1990). a AEG I: Tumor A. Sendler, Chirurgische Klinik und Poliklinik, TU-München,
nur im Ösophagus. b AEG II: Tumor im ösophagogastrischen aus Sendler 2006)
Übergang. c AEG III: Tumor vorwiegend in der Kardia und

Abb. 3.100 a–d. AEG I nach Siewert. a Zirkuläres Tumor-


wachstum. (Fortsetzung siehe nächste Seite)
116 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.100 a–d. (Fortsetzung)


b–d Polypöses Wachstum
in 3 verschiedenen Ebenen

Diese Einteilung gilt für die Adenokarzinome unab-


hängig vom TNM-Staging der malignen Tumoren.
Auch heute noch wird die Diagnose eines Ösopha-
guskarzinoms sehr spät gestellt, d. h. beim Auftreten
einer massiven Dysphagie oder bei einer Tumorinva-
sion in die periösophagealen lymphatischen oder
mediastinalen Strukturen. Die Lumenobstruktion
zum Zeitpunkt der Diagnosestellung beträgt dann
oftmals bereits 40–50%. Meistens befinden sich die
Patienten dann bereits in einem Tumorstadium der
T3N1-Kategorie.

Platten- und Adenokarzinome

Merke ! Nikotinabusus und Alkoholabusus


sind die Hauptrisikofaktoren für die
Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms der Spei-
seröhre.

Darüber hinaus haben Tabakkonsum und Alkohol-


konsum einen synergistischen Effekt, d. h. Patienten,
die rauchen und trinken, haben eine wesentlich hö-
here Inzidenz von Plattenepithelkarzinomen der
Abb. 3.101. AEG II nach Siewert mit Tumoranteilen im dista- Speiseröhre. Seltenere Ursachen sind eine Achalasie,
len Ösophagus und dem Hiatus eine Laugenstriktur und ein vorbestehender Kopf-
3.10 Tumoren 117

Abb. 3.102 a–c. AEG III nach Siewert. a Im Röntgenbild


Darstellung eines polypoiden Tumors, überwiegend die
Kardia befallend. b In der CT deutliche Tumorausbreitung
kardial und subkardial. c Endoskopischer Aspekt der Kardia.
(Mit freundlicher Genehmigung von R. Ott, München)

Hals-Tumor sowie das Plummer-Vinson-Syndrom Ingesamt liegt das Risiko bei Patienten mit chroni-
und die Tylosis der Speiseröhre (Gore u. Levine schem Reflux, ein Adenokarzinom zu entwickeln,
2000). in der Größenordnung von 1% (s. oben, so genannte
Zur Karzinomentwicklung bei Laugenverätzun- 10er-Regel). Diese Adenokarzinome entwickeln sich
gen s. oben. in Folge von progressiven epithelialen Dysplasien in
Beim Plummer-Vinson-Syndrom oder auch Peter- den Bereichen präexistenter Zylinderepithelmetapla-
sen-Kelly-Syndrom besteht charakteristischerweise sien des Ösophagus. Es wird daher eine regelmäßige
ein Eisenmangel mit Anämieglossitis und häufig endoskopische Kontrolle bei Patienten mit bekann-
postkrikoidalen Webs, die zur Dysphagie führen. Die tem Barrett-Ösophagus empfohlen.
Prävalenz von hypopharyngealen und/oder ösopha-
gealen Karzinomen bei Patienten mit Plummer-Vin- Radiologische Untersuchungstechnik
son-Syndrom reicht von 4–16%, meist in Verbindung Ein adäquat durchgeführtes Doppelkontrast-Barium-
mit postkrikoidalen Webs (Enterline u. Thompson ösophagogramm hat eine Sensitivität von >95% für
1976; Abb. 3.103 a, b). die Detektion von Ösophaguskarzinomen und ist so-
Studien, die mehr auf Inzidenz- als auf Prävalenz- mit durchaus vergleichbar mit der Sensitivität der
daten basieren, geben das relative Risiko der Ent- Endoskopie, die zwischen 95 und 100% angegeben
wicklung eines Adenokarzinoms bei Patienten mit wird, wobei letztere natürlich die Vorteile der soforti-
Barrett-Ösophagus als 30- bis 40-mal größer an als in gen Biopsie beinhaltet.
der Normalbevölkerung.
118 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.104. Im Doppelkontrast erkennbare Tumorpelotte mit


oberflächlicher langstreckiger Ulzeration im Zentrum, so ge-
nanntes „superficial spreading carcinoma“

Frühkarzinome im Barrett-Ösophagus können


als lokalisierte Areale mit abgeflachter Wand oder
umschriebener Schleimhautirregularität innerhalb
einer präexistenten peptischen Striktur auftreten.
Das oberflächlich infiltrierende Karzinom ist eine
andere Form des ösophagealen Frühkarzinoms und
charkterisiert durch ein Areal von konfluierenden
nodulären und plaqueähnlichen Läsionen (Gore u.
Abb. 3.103 a, b. Retrokrikoidales Web. a Mehrere Webs und
Levine 2000; Abb. 3.104). Diese Läsionen können mit
Falten im kranialen tubulären Ösophagus. b Endoskopische einer fokalen Candidaösophagitis verwechselt wer-
Ansicht der Webs. (Mit freundlicher Genehmigung von J. Rei- den. Die Plaques der Candidiasis stellen allerding
chenberger, II. Medizinische Klinik, TU-München) häufig nur diskrete Läsionen, die von Arealen norma-
ler Ösophagusmukosa unterbrochen werden, wohin-
gegen die nodulären und plaqueähnlichen oberfläch-
Radiologisches Symptomatik lich verteilten Frühkarzinome als kontinuierliche
Frühkarzinome des Ösophagus stellen sich üblicher- Schleimhautveränderung auftreten.
weise als kleine, polyzyklisch-polypoide Läsionen Fortgeschrittene Ösophaguskarzinome zeigen ty-
von <3 cm Größe dar. Sie können auch im Doppel- pischerweise den klassischen „Schleimhautabbruch“
kontrast das Bild einer plaqueähnlichen Läsion, häu- von einer völlig glatten Mukosa im Doppelkontrast-
fig mit flachem zentralen Ulkus, bieten. Ein weiteres Ösophagogramm zu einer infiltrativ veränderten po-
morphologisches Erscheinungsbild ist das von klei- lypoiden oder ulzerierten, gelegentlich auch varikös
nen Polypen mit glatter oder leicht lobulierter Ober- anmutenden Läsion (Abb. 3.105, Abb. 3.106). Die
fläche mit kleiner fokaler Schleimhautirregularität mehr polypoid wachsenden fortgeschrittenen Öso-
(vgl. Abb. 3.99 a–c). phaguskarzinome zeigen das Erscheinungsbild einer
3.10 Tumoren 119

Abb. 3.105. Polypöses Ösophaguskarzinom im distalen Öso-


phagus. Das Lumen wird durch den großen exophytischen
Tumoranteil eingeengt
Abb. 3.106. Polypöser Tumor, zirkulär wachsend im distalen
Ösophagus in Koronarer Ansicht einer Multislice-CT-Sequenz

lobulierten intramuralen Raumforderung, mit meis- nung vom Primärtumor – unterbrochen von länger-
tens erheblicher exzentrischer Lumenobstruktion streckig normaler Mucosa – aufzufinden sind.
und häufigen Ulzerationen. Grundlage einer adäquaten therapeutischen Stra-
Daneben existieren die primär ulzerativen Karzi- tegie (Operation, Operation nach neoadjuvanter
nome mit großen nekrotischen Läsionen und nicht Radio-Chemo-Therapie, Radio- oder kombinierte
selten auch Fisteln intramural oder zum Bronchial- Radio-Chemo-Therapie) ist das Staging des Tumors.
system, insbesondere zum linken Hauptbronchus Zum Staging des Lokalbefundes, d. h. also zur
und zur Trachea. Festlegung der T- und N-Kategorie sind CT und MRT
Die varikös eher glattwandig wachsenden Karzi- sowie die endoskopische Sonographie annähernd
nome der Speiseröhre sind Ausdruck einer submukö- gleichwertig, wobei die Endosonographie in der Dif-
sen Tumorausbreitung, die das Vorliegen von Öso- ferenzierung des T2- vom T3-Stadium etwas bessere
phagusvarizen vortäuschen können. Im Unterschied Ergebnisse liefert.
zu diesen stellen sie sich z. B. im Liegen als ein kon- Für die Visualisierung von Fernmetastasen ist die
stanter Füllungsdefekte dar, wohingegen die Varizen CT derzeit der MRT noch überlegen. Wir führen
speziell unter Buscopan-Gabe und in Abhängigkeit grundsätzlich bei eventueller Operabilität oder auch
von der Dauer der Rückenlagerung unter Durch- vor geplanter Radio-Chemo-Therapie eine CT des
leuchtung in Form und Größe variieren (Abb. 3.107). Hals, Thorax, Abdomens und Beckens durch sowie
Alle Ösophaguskarzinome metastasieren früh bei fraglichen neurologischen Symptomen zusätzlich
entlang des ausgedehnten lymphatischen Netzwer- eine zerebrale CT. Erste positive Ergebnisse liegen
kes der Speiseröhre, das aus multiplen submukösen auch mit der Ganzkörper-MRT vor. In den letzten
lymphatischen Kanälen besteht. Diese lymphati- Jahren wurden diese Verfahren durch die PET-Unter-
schen Metastasen haben das Erscheinungsbild von suchungen und insbesondere durch die PET-CT er-
polypoiden oder plaqueähnlichen, gelegentlich auch gänzt (vgl. Abb. 3.15 a, b).
kleinen ulzerierten Läsionen, die in einiger Entfer-
120 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Tabelle 3.15. Stadiengruppierung des Ösophaguskarzinoms.


(Aus Zimmermann et al. 2006)

Stadium 0 Tis N0 M0
Stadium I T1 N0 M0
Stadium II A T2, T3 N0 M0
Stadium II B T1, T2 N1 M0
Stadium III T3 N1 M0
T4 Jedes N M0
Stadium IV Jedes T Jedes N M1
Stadium IV A Jedes T Jedes N M1a
Stadium IV B Jedes T Jedes N M1b

Tabelle 3.16. TNM- Staging der Ösophaguskarzinome. (Aus


Zimmermann et al. 2006)

Stadieneinteilung des Ösophaguskarzinoms


T Primärtumor
T1 Lamina propria, Submukosa
T2 Muscularis propria
T3 Adventitia
T4 Nachbarstrukturen
N Regionäre Lymphknoten
N1 Regionär
M Fernmetastasen
Für Tumoren des unteren thorakalen Ösophagus
Abb. 3.107. Ösophagusvarizen. Girlandenförmige Aussparun- M 1a Zöliakale Lymphknoten
gen im distalen Ösophagus in 2 Ebenen M 1b Andere Fernmetastasen
Für Tumoren des oberen thorakalen Ösophagus
M 1a Zervikale Lymphknoten
M 1b Andere Fernmetastasen
Die PET-CT und auch die PET-MRT liefern im Für Tumoren des mittleren thorakalen Ösophagus
Idealfall durch die Fusion der Befunde eine genaue M 1a Nicht anwendbar
topographische Orientierung über die Areale ver- M 1b Nichtregionäre Lymphknoten,
andere Fernmetastasen
mehrten Glukosestoffwechsels im Tumor bzw. den
Metastasen. Grading des Ösophaguskarzinoms
Die prä- und posttherapeutische PET-Untersu- Das Grading der Plattenepithelkarzinome folgt nach den
chung alleine wird zunehmend zur Evaluierung des üblichen Kriterien
GX Differenzierungsgrad kann nicht bestimmt werden
Ansprechens auf eine neoadjuvante Radio-Chemo- G1 Gut differenziert
Therapie herangezogen. G2 Mäßig differenziert
G3 Schlecht differenziert
Tumorstaging des Ösophagus G4 undifferenziert
Nach der T-Kategorie lassen sich die in Tabelle 3.15
aufgeführten Tumorformen unterscheiden.
Die Einteilung nach TNM-Stadium (Tabelle 3.16) Invasion von Umgebungsorganen
ist für die Festlegung einer Therapie unverzichtbar Sowohl CT als auch MRT sind Methoden, die eine me-
(Abb. 3.108). Falls eine Lymphknotenmetastasie- diastinale Invasion, eine mediastinale Lymphadeno-
rung, eine pulmonale oder hepatische Metastasie- pathie und distale Metastasen eines Ösophaguskarzi-
rung oder eine drohende Fistel erkennbar sind, wird noms detektieren können. Trotzdem ist es mit keiner
nur noch eine Radio-Chemo-Therapie begonnen. der Methoden möglich, die Tiefe der Wandinvasion
Im Fall einer geplanten Resektion ist es für den zu bestimmen. Diese ist nur mit der Endosonographie
Chirurgen wichtig, neben dem Tumorstaging durch verlässlich erkennbar (Abb. 3.109). Die direkte Inva-
die Übersichtsradiographie eine weitere Information sion der periösophagealen Strukturen ist mit den
über die Topographie des Tumors zu bekommen. beiden Schnittbildmethoden verlässlich möglich.
Insbesondere ist die Lagebeziehung zum linken Karzinome des oberen und mittleren Ösophagus
Hauptbronchus, bzw. zur Trachea sowie zum oberen können das Tracheobronchialsystem invadieren,
Ösophagussphinkter und zur Kardia wichtig (Han- hierbei insbesondere die Trachea und den linken
nig 1995). Hauptbronchus.
3.10 Tumoren 121

Abb. 3.108. Ein T4-Ösophaguskarzinom supracarinal/carinal. Infiltration des gesamten Mediastinums

Merke ! Ein CT-morphologischer oder MRT-


morphologischer Defekt in der Fett-
schicht zwischen Trachea bzw. Bronchus und dem
Tumor darf nicht als direktes Zeichen der Invasion
gewertet werden darf. Dagegen ist eine Weichteiltum-
orformation, die die entsprechenden Strukturen im-
primiert, als Infiltration anzusehen.

Invasion der Aorta


Eine dirkete Invasion der Aorta durch ein Ösopha-
guskarzinom ist sehr selten und wird lediglich in
etwa 2% der Autopsiestudien von Patienten, die am
Ösophaguskarzinom verstorben sind, gefunden.
Picus et al. (1983) beschrieb die bisher am weitesten
akzeptierten Kriterien für eine Aorteninvasion. Sie
ergeben sich aus dem Grad eines Kontakts zwischen
Tumor und Aorta. So wird eine <45° große Ausdeh-
Abb. 3.109. Endosonographie von Plattenepithelkarzinomen nung des Kontakts zwischen Ösophagus und Aorta
des Ösophagus. Infiltration aller Wandschichten bei T3-Karzi- als Nichtinvasion, eine >90° reichende Ausdehnung
nom ohne Übergreifen auf die Adventitia. (Mit freundlicher als eine Aorteninvasion angesehen. Unter Anwen-
Genehmigung von H.J. Dittler, Chirurgische Klinik, TU-Mün-
chen) dung dieser Kriterien wies die CT eine Genauigkeit
von 80% bezüglich der Aorteninvasion auf.
122 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Perikardinvasion
Die Perikardinvasion ist durch die CT relativ schwer
zu evaluieren. Dies liegt daran, dass teilweise keine
Fettschicht zwischen Perikard und Ösophagus vor-
liegt. Eine Perikadinvasion durch ein Ösophaguskar-
zinom kann aber nur dann angenommen werden,
wenn eine Fettschicht zwischen Ösophagus und Peri-
kard vorhanden sind und diese lediglich im Bereich
des Tumors infiltriert erscheinen bzw. ein direkter
Masseneffekt im Bereich des Perikards erkennbar ist.

Andere maligne Ösophaguserkrankungen


Non-Hodgkin-Lymphome oder seltener das Hodg-
kin-Lymphom können den Ösophagus befallen
(Abb. 3.110 a, b). Die Manifestation eines Lymphom-
befalls des Ösophagus zeigt sich in der Bariumdop-
pelkontrastdarstellung in einer submukösen Masse,
gelegentlich polypoiden Läsionen und verdickten
Schleimhautfalten, gelegentlich auch Strikturen.
In der CT findet sich eine uncharakteristi-
sche langstreckige Verdickung der Ösophaguswand
(Abb. 3.111).
Eine andere, sehr seltene Tumorentität der Speise-
röhre ist das Spindelzellkarzinom, das sich longitudi-
nal intraluminal als polypoide Läsion ausbreitet und
selten eine wesentliche Lumenobstruktion verur-
sacht.
Sehr selten können neuroendokrine Tumoren der
Speiseröhre angetroffen werden. Abb. 3.110 a, b. Langstreckig verdickte Ösophaguswand mit
relativ glatten Faltenstrukturen bei Lymphom des Ösophagus
Weitere seltene Tumoren der Speiseröhre sind das
Leiomyosarkom, das Kaposi-Sarkom und als häu-
figste metastatische Absiedelungen in der Speiseröhre
Metastasen des malignen Melanoms (Hannig 1995).
Die häufigste Kompression bzw. Infiltration des
Ösophagus erfolgt durch das Bronchialkarzinom.

Komplikationen von malignen Ösophagustumoren


Eine der am meisten gefürchteten Komplikation fort-
geschrittener Karzinome ist die Entwicklung einer
ösophagotrachealen Fistel. Manche Patienten kom-
men erst nach der Entwicklung einer solchen Fistel in
der Klinik zur Vorstellung haben dann die entspre-
chende Anamnese einer chronischen Aspiration
meist mit vorausgegangenen – teilweise mehreren –
Aspirationspneumonien (Abb. 3.112). Die Untersu-
chung muss in diesen Fällen unbedingt mit einem
annähernd isoosmolaren wasserlöslichen Kontrast-
mittel und keinesfalls mit z. B. Gastrografin oder Ba-
rium erfolgen, da sonst erhebliche Komplikationen Abb. 3.111. Massive zirkuläre Wandverdickung der Speiseröh-
von Seiten der Lunge bis zum Lungenödem drohen. re bei Lymphom
3.10 Tumoren 123

Bei den HNO-Tumoren variiert die Behandlung


von einer einfachen Laserchirurgie bis zu einer aus-
gedehnten Tumorchirugie, evtl. gefolgt von einer
Radiotherapie allein oder kombiniert mit einer
gleichzeitigen Chemotherapie. Durch die neuen ag-
gressiveren Protokolle einer kombinierten Radio-
Chemo-Therapie mit Anwendung der akzellerierten
„Concomittant-boost-Technik“ wird die Heilungs-
und Remissionsrate bei fortgeschrittenen Tumorsta-
dien steigen. Dies erhöht aber auch die Inzidenz der
posttherapeutisch sehr stark dysphagischen Patien-
ten. Für Ösophagustumoren steht eine Vielfalt von
Rekonstruktionsmethoden zur Verfügung, welche
nachfolgend bezüglich der wichtigsten radiologi-
schen posttherapeutischen Erscheinungbilder be-
sprochen werden.
Die posttherapeutischen Veränderungen nach Di-
vertikulektomie werden wegen des typischen radio-
logischen Erscheinungsmusters ebenfalls erwähnt.

Posttherapeutisch angepasste Physiologie


Während der pharyngealen Phase des normalen
Schluckaktes wird der endopharyngeale Druck
durch die dorsal und lateral durchschnürende Peri-
staltik unter Gegendruck durch den Larynx und die
Zungenbasis in Kombination mit dem Nasopharyn-
xabschluss durch den weichen Gaumen bewerkstel-
ligt.
Abb. 3.112. Ösophagotracheale Fistel zum linken Bronchial-
Durch die Larynx- und z. T. auch Pharynxteil-
system bei Ösopahguskarzinom resektion entsteht eine massive Veränderung bei der
Boluspropulsion.
Die Resektion eines Teils des Zungengrundes oder
des Mundbodens verursacht häufig eine insuffiziente
3.10.4 Boluspräparation und Boluskompression in der
Posttherapeutische Veränderungen Mundhöhle, was wiederum die zeitgerechte Trigge-
Wegen der enormen Fortschritte in der Diagnostik rung des Schluckaktes beeinträchtigt. Das von Ken-
und Therapie neurologischer Erkrankungen und Tu- nedy u. Kent (1988) postulierte kritische Niveau der
morerkrankungen in den letzten Jahren ist in der Summation von Stimuli zur Reflextriggerung kann
Nachsorge die Bedeutung einer Rehabilitation von postoperativ aufgrund der z. T. ausgedehnten Resek-
verbleibenden Schluckstörungen gestiegen. tion manchmal schwer erreicht werden. Diese Patien-
Durch die Zunahme der Therapiezentren und ten weisen daher eine Verspätung der Reflextrigge-
somit der verfügbaren Therapieplätze in den letzten rung auf, welche oft erst im sekundären (Valleculae)
10–15 Jahren konnten auch Patienten mit einge- oder tertiären (Recessus piriformes) Triggerareal er-
schränkter Prognose behandelt werden. folgt.
Zu den neurologischen Patienten werden auch Neben der Resektion kann auch eine durch eine
solche subsumiert, welche mit einer Operation, einer Strahlentherapie verursachte Mukositis oder eine
Strahlentherapie oder einer Chemotherapie wegen Schleimhautatrophie einen verspäteten oder fehlen-
eines Tumorleidens im Hirn oder Hirnstamm behan- den Schluckreflex bewirken.
delt wurden. Aufgrund der neuen Behandlungs-
methoden wie der Radioimmuntherapie oder der
stereotaktischen Bestrahlung wird die Zahl der er-
Merke ! Die Erholung der Mukosa nach einer
Radiatio benötigt häufig 2–3 Jahre,
folgreich behandelten Patienten und somit die Inzi- bei einer Radio-Chemo-Therapie ist eine vollständi-
denz von posttherapeutischen Schluckstörungen zu- ge Restitution des Gewebes fast nie möglich.
nehmen.
124 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Bei letzteren Patienten tritt die Störung der Reflex- Gastrektomie zur Anwendung kommen. Die Wahl
triggerung vor allem in den Rezeptoren und weniger der Interponate wird von der onkologischen Progno-
in den afferenten Nervenfasern auf. se und den verfügbaren Magen-Darm-Anteilen be-
Eine unilaterale Pharynxresektion verursacht eine stimmt.
ipsilaterale Okklusion der Boluspropulsion. Die Re- Beim klassischen Ösophagusinterponat wird eine
tention eines Bolusrestes in der ipsilateralen Vallecu- linkszervikale perkutane End-zu-Seit-Anastomose
la oder dem verbliebenen ipsilateralen Recessus piri- zwischen Ösophagusstumpf bzw. Pharynx oder Zun-
formis ist die Folge. gengrund und dem Interponat durchgeführt. Beim
Die schwerwiegendste Motilitätsstörung wird Magenhochzug ist die Anastomose des präformier-
durch die Resektion des Larynx und evtl. auch von ten Magenschlauches vor allem durch eine Minder-
Anteilen des Pharynx verursacht. Im so entstande- vaskularisierung über die A. gastrica sinistra gefähr-
nen „Pharynxschlauch“ reicht eine sogar hyper- det. Beim Jejunuminterponat kann die arterielle und
exkursive dorsale peristatische Welle oft nicht mehr venöse Anastomose des freien Interponats zu Proble-
für eine suffiziente Boluspropulsion aus. Auch ist der men führen.
endopharyngeal erzeugte Druck manchmal nicht Das Koloninterponat oder die Operation nach
mehr für eine passive Öffnung des oberen Ösopha- Merendino (Jejunuminterponat ziwschen distalem
gussphinkters ausreichend. Wie Hannig u. Wuttge- Ösophagusstumpf und Magen) werden bevorzugt
Hannig (1993) in einer radiomanometrischen Arbeit bei benignen Grunderkrankungen wie z. B. pepti-
zeigten, muss für eine passive Öffnung des oberen schen Stenosen angewandt.
Ösophagussphinkters nach Myotomie ein Druck von Lediglich beim Jejunuminterponat, jedoch nicht
mindestens 30 mmHg endopharyngeal aufgebaut unbedingt beim Koloninterponat, ist auf eine mög-
werden. lichst isoperistaltische Implantation zu achten.
Bei Patienten nach Operation eines Hirntumors
oder bei Patienten nach einer Hirnblutung oder Apo- Adaptierte Untersuchungsstrategie und -methodik
plex weist die Art der Schluckstörung eine Abhängig- Bei Aspirationsgefahr muss ein isoosmolares Kon-
keit von dem betroffenen zerebralen, zerebellären trastmittel in einer dem Beschwerdebild angepassten
oder medullären Arealen auf. Im Hirnstamm kann Konstistenz angewandt werden (s. oben). Dieses
vor allem das Schluckzentrum betroffen sein. Es be- reicht jedoch wegen der schlechten Schleimhaut-
steht aus dem Nucleus ambiguus und dem Nucleus benetzung für die Differenzialdiagnose zwischen
tracti solitarii und stellt die unterste Verbindung zwi- einer Narbe oder einem Rezidiv nicht aus. Hier
schen den afferenten und den efferenten Nervenfasen kann auf Bariumsulfatkontrastmittel wegen der
dar. Die Funktion dieser Zone wird durch Einflüsse guten Schleimhautreliefdarstellung nicht verzichtet
aus dem Kortex und dem Pattern generator im Hirn- werden. Die Elastizität des Pharynx und eventuelle
stamm moduliert (s. oben, Abschn. „Physiologie“). Narben oder Rezidive des Larynx, Pharynx oder des
Auch wenn größere funktionelle Areale zerstört wer- Pharynxschlauches können durch die Distension
den, erlaubt oft die Plastizität des Gehirns eine kon- während des Valsalva-Manövers oder den Kollaps
sekutive vikariierende Funktionsübernahme durch beim Müller-Manöver aufgedeckt werden.
andere nichtgestörte Hirnareale. Extraluminale Befunde, Rezidive bzw. Lymphkno-
Auch posttherapeutische Schluckstörungen nach tenmetastasen sind die Domäne der Schnittbildver-
gefäßchirurgischen Interventionen an den Karotiden fahren.
oder nach einer Operation an der Halswirbelsäule
sowie im Rahmen von posttraumatischen funktio- Postoperative Befunde
nellen Veränderungen durch Narben können auftre- Es können eine Vielzahl von funktionellen und mor-
ten. phologischen Schluckstörungen nach einer HNO-
Beim Ösophaguskarzinom kommen im kurativen Tumorchirugie angetroffen werden. Die Gründe sind
Therapieansatz prinzipiell 3 Methoden der Rekon- so verschieden wie die Therapieansätze. Orale, pha-
struktion des entfernten Organs zur Anwendung: ryngeale, laryngeale und thyreoidale Tumoren wer-
den mit den unterschiedlichsten Therapien, welche
∑ der Magenhochzug in retrosternaler Lage oder im
von einer einfachen Laserchirurgie über weitere Re-
Tumorbett transmediastinal,
sektionen, einer horizontalen oder transversalen
∑ das Koloninterponat und
pharyngealen Resektion, der partiellen oder totalen
∑ das Jejunuminterponat.
Laryngektomie oder Thyreoidektomie reichen, ange-
Letzteres kann als partielles zervikales freies Inter- gangen. Die additive Therapie kann in einer Radio-
ponat mit Gefäßstiel sogar bis am Zungengrund an- therapie allein oder einer Radio-Chemo-Therapie
gesetzt werden. Alternativ kann es als distales Inter- oder anderen Kombinationstherapien, wie z. B. der
ponat bei fortgeschrittenen Kardiakarzinomen nach Hyperthermie bestehen.
3.10 Tumoren 125

Die Indolenz und die fehlende Krankheitseinsicht kungen werden oft von den neueren therapieintensi-
bei HNO-Tumorpatienten sind Schuld an dem ver- vierten Protokollen verursacht. Diese ermöglichen
späteten Bewusstsein für eine Schluckstörung. Oft andererseits eine bessere Tumorregression oder
ist eine Aspirationspneumonie das erste klinische -kontrolle durch die Hochdosis-Strahlentherapie-
Zeichen. Neben den sozioätiologischen Faktoren protokolle in Kombination mit Radiosensitizern
der HNO-Patientengruppe ist die Indolenz oft durch oder einer Chemotherapie.
eine therapiebedingte Sensibilitätsstörung bedingt.
Wichtig ist die Differenzierung zwischen anato- Veränderungen nach Laryngektomie
misch-funktionellen Störungen welche z. B. durch Die geänderte Anatomie der oberen Schluck- und
die Chirurgie bedingt sind, und sensorischen De- Atemwege durch die Laryngektomie verursacht häu-
fiziten, welche zu funktionellen Störungen des fig eine Dysphagie.
Schluckaktes führen. Die sensorischen Störungen Die Ablösung des Larynx von der Pharynxvor-
treten meist während der ersten 2 Jahre nach der derwand führt zu einem so genannten Pharynx-
Therapie auf. schlauch, welcher erhebliche funktionelle und mor-
Eine Nebenwirkung der Chemotherapie ist oft phologische Störungen aufweisen kann (Abb. 3.114).
eine Polyneuropathie, welche häufig bei Patienten Durch die oft nötigen weiten Exzisionen von pharyn-
mit einer vorausgegangenen Alkoholanamnese auf- gealen Strukturen kann eine Enge oder sogar eine
tritt. Die Strahlentherapie verursacht oft nicht nur Stenose in Höhe der Valleculae oder der Recessus
eine permanente Xerostomie, sondern auch eine piriformes verursacht werden. Die Konfiguration
vorübergehende Mukositis und ein massives Ödem. und der Durchmesser des verbleibenden Pharynx-
Nach Rückbildung der akuten Mukositis bemer- schlauches variiert in Abhängigkeit von den ver-
ken die Patienten oft erst eine bis dahin stumme schiedenen chirurgischen Ansätzen und den unter-
Aspiration. Die sensorische Störung und die Xerosto- schiedlichen Nahttechniken, was eine große morpho-
mie treten häufig spät auf und verursachen eine ver- logische Variabilität im radiologischen Erschei-
zögerte Erkennung der Beschwerden. Natürlich ist nungsbild ergibt.
ein Rezidivausschluss unumgänglich, da die sensori- Laut Literaturangaben leiden 16–20% der Patien-
sche Störung auch durch eine submuköse Tumoraus- ten nach einer totalen oder partiellen Laryngektomie
breitung verursacht sein kann. Die Langzeit-Thera- oder einer Radiotherapie an einer Schluckstörung.
pienebenwirkungen sind oft eine Fibrose des Un-
terhautgewebes und eine fibröse Degeneration der
Muskulatur, welche die Ventral-Kranial-Bewegung
des Larynx behindert (Abb. 3.113). Diese Nebenwir-

Abb. 3.113. Fibrosierung der Halsweichteile nach Radiatio, Abb. 3.114. Zustand nach Laryngektomie. Typischer Pharynx-
Aspiration wegen eingeschränkter Exkursion des Larynx schlauch mit Sprechprothese
intradeglutitiv
126 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.115 a–e. Kompensation


der pharngealen Peristaltik nach
Laryngektomie durch die ver-
mehrte Zungengrundexkursion
und die vermehrte Kontraktion
der pharyngealen Rückwand.
a Schema. b–e Zungengrunds-
tempel und Hyperexkursion der
Pharynxrückwand

Die posttherapeutische Dysphagie bei Patienten Da durch die Entfernung des Larynx ein vermin-
nach Laryngektomie kann durch folgende pathologi- derter Druck auf die Pharynxvorderwand einwirkt,
sche Veränderungen bedingt sein: entsteht eine hyperprominente dorsale Welle im neu-
geformten Pharynxschlauch. Die laterale Kontrak-
∑ Tumorrezidiv,
tion während der Pharynxperistaltik ist abge-
∑ Vernarbung oder benigne Stenose,
schwächt. Die Hauptpropulsionskraft im Pharynx
∑ funktionelle Störungen des Pharynxschlauches
wird durch den stempelartig rotierenden Zungen-
und der pharyngoösophagealen Übergangszone,
grund aufgebaut (Abb. 3.115 a–e). Daher ist eine zu
der so genannten „Pseudoglottis“.
weite Tumorexzision am Zungengrund oftmals Ursa-
Speziell die funktionellen Störungen können nur ein- che einer schweren Dysphagie.
geschränkt durch eine Videoendoskopie oder durch Die insuffiziente Kontraktion der rekonstruierten
konventionelle Röntgenaufnahmen untersucht wer- Pharynxwand und eine Dysfunktion der Sphink-
den. terschlinge kann eine Dysphagie verursachen. Dies
kann durch eine Motilitätsstörung im Pharynx-
Merke ! Der dynamische Ösophagusbrei-
schluck ist von zentraler Bedeutung
schlauch bedingt sein, welche die passive Öffnung
des rekonstruierten oberen Ösophagussphinkters
für die Analyse der posttherapeutisch veränderten behindert.
Motilität des Pharynxschlauches und insbesondere Eine Festkörperdysphagie kann durch eine Hyper-
zur Planung von rehabilitativen Maßnahmen. aktivität des rekonstruierten Sphinkters bedingt sein
(Abb. 3.116). Da die mit einer Stimmprothese ver-
Bei Patienten mit einer totalen Laryngektomie fand sorgten Patienten die rekonstruierte Sphinktersch-
sich bei 37% eine Dysphagie und in 19% ein Globus linge zur Erzeugung der Stimme verwenden, korrel-
pharyngis. Die Dysphagierate stieg weiter an bei Pa- liert häufig eine gute Stimmqualität mit einer schwe-
tienenten, welche nach der Laryxngektomie auch ren Dysphagie. Es ist interessant festzustellen, dass
eine Radiotherapie erhalten hatten. Eine Strahlenthe- unsere Patienten gerne bei einer guten Stimmqualität
rapie allein hingegen verursachte weniger häufig ein durch einen hyperaktiven Sphinkter eine hierdurch
Dysphagie oder einen Globus pharyngis, jedoch häu- bedingte Dysphagie in Kauf nehmen.
figer eine durch einen Sensibilitätsverlust bewirkte Eine weitere Ursache einer Dysphagie ist eine
verspätete Schlucktriggerung. Fehlanlage der Stimmprothese. Vorwiegend die zu
hoch implantierte und die schräg von kranial vom
3.10 Tumoren 127

Bei einer großen Anzahl unserer Patienten mit ei-


ner verzögerten pharyngealen Entleerung aufgrund
einer insuffizienten peristaltischen Welle konnten
wir als Kompensation einen verstärkten Pumpme-
chanismus des Zungengrundes feststellen. Er be-
stand in einer betonten Dorsokaudalbewegung des
Mundbodens zusammen mit der Zunge, welche den
Bolus durch den Pharynx in den Ösophagus beför-
derte. Bei manchen Patienten konnte zusätzlich eine
Hyperexkursion im Bereich des Passavant-Kissens
und des M. constrictor superior gefunden werden. So
kam eine kurze, jedoch sehr intensive Kontraktion
des Zungengrundes und der dorsalen Pharynxwand
zustande.
Oft ist eine reduzierte Kontraktilität des rekon-
struierten Pharynx oder ein verengter Pharynxkanal
durch Narben verursacht. Auch kann die Vernarbung
die Folge einer Strahlentherapie sein. In anderen
Fällen wurde eine Vernarbung im Rahmen einer
schlecht heilenden postoperativen Fistel beobachtet.

Hemipharyngektomie
Es gibt grundsätzlich 2 Typen von partiellen Resek-
Abb. 3.116. Prominente Neoglottis (oberer Ösophagussphink- tionen: Die horizontale Resektion ist heute wegen der
ter) mit Retention von Kontrastmittel im Pharynxschlauch Langzeitfolge einer fehlenden Propulsion durch die
partiell resezierten Konstriktormuskulatur wenig
verbreitet.
Der 2. Typ, die weit verbreitete longitudinale Re-
Ösophagus nach kaudal zum Trachealstumpf verlau- sektion, besteht aus einer unilateralen Resektion der
fende Stimmprothese können eine Aspiration oder Vallecula und des Recessus piriformis mit einer Re-
eine Dysphagie für Flüssigkeiten und für feste Nah- konstruktion des Pharynx durch eine Adaptation der
rung verursachen. Vorder- und Hinterwand des Pharynx, in welche oft
Bei 2 Drittel der Patienten sind die dysphagischen ein Lappen eingefügt wird. Die rekonstruierten Pha-
Beschwerden durch eine funktionelle Störung verur- rynxanteile nehmen wegen der resultierenden Mus-
sacht. Postradiogene und posttherapeutische Nar- kelschwäche nicht mehr an der normalen Kontrak-
ben, Stenosen oder membranöse Stenosen (Webs) tion teil. Daher bleibt oft der Bolus im operierten
sind z. T. anzutreffen. Rezidive hingegen sind selten. Hemipharynx hängen und kann nur durch einen
Bei einem Drittel der symptomatischen Patienten Transport auf die gesunde Gegenseite in den Ösopha-
konnte eine Motilitätsstörung des Pharynx oder des gus befördert werden.
oberen Ösophagussphinkters gefunden werden.
Zwei Drittel der symptomatischen Patienten litten Posttraumatische, postläsionale
unter einer Dysphagie, ein Drittel gab ein Globusge- und postoperative Hirnläsionen
fühl an. Es besteht eine Korrelation zwischen den Ein großes Spektrum von Schäden im zentralen Ner-
Symptomen und der postoperativ veränderten pha- vensystem und den peripheren Nerven kann eine
ryngealen Kontraktilität (Hannig 1995). Dysphagie verursachen (Hannig et al. 1987 a,b; Loge-
Neben der Dysfunktion der Neoglottis (aus dem mann 1983). Bei neurologisch gestörten Patienten ist
oberen Ösophagussphinkter gebildet) fand sich häu- die konservative Therapie häufig die Methode der
fig eine zweite Konstriktorzone direkt unter dem Wahl, da weitere operativ bedingte Schäden der Trig-
oberen Ösophagussphinkter. Dieser zweite Sphinkter gerareale vermieden werden sollten. Daher ist eine
zeigte ein dem oberen Ösophagussphinkter ver- Therapieplanung durch eine Videofluoroskopie un-
gleichbares Funktionsmuster. Er kann die Regulation verzichtbar. Die genaue Analyse der oft multiphasi-
des Luftstroms während der ösophagealen Stimme schen Pathomechanismen der Schluckstörung er-
stören. Der Pathomechanismus der zweiten hyper- laubt die Erstellung eines individuellen Therapie-
kontraktilen Zone besteht häufig in einer Hiatus- plans. Eine genaue Beschreibung der Krankheitsbil-
hernie mit Reflux. der erfolgt oben im Abschn. 3.8.
128 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Öffnungsstörungen des oberen Ösophagussphinkters Muskulatur und der vaskulären Versorgung der Pha-
Neben den konservativ rehabilitativen Maßnahmen rynxhinterwand die Dysphagie eine häufige Kompli-
(s. Abschn. 3.8.1) sind operative Methoden mit Erfolg kation. Da durch die genannten chirurgischen Inter-
im Einsatz. Die operative Therapie wurde bereits ventionen häufig die laterale pharyngeale Kontrak-
oben, im Abschn. 3.8.2 geschildert. Botulinumtoxin tionswelle weniger effektiv wird, lässt sich oft nach
ist in der HNO-Heilkunde und der Neurologie wohl unilateralen Eingriffen eine einseitige Wandschwä-
bekannt. In neuerer Zeit erstreckt sich die Applika- che des Hemipharynx beobachten (Abb. 3.118 a, b).
tion auch auf pharyngoösophageale Motilitätsstö- Der therapeutische Ansatz bei diesen Patienten ist
rungen (s. Abschn. 3.7.1). abhängig von der verbleibenden Kontraktionskraft
Verschiedene Forschungsgruppen führen Botulin- der betroffenen Pharynxwand.
umtoxininjektionen auch bei Patienten mit neuro- Ist diese relativ schwach, kommt es häufig zu einer
logischen Erkrankungen des oberen Ösophagus- Retention im betroffenen Hemipharynx mit entspre-
sphinkters und beim Spinkterspasmus, insbesondere chender Reinigungsstörung des Pharynx. Hier kön-
bei der so genannten zervikalen Achalasie durch. nen positionelle Manöver wie die Kopfdrehung zur
betroffenen Seite oder ein Nachschluck zur Gegen-
Divertikelresektion seite hilfreich sein.
Die minimal-invasive Schwellenspaltung bei Zenker-
Divertikeln führt zu einem neuen posttherapeuti- Ösophageale posttherapeutische Veränderungen
schen radiologischen Erscheinungsbild. Da das Di- in der Röntgendarstellung
vertikel noch erhalten ist, kommt es bei der Beurtei- Funktionelle Störungen
lung der Ursache einer Dysphagie auf die postopera- Nach einer Therapie von funktionellen Ösophagus-
tive Morphologie und Funktion an. Neben dem Grad störungen kann die typische Röntgenanatomie des
der Retention in dem Divertikel ist die restliche Fehl- Ösophagus verändert sein.
funktion des oberen Ösophagussphinkter zu beurtei- Die Röntgenuntersuchung dient sowohl einer
len. Kontrolle des posttherapeutischen Ergebnisses und
Bei einem zufriedenstellenden Ergebnis ist der dem Ausschluss eines Leaks als auch zur Beurteilung
Divertikelhals sehr weit, und die Retention tritt nur einer residualen Funktionsstörung.
während der Boluspassage auf. Eine Entleerung er-
folgt mit der Pharynxperistaltik. 쐍 Bougierungen oder Pneumodilatationen. Bei funk-
Ein intermediäres Ergebnis ist bei einer über die tionellen Engen, welche manometrisch nachgewie-
Boluspassage hinausgehenden Retention und einem sen sind, erfolgt als erster Therapieversuch oft eine
relativ engen Divertikelhals zu vermuten. pneumatische Dilatation oder eine Bougierung.
Bei einer fortbestehenden Dysphagie besteht Diese Techniken werden sowohl bei vernarbten Eng-
häufig ein Bild, welches an den präoperativen Zu- stellen im Ösophaguskorpus als auch im ösophago-
stand erinnert. Hierbei steht die konstante Füllung gastrischen Übergang angewandt. Da bei der Bougie-
des Divertikels bei engem Divertikelhals durch den rung und insbesondere bei der pneumatischen Dila-
vorzeitig schließenden oberen Ösophagussphinkter tation feine Mukosarisse auftreten, sind postthera-
im Vordergrund. Hierbei ist zu bemerken, dass der peutische Kontrollen zum Ausschluss eines Lecks
kraniale tubuläre Ösophagus, welcher ebenso vor- unumgänglich. Hierbei muss wegen der Gefahr eines
wiegend aus gestreifter Muskulatur besteht, die Übertritts von Kontrastmittel in das Mediastium ein
Funktion des oberen Ösophagussphinkter im Sinne wasserlösliches jodhaltiges Kontrastmitttel ange-
eines „second sphincter“ übernehmen kann. Die so wandt werden.
entstandenen Divertikel liegen mehr kaudal als die
primär operierten. Dies entspricht einem indirekten 쐍 Botulinumtoxininjektion. Sowohl die kurzstrecki-
Hinweis auf die Länge der Myotomie des oberen Öso- gen als auch die langstreckigen Spasmen können
phagussphinkters und der kaudal davon gelegenen nach einer manometrischen Bestätigung mit Botu-
Ösophagusmuskulatur. linumtoxininjektionen behandelt werden. Dieser
Bei einem offen operierten Divertikel verbleibt weitere therapeutische Ansatz erfolgt im Regelfall
häufig ein restlicher Divertikelhals, welcher als Vor- nach einer – evtl. auch wiederholten – Bougierung
wölbung noch zu erkennen ist. und besteht in endoskopisch platzierten Botulinum-
toxindepots, welche zu einer Relaxation der spasti-
Vernarbungen und postoperative Instabilitäten schen Muskelanteile führen. Die Wirkung kann ra-
des Pharynx diologisch in einer vollständigen Atonie bis zu einer
Als Folge von gefäßchirurgischen Eingriffen oder or- noch recht deutlichen segmentalen Kontraktion be-
thopädischen Interventionen an der Halswirbelsäule stehen, welche jedoch oftmals keine Beschwerden
(Abb. 3.117 a–d) ist aufgrund der Dissektion der mehr verursacht.
3.10 Tumoren 129

Abb. 3.117 a–d. Zustand nach osteosynthetischer Versorgung er übermäßigen Kompression des Pharynx durch die Osteo-
in der Halswirbelsäule. a, b Die Verbreiterung der prävertebra- syntheseplatte (d) findet sich eine Schwäche der intrinsischen
len Weichteile behindert das Durchkippen der Epiglottis und Larynxmuskulatur, welche zu einer Penetration von Kontrast-
führt in der p.-a.-Projektion zu einer Ausspaarung. c, d Zusätz- mittel in den Aditus laryngis führt
lich zu einer verminderten pharyngealen Peristaltik und ein

쐍 Endoskopische Verfahren der Rekonstruktion des Hia- fügung. Da aber ein alkalischer/basischer Reflux
tus. Eine konservative Therapie bei gastroösophage- deutlich aggressiver für die Ösophagusschleimhaut
alem Reflux ist medikamentös durch Protonenpum- ist, wurden neue Methoden zur plastischen Rekon-
penhemmer oder H2-Blocker im Fall eines sauren Re- struktion des gastroösophagealen Übergangs ent-
fluxes möglich. Bei alkalischem Reflux, welcher durch wickelt. In den letzten Jahren werden nichtinvasive
eine Refluxaspiration, einen Bilitec-Test oder eine Methoden zur Rekonstruktion des Hiatus bei anders
Impedanzmessung festgestellt werden kann, sind je- nicht ausreichend beherrschbarem gastroösophage-
doch die medikamentösen Therapiemöglichkeiten alem Reflux eingesetzt.
stark eingeschränkt. Nur Sucralfat steht hier zur Ver-
130 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.119. Endoskopische Gastroplastie (Endocinch). Sche-


mazeichnung der Nahtanordnung

kann hier submukös granulär wirken und ein


Malignom vortäuschen.
∑ Eine Therapieoption besteht in einer Einbringung
von selbstexpandierenden Schaumstoffkissen, wel-
che in eine endoskopisch geformte Schleimhaut-
tasche im Hiatus eingebracht werden („Gate-
keeper R Reflux Repair System“, Endonetics).
Hierbeit entsteht radiologisch eine langstreckige
relative Enge im Bereich des unteren Ösophagus-
sphinkters.
∑ Eine weitere Methode ist eine Hochfrequenz-
verkauterung der Schleimhaut im distalen Öso-
phagus. Durch die narbige Schrumpfung kann
eine Reduktion des Lumens im gastroösophagea-
len Übergang erreicht werden. Als radiologisch
sichtbare Folge bleiben hier kleine Narben
in dieser Region in der Schleimhaut zurück
(Abb. 3.120 a, b).
Abb. 3.118 a, b. Zustand nach Patch-Plastik der rechten A. ca-
rotis. Aufgrund der Dissektion der rechts lateralen Muskel-
schichten, welche das Pharynxskelett überschichten, kommt es
zu einer relativen Schwäche des rechten Hemipharynx mit
Merke ! Die Augmentationsmethoden, insbe-
sondere die Implantation von Form-
einer rechtsseitigen Retention kissen, sind ebenso wie die Gastroplastie im Rahmen
einer endoskopischen Intervention reversibel.

쐍 Minimal-invasive Verfahren für die Therapie des Hiatus


∑ Bei der endoskopischen Gastroplastie wird eine oesophagei. Neben den etablierten operativen Me-
Falte im distalen Ösophagus gebildet, welche thoden der Thal-Plastik und der Fundoplikation
dann durch eine Endochinc-R-Naht abgenäht nach Niessen ist heute die minimal-chirugische
wird. Hierbei entsteht radiologisch das Bild einer laparaskopische Fundoplikation die gebräuchlichste
wulstigen Auftreibung im gastroösophagealen Form einer Antirefluxoperation. Alle diese therapeu-
Übergang (Abb. 3.119). tischen Ansätze stellen eine definitive Therapie dar,
∑ Eine weitere Möglichkeit besteht in einer Aug- sind also nicht wie die endoskopischen Verfahren
mentation des unteren Ösophagussphinkters durch reversibel.
die Injektion von selbstexpandierendem Material Daher ist eine kräftige primäre propulsive Pe-
(Enteryx R). Das radiologische Erscheinungsbild ristaltik des Ösophagus für ein gutes posttherapeuti-
3.10 Tumoren 131

Abb. 3.121. Zu enge Manschette nach Fundoplikation mit ver-


zögertem ösophagogastrischem Übergang

der Manschette bestehenden weichteildichten Ring


aufweist.
Eine weitere eine Dysphagie erzeugende Kompli-
kation ist das Teleskopphänomen, oder der so ge-
nannte „Slipped-Nissen“, wobei ein gastraler Anteil
durch den Pouch nach kranial disloziert.

CAVE ! Neben der Insuffizenz des Pouches


zur Verhinderung eines Refluxes be-
steht hier die Gefahr einer Strangulation des Gefäß-
Abb. 3.120 a, b. Radiofrequenztherapie nach Stretta. a Verkau- bündels.
terungen werden zirkulär im Kardiabereich gesetzt (Schema).
b Röntgenbild unmittelbar nach Verkauterung mit noch per-
sistierendem Ödem Im Röntgenbild ist eine Elongation des Ösophagus
im Sinne eines Brachyösophagus mit über den Pouch
verlagerten Magenschleimhautabschnitten erkenn-
bar (Abb. 3.122). Gelegentlich kommt hierbei auch
die vormalige Kardia zur Darstellung.
sches Ergebnis nötig, da sonst die Neokardia nicht Eine weiter Komplikation ist die Öffnung der
suffizient aufgeweitet werden kann. Fundoplikation. Die KM-Füllung der geöffneten
Pouches ist hier der typische radiologische Befund,
Komplikationen da Pouches einer intakten Manschette im Regelfall
Eine der typischen Komplikationen, welche dem aufgrund der Raffung keine Kontrastmittelauffül-
Radiologen zur Abklärung vorgestellt werden, ist lung erlauben.
die hyperkompetente Manschette (Abb. 3.121). Diese Entwickelt die Manschette eine Art Ventilfunk-
imponiert im Röntgenbild wir eine Achalasie mit tion, kann der Patient keine Luft mehr regurgieren,
sektglasartiger Verengung des ösophagogastrischen und es kommt zum so genannten „Gas-bloat-Phäno-
Übergangs, welche im Bereich des Hiatus einen aus men“ mit ständig luftüberblähtem Magen.
132 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Abb. 3.122. Die Kardia und die kardianahen Anteile des Ma- Abb. 3.123. Hohe zervikale Anastomose mit Leckage bei Ma-
gens sind durch die Manschette der Fundoplikation nach kra- genhochzug
nial herniert, so genanntes Teleskopphänomen

Schluckstörungen nach Therapie


einer Ösophagusneoplasie
쐍 Hohe zervikale Anastomose. Bei der hohen zervika-
len Anastomose besteht eine Anastomose entweder
mit den kaudalen Pharynxanteilen oder einem kur-
zen Restanteil des kranialen tubulären Ösophagus.
Üblicherweise wird eine End-zu-Seit-Anastomose
durchgeführt, wobei das kraniale Anastomosenende
meist nach links ragt. In der Frühphase ist der Aus-
schluss einer Insuffizienz die Aufgabe des Radiolo-
gen (Abb. 3.123). Aufgrund der durch den Blindsack
bedingten Passagebehinderung im Restösophagus
und der fehlenden Peristaltik in dem Magenhochzug
bzw. Interponat kommt es häufig zu einer reaktiven
verspäteten Öffnung und einem vorzeitigen Schluss
des oberen Ösophagussphinkters.

쐍 Magenhochzug. Der Magenhochzug als Rekon-


struktion des Speiseröhre wird entweder im Verlauf
der Speiseröhre oder häufiger retrosternal durchge- Abb. 3.124. Magenhochzug retrosternal mit sehr engem Lu-
führt (Abb. 3.124). Der gebildete Magenschlauch hat men
aufgrund der verminderten vaskulären Versorgung
(A. gastrica sinistra) besonders im Anastomosenbe-
reich eine erhöhte Neigung zur Anastomoseninsuffi- Narbenbereich, welche sowohl durch die Minderper-
zienz. fusion als auch durch die Zugbelastung verursacht
Im Falle einer Insuffizienz werden häufig Stents werden, sind häufig Bougierungen bzw. erneute
eingebracht. Bei den sehr häufigen Strikturen im Stent-Einlagen notwendig.
3.10 Tumoren 133

쐍 Koloninterponat. Das operativ aufwändigere Ko-


loninterponat wird meistens bei Patienten mit sehr
guter Prognose oder mit einer nichtmalignen Grund-
erkrankung durchgeführt. Seine Lage ist meist retro-
sternal. Die Kolonhaustren geben Anlass zu häufigen
Retentionen. Im längeren Verlauf kommt es auch zu
einer Elongation des Interponats.

쐍 Zervikales Jejunuminterponat. Das zervikale Jejun-


uminterponat, welches häufig bei einer gleichzeiti-
gen Laryngektomie durchgeführt wird, ist auf wenig
ausgedehnte Hypopharynx- und zervikale Ösopha-
guskarzinome beschränkt. Hier kann die arterielle
und venöse Versorgung des freien Interponats zu
Problemen führen. Radiologisch steht die Analyse
von Stenosen und Insuffizienzen sowie die Rezidivdi-
agnostik im Vordergrund.

쐍 Operation nach Merendino. Die Operation nach Me-


rendino wird entweder bei andersweitig nicht kura-
blem Reflux oder bei kleineren Malignomen des
distalen Ösophagus oder der Kardia durchgeführt.
Das Ausmaß der gleichzeitigen Magenresektion/
Gastrektomie hängt von der Ausdehnung des Tumor-
befalls ab. Sie besteht in einer Interposition einer län-
geren Jejunumschlinge zwischen distalem Ösopha-
gus und Magenrest bzw. Dünndarm (Abb. 3.125).
Auch hier ist radiologischerseits eine frühzeitige Er-
kennung von Nahtinsuffizienzen bzw. Stenosen oder
Rezidiven gefordert. Abb. 3.125. Merendino-Operation. Jejunum-Krückstock-Ana-
stomose mit Ösophagusstumpf in 2 Ebenen
Ein Beispiel eines Anastomosenrezidiv ist in
Abb. 3.126 dargestellt.

Alternative Methoden für die Diagnose


von pharyngoösophagealen Schluckstörungen
Bis heute stellt die Videofluoroskopie, welche aus der
Hochfrequenzröntgenographie hervorgegangen ist,
die beste Methode für eine zeitlich und örtlich opti-
male Auflösung des Schluckaktes dar.
In den folgenden Abschnitten soll der Stellenwert
und die klinische Bedeutung von dreidimensionalen
Methoden, wie CT und MRT sowie Ultraschall bei der
Analyse der Schuckstörungen aufgezeigt werden.

Ultraschall
Der „Real-time-Ultraschall“ erlaubt eine Aufzeich-
nung des Schluckvorgangs mit 25 Bildern/s. Zu
den methodenbedingten Aufnahmeeinschränkun-
gen durch den Ultraschall gehört die auf die Mund-
höhle und die relativen Bewegungen des weichen
Gaumens und der Zunge beschränkte Dokumentier-
barkeit. Es gelingt mit dieser Technik, den Pharynx
bis zum Tracheaabgang darzustellen. Unterhalb die-
ses Niveaus sind nur die lateralen Anteile des Reces- Abb. 3.126. Anastomoserezidiv in der Krückstockanastomose
sus piriformes zu erkennen. und im distalen Ösophagus bei Zustand nach Resektion eines
distalen Ösophaguskarzinoms mit Merendino-Operation
134 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

struiert werden. Ein weiteres Einsatzfeld ist die


Beurteilung des Lage des Pharynx im Verhältnis
zu großen Osteophyten oder Verkalkungen des
vorderen Längsbandes vor geplanten operativen
Spondylophytenabtragungen.
Durch die Multislice-CT wird eine Untersuchung
verschiedener Schluckphasen möglich. Verschie-
dene Segmentationsverfahren stehen zur Verfü-
gung. Der Ösophagus kann z. B. zum Tumorsta-
ging dreidimensional rekonstruiert werden.
2. Ferner hat sich die Qualität der „virtuellen“ En-
doskopie verbessert (s. unten).
3. Eine dritte verfügbare Technik stellt die EBT dar.
Aufgrund der elektromagnetischen Ablenkung
des Kathodenstrahls können bis zu 12 Bilder in
Abb. 3.127. Sonographie des Schluckaktes. Horizontale Ebene 2 nebeneinander gelegenen Schichten pro Sekun-
in Höhe der Schilddrüse paramedian links mit Darstellung der de aufgezeichnet werden. Da diese Methode eine
Kokarde des oberen Ösophagussphinkters hohe Strahlenbelastung aufweist, ist sie aus-
schließlich für wissenschaftliche Fragestellungen
reserviert. Diese Technik erlaubte die Lokalisa-
In der submentalen Transducer-Position kann die tion des Ortes der Protrusion eines Pouches aus
orale Vorbereitungsphase erfasst werden, ebenso die dem Pharynx. Diese physiologische Schwachstelle
Bolusformung im Sulcus medianus der Zunge und konnte, wie auf unseren Bildern gezeigt, in der
die darauf folgende Kontraktion der submentalen Muskellücke des Pharynx beim Eintritt der
Muskeln, welche die Kranioventralbewegung des La- Gefäße und der Nerven, in Höhe der Inzisur
rynx verursacht. Auch die „Rampenform“ der Zunge, des Schildknorpels direkt ventral des Cornu su-
welche die Bolusextrusion aus der Mundhöhle be- perior des Schildknorpels lokalisiert werden (vgl.
wirkt, kann visualisiert werden. Abb. 3.85).
Eine zweite Ultraschallpforte besteht in Höhe des
Isthmus der Schilddrüse. Am medioinferioren Teil In der Routine wird heute entweder die MRT oder die
des linken Schilddrüsenlappens können der obere Multislice-CT angewandt.
Ösophagussphinkter und der distale Hypopharynx
eingesehen werden. Die Boluspassage kann hier 쐍 Rekonstuktionen von axialen und Volumendatensät-
durch die Öffnung und den Schluss des Spinkters zen. Heute stehen verschiedene rekonstruktive Tech-
beurteilt werden (Abb. 3.127). Für den Ösophagus hat niken mit 3D-Darstellung zur Analyse des Schluck-
sich die Endosonographie besonders im Tumor- aktes zur Verfügung. Mit der der Multislice-CT kön-
staging bewährt. nen Rekonstruktionen der degenerativ veränderten
Halswirbelsäule und ihrer Lagebeziehung zu dem
Computertomographie elastischen, sich verlagernden Pharynx und dem kra-
Die konventionelle CT wird seit langem mit großer nialen tubulären Ösophagus erstellt werden. Nur im
Präzision zur Erkennung von anatomischen Verän- Fall einer Adhäsion der prävertebralen Faszie oder
derungen im Pharynx-Ösophagus-Bereich einge- bei einer Lumenobstruktion von >40% durch den
setzt (s. den Band Kopf-Hals aus der Reihe Handbuch Spondylophyten wird eine chirurgische Intervention
diagnostische Radiologie), jedoch ist eine Beurtei- nötig.
lung der Funktion nicht möglich. Mit den Multislice- Eine weitere interessante Bildverarbeitundtechnik
Geräten und neuer Software können heute auch ist die virtuelle Endoskopie, welche aus CT- oder
funktionelle Studien durchgeführt werden. MRT-Datensätzen rekonstruiert werden kann. Die
Es sind 3 für die Analyse der Schluckaktes erfolg- scheinbare „Dynamik“ der Darstellung gibt nur eine
versprechende Methoden verfügbar. Rekonstruktion eines in einem kurzen Intervall auf-
gezeichneten Datensatzes wieder. Diese Technik er-
1. Durch die Multislice-CT ist aufgrund der Subse-
laubt weder den Vorzug einer Biopsiegewinnung,
kunden-Scans ein Abgreifen von größeren Volu-
noch können wie in der Endoskopie verschiedene
men in weniger als einem Atemzug möglich. Hier-
Funktionen getestet werden. Die Zukunft wird sicher
durch können Bilder ohne respiratorische Ein-
den schnelleren, evtl. aus verschiedenen Multislice-
flüsse erzeugt werden. Ein halbvolles Divertikel
Modalitäten kombinierten Aufzeichungsverfahren
kann in dieser Technik dreidimensional rekon-
gehören, welche auch in Bewegung eine Real-time-
3.10 Tumoren 135

Darstellung jedes anatomischen Abschnittes erlau-


ben. Sie ist jedoch im Gegensatz zur MRT mit einer
hohen Strahlendosis belastet.

쐍 Dynamische MRT-Studien. Die MRT mit den neuen


schnellen Sequenzen erlaubt die direkte Analyse der
Schluckaktes. Die ersten dynamischen Real-Time-
Studien des Schluckaktes wurden mit einem General-
Electric-MRT-Gerät (SIGNA) mit 1,5 Tesla und einer
„slew-rate“ von 120 mT/m/s bei einem Gradienten
von 23 mT/m durchgeführt. Mit den Epiplanar-
sequenzen war es möglich, bis zu 10 T2-gewichtete
Bilder/s zu erzeugen. Die hohe Aufzeichungsge-
schwindigkeit konnte jedoch nur bei einem kleinen
Aufzeichungsvolumen mit einer räumlichen Symme-
trie, wie z. B. axialen Aufnahmen der Halses, erreicht
werden.
Die dynamische Aufzeichnung des Pharynx in
sagittaler Schnittführung kann durch die „Multi-fast-
spoil-grass-Sequenz“, einer T1-gewichteten Sequenz
mit 10 Bildern in 3 s, erzielt werden. Diese Technik Abb. 3.128. In der Single-shot-SE-Sequenz konnten bei klei-
nerem Aufzeichnungsvolumen die F-Phonationsbewegungen
erlaubt die Darstellung eines größeren Volumens mit aufgezeichnet werden
einer reduzierten zeitlichen Auflösung. In den Stu-
dien wurde nur Wasser geschluckt, jedoch bietet sich
bei T1-gewichteten Sequenzen auch eine hochver-
dünnte Gadolinium-Lösung an. Erste klinische Untersuchungen wurden für die
Studien über die Phonation von Frikativen und Beweglichkeit des Velum oder zur Beurteilung der
Nasalen gaben einen neuen Anstoß zu schnelleren Beweglichkeit der Zunge nach einem operativen Ein-
Sequenzen bei reduziertem Aufzeichungsvolumen griff durchgeführt.
durch die „Single-shot-spin-echo-Sequenz“ (Abb. Eine der Hauptbeschränkungen der Schnittbild-
3.128). verfahren ist jedoch die liegende Untersuchungsposi-
Ein weiter Fortschritt war die „True-Fisp-Se- tion des Patienten. Die neuen offenen MRT-Geräte,
quenz“, bei welcher erste anatomische Details wahr- welche eine sitzende Haltung des Patienten erlauben,
genommen werden können. Eine SENSE-Sequence weisen zwar bisher kein für die dynamischen Studien
erlaubt eine fast noch deutlichere Erkennbarkeit der ausreichend hohes Magnetfeld auf. In Kürze wird die
anatomischen Strukturen während des Schluckaktes technische Entwicklung hier ebenfalls zufriedenstel-
(Abb. 3.129 a, b). lende Lösungen erreichen.

Abb. 3.129 a, b. In der SENSE-


Sequenz können die anatomi-
schen Strukturen des Pharynx
und des oberen Ösophagus-
sphinkters deutlich gesehen
werden
136 Kapitel 3 Erkrankungen des Ösophagus

Die MRT-Untersuchung des Ösophagus für funk- Dodds WJ (1988) Physiology of swallowing. In: Ravich WJ,
tionelle Störungen ist bisher noch nicht etabliert, Donner MW, Johnes B (eds) Second symposium on dyspha-
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Magen und Duodenum 4
W. Golder

4.1 Angeborene und anlagebedingte Erkrankungen 140 Die bildgebende Diagnostik von Magen und Duode-
4.1.1 Größen-, Form- und Lageanomalien 140 num hat sich in den vergangenen Jahrzehnten grund-
4.1.2 Divertikel 143
4.1.3 Hypertrophische Pylorusstenose 143 legend verändert. Der Wandel ist sowohl in der Aus-
4.1.4 Duodenalatresie 145 wahl der Methoden und der Durchführung der mit
4.1.5 Aortomesenteriale Kompression ihnen assoziierten Verfahren als auch in der Vertei-
des Duodenums 145 lung der Untersuchungen auf die verschiedenen Mo-
4.1.6 Pancreas anulare 146
4.1.7 Paraduodenale Hernie 147 dalitäten zu erkennen. Die Verbreiterung des Spek-
4.1.8 Pancreas aberrans 147 trums der Methoden hat weniger zur Verfeinerung
4.1.9 Transpylorischer Schleimhautprolaps 148 der Differenzialdiagnose als zum Fortschritt der Sta-
Literatur 148
dieneinteilung geführt. Generell ist die Zahl der Indi-
4.2 Entzündungen, Geschwüre kationen zu radiologischen Untersuchungen des obe-
und Gefäßerkrankungen 149
4.2.1 Chemische Gastritis 149 ren Verdauungstrakts gesunken.
4.2.2 Gastritis phlegmonosa 149 Wie in anderen Bereichen der bildgebenden Dia-
4.2.3 Spezifische Gastritis 149 gnostik sind auch bei vielen Untersuchungen von
4.2.4 Erosion 151 Magen und Duodenum die Projektionsradiographie
4.2.5 Ulcus ventriculi 151
4.2.6 Ulcus duodeni 153 durch Schnittbildverfahren abgelöst und die ioni-
4.2.7 Gastroduodenale Blutung 154 sierenden Strahlen durch physikalische Prinzipien
Literatur 155 ersetzt worden, die Bilder ohne Strahlenexposition
4.3 Tumoren 156 liefern. Wichtige Ausnahmen von diesen Entwick-
4.3.1 Gutartige epitheliale Tumoren des Magens 156 lungslinien sind die Leeraufnahme des Abdomens
4.3.2 Magenkarzinom 157
4.3.3 Maligne Lymphome des Magens 163
und die CT des Oberbauchs. Die Sonographie von
4.3.4 Endokrine Tumoren des Magens 165 Magen und Duodenum und die mit ihr verbun-
4.3.5 Mesenchymale Tumoren des Magens 165 denen invasiven Verfahren werden überwiegend in
4.3.6 Tumoren des Duodenums 166 den Funktionsabteilungen der gastroenterologischen
4.3.7 Metastasen in Magen und Duodenum 169
4.3.8 Magen und Duodenum
Kliniken durchgeführt.
bei Tumoren der Nachbarorgane 170 Der konventionellen Röntgendiagnostik von Ma-
Literatur 171 gen und Duodenum sind nur wenige Indikationen
4.4 Postinterventioneller Gestalt- und Funktions- erhalten geblieben. Dazu gehören die Abweichungen
wandel von Magen und Duodenum 173 von der normalen Position und Form sowie die
4.4.1 Komplikationen chirurgischer Eingriffe Funktionsstörungen bzw. die funktionelle Kompo-
an Magen und Duodenum 174
4.4.2 Komplikationen endoskopischer Eingriffe nente primär morphologisch definierter Leiden. Bei
an Magen und Duodenum 177 den übrigen Erkrankungen ist die Endoskopie der
4.4.3 Folgen plastischer und rekonstruktiver Röntgendiagnostik überlegen. Selbst mit subtiler
Eingriffe 177 radiologischer Untersuchungstechnik können natür-
4.4.4 Folgen palliativer Eingriffe 179
4.4.5 Folgen ablativer Eingriffe 180 liche und krankhafte Niveaudifferenzen der Magen-
4.4.6 Postoperative Rezidiv- und Pseudoläsionen 183 und Duodenalschleimhaut nicht ähnlich gut erkannt
Literatur 185 und differenziert werden wie durch die direkte
4.5 Weitere Erkrankungen 185 Betrachtung und die Biopsie. Bei der Analyse sub-
4.5.1 Bestrahlungsfolgen 185 muköser und extramuraler Läsionen ist die Pro-
4.5.2 Magenwandemphysem 185
4.5.3 Fremdkörper 186
jektionsradiographie von der CT abgelöst worden.
4.5.4 Magen und Duodenum In Ausnahmefällen kann die Schnittbilddiagnostik
bei Systemerkrankungen 186 der Endoskopie den Weg zur gezielten Inspektion und
4.5.5 Morbus Ménétrier (Eiweißverlust-Gastropathie) 187 treffsicheren Biopsie weisen (Van Hoe et al. 1994).
4.5.6 Volvulus 188
4.5.7 Invagination, Intussuszeption 189
Literatur 189
140 Kapitel 4 Magen und Duodenum

Auch in der peri- und postoperativen Situation


4.1
wird vielfach zunächst der Endoskopie der Vorzug
Angeborene und anlagebedingte Erkrankungen
vor der Röntgenuntersuchung gegeben. Wichtige
Ausnahmen sind die der anatomischen Orientie- Die radiologisch nachweisbaren angeborenen und
rung dienenden präoperativen Untersuchungen, anlagebedingten Erkrankungen von Magen und
Studien in der frühen postoperativen Phase und Duodenum manifestieren sich teils im frühen Kin-
die Exploration der hinter hochgradigen Stenosen desalter, teils erst im Erwachsenenalter. Manche ver-
gelegenen Abschnitte des oberen Gastrointestinal- ursachen keine klinischen Symptome und werden
trakts. nur zufällig entdeckt. Es können erhebliche morpho-
Die Verschiebungen im Spektrum der Indika- logische Abweichungen von der Norm aufgefunden
tionen zur Röntgenuntersuchung von Magen und werden, die dennoch keiner Behandlung bedürfen.
Duodenum haben es mit sich gebracht, dass mehr Andere, in der Regel ebenfalls asymptomatische Be-
Monokontrastdarstellungen als früher angefordert funde können bei der Suche nach und Identifizierung
werden, mehr wasserlösliches Kontrastmittel als von therapiebedürftigen raumfordernden Prozessen
Bariumsulfat eingesetzt, häufig auf die pharma- differenzialdiagnostische Probleme aufwerfen.
kologische Induktion der Hypotonie verzichtet und
das Kontrastmittel vielfach auf dem Weg über
Sonden appliziert wird. Da auch mit der auf 4.1.1
diese Weise modifizierten Technik ein großer Teil Größen-, Form- und Lageanomalien
der im Doppelkontrastbild nachweisbaren Kran-
kheitszeichen erkannt wird, muss der Radiologe Mikrogastrie
mit den Ergebnissen der Projektionsradiogra-
phie von Magen und Duodenum vertraut blei- 왔 Der kongenital abnorm kleine Magen
Definition
ben. (Mikrogastrie) verbindet Ösophagus
Die konventionelle Sonographie hat sich als Ver- und Duodenum in Form eines Schlauchs, der keine
fahren zur Untersuchung von Magen und Duodenum nennenswerte Reservoirfunktion besitzt.
in der pädiatrischen Radiologie fest etabliert. Mit
den von ihr gelieferten morphologischen und funk- An dem fehlgebildeten Organ lassen sich im Kon-
tionellen Informationen und den zusätzlich mögli- trastbild Fundus, Korpus und Antrum nicht ausrei-
chen Aussagen über den paraluminalen Raum lassen chend differenzieren; außerdem ist es häufig mal-
sich die klinisch wichtigen Erkrankungen der beiden rotiert. Die Mikrogastrie kann mit Duodenalatresie,
Hohlorgane im Kindesalter zuverlässig diagnostizie- Asplenie und Hydrozephalus kombiniert sein. Von
ren. Zusätzliche Röntgenuntersuchungen sind kaum der Fehlbildung sind etwa 40 Fälle in der internatio-
erforderlich. nalen Literatur dokumentiert.
Bei Erwachsenen wird die Sonographie in ihrer
konventionellen Form nur selten zur Erkennung von Duplikatur des Magens
Erkrankungen des oberen Gastrointestinaltrakts
eingesetzt. Umso größere Bedeutung hat bei dieser 왔 Als Doppelmagen bezeichnet man ein
Definition
Klientel der endoskopische Ultraschall (EUS) er- kugeliges oder tubuläres Hohlorgan,
langt. Mit seiner Hilfe können sowohl die Wand das der großen/kleinen Kurvatur des Magens anliegt,
als auch die unmittelbare Umgebung der Hohl- die gleiche Blutversorgung wie der Magen hat und
organe zuverlässig beurteilt werden. Der EUS hat mit sekretorisch aktiver Mukosa ausgekleidet ist. Die
sich daher zur Methode der Wahl für das T- und meisten derartigen Anomalien werden im Kindes-
N- Staging der Magen- und Duodenaltumoren ent- alter entdeckt.
wickelt. Das Resultat des EUS beeinflusst in diesen
Fällen die Wahl der Therapie ebenso wie die Beur- Die Duplikatur (gastrale Duplikationszyste) liegt
teilung der Prognose entscheidend. Außerdem vollständig innerhalb der Magenwand oder steht mit
eignet sich die Methode zu Verlaufskontrollen dem Lumen in Verbindung. Wenn beide Organe
unter adjuvanter und nach operativer Behandlung. durch einen schmalen Stiel verbunden sind, der den
Das M-Staging der Tumoren von Magen und Duo- Sekretabfluss behindert, kann der Doppelmagen an
denum wird im allgemeinen mit der CT durch- Volumen zunehmen, sich ins Lumen des autochtho-
geführt. Die MRT und die virtuelle Endo- und nen Magens vorwölben und ihn verdrängen. Aus-
Exoskopie auf dem Boden von Schnittbilddaten nahmsweise kommuniziert die Duplikatur auch mit
haben die Diagnostik der Erkrankungen von Magen dem Pankreas, und/oder in der Wand lagert sich ra-
und Zwölffingerdarm bisher nicht entscheidend ver- diologisch nachweisbarer Kalk ein. Die vollständige
ändert. Doppelung des Magens ist sehr selten.Vielfach impo-
4.1 Angeborene und anlagebedingte Erkrankungen 141

In der CT imitieren sie Choledochus- und Mesente-


rialzysten. Die Divertikel kommunizieren nicht oder
nur über ein kleines Ostium mit dem Duodenal-
lumen, sodass es nur ausnahmsweise gelingt, sie mit
oral appliziertem Kontrastmittel zu füllen.
Der Querdurchmesser des Bulbus duodeni beträgt
beim Erwachsenen 3–4,5 cm. Wenn er 5 cm über-
steigt, spricht man von Megabulbus duodeni.

Kaskadenmagen
왔 Der so genannte Kaskadenmagen un-
Definition
terscheidet sich von einem normal
konfigurierten Organ dadurch, dass nicht der Fornix,
sondern die Übergangsregion zwischen Fundus und
Korpus das Dach bildet und damit dem Zwerchfell
am nächsten liegt.

Abb. 4.1. Duplikatur des Duodenums. Große sackförmige Das proximale Drittel des Magens ist aus der sub-
Ausstülpung der ventrolateralen Wand der Pars descendens diaphragmalen Position nach dorsal und kaudal ver-
duodeni lagert. Dadurch sammelt sich in den Magen eintre-
tendes Kontrastmittel zunächst im Fundus und fließt
mit Verzögerung und vornehmlich bei gebückter
niert die Duplikatur im Röntgenbild wie ein intra- Haltung des Patienten ab. Der schwallartige Abstrom
murales Divertikel (Prädilektionsstellen: große Kur- der Ingesta aus dem retroflektierten Fundus nach
vatur und präpylorisches Antrum). Die Dupli- distal hat der Anomalie den Namen gegeben. Die
kationszyste ist aufgrund ihrer Flüssigkeitsfüllung Formvariante wird nahezu ausschließlich radio-
sonographisch vielfach gut zu erkennen. logisch diagnostiziert. Klinische Bedeutung kommt
Im Projektionsradiogramm kann sie mit einem ihr dann zu, wenn sie durch operationsbedingte Ver-
subserösen Magentumor, in der CT mit einer Pan- wachsungen oder raumfordernde Prozesse der Nach-
kreaszyste bzw. einem Zystadenom des Pankreas ver- barorgane bedingt ist. In den meisten Fällen ist die
wechselt werden (O’Donnell et al. 2005). Kaskadenform des Magens eine symptomlose An-
lageanomalie.
Duplikatur des Duodenums
Die Duplikatur des Duodenums (Abb. 4.1) ist ähnlich Innere Obstruktion des Magens (Pylorusatresie)
selten wie jene des Magens und in aller Regel in der Der so genannten inneren Obstruktion des Magens
Pars descendens lokalisiert. Als makromorphologi- liegt ein transversales Septum zugrunde, das aus
sches Substrat werden in der Submukosa gelegene Schleimhaut (und Muskulatur) besteht und unter-
enterogene Zysten oder submuköse bzw. intralumi- schiedlich weit ins Lumen vorragt. Die Membran
nale Divertikel nachgewiesen. Die Läsionen können, liegt gewöhnlich in der antropylorischen Region, teilt
wenn ihre Wand heterotope Magenschleimhaut ent- das Organ in 2 verschieden große Abschnitte und
hält, ulzerieren und bluten und außerdem durch behindert den Transport des Speisebreis ins Duo-
ihren lokalen raumfordernden Effekt die Entstehung denum. Im Röntgenbild des kontrastierten Magens
einer Pankreatitis begünstigen. Ausnahmsweise wird erkennt man auf Höhe des abnormen Wulstes einen
eine Kommunikation mit dem Ductus pancreaticus querverlaufenden bandförmigen Füllungsdefekt.
accessorius nachgewiesen.
Lageanomalien des Magens
Merke ! Die Duplikationszysten können im
Kontrastbild nicht von soliden Tumo-
Die angeborenen Lageanomalien des Magens sind
wesentlich seltener als die – in der Regel durch eine
ren in der Wand des Zwölffingerdarms unterschieden Zwerchfellhernie bedingte – erworbene Dystopie.
werden. Bei Situs inversus viscerum liegt der Magen im
rechten Oberbauch. Der intragastrale Luft-Flüssig-
keits-Spiegel ist daher in der Abdomen-Leeraufnah-
me unter dem rechten Hemidiaphragma nachzu-
weisen.
142 Kapitel 4 Magen und Duodenum

CAVE ! Wenn die Lageanomalie nicht be-


kannt ist, kann die dystope Magen-
dessen Gekröse nicht an der dorsalen Bauchwand
befestigt ist, sondern am Mesenterium ileocolicum
blase als Zeichen eines subphrenischen bzw. intra- commune hängt und damit gut beweglich ist, wird
hepatischen Abszesses fehlgedeutet werden. regelhaft links-paravertebral angetroffen.

In der Folge kongenitaler Defekte des linken Hemi-


diaphragma kann sich der Magen ganz oder teil-
weise in den Thorax verlagern. Beim Ivemark-Syn-
drom (Asplenie, Situs inversus totalis/partialis,
zyanotischer Herzfehler) liegt der Magen vor der
Wirbelsäule oder unter dem rechten Zwerchfell. Leit-
symptom des Prune-belly-Syndroms (Hypo-/Aplasie
der Bauchwandmuskulatur, bilateraler Kryptorchis-
mus, Anomalien des Harntrakts) ist der Prolaps von
Magen (und Dünndarm) durch den meist rechts
der unauffälligen Nabelschnur gelegenen Defekt der
Bauchdecke.

Lageanomalien des Duodenums


Die Lageanomalien des Duodenums (Abb. 4.2 a, b)
sind – abgesehen von der vollständigen Drehung
des Organs um die Sagittalebene bei Situs inversus
viscerum – durch atypische Fixation oder Rotation
bedingt.
Wenn das Mesoduodenum zumindest partiell er-
halten bleibt und das Organ deshalb nur locker an
der dorsalen Bauchwand angeheftet ist, kann es eine
von der Norm abweichende Position einnehmen
(Duodenum liberum) und/oder abnorm beweglich
sein (Duodenum mobile). In der Regel resultieren
daraus ein mehr oder weniger geschlängelter Verlauf
der duodenalen C-Schlinge und die suprapapilläre
Lage der Pars ascendens duodeni. Häufiger wird die
Kranialisation des distalen Duodenums jedoch da-
durch hervorgerufen, dass die – retroperitoneal nicht
fixierte – Pars superior im Rahmen einer allgemei-
nen Viszeroptose nach kaudal verlagert ist.
Die Nonrotation ist nicht nur die häufigste Form
der Rotationsanomalie des Dünndarms, sondern
zugleich auch jene, in deren Folge die Position des
Duodenums am stärksten von der Norm abweicht.
Der Stillstand der Nabelschleife nach der ersten
90º-Drehung im Gegenuhrzeigersinn führt dazu,
dass die Pars ascendens duodeni und die Flexura
duodenojejunalis nicht im linken Ober-, sondern im
rechten Mittelbauch liegen. Auch das Jejunum sowie Abb. 4.2 a, b. Lageanomalien des Duodenums. a Duodenum
das proximale und mittlere Ileum nehmen eine liberum et mobile bei Mesenterium commune. Faltung der
duodenalen C-Schlinge und der Pars descendens duodeni.
rechts-paravertebrale Lage ein. Dafür weicht der Magen orthotop. b Kranialisation des distalen Duodenums bei
Dickdarm zur Gegenseite aus. Das Colon ascendens, Gastroptose (häufiger Befund)
4.1 Angeborene und anlagebedingte Erkrankungen 143

4.1.2 Bei der Diagnostik der Diverticulitis duodeni und


Divertikel der Therapie ihrer Komplikationen (z. B. Drainage
eines peridivertikulären Abszesses) leistet die CT
Divertikel des Magens sind selten, zumeist solitär wertvolle Dienste (Gore et al. 1991).
und im Fundus lokalisiert. Nur ausnahmsweise wer-
den sie entlang der großen Kurvatur oder am Magen-
ausgang nachgewiesen (Abb. 4.3 a, b). In die Wand 4.1.3
von Divertikeln des antropylorischen Segments kann Hypertrophische Pylorusstenose
aberrierendes Pankreasgewebe eingeschlossen sein.
Die Mehrzahl der Divertikel überragt die Organ- Die hypertrophische Pylorusstenose (HPS; Abb.
grenze um maximal 20 mm. An der posterioren Zir- 4.4 a–f) ist eine androtrope (männlich: weiblich =
kumferenz des Fundus gelegene Divertikel, deren 3–4:1) Erkrankung, die sich postnatal rasch entwi-
Diameter diesen Wert überschreitet, können einen ckelt und gewöhnlich zwischen der 2. und 6. Lebens-
Kaskadenmagen imitieren. Postoperative Magen- woche klinisch manifestiert. Typisch sind das
divertikel sind dem Entstehungsmechanismus nach schwallartige Erbrechen sauren Mageninhalts und
Pulsionsdivertikel; sie werden fast ausschließlich in die durch die Bauchdecken beobachtbare Retro-
der Anastomosenregion des Restmagens angetroffen peristaltik des Magens. Zur Sicherung der Diagnose
(Mihas u. Han 1977). werden die Kinder sonographiert; nur ausnahms-
Auch die meisten Duodenaldivertikel sind Pul- weise schließt sich eine Röntgenuntersuchung mit
sionsdivertikel und werden im Laufe des Lebens Kontrastmittel an.
erworben. Angeborene Duodenaldivertikel können
Symptom der Trisomie 21 sein. Etwa 2/3 der Duo- Leitsymtome der HPS im Sonogramm
denaldivertikel sind am inneren Bogen der Pars des- ∑ Durchmesser des Pyloruskanals: >3 mm
cendens, die übrigen in der Pars ascendens duodeni ∑ Länge des Pyloruskanals: >14 mm
lokalisiert. In aller Regel füllen sich die Divertikel bei ∑ Muskel-Lumen-Verhältnis des Pylorus: >1,5:1
der Kontrastuntersuchung spontan und vollständig. ∑ Hyperperistaltik des Magens
Im Doppelkontrastbild erkennt man, dass die
Schleimhautfalten des Duodenums in den Divertikel- Nach den Resultaten einer Studie an 92 Kindern im
hals hineinragen. Alter zwischen 8 und 70 Tagen ist die Wand des
Der mittlere Durchmesser von Duodenaldi- Pylorus durchschnittlich 2 mm dick und der Pylorus-
vertikeln beträgt 10 mm. Gelegentlich werden Diver- kanal im Mittel 10 mm lang (Hallam et al. 1995).
tikel mit einer Ausdehnung von 20 mm und mehr Dabei besteht eine positive Korrelation zwischen den
beobachtet. Wenn ein derart großes Divertikel juxta- Dimensionen des Pylorus und dem Alter der Säug-
papillär lokalisiert ist, kann es eine raumfordern- linge. Bei Kindern mit initialem Verdacht auf HPS,
de Wirkung auf das mündungsnahe Segment des der sich im Verlauf nicht bestätigte, betrugen die ent-
Ductus choledochus entfalten und z. B. die Ent- sprechenden Werte 2,4 bzw. 11 mm, bei Kindern mit
stehung einer Pankreatitis begünstigen. Selten chirurgisch gesicherter HPS 4 bzw. 14 mm. Man kann
können sich Duodenaldivertikel entzünden und per- daraus folgern, dass im oberen Grenzbereich der
forieren. Norm gelegene Messwerte Abortivformen der HPS

Abb. 4.3 a, b. Magen- und Duode-


naldivertikel. a 2 große Divertikel
des Fornix ventriculi. b Großes
juxtapapilläres Duodenaldiverti-
kel. Spontaner Kontrastmittel-
reflux in den nach Cholezystekto-
mie vikariierend erweiterten
Ductus choledochus
144 Kapitel 4 Magen und Duodenum

Abb. 4.4 a–f. Hypertrophische Pylorusstenose im Sonogramm. Querschnitt. d Grenzwertig breiter Pylorus im Längsschnitt
a normaler Pylorus im Querschnitt (weißer Pfeil: Wand, (Markierungskreuze). e Hypertropher Pylorus im Querschnitt
schwarzer Pfeil: Lumen, G Gallenblase, Vc V. cava inferior). (Markierungskreuze). f Hypertropher Pylorus im Längsschnitt
b Normaler Pylorus im Längsschnitt (weißer Pfeil: Wand; (weiße Pfeile; G Gallenblase, L Leber, A Antrum ventriculi).
schwarzer Pfeil: Lumen). c Grenzwertig breiter Pylorus im (Aufnahmen von Dr. B. Redel, Berlin)

anzeigen. Die Treffsicherheit der sonographisch er- Ultraschalluntersuchung geschlossen. Außerdem ist
mittelten Maßzahlen des Pylorus im Hinblick auf die zu erkennen, dass sich der hypertrophierte und elon-
Wahl zwischen der chirurgischen und der konser- gierte Muskel einerseits deutlich ins Antrum ventri-
vativen Therapieoption ist gering. culi vorwölbt und andererseits in enge Nachbar-
Wenn das Krankheitsbild voll ausgeprägt ist, schaft zur Gallenblase tritt. Bei der Röntgenunter-
bleibt der Pylorus über die gesamte Dauer einer suchung sind der abnorm lange und enge Pylorus-
4.1 Angeborene und anlagebedingte Erkrankungen 145

kanal und die Dilatation sowie die Retroperistaltik


des Magens zu erkennen. Die Hyperperistaltik beför-
dert die intragastrale Flüssigkeit im Abstand von
15–30 min in kleinen Portionen durch den Canalis
egestorius in das Duodenum.
Die HPS kann mit gastroösophagealem Reflux
kombiniert sein (Roviralta-Syndrom). Die Differen-
zialindikation zur Röntgen- bzw. Ultraschalluntersu-
chung bei Neugeborenen mit saurem, nichtgalligem
Erbrechen wird durch die Volumetrie des aspirierten
Magensafts erleichtert (Finkelstein et al. 1990).

Merke ! Können >10 ml gewonnen werden, so


ist die Ursache wahrscheinlich eine
HPS und damit primär die Sonographie indiziert.
Wenn das Aspirat hingegen <10 ml misst, erwartet
man einen gastroösophagealen Reflux und führt des-
halb zunächst die Kontrastuntersuchung durch.

Aus der ersten Hälfte der 1990er Jahre liegen mehre-


re Berichte über Magenausgangsstenosen bei Neuge-
borenen mit kongenitalen Herzfehlern vor, denen
man mehrere Tage bis Wochen Prostaglandin E1
infundiert hatte, um den Ductus arteriosus offen- Abb. 4.5. Kongenitale Duodenalstenose bei Situs inversus
zuhalten (Babyn et al. 1995; Peled et al. 1992). Den totalis
Studienergebnissen zufolge ist bei 12% der so behan-
delten Säuglinge mit stenosebedingten Ernährungs-
problemen zu rechnen. Das Sonogramm zeigt im ty-
pischen Fall eine auffällige Lappung bzw. polypoide
Läsionen der Antrumschleimhaut, das Kontrastbild 4.1.4
eine Stenose des Canalis egestorius wie bei HPS. Duodenalatresie
Das Ausmaß der Antrumhyperplasie ist mit der
kumulativen Prostaglandindosis eng korreliert. Nach Die Duodenalatresie (Abb. 4.5) ist eine Folge mangel-
Beendigung der Therapie kann sich die Magenaus- hafter Rekanalisation des Organs im zweiten Fetal-
gangsstenose zurückbilden. monat. Nach der 5. Embryonalwoche obliteriert das
Ausnahmsweise kann die Pylorusstenose des Neu- Lumen der primitiven Darmanlage und wandelt sich
geborenen durch die Kombination aus ektopem Pan- vorübergehend in einen soliden Strang um. Kurz da-
kreas und einer Duodenalduplikatur bedingt sein nach setzt die Desobliteration ein. Verläuft sie nicht
(Kawashima et al. 1998). regulär, so kann das Lumen vollständig (mit der
Im Gegensatz zur HPS ist der Pylorospasmus Folge der Atresie) oder partiell (mit der Folge der
sicherer radiologisch als sonographisch nachzuwei- Stenose) verschlossen bleiben. Die komplette Unter-
sen. Das Röntgenbild lässt die wesentlichen funktio- brechung der Kontinuität des Duodenums durch ei-
nellen Aspekte der Erkrankung, nämlich die verzö- nen Strang ist selten. Meistens bildet eine Scheide-
gerte Öffnung des Sphincter pylori nach Ankunft des wand, die an einer oder mehreren Stellen perforiert
Kontrastbolus und die fehlende Hyperperistaltik des ist, das Passagehindernis.
Magens, gut erkennen. Die für die HPS typische
Impression der Bulbusbasis durch den verdickten Angeborene/anlagebedingte Ursachen
Magensphinkter und die Verlängerung des Canalis der Duodenalobstruktion
egestorius fehlen. ∑ Atresie
Die benigne Pylorushypertrophie des Erwachsenen ∑ Membranstenose
kann radiologisch nur ausnahmsweise nachgewiesen ∑ Aortomesenteriale Kompression
werden. Man sollte die (Verdachts-) Diagnose nur ∑ Pancreas anulare
dann stellen, wenn die viel häufigeren erworbenen ∑ Paraduodenale Hernie
Formen der Pylorusstenose (durch chronisches Ul-
kus, maligne Neoplasie, Morbus Crohn u. a.) sicher
ausgeschlossen sind.
146 Kapitel 4 Magen und Duodenum

Die Membran ist gewöhnlich in der Pars descendens


duodeni lokalisiert. Die prästenotisch dilatierte Pars
superior duodeni und der vergrößerte Magen kön-
nen sonographisch rasch und eindeutig identifiziert
werden. Das in aufrechter Haltung des Kindes
gewonnene Übersichtsbild des Abdomens zeigt im
typischen Fall je einen Luft-Flüssigkeits-Spiegel im
geblähten Magen und prästenotischen Duodenum
(so genanntes double bubble sign). Die angeborene
Duodenalobstruktion wird bei 1–2% der Kinder mit
Trisomie 21 beobachtet.

4.1.5
Aortomesenteriale Kompression Abb. 4.6. Aortomesenteriale Kompression des Duodenums.
des Duodenums Hochgradige exzentrische Stenose der Pars IV duodeni.Ausge-
prägte prästenotische Dilatation
Beim Gesunden entfaltet sich die Pars descendens
duodeni auch in dem Segment, das zwischen Aorta
und A. mesenterica superior gelegen ist, vollständig. 4.1.6
Wenn der Winkel zwischen den beiden Gefäßen je- Pancreas anulare
doch anlagebedingt kleiner als normal (25°) ist und
andere Faktoren hinzutreten, die den Raum zwischen Das Pancreas anulare (Abb. 4.7 a, b) ist die häufigste
der Aorta und dem Hauptstamm der A. mesenterica Ursache der angeborenen extrinsischen Stenose des
superior einengen, kann der Zwölffingerdarm dort proximalen Duodenums. Dabei ist das suprapapillä-
stenosiert sein (Abb. 4.6). Das Kontrastbild zeigt im re Drittel der Pars descendens von lateral imprimiert
typischen Fall eine kurzstreckige hochgradige Enge und dadurch exzentrisch stenosiert.
des prävertebral gelegenen Segments der Pars des- Die anomale Position des Pankreas ist durch die
cendens duodeni. Zu den begünstigenden Faktoren mangelhafte oder vollständig fehlende Rückbildung
gehören rasches Längenwachstum in der Pubertät, der ventralen Organanlage bedingt. Dadurch legt
Magerkeit, Ptosis viscerum, Hyperlordose der Len- sich bei der Darmdrehung ein Parenchymring um
denwirbelsäule und orthopädische Therapiemaß- das Duodenum. Die äußere Stenose des Zwölffin-
nahmen (z. B. Korsett oder Extension). gerdarms durch das Pancreas anulare kann mit einer
Sowohl die Obstruktion des Duodenums durch inneren Stenose (z. B. durch eine perforierte Mem-
die Gefäßzwinge als auch die Position der benach- bran) kombiniert sein.
barten Organe und der Fettreichtum des Retroperito- Die periduodenale Lage der Bauchspeicheldrüse
neums werden durch die CT direkt dargestellt. Den wird in der CT und MRT direkt nachgewiesen, die
Winkel zwischen den beiden Gefäßen kann man aus funktionelle Bedeutung der Stenose für den Trans-
dem median-sagittal rekonstruierten CT-Arterio- port des Speisebreis durch das Kontrastradiogramm.
gramm des Oberbauchs ermitteln.Auch die kontrast- Den morphologischen Beweis für die Anomalie lie-
verstärkte MR-Angiographie des Abdomens liefert fert das retrograde Pankreatikogramm. Der Ausfüh-
diese Information. Auf die Katheterangiographie rungsgang des Pancreas anulare geht vom ventralen
wird in aller Regel verzichtet. Abschnitt des Organs aus, wendet sich dann nach
Wenn die konservativen Behandlungsversuche lateral und dorsal und mündet linksparavertebral in
misslingen, kann chirurgisch interveniert werden. den Ductus pancreaticus (selten in den Ductus cho-
Dabei werden entweder das Treitz-Band durchtrennt ledochus). Wie das Beispiel eines zufällig in der MRT
und anschließend das Duodenum mobilisiert entdeckten Pancreas anulare zeigt, kann die Anoma-
(Strong-Operation) oder Duodenum und Jejunum lie lange Zeit klinisch stumm bleiben (Desai et al.
retrokolisch Seit-zu-Seit anastomosiert. 1994).
4.1 Angeborene und anlagebedingte Erkrankungen 147

Abb. 4.8. Pancreas aberrans im Duodenum. Das aberrierende


Pankreasparenchym bildet monomorphe rundliche flach er-
habene Läsionen im Bulbus duodeni

4.1.8
Pancreas aberrans

Aberrierendes Pankreasparenchym (Abb. 4.8) kann


sowohl im Magen als auch im Zwölffingerdarm ange-
troffen werden. Im Magen wird es in der Regel an der
majorseitigen Antrumhinterwand, im Duodenum
sowohl in der Pars superior wie in der peripapillären
Region nachgewiesen.
Entsprechend ihrer submukösen Lage imponieren
die Pankreasinseln im Doppelkontrastbild als rund-
Abb. 4.7 a, b. Pancreas anulare. a Duodenogramm: konzentri-
liche, flach erhabene Läsionen mit einem zentralen
sche Stenose des suprapapillären Segments der Pars des- Breifleck, der die Mündung des Ausführungsgangs
cendens duodeni. b CT: hochgradige Duodenalstenose durch bezeichnet. Ihr Durchmesser beträgt zwischen 5 und
ektopes anuläres Pankreasparenchym. Dilatation des Magens 20 mm. Im Pancreas aberrans können sich die glei-
chen Erkrankungen entwickeln wie im orthotopen
Organ (Lee et al. 2003). Gastrales Pankreasparen-
4.1.7 chym kann auch maligne entarten (Matsuki et al.
Paraduodenale Hernie 2005).

Para- bzw. periduodenale Hernien können sich nur 왔 Bilden sich im Rahmen einer chroni-
Definition
dann ausbilden, wenn der Zwölffingerdarm mangel- schen Entzündung Pseudozysten aus,
haft fixiert ist. Meist ist nur ein Segment des Organs so werden diese Läsionen als sekundäre Duodenal-
abnorm beweglich. Bei der rechtsseitigen paraduo- wandzysten bezeichnet.
denalen Hernie verlagert sich Dünndarm in die Bur-
sa omentalis, bei der linksseitigen dringt er in den Die Differenzierung eines Pancreas aberrans von
Recessus duodenalis superior ein. Das Leerbild des einer submukös lokalisierten Läsion der glatten
Abdomens zeigt einen hohen Ileus. Bei der Durch- Muskulatur ist auch in der CT kaum möglich und
leuchtungsuntersuchung erkennt man, dass das Duo- endoskopisch ebenso schwierig (Cho et al. 2000).
denum abnorm weit ventral lokalisiert ist und dorsal Ein ähnliches radiomorphologisches Bild wie die
davon wenig bewegliche Dünndarmschlingen liegen, Pankreasinsel in der Magenwand bietet die heteroto-
die sich zögerlich füllen und entleeren. pe Magenschleimhaut im Bulbus duodeni. Allerdings
148 Kapitel 4 Magen und Duodenum

sind die Schleimhautinseln meist multipel und


können ulzerieren und Polypen bilden. Wichtigste
Differenzialdiagnose des seltenen Befunds sind
hyperplastische Brunner-Drüsen (Durchmesser: 1–
10 mm).

4.1.9
Transpylorischer Schleimhautprolaps

왔 Bei einem transpylorischen Schleim-


Definition
hautprolaps prolabiert die auf der
Muskularis abnorm stark verschiebliche Antrummu-
kosa zirkumferenziell durch den normal weiten Pylo-
rus in den Bulbus duodeni und bildet dort zentral
eine pilzförmige Läsion.

Der transpylorische Schleimhautprolaps (Abb. 4.9)


wird vorwiegend im höheren Lebensalter beobach-
tet. Bei der Kontrastuntersuchung erkennt man einen
allseits konvexen Füllungsdefekt, der sich nach Lo-
ckerung der Kompression vollständig zurückbildet.
Im Gegensatz zu prolabierenden Antrumpolypen
und gestielten Tumoren verursacht der Mukosapro- Abb. 4.9. Transpylorischer Schleimhautprolaps. Pilzförmiger
laps keine Magenausgangsstenose. In der umgekehr- Kontrastierungsdefekt des Bulbus duodeni durch zirkum-
ten Richtung, also vom Bulbus duodeni ins Antrum ferenziell prolabierende Antrumschleimhaut
ventriculi, wird nur selten ein Schleimhautprolaps
beobachtet.

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4.2 Entzündungen, Geschwüre und Gefäßerkrankungen 149

Im chronischen Stadium der Verätzung verliert die


Magenschleimhaut ihr Faltenmuster, das Organ
schrumpft, und es kann sich eine antropylorische
Stenose bilden.
Die Spontanruptur des Magens wird am häufig-
sten bei Neugeborenen während der ersten 7 Lebens-
tage beobachtet.

4.2.2
Gastritis phlegmonosa

Die Phlegmone der Magenwand wird in der Regel


erst intraoperativ erkannt, da bei dem raschen und
schweren Verlauf der Erkrankung zu wenig Zeit für
subtile radiologische Diagnostik bleibt und in Anbe-
tracht der Perforationsgefahr manchmal sogar auf
die Endoskopie verzichtet wird. Die mit ihr verbun-
dene diffuse, seltener umschriebene Verbreiterung
der Magenwand (Maximaldurchmesser: 20–25 mm)
kann gelegentlich in der CT nachgewiesen werden
und lässt differenzialdiagnostisch in erster Linie an
Abb. 4.10. Deformierung des Magens nach Verätzung durch ein malignes Lymphom denken.
Säure.Vorwiegend minorseitige Schrumpfung des Organs und
antropylorische Stenose

4.2.3
Spezifische Gastritis
4.2
Entzündungen, Geschwüre Die spezifischen Formen der Gastritis sind selten
und Gefäßerkrankungen und aus dem Röntgenbefund nur in Kenntnis der
Grunderkrankung bzw. vor dem Hintergrund des
Die Rolle der Radiologie für die Diagnose und Diffe- Nachweises ähnlicher Läsionen in anderen Abschnit-
renzialdiagnose der Entzündungen, Geschwüre und ten des Verdauungstrakts zu erkennen.
Gefäßerkrankungen von Magen und Duodenum
beschränkt sich im Allgemeinen auf die Erkennung Helicobacter-pylori-Gastritis
von Sonderformen und den Nachweis von Kompli- Während die Resultate der konventionellen Röntgen-
kationen. diagnostik bei Helicobater-pylori-Gastritis enttäu-
schen, besitzen der EUS und die CT sowohl bei der
Diagnose als auch bei der Verlaufskontrolle der Er-
4.2.1 krankung eine gewisse Bedeutung. Die Endosono-
Chemische Gastritis graphie zeigt bei Helicobacter-pylori-infizierten
Patienten mit Gastritis eine diffuse Verbreiterung
Die Verätzung der Magenschleimhaut durch chemi- der 3 inneren Wandschichten, während die 4. und 5.
sche Noxen kann über die Entzündung hinaus zu Schicht unauffällig sind (Avunduk et al. 1995). Nach
Nekrose, Blutung, Wandemphysem und Perforation erfolgreicher antimikrobieller Therapie und Rück-
führen (Abb. 4.10). Im akuten Stadium führt man gang der Entzündung normalisiert sich die Breite der
die Röntgenuntersuchung daher ausnahmslos mit inneren Wandschichten.
wasserlöslichem Kontrastmittel durch. In der CT werden 2 morphologische Varianten der
schweren Helicobacter-pylori-induzierten-Gastritis
CAVE ! Die Säureverätzung des Magens ist
besonders gefürchtet; Säuren wirken
unterschieden:
∑ die zirkumferenzielle Verdickung der Wand des
im Magen aggressiver als im Ösophagus.
Antrum ventriculi und
Für Laugen sind die Verhältnisse umgekehrt; sie
∑ die Verbreiterung der dorsalen Magenwand ent-
entfalten in der Speiseröhre größere Toxizität als im
lang der großen Kurvatur (Urban et al. 1991).
Magen.
150 Kapitel 4 Magen und Duodenum

der Magenschleimhaut zeigt multiple teils erhabene,


teils vertiefte Läsionen, die Peristaltik der Magen-
wand ist stark reduziert, und die antropylorische Re-
gion kann stenosiert sein. Das Muster der Röntgen-
befunde ähnelt dem eines diffusen Karzinoms oder
eines Morbus Ménétrier.

Tuberkulose des Magens


Die Tuberkulose des Magens wird nahezu ausschließ-
lich bei immunkompromittierten Patienten, vor allem
bei Aids-Kranken nachgewiesen. Allerdings manifes-
tiert sich die Mykobakteriose auch in dieser Klientel
häufiger in der Ileozökalregion als im Magen. Das
Röntgenbild zeigt im typischen Fall entlang der
Abb. 4.11. Fistelnder M. Crohn des Duodenums. Stenose und kleinen Kurvatur und im distalen Antrum multiple,
ausgeprägte Verwerfung des Schleimhautreliefs der Pars des- das Schleimhautniveau unter- bzw. überschreitende
cendens duodeni. Verzweigte Fistel ins Pankreas Läsionen, aus denen Fisteln zu den Nachbarorganen
führen können. Die Kombination der Tuberkulose
des Magens mit anderen, insbesondere pulmonalen
Der Durchmesser der Magenwand kann wie bei Manifestationen der Infektion ist nicht obligat.
einem Neoplasma 15–20 mm erreichen. Andere Die pseudotumoröse Form der Aktinomykose des
Zeichen malignen Wachstums wie lokoregionäre Magens kann in der CT erkannt werden und impo-
Lymphadenopathie und Invasion der Nachbarorgane niert dort wie eine submuköse Neoplasie (Lee et al.
fehlen jedoch; das Ulkus ist nicht obligat. Die meisten 1996).
normabweichenden Befunde (68%) werden im Ma-
genantrum nachgewiesen. Pseudolymphom des Magens
Gastroduodenitis Crohn 왔 Das Pseudolymphom des Magens ist
Definition
Bei 1–3% der Patienten mit Morbus Crohn sind der eine entzündliche Erkrankung, die
Magen (meist die antropylorische Region) und/oder von einer chronischen Gastritis oder einem pepti-
das Duodenum mitbetroffen (Abb. 4.11). Die für den schen Ulkus ihren Ausgang nimmt.
Morbus Crohn der Ileozökalregion charakteristi-
schen Röntgenzeichen (so genanntes Pflasterstein- Die mit der Erkrankung verbundenen Symptome
relief, segmentaler Befall, Fistel) können im oberen können gewöhnlich über mehrere Jahre zurückver-
Verdauungstrakt nur selten nachgewiesen werden. folgt werden. Das Pseudolymphom wird im Gegen-
Häufiger findet man multiple komplette Erosionen satz zu den malignen Lymphomen nahezu aus-
oder eine Antrumstenose. schließlich in Antrum und Pylorus nachgewiesen
und stellt sich dort als flache, mehr oder weniger um-
Eosinophile Gastroenteritis schriebene raumfordernde Läsion der Magenwand
Die eosinophile Gastroenteritis manifestiert sich mit ulzerösem Defekt dar. Die Differenzierung
vornehmlich in Magen und Dünndarm. Das Duode- der benignen Erkrankung von einem malignen
num ist nur ausnahmsweise betroffen. Im Doppel- Lymphom oder einem epithelialen Tumor (vor allem
kontrastbild des Magens können linear oder nodulär einem Frühkarzinom) gelingt radiologisch nicht.
verbreiterte Falten und – seltener – diskrete Antrum-
polypen und/oder multiple Erosionen nachgewiesen Entzündlicher fibroider Polyp
werden (MacCarty u. Talley 1996). Die seltene, oft Etwa 50% der entzündlichen fibroiden Polypen wer-
symptomarm verlaufende Erkrankung kann von den im Magen nachgewiesen (der Rest vornehmlich
der Gastroduodenitis Crohn und einem malignen im terminalen Ileum). Bevorzugte Lokalisation ist
Lymphom nur aufgrund des histologischen Befunds das Antrum. Der an eosinophilen Zellen reiche Pseu-
differenziert werden. dotumor (Durchmesser: 30–50 mm) wölbt sich glatt-
randig ins Magenlumen vor, kann jedoch exulzerie-
Sarkoidose des Magens ren. Das Tumorstroma erscheint in der kontrastver-
Der Magen ist zwar die häufigste Lokalisation der stärkten CT inhomogen hyperdens (Fuke et al. 2003).
Sarkoidose im Gastrointestinaltrakt, der Befall des Für den Radiologen besteht keine Möglichkeit, diese
Organs ist aber auch bei der generalisierten Form der Art des Polypen von anderen erhabenen Läsionen zu
Erkrankung die Ausnahme. Das Doppelkontrastbild unterscheiden (Harned et al. 1992).
4.2 Entzündungen, Geschwüre und Gefäßerkrankungen 151

4.2.4 Boden der Vertiefung können durch Gefäße oder Ge-


Erosion rinnsel hervorgerufen werden. Besonders ausgeprägt
ist ein derartiger Befund bei der Exulceratio simplex
Die Erosion ist als oberflächlicher Schleimhautdefekt Dieulafoy, einer ausschließlich im oberen Magendrit-
definiert, der im Gegensatz zum Ulkus an der Lami- tel lokalisierten, stets solitären Schleimhautläsion.
na muscularis mucosae endet. Man unterscheidet: Die oft heftige Blutung aus dem Ulkus wird durch
Arrosion eines großkalibrigen Gefäßes verursacht,
∑ akute oder inkomplette und
das die Muscularis propria penetriert und mehrere
∑ chronische oder komplette Erosionen.
Millimeter innerhalb der Submukosa verläuft.
Akute Erosionen werden durch Stress, Alkohol und Frische flache Ulzera, diskrete Narben und flache
Medikamente (z. B. Salizylate und andere nicht- Frühkarzinome sind radiologisch nicht voneinander
steroidale Antirheumatika, Kortikosteroide, Spirono- zu unterscheiden.
lacton, Eisen und Kaliumpräparate) hervorgerufen,
chronische Erosionen vornehmlich in der Nachbar- 왔 Als Pseudoulkus wird ein Kontrast-
Definition
schaft von peptischen Läsionen und Tumoren sowie mitteldepot auf der Schleimhaut der
bei Gastritis Crohn, Sarkoidose und Amyloidose des Magenvorderwand bezeichnet.
Magens beobachtet. Rund 2/3 der Erosionen sind im
Antrum lokalisiert. Am Korpus-Fundus-Übergang Weil sich die Bariumsuspension dabei den Falten der
findet man vornehmlich die stress- und schockasso- nichtabhängigen Magenwand auflagert, spricht man
ziierten Erosionen. auch von Stalaktitenphänomen.
Im Kontrastbild nachweisbar ist nur die komplette Die radiologische Differenzierung zwischen be-
Erosion. Man erkennt sie an einer flachen, rundlichen nignem und malignem Ulcus ventriculi ruht unver-
(Durchmesser: 5–10 mm) Schleimhauterhebung mit ändert auf den für die klassische Doppelkontrast-
einem umschriebenen zentralen Kontrastdepot. Die untersuchung erarbeiteten Kriterien (Tabelle 4.1).
Läsionen sind meist multipel, annähernd mono- Die Bedeutung der so genannten Hampton-Linie
morph und folgen häufig einer linearen Anordnung. (1–2 mm breite, der Magenwand parallel verlaufende
Aufhellungslinie am Oberrand der Ulkusnische) für
die Diagnose des benignen Ulkus ist aufgrund ihrer
4.2.5 geringen Sensitivität limitiert.
Ulcus ventriculi Das heilende Magengeschwür unterscheidet sich
von der akuten ulzerösen Läsion durch die zuneh-
Das akute Ulcus pepticum ventriculi wird im Prall- mende Abflachung und Entrundung des Kraters und
füllungsbild erkannt und durch die Doppelkontrast- die radiäre Konvergenz der benachbarten Magenfal-
aufnahme charakterisiert (Abb. 4.12 a–d, Abb. 4.13). ten in Richtung auf den Defekt. Dadurch entsteht der
Im typischen Fall findet man am Angulus, am klein- so genannte Faltenstern. Die narbige Retraktion ver-
kurvaturseitigen Antrum oder an der Hinterwand kürzt und verlagert die Wand und führt zu einer De-
des distalen Korpusdrittels ein rundes oder ovales, formierung des Magens, die als charakteristisch für
form- und lagekonstantes Kontrastmitteldepot, in das chronische Ulkus angesehen wird (so genannter
dessen Umgebung das Faltenrelief der Magen- Ulkusfinger, so genannter Sanduhrmagen, antropylo-
schleimhaut intakt ist. Zarte Füllungsdefekte am rische Stenose).

Tabelle 4.1. Radiologische Differenzialdiagnose des Ulcus ventriculi

Kriterium Benignes Ulkus Malignes Ulkus

Lokalisation Kleine Kurvatur Große Kurvatur


Durchmesser <20 mm >20 mm
Randwall Gleichmäßig Ungleichmäßig
Übergang zur
gesunden Schleimhaut Unscharf Scharf
Niveau Unter der Schleimhautoberfläche In Höhe/über der Schleimhautoberfläche
Benachbarte Falten Gleichmäßig glatt Aufgetrieben, gezähnt, z. T. verschmolzen
Harmonisch verjüngt Konisch zulaufend
Umgebung Einziehung der kontralateralen Magenwand Wandstarre der Umgebung
152 Kapitel 4 Magen und Duodenum

Abb. 4.12 a–d. Ulcus ventriculi. a Benignes antropylorisches des Angulus ventriculi und Magenausgangsstenose (auf dem
Ulkus. b Kallöses Ulkus am Angulus ventriculi. c Malignes Ul- Boden einer Peritonealkarzinose bei Ovarialkarzinom)
kus an der Minorseite des Antrum ventriculi. d Malignes Ulkus

Das Ulcus callosum ist im Röntgenbild daran zu Die Perforation des Magengeschwürs ist im Abdo-
erkennen, dass infolge des abnorm breiten Granula- men-Leerbild an der freien subdiaphragmalen Luft
tionssaums der Durchmesser des Ulkuskraters den zu erkennen. Kleinkurvaturseitige Ulzera brechen
der intakten Magenwand übertrifft. Zur Palliativ- ins Omentum minus, Hinterwandulzera ins Pankreas
therapie der narbigen Magenausgangsstenose eignen ein. Antropylorische Ulzera können in den Bulbus
sich selbstexpandierende Metallstents (Wigginghaus duodeni perforieren und dadurch eine zweite Verbin-
et al. 1999). dung zwischen Magen und Zwölffingerdarm schaf-
fen, sodass im Kontrastradiogramm ein gedoppelter
Pylorus nachweisbar wird. Ausnahmsweise perforie-
ren peptische Magengeschwüre in das Kolon oder die
Gallenwege.
4.2 Entzündungen, Geschwüre und Gefäßerkrankungen 153

Abb. 4.13. Sanduhrmagen. Hochgradige konzentrische Steno-


se des Corpus ventriculi. Benignes minorseitiges Ulkus

Abb. 4.14. Großes penetrierendes Ulcus duodeni

Abb. 4.15 a, b. Narbig geschrumpfter Bulbus duodeni (so genannter Kleeblattbulbus). a Prallfüllungsbild. b Doppelkontrastbild

4.2.6 inferior und die Pars superior betroffen. Peptische


Ulcus duodeni Defekte an einander gegenüberliegenden Wänden
bezeichnet man als „kissing ulcers“. Der Durchmes-
Das Ulcus pepticum duodeni wird in der Regel in- ser von Zwölffingerdarmgeschwüren überschreitet
tra- oder unmittelbar postbulbär, d. h. entlang einer selten 10 mm. Vereinzelt werden Ulzera beobachtet,
Strecke von 30 mm aboral des Pylorus nachgewiesen die so groß sind, dass sie ein Divertikel imitieren
(Abb. 4.14, Abb. 4.15 a, b). Weiter distal gelegene Ul- oder dem Bulbus duodeni ähneln.
zera sind verdächtig auf Zollinger-Ellison-Syndrom. Die Radiomorphologie des akuten Ulcus duodeni
Atypisch lokalisierte Ulzera werden auch proximal unterscheidet sich nicht von der des Ulcus ventriculi.
von Membranstenosen beobachtet. Innerhalb des Auch das Erscheinungsbild der Heilung und des
Bulbus finden sich die meisten Ulzera an der Vorder- chronischen Stadiums der beiden Ulkustypen ist
wand. Weniger häufig sind die Hinterwand, die Pars trotz der differenten Pathogenese im Kontrastbild
154 Kapitel 4 Magen und Duodenum

Erworbene Ursachen der Duodenalobstruktion


∑ Peptische Narbe(n)
∑ Chronische Pankreatitis
∑ Neoplasie (Duodenum, Papille, Pankreas)
∑ Morbus Crohn
∑ Sarkoidose
∑ Bouveret-Syndrom (Impaktion eines Gallenkonkrements)

Das Ulcus duodeni perforiert nur selten in die freie


Bauchhöhle. Die Perforationen in das Pankreas, die
Leber und die Gallenwege sind vielfach gedeckt. Aus-
nahmsweise kann das Ulcus duodeni ins Antrum
ventriculi durchbrechen und dort zu einem stenosie-
renden intramuralen Hämatom führen (Horvat et al.
1998; Abb. 4.16 a, b).

4.2.7
Gastroduodenale Blutung

Arterielle Blutungen an der kleinen Kurvatur des Ma-


gens werden aus den Aa. gastricae dextra et sinistra,
jene an der großen Kurvatur aus den Aa. gastroepi-
ploicae dextra et sinistra gespeist. Mit weitem Ab-
stand die häufigste Blutungsquelle ist die A. gastrica
sinistra (Kelemouridis et al. 1983). Der Nachweis und
die Behandlung liegen in den Händen der interven-
tionellen Endoskopie und der Chirurgie. Die ver-
gleichsweise seltenen Blutungen aus Aneurysmen
von Ästen des Truncus coeliacus (in den Magen) und
der A. mesenterica superior bzw. A. gastroduodenalis
Abb. 4.16 a, b. Duodenalstenose. a Konzentrische Stenose der (in das Duodenum) werden angographisch erfasst
Pars descendens duodeni durch chronische Pankreatitis. und können in der gleichen Sitzung oder später em-
b Stenose des unteren Duodenalknies durch intramurales Hä- bolisiert werden.
matom (Sondenuntersuchung)
Magenvarizen und die seltenen Duodenalvarizen
werden meist in Verbindung mit Ösophagusvarizen
beobachtet. Isolierte Fundusvarizen weisen auf Milz-
venenverschluss (z. B. bei chronischer Pankreatitis)
ähnlich. Der vom chronischen Magengeschwür be- und lienale Hypertension hin. Varizen entlang der
kannte Faltenstern wird allerdings im Duodenum kleinen Kurvatur werden aus der V. coronaria ventri-
selten beobachtet. Hingegen ist die narbige Defor- culi, jene an der großen Kurvatur aus der V. gastro-
mierung des Bulbus duodeni oft sehr ausgeprägt. epiploica dextra und die im oberen Drittel des
Der Narbenbulbus kann symmetrisch (so genannte Magens gelegenen aus Ästen der V. gastrica sinistra
Kleeblattform) oder asymmetrisch (Hart-Tasche, gespeist.
Akerlund-Pseudodivertikel) ausgebildet sein.
Fakultativ sind auch der Pylorus und/oder die
Flexura duodeni superior in die Retraktion einbezo- Merke ! Die beste Übersicht über die venösen
Kollateralen entlang der Hohlorgane
gen. Wenn das obere Duodenalknie narbig fixiert ist, des oberen Verdauungstrakts und die varikösen Kon-
fließt das Kontrastmittel kaskadenartig aus der Pars volute gibt die direkte Portographie (meist im Rah-
superior in die Pars descendens ab (so genanntes men des TIPS).
Gießkannenphänomen). Die Differenzierung eines
Ulkusrezidivs von einer Ulkusnarbe innerhalb des Für den nichtinvasiven Nachweis von Magen- und
deformierten Bulbus ist radiologisch auch dann Duodenalvarizen ist die konventionelle Röntgen-
unsicher, wenn zum Vergleich geeignete alte Bilder diagnostik von der Endosonographie abgelöst wor-
verfügbar sind. den. Auch in der Differenzialdiagnose von Magen-
4.2 Entzündungen, Geschwüre und Gefäßerkrankungen 155

wandvarizen und soliden submukösen Tumoren ist Literatur


der Ultraschall weit überlegen.
Die sehr seltenen Angiodysplasien des Duodenums Avunduk C, Navab F, Hampf F, Coughlin B (1995) Prevalence of
(bei Morbus Osler, Morbus Von-Willebrand-Jürgens, Helicobacter pylori infection in patients with large gastric
Blue-rubber-bleb-Nävus-Syndrom sowie als Be- folds: evaluation and follow-up with endoscopic ultrasound
before and after antimicrobial therapy. Am J Gastroenerol
strahlungsfolge) werden durch die Zöliakographie 90: 1969–1973
nachgewiesen. Fuke H, Hashimoto A, Shimizu A, Yoshimura H, Nakano T,
Shiraki K (2003) Computed tomographic image of an in-
flammatory fibroid polyp of the stomach. Clin Imaging
CAVE ! Das Duodenum ist durch seine fixier-
te Lage im Prävertebralraum für trau-
27:400–402
Harned RK, Buck JL, Shekitka KM (1992) Inflammatory fibroid
matische Läsionen stärker gefährdet als der Magen. polyps of the gastrointestinal tract: radiologic evaluation.
Radiology 182: 863–866
Horvat G, Szele K, Panka L, Szepesi G, Kovacs A, Kissik I (1998)
Klassifizierung der Duodenalverletzungen Rare complication of duodenal ulcer: intramural hema-
toma in the gastric antrum. Orv Hetil 26: 1799–1802
I: Kontusion, Wandhämatom, fakultativ sekundäre Ruptur Kelemouridis V, Athanasoulis CA, Waltman AC (1983) Gastric
II: Isolierte Ruptur bleeding sites. Radiology 149: 643–648
III: Ruptur plus Pankreasparenchymläsion Lee CM, Ng SH,Wan YL, Tsai CH (1996) Gastric actinomycosis.
(ohne Beteiligung der Ausführungsgänge) J Formos Med Assoc 95: 66–68
IV: Lazeration von Duodenum und Pankreas MacCarty RL, Talley NJ (1996) Barium studies in diffuse
eosinophilic gastroenteritis. Gastrointest Radiol 15: 183–
187
Sarkar MR, Lemminger FM (1997) An unusual cause of upper
Duodenalblutungen sind außerdem als Folge ver- gastrointestinal hemorrhage – perforation of a vena cava
schiedener endoskopischer Eingriffe (z. B. tiefe filter into the duodenum. Vasa 26: 305–307
Biopsie, Injektion von Adrenalin/Polidocanol/ Urban BA, Fishman EK, Hruban RH (1991) Helicobacter pylori
Fibrinkleber, Laserapplikation) sowie der Perfora- gastritis mimicking gastric carcinoma at CT evaluation.
Radiology 179: 689–691
tion von V.-cava-Filtern (Sarkar u. Lemminger 1997) Wigginghaus B, Dormann AJ, Grünewald T, Huchzermeier H
beschrieben. (1999) Primäre palliative Therapie maligner Magenaus-
Ausnahmsweise werden intramurale Hämatome gangsstenosen mit selbstexpandierenden Metallstents.
(und konsekutive Nekrosen) auch als Komplikation Dtsch Med Wochenschr 124: 109–113
der akuten und der exazerbierten chronischen Pan-
kreatitis beobachtet. Umgekehrt kann ein Duodenal-
wandhämatom ohne Obstruktion der Papilla Vateri
eine Pankreatitis auslösen. Die stenosierende Wir-
kung der Hämatome wird im Duodenogramm über-
zeugend demonstriert. Ihre wahre Längen- und Tie-
fenausdehnung macht am besten die CT sichtbar.
156 Kapitel 4 Magen und Duodenum

4.3
Tumoren
Die bildgebende Diagnostik von Tumoren des Ma-
gens und Zwölffingerdarms hat sich von der Projek-
tionsradiographie nahezu komplett auf die Schnitt-
bilddiagnostik verlagert. Wertvoll ist die konventio-
nelle Kontrastmitteldarstellung noch für den Nach-
weis von Tumoren des distalen Duodenums, da diese
Region einerseits bei der Routine-Endoskopie des
oberen Verdauungstrakts nicht eingesehen und an-
dererseits von der Standard-Intestinographie nicht
erfasst wird.

Merke ! Für das T- und N-Staging maligner


Magen- und Duodenaltumoren hat
sich der EUS aufgrund der hervorragenden Beurtei-
lungsmöglichkeit der Wandschichten und der ört-
lichen Lymphknoten als Verfahren der ersten Wahl
etabliert.

Regionäre Lymphknotenfiliae, extragastrale bzw.


extraduodenale raumfordernde Läsionen und Filiae
in den parenchymatösen Oberbauchorganen werden
durch die CT oder MRT erfasst. Multiplanare Rekon-
struktionen und dreidimensionale Darstellungen der
computer- und magnetresonanztomographischen
Datensätze und die virtuelle Endoskopie komplettie-
ren das Instrumentarium der bildgebenden Diagnos-
tik der Magen- und Duodenaltumoren (Ogata et al.
1999).

4.3.1
Gutartige epitheliale Tumoren des Magens

Polyp, Adenom
Die radiologische Diagnose des Polypen (Abb.
4.17 a, b) ruht in Magen und Duodenum ebenso wie
in anderen Hohlorganen auf dem konstanten Nach-
weis einer erhabenen, aber nur ausnahmsweise
stenosierenden Läsion.
Die unregelmäßige, fakultativ von Erosionen be-
deckte Oberfläche und die scharfe Abgrenzung von
der benachbarten Schleimhaut kennzeichnen Poly-
pen epithelialen Ursprungs.
Dagegen sind polypöse Läsionen nichtepithelialen
Ursprungs durch glatte Oberfläche, fließenden Über-
gang in die Umgebung und Brückenfalten charakte-
risiert. Abb. 4.17 a–c. Magenpolyp. Polyposis ventriculi. a 2 Magen-
polypen. Der kranial gelegene ist en face getroffen und weist
Die Polypen sitzen der Magenwand entweder ein zentrales Kontrastmitteldepot auf, der an der kleinen Kur-
breitbasig auf oder sind mit ihr durch einen Stiel vatur kaudal gelegene ist im Profil dargestellt. b Maligner Po-
verbunden. Langstielige Magenpolypen können ins lyp am Angulus ventriculi. c Polyposis ventriculi
Duodenum prolabieren und so eine gastroduodenale
Invagination herbeiführen.
4.3 Tumoren 157

Rund 90% der radiologisch nachgewiesenen Ma- Polyposis ventriculi bei intestinalen Syndromen
genpolypen sind benigne Tumoren. Hinter den rest- ∑ Familiäre Adenomatosis coli (fakultativ: Polyposis duodeni)
lichen 10% verbergen sich primär maligne Läsionen ∑ Peutz-Jeghers-Syndrom (Polyposis intestini, Pigmentflecken
(polypöses Karzinom, Frühkarzinom vom erhabe- an Lippen- und Wangenschleimhaut)
nen Typ) oder maligne entartete Adenome (Cheru- ∑ Gardner-Syndrom (Adenomatosis intestini et coli, Osteome,
kuri et al. 2000). Fibrome, Lipome, Dermoidzysten, Dentitionsstörungen)
Unter den benignen epithelialen Läsionen ist der ∑ Cronkhite-Canada-Syndrom (Polyposis intestini et coli,
hyperplasiogene Polyp der häufigste Subtyp. Der für Hyperpigmentation von Haut, Schleimhäuten und Retina,
den Magen typische Tumor ist überwiegend im An- Alopezie, Onychodystrophie)
trum lokalisiert, misst in der Regel <10 mm im ∑ Cowden-Syndrom (disseminierte gastrointestinale Polypose,
Durchmesser und wird meist multipel nachgewiesen. orokutane Hamartome, gehäuft Erkrankungen der Schild-
Dagegen ist das Adenom (im Magen überwiegend drüse und der Mamma)
vom tubulären, im Duodenum meist vom villösen
∑ Turcot-Syndrom (Adenomatosis coli, maligne ZNS-Tumoren)
Typ) in etwa gleich häufig im Antrum bzw. an der
Kardia lokalisiert, bis zu 40 mm groß und in aller
4.3.2
Regel ein solitärer Befund.
Magenkarzinom
Polyposis ventriculi
Der Nachweis von mehr als 50 Polypen im Magen Bei der Röntgendiagnostik der malignen epithelialen
legt die Diagnose einer Polyposis ventriculi nahe Tumoren des Magens wird traditionell zwischen dem
(Abb. 4.17 c). Nach dem feingeweblichen Bild handelt Frühkarzinom (Tabelle 4.2) und dem fortgeschritte-
es sich dabei entweder um Drüsenkörperzysten nen Karzinom (Tabelle 4.3) unterschieden. Diese Dif-
(häufigster Befund) oder um hyperplasiogene Poly- ferenzierung wurde Anfang der 1960er Jahre von der
pen und fokale foveoläre Hyperplasien. Die Adeno- Japanischen Gesellschaft für Gastroenterologische
matose des Magens als eigenständiges Krankheits- Endoskopie inauguriert und später durch klinische
bild ist nicht gesichert. Die Polyposis ventriculi kann Untersuchungen glänzend bestätigt. Es gelingt aller-
jedoch Teil- oder Begleitsymptom adenomatöser Er- dings weder endoskopisch noch radiologisch, son-
krankungen des Dünn- und Dickdarms sein. dern nur am Operationspräparat, die beiden Formen
und ihre Typen sicher voneinander zu unterscheiden.
Die höchste Treffsicherheit unter den bildgebenden
Verfahren besitzt der EUS.

Tabelle 4.2. Makromorphologische Typen des Magenfrühkarzinoms

Typ Häufigkeit Wachstumsform Differenzialdiagnose


[%]

I 10 Erhaben (>5 mm) Polyp, fortgeschrittenes Karzinom (Borrmann I)


II a 20 Erhaben (<5 mm) Submuköser Tumor
II b 15 Im Schleimhautniveau Peptische Narbe
II c 50 Im Schleimhautniveau versenkt
III 5 Flach vertieft Fortgeschrittenes Karzinom (Borrmann III)

Tabelle 4.3. Makroskopische Klassifikation des Magenkarzinoms. (Nach Borrmann 1926)

Typ Pathologischer Befund Radiologischer Befund

I Knotiger, ins Lumen vorspringender Tumor Breitbasige erhabene Läsion mit irregulärer Oberfläche
mit zerklüfteter Oberfläche
II Über dem Schleimhautniveau gelegener, Die Magenwand überragende, gegenüber der Umgebung
von der Umgebung durch einen hohen gut abgrenzbare, ausgedehnt ulzerierende erhabene Läsion
Randwall abgesetzter tiefer Tumorkrater
III Unscharf von der Umgebung abgesetzter Wandversteifende, von der Umgebung kaum abgesetzte,
flach ulzerierter Tumor knapp über/unter Schleimhautniveau gelegene Läsion
IV Die Magenwand diffus infiltrierender Tumor Wandversteifende und lumenreduzierende flächenhafte
(Linitis plastica) Läsion, die das Schleimhautrelief kaum verändert
158 Kapitel 4 Magen und Duodenum

Außerdem wird klinisch und pathologisch-anato-


misch noch ein intermediärer Typ des Magenkarzi-
noms abgegrenzt, der zwar die Muscularis propria er-
fasst, aber die Serosa nicht invadiert.Von 1120 in eine
japanische Studie einbezogenen Patienten wiesen
8% einen Tumor dieses Typs auf. Ihre Fünfjahres-
überlebenszeit betrug 85% (Nakamura et al. 1999).

Merke ! Das entscheidende Merkmal des Früh-


karzinoms ist der ausschließliche Be-
fall der Mukosa und Submukosa des Magens durch
Abb. 4.18. Frühkarzinom des Magens vom Typ II c an der gro-
den Tumor.
ßen Kurvatur

Abb. 4.19 a–d. Magenkarzinom.


Makroskopische Klassifikation im
Kontraströntgenbild. a Typ Borr-
mann I, Antrum, große Kurvatur.
b Typ Borrmann II. Korpus und
Antrum, große Kurvatur. c Typ
Borrmann III. Fundus und
Korpus, kleine Kurvatur. d Typ
Borrmann IV. Linitis plastica
4.3 Tumoren 159

Der Status der lokoregionären Lymphknoten spielt


dabei keine Rolle. Die Typisierung des Frühkarzi-
noms mit bildgebenden Verfahren orientiert sich am
Niveauunterschied zwischen Tumor- und Schleim-
hautoberfläche. Sowohl konventionell-radiologisch
als auch in der CT wird die Diagnose der Typen II b
und II c am häufigsten verfehlt (Lee u. Ko 1998). Die
Tumoren sind überwiegend im mittleren und dista-
len Magendrittel lokalisiert. Im Kontrastradiogramm
kann das Frühkarzinom sowohl einem fortgeschrit-
tenen epithelialen Neoplasma täuschend ähnlich sein
als auch mit einem flachen Polypen, einer Narbe oder
einem submukösen Tumor verwechselt werden
(Abb. 4.18; vgl. Tabelle 4.2).
Für die Klassifizierung der fortgeschrittenen Ma-
genkarzinome im Röntgenbild ist nach wie vor die
Einteilung nach Borrmann in Gebrauch (vgl. Tabel-
le 4.3). Die antropylorische Region und die kleine
Kurvatur sind häufiger betroffen als die Vorder- und
Hinterwand und die große Kurvatur (Abb. 4.19 a–d).
Intratumorale Verkalkungen sind selten und wer-
den nur beim muzinösen Adenokarzinom nachge-
wiesen (Dicksen et al. 2004). Tumoren mit ausge-
dehntem extragastrischem Kompartiment können
ins Pankreas penetrieren und ins Jejunum und Kolon
perforieren. Die mit dem Endoskop nicht passier-
bare neoplastische Magenausgangsstenose wird mit
wasserlöslichem Kontrastmittel dargestellt und gra-
duiert. Zur palliativen Therapie bei (funktionell)
inoperablen Patienten eignen sich peroral oder via
Gastrostomie inserierte selbstexpandierende Metall-
endoprothesen (Pinto 1997).
Die CT des Oberbauchs (Abb. 4.20 a–c) in der für
die Untersuchung des Magens am besten geeigneten
Technik (orale Kontrastierung mit Wasser, pharma-
kologisch induzierte Hypotonie, Bolus-Kontrastmit-
tel-Applikation, Zwei- bzw. Dreiphasenspiraltechnik)
leistet einen wichtigen, jedoch stark von der Ausdeh-
nung des Tumors abhängigen Beitrag zur Diagnose
des Magenkarzinoms (Insko et al. 2003; Shimizu et al.
2005). Um das Antrum ventriculi optimal zu disten-
dieren, sollten die Patienten in links posteriorer
Schräglage untersucht werden (Kim et al. 2005).
Am gesunden Magen können in der kontrastver-
stärkten Hydro-CT im Allgemeinen 3 Schichten un-
terschieden werden:
Abb. 4.20 a–c. Magenkarzinom in der CT. a Tumor der klei-
∑ die stark anreichernde Innenschicht (= Mukosa), nen Kurvatur. Invasion des Lig. gastrohepaticum. Retrokrura-
les Lymphom. b Linitis plastica. Aszites bei Peritonealkarzino-
∑ die gering anreichernde Zwischenschicht (= Sub- se. c Stenosierendes Siegelringzellkarzinom des Antrum ven-
mukosa) und triculi. Invasion des Pankreas
∑ die mäßig stark anreichernde Außenschicht (=
Muskularis plus Serosa).
Beim Frühkarzinom ist die innere Schicht im Tumor-
Merke ! In der Region eines fortgeschrittenen
Karzinoms ist die reguläre Schichten-
bereich verbreitert, die mittlere und äußere Schicht folge aufgehoben, die Wand verdickt und durch
hingegen unverändert normal; die Magenwand ist ein abnorm starkes Enhancement gekennzeichnet
daher insgesamt allenfalls gering verdickt. (Tsuda et al. 1995).
160 Kapitel 4 Magen und Duodenum

Frühkarzinome werden einheitlich am besten in der Wichtigstes Differenzierungskriterium ist die Grö-
arteriellen und/oder parenchymatösen Phase der ße (Balfe et al. 1984):
Kontrast-CT nachgewiesen. Für die Aufdeckung fort-
∑ Für die Lymphknoten des Kompartiments I (an
geschrittener Tumoren vom szirrhösen Typ ist die
der großen und kleinen Kurvatur des Magens) gilt
Spätphase günstiger, weil das Enhancement an der
ein Kurzachsendurchmesser von 8 mm als Ober-
Mukosa einsetzt und von dort nach außen fortschrei-
grenze der Norm,
tet (Takao et al. 1998). Auch innerhalb des Tumors
∑ für die Lymphknoten des Kompartiments II
steigt die Dichte in der Frühphase der Kontrastmit-
(rings um den Truncus coeliacus, im Leber- und
telanflutung vielfach mehr oder weniger heterogen
Milzhilus) beträgt dieser Wert 7–8 mm und
an, in der Gleichgewichtsphase stellt er sich dann
∑ für die Lymphknoten des Kompartiments III
gleichmäßig hyperdens dar. Frühkarzinome werden
(Retroperitoneum, Mesenterialwurzel) 9–11 mm.
aufgrund dieser Kriterien computertomographisch
in 56% und fortgeschrittene Karzinome in 95% kor- Nach den Ergebnissen einer histopathologisch kon-
rekt erkannt (Cho et al. 1994). In Einzelfällen kann trollierten CT-Studie an 58 Patienten mit Magenkar-
mittels der CT die für die bioptische Sicherung des zinom konnten von den Lymphknoten mit einem
Karzinoms am besten geeignete Region der Magen- Durchmesser zwischen 5 und 9 mm 45% und von
wand identifiziert werden. jenen mit einem Durchmesser von >9 mm 72%
Die Leistungsfähigkeit der CT beim T-Staging von im Schnittbild korrekt identifiziert werden (Fukuya
Magenkarzinomen hängt entscheidend von der Inva- et al. 1995). Die Sensitivität der CT beim Nachweis
sionstiefe der Tumoren ab. Während bei fortgeschrit- metastatischer Lymphknoten war dabei mit 75,2%
tenen Karzinomen das korrekte T-Staging in 82% der deutlich höher als die für den Nachweis metastasen-
Fälle gelingt, beträgt die entsprechende Quote beim freier Lymphknoten (41,8%); dieser Unterschied war
Frühkarzinom lediglich 15% (Takao et al. 1998). Be- auch statistisch signifikant (p<0,01). Ähnlich große
sonders schwer lassen sich T1-Karzinome, die die Differenzen fanden sich für die computertomo-
Submukosa ausgedehnt infiltrieren, von fortgeschrit- graphische Dichte (positive Lymphknoten: 110+/
tenen Tumoren differenzieren. Die Unterscheidung –25 HE; negative Lymphknoten: 66+/–32 HE)
zwischen T2- und T3-Karzinomen gelingt in 73% und das Verhältnis zwischen kurzer und langer
und die zwischen T1/T2- und T3/T4-Tumoren in Achse (positive Lymphknoten: 0,81+/–0,15; negative
83% der Fälle (Fukuya et al. 1997). Lymphknoten: 0,57+/–0,15).
Der Nachweis der tumorösen Infiltration der Sero- Dennoch werden in der CT immer wieder Lymph-
sa ist auch in der Dünnschicht-Spiral-CT schwierig. knoten mit einem Durchmesser von <10 mm gefun-
Multiplanare Rekonstruktionen sind den axialen den, die metastatisch befallen sind, und umgekehrt
Tomogrammen für das T-Staging vor allem in jenen erweisen sich Lymphknoten mit einem Durchmesser
Regionen überlegen, deren Beurteilung durch Teil- von >15 mm als tumorfrei (Potente et al. 1994). Der
volumenartefakte erschwert ist. Als Faustregel gilt, Nachweis von Metastasen in Lymphknoten des Kom-
dass das computertomographische T-Staging bei partiments III kann von der CT mit einer Sensitivität
2 von 3 Magenkarzinomen zutreffend ist. Fehlende von 36% und einer Spezifität von 97% erwartet wer-
Fettschichten und unregelmäßige Ränder sind ein den (Adachi et al. 1997).
wenig verlässliches Zeichen für die Invasion der
Nachbarorgane durch das Magenkarzinom. Ein
besseres Differenzierungskriterium ist die mittlere Merke ! Grundsätzlich eignet sich die CT also
besser für die Stadieneinteilung fort-
Dichte der Grenzregion (Tsuburaya et al. 1994). In in- geschrittener Tumoren des Magens als für die von
filtrierten Arealen ist die computertomographische Frühkarzinomen.
Dichte mit 60+/–38 HE signifikant (p<0,05) höher
als in nicht vom Tumor berührten Abschnitten (36+/ Dabei besteht die Tendenz, das T-Stadium zu hoch
–56 HE). Mit Hilfe der Densitometrie lässt sich der und das N-Stadium zu niedrig zu bewerten (Ziegler
Nachweis der Infiltration eines Magenkarzinoms in et al. 1993). Die Aussaat des Tumors in die Peritoneal-
Pankreas, Leber und Dickdarm mit einer Genauig- höhle wird selbst im fortgeschrittenen Stadium com-
keit von 75% (61%, 78%) führen. putertomographisch häufig nicht erkannt (Stell et al.
Das computertomographische N-Staging von Ma- 1996). Diese Gefahr besteht vor allem dann, wenn
genkarzinomen gilt allgemein als unbefriedigend (noch) kein Aszites besteht und zarte Knötchen am
(Hundt et al. 1999). Vielfach werden zwar abnorm Peritoneum und im mesenterialen Fett das einzige
große lokoregionäre Lymphknoten nachgewiesen. Es Zeichen der disseminierten Filiarisierung sind. Wie
gelingt jedoch nicht, zwischen metastatischem Befall die Resultate einer chirurgisch kontrollierten CT-
und einer nichtneoplastischen Reaktion als Ursache Studie an 56 nodal-positiven Adenokarzinomen zei-
der Vergrößerung zu unterscheiden. gen, ist auch bei sorgfältiger Untersuchungs- und
4.3 Tumoren 161

Abb. 4.21 a–c. Magenkarzinom an der Korpushinterwand


in der MRT (T1-gewichtete TSE-Sequenz). Applikation
negativen oralen und positiven parenteralen Kontrast-
mittels. a Axiales Schnittbild. b Koronares Schnittbild.
c Sagittales Schnittbild. Schichtdicke: jeweils 6 mm.
(Aufnahmen Dr. A. Heiniche, Berlin)

Auswertetechnik damit zu rechnen, dass etwa jede entscheidend beeinflusst. Wenn in Standardtechnik
vierte Peritonealkarzinose übersehen wird (Adachi (SE-Sequenzen; Schichtdicke: 10 mm) tomographiert
et al. 1997). wird, verhindern atmungs- und bewegungsbedingte
Im Hinblick auf die Prognose des Magenkarzinoms Artefakte und die langen Akquisitionszeiten die
gilt die Klassifikation von Laurén als besonders vali- überzeugende Darstellung des Tumors. Die MRT
de. Einer italienischen Arbeitsgruppe gelang in 92% zeigt dann zwar Karzinome in fortgeschrittenen
der Fälle die computertomographische Differenzie- Stadien und deren Lebermetastasen, der Befall der
rung zwischen dem intestinalen und dem diffusen Lymphknoten und des Bauchfells wird aber nur mit
Typ (Rossi et al. 1999). Als Kriterien nutzte sie die klinisch unbefriedigender Sensitivität demonstriert
Breite des hypodensen Anteils der Magenwand und (Costanzi et al. 1996). Zu besseren Ergebnissen ver-
das Ausmaß der Kontrastmittelanreicherung. Bei helfen der Einsatz von Schnellbildtechniken und die
Karzinomen vom intestinalen Typ wurden sowohl kombinierte Applikation negativen oralen und posi-
für die Tiefenausdehnung (1,4+/–0,4 gegenüber tiven parenteralen Kontrastmittels. So konnten fort-
7,0+/–1,2 mm) als auch das Enhancement (51+/–3 geschrittene Magenkarzinome bei 48 Patienten an
gegenüber 85+/–2 HE) wesentlich niedrigere Werte der Verbreiterung der Wand und abnorm starker
gemessen als bei Tumoren vom diffusen Typ. lokaler Kontrastmittelakkumulation erkannt werden
Die Resultate der MRT von Magenkarzinomen (Matsushita et al. 1994). Dort, wo der Tumor in den
(Abb. 4.21 a–c) werden von der Leistungsfähigkeit extraserosalen Raum eindringt, ist die sonst in der
des Geräts und der gewählten Untersuchungstechnik MRT nachweisbare signalarme Schicht entweder
162 Kapitel 4 Magen und Duodenum

völlig aufgebraucht oder deformiert. Auf der Basis Allerdings tendiert der EUS ähnlich wie die CT da-
dieses Kriteriums konnten 79% der pT2-, 96% der zu, die T-Kategorie zu hoch und die N-Kategorie zu
pT3-und 80% der pT4-Tumoren präoperativ richtig niedrig anzusetzen. Die Methode eignet sich jedoch
klassifiziert werden. Nach den Ergebnissen einer an- für die Erkennung aller T-Stadien gleich gut und
deren Studie wird die Invasion des perigastrischen vermag insbesondere den Befall der Serosa klar zu
Raums sogar mit einer Sensitivität von 93% erkannt beweisen.
(Oi et al. 1997). Wenn einerseits die Entscheidung zwischen Ope-
Weitere Fortschritte bei der magnetresonanz- ration, neoadjuvanter Chemotherapie, palliativer
tomographischen Analyse des Magenkarzinoms sind Chemotherapie und symptomatischer Behandlung
von der dreidimensionalen MR-Exo- und Endoskopie aufgrund der Resultate der nichtinvasiven Unter-
zu erwarten (Schmid et al. 1999). Multiplanare Re- suchungsverfahren noch nicht getroffen werden
formatierungen und in MIP- („Maximum-intensity- kann, andererseits auf die explorative Laparotomie
Projektion-“) Technik bearbeitete Bilder sollen verzichtet werden soll, bietet sich als weiteres Verfah-
dabei die Topographie des Magens und seiner ren zur Stadieneinteilung die Laparoskopie an. Mit
Umgebung sichtbar machen. Die Beurteilung der ihrer Hilfe gelingt es in der Regel, sowohl das Sta-
Schleimhaut ruht auf dreidimensionalen Visualisie- dium des Primärtumors korrekt zu bestimmen als
rungstechniken („shaded-surface display“, virtuelle auch die lokoregionären Lymphknoten, die Leber
Endoskopie). und das Peritoneum umfassend zu beurteilen.
Auch die endoskopische MRT des Magens ist er- Die direkte Betrachtung der Oberbauchorgane
probt worden (Inui et al. 1995). Dabei wurde der Pro- während der Laparoskopie kann durch die laparosko-
totyp eines MR-Endoskops in Verbindung mit einem pische Sonographie ergänzt werden. Damit werden
1,5 Tesla-Gerät eingesetzt.An der Wand des gesunden sowohl die Möglichkeiten des T- und N-Staging als
Magens konnten mit dieser Technik 3 Schichten un- auch die Sensitivität und Spezifität des Nachweises
terschieden werden. Die malignen Tumoren waren von Metastasen in den parenchymatösen Ober-
an der Zerstörung der regulären Wandarchitektur bauchorganen nochmals verbessert (Conlon u.
sowie abnorm geringer Signalintensität (sowohl im Karpeh 1996).
T1- wie im T2-gewichteten Bild) zu erkennen. Aller-
dings konnten nur bei 14 von 24 Patienten mit Er-
krankungen des Magens qualitativ befriedigende Bil- Merke ! Mit der Kombination aus endoskopi-
schem und laparoskopischem Utra-
der gewonnen werden. Die Interpretation der aus- schall scheint es besser als mit jeder der beiden
wertbaren Fälle von Magenkarzinom lieferte in 89% Methoden allein, aber auch besser als mit CT und
ein korrektes T- und in 56% ein korrektes N-Staging. Laparoskopie möglich zu sein, alle Patienten mit
Die Hydrosonographie des Magens hat sich für die nichtresektablen Tumoren sicher zu identifizieren
Diagnostik der malignen epithelialen Tumoren des (Mortensen et al. 1996).
Organs nicht etabliert. Nach den Resultaten einer pa-
thologisch kontrollierten Studie können mit ihrer Kontrolluntersuchungen primär inoperabler Magen-
Hilfe nur 77% der Tumoren entdeckt werden, wäh- karzinome während und nach neoadjuvanter Che-
rend die Hydro-CT 94% erkennen ließ (Richter et al. motherapie mit der CT belegen zwar vielfach die
1996). Auch im T-Staging war die Hydrosonographie Wirksamkeit der Behandlung, geben aber nur be-
unterlegen (27 gegenüber 55% richtige Vorhersa- grenzt Auskunft darüber, ob der Tumor durch die
gen). Besser als die CT schnitt sie indessen beim N- Verkleinerung resektabel geworden ist. Bei 23 von 30
Staging (65 gegenüber 45% richtige Prognosen) ab. Patienten einer chirurgisch kontrollierten Studie war
Der EUS (Abb. 4.22 a–d) ist in den meisten Klini- die aus der CT gewonnene entsprechende Vorhersage
ken zum festen Bestandteil der Diagnostik von Ma- richtig; bei den restlichen 7 erwies sie sich hingegen
genkarzinomen geworden. In einer vergleichenden als unsicher oder falsch (Gossios et al. 1996). Andere
Untersuchung an 109 Patienten erwies er sich sowohl Untersucher gingen der Frage nach, ob die CT ver-
der präoperativen CT als auch der Beurteilung des lässliche Aussagen über die lokoregionäre Ausbrei-
Situs durch den Operateur überlegen (Ziegler et al. tung von Magenkarzinomen nach neoadjuvanter
1993). Die Ausbreitung des Tumors in die Tiefe wur- Chemotherapie ermöglicht (Ng et al. 1998). Wie der
de dabei endosonographisch in 86% der Fälle, die Vergleich mit den Operationspräparaten zeigte, wur-
Lymphknoten des 1. und 2. Kompartiments wurden den das posttherapeutische T- und N-Stadium nur
in 74% korrekt beurteilt. Zu etwas niedrigeren, aber mit einer Sensitivität von 57% und einer Spezifität
der CT und der unmittelbaren Inspektion immer von 43% richtig eingeschätzt. Die Autoren empfehlen
noch überlegenen Werten, nämlich 71% für das T- deshalb, die Entscheidung zur Operation nicht vom
Staging und 65% für das N-Staging, kamen andere Ergebnis der CT abhängig zu machen.
Untersucher (Perng et al. 1996).
4.3 Tumoren 163

Abb. 4.22 a–d. Magenkarzinom im Endosonogramm. a T1N0-Tumor. b T3N1-Tumor. c Szirrhus (Linitis plastica). d Varizen der
Magenwand; vgl. den echodifferenten Lymphknoten in b. (Aufnahmen Dr. S. Faiss, Berlin)

Besser sind die Ergebnisse von Verlaufskontrollen 4.3.3


chemotherapierter Magenkarzinompatienten mit- Maligne Lymphome des Magens
hilfe der 18Fluor- (F-) FDG-PET.Aus einer kontrollier-
ten Untersuchung von 14 Patienten ist abzuleiten, Die malignen Lymphome von Magen und Zwölffin-
dass sich die Akkumulation von FDG im Tumor gerdarm sind entweder gastrointestinale Manifesta-
durch die Therapie ändert und dass die beobachteten tionen einer systemischen Lymphomerkrankung
Änderungen mit dem klinischen Befinden der Pa- oder primäre gastrointestinale Lymphome (Abb.
tienten und dem computertomographischen Befund 4.23 a, b). Rund 5% der extramedullären Lymphome
korrelieren (Couper et al. 1998). Zum Nachweis werden im Magen nachgewiesen. Vornehmlich be-
von Lymphknotenmetastasen des Magenkarzinoms troffen sind die 2 distalen Drittel des Organs. Ein im
leistet die PET keinen eigenständigen Beitrag Antrum ventriculi lokalisiertes malignes Lymphom
(Mochiki et al. 2004). kann auf den Bulbus duodeni übergreifen bzw. dort
simultan manifest werden. Auch in Mägen, die wegen
eines benignen Ulkus teilreseziert wurden, sind
164 Kapitel 4 Magen und Duodenum

In der CT werden die primären Lymphome des


Magens ähnlich treffsicher erkannt wie durch die
Endoskopie und den EUS. Die MALT-Lymphome
sind dabei deutlich flacher (Maximaldurchmesser
<10 mm) als die hochmalignen Non-Hodgkin-Lym-
phome, die zwischen 18 und 40 mm breit werden
(Grenacher et al. 1998). Die seltenen gastralen Mani-
festationen des multiplen Myeloms imponieren in
der CT als vor allem in der arteriellen Phase hyper-
dense Knoten (Kazama et al. 2005). Im Nachweis von
Manifestationen niedrig-maligner Lymphome in den
perigastrischen Lymphknoten ist die CT wenig sensi-
tiv (Ferreri et al. 1998). Abnorm große Lymphknoten
des Kompartiments III und fokale Manifestationen
in Milz und Leber werden computertomographisch
sehr zuverlässig nachgewiesen. Der EUS hat sich ähn-
lich wie beim Karzinom auch bei den malignen Lym-
phomen des Magens als Standardverfahren für das
T- und N-Staging etabliert. Nach dem Endosono-
gramm werden 3 Wachstumsformen unterschieden:
∑ der superfizielle Typ (42%),
∑ der infiltrative Typ (50%) und
∑ der knotige Typ (8%).
Die longitudinale und zirkumferenzielle Ausdeh-
nung des Lymphoms im Magen wird endosonogra-
phisch in 58% der Fälle größer eingeschätzt als aus-
schließlich nach dem endoskopischen Befund. Um-
gekehrt ist im pathologischen Präparat rund 1/3 der
Lymphome voluminöser, als man nach dem Endo-
sonogramm erwartet. Diese Diskrepanz wird vor
allem bei niedrig-malignen Lymphomen beobachtet
(Palazzo et al. 1993). Die Tiefenausdehnung wird bei
91,5% der Fälle richtig beurteilt, lymphonoduläre
Herde werden mit einer Sensitivität von 100% und
einer Spezifität von 80% nachgewiesen.
Die 18F-FDG-PET scheint sowohl beim Nachweis
wie bei der Differenzialdiagnose maligner Lympho-
me des Magens wertvolle Dienste zu leisten. Mit
Abb. 4.23 a, b. Maligne Lymphome des Magens. a Morbus
Hodgkin des Corpus ventriculi. b Non-Hodgkin-Lymphom
Ausnahme eines einzigen Kranken, der an einem
des Antrum ventriculi niedrig-malignen Lymphom vom MALT-Typ litt,
zeigten alle in einer Vergleichsstudie erfassten Pa-
tienten mit Non-Hodgkin-Lymphom des Magens
starke Tracer-Akkumulation in jenen Abschnitten
Lymphome nachgewiesen worden (Ghahremani u. des Organs, die nach dem endoskopischen und/oder
Fisher 1983). computertomographischen Befund tumorös befallen
Im Kontraströntgenbild imponieren die malignen waren (Rodriguez 1998; Rodriguez et al. 1997). Bei
Lymphome als große (Durchmesser: bis zu 10 cm), einem anderen Patienten gelang die Abgrenzung
meist kugelige submuköse raumfordernde Läsionen, vom benignen Ulcus ventriculi. Die Differenzierung
über denen die Schleimhaut vielfach knotig aufge- zwischen malignem Lymphom und Karzinom war
trieben ist. Die Tumoren exulzerieren häufig, führen allerdings nicht möglich.
aber trotz ihrer Größe nur ausnahmsweise zu einer
klinisch relevanten Stenose. Flächenhaft wachsende
Lymphome schränken die Dehnbarkeit des Magens
Merke ! Bei Patienten mit einem systemischen
Non-Hodgkin-Lymphom schließt ein
ein, doch ist die Wandstarre nicht so ausgeprägt wie negativer lokaler PET-Befund die Beteiligung des
beim diffusen Karzinom (Park et al. 2002). Magens mit hoher Wahrscheinlichkeit aus.
4.3 Tumoren 165

4.3.4
Endokrine Tumoren des Magens

Die endokrin aktiven Tumoren des Gastrointestinal-


trakts verteilen sich auf 2 Gruppen, die der Karzino-
idtumoren und die der neuroendokrinen Karzinome
(Abb. 4.24).
Bei Karzinoidtumoren wird häufig eine Assozia-
tion mit chronischer atrophischer Gastritis, Zollin-
ger-Ellison-Syndrom (Leitsymptom: therapierefrak-
täres Ulcus ventriculi) und multipler endokriner
Adenomatose Typ I beobachtet. Diese Tumoren wer-
den häufig multifokal in der Schleimhaut von Fundus
und Corpus ventriculi nachgewiesen und sind relativ
benigne.
Die sehr seltenen neuroendokrinen Tumoren sind
meist solitär, können überall im Magen vorkommen
und metastasieren häufig in die Leber (Federmann
et al. 1994). Nach den Resultaten einer Untersuchung
von 25 primären neuroendokrinen Tumoren des Vor-
derdarms (Zimmer et al. 1994) ist das Duodenum
zwar wesentlich häufiger betroffen als der Magen
(Verhältnis 6:1), aber deutlich weniger oft als das
Pankreas (Verhältnis 1:3). Bevorzugte Lokalisation Abb. 4.24. Neuroendokriner Tumor des Bulbus duodeni im
der neuroendokrinen Tumoren des Duodenums sind Prallfüllungsbild. Nebenbefund: Divertikel der Pars superior
die Pars superior und die Pars descendens. Bei den duodeni
neuroendokrinen Tumoren des Magens handelt es
sich vornehmlich um Karzinoide und Gastrinome,
bei jenen des Duodenums um Karzinoide, Gastri-
nome, Somatostatinome und Ghrelinome.
Die Suche nach einem neuroendokrinen Tumor torszintigramm keinen pathologischen Befund auf-
des Magens oder Zwölffingerdarms und möglichen deckt und der klinische Verdacht auf einen neuro-
Metastasen findet im Allgemeinen mit der Somato- endokrinen Tumor fortbesteht.
statinrezeptorszintigraphie (Tracer: 111Indium-Pente-
treotid) statt (Chiti et al. 1998). Der Primärtumor
wird dabei mit einer Sensitivität von 62% erkannt. 4.3.5
Die Vergleichswerte für CT und Ultraschall bei dieser Mesenchymale Tumoren des Magens
Fragestellung betragen 43 bzw. 36%. Lebermetasta-
sen und extrahepatische Weichteilläsionen sind mit Die mesenchymalen Tumoren (Abb. 4.25 a, b, Tabel-
einer Sensitivität von jeweils 90% nachzuweisen. Bei le 4.4) stellen weniger als 1% der Magengeschwülste
der Suche nach metastasierenden Primärtumoren dar und sind in der Mehrzahl benigne. Eine wichtige
unbekannter Lokalisation versagt die Methode aller- Ausnahme bilden Sarkome und die gastrointestina-
dings ähnlich klar wie CT und Ultraschall. len Stromatumoren (GIST).
Mit noch höherer Sensitivität (88%) als das nukle- Der GIST hat zum Zeitpunkt der Entdeckung ei-
armedizinische Verfahren deckt der EUS neuroendo- nen Durchmesser von meist >5 cm, er entwickelt sich
krine Tumoren des oberen Gastrointestinaltrakts exophytisch und führt deshalb nur selten zu Steno-
auf (Zimmer et al. 1994). Auch Tumoren mit einem sen. Etwa jeder dritte Tumor schmilzt ein (Hersh et al.
Durchmesser von <20 mm können zuverlässig nach- 2005). Das solide Tumorgewebe reichert jodhaltiges
gewiesen werden. Über den Malignitätsgrad neuro- Kontrastmittel inhomogen an (Sandrasegaran et al.
endokriner Tumoren gibt die 18F-FDG-PET Auskunft 2005). In der 18F-FDG-PET werden 60% der GIST er-
(Adams et al. 1998). kannt. Die Tumoren metastasieren bevorzugt in die
Hoher Glukoseumsatz und damit eine starke Ak- Leber und das Mesenterium, dagegen nur selten in
kumulation des Tracers werden nur bei wenig diffe- die lokoregionären Lymphknoten. Die Lebermetasta-
renzierten Neoplasien mit hoher proliferativer Akti- sen sind sehr gefäßreich. Unter Therapie mit dem
vität beobachtet. Als zusätzliche Untersuchung kann Tyrosinkinaserezeptorinhibitor Imatinib zerfallen
die PET dann empfohlen werden, wenn das Rezep- sie rasch und wandeln sich in zystische Läsionen um.
166 Kapitel 4 Magen und Duodenum

Bei den mesenchymalen Tumoren handelt es sich


vielfach um große solitäre raumfordernde Läsionen
im Fundus oder Korpus des Organs. Nur die Lipome
finden sich vorwiegend im Antrum ventriculi
(Thompson et al. 2003). Führendes klinisches Symp-
tom der mesenchymalen Magentumoren ist die
obere gastrointestinale Blutung.
Aufgrund ihrer submukösen bzw. intramuralen
Lage rufen die mesenchymalen Tumoren im Kon-
trastradiogramm einen meist deutlich ausgeprägten
Füllungsdefekt hervor, über dem die Schleimhaut
angehoben und das Faltenrelief verstrichen ist. Die
Kuppel der Tumoren neigt zu Ulzeration.
Die Differenzialdiagnose des mesenchymalen Ma-
gentumors ist aus dem konventionellen Röntgenbild
nur mit erheblichen Einschränkungen zu stellen.
Aber auch die CT ermöglicht nur ausnahmsweise die
korrekte pathologische Einordnung des suspekten
Befunds. Für das Lymphangiom typisch sind die
homogen niedrige Dichte des Tumorgewebes und
das fehlende Enhancement nach Gabe von Kontrast-
mittel. Das Liposarkom imponiert als großer exophy-
tischer Tumor; die für die benigne Variante der Fett-
geschwülste typischen negativen Dichtewerte kön-
nen fehlen (Ferrozzi et al. 1993). Der Glomustumor
zeichnet sich durch eine früh einsetzende und ausge-
prägte Dichtesteigerung in der Kontrast-CT aus und
kann fokal verkalkt sein (Kim et al. 2001).

왔 Die Kombination aus epithelialem


Definition
Leiomyosarkom des Magens, extra-
adrenalem Paraganglionom und Hamartochondro-
men der Lunge wird als „Carney’s triade“ bezeichnet.

Das Syndrom ist selten und kommt fast ausschließ-


lich bei jungen Frauen vor.

Abb. 4.25 a, b. Mesenchymale Tumoren des Magens. a Leio-


myom an der großen Kurvatur des Corpus ventriculi. b Neuri- 4.3.6
nom des Fundus ventriculi Tumoren des Duodenums

Rund 20% der Tumoren des Dünndarms sind im


Tabelle 4.4. Mesenchymale Tumoren des Magens
Duodenum lokalisiert. Unter den gutartigen Ge-
Benigne Tumoren Maligne Tumoren schwülsten dominieren das Leiomyom, das Lipom
und das Hämangiom (Abb. 4.26 a–d), unter den bös-
Neurinom artigen das Adenokarzinom, der GIST und das malig-
Neurofibrom
Neurilemmom ne Lymphom (Abb. 4.27 a–c). Multiple kavernöse
Leiomyom Leiomyosarkom Hämangiome des Duodenums sind charakteristisch
Leiomyoblastom Leiomyosarkomatose für das Blue-rubber-bleb-Nävus-Syndrom.Von ande-
Lipom Liposarkom ren seltenen Tumoren des Zwölffingerdarms wie dem
Hämangiom Hämangioperizytom
Lymphangiom zystischen Lymphangiom, dem Hamartom der Brun-
Glomustumor ner-Drüsen, dem kongenitalen Hämangioperizytom
Granularzelltumor Kaposi-Sarkom (selten) und dem gangliozytären Paraganglionom (Buetow
GIST et al. 1997) liegen nur wenige radiologische Fall-
Malignes fibröses Histiozytom
beschreibungen vor (Abb. 4.28 a, b).
4.3 Tumoren 167

Abb. 4.26 a–d. Benigne Tumoren des Duodenums. a Leio- tes Neurinom der Pars descendens duodeni. d Villöses Ade-
myoblastom des Bulbus duodeni. b Angiom im postbulbären nom der Pars ascendens duodeni
Duodenum bei Blue-rubber-bleb-Nävus-Syndrom. c Ulzerier-

Das Kontrastradiogramm gibt vielfach zusätzlich ren oder Pankreaskarzinomen als durch autochthone
zu den Informationen über die Makromorphologie Tumoren bedingt. Die extraluminalen Tumoranteile
des Tumors (Lage, Größe, Ulzeration, stenosierende werden mit der CT zuverlässig erfasst. Computerto-
Wirkung) Auskunft darüber, ob die Neoplasie von mographisch und/oder angiographisch nachgewie-
der Schleimhaut ausgeht oder ihren Ursprung in sener Gefäßreichtum engt die Differenzialdiagnose
einer submukösen Wandschicht hat. Duodenalsteno- auf Hämangiome, GIST und neuroendokrine Tumo-
sen, die von der medialen Wand der C-Schlinge aus- ren ein.
gehen, sind häufiger durch Invasion von peripapillä-
168 Kapitel 4 Magen und Duodenum

Abb. 4.28 a,b. Paraganglionom des Bulbus duodeni. a Kon-


trastradiogramm. b CT

Abb. 4.27 a–c. Maligne Tumoren des Duodenums. a Stenosie-


rendes Adenokarzinom des Bulbus duodeni. b Leiomyosarkom
am unteren Duodenalknie. c Lymphoplasmozytoides Lym-
phom der Pars ascendens duodeni
4.3 Tumoren 169

Abb. 4.29 a–d. Metastasen des Magens. a Metastase


eines Rektumkarzinoms an der Kardia. b Submuköse
Metastase eines Ovarialkarzinoms im Corpus ventriculi.
c Ulzerierende Metastase eines Mammakarzinoms im
Antrum ventriculi. d Hochgradig stenosierende Metastase
eines malignen Melanoms im Antrum ventriculi

4.3.7 Läsionen mit zentralem Ulkus zeigt. Magenmetasta-


Metastasen in Magen und Duodenum sen wurden bei Ösophaguskarzinom, Bronchuskar-
zinom, Mammakarzinom, Nierenzellkarzinom, Ova-
Metastasen in der Wand von Magen und Duodenum rialkarzinom und retroperitonealem Sarkom, Duode-
(Abb. 4.29 a–d) werden radiologisch selten nachge- nalmetastasen bei malignem Melanom, Nierenzell-
wiesen. Sie sind dann in die Differenzialdiagnose der karzinom, Gallenblasenkarzinom, Genitalkarzinom,
raumfordernden Läsionen einzubeziehen, wenn das Kaposi-Sarkom und Kolonkarzinom (Diamond et al.
Kontrastbild eine einzelne oder multiple submuköse 1981) beobachtet.
170 Kapitel 4 Magen und Duodenum

Abb. 4.30 a–d. Magen und Duodenum bei raumfordernden sion und Stenosierung des postbulbären Duodenums durch
Läsionen der Nachbarorgane. a Impression der duodenalen Gallenblasenkarzinom. Cholezystolithiasis! d Fistel eines ste-
C-Schlinge durch ein Zystadenokarzinom des Pankreaskopfes. nosierenden Tumors des Colon transversum ins Duodenum.
b Stenosierung der duodenalen C-Schlinge durch Pseudozyste Retrograde Kontrastierung der Pars descendens und des
des Pankreaskopfes. Cave: Situs inversus abdominis! c Impres- Bulbus duodeni

4.3.8 Impressionen des Magens durch vergrößerte


Magen und Duodenum bei Tumoren Lymphknoten sind auch bei optimaler Distension
der Nachbarorgane des Organs selten nachzuweisen. Große retroperito-
neale Tumoren wie das Neuroblastom können die
Die Erkennung raumfordernder Läsionen in der Hinterwand beträchtlich deformieren. Im Senium
Nachbarschaft des Magens und Zwölffingerdarms werden flache Impressionen der Magenhinterwand
aus dem Kontrastbild der beiden Organe hat nur durch die stark geschlängelte und verkalkte Milz-
noch historische Bedeutung. Die Schnittbilddiagnos- arterie beobachtet. Ausnahmsweise kann auch ein
tik ist dieser Aufgabe viel besser gewachsen Eingriff an den Thoraxorganen zur Deformierung ei-
(Abb. 4.30 a–d). Aus der Kenntnis der Lagebeziehun- nes Magenanteils (Impression des Fundus ventriculi
gen lassen sich jedoch vielfach wegweisende diffe- durch Conduit zwischen linkem Ventrikel und Aorta
renzialdiagnostische Schlüsse ziehen (Tabelle 4.5, abdominalis; Bickers et al. 1982) führen.
Tabelle 4.6).
4.3 Tumoren 171

Tabelle 4.5. Der Magen und seine Nachbarorgane Buetow PC, Levine MS, Buck JL, Pantongrag-Brown L, Emory
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4.4 Postinterventioneller Gestalt- und Funktionswandel von Magen und Duodenum 173

4.4 ∑ Eingriffe mit Teilresektion, ohne Enteroanastomose:


Postinterventioneller Gestalt- 왔 Keilresektion
und Funktionswandel von Magen und Duodenum 왔 Segmentresektion
왔 Antrektomie
Die postinterventionelle Röntgendiagnostik von Ma- ∑ Eingriffe mit Teilresektion und Enteroanastomose:
gen und Duodenum gliedert sich in früh-postoperati- 왔 Magenteilresektion mit Gastroduodenostomie
ve und spät-postoperative Untersuchungen. In der 왔 Magenteilresektion mit Gastrojejunostomie
frühen postoperativen Phase wird generell wasser- ∑ Organresektionen:
lösliches Kontrastmittel, später im Allgemeinen Bari- 왔 Gastrektomie (unter Umständen mit Resektion
umsulfat verwendet. von Nachbarorganen)
왔 Duodenopankreatektomie (unter Umständen
mit Resektion des Magens)
Merke ! Die Aussagekraft der früh-postopera-
tiven Untersuchungen kann mitunter
erheblich gesteigert werden, wenn das Kontrastmittel Die postoperative Atonie ist an Magen und Duode-
ausschließlich oder zusätzlich über eine gastrointes- num weniger ausgeprägt als am Kolon. Sie kann je-
tinale Sonde appliziert wird. doch bis zu 48 Stunden und länger anhalten. Sollte
ausnahmsweise eine Röntgenuntersuchung in den
Kernaussagen der früh-postoperativen ersten beiden Tagen nach der Operation durch-
Kontrastuntersuchung geführt werden, muss man mit erheblicher Dilata-
∑ Lage und Suffizienz der Anastomose(n) tion und stark verzögerter Entleerung der Organe
∑ Fistel(n) rechnen. Das postoperative Pneumoperitoneum
∑ Stenose(n) – vor allem distal von Anastomosen (Abb. 4.31) kann bei Erwachsenen bis zu 14 Tage
nachweisbar bleiben, ohne dass ihm ein Leck der
Die Indikationen zur Endoskopie und Röntgenunter- Hohlorgane zugrunde liegt. Im Kindesalter wird die
suchung des operierten Magens und Duodenums er- intraperitoneale Luft gewöhnlich binnen 4 Tagen re-
gänzen sich. Während erstere Entzündungen, Rezi- sorbiert. Solange Drainagen in situ sind, kann Luft
dive von Ulzera und Tumoren sowie Blutungen und auch länger nachweisbar sein.
deren Quellen demonstriert, ist die durchleuchtungs- Vielfach werden nach Operationen an Magen und
gezielte Röntgenuntersuchung für die Darstellung Duodenum im Röntgenbild des Oberbauchs Metall-
der Hohlräume das überlegene Verfahren. Letztere ist clips nachgewiesen, die mit Hilfe von Klammer-
besser als die Endoskopie geeignet, die postoperativ instrumenten eingebracht worden sind. Sie werden
veränderte topographische Anatomie von Magen zum Magen- und Duodenalstumpfverschluss, aber
und Duodenum darzustellen. Sie ist deshalb vor auch z. B. bei der Anlage von Enteroanastomosen ein-
allem dann indiziert, wenn der postoperative Situs gesetzt. Ihre Bedeutung für die Röntgendiagnostik
nicht durch Berichte oder Skizzen ausreichend doku- liegt darin, dass bei Verlaufskontrollen nachweisbare
mentiert und eine chirurgische Reintervention vor- Verlagerungen der Clips auf Rezidive raumfordern-
gesehen ist. Neue Aufgaben sind der postinterventio- der Läsionen hinweisen können.
nellen Röntgendiagnostik durch endoskopische und
andere minimal-invasive Eingriffe zugewachsen.

Systematik der operativen Eingriffe


an Magen und Duodenum
∑ Eingriffe ohne Resektion und ohne Anastomose:
왔 Gastrotomie/Duodenotomie
왔 Exzision
왔 Übernähung
왔 Gastroplastie
왔 Vagotomie
왔 Pyloroplastik/Gastroduodenostomie
왔 Pyloromytomie
∑ Eingriffe ohne Resektion, mit Enteroanastomose:
왔 Gastroenterostomie
왔 Gastrostomie

Abb. 4.31. Pneumoperitoneum. Breite Luftsichel unter dem


linken Hemidiaphragma 7 Tage nach Gastrektomie und Öso-
phagojejunostomie
174 Kapitel 4 Magen und Duodenum

Kernaussagen der spät-postoperativen


Röntgenuntersuchung
∑ Resektion: ja/nein, wenn ja:
Ausmaß, Länge der zu- und abführenden Schlinge
∑ Anastomosen: End/Seit – anterior/posterior –
superior/inferior – eng/weit
∑ Entleerung: schnell/langsam – vollständig/unvollständig
∑ Richtung des Kontrastmitteltransports:
isoperistaltisch/anisoperistaltisch

4.4.1
Komplikationen chirurgischer Eingriffe
an Magen und Duodenum

Anastomosenenge
In früh-postoperativen, d. h. 6–10 Tage nach dem Ein-
griff durchgeführten Kontraströntgenuntersuchun-
gen wird gelegentlich eine funktionell mäßig wirk-
same Enge der Anastomose(n) beobachtet. Dieser
Befund ist in aller Regel durch die postoperative
Schwellung der Wand der Hohlorgane verursacht
und bildet sich innerhalb von 1–2 Wochen folgenlos
zurück. Bleibt er über diese Zeitspanne hinaus beste-
hen, kommen als Ursachen für eine Anastomosenen-
ge oder anastomosennahe Stenose neben einer zu en-
gen Naht oder einem extraluminalen raumfordern-
den Prozess (z. B. Hämatom) eine Invagination/In-
tussuszeption, eine innere Hernie oder die Torsion
bzw. Kompression einer Jejunumschlinge in Betracht.
Im spät-postoperativen Verlauf nachgewiesene
Anastomosenengen sind zumeist durch Schrump-
fung (vor allem bei benignen Leiden, z. B. Ulcus ven-
triculi/duodeni) oder Rezidiv (nach Tumorresektion
meist extraluminale Läsionen) bedingt.

Anastomoseninsuffizienz, Fistel
Die Röntgenuntersuchung des operierten Magens/
Zwölffingerdarms lässt die Insuffizienz von Anasto-
mosen und die Ausbildung von Fisteln zu den Nach-
barorganen nicht nur zuverlässig beweisen bzw. aus-
schließen, sondern bietet auch die vollständige Infor- Abb. 4.32 a, b. Postoperative Fisteln. a Kraniokaudal verlau-
mation über Lokalisation und Ausmaß des Lecks fende Fistel nach Gastrektomie und Ösophagojejunoplicatio.
und die Drainage der extraluminalen Flüssigkeit b Blinde Fistel nach Duodenotomie
(Abb. 4.32 a,b, Abb. 4.33 a, b). Besteht nach einer Bill-
roth-II-Operation klinisch der Verdacht auf Nahtin-
suffizienz, so ist sie häufiger am Duodenalstumpf als Schleimhautprolaps, Invagination, Intussuszeption
an der gastrojejunalen Anastomose zu finden. Post- Der Prolaps von Magen- bzw. Jejunalschleimhaut ins
operative Fisteln führen in typischen Fällen in die benachbarte anastomosierte Organ wird am häufig-
Bursa omentalis oder das Querkolon. Nach Aneu- sten nach Billroth-II-Resektion des Magens beobach-
rysmektomie der großen Bauchschlagader sind tet. Dabei ist die Verlagerung von Jejunalschleimhaut
aortoduodenale Fisteln beobachtet worden. (meist aus der afferenten Schlinge) in den Magen-
stumpf häufiger als die von Magenschleimhaut in
das Jejunum (afferente oder efferente Schlinge). Als
Hauptursachen für den Prolaps gelten die abnorm
gute Verschieblichkeit der Schleimhaut in Anasto-
4.4 Postinterventioneller Gestalt- und Funktionswandel von Magen und Duodenum 175

Abb. 4.33 a, b. Traumatische Perforation des Duodenums.


a Duodenogramm mit wasserlöslichem Kontrastmittel: breite
nach kaudal gerichtete Fistel des unteren Duodenalknies.
b Frühpostoperatives Sonden-Duodenogramm nach Über-
nähung: Fistel verschlossen

mosennähe und die Größendifferenz zwischen Ma- Die retroanastomotische Hernie wird nach Gastro-
genrest und Jejunum. Typischer Befund im Röntgen- jejunostomie und Billroth-II-Operation beobachtet.
bild ist der spontan reponible halbkugelige Füllungs- Im typischen Fall herniert die abführende Schlinge,
defekt an der Anastomose, dessen Oberfläche wie re- und zwar von rechts nach links. Bei der Kontrastun-
guläre Schleimhaut gemustert ist. Der Schleimhaut- tersuchung ist die Hernierung daran zu erkennen,
prolaps stellt kein echtes Passagehindernis dar und dass posterolateral der Gastrojejunostomie eine dis-
ist klinisch meist ohne Bedeutung. tendierte Dünndarmschlinge nachgewiesen werden
Dagegen führt die gastrojejunale Invagination kann.
bzw. jejunogastrische Intussuszeption zu einer funk- Die transmesokolische Hernie und die Hernie in
tionell wirksamen Stenose. die Bursa omentalis sind typische, aber seltene Kom-
plikationen der partiellen/totalen Gastrektomie. Bei
Invagination/Intussuszeption der transmesokolischen Hernie passiert das Jejunum
∑ Invagination/Intussuszeption nach Gastroenterostomie: einen Defekt im Mesocolon transversum und kann
왔 Jejunogastrische Intussuszeption dort eingeklemmt werden. Zur Hernierung von
왔 Enteroenterale Intussuszeption Dünndarm in die Bursa omentalis kann es dann
∑ Invagination/Intussuszeption nach Magenresektion: kommen, wenn nach Entfernung des Lig. gastrohepa-
왔 Gastroduodenale Invagination/duodenogastrale ticum ein Defekt in der Vorderwand des Netzbeutels
Intussuszeption (nach Billroth-I-Operation) verbleibt.
왔 Gastrojejunale Invagination/jejunogastrale
Intussuszeption (nach Billroth-II-Operation)
Dumping-Syndrom
왔 Jejunojejunale Invagination/jejunoduodenale
Intussuszeption (nach Gastrektomie,
Die beiden Formen des Dumping und seiner Folgen,
an der Braun’schen Fußpunktanastomose) das Früh- (Abb. 4.34) und das Spät-Dumping, werden
aufgrund der unterschiedlichen Pathophysiologie
und klinischen Symptomatik differenziert. Die
Innere Hernie Mehrzahl der an Dumping leidenden Patienten ist
Unter den Eingeweidebrüchen nach Operationen an subtotal gastrektomiert. Gemeinsames radiologi-
Magen und Zwölffingerdarm haben die retroanasto- sches Leitsymptom ist der abnorm rasche Transport
motische, die transmesokolische und die Hernie in der Kontrastmahlzeit durch den oberen Verdauungs-
die Bursa omentalis die größte Bedeutung. trakt. Verantwortlich dafür sind ein zu kleiner
176 Kapitel 4 Magen und Duodenum

Abb. 4.35. Syndrom der zuführenden Schlinge. In der CT stellt


sich die dilatierte Schlinge als große zystische Läsion in der
Duodenalloge dar. Der Nachweis von spiegelbildender Luft
schützt den Beobachter vor der Verwechslung der Schlinge mit
Pankreaszysten

Die chronische Form des Syndroms ist durch die


intermittierende Obstruktion der zuführenden
Abb. 4.34. Früh-Dumping nach distaler Magenresektion Bill-
roth II und Rekonstruktion Typ Roux-en-Y. Sturzentleerung Schlinge bedingt. Das Risiko für diese Komplikation
des Kontrastmittels aus dem Restmagen in die abführende und ist bei antekolischer Position des Jejunums größer als
die zuführende Schlinge bei retrokolischer Lage und dann besonders hoch,
wenn die Braun’sche Fußpunktanastomose fehlt. Im
Allgemeinen wirken dabei 2 Pathomechanismen zu-
Magenrest und/oder ein zu weites Gastrojejunosto- sammen: die präferenzielle Füllung und die Stase des
ma. Derartige Befunde können aber auch beobachtet Nahrungsbreis in der zuführenden Schlinge. Der Ma-
werden, ohne dass der Patient über die typischen geninhalt gelangt dann vorwiegend oder ausschlie-
Dumping-Beschwerden berichtet. ßich dorthin, wenn die Anastomose der zuführenden
Schlinge tiefer liegt als die der abführenden Schlinge.
Syndrom der zuführenden Schlinge Dieser Niveauunterschied kann im Kontrastbild
Das akute Syndrom der zuführenden Schlinge ist sicher dokumentiert werden. Eine andere radiolo-
eine lebensbedrohliche Komplikation der Billroth-II- gisch fassbare Ursache ist ein Abflusshindernis in
Operation (Abb. 4.35). der abführenden Schlinge. Die Stase des Speisebreis
Die zu raschem Handeln zwingende klinische in der zuführenden Schlinge wird durch Narben und
Situation lässt nur ausnahmsweise die Klärung der Adhäsionen der Anastomosenregion begünstigt.
Ursache durch die konventionelle Röntgenuntersu- Ausnahmsweise kann auch ein Karzinom im Ma-
chung zu. Das Sonogramm zeigt in der Loge der dila- genstumpf zum Syndrom der zuführenden Schlinge
tierten Schlinge eine große zystische Läsion mit mo- führen. In diesem Fall verspricht die perkutane
bilen Inhaltsanteilen (durch Debris), die CT bildet die transhepatische Duodenaldrainage einen palliativen
dilatierte und stark gewundene Schlinge als Kette Therapieerfolg (Yao et al. 1998).
dünnwandiger zystischer Läsionen ab, die Pankreas-
zysten oder -abszesse imitieren können. Im Gegen- Syndrom der abführenden Schlinge
satz zu den Läsionen der Bauchspeicheldrüse, die Das Syndrom der abführenden Schlinge wird so-
vielfach in der Größe differieren, sind die im axialen wohl nach Magenresektion als auch nach Gastro-
Schnittbild dargestellten Anteile der zuführenden enterostomie beobachtet. Sowohl für die akute wie
Schlinge annähernd gleichmäßig dilatiert. die chronische Obstruktion der abführenden Schlin-
Die wichtigsten Ursachen der akuten Form des ge können innere Hernien verantwortlich sein.
Syndroms sind die Einklemmung der zuführenden Andere Ursachen sind Anastomosenenge, Narbe,
Schlinge im Mesokolonschlitz, ihre Abknickung oder Adhäsion oder jejunojejunale Invagination. Die Dila-
Torsion. Sowohl die Abknickung als auch die Torsion tation der abführenden Schlinge und die dafür ver-
werden durch abnorme Länge der zuführenden antwortliche Stenose können im Kontrastbild nach-
Schlinge begünstigt. gewiesen werden.
4.4 Postinterventioneller Gestalt- und Funktionswandel von Magen und Duodenum 177

4.4.2 men der Papillotomie) heilt unter konservativer


Komplikationen endoskopischer Eingriffe Behandlung im Allgemeinen folgenlos ab (Abb.
an Magen und Duodenum 4.36 a, b).
Durch nasogastrale bzw. nasoduodenale Sonden
Die instrumentelle Perforation des Magens im Rah- wird der obere Gastrointestinaltrakt gewöhnlich nur
men von Endoskopien und endoskopisch gesteuer- an besonders vulnerablen Wandabschnitten perfo-
ten Eingriffen (Biopsie, Bougierung, Sklerosierung, riert; gefährdet sind Hiatushernien und gastro-
Laserbehandlung, Stentimplantation) ist selten und jejunale Anastomosen. Verweilsonden, insbesondere
schließt sich in der Regel von selbst.Am stärksten ge- solche mit großem Durchmesser, können zu radio-
fährdet ist die Hinterwand des Fundus ventriculi. Die logisch erkennbaren Druck- bzw. Dekubitalulzera
Fistel zur Bursa omentalis heilt in aller Regel spontan; führen. Von außen können Magen und Duodenum
dagegen ist die Perforation der Vorderwand mit ei- bei sono- oder computertomographisch geführten
nem hohen Abszess- und Peritonitisrisiko behaftet. Punktionen und Drainagen verletzt werden.
Der radiologische Nachweis einer breiten Leckage Die Röntgenuntersuchung von Magen und Zwölf-
legt die chirurgische Intervention nahe. Die instru- fingerdarm nach endoskopisch gestützter lumen-
mentelle Perforation des Duodenums (meist im Rah- eröffnender bzw. -erweiternder Behandlung dient
dem Nachweis der Wiederherstellung der Passage,
der Bestätigung der Integrität der Wand der Hohl-
organe und der Dokumentation der Position implan-
tierter Platzhalter.

4.4.3
Folgen plastischer und rekonstruktiver Eingriffe

Die Gastrotomie kann ebenso wie die Übernähung,


Umstechung und Exzision perforierter Geschwüre
im postoperativen Kontrastbild vielfach nicht zuver-
lässig lokalisiert werden. Meist werden sowohl die
äußere Kontur des Magens wie der Verlauf und die
Höhe der Falten durch derartige Eingriffe kaum ver-
ändert. Nur gelegentlich ist die Magenwand durch die
Operation so stark verformt, dass ein radiologisch
konstant nachweisbarer Füllungsdefekt entsteht.
Die Kenntnis der Vorgeschichte schützt vor der Ver-
wechslung derartiger Läsionen mit neoplastischen
Prozessen.

왔 Mit Gastroplastie werden die chirur-


Definition
gischen Eingriffe am Fundus des Ma-
gens bezeichnet, die der Behandlung der extremen
Adipositas dienen (Abb. 4.37 a–g).

Durch die Intervention wird die Füllungskapazität


des Magens um 90–95% reduziert. Das funktionell
wirksame Residualvolumen nach einer erfolgreichen
Operation beträgt 30–100 ml. Aufgabe der Röntgen-
untersuchung ist es, das Fundusreservoir und den
Kontrastmittelabstrom in das Corpus ventriculi bzw.
das anastomosierte Jejunum darzustellen.
Die Operationsverfahren verteilen sich auf 2 gro-
ße Gruppen (MacLean et al. 1981). Gemeinsames
Merkmal der Eingriffe der 1. Gruppe ist die Bildung
Abb. 4.36 a, b. Komplikationen endoskopischer Eingriffe an
Magen und Duodenum. a Lineares Ulkus des Antrums nach
eines oberen und unteren Magenpouches, die durch
tiefer Schlingenbiopsie. b Retropneumoperitoneum nach Per- ein schmales Stoma (Durchmesser: 10–12 mm) mit-
foration des Duodenums bei endoskopischer Papillotomie einander in Verbindung stehen; die dazu erforder-
178 Kapitel 4 Magen und Duodenum

Abb. 4.37 a–g. Verfahren der


Gastroplastie. a Horizontale Gas-
troplastie (Gomez). b Vertikale
Gastroplastie (Mason). c Hohe
Transsektion des Magens und
Gastrojejunostomie. d Hohe
Transsektion des Magens und
Roux-en-Y-Anastomose. e Stap-
ler-Naht des Fundus ventriculi
plus Roux-en-Y-Anastomose.
f, g Gastroplastie mit laparosko-
pisch implantiertem Ring (Leer-
bild, Kontrastbild nach Füllung
des Rings mit 8 ml NaCl)

liche Sutur kann horizontal oder vertikal verlaufen. und Gastrojejunostomie (fakultativ mit Roux-en-Y-
Auf eine Gastroenterostomie wird verzichtet. Die Va- Anastomose) charakteristisch. Damit wird zusätzlich
rianten der horizontalen Gastroplastie (nach Gomez) zur Isolierung des Fundus ein Magenbypass geschaf-
unterscheiden sich durch die Anzahl der Nähte, fen (Carucci et al. 2006).
die Lage des Stomas (lateral oder zentral) und die Als Alternativverfahren der Gastroplastie sind
additiv mögliche Witzel-Fistel. Bei der vertikalen der volumenreduzierende intragastrale Ballon und
Plikatur (nach Mason) liegt das Stoma an der kleinen das justierbare Silikonband bzw. der justierbare Ring
Kurvatur. in Gebrauch. Die postinterventionelle Röntgenun-
Für die Eingriffe der 2. Gruppe ist die Kombination tersuchung gibt Aufschluss über die Integrität und
aus hoher Transsektion bzw. Stapler-Naht des Fundus Position der Implantate und die von ihnen ausgehen-
4.4 Postinterventioneller Gestalt- und Funktionswandel von Magen und Duodenum 179

Die Röntgenkontrastdarstellung des Magens nach


Vagotomie ist dann indiziert, wenn die durch die
Operation beeinträchtigte Motorik des Organs zu kli-
nischen Beschwerden führt (Abb. 4.38 a). Der Magen
kann sich noch 6 Monate nach dem Eingriff verzö-
gert entleeren. Retinierte Speisereste und – gewöhn-
lich nicht obstruierende – Bezoare werden bis zum
Ende des 1. postoperativen Jahres beobachtet. Die
äußere Gestalt des Magens ändert sich durch die
Vagotomie nicht. Gelegentlich kommt es im Rahmen
des Post-Vagotomie-Syndroms zu einer transienten
Dysphagie für feste Speisen. In dieser Situation kann
die Durchleuchtung eine konische Enge der distalen
Speiseröhre aufdecken, ohne dass die Motilität des
Organs beeinträchtigt ist.
Bei der Nachuntersuchung des vagotomierten Ma-
gens sind auch die Folgen der häufig simultan durch-
geführten Pyloroplastik zu erkennen (Abb. 4.38 b).
Die Erweiterungsplastik nach Heineke-Mikulicz
führt zur Verkürzung und gleichzeitig zur Erweite-
rung des Canalis pyloricus. Dadurch kann eine pseu-
dodivertikuläre Tasche entstehen, die einem Narben-
bulbus ähnlich sieht. Bei der Anastomosierungspylo-
roplastik nach Finney werden das obere Duodenum
und der untere Pol der großen Kurvatur aneinander-
gelegt, inzidiert und laterolateral anastomosiert. Eine
Resektion findet nicht statt; allenfalls wird ein Vor-
derwandulkus exzidiert.
Typisch für diese Form der Plastik sind der ge-
streckte kraniokaudale Verlauf der Pars descendens
duodeni und das breite infrapylorische Stoma. Wenn
das Kontrastmittel den Magen sowohl über den An-
tropylorus wie über die Antroduodenostomie ver-
lässt, werden im Röntgenbild 2 zueinander annä-
hernd senkrechte Magenpforten sichtbar.
Die Röntgenuntersuchung des Magens nach Pylo-
romyotomie (Ramstedt-Operation) hilft die Frage zu
klären, ob der Pylorus durch den Eingriff ausrei-
chend erweitert wurde und das Kontrastmittel zeit-
gerecht in den Zwölffingerdarm übertritt. Durch den
Vergleich der post- mit der präoperativen Untersu-
chung kann der Erfolg der Operation quantifiziert
Abb. 4.38 a, b. Vagotomie und Pyloroplastik. a Impaktierte
Speisereste im hypo- bis amotorischen vagotomierten Magen.
werden.
b Erweiterungspyloroplastik nach Heineke-Mikulicz

4.4.4
de volumenbeschränkende bzw. lumenreduzierende Folgen palliativer Eingriffe
Wirkung. Die Komplikationen der Gastroplastie
(Pouchdilatation – konzentrisch oder exzentrisch Die Indikation zur Gastroenterostomie wird bei einer
mit posteriorer Dislokation, exzentrische Band- hochgradigen symptomatischen Magenausgangs-
herniation, axiale Pouchherniation, Diskonnektion) stenose gestellt. Im Rahmen des Eingriffs werden die
werden konventionell-radiologisch nachgewiesen Magenvorderwand mit der 1. oder 2. Jejunumschlin-
(Wiesner et al. 2000). Die individuelle Adjustierung ge laterolateral anastomosiert und fakultativ eine
der Weite des artefiziellen Stoma nach Punktion Braun’sche Fußpunktanastomose gebildet. Das Jeju-
des Ports fällt in den Aufgabenbereich des Radio- num kann iso- oder anisoperistaltisch an den Magen
logen. angeschlossen werden. Über die isoperistaltische
180 Kapitel 4 Magen und Duodenum

Anastomose verlässt das Kontrastmittel das Corpus Irritationen und Infektionen der Bauchdecke durch
ventriculi meist rasch und in kaudolateraler, über Mageninhalt zu vermeiden, wird ein Kanal zwischen
die anisoperistaltische Anastomose langsamer und Magen- und Bauchwand geschaffen. Entlang der im
in kaudomedialer Richtung. Im Idealfall liegt die Kanal fixierten Ernährungssonde kann das gastral
Anastomose an der Magenhinterwand etwa in Höhe applizierte Kontrastmittel nach außen lecken.
des Pylorus und verläuft von kraniomedial nach Komplikationen wie die Blutung oder Perforation
kaudolateral. Bei großen stenosierenden antropylori- können auch durch Erkrankungen bedingt sein, die
schen Tumoren kann auch die Vorderwand des Ma- bereits vor der Implantation der Ernährungsfistel
gens zur Anastomose benutzt werden. bestanden, aber damals noch asymptomatisch wa-
Die Differenzierung zwischen der retro- und der ren. Nach Entfernung des Gastrostoma kann an der
antekolischen Gastrojejunostomie ist nur im Seitbild Magenvorderwand eine umschriebene vertiefte Lä-
möglich. Die Leitstruktur, an der man sich dabei sion, die durch eingestülpte Schleimhaut hervorge-
orientiert, ist das beim stehenden Patienten mehr rufen wird, zurückbleiben und im Kontrastradio-
oder weniger stark lufthaltige Querkolon. Da die gramm nachgewiesen werden.
große Kurvatur der Magenhinterwand angehört und Die perkutane endoskopisch platzierte Gastrosto-
nicht dem Ansatz des großen Netzes entspricht, mie (PEG) ist mit denselben potenziellen Risiken be-
scheint die Gastroenterostomie dem Röntgenbild haftet wie die chirurgische Fistel. Die Punktion der
nach manchmal weiter ventral gelegen zu sein als es Magenvorderwand kann durch Ultraschall und/oder
tatsächlich der Fall ist. Durchleuchtung erleichtert werden; ausnahmsweise
Die Gastroenterostomie gilt nach radiologischen weist die CT den korrekten Zugangsweg. Bei Hepato-
Kriterien dann als funktionsfähig, wenn das Kon- megalie, Aszites oder nach Teilresektion des Magens
trastmittel den Magen ausschließlich oder zumindest wird vielfach der operativen Intervention der Vorzug
vornehmlich über die Anastomose verlässt. Als gegeben. Das traumatische Potenzial der PEG darf
Faustregel gilt, dass bei der retrokolischen Form der nicht unterschätzt werden. Postinterventionelle CT-
Gastrojejunostomie die antro-pyloro-duodenale Pas- Untersuchungen haben gezeigt, dass auch unkompli-
sage zumeist mehr oder weniger gut erhalten ist, zierte PEG in 56% zu einem Pneumoperitoneum,
während bei der antekolischen Variante der Magen- in 33% zu einem Bauchwandhämatom und in 17%
ausgang durch ein Antrum- oder Pankreaskopfkarzi- zu einem Magenwandhämatom führen (Wojtowycz
nom (sub)total obstruiert wird. Wenn die abfüh- et al. 1988).
rende Schlinge stenosiert ist, kann ein Teil des
Kontrastmittels über Duodenum und Pylorus in
den Magen rezirkulieren. Ein ähnlicher Reflux der 4.4.5
Ingesta ist – ohne Enge der abführenden Schlinge – Folgen ablativer Eingriffe
bei anisoperistaltischer retrokolischer Gastroentero-
stomie möglich. Keil-, Segment- und Manschettenresektionen des Ma-
Selten entwickelt sich in der Umgebung der gens können im Kontrastbild an einem umschriebe-
Anastomose eine pseudotumoröse Form der Entzün- nen Volumenverlust des Organs sowie der Deformie-
dung, die als Gastritis cystica polyposa bezeich- rung der Wand und Verwerfung des Faltenreliefs im
net wird (Wu et al. 1994). Im Kontrastradiogramm Operationsgebiet erkannt werden (Abb. 4.39 a–f). Bei
beobachtet man dabei eine ausgedehnte polypoide Kenntnis der Vorgeschichte sind solche Läsionen im
Läsion, die von einer Neoplasie nicht zu unterschei- Allgemeinen mit großer Zuverlässigkeit differenzial-
den ist. diagnostisch korrekt einzuordnen. Da die limitierten
Differenzialdiagnostische Hilfe bietet die CT, mit Eingriffe nahezu ausschließlich der Behandlung gut-
der die zystischen Anteile der Masse identifiziert artiger Leiden dienen, stellt sich bei der postopera-
werden können. tiven Röntgenuntersuchung die Frage nach einem
Operative Gastrostomien (meist nach Witzel, sel- Rezidiv kaum.
ten nach Stamm oder Dépage) werden radiologisch Die distale Magenresektion Typ Billroth I (Abb.
in der Regel nur dann dargestellt, wenn sie ihre Funk- 4.40) ist am Fehlen des Antrums und des distalen An-
tion nicht oder ungenügend erfüllen. Bruch und Dis- teils des Corpus ventriculi sowie des Bulbus duodeni
lokation der Sonde können auf Anhieb diagnostiziert im Kontraströntgenbild sicher zu erkennen. Wenn
werden. Wenn sich der Schlauch ins Duodenum ver- die Intestinalpassage durch eine terminoterminale
lagert, kann der Magenausgang verlegt werden. Die Anastomose von Restmagen und verkürztem Duo-
obere gastrointestinale Blutung durch ein sondenbe- denum wiederhergestellt worden ist, gleicht der teil-
dingtes Druckulkus ist selten. Die Perforation der resezierte Magen der äußeren Form nach dem ur-
Sonde kann sowohl zum Pneumoperitoneum wie zur sprünglichen Organ. Neopylorus und Neobulbus
Pneumatosis ventriculi führen (Vade et al. 1983). Um sind lediglich etwas geringer dimensioniert als die
4.4 Postinterventioneller Gestalt- und Funktionswandel von Magen und Duodenum 181

Abb. 4.39 a–f. Grundformen


der Magenoperation. a Gastro-
enterostomie. b Distale Magen-
resektion Typ Billroth I. c Distale
Magenresektion Typ Billroth II.
d Distale Magenresektion Typ
Billroth II und Rekonstruktion
Typ Roux-en-Y. e Totale Gastrekto-
mie und Ösophagojejunoplicatio.
f Pyloruserhaltende Duodeno-
pankreatektomie (Traverso-
Longmire)

troduodenale Lumen kann in der Umgebung der


Anastomose – eingriffsbedingt – an umschriebener
Stelle durch eine Schleimhauttasche erweitert sein.
Die distale Magenresektion Typ Billroth II (Abb.
4.41 a, b) ist am Fehlen der 2 distalen Drittel des Ma-
gens und der terminolateralen Anastomose zwischen
der ersten Jejunumschlinge und dem Magenstumpf
im Kontraströntgenbild sicher zu erkennen. Bei der
isoperistaltischen Gastrojejunostomie liegt die zufüh-
rende Schlinge an der großen und die abführende
Schlinge an der kleinen Kurvatur, die Resektionslinie
verläuft quer. Bei der anisoperistaltischen Gastro-
jejunostomie liegt die zuführende Schlinge an der
kleinen und die abführende an der großen Kurvatur,
die Resektionslinie verläuft schräg. Die zuführende
Schlinge ist 40–50 cm lang. Der Duodenalstumpf wird
eingestülpt und durch Naht verschlossen. Zu- und
abführende Schlinge werden durch eine Braun’sche
Enteroanastomose verbunden. Ihre Entfernung zum
Gastroenterostoma beträgt mindestens 20 cm.
Die postoperative Röntgenuntersuchung des nach
Abb. 4.40. Distale Magenresektion Typ Billroth I Billroth II resezierten Magens hat die Aufgabe, das
Volumen des Restmagens abzuschätzen und den
Fluss des Kontrastmittels in die ab- und ggf. zufüh-
entsprechenden entfernten Organsegmente, ähneln rende Schlinge zu dokumentieren.
ihnen aber sonst.Anders ist die Situation nach termi- Unter den frühen postoperativen Komplikationen
nolateraler Gastroduodenostomie. Dann steht der hat die Nahtinsuffizienz die größte Bedeutung. Der
Magenausgang nicht nur in breitem Kontakt mit der Duodenalstumpf ist davon häufiger betroffen als das
Vorderwand des Zwölffingerdarms, sondern das gas- Gastroenterostoma.
182 Kapitel 4 Magen und Duodenum

genannter Hofmeister-Defekt) entstehen, die einen


polypoiden Tumor imitiert.
Die wichtigste Alternative zur Billroth-II-Opera-
tion ist die distale Magenresektion und Rekonstruk-
tion Typ Roux-en-Y. Der Unterschied liegt in der Art
der Rekonstruktion. Die Passage wird in diesem Fall
durch eine laterolaterale Anastomose der – zuvor
blind verschlossenen – ersten Jejunumschlinge mit
dem Magenrest wiederhergestellt. Das blinde Ende
liegt dabei an der kleinen Kurvatur. Die zuführende
Schlinge wird anschließend mindestens 40 cm distal
der Gastrojejunostomie von links terminolateral in
die abführende Schlinge eingepflanzt.
Umwandlungsoperationen nach Magenteilresek-
tion sind dann indiziert, wenn postoperative Syndro-
me, insbesondere das Dumping-Syndrom, durch
konservative Maßnahmen nicht beherrscht werden
können.

Umwandlungsoperationen nach Magenteilresektion


∑ Billroth II Æ De-Gastroenterostomie,
isoperistaltische Jejunuminterposition Æ Billroth I,
∑ Billroth II Æ De-Gastroenterostomie,
anisoperistaltische Jejunuminterposition Æ Billroth I,
∑ Billroth II Æ Rekonstruktion Typ Roux-en-Y.

Die Röntgenuntersuchung des oberen Verdauungs-


trakts nach totaler Gastrektomie (Abb. 4.42 a, b) in-
formiert über Morphologie und Funktion der aus-
schließlich aus Dünndarm rekonstruierten Intesti-
nalpassage. Die meisten Operationen folgen dem
Prinzip der direkten Ösophagojejunostomie. Die
ösophagoduodenale Interposition von Jejunum ist
dagegen in den Hintergrund getreten. Durch die Öso-
phagojejunostomie wird ein Ersatzmagen gebildet,
der sowohl die Reservoirfunktion des ursprüngli-
chen Organs übernehmen als auch den jejunoöso-
phagealen Reflux verhindern soll. Die für diese bei-
den Aufgaben besonders geeignete Ösophagojejuno-
plicatio wird dadurch geschaffen, dass die erste Jeju-
numschlinge mit dem Ösophagus und die beiden
Schenkel der Schlinge auf einer Länge von etwa 15 cm
laterolateral miteinander anastomosiert werden.
Die Ösophagojejunostomie kann auch mit einer
Abb. 4.41 a, b. Distale Magenresektion Typ Billroth II. a Tiefes Roux-en-Y-Ableitung der Duodenalpassage kom-
Ulcus pepticum jejuni an der Anastomose. b Hochgradige biniert werden. Im Rahmen der so genannten erwei-
Stenose der Gastrojejunostomie mit konsekutiver axialer
Gleithernie und gastroösophagealem Reflux
terten Gastrektomie werden auch Anteile des Pan-
kreas (durch partielle Pankreatoduodenektomie bzw.
Pankreaslinksresektion) und die Milz entfernt. Die
Je höher die Anastomose an der kleinen Kurvatur dadurch entstandenen Parenchymdefekte sowie die
angesetzt wird, umso geringer ist die Gefahr des Verlagerung des benachbarten Darms in die Organ-
Syndroms der zuführenden Schlinge. logen werden in der CT sichtbar.
Wenn die Gastrojejunostomie nicht die gesamte Das Ausmaß einer im Rahmen der Resektion eines
Resektionslinie einnimmt, sondern die Magenwand organüberschreitenden Magenkarzinoms erforder-
an der kleinen Kurvatur gerafft wird, kann dort im lichen Querkolonteilresektion kann mit Hilfe des
Kontrastbild eine irreguläre erhabene Läsion (so Kontrasteinlaufs abgeschätzt werden.
4.4 Postinterventioneller Gestalt- und Funktionswandel von Magen und Duodenum 183

Abb. 4.42 a, b. Totale Gastrektomie. a Wiederherstellung der Kontinuität durch Ösophagojejunostomie. b Wiederherstellung der
Kontinuität durch Ösophagojejunoplicatio

Nach Duodenopankreatektomie (Whipple-Opera- mie manifestiert sich in der Regel an oder in unmit-
tion) gleicht der Magen im Kontrastbild dem nach telbarer Umgebung der Anastomose (Ulcus pepti-
Billroth II operierten Organ, da der Restmagen ter- cum jejuni). Da in dieser Region die Falten und die
minolateral mit dem Jejunum anastomosiert wird. Oberfläche der Schleimhaut durch die Operation den
Bei der pyloruserhaltenden Duodenopankreatekto- ausgeprägtesten Gestaltwandel erfahren, kann das
mie (nach Traverso/Longmire u. a.) bleiben der Ma- frische Rezidivulkus radiologisch kaum zuverlässig
gen und die Pars superior duodeni erhalten. Durch identifiziert werden. Leichter zu erkennen sind die
die postoperative Röntgenuntersuchung (in der Regel Geschwüre in der zu- und abführenden Schlinge.
im Rahmen der T-Drain-Cholangiographie) wird die An der Enteroanastomose werden Ulkusrezidive nur
Integrität von 3 Anastomosen geprüft, nämlich die selten beobachtet.
der Pankreatikojejunostomie, die der Hepatikojeju- Bei den Rezidivtumoren (Abb. 4.43 a–c) ist zwi-
nostomie und die der terminolateralen Duodenoje- schen den Geschwülsten, die sich nach totaler Gas-
junostomie. Am stärksten gefährdet ist die Pankrea- trektomie entwickeln, und den Karzinomen im Ma-
tikojejunostomie. genstumpf zu unterscheiden. Die lokoregionären
Rezidive (Abb. 4.44 a, b) manifestieren sich nahezu
ausschließlich extraluminal. Man erkennt sie im Kon-
4.4.6 trastbild an ihrer stenosierenden Wirkung und kann
Postoperative Rezidiv- und Pseudoläsionen sie im Schnittbild direkt nachweisen. Dagegen ist das
Karzinom im nach Billroth II resezierten Magen ge-
Der radiologische Nachweis von Rezidivulzera im wöhnlich im Bereich der Anastomose nachzuweisen.
operierten Magen und Duodenum ist unsicher. Die Das Risiko, ein Magenstumpfkarzinom zu entwi-
von der Norm abweichende postinterventionelle ckeln, gilt in den ersten 15 postoperativen Jahren
Anatomie macht die Erkennung schwierig. Ver- nicht als überdurchschnittlich hoch. Nach 25 Jahren
wechslungsgefahr droht von den so genannten post- ist es jedoch 6-mal so groß wie in der Normal-
operativen Pseudoläsionen der Magen- und Duode- bevölkerung. Selten entsteht ein Magenstumpfkarzi-
nalwand. Als Hauptursachen des Rezidivulkus gelten nom anastomosenfern, d. h. im Fundus ventriculi.
die inadäquate Resektion, die insuffiziente Drainage Durch postoperative Pseudoläsionen können im
und das Zollinger-Ellison-Syndrom. Das Ulkusrezi- Röntgenbild sowohl erhabene als auch unter dem
div nach 2/3-Magenresektion und Gastroenterosto- Schleimhautniveau gelegene Krankheitszeichen imi-
184 Kapitel 4 Magen und Duodenum

Abb. 4.43 a–c. Langzeitbeobach-


tung nach Magenresektion.
a Benigne narbige Stenose einer
Ösophagojejunostomie. b Maligne
Anastomosenstenose durch extra-
luminales Tumorrezidiv (Weich-
teilschatten!). c Gallertkarzinom
des Magenstumpfs 20 Jahre nach
Billroth-II-Operation

a b

Abb. 4.44 a, b. Rezidivtumor nach Gastrektomie in der CT. a Stenosierendes lokoregionäres Rezidiv an der Anastomose.
b Ausgeprägte maligne Lymphadenopathie in der Umgebung des Truncus coeliacus
4.5 Weitere Erkrankungen 185

tiert werden. Pseudotumorösen Charakter haben


4.5
die Fundusmanschette nach Antirefluxoperation, die
Weitere Erkrankungen
kleinkurvaturseitigen Einstülpungsnähte der Bill-
roth-I-Operation, der Billroth-II-Operation und der Bei einer Reihe seltener Erkrankungen von Magen
Umwandlungsoperation nach Henley-Soupault (Bill- und Duodenum besitzt die radiologische Diagnostik
roth II Æ Billroth I) sowie die pylorusnahen Wand- unverändert große Bedeutung (Magenwandemphy-
einstülpungen nach Gastroduodenostomie. Ulzera sem, Fremdkörper, Volvulus, Invagination, Intussus-
bzw. Divertikel werden von Schleimhauttaschen in zeption) oder liefert zumindest ergänzende Infor-
der Umgebung übernähter Magengeschwüre, am mationen (Bestrahlungsfolgen, Gastropathie bei
Pylorus (nach Pyloroplastik) und im anastomosen- Systemerkrankungen, Morbus Ménétrier).
nahen Bereich der hochgezogenen ersten Jejunum-
schlinge (nach Gastroenterostomie) vorgetäuscht.
Das Fadengranulom imponiert im Kontrastradio- 4.5.1
gramm als Nische, an deren Boden fakultativ Kalk Bestrahlungsfolgen
nachzuweisen ist.
An Magen und Zwölffingerdarm führt die Anwen-
dung ionisierender Strahlen zu therapeutischen
Literatur Zwecken weitaus seltener zu klinisch relevanten Fol-
gen als am Dünndarm. Nach Bestrahlung retroperi-
Carucci LR, Turner MA, Conklin RC, DeMaria EJ, Kellum JM, tonealer Lymphknotenfiliae/maligner Lymphome
Sugerman HJ (2006) Roux-en-Y gastric bypass surgery for
morbid obesity: evaluation of postoperative extraluminal
mit >45 Gy werden allerdings auch an Magen
leaks with upper gastrointestinal series. Radiology 238: und/oder Duodenum Strahlenschäden beobachtet.
119–127 Mit der klinischen Manifestation ist 6–24 Monate
MacLean LD, Rhode BM, Shizgal HM (1981) Gastroplasty for nach Abschluss der Strahlenbehandlung zu rechnen.
obesity. Surg Gynecol Obstet 153: 200–208
Vade A, Jafri SZH, Agha FP, Vidyasagar MS, Coran AG (1983) Die Läsionen sind – entsprechend der Lagebeziehung
Radiologic evaluation of gastrostomy complications. AJR der beiden Organe zu den üblichen Bestrahlungsfel-
Am J Roentgenol 141: 325–330 dern – überwiegend im präpylorischen Antrum und
Wiesner W, Schob O, Hauser RS, Hauser M (2000) Adjustable in der Pars descendens duodeni lokalisiert.
laparoscopic gastric banding in patients with morbid obe-
sity: radiographic management, results, and postoperative
complications. Radiology 216: 389–394
Wojtowycz MM, Arata JA Jr, Micklos TJ, Miller FJ Jr (1988) CT Merke ! Typische Befunde der strahlengeschä-
digten Magen- und Duodenalwand
findings after uncomplicated percutaneous gastrostomy. sind der Reliefverlust der Schleimhaut, die glatte
AJR Am J Roentgenol 151: 307–309
Wu MT, Pan HB, Lai PH, Chang JM, Tsai SH, Wu CW (1994) CT Striktur und das (therapieresistente) Ulkus.
of gastritis cystica polyposa. Abdom Imaging 19: 8–10
Yao NS,Wu CW, Tiu CM, Liu JM,Whang-Peng J, Chen LT (1998) Die sichere Differenzierung radiogener Schleimhaut-
Percutaneous transhepatic duodenal drainage as an alter- defekte von malignen Läsionen gelingt auch bei
native approach in afferent loop obstruction with sec-
ondary obstructive jaundice in recurrent gastric cancer. gründlicher Kenntnis der Vorgeschichte allein mit
Cardiovasc Intervent Radiol 21: 350–353 den Methoden der Röntgendiagnostik nicht. Über
akute/chronische Magen- und Duodenalblutungen,
Fisteln zu den Nachbarorganen und funktionell wirk-
same Stenosen des oberen Gastrointestinaltrakts als
Komplikationen einer Strahlentherapie des Retrope-
ritoneums ist berichtet worden (Goldstein et al. 1975).

4.5.2
Magenwandemphysem

Das Magenwandemphysem kann entzündliche (gas-


bildende Erreger) und nichtentzündliche (z. B. Über-
druckbeatmung, instrumentelle Läsion der Magen-
wand, erhöhter intraluminaler Druck, penetrieren-
des Ulkus, Volvulus, Verätzung) Ursachen haben.
Sowohl die Röntgenleeraufnahme als auch die CT
zeigen innerhalb der verbreiterten Magenwand
rundliche und/oder lineare Aufhellungen, die durch
186 Kapitel 4 Magen und Duodenum

die eingeschlossene Luft bedingt und im Gegensatz


zum Pneumoperitoneum lageunveränderlich sind.
Im Sonogramm können die intramuralen Gasdepots
als hyperechogener Ring („gastric corona sign“) mit
Reverberationsartefakten erkennbar sein (Chang
et al. 1999).

4.5.3
Fremdkörper

Der radiologische Nachweis von Fremdkörpern in


Magen und Duodenum und ihre Identifizierung
hängen entscheidend von der Schattendichte ab
(Abb. 4.45). Radioopake Fremdkörper werden durch
die Leeraufnahme, nichtradioopake Fremdkörper
durch die Kontrastuntersuchung dargestellt. Zur
exakten Ortung und Beurteilung der Mobilität ist die
Durchleuchtung erforderlich.

CAVE ! Bei der Kontrastuntersuchung kön-


nen Nahrungsreste und Luftblasen
(z. B. durch unvollständig gelöstes Granulat) be-
trächtliche Artefakte (pseudopolypöses Schleimhaut- Abb. 4.45. Fremdkörper im Magen. Mehrere verschluckte Tee-
relief, inkompletter Schleimhautbeschlag) verursa- löffel im Corpus ventriculi. Kein Anhalt für Perforation
chen und Fremdkörper vortäuschen bzw. an anderer
Stelle verdecken.

Die im Nativbild nachweisbaren intraabdominellen Symptomatische Bezoare werden vor allem im ersten
Verkalkungen haben für die Röntgendiagnostik von Jahr nach Vagotomie und Billroth-I-Operation
Magen und Duodenum nur geringe Bedeutung (Aus- beobachtet. Als Ursache für die zeitliche Häufung
nahmen: verkalkte raumfordernde Läsionen von wird die verzögerte antropylorische Passage fester
Milz und Pankreas; ins Duodenum perforiertes Gal- Nahrungsbestandteile angesehen.
lenkonkrement). Bei Kindern muss man auf der Su- Gossypibome sind pseudotumoröse Fremdkörper-
che nach verschluckten Fremdkörpern u. a. mit Spiel- granulome in der Umgebung retinierten chirurgi-
zeugteilen, Knöpfen, Münzen und Knopfbatterien schen Materials (in der Regel Gaze). Man erkennt das
rechnen. Verhaltensgestörte Kinder essen auch Erde, Beweisstück im Leerbild (biplane Projektion!) an den
Sand und Kalk. Unter den Erwachsenen, bei denen in die Kompressen eingewebten röntgendichten Fila-
Fremdkörper (z. B. Tablettenreste oder metallisches menten.
Werkzeug) in Magen oder Duodenum nachgewiesen Der intrakorporale Drogentransport („body
werden, ist der Anteil psychisch Kranker abnorm packing“) wird sowohl mit peranal wie peroral appli-
hoch. Wichtigste Komplikation der Fremdkörper- zierten Rauschgiftpäckchen durchgeführt. In letzte-
ingestion ist die Perforation. rem Fall ist die Sonographie des Magens indiziert.
Bezoare stellen sich im Röntgenbild als verform- Die Untersuchung ist jedoch nur in den ersten 12–18
bare und bewegliche weichteildichte Läsionen dar, Stunden nach der mutmaßlichen Ingestion sinnvoll.
die inhomogen mit Kontrastmittel benetzt werden.
Man unterscheidet nach dem Material, aus dem sie
überwiegend bestehen, zwischen 4.5.4
∑ Trichobezoaren (verschluckte Haare, vor allem Magen und Duodenum bei Systemerkrankungen
bei Kindern mit Trichotillomanie),
∑ Phytobezoaren (pflanzliches Material), Diabetes mellitus
∑ Laktobezoaren (hochkalorische Nahrung), Die Gastropathia diabetica wird vor allem bei lange
∑ Mykobezoaren (Pilze, vor allem Candida albicans bestehender und/oder unzureichend behandelter
und Torulopsis glabrata) und Zuckerkrankheit beobachtet und als Teilsymptom
∑ Arzneimittelbezoaren (z. B. durch verklumpte der autonomen Neuropathie gewertet. Die Kon-
Antazida). trastuntersuchung zeigt im charakteristischen Fall eine
4.5 Weitere Erkrankungen 187

ausgeprägte Dilatation des Magens, intragastrale fen ist die Pars descendens duodeni. In einer Studie
Nahrungs- und Kontrastmittelretention, die Atonie an 14 Kindern wurden die krankhaften Befunde im
des Bulbus duodeni und die ineffiziente Peristaltik Sonogramm des Zwölffingerdarms zwar überwie-
des oberen Verdauungstrakts. Im Sonogramm wurde gend bei Patienten mit gastrointestinalen Beschwer-
demonstriert, dass die Fläche des Antrum ventriculi den (starke Schmerzen, Blutung) nachgewiesen, ver-
von Diabetikern, die an der spezifischen Gastro- einzelt konnten sie jedoch auch bei Kranken erhoben
pathie leiden, sowohl im Nüchternzustand (4,9+/–1,7 werden, die noch asymptomatisch waren oder bei
vs. 3,5+/–1,2 cm2) als auch nach einer Mahlzeit denen die Purpura Schönlein-Henoch erst später
(14,8+/–4,6 vs. 10,6+/–1,2 cm2) größer ist als bei diagnostiziert wurde (Kagimoto 1993).
stoffwechselgesunden Vergleichspersonen (Unde-
land et al. 1996). Dieser Befund korreliert gut mit Mukoviszidose
dem Leitsymptom der Erkrankung, dem postpran- Im Gegensatz zu der klinisch eindrucksvollen Be-
dialen Völlegefühl. teiligung der Speiseröhre und des Dickdarms an
der Mukoviszidose bleiben die Befunde an Magen
Merke ! Bevor die Hypo- bzw. Dysmotilität
von Magen und Duodenum auf eine
und Zwölffingerdarm häufig asymptomatisch. Mit
99mTc-markierten Makroalbuminaggregaten wurde

diabetische Gastropathie zurückgeführt wird, muss nachgewiesen, dass feste Nahrung bei Kindern mit
ausgeschlossen sein, dass der Kranke vagotomiert Mukoviszidose den Magen wesentlich schneller ver-
worden ist oder z. B. mit Parkinson-Mitteln, Pheno- lässt (53 vs. 72,2 min) als bei gesunden Gleichaltrigen
thiazinen, trizyklischen Antidepressiva, Clonidin, (Collins et al. 1997). Eine zuverlässige Erklärung für
Vincristin oder Dantrolen behandelt wird. diesen Befund fehlt. Im Kontrastbild können zwar
häufig (86%) Mukoviszidose-assoziierte Läsionen
des Duodenums dargestellt werden, die Befunde
Chronische Niereninsuffizienz (Faltenverbreiterung, noduläre Defekte, Verlust der
Die für chronisch hämodialysierte Patienten histolo- Schleimhautmusterung) sind jedoch uncharakteris-
gisch nachgewiesene Hyperplasie der Magenschleim- tisch (Phelan et al. 1983).
haut (Franzin et al. 1982) entzieht sich der Darstel-
lung im Röntgenbild. Radiologische Einzelfallberich-
te zu dialyseassoziierten Erkrankungen des Magens 4.5.5
liegen für das verkalkte Karzinom (Matsumura et al. Morbus Ménétrier (Eiweißverlust-Gastropathie)
1999) und die phlegmonöse Gastritis vor (Joko et al.
1999) vor. Der Morbus Ménétrier (Abb. 4.46) ist makroskopisch
durch eine gyriforme Wulstung der Schleimhaut-
Amyloidose falten des Magens gekennzeichnet. Sie können
Nach histopathologischen Befunden ist der Gastroin- >5 mm breit und bis zu 30 mm hoch werden. Zumeist
testinaltrakt sowohl von der primären wie der sekun- ist der gesamte Magen betroffen. Die ausgeprägtesten
dären Form der Amyloidose häufig betroffen. Als Faltenwülste findet man an der Majorseite des
klinische Komplikationen sind Dysmotilität, Ulzera Corpus ventriculi, die geringsten im Antrum. Die
und Blutungen bekannt. Umschriebene Amyloid- Doppelkontrastuntersuchung stellt die Riesenfalten
tumoren des Magens sind eine Rarität. Ausgedehnte und ihre Verteilung übersichtlich dar. Mit dem EUS
Amyloiddepots in einem 15 Jahre zuvor wegen eines kann zusätzlich die Verbreiterung der Magen-
Ulkusleidens operierten Magen konnten in der CT schleimhaut (auf maximal 5 mm) sichtbar gemacht
dargestellt werden (Bighi et al. 1990). Dabei fanden werden.
sich neben einer Verbreiterung der Magenwand in Bevor die radiologische Verdachtsdiagnose eines
Gruppen angeordnete Verkalkungen und ulzeröse Morbus Ménétrier geäußert wird, sollten das fort-
Schleimhautdefekte. geschrittene Karzinom, das Magenlymphom, das
Pseudolymphom des Magens und die Gastritis Crohn
Purpura Schönlein-Henoch als Ursache der abnorm starken Faltung der Magen-
Die Beteiligung des Duodenums an der leukozyto- wand ausgeschlossen werden. Vor der Verwechslung
klastischen Vaskulitis (Purpura Schönlein-Henoch) von Riesenfalten mit Magenwandvarizen schützt die
kann sonographisch sichtbar gemacht werden. Als Lokalisation der Gefäßkonvolute im Fundus ven-
Korrelat des endoskopisch nachweisbaren muralen triculi, den der Morbus Ménétrier in aller Regel
Ödems und begleitender hämorrhagischer Erosio- ausspart.
nen beobachtet man eine Verbreiterung und hohe
Echogenität der Duodenalwand. Häufig klafft das
Lumen des Zwölffingerdarms. Am stärksten betrof-
188 Kapitel 4 Magen und Duodenum

Abb. 4.46. Morbus Ménétrier. Gyriforme Wulstung der


Schleimhautfalten im Corpus ventriculi. Abgrenzung des Mor-
bus Ménétrier vom Karzinom bzw. Lymphom nur bioptisch
möglich

4.5.6
Volvulus
Der Volvulus imponiert bei der Röntgenuntersu-
chung als Kombination aus einer Drehung des Ma-
gens um 180° und einer konsekutiven hochgradigen Abb. 4.47 a, b. Organoaxialer Volvulus. a P.-a.-Projektion: Cor-
pus ventriculi nach rechts und oben, große Kurvatur nach
Stenose in der Region der sich kreuzenden Magenab- oben verlagert. b Seitliche Projektion: Hinterwand des Magens
schnitte. Zwei Formen werden unterschieden: nach ventral, Vorderwand nach dorsal, kleine Kurvatur nach
unten verlagert
∑ der organoaxiale (2/3 der Fälle; Abb. 4.47 a, b) und
∑ der mesenterioaxiale (1/3 der Fälle) Volvulus.

왔 Beim organoaxialen Volvulus dreht Dadurch wird der Fornix nach dorsal, kaudal und
Definition
sich der Magen um die gedachte Ver- medial und das Antrum nach ventral, kranial und
bindungslinie zwischen Cardia und Pylorus, und lateral verlagert.
zwar meist nach rechts und oben. Die Entwicklung eines Volvulus wird durch Hoch-
stand des linken Hemidiaphragma (z. B. auf dem
Dadurch rückt die Hinterwand nach ventral, die Vor- Boden einer Relaxatio diaphragmatica), Zwerchfell-
derwand nach dorsal, die große Kurvatur verlagert hernien und perigastrale Verwachsungen begünstigt.
sich nach oben und die kleine Kurvatur nach unten. Voraussetzung für den Volvulus duodeni ist die
abnorme Beweglichkeit des Organs (Duodenum mo-
왔 Beim mesenterioaxialen Volvulus ro- bile). Die aus der Torsion resultierende Stenose ist in
Definition
tiert der Magen um die Achse des der Regel am unteren Duodenalknie oder an der
Lig. hepatogastricum. Flexura duodenojejunalis lokalisiert.
4.5 Weitere Erkrankungen 189

4.5.7 Literatur
Invagination, Intussuszeption
Bighi S, Trevisani L, Lupi L,Ariutti R, Cervi PM, Liboni A (1990)
왔 Bei der Invagination verlagern sich Amyloidosis of the gastric stump: radiographic and CT
Definition findings. Gastrointest Radiol 15: 197–198
Teile des Magens/Duodenums in die
Chang YS, Wang HP, Huang GT, Wu MS, Lin JT (1999) Sono-
benachbarten Hohlorgane. graphic „gastric corona sign“: diagnosis of gastric pneu-
Bei der Intussuszeption stülpen sich letztere in matosis caused by a penetrating gastric ulcer. J Clin Ultra-
den Magen/das Duodenum ein. sound 27: 409–412
Collins CE, Francis JL, Thomas P, Henry RL, O’Loughlin EV
(1997) Gastric emptying time is faster in cystic fibrosis.
Die Invagination wird durch polypöse (Peutz- J Pediatr Gastroenterol Nutr 25: 492–498
Jeghers-Syndrom) bzw. polypoide (Morbus Méné- Franzin G, Musola R, Mencarelli R (1982) Morphological
trier) Läsionen der Magenschleimhaut gefördert. changes of the gastroduodenal mucosa in regular dialysis
Voraussetzung für die Intussuszeption ist – mit Aus- uraemic patients. Histopathology 6: 429–437
Goldstein HM, Rogers LF, Fletcher GH, Dodd GD (1975) Ra-
nahme der ösophagogastrischen Intussuszeption diological manifestations of radiation-induced injury to
bei axialer Gleithernie – ein operativer Eingriff an the normal upper gastrointestinal tract. Radiology 117:
Magen und/oder Duodenum und/oder proximalem 135–140
Jejunum (Gastroenterostomie, Billroth-II-Operation, Joko T, Tanaka H, Hirakata H, Henzan H, Hizawa K, Hirakata E,
Higashi H, Yonemasu H, Fujishima H (1999) Phlegmonous
Gastrektomie). Im Kindesalter kann die Diagnose gastritis in a haemodialysis patient with secondary amyloi-
in der Regel sonographisch (Doppelkokarde) gestellt dosis. Nephrol Dial Transplant 14: 196–198
bzw. vermutet werden, bei Erwachsenen führt man Kagimoto S (1993) Duodenal findings on ultrasound in chil-
dren with Schönlein-Henoch purpura and gastrointestinal
nach der Abdomen-Leeraufnahme (Zeichen des symptoms. J Pediatr Gastroenterol Nutr 16: 178–182
hohen Ileus) die Kontrastradiographie durch. Das Matsumura M, Michisita Y, Yoshida I, Tsugawa Y, Sato T, Yama-
zur Charakterisierung des Passagehindernisses ap- da T, Kurumaya H, Koni I (1999) Calcified carcinoma of the
plizierte Kontrastmittel schiebt sich zwischen stomach in a hemodialysis patient. Nephron 82: 84
Phelan MS, Fine DR, Zenler-Munro PL, Hodson ME, Batten JC,
äußeres und inneres Darmsegment. Dabei entsteht Kerr IH (1983) Radiographic abnormalities of the duode-
ein röhrenförmiges Depot, das in orthograder num in cystic fibrosis. Clin Radiol 34: 573–577
Projektion als Ringschatten und im tangentialen Undeland KA, Hausken T, Svebak S, Aanderud S, Berstad A
Strahlengang als 2 parallele Streifenschatten abge- (1996) Wide gastric antrum and low vagal tone in patients
with diabetes mellitus type 1 compared to patients with
bildet wird. functional dyspepsia and healthy individuals. Dig Dis Sci
41: 9–16
Dünndarm 5
G. Antes

5.1 Allgemeiner Teil 192 Der Dünndarm ist das längste und größte Organ
5.1.1 Untersuchungstechniken 192 des menschlichen Körpers. Er versorgt uns mit den
5.1.2 Anatomie 196
5.1.3 Radiologische Normalbefunde und Variationen 196 lebenswichtigen Nährstoffen und ist ein wichtiges
5.1.4 Grundmuster und Differenzialdiagnose 197 immunologisches Abwehrorgan. Da der Dünndarm
Literatur 200 der endoskopischen Untersuchung weitgehend ver-
5.2 Fehlbildungen 201 schlossen ist, kommt der bildgebenden Dünndarm-
5.2.1 Rotations- und Fixationsstörungen 201 diagnostik eine besondere Bedeutung zu. Aufgrund
5.2.2 Kongenitale (mesokolische) innere Hernien 204
5.2.3 Darmduplikaturen 205 von Länge und Lage dieses Organs ist eine gute und
5.2.4 Divertikel 206 übersichtliche Darstellung nicht einfach. Hinzu
5.2.5 Segmentale Dilatation 209 kommt, dass Passagezeiten mit erheblicher Varia-
Literatur 210 tionsbreite, unberechenbares Verhalten in der Kon-
5.3 Obstruktionen 210 trastmittelsuspension und Überlagerungen dazu
Literatur 219 beitragen, die Röntgendiagnostik des Dünndarms er-
5.4 Entzündliche Darmerkrankungen 219 heblich zu erschweren. Das Enteroklysma in seinen
5.4.1 Morbus Crohn 219 verschiedenen Varianten hat eine erhebliche Verbes-
5.4.2 Infektionen 226
5.4.3 Parasiten und Würmer 228 serung in der radiologischen Darstellung gebracht.
5.4.4 Gastrointestinale Manifestationen bei Aids 230 Die fraktionierte Kontrastmittelpassage nach
5.4.5 Gastrointestinale Entzündungen 231 Pansdorf (1937) war in Deutschland bis vor einigen
nach Knochenmarktransplantationen 232
5.4.6 Dünndarmulkus 232
Jahren noch die am häufigsten eingesetzte Röntgen-
5.4.7 Back-wash-Ileitis 232 untersuchung des Dünndarms. Mittlerweile wird das
5.4.8 Eosinophile Gastroenteritis 232 Enteroklysma als Untersuchungsmethode der Wahl
5.4.9 Morbus Whipple 233 in den Richtlinien zur Qualitätsverbesserung in der
5.4.10 Lymphfollikuläre Hyperplasie
und unspezifische Ileitis terminalis 233 Röntgendiagnostik empfohlen (Stender 1995). Die
5.4.11 Retraktile Mesenteritis 234 Anfänge des antegraden Dünndarmeinlaufs über
Literatur 235 eine Duodenalsonde (Enteroklysma) datieren in die
5.5 Dünndarmtumoren 236 1920er Jahre (Einhorn 1926; Pribram u. Kleiber 1927
5.5.1 Adenokarzinom 238 und vor allem Pesquera 1929) zurück. Die heute welt-
5.5.2 Karzinoid (neuroendokrine Tumoren) 240 weit praktizierten Techniken des Enteroklysmas
5.5.3 Nichtepitheliale Tumoren 242
5.5.4 Lymphome 244 unterscheiden sich nicht wesentlich voneinander.
5.5.5 Sekundäre Dünndarmtumoren 248 Etabliert sind Methoden im Bariummonokontrast
5.5.6 Tumorähnliche Läsionen 249 (Nolan u. Cadman 1987; Sellink 1976,) und im Dop-
5.5.7 Aids-assoziierte Neoplasien 250 pelkontrast (Antes u. Lissner 1981; Herlinger 1978;
Literatur 251
Maglinte u. Herlinger 1989; Sellink 1976).
5.6 Andere Erkrankungen 253
5.6.1 Vaskuläre Erkrankungen 253
Das Enteroklysma steht im Mittelpunkt dieses
5.6.2 Malabsorption 259 Kapitels. Es soll jedoch darauf aufmerksam gemacht
5.6.3 Bakterielle Überbesiedelung 262 werden, dass sich in den letzten Jahren ein Wandel in
5.6.4 Kurzdarmsyndrom 262 der Dünndarmdiagnostik vollzieht. In der Primär-
5.6.5 Intestinale Lymphangiektasie
und intestinales Eiweißverlustsyndrom 263 diagnostik stehen die Sonographie und vor allem die
5.6.6 Zollinger-Ellison-Syndrom 264 CT oftmals an erster Stelle. CT und MRT haben durch
5.6.7 Motilitätsstörungen 265 ihre diagnostischen Möglichkeiten an Bedeutung
Literatur 270 deutlich zugenommen (Gourtsoyiannis 2002). Bei
Morbus Crohn wird in ausgewiesenen Zentren die
MRT als primäre Untersuchung eingesetzt. Bei der
Abklärung unklarer Abdominalbeschwerden, bei
192 Kapitel 5 Dünndarm

Obstruktionen, bei Tumorverdacht oder bei der


5.1
Suche nach einer Blutungsquelle wird die CT meist
Allgemeiner Teil
als Erstuntersuchung durchgeführt.
Das Enteroklysma besitzt gegenüber der CT und 5.1.1
MRT Vorteile bei der Beurteilung der Schleimhaut- Untersuchungstechniken
oberfläche, von intraluminalen Prozessen, der Län-
genausdehnung und der Darmmotilität. CT und MRT Enteroklysma
haben Vorteile gegenüber dem Enteroklysma bei Es gibt verschiedene Methoden des Enteroklysmas,
der Beurteilung der Darmwand, des Mesenteriums, die sich nur in Details voneinander unterscheiden.
von extraluminalen Prozessen und von zusätzlichen Sie sind aber alle den verschiedenen Methoden der
krankhaften Veränderungen im Abdomen. Die be- fraktionierten („Follow-through-“) Passagen überle-
sondere Bedeutung der einzelnen bildgebenden Ver- gen. Nachstehend wird die Methode des Autors be-
fahren wird bei der Besprechung der verschiedenen schrieben, die auf der Methode von Herlinger (1978)
Krankheitsbilder herausgestellt. basiert. Es handelt sich um eine biphasische Untersu-
chung mit Barium und Methylzellulose. Sie stellt eine
Kombination einer Monokontrastuntersuchung mit
Literatur einer Doppelkontrastmethode dar und verbindet die
Vorteile beider Techniken (Antes 1998).
Antes G (1988) Bildgebende Dünndarmdiagnostik. Springer,
Berlin Heidelberg New York Tokyo
Antes G (2000) Dünndarmintubation beim Enteroklysma mit
쐍 Vorbereitung. Der Patient sollte mit entleertem
Hilfe von Erythromycin. Fortschr Röntgenstr 172 Suppl I: Dickdarm und mit gefüllter Harnblase untersucht
63 werden.
Antes G (2003) Konventionelle Dünn- und Dickdarmdiagnos-
tik bei entzündlichen Darmerkrankungen. Radiologe 44:
9–16 쐍 Instrumente. Zur Intubation hat sich eine dünne
Antes G, Lissner J (1981) Die Doppelkontrastdarstellung des Spezialsonde mit Führungsdraht bewährt (Guerbet-
Dünndarms mit Barium und Methylzellulose. Fortschr Dünndarmsonde, Artikelnr. 818; Guerbet, Sulzbach).
Röntgenstr 134: 10–15 Die Kontrastmitteleinbringung sollte mittels einer
Einhorn M (1926) The duodenal tube and its possibilities, 2nd
edn. Davis, Philadelphia elektrischen Pumpe vorgenommen werden, um die
Gourtsoyiannis NC (ed) (2002) Radiological imaging of the Einlaufgeschwindigkeit zu kontrollieren.
small intestine. Springer, Berlin Heidelberg New York
Tokyo 쐍 Kontrastmittel. Die Bariumsuspension ist auf ein
Herlinger H (1978) A modified technique for the double-con-
trast small bowel enema. Gastrointest Radiol 3: 201–207 spezifisches Gewicht von 1,3 verdünnt, d. h. 300 ml
Herlinger H, Maglinte DDT (eds) (1989) Clinical radiology of Barium (z. B. Micropaque flüssig; Guerbet, Sulzbach)
the small intestine. WB Saunders, Philadelphia mit 600 ml Leitungswasser. Für den Doppelkontrast
Maglinte DDT, Herlinger H (1989) Single contrast and biphasic wird eine 0,5%ige Methylzelluloselösung (Tylose MH
enteroclysis. In: Herlinger H, Magline DDT (eds) Clinical
radiology of the small intestine. WB Saunders, Philadel- 300 „Kalle“, Fa. Cäsar und Loretz, Hilden) hergestellt
phia, pp 107–118 (10 mg Methylzellulose/MC in 2000 ml Wasser). Bei
Nolan DJ, Cadman PJ (1987) The small bowel enema made einer Monokontrastuntersuchung nach Nolan u.
easy. Clin Radiol 38: 295–301 Cadman (1987) wird eine 19%ige Bariumsuspension
Pansdorf H (1937) Die fraktionierte Dünndarmfüllung und
ihre klinische Bedeutung. Fortschr Röntgenstr 56: 627–634 verwendet.
Pesquera GS (1929) A method for the direct visualization of
lesions in the small intestine. AJR Am J Roentgenol 22: 쐍 Sondenlegung. Die Intubation kann oral oder na-
254–257
Pribram BO, Kleiber N (1927) Ein neuer Weg zur röntgenolo-
sal erfolgen, wobei der transnasale Weg erheblich
gischen Dartellung des Duodenums (Pneumo-duodenum). besser toleriert wird. Es gibt verschiedene Möglich-
Fortschr Röntgenstr Nuklearmed 36: 739 keiten, um die Sondenplatzierung zu erleichtern und
Sellink JL (1976) Radiological atlas of common diseases of the zu beschleunigen (Antes 1993, 1998; Maglinte et al.
small bowel. Stenfert Kroese, Leiden
Stender H-S (1995) Leitlinien der Bundesärztekammer 1986, 1987). Die Sondenpassage aus dem Magen in
zur Qualitätssicherung in der Röntgendiagnostik. Dtsch das Duodenum kann durch die prokinetische Wir-
Aerztebl 92: B-1699 kung des Antibiotikums Erythromycin beschleunigt
werden (Antes 2000).

쐍 Untersuchungsablauf. Experimentelle und klini-


sche Untersuchungen haben gezeigt, dass eine Infu-
sionsrate von 75 ml/min am vorteilhaftesten ist
(Oudkerk 1981; Sellink u. Rosenbusch 1981). Eine
Steuerung dieser Flussrate und individuelle Anpas-
5.1 Allgemeiner Teil 193

Abb. 5.1. Bariumphase. Normale Peristaltik. Das Jejunum ist Abb. 5.2. Bariumphase. Hyperperistaltik („intestinal hurry“).
nach 300 ml Barium und einer Flussrate von 75/min gefüllt; Das Kolon ist nach 300 ml Barium und einer Flussrate von
etwa 1/3 der dargestellten Schlingen weisen Kontraktionen auf 75/min bereits innerhalb von 4 min erreicht. Fast alle Schlin-
gen weisen Kontraktionen auf. Das Darmlumen ist aufgrund
der raschen Passage relativ unterfüllt

Abb. 5.3. Bariumphase. Hypoperistaltik. Nach Gabe von Abb. 5.4. Bariumphase. Pendelperistaltik. Am besten erkennt
300 ml Barium und einer Flussrate von 75/min sind nur einige man unter Durchleuchtung eine nichtpropulsive, pendelnde
obere dilatierte Jejunumschlingen gefüllt. Es zeigen sich nur Peristaltik; die Passagezeit ist deshalb verlängert. Es zeigen
vereinzelte Kontraktionen. Reflux von Kontrastmittel in den sich segmental kontrahierte Darmabschnitte. Schlechter
Magen. Patient aus der Psychiatrie mit Einnahme von vielen Wandbeschlag aufgrund eines unspezifischen Reiz- oder Ent-
Psychopharmaka zündungszustandes

sung sind nur mit einer elektrischen Pumpe (Guer- Die Bariumphase dient vorwiegend zur Beurteilung
bet-Dünndarmpumpe, KMP 2000; Guerbet, Sulz- der Darmperistaltik und zur Erfassung von Motili-
bach) möglich. Eine hohe Flussrate, z. B. 150 ml/min tätsstörungen. Motilitätsstörungen manifestieren
und mehr, führt zu einer reaktiven Hypoperistaltik sich hauptsächlich im Jejunum, werden also zu Be-
und damit zu einer Verlängerung der Passage. Eine ginn einer Untersuchung erkannt. In der Barium-
geringere Flussrate, z. B. <50 ml/min, führt zu einer phase können 5 Peristaltikmuster analysiert werden
ungenügenden Distension des Darmlumens, sodass (Abb. 5.1 bis Abb. 5.5):
kleine Läsionen oder geringgradige Stenosen dem
∑ normal,
Nachweis entgehen können. Die Untersuchung selbst
∑ Hyperperistaltik,
besteht aus 2 Phasen:
∑ Hypoperistaltik,
∑ der Bariumphase und ∑ Pendelperistaltik,
∑ der Methylzellulosephase. ∑ Obstruktionsperistaltik.
194 Kapitel 5 Dünndarm

Merke ! Zu beachten ist, dass nicht zu viel


Methylzellulose verabreicht wird. Ein
semitransparenter, „milchiger“ Kontrast ist besser
als ein zu durchsichtiger Beschlag. Durch zusätzliche
intermittierende Gabe von Barium kann eine opti-
male Kontrastierung erreicht werden.

Dies trifft insbesondere bei Patienten mit Obstruk-


tionen und flüssigkeitsgefülltem Darm zu.
Da es sich beim Enteroklysma um eine dynami-
sche Untersuchung handelt, sind neben Standard-
und Zielaufnahmen auch Durchleuchtungsbeobach-
tungen und manuelle Kompression von großer Be-
deutung.

Praktische Hinweise
∑ Medikamentenanamnese:Die Einnahme von Laxanzien,Psy-
chopharmaka, Schmerzmitteln u. a. mussen erfragt werden.
∑ Duodenum: muss dargestellt werden.
∑ Terminales Ileum: Ein erkranktes terminales Ileum (z. B. bei
Morbus Crohn) ist bei einem Enteroklysma aufgrund der
Wandverdickung immer gut darstellbar.

Abb. 5.5. Bariumphase. Obstruktionsperistaltik. Bei einer dis-


tal gelegenen mechanischen Obstruktion findet man vermehr-
te Kontraktionen im proximalen Darm mit zunehmender Lu-
Merke ! Verdecktes terminales Ileum ist nicht
erkrankt!
mendilatation und Abnahme der Kontraktionen weiter distal
bis zum Punkt der ersten Stenose ∑ Obstruktionen: Je höhergradig eine Obstruktion
ist, desto mehr Bariumkontrastmittel muss gege-
ben werden (z. B. bis 900 ml Barium). Barium
dickt im Dünndarm im Gegensatz zum Kolon
nicht ein.
Bei geringgradigen Obstruktionen muss der
Kontrasmittelbolus sorgfältig verfolgt werden, da
kurzstreckige Stenosen oft nur dabei entdeckt
werden können.
∑ Appendix, Kolon: Die Appendix sollte gesucht
werden. Das Kolon sollte beachtet werden.
∑ Reflux: Auch bei distaler Sondenlage kann ein Re-
flux in den Magen manchmal nicht vermieden
werden. Ein starker Reflux ist meist Ausdruck ei-
ner mechanischen Obstruktion oder einer Motili-
tätsstörung (Pseudoobstruktion).

쐍 Technische Daten. Die mittlere Durchleuchtungszeit


Abb. 5.6. Methylzellulosephase. Normale morphologische
bei der Intubation beträgt 3,4 bzw. 3,0 min (Antes
Darstellung des Dünndarms im Doppelkontrast. Guter Schleim- 1998, 2000). Die mittlere Durchleuchtungszeit der
hautbeschlag Gesamtuntersuchung liegt bei 13 min.

Transitzeiten. (Nach Antes 1998)


∑ Bei Normalpersonen 9,3 min (Standardabweichung 0,9 min)
Die Methylzellulosephase dient vorwiegend zur Dop- ∑ Bei gering- bis mittelgradigen Obstruktionen 19,4 min
pelkontrastdarstellung und besseren Erkennbar- (7–70 min)
keit morphologischer Veränderungen (Abb. 5.6). Die ∑ Bei hochgradigen Obstruktionen 420 min (80–1200 min)
Schleimhautbeschaffenheit und das „intestinale Mi- ∑ Bei Pseudoobstruktionen 46,5 min (16–300 min),
lieu“ können ebenfalls beurteilt werden. ∑ Bei Hypermotilität 3–6 min,
∑ Bei nichtklassifizierbaren Sonderfällen (z. B. Sprue) 15 min
(4–34 min)
5.1 Allgemeiner Teil 195

쐍 Kontrastmittelmengen. Um das terminale Ileum zu Magnetresonanztomographie


erreichen, sind folgende Kontrastmittelmengen er- Die Vorteile der MRT sind ein ausgezeichneter
forderlich (Antes 1998): Weichteilkontrast, die multiplanare Darstellung und
die fehlende Strahlenexposition. Durch die Entwick-
∑ Normaluntersuchung: 710 ml (350–1400),
lung weiterer Sequenzen ist die MRT insbesondere
∑ Obstruktion: 1115 ml (600–1700),
für den Morbus Crohn in Zentren zur Untersuchung
∑ Hypoperistaltik: 1560 ml (900–2000),
der ersten Wahl geworden (Albert et al. 2002; Um-
∑ Hyperperistaltik: 300 ml.
schaden et al. 2000). Das MR-Enteroklysma verbindet
쐍 Strahlenexposition. Das Flächendosisprodukt liegt die Vorteile der MRT mit denen des konventionellen
im Mittel bei 6800 cGy ¥ cm2, und die mittlere, effek- Enteroklysma (Umschaden et al. 2000). Allerdings
tive Dosis beträgt 15 mSv (Hart et al. 1994). Die Dosis sind die Möglichkeiten der Echtzeitbetrachtung
bewegt sich bei dieser Studie zwischen der einer Ma- („realtime“) und der individuelle Patientenkontakt
gen- und einer Kolonkontrastuntersuchung. Eigene mit Palpation und Kompression zurzeit nicht mög-
Messwerte liegen im Mittel zwischen 5500 und lich (Maglinte et al. 2000).
9000 cGy ¥ cm2. Diese Werte sind höher als bei einer
Magenbreipassage oder einer Kolonuntersuchung Angiographie
im eigenen Vergleich. Bei Personen <50 Jahren und Die Angiographie ist durch die kontrastmittelunter-
einem Körpergewicht <70 kg wurden jedoch nur 7 mSv stützte Spiral-CT weitgehend abgelöst worden und
beim Enteroklysma gemessen (Antes 2001, 2003). wird nur noch in speziellen Fällen, wie z. B. bei der
Suche nach Gefäßmissbildungen und der akuten
쐍 Andere Enteroklysamethoden. Im Bariummono- Darmischämie oder bei stärkeren Blutungen in Ver-
kontrast (Nolan 1987; Sellink 1976), im Doppelkon- bindung mit CT oder mit therapeutischen Maßnah-
trast mit Luft (Bautz u. Schindler 1983; Ekberg 1977; men, eingesetzt.
Salamonowitz et al. 1983; Sellink 1976; Shirakabe u.
Kobayashi 1989), im Doppelkontrast mit Guaran Nuklearmedizin
(Desaga 1989), im Doppelkontrast mit Wasser (Gei- Diese Methode ist speziellen klinischen Fragestellun-
ter u. Fuchs 1977; Sellink 1976), mit wasserlös- gen vorbehalten, die mit anderen bildgebenden Ver-
lichem, jodhaltigem Kontrastmittel (Antes 1998; fahren nicht beantwortet werden können. Bei der
Cohen 1982). Suche nach einem blutenden Meckel-Divertikel,
insbesondere bei Kindern, besteht der so genannte
쐍 Sondenlose Kontrastmitteluntersuchungen. Fraktio- Meckel-Scan an vorderster Stelle.Wichtig ist auch die
nierte Passagen (Efsing u. Lindroth 1980; Emons Octreotidszintigraphie für das Aufsuchen von Kar-
1981; Miller 1965; Novak 1976; Pansdorf 1937; zinoidherden. Weitere Methoden erfordern einen
Thompson u. Amberg 1978). hohen apparativen und technischen Aufwand, der
nur in speziellen Zentren verfügbar ist (Neurath et al.
Sonographie 2002; Skehan et al. 2002).
Die Sonographie ist vor allem in der Akutdiagnostik
und für Kontrolluntersuchungen wichtig. Besonders Kapselendoskopie
geeignet dafür ist die Kombination mit der Duplex- Die Video-Kapselendoskopie steht seit wenigen Jah-
sonographie (Puylaert 2003; van Oostayen 1994). ren zur Verfügung und befindet sich zurzeit noch in
der Testphase. Vorteile gegenüber anderen endosko-
Computertomographie pischen und bildgebenden Verfahren sind in der
Insbesondere seit Einführung der Spiral-CT und der besseren Aufdeckung von Ursachen einer okkulten
Multidetektor-CT ist die CT zum „Arbeitspferd“ der Blutung zu sehen (Appleyard et al. 2000, 2001).
bildgebenden intestinalen Diagnostik geworden.
Viele Fragestellungen können mit einer Routineun- Indikationen
tersuchung geklärt werden. Wichtig dabei ist eine Die Indikationen für bildgebende Verfahren zur Ab-
gute orale Darmdistension, z. B. mit Mannitol oder klärung von Dünndarmerkrankungen sind mannig-
einem anderen Distensionsmedium (Schunk et al. faltig. Der Einsatz der verschiedenen Methoden ist
1997). Dies gilt auch für die MRT. Das CT-Enteroklys- abhängig vom Krankheitsbild. Tabelle 5.1 gibt eine
ma ist speziellen Fragestellungen vorbehalten (Klöp- Übersicht über diese Indikationen, wobei im indivi-
pel et al. 1992; Schober et al. 1997). duellen Fall mit dem Radiologen abgesprochen wer-
den sollte, welches der bildgebenden Verfahren am
effektivsten sein könnte.
196 Kapitel 5 Dünndarm

Tabelle 5.1. Indikationen für bildgebende Verfahren zur Ab- Die Dünndarmwand ist in 5 Schichten gegliedert:
klärung von suspekten Dünndarmerkrankungen
∑ Schleimhaut: mit Zotten, Krypten und Lymph-
● Unklare abdominelle Beschwerden knötchen,
● Unerklärliche Durchfälle ∑ Submukosa: lockere Verschiebeschicht zwischen
● Postoperative Zustände der Lamina muscularis mucosae und der Muskel-
● Dünndarmobstruktionen wand; Lymphozytenaggregate sind eingelagert
● Unklare Blutung aus dem Gastrointestinaltrakt (Peyer-Plaques),
● Tumorsuche ∑ Muskelwand: innen Ringschicht, außen Längs-
● Malabsorption schicht,
● Fisteln ∑ Subserosa: Bindegewebeschicht unter der Serosa,
● Fieber unklarer Genese ∑ Serosa: äußere Darmwandschicht (viszerales Peri-
toneum).

Innervation
Kontraindikationen Der Dünndarm wird von einem intrinsischen und
Die einzige absolute Kontraindikation für ein Entero- einem extrinsischen Nervensystem gesteuert.
klysma ist ein akutes Abdomen mit florider Peritoni- Das intrinsische Nervensystem besteht aus dem
tis („brettharter Bauch“). Diese Situation stellt eine Plexus submucosus (Meißner-Plexus) und dem Ple-
Indikation zur sofortigen Laparotomie dar. xus myentericus (Auerbach-Plexus) in der Muskel-
wand. Die nervale Steuerung des Dünndarms erfolgt
Merke ! Eine Dünndarmobstruktion ist keine
Kontraindikation für ein Enteroklys-
vorwiegend durch dieses autonome Nervensystem.
Es ist aber dem extrinsischen Nervensystem nachge-
ma! Die CT ist bei hochgradigen Obstruktionen den ordnet.
Kontrastmitteluntersuchungen vorzuziehen. Das extrinsische Nervensystem bestehend aus
Sympathikus und Parasympathikus leitet dem Ver-
dauungskanal Erregungen von außen zu. Der Sympa-
5.1.2 thikus wirkt über adrenerge Fasern hemmend auf
Anatomie den Plexus myentericus, wodurch die Darmmuskula-
tur zur Erschlaffung kommt. Ein erhöhter Sympathi-
Der Dünndarm besteht aus 3 Abschnitten, dem Duo- kustonus führt zu einer Vasokontriktion im Verdau-
denum, dem Jejunum und dem Ileum. Die Länge ei- ungskanal.
nes normalen Dünndarms schwankt zwischen 4 und Der cholinerge Parasympathikus beeinflusst den
12 m (Hirsch et al. 1956; Underhill 1955). Im Entero- Plexus myentericus und wirkt überwiegend fördernd
klysma wird eine Länge von 2,8 m gemessen (Fanuc- sowohl auf die Muskulatur als auch auf die Drüsen.
ci et al. 1984). Dieser große Unterschied in der Länge Psychische Erregungen wirken sich über das vege-
erklärt sich durch enorme individuelle Schwankun- tative Nervensystem häufig auf die Motorik und
gen, rassische Unterschiede, unterschiedlichen Mus- Sekretion der Verdauungsdrüsen aus, und zwar teils
keltonus und die Schwierigkeit, die Länge intra vitam fördernd, teils hemmend (Junqueira u. Carneiro
und im Röntgenbild zu bestimmen. 1991).
Der Dünndarm hängt am gefalteten Mesenterium,
dessen Wurzel in einer Diagonalen von links kranial
nach rechts kaudal an der dorsalen Bauchwand ver- 5.1.3
läuft. Der Ansatz des Mesenteriums liegt an der kon- Radiologische Normalbefunde und Variationen
kaven Innenseite einer jeden Dünndarmschlinge. Die
konvexe Kontur einer Schlinge entspricht der anti- Topographie
mesenterialen Seite (Meyers 1976). Das Jejunum liegt im linken Oberbauch. Das termi-
Eine exakte Trennung zwischen Jejunum und nale Ileum mündet relativ steil von kaudal kommend
Ileum ist nicht möglich. Die Übergangszone liegt in das Zökum im rechten Unterbauch. Hier gibt es
etwa in der Mitte der Gesamtlänge. Zur Vergrößerung Variationen mit Verläufen des terminalen Ileums aus
der Darmoberfläche ist der Dünndarm mit den unterschiedlichen Richtungen.
Kerckring-Falten besetzt. Sie sind meist zirkulär
angeordnet.
5.1 Allgemeiner Teil 197

Abb. 5.8. Normale Dünndarmfalten im Jejunum. Zirkuläre


Faltenanordnung. Faltendicke <2 mm. Abgerundete Ränder in
Abb. 5.7. Normaler Dünndarm. Die Dichte der Falten ist im der Profilansicht
Jejunum immer größer als im Ileum

Ileum können die Falten gut entwickelt sein oder


aber auch fast fehlen (Herlinger u. Maglinte 1986).

Darmwand
Eine normale Darmwand weist eine Dicke von 1–
2 mm auf (Fleisher et al. 1981). Die Messung kann nur
bei einem vollständig aufgedehnten Lumen vorge-
nommen werden und wenn 2 benachbarte Darm-
schlingen über mehrere Zentimeter aneinander lie-
gen (Abb. 5.9).

Merke ! Eine Distanz der Konturen von


>4 mm muss als abnormal betrachtet
werden (Herlinger 1978).

Abb. 5.9. Darmwandverdickung. Patient mit Morbus Crohn. Diese Distanz setzt sich aus der Summation der
In den gesunden Darmabschnitten beträgt der Abstand zwi- beiden aneinander liegenden Darmwände zusam-
schen 2 aneinander liegenden, voll aufgedehnten Darmschlin-
gen etwa 2 mm (Pfeile). Er setzt sich zusammen aus den Wän-
men.
den dieser Darmabschnitte von je etwa 1 mm Dicke. Der Ab-
stand zwischen dem erkrankten und dem normalen Darm
beträgt aufgrund der initial entzündlichen Wandinfiltration 5.1.4
4 mm (Pfeilspitzen)
Grundmuster und Differenzialdiagnose

Für die klinische Arbeit sind Bildanalyse und Inter-


Falten pretation sowie eine knappe Differenzialdiagnose
Die Dichte der Falten ist im Jejunum immer größer wichtig. Die Abschlussdiagnose kann häufig nicht
als im Ileum (Abb. 5.7). Bisweilen kann ein weitge- allein aus den röntgenmorphologischen Veränderun-
hender Faltenverlust im Ileum als Normalvariation gen abgeleitet werden. Das radiologische Bild ist
beobachtet werden. Normale Falten haben, bei gut lediglich ein Baustein bei der Suche nach der endgül-
entfaltetem Darm, in der Profilansicht abgerundete tigen Diagnose. Da es auch unspezifisch sein kann,
Ränder (Abb. 5.8). Verdickte Falten zeigen im Profil sind zur weiteren Abklärung ggf. histologische, zyto-
meist eine omegaartige Konturabbildung. Die durch- logische oder Blutuntersuchungen erforderlich. Bei
schnittliche Anzahl der Falten im proximalen Jeju- den folgenden differenzialdiagnostischen Aufstel-
num beträgt 4–7 auf einer Messstrecke von 2,5 cm lungen sind extrem seltene Krankheitsbilder nicht
und 2–4 Falten pro 2,5 cm im Ileum. Im terminalen berücksichtigt.
198 Kapitel 5 Dünndarm

Faltenverdickung, gleichmäßig bis verformt – Faltenverlust – Differenzialdiagnose


Differenzialdiagnose ∑ Normalbefund im Ileum
∑ Diffus ∑ Zöliakie (Sprue) im Jejunum
왔 Ödem bei ∑ Morbus Crohn, atrophisches Stadium
Hypoproteinämie ∑ Chronische Strahlenenteritis
portaler Hypertension
Als diagnostische Methode ist das Enteroklysma der CT
enteralem Eiweißverlust
oder dem Ultraschall vorzuziehen.
bakteriellem Überwuchs
∑ Diffus (selten)
왔 Lymphangiektasie
왔 Amyloidose (auch segmental) Faltenvermehrung – Differenzialdiagnose
왔 Morbus Whipple ∑ Normalvariation
왔 Eosinophile Enteritis (auch segmental) ∑ Sklerodermie (PSS)
왔 Mastozytose ∑ Sprue (im Ileum)
왔 Graft-versus-host- (GVH-) Reaktion
Das Enteroklysma ist die Methode der Wahl.
왔 Lymphom (IPSID)
왔 Hypogammaglobulinämie
∑ Segmental und fokal
왔 Intramurale Blutungen bei Faltenverziehungen – Differenzialdiagnose
Ischämie, Koagulopathie, Vaskulitis ∑ Adhäsionen, Briden
Strahlenenteritis ∑ Peritonealkarzinose
Peritonealkarzinose, Metastasen ∑ Karzinoid
∑ Proximaler Dünndarm ∑ Strahlenenteritis
왔 Lambliasis ∑ Sekundäre Entzündungen
왔 Strongylodiasis 왔 Kolondivertikulitis
∑ Distaler Dünndarm 왔 Adnexitis
왔 Enteritis 왔 Appendizitis
(Yersinia, Salmonellose, andere darmpathogene Keime) Adhäsionen und Briden sind meist besser im Enteroklysma
왔 Morbus Crohn
erkennbar. Mesenteriale Infiltrationen mit sekundärer Dünn-
왔 Begleitentzündungen
darmbeteiligung sind besser in der CT erkennbar.
Appendizitis
Adnexitis
Divertikulitis
왔 Lymphom Kleinknotige Oberfläche (granulär bis etwa 4 mm) –
왔 Tuberkulose Differenzialdiagnose
왔 Morbus Behçet (auch diffus) ∑ Lymphfollikuläre Hyperplasie (häufig im terminalen Ileum)
∑ Bei AIDS ∑ Unspezifische Ileitis terminalis
opportunistische Infektionen, ∑ Tuberkulose (terminales Ileum)
wie z. B. Zytomegalievirus (CMV), Tuberkulos u. a. ∑ Morbus Crohn (terminales Ileum)
∑ Artefakte Selten:
왔 Kontrastmittelausflockung
∑ IgA-Mangel
왔 Ungenügende Distension
∑ Lymphom
Bei diesen Krankheitsbildern ist das Enteroklysma zumeist die ∑ Intestinale Lymphangiektasie
diagnostische Methode der Wahl und der CT oder dem Ultra- ∑ Mastozytose
schall vorzuziehen. ∑ Lambliasis
∑ Morbus Whipple
∑ Normale Zotten
∑ Artefakte
Als diagnostische Methode ist das Enteroklysma der CT
oder dem Ultraschall vorzuziehen.
5.1 Allgemeiner Teil 199

Polypoide Veränderungen (>5 mm), Stenosen, meist singulär – Differenzialdiagnose


einzeln oder multipel – Differenzialdiagnose ∑ Briden (auch multipel)
∑ Meist singulär ∑ Metastasen (auch multipel)
왔 Peyer-Plaque ∑ Dünndarmkarzinom
왔 Leiomyom ∑ Morbus Crohn
왔 Lipom ∑ Narben bei vaskulären Erkrankungen
왔 Karzinoid ∑ Abszedierende Entzündungen
왔 Adenokarzinom 왔 Appendizitis
왔 Divertikulitis
Selten:
왔 Adnexitis
왔 Adenom
왔 Inflammatorischer fibroider Polyp Selten:
왔 Hämangiom, Varixknoten ∑ Unspezifische Ulzera
왔 Neurofibrom ∑ Tuberkulose
왔 Invertiertes Meckel-Divertikel ∑ Eosinophile Gastroenteritis
∑ Invertiertes Meckel-Divertikel
∑ Häufig multipel ∑ Membranen durch Antirheumatika
왔 Morbus Crohn ∑ Endometriose
왔 Metastasen, hämatogen ∑ Karzinoid
왔 Karzinoid ∑ Lymphom
왔 Lymphom
Als diagnostische Methode ist das Enteroklysma der CT
Selten: oder dem Ultraschall vorzuziehen.
왔 Peutz-Jeghers-Hamartom
왔 Polyposissyndromen
왔 Amyloidose
Aussackungen (Divertikel) – Differenzialdiagnose
왔 Angiodysplasie
∑ Wahre Divertikel
∑ Artefakte ∑ Pseudodivertikel
왔 Morbus Crohn
Als diagnostische Methode sind Enteroklysma 왔 Postopertaiv
und CT synergistisch. 왔 Postentzündlich
왔 Sklerodermie (PSS)
왔 Lymphom
Ulzerationen – Differenzialdiagnose Das Enteroklysma ist die diagnostische Methode der Wahl.
∑ Aphthen
왔 Morbus Crohn
왔 Infektionen (Yersinia
und andere darmpathogene Keime, Tuberkulose) Darmdilatation – Differenzialdiagnose
왔 Morbus Behçet ∑ Mechanische Obstruktion
∑ Pseudoobstruktion bzw. Paralyse
∑ Größere Ulzera
왔 Primär unspezifisches Ulkus Als diagnostische Methode ist das Enteroklysma im Allgemei-
왔 Zollinger-Ellison-Syndrom (Jejunum) nen der CT oder dem Ultraschall vorzuziehen. Bei einem aus-
왔 Morbus Crohn geprägten mechanischen Ileus sollten CT oder Ultraschall aus
왔 Darmpathogene Keime untersuchungstechnischen Gründen („Bariumartefakte“) vor
dem Enteroklysma erfolgen.
∑ Kavitationen
왔 Lymphom, exoenterische Form
왔 Sarkome
왔 Metastasen Wandverdickung, lokal – Differenzialdiagnose
∑ Morbus Crohn
Das Enteroklysma ist, außer bei Tumoren, die diagnostische ∑ Strahlenenteritis
Methode der Wahl. ∑ Karzinoid
∑ Lymphom
∑ Ischämie
Selten:
∑ Tuberkulose
∑ Amyloidose
CT und Enteroklysma sind für die Diagnose synergistisch.
200 Kapitel 5 Dünndarm

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5.2 Fehlbildungen 201

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202 Kapitel 5 Dünndarm

Rotationsstörung
Nonrotation
왔 Stillstand der Nabelschleifendrehung
Definition
nach der ersten normal gerichteten
Rotation um 90°.

Der gesamte Dünndarm liegt bei direktem Übergang


der Pars descendens duodeni zum Jejunum in der
rechten Abdomenhälfte. Das gesamte Kolon liegt in
der linken Abdomenhälfte, folglich liegt auch die
Appendix im linken Unterbauch (Abb. 5.10).

Malrotation
왔 Varianten unvollständiger oder ge-
Definition
mischter Rotation.

Bei einer Malrotation I ist die Nabelschleifendrehung


bei 180° zum Stillstand gekommen. Die Flexura Abb. 5.10. Nonrotation: Die Pars ascendens duodeni ist nicht
entwickelt, erkennbar am Sondenverlauf. Jejunum und Ileum
duodenojejunalis liegt weiter rechts als gewöhnlich. liegen im rechten Abdomen. Das terminale Ileum mündet von
Das Jejunum ist mehr zur Mittellinie gerichtet, reicht rechts kommend in das Zökum. Dieses liegt wie das übrige
z. T. aber auch in das linke Abdomen (Abb. 5.11 a, b). Kolon in der linken Bauchhöhle

Abb. 5.11 a, b. Malrotation I. a Die Sonde verläuft hinter der stand gekommen. Das hochstehende Zökum und Colon ascen-
medial gelegenen Flexura duodeno-jejunalis nach rechts; das dens werden durch das Ladd-Band fixiert und sind durch Ad-
Jejunum liegt rechts. Zökum und Colon ascendens liegen im häsionen mit dem Duodenum verbunden, das dadurch kom-
rechten Oberbauch (nicht abgebildet). Patient mit rezidivie- primiert werden kann. Die Pars ascendens duodeni liegt hinter
renden Schmerzen. b Schema der Malrotation I (aus Kremer u. dem mesenterialen Gefäßstiel
Lierse 1992). Die Nabelschleifendrehung ist bei 180° zum Still-
5.2 Fehlbildungen 203

Abb. 5.12a,b. Malrotation II. a Patient mit Bauchkrämpfen.Ver- ten Oberbauch. Die mesenterialen Gefäße liegen retroduo-
zögerte Passage durch Dünndarmschlingen mit ischämisch denal und -kolisch. Das Duodenum geht rechtsseitig in das
verquollenen Falten (nicht abgebildet). b Schema der Malrota- Jejunum über
tion II (aus Kremer u. Lierse 1992). Das Zökum liegt im rech-

Die Malrotation II oder „reversed rotation“ ist sehr Fixationsstörungen


selten. Die Drehung erfolgt in wechselnden Richtun- Diese Anomalien sind häufiger als Rotationsstörun-
gen. Duodenum und Dünndarm liegen ähnlich wie gen. Beispiele sind ein Duodenum mobile mit einem
bei der Nonrotation im rechten Abdomen oder sind frei beweglichen Mesoduodenum oder ein Coecum
mittelständig, das proximale Kolon kommt hinter mobile mit Beteiligung des Ileums. Vergesellschaftet
dem Dünndarm zum liegen (Abb. 5.12 a, b). sind nicht selten peritoneale Stränge (Ladd-Bänder).

Klinische Symptomatik Klinische Symptomatik


Rotationsstörungen verlaufen im Allgemeinen ohne Eine ungenügende Fixation der Mesenterialwurzel
klinische Symptome und werden zufällig bei einer prädisponiert zu einer freien Rotation des gesam-
Röntgenuntersuchung oder Operation aus anderen ten Mitteldarms um die Mesenterialgefäße, sodass
Gründen entdeckt. Selten kommt es zu intermittie- vorübergehende Durchblutungsstörungen auftreten
renden Bauchschmerzen. können (Aldrich et al. 1955).
Eine ungenügende Fixation (Mesenterium com-
Radiologische Symptomatik mune) kann zu einem akuten Abdomen oder zu in-
Die Röntgensymptomatik erklärt sich durch die La- termittierenden Bauchkrämpfen führen. Die Ladd-
geanomalie von Dünndarm, mesenterialem Dünn- Bänder können zu einer Kompression oder Abschnü-
darm und Zökum. Beim Enteroklysma verläuft die rung des Darms mit Obstruktionssymptomatik füh-
Duodenalsonde nicht wie üblich nach links, sondern ren.
wendet sich in den rechten Oberbauch (vgl.Abb. 5.10,
Abb. 5.11 a, b). Eine sichere Abklärung des Typs einer Radiologische Symptomatik
Rotationsstörung wird durch das Röntgenbild allein Ähnlich wie bei den Rotationsstörungen ist auch die
nicht immer möglich sein, insbesondere bei der kom- röntgenologische Typisierung einer Fixationsstö-
plexen Malrotation II mit Varianten. rung nicht immer möglich. Hilfreich ist das Schema
204 Kapitel 5 Dünndarm

Abb. 5.13 a–g. Möglichkeiten der duodenalen Malrotation rechten Oberbauch. d Partielle Rotation des Duodenums mit
bzw. Fixation. a Non-Rotation des Duodenums. Duodenum Lage des duodenojejunalen Übergangs in Höhe der rechten
und Jejunum liegen rechts der Wirbelsäule; das Treitz-Band Bogenwurzel. e Malrotation mit tief sitzendem duodenojeju-
fehlt meist. b Malrotation mit spiraligem Verlauf von Duode- nalen Übergang. f Girlandenförmiger Verlauf des Duodenums
num und Jejunum. c Partielle Rotation des Duodenums. Das rechts der Wirbelsäule; das Jejunum liegt im linken Ober-
Duodenum rotiert hinter oder vor die A. mesenterica superior, bauch. g Malrotation mit einem spiralförmigen Verlauf von
jedoch nicht in den linken oberen Quadranten. Es liegt im Duodenum und Jejnum (vgl. Abb. 5.14). (Aus Long et al. 1996)

aus einer Arbeit von Long et al. 1996 (Abb. 5.13 a–g).
Beim Enteroklysma können überraschende Sonden-
verläufe vorkommen, bzw. die Sonde kann im Duode-
num hängen bleiben. Ein Volvulus des Mitteldarms
(Midgut-Volvulus) kann an einem spiralförmigen
Verlauf der proximalen Darmschlingen und einer
Stenosierung des Duodenums erkannt werden
(Abb. 5.14).

5.2.2
Kongenitale (mesokolische) innere Hernien

왔 Hernierung von Darmanteilen durch


Definition
innere Bruchpforten.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Wenn nach Abschluss der Nabelschleifendrehung
eine Störung der Fixation eintritt, so ist es möglich,
dass Pforten entstehen, durch die Darmschlingen
hernieren können. Am häufigsten sind linke und
Abb. 5.14. Malrotation mit spiralförmigem Verlauf von
rechte paraduodenale und transomentale Hernien.
Duodenum und Jejunum. Patient mit intermittierenden Selten und in absteigender Häufigkeit sind Hernien
Obstruktionsbeschwerden, wahrscheinlich durch einen Mid- im ileozökalen Übergang, durch das Foramen epi-
gut-Volvulus ploicum und im Becken (Hansmann u. Morton 1939;
Newsom u. Kukora 1986).
5.2 Fehlbildungen 205

Die CT-Zeichen dieser beiden Hernien sind cha-


rakteristisch. Bei einer linken paraduodenalen Her-
nie liegen die hernierten Jejunumschlingen zwischen
Magen und Pankreas oder sogar hinter dem Pankre-
as (Day et al. 1988). Bei der rechten paraduodena-
len Hernie verlaufen die jejunalen Äste von A. und
V. mesenterica superior nach dorsal und rechts zu
den Jejunumschlingen (Warshauer u. Mauro 1992).

5.2.3
Darmduplikaturen

왔 Dünndarmduplikaturen sind zysti-


Definition
sche oder tubuläre Fehlbildungen.
Abb. 5.15. Treitz-Hernie (linke paraduodenale Hernie). Pa-
tientin mit akuten Obstruktionsbeschwerden. Das notfall- Pathologisch-anatomische
mäßige CT zeigt 2 dilatierte Jejunumschlingen im Oberbauch,
die medialseitig durch eine enge Bruchpforte eingeschnürt und ätiologische Grundlagen
werden. Der Magen ist nach kranial verdrängt Duplikationsfehlbildungen können entlang des ge-
samten Gastrointestinaltrakts auftreten. Der Dünn-
darm ist dabei am häufigsten betroffen, und hier
Klinische Symptomatik wiederum ist das distale Ileum bevorzugt (Gross
Die meisten inneren Hernien bereiten keine oder nur et al. 1952). Sie liegen an der mesenterialen Darm-
intermittierende krampfartige Beschwerden, da sie seite oder intramural. Die Darmduplikaturen sind
sich selbst reponieren. Einige Patienten entwickeln embryonale Entwicklungsstörungen des Endoderms
eine akute Darmobstruktion. in der frühen fetalen Entwicklung.

Radiologische Symptomatik Klinische Symptomatik


Bei einem symptomatischen Patienten sollten als Vor allem die zystische Variante verursacht Obstruk-
Untersuchungen ein Enteroklysma und/oder eine CT tionsbeschwerden im Säuglings- und Kindesalter.
durchgeführt werden. Eine präoperative Diagnostik Die Schleimhautauskleidung entspricht meist der des
ist anzustreben, da es bei einer Laparotomie zu einer Dünndarms. Eine ektope Magenschleimhaut kann zu
Reduktion der Hernie kommen kann und die mögli- gastrointestinalen Blutungen führen (Gilchrist et al.
chen Bruchpforten in situ schwierig zu beurteilen 1990).
sind. Bei einer Kontrastmitteluntersuchung findet
man eine abnormale Ansammlung von Dünndarm- Radiologische Symptomatik
schlingen im Bruchsack, aus dem sie nicht herausge- In den meisten Fällen fehlt eine Verbindung der Du-
bracht werden können. Es kommt zur Dilatation und plikatur zum Darm, sodass ein direkter Nachweis der
Kontrastmittelstase in den gefesselten Darmschlin- Fehlbildung mit einer Kontrastmitteluntersuchung
gen. Beim Enteroklysma ist es wichtig, die Kontrast- nicht gelingt. Indirekt lässt sich eine Zyste durch den
mittelsäule sorgfältig zu verfolgen. Eine seitliche Auf- Nachweis einer Verdrängung benachbarter Darm-
nahme kann zur Klärung der Topographie beitragen. schlingen vermuten. Mit Sonographie, CT oder MRT
Eine linke paraduodenale Hernie zeigt zusammen- lassen sich vor allem die zystischen Duplikaturen
gedrängte Jejunumschlingen im linken Oberbauch, direkt darstellen (Abb. 5.16 a, b).
die nach lateral und kaudal durch den Bruchsack
glatt begrenzt sind. Die efferente Darmschlinge tritt Differenzialdiagnose
durch die paraduodenale Landzert-Fossa hinter dem Andere zystische Raumforderungen, wie z. B. Lymph-
Duodenum in den Bruchsack ein. Magen und linke angiom, extrapankreatische Pseudozyste, mesente-
Kolonflexur werden vom Bruchsack nach kranial riale Zyste, zystisches Teratom, Ovarialzyste und
bzw. kaudal verdrängt (Abb. 5.15). zystisch umgewandelter gastrointestinaler Stroma-
Bei einer rechten paraduodenalen Hernie verla- tumor (Stoupis et al. 1994).
gern sich die Jejunumschlingen durch die Waldeyer-
Fossa und liegen hinter dem Colon ascendens bzw.
der rechten Kolonflexur. Eingehende und ausgehen-
de Darmabschnitte liegen in enger Nachbarschaft.
206 Kapitel 5 Dünndarm

Abb. 5.16 a, b. Duodenalduplikatur. a Die Bariumuntersuchung


des Duodenums zeigt eine intramurale Raumforderung. b In der CT
zystische Struktur im Bereich des Duodenums, einer zystischen
Duplikatur (D) entsprechend. (Mit freundlichen Genehmigung
Prof. H. J. Brambs, Ulm)

5.2.4
Divertikel
왔 Angeborene oder erworbene Ausstül-
Definition
pung der Darmwand oder Teile der-
selben.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Divertikel können angeboren oder erworben sein.
Eine Unterscheidung ist nicht immer möglich und
für die Praxis auch nicht erforderlich. Pathologisch-
anatomisch unterscheidet man zwischen falschen
und echten Divertikeln. Falsche Divertikel entstehen
durch Prolaps der Mukosa und Submukosa aufgrund
von Muskellücken an der Durchtrittstelle der Mes-
enterialgefäße und liegen deshalb an der mesenteria-
len Konkavseite des Dünndarms (Abb. 5.17).
Echte Divertikel sind wie die Darmwand aufge-
baut. Sie besitzen eine Muscularis propria und sind
deshalb auch kontraktil. Meist liegen sie an der anti-
mesenterialen Darmseite. Ein typisches Beispiel ist
das Meckel-Divertikel. Erworbene, echte Divertikel
findet man beim Morbus Crohn, dort fälschlicher-
weise als Pseudodivertikel bezeichnet, und bei der
Sklerodermie.
Abb. 5.17. Erworbene Divertikulose. Multiple Pseudodiver-
tikel, mesenterialseitig gelegen (Pfeile)
5.2 Fehlbildungen 207

Abb. 5.18. Pseudodivertikel des terminalen Ileums an der Abb. 5.19. Meckel-Divertikel. Breitbasiges Divertikel (Pfeil),
Mesenterialseite. Zufallsbefund. Zu beachten ist der Unter- am besten erkennbar bei der Verfolgung des Bariumbolus.
schied zu den antimesenterialen Aussackungen bei Morbus Typische trianguläre Faltenkonfiguration (Pfeilspitze)
Crohn (vgl. Abb. 5.46)

Klinische Symptomatik Meckel-Divertikel


Divertikel werden meist als Zufallsbefund entdeckt Das Meckel-Divertikel ist ein echtes Divertikel, da es
und haben keinen Krankheitswert. Gelegentlich aus allen Wandschichten aufgebaut ist. Es entwickelt
kommt es jedoch zur Retention von Nahrungsresten, sich bei inkompletter Obliteration der Ductus
zu Blutungen, zu einer Torsion mit Nekrosen oder omphalomesentericus. Bei Autopsien wird es bei
Perforation oder zum Volvulus. Die Retention von 1–4% der Obduzierten gefunden (Christie 1931;
Darminhalt in Divertikeln kann zu einem bakteriel- Ladd 1942).
len Überwuchs des Dünndarms führen und Anlass Es tritt bei Männer häufiger auf als bei Frauen. Das
für eine Malabsorption sein (vgl. Abb. 5.108 a, b). Divertikel ist an der antimesenterialen Darmseite
gelegen und wird am häufigsten etwa 80 cm vor der
Radiologische Symptomatik Ileozökalklappe gefunden. Die Variationsbreite reicht
Bariumuntersuchungen, insbesondere das Entero- von <20 cm bis >150 cm. Die Größe des Divertikels
klysma, sind am besten geeignet, um Divertikel dar- kann zwischen 1 und 30 cm schwanken, beträgt aber
zustellen. Am häufigsten werden Divertikel mit 5– meistens 1–5 cm in Längsrichtung.
23% der Fälle im Duodenum gefunden (Rösch 1978). Arey (1947) unterscheidet 3 verschiedene Typen
Sie liegen vor allem im Bereich der Papille. Divertikel des Meckel-Divertikels, entsprechend der Rückbil-
im übrigen Dünndarm finden sich bei 0,2–0,5% der dung des Ductus omphalomesentericus:
untersuchten Patienten (Prévôt 1968) und nehmen
∑ Typ A: die häufigste Variante, ist ein frei bewegli-
vom Duodenum zum Ileum an Zahl und Größe
cher Blindsack (Abb. 5.19),
ab. Divertikel am terminalen Ileum sind selten
∑ Typ B: weniger häufig, ist durch einen fibrotischen
(Abb. 5.18).
Strang am Nabel fixiert und projiziert sich immer
an gleicher Stelle,
208 Kapitel 5 Dünndarm

∑ Typ C: sehr selten, besteht aus einer offenen Ver-


bindung zum Nabel, die durch einen Fistelgang
dargestellt werden kann.

Im Allgemeinen (70%) ist der Blindsack mit Ileum-


schleimhaut ausgekleidet. Er kann aber in 20% und
mehr Magenschleimhaut enthalten und Ursache für
Blutungen sein. Selten werden Duodenal- und Kolon-
schleimhaut oder heterotopes Pankreasgewebe ge-
funden.

Klinische Symptomatik
Die meisten Meckel-Divertikel sind asymptomatisch.
Symptomatische Divertikel finden sich meist bei
Kindern <10 Jahren und äußern sich durch gastroin-
testinale Blutungen (Rutherford u. Akers 1966). Bei
Erwachsenen treten meist Obstruktionsbeschwerden
und selten Blutungen auf (Leijonmarck et al. 1986).

왔 Ein Divertikel in einem Bruchsack


Definition
wird als Littre-Hernie bezeichnet.

Selten entstehen Tumoren (Sarkome) in der Diverti-


kelwand (Antes et al. 1994).

Radiologische Symptomatik
Die wesentliche Röntgensymptomatik ist die Füllung Abb. 5.20. Invertiertes Meckel-Divertikel. 14-jähriger Junge
mit intermittierenden Obstruktionsbeschwerden und Ge-
eines Divertikels bei einer Kontrastmitteluntersu- wichtsverlust. Das Divertikel zeigt eine umschriebene Stenose
chung. im Ileum, vereinbar mit einer Bride (Pfeil). Aufgrund der
Lokalisation und fehlender Voroperationen sollte man an ein
쐍 Allgemein. Die Ergebnisse des radiologischen Meckel-Divertikel denken, das sich wegen der begleitenden
Verwachsungen nicht darstellt
Nachweises eines Meckel-Divertikels mit der fraktio-
nierten Passage waren enttäuschend (Berne 1959;
Dalinka u. Wunder 1973). Das Enteroklysma hat hier
eine höhere Entdeckungsrate erbracht (Maglinte et
al. 1980). Misserfolge sind aber auch bei dieser Unter- Merke ! Bei unklaren gastrointestinalen Blu-
tungen im Kindesalter sollte anstatt
suchungstechnik nicht ausgeschlossen. Insbesondere eines Enteroklysmas zuerst eine Szintigraphie durch-
bei Kindern mit ungeklärter gastrointestinaler Blu- geführt werden.
tung sollte primär eine Radioisotopenuntersuchung
erfolgen. Dieser „Meckel-Scan“ dient zum Nachweis ektoper
Magenschleimhaut in einem Divertikel und wird
쐍 Speziell. Während des Enteroklysmas ist es wich- mit 99mTechnetium-Pertechnetat durchgeführt (Abb.
tig, die Kontrastmittelsäule sorgfältig zu verfolgen 5.21). Der Test wird durch die vorausgehende Gabe
und im Ileum auf eine Aussackung an der antime- eines Medikaments aus der Gruppe der Protonen-
senterialen Darmseite zu achten. Das Divertikel kann hemmer (z. B. Sostril) unterstützt (Diamond et al.
mit einer breiten Basis oder mit einem engen Abgang 1991).
versehen sein. Ein enger Divertikalhals kann ent- Bei Erwachsenen mit unklarer gastrointestinaler
zündlich verquollen sein, sodass sich der Blindsack Blutung wird dies Meckel-Scan in den meisten Fällen
nicht mehr oder nur inkomplett füllt und dem Nach- negativ ausfallen, da in dieser Altersgruppe meist kei-
weis entgehen kann. Bisweilen gelingt die Darstel- ne Magenschleimhaut im Divertikel zu finden ist.
lung dann auf einer Spätaufnahme. Ein invertiertes
oder entzündlich verändertes Divertikel kann bei
einer Obstruktion vermutet werden, insbesondere im
Kindesalter ohne Voroperationen (Abb. 5.20).
5.2 Fehlbildungen 209

5.2.5
Segmentale Dilatation
왔 Segmentale Aufweitung eines Darm-
Definition
abschnitts.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Diese seltene Fehlbildung findet man im Kindesalter.
Sie beruht auf einer neuromuskulären Fehlentwick-
lung, sodass es zu einer segmentalen Dilatation –
meist im distalen Ileum – kommt. Dieses dilatierte
Segment kann mit ektoper Schleimhaut versehen
sein (Ratcliffe et al. 1989).

Klinische Symptomatik
Abb. 5.21. Meckel-Divertikel (Pfeile) mit Nachweis von ekto- Das betroffene Darmsegment kann zu rezidivieren-
per Magenschleimhaut im so genannten „Meckel-Scan“ mit den Obtruktionen oder zu einem Volvulus führen. In
99m
Technetium-Pertechnetat. 8 Jahre alter Junge mit Blutungen der ektopen Schleimhaut kann sich ein blutendes
per rectum
Ulkus entwickeln (Abb. 5.22 a, b).

Abb. 5.22 a, b. Segmentale Dilatation. a 21-jährige Patientin diesem Segment (Pfeil) zusätzlich noch ein tiefes Ulkus mit
mit Eisenmangelanämie und Blutnachweis im Stuhltest. Die reaktiv verdickter Darmwand (Pfeilspitze). (Mit freundlicher
Magen-Darm-Passage zeigt ein dilatiertes Segment im Ileum Genehmigung Prof. J. Freyschmidt, Bremen)
(Pfeil) mit mosaikartiger Schleimhaut. b Man erkennt in
210 Kapitel 5 Dünndarm

Literatur 5.3
Obstruktionen
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atonie fehlgedeutet (Dehn u. Nolan 1989; Abb. 5.23).
Bei einer mechanischen Obstruktion versucht der
proximale Dünndarm durch verstärkte Kontrak-
5.3 Obstruktionen 211

Herlinger 1991). Die MRT zeigt vielversprechende


Ansätze.
Die Wertigkeit der bildgebenden Verfahren hat
sich insbesondere durch die Spiral-CT gegenüber
den Kontrastmitteluntersuchungen verschoben. Die
CT-Untersuchung kann ohne Patientenvorbereitung
jederzeit durchgeführt werden. Sie erfolgt nach rek-
taler Gabe eines 3%igen wasserlöslichen Kontrast-
mittels zur Markierung und Beurteilung des Kolons
und nach Injektion eines intravenösen Kontrastmit-
tels. Aufgrund des meist flüssigkeitsgefüllten Dünn-
darms ist eine orale Kontrastierung nicht notwendig
und klinisch oft nicht möglich (Antes u. Honold
1999). Im Zweifelsfall sollte eine CT-Untersuchung
immer einer Bariumuntersuchung vorgezogen wer-
Abb. 5.23. Postoperative Obstruktion. Patientin mit Meteoris- den.
mus und Stuhlverhalt 8 Tage nach Cholezystektomie. Nach
8 Stunden Darstellung einer Bridenstenose (Pfeil)
Technische Besonderheiten des Enteroklysmas
bei Obstruktionen
Vor der Durchführung eines Enteroklysmas sind folgende Kon-
tionen das Hindernis zu überwinden. Dies führt traindikationen zu berücksichtigen:
klinisch und auskultatorisch zu einer verstärkten Pe- ∑ Akutes Abdomen mit Peritonitis:
ristaltik vor der Stenose. Im Notfall sollen Spiral-CT mit intravenöser Kontrastmittel-
gabe, Sonographie und ggf. eine abdominelle Angiographie
durchgeführt werden.
CAVE ! Bei zunehmender und länger anhal-
tender Obstruktion beginnt diese ∑ Verdacht auf eine freie Darmperforation:
Hier sind Abdomenleeraufnahmen und CT-Untersuchung die
Peristaltik aufgrund der Überdehnung der Darm- Methode der Wahl.
wand zu erlahmen, sodass dann eine Differenzierung ∑ Relative Kontraindikationen:
zwischen einer mechanischen Obstruktion und ei- 왔 Verdacht auf hochgradige Kolonobstruktion.
nem paralytischen Ileus unmöglich sein kann. 왔 Patient mit dekompensierter Herz- oder Niereninsuffi-
zienz und hochgradiger
Radiologische Symptomatik – Allgemein 왔 Darmobstruktion.
Hauptsächliches Kennzeichen eines Ileus ist der
Nachweis von dilatierten und meist flüssigkeitsge-
füllten Darmschlingen mit den bildgebenden Verfah- Die Technik des Dünndarmeinlaufs muss bei der
ren. Suche nach Stenosen dem Einzelfall angepasst wer-
den. Das Vorliegen einer Obstruktion kann schon in
Merke !Wichtig ist die Unterscheidung von
reinem Dünndarmmeteorismus, rei-
der Bariumphase erkannt werden. Es zeigt sich ein
geändertes Motilitätsmuster im Sinne einer Obstruk-
nem Dickdarmmeteorismus und einem gemischten tionsdynamik. Die Hyperperistaltik im proximalen
Dünn- und Dickdarmmeteorismus. Jejunum mit Abnahme der Kontraktionen in den dis-
talen prästenotisch dilatierten Darmschlingen ist ein
Dies gelingt im Allgemeinen auf den Abdomenleer- wesentliches differenzialdiagnostisches Merkmal ge-
aufnahmen in Rücken- und Linksseitenlage (Swart u. genüber einer Darmparalyse (Pseudoobstruktion).
Meyer 1974). Sie geben aber häufig keine genaue Aus- Auf diese Obstruktionsperistaltik muss schon zu Be-
kunft über Ort, Ausprägung und Ursache einer Ob- ginn der Untersuchung geachtet werden, da sie mit
struktion oder Paralyse. zunehmender Auffüllung und Dilatation des Darms
Die Sonographie zeigt flüssigkeitsgefüllte Darm- verschwinden kann (Abb. 5.25 a, b), insbesondere bei
schlingen besser als auf einer Leeraufnahme, trägt Patienten mit lang anhaltender, hochgradiger Ob-
aber zur Ursachenfindung meist nicht entscheidend struktion. Das Enteroklysma kann als ein Provoka-
bei (Abb. 5.24 a–c). Das Enteroklysma ist allen per- tionstest bei geringgradigen Stenosen dienen.
oralen Kontrastmitteluntersuchungen überlegen Bei hochgradigen Obstruktionen mit starkem Re-
(Maglinte u. Miller 1984; Shrake et al. 1991). Die CT flux muss die Flussrate deutlich reduziert werden. Bei
sollte dem Enteroklysma im Notfall und bei hochgra- zunehmender Darmdilatation sollte man die Infu-
digen Obstruktionen vorgezogen werden (Antes sion von Barium fortsetzten, da es ohnehin zu einer
1998; Maglinte et al. 1993; Megibow 1994; Rubesin u. Verdünnung mit der retinierten intestinalen Flüssig-
212 Kapitel 5 Dünndarm

Abb. 5.24 a–c. Patient mit Obstruktionsbeschwerden.


a Die Abdomenübersichtsaufnahme zeigt nur wenige
dilatierte Dünndarmschlingen (Pfeil). b Die Sonographie
zeigt flüssigkeitsgefüllten Dünndarm (Pfeil). c Die CT zeigt
eine Darmschlinge, die mit der ventralen Bauchwand
verwachsen ist (Pfeil). Rektale Kontrastierung des Kolons
zum Ausschluss einer Dickdarmstenose

keit kommt. Der Bariumbolus ist sorgfältig zu verfol- Obstruktion ist vielfach in Literatur und durch eige-
gen, um kurzstreckige Stenosen nicht zu übersehen ne langjährige Erfahrungen belegt (Antes 1988; Dehn
(Abb. 5.26 a, b). u. Nolan 1989; Maglinte u. Miller 1984; Sellink 1976;
Palpation und Kompression mit Zielaufnahmen Shrake et al. 1991).
sind weitere Hilfsmittel bei der Diagnostik von Ob-
struktionen. Stark dilatierte kontrastmittelgefüllte
Darmschlingen können Stenosen überlagern und Merke !
Im Gegensatz zum Kolon wird die
resorbierte Flüssigkeit im Dünndarm
verdecken. Auf Spätaufnahmen, bis zu 24 Stunden weitgehend wieder sezerniert, sodass es im Dünn-
und länger, kann dann die Obstruktionsstelle ausrei- darm nicht zum Eindicken des Bariums kommt.
chend nachgewiesen werden (Abb. 5.27).
Die Furcht vieler Chirurgen vor einer Verschlech- Jodhaltige, wasserlösliche Kontrastmittel sind nicht
terung des Ileuszustandes durch ein Enteroklysma geeignet bei der Suche nach Obstruktionen, insbe-
mit Barium ist unbegründet. Bariumuntersuchungen sondere wenn sie peroral verabreicht werden. Diese
bei Obstruktionen werden von Chirurgen sogar Kontrastmittel werden durch die vermehrte intesti-
empfohlen (Riveron et al. 1989). Die Sicherheit und nale Flüssigkeit verdünnt, sodass sich meist keine
Effizienz des Enteroklysmas bei Verdacht auf eine Obstruktionsursache finden lässt. Sie können allen-
5.3 Obstruktionen 213

Abb. 5.25 a, b. Obstruktionsperistaltik. a In der Bariumphase kann diese Obstruktionsdynamik verloren gehen. Eine Diffe-
Hyperperistaltik im proximalen Jejunum mit Abnahme der renzierung von einer Darmparalyse (Pseudoobstruktion)
Kontraktionen in den distalen prästenotisch dilatierten Darm- kann dann schwierig sein (Nebenbefund: Rotationsanomalie)
schlingen. b Bei zunehmender Auffüllung des distalen Darms

Abb. 5.26 a, b. Postischämische, narbige Stenose. a Das Enter- tionsdynamik und der Kalibersprung. b Auf der Zielaufnahme
oklysma zeigt bei Verfolgung des Bariumbolus eine hochgra- kann die Morphologie der Stenose gut herausgearbeitet wer-
dige Stenose (Pfeil). Zu beachten sind die typische Obstruk- den

Abb. 5.27. Spätphase einer Enteroklysmauntersuchung.


Die Bariumsuspension vor der Stenose (Pfeil) ist nach
22 Stunden in flüssiger Lösung erkennbar an der Sedimenta-
tion auf dieser Aufnahme im Stehen. Beginnende Eindickung
des Bariums im rechten Kolon. Beachte: Barium dickt
im Dünndarm nicht ein!
214 Kapitel 5 Dünndarm

falls zur Stimulation bei einem „Subileuszustand“


angewendet werden. Diesem positiven „therapeuti-
schen“ Effekt der Peristaltikanreicherung stehen da-
bei mögliche Nebenwirkungen entgegen. Kreislauf
und Elektrolythaushalt können durch diese hyper-
osmolaren Mittel negativ beeinflusst werden, und
die korrekte Diagnose wird meist verschleppt.

Radiologische Symptomatik – Speziell

쐍 Verwachsungen (Adhäsionen, Briden). Etwa 90% al-


ler operierten Patienten entwickeln Verwachsungen
im Bereich des Operationsgebietes (Menzies u. Ellis
1989), allerdings wird nur ein kleiner Teil der Betrof-
fenen symptomatisch. Abb. 5.28. Obstruktion durch passagere Einklemmung bei
Narbenbruch. Deutlicher Kalibersprung. Der poststenotische
Darm zeigt Zeichen der Ischämie mit verdickten Falten
Briden. Der wichtigste Röntgenbefund bei Briden ist
ein Kalibersprung zwischen dem proximal dilatier-
ten Darm und dem unterfüllten distalen Abschnitt
(Abb. 5.28). Eine einzelne Bride führt in der Regel zu
schwereren Stenosen als multiple Adhäsionen (Caro-
line et al. 1984).
Briden erkennt man an einer oder mehreren
bandförmigen Einengungen des Darms, häufig ver-
bunden mit Abknickung eines Darmsegments. Die
Kerckring-Falten sind dann verzogen, gerafft, aber
nicht destruiert (Abb. 5.29). Wegen der guten Disten-
sion des Darmlumens und der Verfolgung des Kon-
trastmittelbolus unter Durchleuchtung können ge-
ringgradige obstruierende Verwachsungen nur beim
Enteroklysma entdeckt werden („Provokationstest“;
Abb. 5.30). Bei Verdacht auf hochgradige und länger
bestehende Obstruktionen wie auch im Notfall sollte
vor einem Enteroklysma eine CT-Untersuchung
durchgeführt werden (Abb. 5.31). Intraoperativ zei- Abb. 5.29. Mehrere Briden. Die Falten lassen sich bis zu den
gen sich häufig mehr Briden und Verwachsungen, als Stenosen verfolgen und sind verzogen, gerafft, aber nicht
auf präoperativen Untersuchungen angenommen destruiert (Pfeil)
wurde.

Nichtstenosierende Adhäsionen. Im Enteroklysma


findet man keine Passagebehinderung und manch-
mal einen scheinbaren Normalbefund. Gelegentlich
gibt der Patient bei der Passage des Kontrastmittels
aufgrund der starken Füllung einen Dehnungs-
schmerz an, der dem klinischen Beschwerdebild ent-
spricht („Provokationstest“). Ursache dafür sind
Verwachsungen zur Bauchdecke bzw. zum Netz. Bei
einem zweifelhaften Enteroklysmabefund sollte eine
CT durchgeführt werden, da diese die Verwachsun-
gen oft eindrucksvoll darstellt (Antes 1998; Abb.
5.32).

쐍 Metastasen. Peritonealmetastasen siedeln sich vor-


wiegend mesenterialseitig und in den abhängigen Abb. 5.30. Singuläre Bridenstenose. Die Darmeinengung kann
Partien der Bauchhöhle an (Meyers 1988) und hier nur aufgrund der guten Füllung und Distension des gesunden
bevorzugt im rechten Unterbauch. Der Röntgenbe- Darms erkannt werden
5.3 Obstruktionen 215

Abb. 5.31. Obstruktion durch Bride zur Bauchdecke (Pfeil). Abb. 5.32. Verwachsungen zur Bauchdecke. Patient mit Ver-
CT-Diagnostik im Akutfall bei hochgradiger mechanischer wachsungsbeschwerden. Mehrere Jahre nach Cholezystekto-
Dünndarmobstruktion mie. Die CT zeigt zwei Dünndarmschlingen, die im Narbenbe-
reich an der Bauchwand fixiert und eingeengt sind (Pfeile). Ge-
ringe prästenotische Dilatation. Die CT zeigt die Veränderun-
gen eindrucksvoller als das nachfolgende Enteroklysma (nicht
abgebildet)

fund entspricht dem einer extrinsischen Raumforde-


rung, die die Serosa infiltriert. Charakteristischer-
weise sieht man verzogene und verformte Falten in
einem fixierten eingeengten Segment (Abb. 5.33). Im
Vergleich zu Briden ist die mesenteriale, konkave
Seite einer Darmschlinge eingezogen und knotig
infiltriert.
Eine solitäre, zirkuläre Infiltration kann einem
primären Adenokarzinom ähneln. Die CT kann bei
der Differenzierung zwischen Verwachsungen und
Metastasen sehr hilfreich sein, insbesondere da der
extrinsische Tumor direkt nachweisbar ist (Abb.
5.34 a, b). Zusätzlich kann man Aszites und Metasta-
Abb. 5.33. Peritonealkarzinose bei Pankreaskarzinom. Deut-
liche Faltenverziehungen und bandförmige Einengung des sen im Netz und Mesenterium als Zeichen einer Peri-
Dünndarms durch metastatische Absiedelungen auf der tonealkarzinose finden sowie Leber- oder Lymph-
Serosa knotenmetastasen.

Abb. 5.34 a, b. Peritonealkarzinose bei Kolonkarzinom. a Umschriebene Stenose (Pfeil) mit Wandinfiltration und fehlende
Faltenverziehung sprechen gegen eine Bride. b Die CT zeigt die tumoröse Wandinfiltration direkt (Pfeil)
216 Kapitel 5 Dünndarm

Abb. 5.35 a, b. Gleitende Bauchwandhernie. a Die CT in Rückenlage zeigt eine breite Rektumdiastase und eine dünne Bauch-
deckenmuskulatur. b Durch Umlagerung kommt es zu einem Prolaps von Dünndarmschlingen durch eine Bruchlücke

쐍 Hernien. Narben und Bauchwandhernien verursa-


chen selten eine Obstruktion, da die Bruchpforte in
der Regel weit ist. Gelegentlich kann eine Leisten-
oder Schenkelhernie als Obstruktionsursache bei un-
klarem klinischen Untersuchungsbefund, insbeson-
dere bei schwierig untersuchbaren, adipösen Men-
schen, gefunden werden. Die CT ist den Bariumun-
tersuchungen im Allgemeinen überlegen. Sie kann
kombiniert werden mit Provokationsmanövern wie
Pressen oder Umlagerung (Abb. 5.35 a, b). Die relativ
häufigen inneren Hernien nach Operationen im klei-
nen Becken, bei denen sich ein Defekt des Becken-
peritoneums entwickelt hat, können eindrücklich mit
dem Enteroklysma dargestellt werden (Abb. 5.36).

쐍 Volvulus. Briden oder seltener eine externe oder


interne Hernie können zu einer Abschnürung einer
Darmschlinge führen („Closed-loop-Obstruktion“).
Diese partiell obstruierte Schlinge kann torquieren
und sich zu einem Strangulationsvolvulus mit Ver-
legung der Blutversorgung entwickeln. Bei Verdacht Abb. 5.36. Innere Hernie. Patientin mit intermittierenden
auf einen Volvulus sollte man eine notfallmäßige Obstruktionsbeschwerden nach Hysterektomie. Prolaps von
CT-Untersuchung durchführen, die ein typisches Darmschlingen durch einen Defekt im basalen Peritoneum mit
Kalibersprung
Bild einer Closed-loop-Obstruktion zeigen kann
(Abb. 5.37). Zusätzlich lassen sich mit einer intrave-
nösen Kontrastmittelgabe die Durchblutungsverhält- ein kontrahiertes eingeengtes Segment. Bei Barium-
nisse untersuchen (Balthazar et al. 1992; Sung et al. untersuchungen kann dann das „Spiralfederzeichen“
2000). beobachtet werden (Abb. 5.38). Eine Invagination
und deren Ursache kann sehr gut mit der CT darge-
쐍 Invagination. Bei der Invagination stülpt sich ein stellt werden (Abb. 5.39).
proximaler Darmabschnitt zusammen mit einem Teil
des Mesenteriums in das Lumen eines distal gelege- 쐍 Andere Ursachen für eine mechanische Dünndarm-
nen Darmanteils. Das innere, sich einstülpende Seg- obstruktion. Es gibt viele weitere Ursachen für eine
ment wird als Intussuszeptum und das distale äußere mechanische Dünndarmobstruktion. Sie können
aufnehmende Segment als Intussuszipiens bezeich- eingeteilt werden in extrinsische und intrinsische
net. Im Röntgenbild zeigt sich das Intussuszeptum als Ursachen (Tabelle 5.2).
5.3 Obstruktionen 217

Abb. 5.37. Strangulationsileus. Patientin mit akutem Abdo- Abb. 5.39. Invagination bei Leiomyosarkom. Die CT-Untersu-
men. Die notfallmäßig durchgeführte CT-Untersuchung zeigt chung wegen intermittierenden Bauchkrämpfen zeigt eine
flüssigkeitsgefüllte und dilatierte Darmschlingen, die keilför- Dünndarmkokarde. Das zentral liegende Intussuszeptum ent-
mig um das torquierte Mesenterium angeordnet sind (Pfeil). hält Darm und zugehöriges Mesenterium mit Fettdichte. Keine
Das Kolon ist von rektal teilweise kontrastiert sichere Abgrenzung des intraoperativ gefundenen Tumors.
(Mit freundlicher Genehmigung Dres. J. Fischer und M. Gob,
Coesfeld)

Tabelle 5.2. Dünndarmobstruktionen

Extrinsische Ursachen Intrinsische Ursachen

Verwachsungen Tumoren
(am häufigsten) Adenokarzinom
Metastasen (häufig) Karzinoid
Lymphom (selten)
Karzinoid, metastasierend Sarkom (selten)
Hernien Entzündungen
Äußere Morbus Crohn
Narben, Bauchwand Strahlenenteritis
inguinal Tuberkulose (selten)
femoral Medikamenteninduziert
Obturator (selten)
andere seltene Eosinophile Gastroenteritis
Lokalisationen (selten)
Innere
Becken, postoperativ Vaskulär
paraduodenal Ischämie
andere seltene Hämatom (selten)
Lokalisationen Posttraumatisch
Abszesse Gerinnungsstörungen
Divertikulitis Antikoagulanzien
Adnexitis Purpura abdominalis
Morbus Crohn
Invaginationen
Endometriose Idiopathisch
Andere seltene Ursachen Intraluminale Ursachen
Gallenstein
Bezoar
Fremdkörper
Abb. 5.38. Invagination bei Burkitt-Lymphom des Jejunums. Würmer
4-jähriger Junge mit intermittierenden Bauchkrämpfen und Mekonium
Anämie. Die Magen-Darm-Passage zeigt eine jejunojejunale
Invagination durch einen polypösen Tumor (Pfeilspitze).
„Spiralfederzeichen“ bei Invagination (Pfeil)
218 Kapitel 5 Dünndarm

Abb. 5.40. a Intestinale Pseudoobstruktion bei langjährigem


Laxanzienabusus. Die Bariumphase zeigt eine ausgeprägte
Hypoperistaltik (vgl. Abb. 5.3). Nach 300 ml Barium ist nur
die erste Jejunumschlinge gefüllt. Das Lumen ist gleich-
mäßig dilatiert, und es zeigen sich keine Kontraktionen.
Erst nach 18 Stunden war das Kolon erreicht. Patientin mit
Meteorismus (s. geblähte Darmschlingen) und Stuhlverhalt.
Keine klinischen Obstruktionszeichen oder Peritonitis.
Untersuchung zum Ausschluss eines mechanischen Hinder-
nisses. b Mechanische Dünndarmobstruktion durch Meta-
stase. Vermehrte Kontraktionen im proximalen Darm mit
zunehmender Lumendilatation und Abnahme der Kontrak-
tion weiter distal bis zum Punkt der ersten Stenose

쐍 Paralytischer Ileus. Die häufigste Ursache für eine


Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie.
Darmparalyse sind postoperative Zustände, Elektro- (Mod. nach Herlinger u. Rubesin 1994)
lytentgleisungen, Durchblutungsstörungen und me- ∑ Die CT ist die Methode der Wahl bei:
dikamentöse Nebenwirkungen. Die klinische Symp- 왔 Akuter und hochgradiger Dünndarmobstruktion
tome sind so genannte Subileusbeschwerden mit auf- 왔 Paralyse von Dünn- und Dickdarm
getriebenem Leib und plätschernder Peristaltik. Eine 왔 Dünndarmobstruktion von langer Dauer
Unterscheidung von einer mechanischen Obstruk- mit starker Dilatation und reduzierter Motilität
tion ist klinisch und auf Abdomenübersichtsaufnah- 왔 Verdacht auf Strangulationsileus
men oft nicht möglich. Die Patienten zeigen keine mit Durchblutungsstörungen und Peritonitis
Zeichen einer Peritonitis mit Abwehrspannung, Fie- ∑ CT und Enteroklysma sind komplimentär bei:
ber, Tachykardie und Leukozytose. Aufgrund des feh- 왔 Verdacht auf Peritonealkarzinose

lenden Nachweises einer mechanischen Stenose wird und mesenterialer Infiltration (z. B. Karzinoid)
왔 Verwachsungsbeschwerden
dieses Bild auch als intestinale Pseudoobstruktion
bei nichtstenosierenden Adhäsionen
bezeichnet. Da es sich hier um eine Motilitätsstörung
왔 Hinweis auf einen exoenterischen Prozess
des Darms handelt, erfolgt die eingehende Bespre- im Enteroklysma
chung im Abschn. 5.6.7, „Motilitätsstörungen“. Rönt- ∑ Das Enteroklysma ist die Methode der Wahl bei:
genologisch lässt sich diese Funktionsstörung am 왔 Intermittierenden oder geringgradigen Obstruktions-
besten mit dem Enteroklysma darstellen. Das Bild beschwerden als Provokationstest
unterscheidet sich eindeutig von dem einer mechani- 왔 Zur genaueren Lokalisation von Adhäsionen
schen Obstruktion (Abb. 5.40 a, b). und zur Planung einer Operation
왔 Zur Differenzierung zwischen Adhäsionen
und Metastasen
왔 Zur präoperativen Planung bei ausgedehnter
stenosierender Strahlenenteritis
5.4 Entzündliche Darmerkrankungen 219

Literatur 5.4
Entzündliche Darmerkrankungen
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mit ähnlicher Expression handelt. Unstrittig ist, dass
den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen
eine genetische Disposition zu Grunde liegt. Grund-
lage der genetischen Disposition könnten Permeabi-
litätsstörungen des Darms,Veränderungen der intes-
tinalen Barriere durch Störungen der komplexen
Muzinmatrix, Störungen des Stoffwechsels von Oxi-
danzien oder Fettsäuren und schließlich immunolo-
gische Primärdefekte sein.
220 Kapitel 5 Dünndarm

Abb. 5.41. a Morbus Crohn, Befall des terminalen Ileums, Lumenstenose, massive Wandverdickung mit erheblicher Kontrastmit-
telaufnahme (Pfeil). b Vorgelagerte prästenotische Dilatation (Pfeilspitze)

Epidemiologische Daten liefern klare Hinweise für Ödem angehoben wird. Bei fortgeschrittener Krank-
eine Beteiligung von Umweltfaktoren. Gesichert ist heit kommt es zur Darmwandverdickung, die aus
ein erhöhtes Risiko von Morbus Crohn bei Rauchern einer Kombination aus Ödem und Fibrose besteht
und ein „protektiver Wirkmechanismus“ des Rau- und schließlich zur Ausbildung von Strikturen,
chens bei Colitis ulcerosa. Fisteln und Abszessen führt.
Im Gegensatz zur mukosalen Entzündung des Typisch für den Morbus Crohn ist der segmentale
Kolons bei der Colitis ulcerosa kommt es bei Morbus Befall des Darms. Zwischen erkrankten Darmab-
Crohn zu einer transmuralen Entzündung, die vom schnitten („skip lesions“) können normal erschei-
Mund bis zum Anus auftreten kann, wobei das ter- nende Darmabschnitte („skip areas“) liegen. In der
minale Ileum mit oder ohne Zökum am häufigsten Regel sind die distalen Läsionen stärker ausgeprägt
befallen ist. Extraintestinale Manifestationen können als die proximalen (disproportionierter Befall).
in Begleitung auftreten. Histologisch beginnt diese Charakteristisch ist auch die Proliferation des me-
Krankheit in den Lymphfollikeln der Darmschleim- senterialen Fett- und Bindegewebes („creeping fat“).
haut und in größeren Peyer-Plaques (Morson u. Zusammen mit den verbackenen Darmschlingen
Dawson 1979). Es folgen Lymphödem und entzünd- kann dieser Konglomerattumor als Resistenz getastet
liche Infiltration zunächst der Submukosa, später werden. Dieser Pseudotumor lässt sich gut in der CT
dann aller Wandschichten. Dadurch entsteht das Bild und MRT direkt nachweisen (Abb. 5.41 a, b) Tiefe
einer granulierten bzw. nodulären Schleimhaut. Die Wanddefekte des Morbus Crohn können auf die Um-
nichtverkäsenden Granulome sind das histologische gebung übergreifen. Es entstehen Abszesse und Fis-
Merkmal des Morbus Crohn. Sie werden allerdings telgänge, die entweder blind enden oder Anschluss
nur in 60% der Fälle gefunden und sind nicht patho- an benachbarte Darmschlingen bzw. Organe finden.
gnomonisch. Enterokutane Fisteln entwickeln sich meist post-
Lymphozytäre Aggregate mit transmuraler Aus- operativ. Der Morbus Crohn neigt zum asymmetri-
dehnung, Plasmazellinfiltrate und Kryptenabszesse schen Befall der Darmzirkumferenz. Die bevorzugte
sind oft erforderlich, um die Diagnose histopatholo- Lokalisation liegt dabei an der mesenterialen Seite.
gisch zu sichern. Als eine der ersten makroskopi- Fibrosierungsvorgänge führen zur Schrumpfung und
schen Veränderungen gelten die aphthoiden Ulzera, Begradigung des Mesenterialansatzes. Durch die
d. h. kleine Erosionen, die über Ansammlungen von daraus resultierende Raffung wird die antimesenter-
lymphatischem Gewebe liegen. Diese Frühverän- iale Seite relativ zu lang, und die intakte Darmwand
derungen sind bereits radiologisch nachweisbar stülpt sich divertikelartig aus.
(Marshak 1975). Der entzündliche Prozess breitet Die ileokolische Lokalisation des Morbus Crohn
sich diskontinuierlich in der Lamina propria mit un- ist mit 55% am häufigsten. In 30% der Fälle ist die
terschiedlicher Ausprägung und an verschiedenen Krankheit allein auf den Dünndarm beschränkt, wo-
Stellen eines Darmsegments aus. Er kann schließlich bei in 14% nur das terminale Ileum befallen ist. Nur
alle Schichten der Darmwand befallen. Das für einen bei 3% der Patienten findet man eine Erkrankung
Morbus Crohn typische Pflastersteinrelief entsteht des proximalen Dünndarms ohne Befall des termina-
durch longitudinale und transversale Ulzera und Fis- len Ileums und bei 15% ist nur das Kolon erkrankt
suren der Schleimhaut, die durch das submuköse (Mekhjian et al. 1979).
5.4 Entzündliche Darmerkrankungen 221

Klinische Symptomatik
Das klinische Bild des Morbus Crohn wird im We-
sentlichen vom Aktivitätsgrad und von der Lokalisa-
tion bestimmt. Der Morbus Crohn ist eine chronische
Erkrankung, die in Schüben verläuft. Der Manifesta-
tionsgipfel liegt zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr
und weist lebenslangen Charakter auf. Nicht selten
beginnt die Erkrankung im Kindesalters oder wird
erst im höheren Lebensalter entdeckt.
Die führenden Symptome des Morbus Crohn sind
chronische Durchfälle mit und ohne Blutbeimengun-
gen, gelegentlich Obstipation, periphere Fisteln und
besonders bei ileozökalem Befall rezidivierende
Schmerzen, vorwiegend im rechten Unterbauch.
Auch extraintestinale Symptome wie Oligoarthritis,
Spondylarthritis, Erythema nodosum, Pyoderma
gangränosum, Uveitis, Iritis und subfebrile Tempera-
turen können initiale Symptome sein und die Dia-
gnose erschweren. Entzündliche Schwellungen oder
narbige Strikturen führen zu Obstruktionsbeschwer-
den.
Bei den chronisch entzündlichen Darmerkran-
kungen sind die Blutbeimengungen beim Morbus
Crohn mit 27% geringer als bei der Colitis ulcerosa Abb. 5.42. Frühform eines Morbus Crohn mit lymphfolliku-
mit 89% (Feuerbach u. Schölmerich 2000). lärer Hyperplasie und verdickten Falten im terminalen Ileum

Radiologische Symptomatik

쐍 Allgemein. Ziel der bildgebenden Diagnostik ist


es: Die mittelschwere Form wird häufig initial ge-
funden. Im Enteroklysma sieht man eine noduläre
∑ Frühveränderungen zu erkennen,
Oberfläche, Ulzera, Verkürzungen der mesenterialen
∑ das volle Ausmaß der Erkrankung darzustellen
Darmseite mit linearen Ulzera und Aussackungen an
und einen segmentalen Befall zu erkennen (als
der antimesenterialen Seite mit erhaltener Peristal-
Entscheidungshilfe für ein chirurgisches Vorge-
tik. Das „string sign“ tritt auf, d. h. spastische Kon-
hen),
traktionen eines erkrankten Darmsegments ohne
∑ eine Progression zu erkennen,
stenosierende Wirkung.
∑ zu entscheiden, ob bei einer Engstellung ein Spas-
Das Darmlumen ist noch nicht nennenswert ein-
mus, eine aktive ulzerierende Stenose oder eine
geengt (Abb. 5.44). Die begleitende Darmwandver-
fibröse Striktur vorliegt,
dickung ist besser in der CT, MRT oder Sonographie
∑ postoperative Komplikationen zu erfassen,
erkennbar.
∑ einen Morbus-Crohn-Verdacht auszuschließen.
Die fortgeschrittene Form wird bei einer Erstun-
tersuchung am häufigsten gefunden, oder die Er-
쐍 Speziell. Die frühe Form wird selten initial ange- krankung ist bereits bekannt. Der Darm ist durch
troffen. Man findet verdickte Falten und eine klein- eine zunehmende Sklerolipomatose des Mesenteri-
noduläre Oberfläche (Abb. 5.42), aphthöse Ulzera ums fixiert, die Darmwand ist verdickt und das
und ein vergröbertes Zottenmuster. Keine der 3 Ver- Lumen eingeengt. Im Enteroklysma findet sich eine
änderungen ist spezifisch für einen Morbus Crohn. ulzeronoduläre Oberfläche („Pflastersteinrelief“),
Bei einem Zusammentreffen von 2 oder 3 dieser gelegentlich Pseudopolypen, Spasmus und entzünd-
radiologischen Zeichen ist die Diagnose eines Mor- lich aktivierte Stenosen und Strikturen (Abb. 5.45 bis
bus Crohn wahrscheinlich (Marshak u. Wolf 1955; Abb. 5.47).
Abb. 5.43). Diese Veränderungen sind nur im Entero- Das Hauptmerkmal bei den anderen bildgeben-
klysma nachweisbar. den Verfahren sind die Darmwandverdickung und
222 Kapitel 5 Dünndarm

Abb. 5.43. Frühform eines Morbus Crohn mit verdickten Fal- Abb. 5.44. Morbus Crohn. Typischer Befall mit Primärdiag-
ten, aphthösen Ulzera (Pfeile) nostik: ulzeronoduläre Oberfläche und Wandverdickung des
terminalen Ileums

Abb. 5.45. „Pflastersteinrelief“ als Ausdruck ulzeronodulärer Abb. 5.46. Morbus Crohn des terminalen Ileums mit tiefen
Veränderungen Ulzera an der Mesenterialseite (Pfeil) und so genannten „Pseu-
dodivertikeln“ an der antimesenterialen Seite (Doppelpfeil)
5.4 Entzündliche Darmerkrankungen 223

Abb. 5.48. Morbus Crohn, Konglomerattumor im Becken


links, konsekutive Hydronephrose links

Abb. 5.47. Segmentaler Befall. Deutliche Erkrankung im ter-


minalen Ileum mit Wandverdickung, Lumeneinengung und
ulzeronodulärer Oberfläche. Kurzer segmentaler Befall („skip
lesion“) von geringerer Ausprägung (Pfeil)

die Sklerolipomatose des Mesenteriums, am besten


erkennbar in der CT und MRT. Die entzündliche Ak-
tivität kann am Ausmaß der Kontrastmittelaufnahme
der Darmwand abgeschätzt werden (Schunk et al.
2000) (Abb. 5.48).
Bei Remission der Erkrankung finden sich eine
Atrophie und eine Glättung der Schleimhautoberflä-
che im Enteroklysma. Die Wandverdickung ist rück-
läufig, sodass das Lumen zunehmend aufdehnbar,
aber auch kollabierbar wird. Infolgedessen kann das
„Bike-tire-Phänomen“ auftreten. Es zeigt einen ato-
nischen Darmabschnitt mit glatter atrophischer
Oberfläche, der bei fehlender Füllung kollabiert und
ein längs verlaufendes Oberflächenprofil, vergleich-
bar mit einem parallel verlaufenden Fahrradreifen- Abb. 5.49. Morbus Crohn in Remission. Glatte Oberfläche,
aufdehnbarer Darm, entsprechend einer aneurysmatischen
profil, aufweist (Sellink u. Miller 1982; Abb. 5.49). Dilatation und Ausbildung eines längs verlaufenden Oberflä-
Dieses Phänomen ist allerdings unspezifisch und chenprofils im kollabierten Abschnitt (Pfeil: „Bike-tire-Phäno-
kann auch im Normalfall beobachtet werden. Das men“)
„string sign“ kann erhalten bleiben.
Fisteln werden zu den Komplikationen des Mor-
bus Crohn gezählt. Sie entstehen als Folge einer sind in der MRT häufig besser darstellbar als bei
transmuralen Entzündung und entwickeln sich in et- Kontrastmitteluntersuchungen. Perianale Fisteln
wa 5–30% der Fälle (Rankin et al. 1979). Sie können können am besten mit der MRT dargestellt und klas-
zu benachbarten Darmschlingen, zur Harnblase, zur sifiziert werden (Makowiec et al. 1995; Abb. 5.51).
Vagina, ins Mesenterium oder zur Haut verlaufen Im fortgeschrittenen Stadium des Morbus Crohn
(Abb. 5.50 a, b). Enterokutane Fisteln entstehen oft werden in bis zu 20% der Fälle Strikturen gefunden
postoperativ. Dünne oder blind endende Fistelgänge (Goldberg et al. 1979). Mit dem Enteroklysma kann
224 Kapitel 5 Dünndarm

Abb. 5.50 a, b. „Fuchsbaufisteln“.


Fistelgänge im Mesenterium mit
Anschluss zum Kolon

nen und akute Blutungen sind sehr seltene Kompli-


kationen. Die Inzidenz von Karzinomen ist bei Mor-
bus Crohn leicht erhöht und erscheint mit der Dauer
der Erkrankung zu korrelieren.
Extraintestinale Manifestationen treten auf durch
Resorptionsstörungen im terminalen Ileum.Es kommt
zu einer Malabsorption von Vitamin B12, Fett und
Gallensäuren mit gehäuftem Auftreten von Gallen-
steinen und Nierensteinen. Mutmaßlich immunolo-
gische Gründe führen zu Veränderungen an den
Gelenken, der Haut, den Augen, der Leber und den
Gallengängen. Extraintestinale Manifestationen fin-
den sich bei bis zu 24% der Patienten (Rankin et al.
1979). Am häufigsten treten Veränderungen an den
Gelenken auf (Sakroileitis).

Differenzialdiagnose
Abb. 5.51. Perianale Fistel. MRT in axialer, fettunterdrückter Im Allgemeinen gibt es keine Schwierigkeiten bei der
Inversion-recovery-Sequenz. Eine breite Abszessstraße (Pfeile) Diagnose eines Morbus Crohn. Allerdings verhält
führt zu einer pararektalen Fistel (breiter Pfeil) in die ischio-
rektale Region. (Mit freundlicher Genehmigung Prof. Claussen, sich die Erkrankung manchmal wie ein Chamäleon
Tübingen) und kann andere Krankheitsbilder imitieren oder
umgekehrt.
Die infektiöse Ileitis kann radiologisch einem
nichtstenosierenden Morbus Crohn sehr ähnlich
eine Differenzierung zwischen einer fixierten fibroti- sein. Man findet im Enteroklysma eine Faltenver-
schen Striktur, einer spastischen Lumeneinengung dickung und spastische Kontraktionen, jedoch kein
(„string sign“), einer aktiven ulzerostenosierenden „string sign“.
Erkrankung und einer externen Lumeneinengung Die Darmwand ist nicht nennenswert verdickt.
durch entzündliche Vorgänge in der Umgebung ge- Schleimhautulzerationen von unterschiedlicher Grö-
troffen werden (Abb. 5.52 a, b). ße im terminalen Ileum können gefunden werden.
Abszesse sind am besten mit der CT oder der MRT Erreger sind meist darmpathogene Keime, aber auch
(Abb. 5.53), aber auch mit der Sonographie nachweis- ein Morbus Behçet und opportunistische Erreger bei
bar (Fishman et al. 1987; Gore 1989). Freie Perforatio- Aids.
5.4 Entzündliche Darmerkrankungen 225

Abb. 5.52 a, b. „String sign“. Morbus Crohn des terminalen bis auf „Violinsaiten-artige“ Einengungen (Pfeile). Keine prä-
Ieums mit geringer klinischer radiologischer Aktivität (glatte stenotische Dilatation, normale Passagezeit. Abgeflossenes
Oberfläche). a Entfaltbares Lumen. b Spastische Kontraktion Kontrastmittel im durchhängenden Colon transversum

Das Lymphom kann einem Morbus Crohn radiolo-


gisch ähnlich sein. In der CT ist die Wandverdickung
meist ausgeprägter. Spastische Kontraktionen treten
nicht auf. Bei alten Menschen kann die Unterschei-
dung zwischen einem Morbus Crohn und einer
Ischämie schwierig sein, wenn das terminale Ileum
mitbetroffen ist. Hilfreich bei der Diagnose ist die
Beobachtung des Krankheitsverlaufs: Bei einer
Ischämie kommt es schnell zu einer Normalisierung
oder zum Untergang des Darmsegments.
Eine Strahlenenteritis ist meist aufgrund der An-
amnese von einem Morbus Crohn zu differenzieren.
Die untypische Lokalisation eines Adenokarzinoms
kann diagnostische Schwierigkeiten bereiten. Das
Abb. 5.53. Abszess im Mesenterium (Pfeil), angrenzend an Bild eines Morbus Crohn kann bisweilen durch
eine verdickte Ileumschlinge (Pfeilspitze). Erstdiagnose in eine sekundäre Beteiligung des distalen Ileums bei
der CT
einer Peritonealkarzinose, einer Endometriose, einer
Adnexitis oder einer abszedierenden Appendizitis
Die Tuberkulose kann alle Kennzeichen des Mor- imitiert werden. Weitere seltene Differenzialdiagno-
bus Crohn aufweisen. Sie bevorzugt die Kolonseite sen sind der Morbus Behçet (Vlymen u. Moskowitz
der ileozökalen Region. Deshalb hielt man vor der 1981), die eosinophile Enteritis, die sekundäre Amy-
Beschreibung des Morbus Crohn viele Morbus- loidose, die „Back-wash-Ileitis“ und andere entzünd-
Crohn-Fälle für eine Tuberkulose. liche Erkrankungen.
226 Kapitel 5 Dünndarm

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie der Schleimhaut oder in den oberflächlichen Wand-


In der Primärdiagnostik des Morbus Crohn rücken schichten ab.
zunehmend die Schnittbildverfahren, insbesondere
die CT und die MRT, in den Vordergrund (Wills et al. Klinische Symptomatik
1997). Beide zeigen am besten die Wandveränderun- Leitsymptome der infektiösen Darmerkrankung sind
gen, die mesenterialen Veränderungen mit Lymph- Durchfall und uncharakteristische lokale oder diffu-
knoten und das Ausmaß von Fisteln und Abszessen. se Bauchschmerzen, bisweilen auch ein Malabsorp-
Das Enteroklysma hingegen zeigt besser die Länge tionssyndrom.
und Lage der erkrankten Darmabschnitte, Frühver-
änderungen, die Schleimhautoberfläche und Ulzera, Radiologische Symptomatik – Allgemein
die Motilität und die Form sowie das Ausmaß von Die wesentlichen Röntgensymptome der Enteritiden
Stenosen und Strikturen, „skip lesions“ und die sind Verdickungen der Schleimhautfalten, teilweise
Funktion von Fisteln. Auch aus logistischen Gründen nodulär und ein herabgesetzter Wandbeschlag. Das
empfiehlt sich die CT-Untersuchung vor einer Ba- radiologische Bild ist oft unspezifisch. Deshalb kann
riumuntersuchung, da sich ansonsten die CT-Dia- lediglich die unterschiedliche Lokalistion im Ileum
gnostik aufgrund der Bariumartefakte verzögert. Da und Jejunum eine Hilfe bei der Typisierung der Erre-
Barium für eine MRT-Untersuchung nicht störend ger sein.
ist, kann ein konventionelles Enteroklysma mit einer
MRT kombiniert werden (Rieber et al. 1998). Bei be- Yersiniose
kanntem Morbus Crohn kann die MRT das Entero- Erreger ist das gramnegative Stäbchen Yersinia enter-
klysma ersetzen. Das gilt insbesondere für Kontroll- ocolitica. Diese Infektion ist in Mittel- und Nordeuro-
untersuchungen zur Abschätzung der Krankheits- pa weit verbreitet. Sie befällt vorwiegend jüngere
aktivität, von Wandveränderungen und der Erfas- Menschen und heilt meist spontan aus.
sung extraintestinaler Prozesse (Prassopoulos et al.
2001). Perianale Fisteln sind mit der MRT am besten Klinische Symptomatik
darzustellen und zu klassifizieren. Akute Schmerzen im rechten Unterbauch führen
Die Sonographie ist bei Verlaufsbeobachtungen manchmal zu einer Appendektomie, bei der das ter-
unter Therapie, insbesondere in der Pädiatrie, hilf- minale Ileum gerötet und geschwollen erscheint,
reich. Sie wird aber zunehmend auch in der Erstdiag- während die Appendix unauffällig ist. Die regionalen
nostik eingesetzt. Das Leukozytenszintigramm kann Lymphknoten sind vergrößert (Puyleart 1986). Die
bei einem bekannten Morbus Crohn hilfreich sein Yersiniose kann auch subakut bis chronisch verlaufen
zur Beurteilung der Entzündungsaktivität (Giaffer und präsentiert sich dann mit Bauchschmerzen,
1996; Wills et al. 1997). Durchfall, Fieber und arthritischen Beschwerden
(Tripoli et al. 1990).
Merke ! In Zukunft werden die primären Dia-
gnostik, die Bestimmung der Aktivität Radiologische Symptomatik
und die Verlaufskontrollen eine Domäne der MRT Wegen des unklaren klinischen Bildes ist ein Entero-
sein. klysma indiziert. Da die Yersiniose eine potenzielle
Differenzialdiagnose zum Morbus Crohn darstellt,
könnte auch das MR-Enteroklysma eingesetzt wer-
5.4.2 den. Es ist allerdings anzunehmen, dass die diskreten
Infektionen mukosalen Veränderungen nur mit dem Enteroklys-
ma erfasst werden können. Im terminalen Ileum sind
왔 Bei diesen entzündlichen Darmer- die Schleimhautfalten verdickt, teilweise nodulär mit
Definition
krankungen handelt es sich um akute, herabgesetztem Wandbeschlag und lokaler Spastik.
subakute und chronische Enteritiden durch Infektio- Das Lumen ist nicht eingeengt und die Darmwand
nen mit Bakterien,Viren, Protozoen, Pilzen und Wür- nur geringfügig verdickt. Die selten auftretenden
mern. Ulzerationen sind oberflächlich im Gegensatz zu den
fissuralen Ulzera mit „Pflastersteinrelief“ bei Morbus
Pathologisch-anatomische Crohn (Ekberg et al. 1977).
und ätiologische Grundlagen Obwohl sich das radiologische Bild bei Yersiniose
Diese Darminfektionen werden hauptsächlich über und anderen darmpathogenen Keimen unspezifisch
den oralen Weg erworben. Mit zunehmendem Welt- darstellt, ist es dennoch relativ charakteristisch und
tourismus werden die Erkrankungen auch in Europa kann von einem Morbus Crohn unterschieden wer-
beobachtet. Die pathologischen Veränderungen der den (Abb. 5.54 a, b). Der Radiologe sollte dann sero-
infektiösen Enteritiden spielen sich vorwiegend in logische Tests für darmpathogene Keime anregen.
5.4 Entzündliche Darmerkrankungen 227

Abb. 5.54 a, b. Yersiniose.


a Verdickte Schleimhautfalten
und verquollene Ileozökalklappe.
Die Darmwand ist nicht verdickt.
b Lokale Spastik, jedoch kein
„string sign“. (Mit freundlicher
Genehmigung Dr. Eggemann,
München)

Validierte Daten über den Einsatz der MRT bei


den entzündlichen Darmerkrankungen, außer des
Morbus Crohn, liegen nach unserem Wissen noch
nicht vor.

Campylobacterinfektion
Klinische Symptomatik
Erreger ist das gramnegative Stäbchen Campylobac-
ter fetus jejuni, ein Keim, der häufig bei akutem, teils
blutigem Durchfall im Stuhl nachgewiesen werden
kann. Die Infektion heilt meist spontan aus. Es gibt
jedoch auch chronische Verläufe, insbesondere bei
abwehrgeschwächten Personen.

Radiologische Symptomatik
Die röntgenologischen Veränderungen bei einer
Kontrastmitteluntersuchung sind ähnlich wie bei der
Yersiniose unspezifisch. Das Kolon ist häufig mitbe-
fallen (Brodey et al. 1982). In schweren Fällen treten
Ulzera auf (Abb. 5.55).

Salmonellose und Shigellose


Pathologisch-anatomische
Abb. 5.55. Campylobacter-Infektion. Faltenverlust im termi- und ätiologische Grundlagen
nalen Ileum bei chronischer Infektion und Ausbildung eines Die nichttyphoidale Salmonellose ist eine häufige Art
großen Ulkus (Pfeil). Patientin mit rezidivierenden Unter- der Lebensmittelvergiftung mit enteropathogenen
bauchkrämpfen und blutigen Durchfällen. (Mit freundlicher
Genehmigung Dr. Eggemann, München) Keimen von E. coli. Die Diagnose dieser vorwiegen-
den Dünndarminfektion mit Selbstheilungstendenz
erfolgt in der Regel über eine positive Stuhlkultur.
228 Kapitel 5 Dünndarm

Radiologische Symptomatik
Röntgenologisch findet man eine unspezifische En-
teritis und Ileitis, hervorgerufen durch die Schleim-
hautschädigung. Das Zielorgan der Shigellose ist das
Kolon. Manchmal kann auch der Dünndarm beteiligt
sein. Es gibt eine Vielfalt von darmpathogenen Kei-
men, die diese unspezifischen radiologischen Verän-
derungen aufweisen.

Tuberkulose
Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Die Tuberkulose nimmt unter den bakteriellen Infek-
tionen eine Sonderstellung ein, da sie zu chronischen
Krankheitsverläufen führen kann. Gründe für eine
erneute Zunahme der Erkrankung sind Einwanderer
aus Endemieländern (Schofield 1985) sowie das Auf- Abb. 5.56. Tuberkulose. Ulzeronoduläre Oberfläche des termi-
treten von Abwehrschwäche, insbesondere bei Pa- nalen Ileums und deutlich entzündliche Raumforderung in der
tienten mit Aids. Ileozökalregion. Eine sichere Differenzierung von einem Mor-
bus Crohn ist nicht möglich
Klinische Symptomatik
Die Patienten leiden unter Bauchschmerzen, Ge-
wichtsverlust und Fieber, Durchfall ist selten. Pilzinfektionen
Pathologisch-anatomische
Radiologische Symptomatik und ätiologische Grundlagen
Beim tuberkulotischen Darmbefall ist die Ileozökal- Obwohl Pilzinfektionen in letzter Zeit von manchen
region die bevorzugte Lokalisation für diese Erkran- Ärzten gerne als Ursache für gastrointestinale Be-
kung. Im Anfangsstadium findet sich das Bild einer schwerden angesehen werden (Herfarth u. Layer
unspezifischen Ileitis terminalis. Die tuberkulösen 1995), treten sie fast ausschließlich bei Patienten mit
Schleimhautinfiltrationen können ulzerieren, sodass Aids auf. Bei sonst gesunden Menschen sind Pilz-
die Unterscheidung von einem Morbus Crohn un- infektionen sehr selten zu beobachten.
möglich werden kann (Abb. 5.56). Bei der Tuberkulo-
se ist das Zökum meist stärker befallen als das termi-
nale Ileum. 5.4.3
Parasiten und Würmer
Virusinfektionen
Pathologisch-anatomische Lambliasis
und ätiologische Grundlagen Pathologisch-anatomische
Eine häufige Ursache einer Gastroenteritis ist eine und ätiologische Grundlagen
Rotavirusinfektion, insbesondere bei Kindern (Rup- Erreger ist der begeißelte Einzeller Giardia lamblia,
pin 1980). Die meisten viralen Erreger besitzen eine der sich vorwiegend im Duodenum und Jejunum
enterotoxische Wirkung und verursachen keine mor- ansiedelt und zu endemischen oder epidemischen
phologisch nachweisbare Schleimhautschädigung. Durchfallerkrankungen in klimatisch gemäßigten
Ländern führen kann. Über eine erhöhte Infektanfäl-
Radiologische Symptomatik ligkeit wird bei Hypo- oder Dysgammaglobulinämie
Röntgenologisch findet sich nur ein unspezifischer berichtet (Ament u. Rubin 1972). Deshalb kann nicht
Reiz- und Entzündungszustand mit mehr oder weni- sicher entschieden werden, ob die bei der Lambliasis
ger ausgeprägter Motilitätsstörung, vor allem im pro- im Jejunum beobachtete lymphatische Hyperplasie
ximalen Dünndarm. Folge der Infektion oder Ausdruck einer Immunglo-
bulinerkrankung ist.

Radiologische Symptomatik
Im Enteroklysma findet man die Zeichen eines un-
spezifischen Reiz- oder Entzündungszustandes im
oberen Dünndarm mit Hyperperistaltik, mit oder
ohne erkennbare lymphfollikuläre Hyperplasie (Abb.
5.57 a, b).
5.4 Entzündliche Darmerkrankungen 229

Abb. 5.57 a, b. Lambliasis. a Unspezifischer Reiz- und Entzün- Abdominalschmerzen. b Nach Behandlung weitgehende Nor-
dungszustand mit verdickten Falten und einer kaum erkenn- malisierung; Falten noch etwas verdickt, Wandbeschlag nor-
baren lymphfollikulären Hyperplasie bei einer Patientin mit mal

Askaridiasis
Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Der Ascaris lumbricoides ist der größte Nematode
(Rundwurm) und in Ländern mit schlechten hygieni-
schen Vorrichtungen weit verbreitet.

Klinische Symptomatik
Führend sind unspezifische Abdominalbeschwerden.

Radiologische Symptomatik
Die Würmer können in seltenen Fällen auf Abdo-
menübersichtsaufnahmen erkannt werden, insbe-
sondere wenn sie zu einer Obstruktion vor der Ileo-
zökalklappe führen. Die Würmer werden bis zu 35 cm
lang (Abb. 5.58).

Weitere Wurminfektionen
Die folgenden Wurminfektionen zeigen sowohl kli-
nisch als auch radiologisch unspezifische Verände-
rungen:
∑ Strongyloidiasis im proximalen Dünndarm,
∑ Ankylostomiasis im proximalen Dünndarm,
∑ Anisakiasis durch den Heringswurm nach Genuss Abb. 5.58. Askaridiasis. Lebender Ascaris lumbricoides im
terminalen Ileum
von rohem Fisch mit vorwiegendem Befall des
Ileum und Kolon,
∑ Bandwurminfektionen mit Nachweis des Wurms.
230 Kapitel 5 Dünndarm

5.4.4
Gastrointestinale Manifestationen bei Aids
Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Beim „aquired immune deficiency syndrome“ (Aids)
ist ein Befall des Gastrointestinaltrakts häufig
(Pantongrag-Brown et al. 1995). Die Destruktion von
CD 4-Zellen ist der zentrale Defekt in der Immunab-
wehr bei Aids-Patienten. Personen mit einer Zellzahl
<200/ml (normal: 800–1200 Zellen/ml) werden als
Aids-Patienten eingestuft, unabhängig davon, ob
eine Aids-assoziierte Erkrankung offensichtlich ist.
Das lymphatische Gewebe in der Mukosa ist das
Organ der Immunabwehr im Gastrointestinaltrakt.
Mit Fortschreiten einer HIV- („human immunodefi-
ciency virus“-) Erkrankung wird dieses Gewebe ge-
schwächt und inkompetent, sodass der Magen-
Darm-Trakt zum typischen Sitz von opportunisti-
schen Infektionen und Aids-assoziierten Tumoren
wird.
Die häufigsten Erreger sind das weit verbreitete
Zytomegalievirus (CMV). Eine weitere häufige Ursa-
che für eine Enteritis bei Patienten mit Aids ist eine Abb. 5.59. CMV-Infektion bei Aids-Patienten. Langstreckige
Kryptosporidiose, hervorgerufen durch das Proto- Erkrankung des distalen Ileums mit Faltenverlust und erhebli-
zoon Cryptosporidium parvum. Speziell in Entwick- cher Wandverdickung. Das Bild wird auch bei einer akuten
GVH-Reaktion gefunden. (Mit freundlicher Genehmigung
lungsländern tritt bei HIV-Erkrankten eine Infektion Dr. V. Jakobi, Frankfurt)
mit Mycobacterium tuberculosis auf. Eine extrapul-
monale Manifestation wird zwischen 40 und 80%
bei Aids-Patienten mit Tuberkulose gefunden (Buck- 쐍 Allgemein. Am Dünndarm findet man im Allge-
ner et al. 1991). Die häufigste nichttuberkulöse myko- meinen unspezifische Veränderungen im Sinne einer
bakterielle Infektion wird durch Erreger aus der Enteritis mit Faltenverdickungen und herabgesetz-
Gruppe des Mycobacterium-avium-intracelluläre- tem Wandbeschlag.
(MAI-) Komplexes verursacht. Ein Befall mit Candida
albicans tritt bei Patienten mit fortgeschrittener 쐍 Speziell. Das CMV bevorzugt den Ösophagus, den
HIV-Infektion auf. Magen und das Kolon. Die CMV-Kolitis kann sich
Es gibt eine weitere Vielzahl von opportunisti- bisweilen in das terminale lIleum erstrecken und
schen Erregern, die bei abwehrgeschwächten Perso- eine unspezifische Ileitis terminalis mit relativer
nen den Gastrointestinaltrakt befallen können. Wandverdickung, submuköser Infiltration und Ulze-
rationen verursachen (Abb. 5.59).
Klinische Symptomatik Die Kryptosporidiose befällt am häufigsten das
Durchfall ist das Hauptsymptom, wenn eine Mitbe- Duodenum und Jejunum mit einer unspezifischen
teiligung des Gastrointestinaltrakts bei Aids vorliegt. Enteritis (Berk et al. 1984). Zusätzlich kann auch eine
Eine CMV-Infektion bewirkt eine Vaskulitis, die zu Cholangitis auftreten (Abb. 5.60). Die CT kann eine
fokaler Ischämie mit Ulzerationen und Perforationen entzündliche, hyperämische Wandverdickung zei-
führen kann (Teixidor et al. 1987). Bei der Kryptospo- gen. Im Gegensatz zur MAI-Infektion sind die
ridiose kann zusätzlich auch eine Cholangitis auftre- Lymphknoten kaum vergrößert.
ten. Bei der Tuberkulose ist die Ileozökalregion speziell
befallen. Tuberkulöse Peritonitis und Mesenteritis
Radiologische Symptomatik mit Aszites, retroperitoneale und mesenteriale
Die vielen infrage kommenden opportunistischen Lymphknotenvergrößerungen werden am besten in
Erreger bevorzugen unterschiedliche Anteile des ges- der CT dargestellt. Die Lymphknoten zeigen oft er-
amten Gastrointestinaltrakts. niedrigte Dichtewerte (Bargallo et al. 1992; Hulnick
et al. 1985). Bei einer Infektion mit einem Erreger aus
der Gruppe des MAI -Komplexes können kleinknoti-
ge Veränderungen an der Mukosa und Zeichen des
5.4 Entzündliche Darmerkrankungen 231

Abb. 5.60. Cholangitis bei einem Aids-Patienten. CMV und Abb. 5.61. GVH-Reaktion. Faltenverlust und verdickte Darm-
Kryptosporidiose befallen häufig auch das Gallengangsystem. wände der gesteiften Ileumschlingen. 19-jähriger Patient mit
(Mit freundlicher Genehmigung Dr. V. Jakobi, Frankfurt) profusem Durchfall nach allogener Knochenmarktransplanta-
tion. (Mit freundlicher Genehmigung Dr. M.P. Chandie-Shaw,
Leiden, Niederlande)

unspezifischen Reiz- und Entzündungszustandes mit Akute oder chronische GVH-Reaktionen sind die
Hyperperistaltik im proximalen Dünndarm gefun- häufigsten Komplikationen nach einer Transplanta-
den werden (Ekberg et al. 1994). Die CT zeigt typi- tion. Dabei kommt es zu einer immunologischen Re-
scherweise eine ausgeprägte mesenteriale Lympha- aktion der transplantierten Lymphozyten gegen den
denopathie und Hepatosplenomegalie mit fokalen Empfänger.
Herden (Radin 1991).
Typisch für eine Candidainfektion (Moniliasis) ist Klinische Symptomatik
eine Ösophagitis. Selten kommt es bei einer dissemi- Der Gastrointestinaltrakt ist ein häufiges Zielorgan
nierten Candidiasis zu einer Beteiligung des Ileums der akuten GVH-Reaktion, deren Hauptsymptom
(Radin et al. 1983). wässriger Durchfall ist. Ursache dafür ist die Induk-
tionsbehandlung mit hochdosierter Radiotherapie
und/oder Chemotherapie, die eine Mukositis mit ab-
5.4.5 dominellen Schmerzen, Erbrechen und Durchfall bis
Gastrointestinale Entzündungen zu 3 Wochen Dauer verursacht.
nach Knochenmarktransplantationen
Radiologische Symptomatik
Nach einer Knochenmarktransplantation kann eine Im Enteroklysma findet man nach distal fortschrei-
Reihe von Kompliktionen im Gastrointestinaltrakt tend ödematös verdickte Falten bis zum Faltenverlust
auftreten (Jones u. Wall 1992). im Ileum, sodass ein tubuläres Bild entstehen kann
(Abb. 5.61). Früher wurde dies als charakteristisch
Pathologisch-anatomische angesehen (Schimmelpenninck u. Zwaan 1982), es ist
und ätiologische Grundlagen jedoch lediglich der Ausdruck einer schweren Schä-
Die Hauptursachen für die Komplikationen sind: digung der Mukosa (Schuttevaer et al. 1986). In der
CT sind die Wandverdickungen und eine mesenteri-
∑ Induktionsbehandlung,
ale Reaktion zu erkennen, und an der Darmoberflä-
∑ akute und chronische GVH-Erkrankung,
che wird eine verlängerte zirkuläre Retention von
∑ Superinfektion mit opportunistischen Erregern,
Kontrastmittel beobachtet (Jones et al. 1986). Die
∑ Typhlitis.
232 Kapitel 5 Dünndarm

chronische GVH-Reaktion entwickelt sich erst spät


nach einer Transplantation. Fibrosen in der Sub-
mukosa führen zu einem tubulären Bild. Selten ent-
wickeln sich narbige Strikturen. Eine häufige Kom-
plikation bei diesen Patienten ist die Superinfektion
mit opportunistischen Erregern.
Als seltene Komplikation kann eine Typhlitis auf-
treten. Es handelt sich dabei um eine Entzündung des
Zökums, die auch bei anderen abwehrgeschwächten
Personen auftreten kann (Jones u. Wall 1992). Eine
frühe Diagnose ist wichtig, da diese Entzündung zu
einer Perforation mit einer hohen Mortalität führen
kann. Die CT ist eine wichtige bildgebende Methode
(Merine et al. 1987); die MRT könnte die CT ablösen.

5.4.6 Abb. 5.62. Dünndarmulkus. Zirkuläre, kurzstreckige Stenose


im Ileum mit ulzerierter Schleimhaut. 69-jähriger Patient mit
Dünndarmulkus Durchfall und uncharakteristischen Bauchbeschwerden. (Mit
freundlicher Genehmigung Dr. Eggemann, München)
Isolierte Dünndarmulzera sind selten. Als bevorzug-
te Stellen gelten das obere Jejunum und das distale
Ileum.

Pathologisch-anatomische Klinische Symptomatik


und ätiologische Grundlagen Die führenden Symptome sind gekennzeichnet
Als Ursachen für solche unspezifischen Geschwüre, durch die ausgeprägte Colitis ulcerosa mit Durchfäl-
die meist solitär, aber auch multipel auftreten kön- len, häufig mit blutigen Stühlen.
nen, werden lokale Ischämie bei Arteriosklerose oder
nach Embolie, Vaskulitis unterschiedlicher Genese, Radiologische Symptomatik
bakterielle Läsionen, Fremdkörper, Zöliakie, ektope Die röntgenologischen Merkmale sind eine weite Ile-
Magenschleimhaut und das Zollinger-Ellison-Syn- ozökalklappe, Verlust oder verstrichene Falten im
drom genannt (Bayless 1989). Die chronische Ein- terminalen Ileum durch ein Schleimhautödem. Die
nahme von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) fehlende Darmwandverdickung, am besten erkenn-
kann zu Ulzera und Membranstenosen führen (Bjar- bar in der CT, unterscheidet die Back-wash-Ileitis von
nason et al. 1988). Histologisch entspricht das Ulkus einem Morbus Crohn.
einem Magen- und Duodenalulkus. Entzündung und
reaktive Fibrose können zu Stenosen führen
5.4.8
Klinische Symptomatik Eosinophile Gastroenteritis
Es finden sich oft nur uncharakteristische Bauch-
schmerzen und Stenosebeschwerden. Als Komplika- 왔 Seltene Entzündungen des Magens
Definition
tion treten Blutungen, Penetration und Perforation und Dünndarms unklarer Genese;
auf. diskutiert wird vor allem eine Lebensmittelallergie.

Radiologische Symptomatik Pathologisch-anatomische


Das Röntgenbild zeigt eine oder mehrere kurzstre- und ätiologische Grundlagen
ckige Stenosen. Nicht immer muss das Ulkus nach- Die eosinophile Gastroenteritis befällt das Magen-
weisbar sein, da es oft stenosierend vernarbt ist antrum meist stärker als den Dünndarm. Histo-
(Abb. 5.62). logisch besteht eine ausgeprägte eosinophile Zell-
infiltration in allen Wandschichten und eine deut-
liche Bluteosinophilie. Es werden 3 unterschiedliche
5.4.7 pathologische Erscheinungsformen dieser Erkran-
Back-wash-Ileitis kung, die häufig in Schüben verläuft, beobachtet. Am
häufigsten ist die Mukosa beteiligt, weniger häufig
왔 Entzündliche Mitbeteiligung des ter- wird eine vorwiegende Infiltration der Muscularis
Definition
minalen Ileums bei einer Pancolitis propria beobachtet. Selten ist der vorwiegende Befall
ulcerosa. der Serosa.
5.4 Entzündliche Darmerkrankungen 233

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Die Erkrankung betrifft hauptsächlich Männer im
mittleren Lebensalter. Viele Organe können befallen
sein. Biopsien aus dem Dünndarm, vorzugsweise aus
dem Jejunum, zeigen verplumpte Zotten. In der ver-
breiterten Lamina propria finden sich Gruppen von
schaumigen Makrophagen mit PAS-positivem Mate-
rial, den so genannten Lipogranulomen. Elektronen-
mikroskopisch lassen sich die Bakterien nachweisen.

Klinische Symptomatik
Aufgrund eines Multiorganbefalls finden sich Ge-
lenkschmerzen, Fieber, uncharakteristische Bauch-
schmerzen, Gewichtsabnahme, Hautpigmentation
und Lymphknotenschwellungen. Relativ charakteris-
tisch sind neurologische Erscheinungen. Chroni-
scher Durchfall mit Steatorrhö und Malabsorption
stellen meist Spätsymptome dar. Eine antibiotische
Abb. 5.63. Eosinophile Enteritis. Ausschnitt einer ausgedehn- Langzeitbehandlung führt meist zur Remission.
ten Erkrankung mit vorwiegender Mukosabeteiligung. Die
Falten sind verdickt und verformt (Pfeile). 45-jähriger Patient Radiologische Symptomatik
mit chronischem Durchfall und Malabsorption. Besserung Mit dem Enteroklysma können morphologische und
nach Kortikoidtherapie
funktionelle Veränderungen festgestellt werden (An-
tes u. Kruis 1982). Die entzündlichen Schleimhaut-
und Wandinfiltrationen führen zu verdickten Falten
Klinische Symptomatik und knotigen Wandinfiltrationen. Im floriden
Die häufigsten Beschwerden sind Übelkeit, Adomi- Krankheitsstadium finden sich zusätzlich noch Zei-
nalschmerzen und Durchfall, selten auch Malabsorp- chen des unspezifischen Reiz- und Entzündungs-
tion. zustandes mit Hyperperistaltik (Abb. 5.64 a, b). Die
manchmal ausgeprägte Lymphadenopathie kann am
Radiologische Symptomatik besten mit der CT erkannt werden. Die Lymphknoten
Bei vorwiegender Mukosabeteiligung findet man zeigen teilweise fettähnliche Dichtewerte.
verdickte Falten im gesamten Dünndarm oder in län-
geren Abschnitten mit Bevorzugung des Ileums Differenzialdiagnosen
(Abb. 5.63). Bei vorwiegender Infiltration der Muscu- Lymphangiektasie, MAI-Komplex-Infektion bei Aids
laris propria ist eine fokale Wandverdickung mit Lu- und andere seltene Erkrankungen mit kleinnodulä-
meneinengung und verzogenen Falten zu beobach- ren Veränderungen der Darmoberfläche.
ten.
Ist vorwiegend die Serosa beteiligt, so führt dies
zu Aszitesbildung, Verdickung der äußeren Wand- 5.4.10
schichten und zu Lymphknotenvergrößerungen. Die- Lymphfollikuläre Hyperplasie
se Veränderungen können besser mit der CT erkannt und unspezifische Ileitis terminalis
werden (McCarty u. Talley 1990).
왔 Es handelt sich dabei um eine Vergrö-
Definition
ßerung der Lymphfollikel in der Sub-
5.4.9 mukosa des terminalen Ileums durch unspezifische
Morbus Whipple Stimulationen. Bei Krankheitssymptomen spricht
man von einer unspezifischen Ileitis terminalis
Synonyme: intestinale Lipodystrophie. (Brombart 1980; Ekberg et al. 1994).

왔 Bei der Erkrankung handelt es sich


Definition
um eine seltene Infektion durch den
so genannten Whipple-Bazillus.
234 Kapitel 5 Dünndarm

Abb. 5.64 a, b. Morbus Whipple. 60-jähriger Patient mit Ge- sowie eine Verdrängung und Einengung des terminalen Ileums
lenkbeschwerden und Malabsorption. Enteritisch herabge- durch mesenteriale Lymphknotenvergrößerungen (Pfeil in a).
setzter Reiz- und Entzündungszustand, Faltenverdickung und Normalisierung nach antibiotischer Behandlung
knotige Infiltrate in der Mukosa und Submukosa (Pfeile in b)

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Ätiologisch ist es unklar, ob die lymphfollikuläre
Hyperplasie und die spezifische Ileitis terminalis
Ausdruck einer Stimulation des Immunsystems im
Rahmen einer Infektion sind oder in anderen Fällen
ein Frühstadium bzw. eine Abortivform eines Mor-
bus Crohn darstellen (Ekberg et al. 1984). Patholo-
gisch-anatomisch werden multiple, 1–2 mm große
Lymphfollikel in der Mukosa im terminalen Ileum
gefunden.

Klinische Symptomatik
Bei asymptomatischen jungen Erwachsenen und
Kindern – als Zufallsbefund entdeckt – hat die
lymphfollikuläre Hyperplasie keine pathologische
Bedeutung (Lasserich 1953; Wells 1948). Krankheits-
wert besteht nur, wenn gleichzeitig Symptome wie
Durchfall, Schmerzen, Fieber oder Allgemeinbe-
schwerden vorliegen.
Abb. 5.65. Lymphfollikuläre Hyperplasie im terminalen Ileum
als Zufallsbefund bei einer 23-jährigen Frau
Radiologische Symptomatik
Bei Doppelkontrastuntersuchungen werden nicht
selten im terminalen Ileum kleinnoduläre Oberflä- 5.4.11
chenveränderungen gefunden (Abb. 5.65). Auffallend Retraktile Mesenteritis
vergrößerte Lymphfollikel und Peyer-Plaques kön-
nen aufbrechen und aphthoide Ulzera bilden. Sono-
graphisch sind die regionalen Lymphknoten vergrö- Synonyme: Mesenteriale Lipodystrophie, Panniculitis
ßert bei Patienten mit klinischen Beschwerden. Das mesenterialis, liposklerotische Mesenteritis, Lipogra-
Bild einer lymphfollikulären Hyperplasie kann durch nulom des Mesenteriums, sklerosierende Mesenteri-
eine orthograde Ansicht kontrahierter Kerchring- tis, retroperitoneales Xanthogranulom.
Falten vorgetäuscht werden. Dieses sehr seltene Krankheitsbild ist charakteris-
tisch durch eine Fettgewebedegeneration des Me-
senteriums mit konsekutiver Schrumpfung, Durch-
blutungsstörung und Obstruktion des Darms.
5.4 Entzündliche Darmerkrankungen 235

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236 Kapitel 5 Dünndarm

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1278 Primäre Dünndarmtumoren sind selten, obwohl der
Schunk K, Kern A, Heußel CP, Kalden P, Mayer I, Orth T, Dünndarm mehr als 75% der Länge und 90% der
Wanitschke R (2000) Beurteilung der entzündlichen Aktiv- Mukosaoberfläche des Gastrointestinaltrakts ein-
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172: 153–160 nimmt. Die Angaben über die Häufigkeit der Tumo-
Schuttevaer HM, Kron HM, Shaw PC (1986) Graft-versus-host ren schwanken zwischen 6% (Morson u. Dawson
disease of the gastrointestinal tract. Diagn Imaging Clin 1979) und 1,6% (Barclay u. Schapira 1983). Eine Zu-
Med 55: 254–261 nahme der primären gastrointestinalen Lymphome
Sellink JL, Miller RE (1982) Radiology of the small bowel.
Njjhoff, The Hague wird beobachtet (Severson u. Davis 1990). Benigne
Teixidor HS, Honig CL, Norsoph E et al. (1987) Cytomegalo- Tumoren werden im Rahmen von Autopsiestudien
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funden als primär maligne Tumoren, die bei Patien-
Gabbart H, Poralla T (1990) Die retraktile Mesenteritis. ten mit Symptomen meist schon zu Lebzeiten festge-
Dtsch Med Wochenschr 115: 174–178 stellt werden (Darling u Welch 1959; Widgren 1995).
Tripoli LC, Brouilette DE, Nicholas JJ et al. (1990) Disseminat- Etwa ein Drittel der Dünndarmtumoren sind gut-
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ture. J Clin Gastroenterol 12: 85–89 artig. Die meisten davon sind benigne gastrointesti-
Vlymen WJ, Moskowitz PS (1981) Roentgenographic manifes- nale Stromatumoren/GIST (Leiomyome), in ihrer
tations of esophageal and intestinal involvement in Behçet’s Häufigkeit gefolgt von Lipomen,Adenomen, vaskulä-
disease in children. Pediatr Radiol 10: 193–196 ren und entzündlich fibroiden Läsionen (Coit 1993;
Wells J (1948) The mucosal pattern of the termina lileum in
children. Radiology 51: 305–309 Gupta u. Gupta 1982). Zwei Drittel der Tumoren sind
Wills JS, Lobis IF, Denstman FJ (1997) Crohn disease: state of maligne:
the art. Radiology 202: 597–610
∑ Adenokarzinome (24–45%),
∑ Karzinoide (20–40%),
∑ primäre Lymphome (14–20%),
∑ Sarkome – vorwiegend Leiomyosarkome –
(11–20%).
Karzinoide, Lymphome und Sarkome kommen in ab-
steigender Häufigkeit im Ileum, Jejunum und Duo-
denum vor; die umgekehrte Reihenfolge trifft für das
Adenokarzinom zu (Ashley u. Wells 1988; Buck u.
Sobin 1990; Coit 1993; Di Sario et al. 1994; Dragosics
et al. 1985; Fenoglio-Preiser et al. 1989; Schöffski et al.
1997).
Im Gegensatz zu den primären Tumoren wird ein
Befall des Dünndarms durch Metastasen häufig an-
getroffen.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Der Grund für das relativ seltene Auftreten der pri-
mären Dünndarmmalignome ist ungeklärt. Folgende
protektive Faktoren werden diskutiert:
1. Der flüssige Dünndarminhalt führt zu keiner me-
chanischen Irritation.
2. Die kurze Passagezeit erlaubt wenig Kontakt von
Karzinogenen mit der Mukosa.
3. Der alkalische pH-Wert.
4. Die nur geringe bakterielle Besiedelung, welche
keine Produktion bzw. Anwesenheit von Karzino-
genen erlaubt.
5.5 Dünndarmtumoren 237

Tabelle 5.3. Histologische Einteilung (modifiziert) der Neoplasien und tumorähnlichen Veränderungen des Dünndarms.
(Hamilton u. Aaltonen 2000; Jass u. Sobin 1989)

Benigne Maligne

Epitheliale Tumoren Adenom Karzinom


Intraepitheliale Neoplasie
Endokrine Tumoren Karzinoid Neuroendokrines Karzinom
(hochdifferenzierter neuroendokriner Tumor)
Nichtepitheliale Tumoren Lipom Leiomyosarkom
Leiomyom
Gastrointestinaler Stromatumor (GIST) GIST
Neurogene Tumoren Neurogene Tumoren
Vaskuläre Tumoren Angiosarkom
Kaposisarkom
Lymphome
Andere Andere
Sekundäre Tumoren Metastasen
Polyposissyndrome

5. Eine hohe enterische Konzentration des Enzyms tig. In der Klinik setzt sich zunehmend die Lugano-
Benzpyrenhydrolase, das die bekannte karzino- Klassifikation durch (Fuchs 2003; Radaszkiewicz et
gene Wirkung von Benzpyren hemmt (Lowenfels al. 1992).
1973; Samelson et al. 1985; Wattenberg 1966).
Klinische Symptomatik
Widersprüchlich allerdings ist die Tatsache, dass die- Gut- und bösartige Tumoren sind lange Zeit asymp-
ses Faktoren für den proximalen Dünndarm zutref- tomatisch und werden meist erst in einem fortge-
fen, wo das Adenokarzinom häufiger als im Ileum an- schrittenen Stadium entdeckt. Die häufigsten Symp-
getroffen wird (Nelson 1987). Somit ist die These, tome sind Obstruktionen, Invagination und gasto-
dass humorale Faktoren protektiv wirken, eher wahr- intestinaler Blutverlust.
scheinlich. Eine hohe Konzentration von IgA, das im
lymphatischen Gewebe des Ileums produziert wird, Wertigkeit der bildgebenden Verfahren
könnte eine Erklärung für die geringe Inzidenz eines Die Bariumuntersuchung des Dünndarms gilt im All-
Adenokarzinoms im distalen Dünndarm sein. Das gemeinen noch als die wichtigste radiologische Me-
häufigere Auftreten von Tumoren bei immunsuppri- thode. Das Enteroklysma ist die aussagekräftigste
mierten Patienten unterstützt diese Hypothese (Lo- Kontrastmitteluntersuchung am Dünndrm und der
wenfels 1973). fraktionierten Magen-Darm-Passage hinsichtlich
Die molekulare Basis der Dünndarmneoplasien ist Sensitivität und Spezifität überlegen. Eine Studie, die
noch unbekannt. Möglicherweise spielen ras-Onko- die Sensitivität und Tumorentdeckungsrate vergli-
gene und das p53-oncosuppressor-Gen eine Rolle bei chen hat, zeigt eine Sensitivität von 61% für die frak-
der Entstehung dieser Tumoren (Spandidos et al. tionierte Passage und 95% für das Enteroklysma. Der
1993, 1994). direkte Tumornachweis betrug 33% bei der fraktio-
Aus den Geweben der Darmwand können sich nierten Passage und 90% für das Enteroklysma
gut- und bösartige Veränderungen entwickeln (Ta- (Besette et al. 1989). Die CT zeigt vielversprechende
belle 5.3). Ergebnisse bei der Suche nach primären und sekun-
Die histologische Klassifikation erfolgt entspre- dären Dünndarmtumoren. Alle Tumoren, die bei ei-
chend des Vorschlags der WHO (Jass u. Sobin 1989). ner Bariumuntersuchung entdeckt wurden, sind auch
Sie wurde im Jahr 2000 aktualisiert (Hamilton u. in der CT gesehen worden (Dudiak et al.1989; Lau-
Aaltonen 2000). rent et al. 1991).
Die TNM-Klassifikation (Hermanek et al. 1997) Die Bariumuntersuchungen zeigen im Vergleich
gilt nur für Karzinome. Für die Karzinoide wird die zu den Schnittbildverfahren besser intraluminäre
Einteilung nach Haskell u. Tompkins (1985) empfoh- Prozesse, die Schleimhautoberfläche und die Längen-
len. Für die primär gastrointestinalen Lymphome gilt ausdehnung. Die CT zeigt besser als die Barium-
die Stadieneinteilung nach Musshoff (1977). Für eine untersuchungen die Erkrankungen in der Darmwand
spezifische, klinisch-prognostische Stadieneintei- und extraluminale Veränderungen. Lymphknoten-
lung der MALT-Lymphome ist die Einbeziehung der vergrößerungen, das Mesenterium und die paren-
Infiltrationstiefe der Magen- oder Darmwand wich- chymatösen Organe können nur mit den Schnittbild-
238 Kapitel 5 Dünndarm

verfahren beurteilt werden, ein wichtiger Faktor des


Stagings. Aus logistischen Gründen und Zeiterspar-
nis sollte die CT vor einer Bariumuntersuchung erfol-
gen, da Kontrastmittelreste eine rasche Diagnostik
verzögern können. Das Enteroklysma kann noch im
Rahmen der Operationsplanung durchgeführt wer-
den, zumal diskrete submuköse Tumoren besser mit
dem Enteroklysma als mit anderen bildgebenden
Verfahren oder der Endoskopie entdeckt werden
(vgl. Abb. 5.71, Abb. 5.79). Bei einer Dünndarmunter-
suchung muss das gesamte Duodenum mitunter-
sucht werden, da bei einer Routine-Gastroskopie
meist nur das proximale Duodenum inspiziert wird
(vgl. Abb. 5.66).
Die Sonographie kann initial hinweisend auf ei-
nen Dünndarmtumor bei der Primäruntersuchung
von Patienten mit abdominellen Beschwerden oder
bei der Suche nach einem Tumorgeschehen sein. Die
Sensitivität ist im Vergleich zur CT jedoch geringer
(Kusumoto et al. 1992).
Für die MRT gibt es noch keine Vergleiche dieser
Methode mit den anderen bildgebenden Verfahren
hinsichtlich einer Tumorentdeckungsrate bzw. Sensi-
tivität. Abb. 5.66. Adenokarzinom des Duodenums. Hochgradiger
Die Angiographie spielt bei der Tumorsuche keine stenosierender und ulzerierender Tumor proximal der Papille
entscheidende Rolle.Bei einer Abklärung von gastroin-
testinalen Blutungen kann ein Tumor entdeckt werden.
Eine Szintigraphie wird eingesetzt bei Patienten Adenokarzinome werden entsprechend ihrer his-
mit klinischem Verdacht auf ein Karzinoid oder ei- tologischen Struktur in Siegelzell- und undifferen-
nen anderen neuroendokrinen Tumor, wenn die an- zierte Karzinome eingeteilt (Elsayed u. Sobin 1997).
deren bildgebenden Verfahren erfolglos waren, bzw. Meist sind sie mäßiggradig oder hoch differenziert.
bei der Metastasensuche im Rahmen eines Stagings Makroskopisch handelt es sich um infiltrative, zirku-
dieser Tumoren. läre und stenosierende Tumoren. Der polypöse Typ
Zunehmende Bedeutung gewinnt die Kapselendo- ist selten.
skopie. Das Adenokarzinom wird meist im Duodenum
oder proximalen Dünndarm gefunden. Bei der Erst-
diagnose hat die Mehrzahl der Tumoren in die regio-
5.5.1 nalen Lymphknoten, in die Leber oder in das Perito-
Adenokarzinom neum metastasiert (Ouriel u. Adams 1984).

왔 Das Adenokarzinom ist ein epithelia- Klinische Symptomatik


Definition
ler Tumor, der als die häufigste Neo- Adenokarzinome verursachen typischerweise inter-
plasie des Dünndarms in den meisten Teilen der Welt mittierende Obstruktionsbeschwerden (Darling u.
gefunden wird (Parker et al. 1996). Welch 1959) und einen chronischen gastrointestina-
len Blutverlust (Wilson et al. 1974).
Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen Radiologische Symptomatik
Die meisten Karzinome entstehen aus Adenomen Adenokarzinome des Dünndarms haben ein ähnli-
(Sellner 1990). Eine Anzahl von klinischen Vorausset- ches radiologisches Erscheinungsbild wie Adenokar-
zungen sind vergesellschaftet mit einem erhöhten zinome in anderen Teilen des Gastrointestinaltrakts.
Risiko eines Adenokarzinoms oder eines anderen 70% der Tumoren im Duodenum sind polypoid. Grö-
Dünndarmtumors. Darunter zählen ein lang bestehen- ßere Duodenaltumoren sind in 20% ulzerierend. Ein
der Morbus Crohn,die Sprue,die familiäre adenomatö- infiltratives Wachstum wird mit 10% selten im Duo-
se Polyposis, das Peutz-Jeghers-Syndrom, das Lynch- denum gefunden (Maglinte u. Reyers 1997). Die peri-
Syndrom II, Patienten mit Ileostoma, Bestrahlungen ampulläre Region ist die häufigste Lokalisation der
des Abdomens und Beckens und Dünndarmdivertikel. Duodenalkarzinome. Bei Diagnosestellung zeigen
5.5 Dünndarmtumoren 239

Abb. 5.67 a, b. Adenokarzinom. a Hochgradige kurzstreckige und zirkuläre Stenose im proximalen Jejunum, entsprechend
einem Adenokarzinom des Dünndarms. b Die initiale CT zeigt das extraintestinale Tumorwachstum pT4N1

Abb. 5.68. Adenokarzinom. Nichtstenosierender exophyti- Abb. 5.69. Adenokarzinom des Jejunums. Typische „apple
scher Tumor (Pfeil), Kolon (Stern) core lesion“. (Mit freundlicher Genehmigung Dr. H. J. Kapp,
Schlangenbad)

die meisten der übrigen Adenokarzinome des Dünn- rig von einem Adenokarzinom oder von Metastasen
darms ein zirkuläres, stenosierendes und ulzerieren- zu unterscheiden. Kleine Adenokarzinome können
des Wachstum (Abb. 5.66, Abb. 5.67 a, b). Seltener ist polypoid und gestielt sein, sodass sie von einem gut-
ein exophytisches Wachstum (Abb. 5.68). Im Gegen- artigen mukosalen, submukösen oder intramuralen
satz zu den beweglichen Lymphomen oder Sarkomen Tumor nicht unterschieden werden können (Maglin-
zeigt ein Adenokarzinom überhängende Ränder te u. Reyers 1997).
(Ekberg u. Ekholm 1980) und eine starre zentrale
Stenose, die sich bei Kompression nicht verändert Differenzialdiagnosen
(Abb. 5.69). Eine szirrhöse Reaktion in der Darm- Ein kurzstreckiger stenosierender Prozess im proxi-
wand führt zu einer mechanischen Obstruktion mit malen Dünndarm mit Destruktion der Schleimhaut-
teilweiser erheblicher prästenotischer Dilatationen falten ist charakteristisch für ein Adenokarzinom des
(Abb. 5.70). Dünndarms, sodass andere Differenzialdiagnosen
Selten kann ein Adenokarzinom einen Morbus wie ein Lymphom, ein GIST, eine entzündliche Lä-
Crohn radiologisch imitieren (Milman et al. 1980). sion, Briden oder Metastasen kaum in Erwägung zu
Benigne Strikturen sind normalerweise nicht schwie- ziehen sind.
240 Kapitel 5 Dünndarm

pendix ist meist benigne, das Dünndarmkarzinoid


fast ausnahmslos maligne.
Karzinoide sind langsam wachsende Tumoren, die
sich aus den chromaffinen Zellen der Lieberkühn-
Krypten entwickeln. Sie werden den APUD-Zell-
tumoren („amine precursor uptake and decarboxyla-
tion tumors“) zugeordnet. Das Karzinoid wächst so-
wohl in Richtung der Submukosa als auch zur Muko-
sa. Selten ist ein intaluminales polypoides Wachstum.
Die Infiltration der Darmwand verursacht eine
Hypertrophie der glatten Muskulatur und führt zu
einer desmoplastischen Reaktion in der umgebenden
Submukosa und im Mesenterium. Eine begleitende
Reaktion, die als vaskuläre Elastose oder elastische
Gefäßsklerose bezeichnet wird, führt zu Ischämie mit
Ödem. Dieser Tumor mit Fibrose verursacht eine
lokale Fixierung der Darmschlingen mit Abknickung
und Stenosierung (Banks et al. 1975). Tumoren >2 cm
Abb. 5.70. Adenokarzinom des Jejunums. Patient mit Ob-
struktionssymptomen. Hochgradige zirkuläre Tumorstenose
sind ausnahmslos maligne (Moertel 1987). Lymph-
(Pfeil) knotenmetastasen im Mesenterium sind oftmals grö-
ßer als der Primärtumor.

Klinische Symptomatik
5.5.2 Ein kleines gastrointestinales Karzinoid verursacht
Karzinoid (neuroendokrine Tumoren) aufgrund seiner geringen Größe und der submukö-
sen Lage selten klinische Symptome. Im fortgeschrit-
Synonyme: Gastroenteropankreatische neuroendo- tenen Stadium klagen die Patienten über rezidivie-
krine Tumoren (GEP-NET) rende Bauchschmerzen mit intermittierenden Ob-
struktionsbeschwerden. Gastrointestinale Blutungen
Definition sind selten. Im Mittel dauert es mehr als 2 Jahre, bis
Das Karzinoid (neuroendokriner Tumor) ist eigent- die Symptome zur Entdeckung eines Karzinoids füh-
lich ein epithelialer Tumor, der aber traditionell von ren (Moertel 1987).
den anderen epithelialen Tumoren aufgrund deren Das Karzinoidsyndrom ist mit 10% ein seltenes
geringen oder fehlenden endokrinen Differenzie- klinisches Erscheinungsbild und findet sich nur bei
rung abgegrenzt wird. Um dem gesamten morpholo- etwa 30–35% der jejunalen Karzinoide. Diese haben
gischen und biologischen Spektrum dieser Neoplasie allerdings in die Leber metastasiert (Moertel et al.
gerecht zu werden, wurde in der WHO-Klassifikation 1961; Schmoll et al. 1997). Die charakteristischen
2000 daher statt des Begriffs Karzinoid der über- Symptome sind Durchfall und „flush“, die durch
geordnete Terminus neuroendokriner Tumor und Stress und Alkohol induziert werden. Weitere Mani-
neuroendokrines Karzinom eingeführt (GEP-NET/ festationen sind Lebermetastasen, Bronchospasmus
gastroenteropankreatische neuroendokrine Tumo- und subendotheliale Fibrose der Trikuspidalklappe.
ren). Noch heute werden die meisten der GEP-NET Ursache dafür sind erhöhte Serumserotoninwerte in
als Karzinoide bezeichnet. Um Missverständnissen der Gegenwart von Lebermetastasen (Moertel 1985).
vorzubeugen, wurde der Begriff des Karzinoids
(noch) nicht vollständig aufgegeben (Klöppel et al. Radiologische Symptomatik
2003; Solcia et al. 2000). Primäre Karzinoide <2 cm Größe werden selten mit
Das Karzinoid wird in der Literatur mit etwa 25– einer fraktionierten Passage entdeckt (Maglinte et al.
40% als häufigster Tumortyp des Dünndarms ge- 1991). Das Enteroklysma kann einen kleinen, glatt
nannt (Buck u. Sobin 1990; Coit 1993; Di Sario et al. begrenzten Tumor nachweisen, der bis zum Beweis
1994). Das Karzinoid wird im gesamten Gastrointes- des Gegenteils als Karzinoid angesehen werden muss
tinaltrakt gefunden, am häufigsten in der Appendix (Abb. 5.71). Die Läsion kann aber nicht sicher von
(50%) und im distalen Ileum (33%) (Clements et al. einer anderen mukösen oder submukösen Raumfor-
1984). Der Tumor wird meist zwischen dem 56. und derung, wie z. B. einem Leiomyom, Lipom, Adenom
60. Lebensjahr entdeckt (Wilander 1995). Es gibt kei- oder einer Metastase unterschieden werden. Ein oder
ne sicheren histologischen Kriterien für ein gutarti- 2 zusätzliche ähnliche Knoten erhöhen die Wahr-
ges oder bösartiges Karzinoid. Das Karzinoid der Ap- scheinlichkeit eines Karzinoids.
5.5 Dünndarmtumoren 241

Abb. 5.71. Karzinoid. Im terminalen Ileum finden sich 3 klei-


ne submuköse Raumforderungen (Pfeile)

Im weiteren Verlauf eines Karzinoids kommt es zu


einer Ausbreitung des Tumorwachstums in das Mes-
enterium, was ein spezifisches radiologisches Bild
zeigt. Die Darmschlingen sind dann aufgrund einer
begleitenden desmoplastischen Reaktion um eine
mesenteriale Raumforderung gerafft. Das Darm-
lumen ist durch das submuköse Tumorwachstum
eingeengt, und die Falten sind unregelmäßig verdickt
(Antes 1998). Diese mesenterialen Veränderungen
sind typisch und in der CT am besten erkennbar. Die
Angiographie zeigt einen charakteristischen hyper-
vaskularisierten Tumor (Abb. 5.72 a–c).

Abb. 5.72 a–c. Metastasierendes Karzinoid. a Primär-


untersuchung mit der CT wegen unklaren Bauchkrämpfen.
Tumor in der Mesenterialwurzel mit radiären Ausläufern
zu verdickten Darmschlingen. Charakteristisches Bild eines
metastasierenden Karzinoids. b Im Enteroklysma lediglich
eine unspezifische Wandverdickung wie bei Peritoneal-
karzinose. c Typisches angiographisches Bild eines hyper-
vaskularisierten Karzinoids (Pfeil). Die Patientin hatte
auch hypervaskularisierte Lebermetastasen
242 Kapitel 5 Dünndarm

5.5.3
Nichtepitheliale Tumoren
Synonyme: Leiomyom, Leiomyosakrom, GIST, Li-
pom, Schwannom.

왔 Bei den nichtepithelialen Tumoren


Definition
handelt es sich um eine inhomogene
Gruppe von Neoplasien, die jeweils von den unter-
schiedlichen Gewebestrukturen der Darmwand, des
Mesenteriums, des Omentums und des Retroperito-
neums ausgehen.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Da die meisten Tumoren der glatten Muskulatur ent-
stammen, werden die gutartigen als Leiomyome und Abb. 5.73. Leiomyom. Patientin mit unklarer gastrointestina-
die bösartigen als Leiomyosarkome bezeichnet. ler Blutung. Im Enteroklysma ist ein submuköser, glatt be-
Tatsächlich sind jedoch viele dieser Spindelzelltumo- grenzter und beweglicher Tumor ohne stenosierende Wirkung
ren undifferenzierbar bzw. haben eine epitheliale erkennbar (Pfeil). (Mit freundlicher Genehmigung Prof. H. In-
grisch, München)
Erscheinung, sodass die Bezeichnung „gastrointesti-
nale Stromatumoren“ (GIST) vorgeschlagen wurde
(Kempson u. Hendrickson 1995). Aufgrund immun-
histochemischer Typisierung werden nur die mesen- Klinische Symptomatik
chymalen Tumoren, die eine positive Expression von Sarkome und gutartige nichtepitheliale Tumoren
KIT (CD 117), einen Tyrokinase-Wachstumsfaktor präsentieren sich mit gastrointestinalem Blutverlust,
aufweisen, als GIST bezeichnet (Levy et al. 2003). Die Anämie und intermittierenden Obstruktionen durch
Expression von CD 117 ist wichtig, um GIST-Tumo- passagere Invagination.
ren von anderen mesenchymalen Neoplasien wie
Leiomyome, Leiomyosarkome, Schwannome und Radiologische Symptomatik
Neurofibrome zu unterscheiden, da die KIT-positi- Die Lokalisation der GIST ist am ehesten submukös,
ven Tumoren mit einer Tyrokinase-inhibitorischen weniger häufig subserös und selten intraluminal. Die
Therapie behandelt werden können. submukösen Tumoren erkennt man als einen glatt
Bei Fehlen von eindeutigen Malignitätskriterien begrenzten, runden oder ovalen Füllungsdefekt
besteht ein diagnostisches Problem, das klinische (Abb. 5.73). Eine subseröse Raumforderung ist er-
Verhalten bezüglich einer Rezidivbildung oder Meta- kenntlich an einer Verdrängung der anliegenden
stasierung von gutartigen Stromatumoren vorherzu- Darmschlingen (Abb. 5.74 a, b). Intraluminale Tumo-
sehen. Tumorgröße, Zellzahl und Mitoserate sind ren können zu Invaginationen führen (Abb. 5.75 a, b).
wichtige Hilfen zur Bestimmung der Dignität (Appel-
mann 1984). Bei Tumoren bis zu 4 cm Durchmesser
besteht eine unklare Dignität, wenn die Zellen blande Merke ! Eine Unterscheidung zwischen einem
gutartigen oder bösartigen Stroma-
und die Anzahl der Mitoserate gering sind. tumor ist aufgrund des Erscheinungsbildes grund-
Bei hoher Zellanzahl mit einem höheren Mito- sätzlich nicht möglich.
seindex liegt ein Sarkom vor. Tumoren von >4 cm im
Durchmesser werden als Sarkome betrachtet. Die Zeichen der Malignität sind eine unregelmäßig lobu-
intestinalen Stromasarkome metastasieren haupt- lierte Raumforderung mit niedrigen Dichtewerten in
sächlich zum Peritoneum, in die Leber und Lunge. der CT aufgrund einer Gewebenekrose (Kanematsu
Entsprechend den Strukturen der Darmwand kön- et al. 1991), Ulzerationen und Kalzifikationen (Du-
nen sich folgende, meist benigne Tumoren entwi- diak et al. 1989; Abb. 5.76 a,b, Abb. 5.77). Im Vergleich
ckeln: Lipome, vaskuläre Tumoren und Lymphangio- zur CT ist die MRT weniger spezifisch.
me. Lipome sind relativ einfach zu erkennen. Bei einer
Bariumuntersuchung erscheinen sie als dunkle, gut
abgrenzbare, intraluminale Raumforderungen. Mit
der CT kann eine spezifische Diagnose aufgrund der
Fettwerte gestellt werden.
5.5 Dünndarmtumoren 243

Abb. 5.74 a, b. Leiomyom. a Das Enteroklysma zur


Abklärung einer unklaren Blutung zeigt eine Pelottierung
des Darms durch eine submuköse, vorwiegend exoenteri-
sche Raumforderung (Pfeil). b In der Angiographie
gefäßreicher Tumor. (Mit freundlicher Genehmigung
Dr. V. Hufen, München)

Abb. 5.75 a, b. Leiomyom (GIST). a Intramuraler Tumor, der aufgrund seiner glatten Begrenzung von der Darmwand ausgeht.
b Operationspräparat des 2,7 cm großen Tumors, der zu passageren Invaginationen geführt hat
244 Kapitel 5 Dünndarm

Abb. 5.76 a, b. Leiomyosarkom (maligner GIST). Patient mit phisch ist eine echoarme Wandverdickung mit unregelmäßi-
Rückenschmerzen und Gewichtsverlust. a In der CT zeigt sich ger Innenkontur feststellbar
ein großer Tumor im proximalen Jejunum (Pfeil). b Sonogra-

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Das Vorkommen von Lymphomen im Magen-Darm-
Trakt ist nicht überraschend, da dieser das größte
lymphatische Organ des Körpers darstellt (Paryani
et al. 1983). Nach Isaacson entwickelt sich dieser
Lymphomtyp bei einem Überfluss von mukosaasso-
ziiertem lymphatischen Gewebe (MALT) im Intesti-
naltrakt (Isaacson 1994; Isaacson u. Wright 1984).
Oral aufgenommene Antigene werden dem Darm-
epithel ausgesetzt und dann von Makrophagen und
Helferlymphozyten in die tieferen Schichten der
Darmwand transportiert. Dies führt zu einer Inter-
leukinsynthese und T-Lymphozyten-Proliferation,
was eine Stimulation von IgA-produzierenden B-
Lymphozyten hervorruft.
Abb. 5.77. Maligner GIST. Patient mit Obstruktionsbeschwer-
den und gastrointestinaler Blutung. Die initiale CT zeigt einen Eine Störung dieses regulativen Vorgangs kann zu
glatt begrenzten Tumor in Bezug zu dilatierten, luftgefüllten einer vermehrten Aktivierung des MALT führen,
Dünndarmschlingen (Pfeil). Die randständige Verkalkung ist woraus sich dann ein PGIL entwickeln kann (Targan
ein Kriterium für Malignität 1987). Weitere Faktoren, die die Entwicklung eines
PGIL fördern können, sind: chronisch entzündliche
Darmerkrankungen, medikamentöse Immunosup-
pressionen, Aids und die Sprue (Loughran et al.
5.5.4 1986).
Lymphome Die grundlegenden Arbeiten von Isaacson et al.
1988 und 1994 führten zu einer Herauslösung der
Synonyme: MALT-Lymphome, primäres gastrointes- gastrointestinalen Lymphome aus der ursprünglich
tinales Lymphom (PGIL). allgemeinen Klassifikation der Lymphome (Rappa-
Das primäre gastrointestinale Lymphom (PGIL) port, Lukes-Collins, Kiel, Working Formulation).
muss von den häufigeren sekundären Infiltrationen In dieser eigenständigen Klassifikation können die
durch ein nodales Non-Hodgkin-Lymphom (Fanssi- Mehrzahl der PGIL anhand typischer histopathologi-
la et al. 1993) unterschieden werden, da es sich im scher, immunhistochemischer und zellbiologischer
biologischen Verhalten, in der Prognose und Thera- Charakteristika ohne Rückgriff auf das Dissemina-
pie von den primären nodalen Lymphomen unter- tionsmuster von Dawson identifiziert werden (Tabel-
scheidet. le 5.4). Biologisch zeichnen sie sich durch ein so ge-
5.5 Dünndarmtumoren 245

Tabelle 5.4. Klinische Kriterien des primären gastrointestina-


len Lymphoms. (Nach Dawson et al. 1961)

● Die Erkrankung ist überwiegend auf den Intestinaltrakt


beschränkt ohne Generalisierung innerhalb
von 3 Monaten ab Erstdiagnose
● Fehlen von tastbaren peripheren
und radiologisch erkennbaren mediastinalen
Lymphknotenvergrößerungen
● Peripherer Blutausstrich und Knochenmarkaspiration
ohne pathologische Zellen
● Fehlen von Leber- und Milzbefall, ausgenommen
eine direkte Infiltration durch den Magen-Darm-Trakt

Tabelle 5.5. Primäre gastrointestinale Non-Hodgkin-Lym-


phome. (Mod. nach WHO, Harris et al. 1999) Abb. 5.78. PGIL des distalen Ileums. Stenosierender Tumor
(Pfeil) mit zirkulärem Wachstum. Eine Differenzierung von ei-
B-Zell-Lymphome nem Adenokarzinom ist röntgenmorphologisch nicht möglich
● Marginalzonen-B-Zell-Lymphom vom MALT-Typ
(niedrigmaligne)
● Immunproliferative Dünndarmerkrankung/IPSID
(niedrigmaligne) et al. 1983). Dieser Typ wird als „immuno-proliferati-
● Großzelliges B-Zell-Lymphom ve small intestinal disease“ (IPSID) oder Alpha-
● Mantelzelllymphom (lymphomatöse Polyposis) Schwerkettenerkrankung bezeichnet. Der Verlauf ist
● Burkitt- und Burkitt-artiges-Lymphom meist günstiger als bei den anderen Lymphomen.
Im Allgemeinen sind die klinischen Symptome
● Andere Typen, welche äquivalenten nodalen Lymphomen
entsprechen der PGIL unspezifisch und können Monate und Jahre
der Diagnose vorausgehen. Sie bestehen aus Ober-
T-Zell-Lymphome bauchbeschwerden, Gewichtsverlust und Inappetenz.
● Enteropathie-assoziiertes T-Zell-Lymphom (EATL) Gastrointestinale Blutungen, Perforationen und Ob-
● Andere Lymphomtypen oder Assoziationen struktionen sowie ein akutes Abdomen können auf-
mit Enteropathie treten (Rubesin et al. 1990).
● Seltene Typen (einschließlich Konditionen,
die Lymphome vortäuschen können) Radiologische Symptomatik
Lymphome entstehen primär in der Submukosa bzw.
in den tieferen Wandschichten und zerstören erst
nanntes „Homing-Verhalten“ aus. Dies bedeutet, sie sekundär die Mukosa. Somit führt ihr Wachstum
besitzen die Tendenz, lange lokalisiert zu bleiben und zunächst zu einer mehr oder weniger starken Wand-
erst spät, wenn überhaupt, zu disseminieren (Fisch- verdickung, die mit den bildgebenden Verfahren bes-
bach u. Böhm 1994). ser nachweisbar ist als mit der Endoskopie. Das Er-
Die überwiegende Mehrzahl der PGIL sind vom scheinungsbild der PGIL ist manigfaltig. Die Wan-
B-Zell-Typ (80%), entweder von niedrigerem oder dinfiltrationen manifestieren sich in folgenden For-
hohem Malignitätsgrad. 10% stammen von T-Zellen men:
ab. Bei letzterem Typ liegt meist eine Sprue zu Grun-
∑ Infiltration mit Lumeneinengung,
de; 10% sind undefinierbar (Hünerbein u. Schlag
∑ multiple Knoten unterschiedlicher Größe,
1994).
∑ größere Tumoren,
Die histopathologische Klassifikation beruht auf
∑ ulzerierender Tumor,
der Einteilung von Isaacson u. Norton (1994) und
∑ endoexoenterisches Wachstum mit Kavitationen
wurde später von der WHO modifiziert (Harris et al.
und Fisteln,
1999; Tabelle 5.5).
∑ aneurysmatische Dilatation,
∑ diffuse Faltenverdickung.
Klinische Symptomatik
Die PGIL treten am häufigsten im 6. und 7. Lebens- Speziell das infiltrative Wachstum wird in >50% der
jahrzehnt auf (Morton et al. 1993). Im Gegensatz zu Fälle gefunden (Bruneton u. Valette 1990). Die Lu-
den westlichen Ländern befällt das PGIL im Nahen meneinengung führt selten zu einer hochgradigen
Osten und im Mittelmeerraum vorwiegend jüngere Stenose (Abb. 5.78). Knotige Veränderungen entspre-
Menschen und bevorzugt den Dünndarm (Khojasteh chen multiplen submukösen Läsionen von wenigen
246 Kapitel 5 Dünndarm

Millimetern Größe bis zu >3 cm im Durchmesser. Sie


sind relativ charakteristisch für ein PGIL (Abb. 5.79).
Die Kavitationen bei der „endoexoenterischen“ Form
(Rubesin et al. 1990) sind ähnlich wie bei einem
Leiomyosarkom. Dieses Tumorwachstum kann auch
zu interenterischen Fisteln führen. Diese Tumoren
infiltrieren die Mesenterialwurzel und sind charakte-
ristisch für ein Lymphom (Abb. 5.80 a, b). Ein ulzerie-
render Tumor wird in mehr als 1/3 der Fälle angetrof-
fen und ist häufig vergesellschaftet mit einem infil-
trativen und multinodulären Wachstum (Bruneton u.
Valette 1990) (Abb. 5.81). Eine aneurysmatische Dila-
tation ist ein seltenes Erscheinungsbild, das jedoch
charakteristisch für ein Lymphom sein soll (Gourt-
soyiannis 1998). Es kommt dabei zu einer fokalen,
starren Auftreibung eines Darmsegments mit dicker
Wand.
Eine in der westlichen Welt seltene, jedoch in der
„Dritten Welt“ häufige Lymphomart ist das IPSID.
Bei diesem Lymphomtyp zeigt der gesamte Dünn-
darm verdickte Falten (Abb. 5.82). Differenzialdiag-
nostisch kommt eine Amyloidose, ein Dünndarm-
ödem unterschiedlicher Ätiologie oder eine intesti-
nale Lymphangiektasie in Betracht. Abb. 5.79. PGIL. Multiple submuköse knotige Lymphom-
Für die MRT liegen noch keine validierten Er- infiltrate des gesamten Dünndarms. Dieses Befallmuster ist
fahrungen vor. Chou et al. (1994) beschreiben die typisch für ein Lymphom
Lymphome als homogen und mit mittlerer Signal-

Abb. 5.80 a, b. Hochmalignes PGIL. Patient mit unklaren


Abdominalbeschwerden. a Die initiale CT zeigt einen großen
Tumor (Pfeil) mit einer zentralen Zerfallshöhle. Eine Organ-
zugehörigkeit ist nicht erkennbar. b Im Enteroklysma ist
der eindeutige Dünndarmtumor gering stenosierend. Die
extraintestinale Ausdehnung ist kaum erkennbar
5.5 Dünndarmtumoren 247

Abb. 5.81. Hochmalignes PGIL. Im Enteroklysma 2 Tumor- Abb. 5.82. IPSID bei einer 27-jährigen Frau aus Algerien mit
höhlen im proximalen bzw. distalen Jejunum (Pfeile). Dieses chronischem Durchfall. Das Enteroklysma zeigt eine Ver-
Befallmuster wird als endoexoenterische Form bezeichnet dickung der Falten mit angedeuteten Knoten

Abb. 5.83 a, b. PGIL des terminalen Ileums. Untypische Prä- teroklysma zeigt Faltenverlust im terminalen Ileum und indi-
sentation bei dieser 41-jährigen Patientin, bei der koloskopisch rekte Zeichen der Wandverdickung (Pfeil). Eine Unterschei-
und histologisch zunächst ein Morbus Crohn diagnostiziert dung von einem Morbus Crohn ist nicht möglich. Die Opera-
wurde. a Die initiale MRT (T1-gewichtet) zeigt einen großen tion ergab ein PGIL
intramuralen Tumor (Pfeil) des terminalen Ileums. b Das En-

intensität in der T1-Wichtung. In den T2-gewichteten Differenzialdiagnose


Aufnahmen sind sie heterogen und zeigen ein ver- Da das Dünndarmlymphom bevorzugt das Ileum
mehrtes Signalverhalten. Nach Gadolinium-DTPA- und die Ileozökalklappe befällt, kann die Differen-
Gabe fand sich eine geringe bis mittlere Kontrastmit- zialdiagnose zu einem Morbus Crohn bisweilen pro-
telaufnahme (Abb. 5.83 a, b). blematisch sein (Abb. 5.84 a, b). Lymphome vom T-
248 Kapitel 5 Dünndarm

Abb. 5.84 a, b. PGIL. 65-jährige Patientin mit Obstruktions-


beschwerden. a Die CT zeigt eine erhebliche Wandver-
dickung des terminalen Ileums ohne Lumeneinengung,
aber regionale Lymphknotenvergrößerungen (Pfeil).
b Das Enteroklysma zeigt ulzeronoduläre Veränderungen
mit Wandverdickung, nicht differenzierbar von einem
Morbus Crohn. Klinisches Bild und CT-Veränderungen
sprechen für einen Tumor

Zell-Typ führen zu kurzstreckigen Lumeneinengun- Klinische Symptomatik


gen mit Stenosierungen aufgrund einer stärkeren Die häufigsten klinischen Symptome der sekundären
desmoplastischen Reaktion. Eine Unterscheidung Dünndarmtumoren sind Obstruktionsbeschwerden,
zum Adenokarzinom ist deshalb schwierig (Libson okkulte gastrointestinale Blutung, Bauchschmerzen,
et al. 1994). Gewichtsverlust und Inappetenz.

Radiologische Symptomatik
5.5.5 Die Peritonealkarzinose führt zu einer Abknickung
Sekundäre Dünndarmtumoren und Verziehung des Darms und der Kerckring-Falten
(Abb. 5.85 a, b). Obstruktionssymptome treten häufig
Synonyme: Metastasen, Peritonealkarzinose. auf. Gelegentlich entstehen Fisteln. Die CT ist die
bildgebende Methode der Wahl (Abb. 5.86). Das
왔 Bei den sekundären Dünndarmtumo- Enteroklysma wird eingesetzt vor palliativen Anasto-
Definition
ren handelt es sich um einen Befall mosenoperationen. Hämatogene Metastasen mani-
des Dünndarms durch Metastasen einer bekannten festieren sich meist als multiple submuköse Knoten,
oder unbekannten Neoplasmie. die ulzerieren und bluten können. Eine Obstruktion
ist dabei selten (Abb. 5.87 a, b).
Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Der Gastrointestinaltrakt ist ein häufiger Mani-
festationsort von Metastasen bei Tumoren aus dem
Gastrointestinaltrakt (Kolon, Magen, Pankreas), von
Ovarial- oder Uteruskarzinomen und des malignen
Melanoms. Die Tumorzellen infiltrieren den Darm
auf unterschiedlichen Wegen:
∑ intraperitoneale Aussaat,
∑ hämatogene Metastasierung oder
∑ direkte bzw. lymphogene Infiltration eines an-
grenzenden Tumors.
5.5 Dünndarmtumoren 249

Abb. 5.85 a, b. Peritonealkarzinose bei Ovarialkarzinom.


a Stenosierende Verziehungen und Abknickungen von
Darmschlingen im Enteroklysma. b Die CT zeigt große
zystische Tumormassen, die mit dem Darm verbacken sind

5.5.6
Tumorähnliche Läsionen
Hamartome sind tumorähnliche Läsionen, die aus
einer abnormalen Mischung der lokalen Gewebe des
Darms bestehen. Sie sind ein Teil der seltenen hamar-
tösen Polyposissyndrome, unter denen das Peutz-
Jeghers-Syndrom am häufigsten und am bekanntes-
ten ist (Cho et al. 1997).
Das Peutz-Jeghers-Syndrom wird autosomal domi-
nant vererbt. Typisch sind mukokutane Pigmentatio-
nen und Polypen im Dünndarm, vor allem im Jeju-
num, aber auch im Magen und Kolon. Die Polypen
sind häufig gestielt und führen zu Invaginationen
(Abb. 5.88 a, b). Sie gelten nicht als präkanzerös. Al-
lerdings treten beim Peutz-Jeghers-Syndrom gehäuft
andere extraintestinale Tumoren wie Karzinome
des Pankreas, der Brustdrüse, des Uterus und der
Ovarien auf (Buck et al. 1992).Weitere tumorähnliche
Läsionen sind: Schleimhautheterotopien, die nodulä-
Abb. 5.86. CT bei Peritonealkarzinose eines Adenokarzinoms. re Hyperplasie der Brunner-Drüsen im Duodenum,
Dicke Tumorinfiltration des Omentums (Pfeile). Aszites. Die
Dünndarmschlingen sind durch die mesenteriale Tumorinfil- der entzündlich-fibroide Polyp mit reichlich eosino-
tration und den umgebenden Aszites zusammengedrängt philen Zellen (Widgren 1995), die lymphfollikuläre
Hyperplasie, die Fetthyperplasie der Ileozökalklappe
und die Endometriose.
250 Kapitel 5 Dünndarm

Abb. 5.87 a, b. Hämatogene Metastasen eines malignen Mela- mehrere Tumorknoten mit Ulzerationen (Pfeile). Keine Ob-
noms. a Die Primäruntersuchung mit der CT wegen okkultem struktion. b Im Enteroklysma multiple submuköse Tumoren
gastrointestinalen Blutverlust bei negativer Endoskopie zeigt (Pfeile). Fragliche inkomplette Invagination (Pfeilspitze)

Abb. 5.88 a, b. 45-jähriger Mann mit Peutz-Jeghers-


Syndrom. a Die MDP zeigt multiple Kontrastmittelaus-
sparungen im Duodenum und Dünndarm als Korrelat
für die Polypen. b In der CT ebenfalls Kontrastmittel-
aussparungen als Polyposiskorrelat

5.5.7 klinisch meist nicht in Erscheinung. Die Tumoren


Aids-assoziierte Neoplasien sind üblicherweise multifokal und liegen submukös.
Sie können zentral ulzerieren (Abb. 5.89).
Das Kaposi-Syndrom ist der häufigste Tumor bei Das Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) ist bei Aids-
HIV-erkrankten homosexuellen Männern sowie in Patienten der zweithäufigste Tumor. Im Magen-
weiten Teilen der Bevölkerung Afrikas (Beral et al. Darm-Trakt werden vorwiegend der Magen und der
1990). Der Gastrointestinaltrakt ist, nach Haut und Dünndarm befallen. Die radiologischen Manifesta-
Lymphknoten, die dritthäufigste Lokalisation für ein tionen eines NHL des Dünndarms sind diffuse oder
Kaposi-Syndrom. Der Tumor kann in jedem Teil des fokale Wandverdickungen oder ein endoexoenteri-
Magen-Darm-Trakts gefunden werden, tritt jedoch scher Tumor mit Kavitationen.
5.5 Dünndarmtumoren 251

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5.6 Andere Erkrankungen 253

5.6 Merke ! Die intestinalen Zotten werden be-


reits 30–60 min nach einer akuten
Andere Erkrankungen
mesenterialen Ischämie geschädigt.
5.6.1
Vaskuläre Erkrankungen In der Folge entwickeln sich Nekrosen, Ulzerationen
und eine bakterielle Invasion der Schleimhaut mit
Eine Reihe von Dünndarmerkrankungen werden Ausbildung eines Darmwandödems und Einblutung.
durch Gefäßveränderungen hervorgerufen. Ursa- Das radiologische Korrelat ist eine knotige Ver-
chen sind die häufige mesenteriale Ischämie, aber dickung der Darmwand. Ein spätes Zeichen einer
auch die fokale Ischämie (z. B. chronische Strah- Darmgangrän ist die Pneumatosis intestinalis.
lenenteritis), die Vaskulitis und Gefäßmissbildun-
gen. Klinische Symptomatik
Die klinischen Symptome reichen vom akuten Abdo-
Darmischämie men mit Peritonitis bis zu uncharakteristischen
Die mesenteriale Ischämie kann nach Marston (1982) Bauchbeschwerden. Durchfall und Stuhlverhalt kön-
eingeteilt werden in: nen auftreten. Insbesondere bei älteren Menschen
mit bekannter Arteriosklerose und/oder kardialen
∑ akute intestinale Ischämie
Arrhythmien muss an eine Darmischämie gedacht
왔 mit arteriellem Verschluss,
werden.
왔 nichtokklusiv,
Ein arterieller Verschluss ist meist ein akutes Er-
∑ venöse Thrombose,
eignis, während eine venöse Thrombose ein protra-
∑ fokale Ischämie,
hiertes klinisches Bild zeigt.
∑ chronische intestinale Ischämie.
Radiologische Symptomatik
Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen 쐍 Allgemein. Die akute intestinale Ischämie ist eine
Die häufigsten Ursachen einer akuten Darmischämie schwierige Diagnose, die oft verzögert gestellt wird.
ist eine Embolie in der A. mesenterica superior bei Das akute Stadium ist keine Indikation für eine Kon-
Vorhofflimmern oder eine akute Thrombose auf dem trastmitteluntersuchung, wie z. B. einen „Gastro-
Boden einer stenosierenden Arteriosklerose. Eine grafinschluck“. Als Erstuntersuchungen werden Ab-
nichtokklusive Darmischämie (NOD) wird in 10–20% domenaufnahmen in Rücken- und Linksseitenlage
der Fälle eines akuten Ereignisses gefunden. sowie eine abdominelle Sonographie durchgeführt.
Ursachen sind eine herabgesetzte Perfusion der Bei 60% der Patienten kann eine klinische Verdachts-
Darmgefäße („low flow“) bei dekompensierter Herz- diagnose durch diese Untersuchungen unterstützt
insuffizienz, Arrhythmie, Digitalisintoxikation und werden. Man findet ein „luftleeres“ Abdomen, einen
Blutdruckabfall unterschiedlicher Genese. In 5–15% allgemeinen oder segmentalen Dünndarmmeteoris-
einer Darmischämie wird eine Thrombose der mus mit Verdickung der Darmwand und der Falten
V. mesenterica superior gefunden (Grendell u. Ockner („thumb prints“). Intramurale Luft ist ein sehr spätes
1982). Ursache ist meist eine Hyperkoagulopathie Zeichen einer Darmgangrän (Abb. 5.90).
unterschiedlicher Genese oder entzündliche Vorgän-
ge im Bauchraum. Häufig kann jedoch der auslösen- 쐍 Speziell. Eine Angiographie sollte möglichst rasch
de Faktor nicht gefunden werden. Die fokale Ischämie durchgeführt werden, auch wenn sie einmal
ist definiert als eine Durchblutungsstörung in einem „umsonst“ sein sollte. Embolien liefern das typische
Darmsegment, in dem eine ausreichende Gefäßkol- Bild einer intravaskulären Kontrastmittelaussparung
lateralisierung einen transmuralen Infarkt verhin- (Abb. 5.91). In Einzelfällen kann eine intravenöse In-
dert hat. Ursächlich zu nennen sind eine chronische tervention durchgeführt werden. Die Spiral-CT mit
Strahlenenteritis, ausgedehnte Verwachsungen, intravenöser Kontrastmittelgabe kann einen Ver-
Strangulationen bzw. Volvulus, Traumen, Aortenope- schluss der Mesenterialarterien oder -venen nach-
rationen und Vaskulitiden unterschiedlicher Genese. weisen (Abb. 5.92). Sie sollte allerdings eher zum
Die Ätiologie der chronischen intestinalen Ischä- Ausschluss eines größeren Gefäßverschlusses oder
mie beruht auf der Arteriosklerose der Darmgefäße. zur Diagnose einer anderen Ursache der Abdominal-
Eine relevante Durchblutungsstörung kann bei einer beschwerden zur Anwendung kommen.
Reduktion des Blutflusses um 2/3 durch mindestens 2 Bei der NOD sind Übersichtsaufnahmen, Sono-
der 3 darmversorgenden Hauptarterien auftreten. Es graphie und CT in den meisten Fällen nicht hilfreich,
gibt allerdings asymptomatische Menschen mit noch zumal eine Unterscheidung von Gefäßverschluss
stärkeren Gefäßstenosen. ohne Angiographie nicht möglich sind. Die selektive
254 Kapitel 5 Dünndarm

Abb. 5.90. Akute Darmischämie. Patient mit unklaren Abdo- Abb. 5.91. Embolie in einer A. jejunalis (Pfeil). Patient mit
minalbeschwerden. Die CT zeigt einen dilatierten Dünndarm absoluter Arrhythmie und akuten Bauchbeschwerden
und Zökum mit intramuraler Luft (Pneumatosis intestinalis)
als Ausdruck einer ausgeprägten Dünndarmgangrän bei fort-
geschrittener mesenterialer Ischämie (Pfeil)

Abb. 5.92. Verschluss der A. mesenterica superior. Patientin Abb. 5.93. Fokale chronische Darmischämie mit Wand- und
mit unklaren Abdominalbeschwerden. Die initiale CT zeigt ei- Faltenverdickung (Pfeil). Patient mit krampfartigen Schmer-
ne fehlende Kontrastierung der A. mesenterica superior (Pfeil) zen im linken Mittelbauch. Bei unklaren Darmbeschwerden
sollte die CT vor einem Enteroklysma erfolgen!

Mesenterikographie zeigt typische arterielle und


venöse Gefäßspasmen (Schindler u. Bruch 1991).
Im Stadium I und II der NOD kann eine intraarte-
rielle Behandlung mit Prostaglandinderivaten erfolg-
reich sein. Die NOD ist nicht selten fokal und führt
später bei nichttransmuralem Darminfarkt zu Steno-
sen und Veränderungen, die einem Morbus Crohn
ähnlich sind (Feurle u. Haag 1991).
Bei Verdacht auf eine fokale Ischämie sollte primär
eine CT durchgeführt werden, da die resultierende
Darmwandverdickung am besten erkennbar ist
(Abb. 5.93). Die Mesenterialvenenthrombose lässt
sich am besten durch die CT nachweisen. (Abb. 5.94).
Bei der chronischen intestinalen Ischämie findet man
vor allem in der CT eine erhebliche Verkalkung der
Abb. 5.94. Postischämische Stenose. Sanduhrförmige Stenose
durch fokale fibrosierende Wandverdickung bei einer Patien- Abdominalgefäße. Das Enteroklysma ist normal. Die
tin mit bekannter Vaskulitis, die Obstruktionsbeschwerden Duplexsonographie kann die klinische Diagnose un-
entwickelte
5.6 Andere Erkrankungen 255

Abb. 5.95. Umschlossener Thrombus in der V. portae (a; Pfeil), und V. mesenterica superior (b; Pfeil)

terstützen (Socinski et al. 1984). Das A.-mesenterica- geschrumpftes Mesenterium mit gerafften und ver-
superior-Syndrom kann eine chronische intestinale kürzten Darmschlingen; die Darmwand ist verdickt
Ischämie verursachen. Die Entität ist selten (Jamie- und geschwollen. Das Lumen kann bis zu einer hoch-
son 1986), eine Kombination von biplanarer Angio- gradigen Stenose eingeengt sein. Die Mukosa kann
graphie und Bariumuntersuchung kann die Diagno- normal, aber auch ödematös oder glatt und atro-
se erhärten (Abb. 5.95 a, b). phisch sein. Ulzera können auftreten.

Strahlenenteritis Klinische Symptomatik


Bei der Strahlenenteritis gibt es ein akutes und ein Die akute Strahlenreaktion äußert sich mit Durchfall,
chronisches Stadium, die sich pathologisch-anato- Bauchschmerzen und Inappetenz. Die chronische
misch, klinisch und bildmorphologisch unterschei- Strahlenenteritis ist gekennzeichnet durch krampfar-
den. tige Bauchschmerzen, Durchfall und Gewichtsver-
lust; bisweilen auch durch akute Obstruktionssymp-
Pathologisch-anatomische tome, aber nur selten durch ein akutes Abdomen mit
und ätiologische Grundlagen Peritonitis. Meist treten die Beschwerden 1–2 Jahre
Der Dünndarm ist ein strahlensensibles Organ. Bei nach Bestrahlung in Erscheinung (de Cosse et al.
einer Bestrahlung reagiert er zunächst mit Hyper- 1969). Gelegentlich können die Symptome erst nach
ämie, Ödem und Entzündung der Mukosa und Sub- 10–25 Jahren auftreten. Bei einer akuten Obstruk-
mukosa. Die Mukosaschädigung kann sich zurück- tionssymptomatik ist wegen der hohen Morbidität
bilden, während der Strahleneffekt in der Darmwand und Mortalität eine konservative Behandlung einer
fortschreitet und eine obliterative Endarteriitis und chirurgischen Intervention dringend vorzuziehen
Fibrose verursacht (Mason et al. 1970). (Farthmann et al. 1994).
Folglich verliert der Darm seine Transportfähig-
keit, was zu einer funktionellen Obstruktion (Pseudo- Radiologische Symptomatik
obstruktion) führt (Wittich et al. 1984). Die akute Reaktion gegen Ende einer Bestrahlungs-
behandlung ist selten eine Indikation für eine radio-
CAVE ! Eine Dosis von 45 Gy und mehr führt
zu einer chronischen Strahlenenteri-
logische Diagnostik. Bei einer gering ausgeprägten
chronischen Strahlenenteritis findet man im Entero-
tis. klysma spastische Kontraktionen und eine einge-
schränkte Entfaltbarkeit des Darms verbunden mit
Die Häufigkeit eines Strahlenschadens beträgt zwi- verdickten Falten und Wandödem (Abb. 5.96 a, b). In
schen 8 und 12% (Bruneton et al. 1982). Vorausge- fortgeschrittenen Stadien sind die Kerckring-Falten
gangene Operationen, Entzündungen im Becken, verdickt. Dadurch werden die Räume zwischen den
Arteriosklerose, Hypertonus, Diabetes und eine Falten verschmälert und ausgezogen und erscheinen
hohe Fraktionierung erhöhen das Risiko einer ver- wie tiefe Spicae (Abb. 5.97). Das geschrumpfte und
stärkten Strahlenenteritis (Mason et al. 1970; Neu- verdickte Mesenterium und die Serosaadhäsionen
meister u. Pfeiffer 1966). Makroskopisch finden sich fixieren die Darmschlingen girlandenförmig (Abb.
dichte peritoneale Adhäsionen, ein verdicktes und 5.98). Dadurch können die Falten und Schlingen anti-
256 Kapitel 5 Dünndarm

Abb. 5.96 a, b. Subakute Strahlenenteritis. a Die CT zeigt leich- sind die Falten ödematös verdickt mit herabgesetztem Wand-
te dilatierte Dünndarmschlingen mit Faltenverdickung und beschlag und geringer Dilatation aufgrund einer Passagestö-
Ödem im Mesenterium der Darmschlinge. b Im Enteroklysma rung

Abb. 5.97. Chronische Strahlenenteritis. Im Bestrahlungsfeld


segmentale Lumeneinengung mit verdickten Falten, sodass
die Faltenzwischenräume „Spica-ähnlich“ ausgezogen sind

mesenterialseitig verzogen sein, die Verschieblichkeit


ist somit eingeschränkt oder aufgehoben. Die Kon-
trastmittelpassage kann durch diese verbackenen, Abb. 5.98. Chronische Strahlenenteritis. Umschriebene Steno-
starren Schlingen erheblich verzögert sein, sodass se (Pfeil) mit beginnender prästenotischer Dilatation. Girlan-
das Bild einer sekundären Pseudoobstruktion ent- denförmig fixierte und geraffte Ileumschlingen im kleinen
steht (Abb. 5.99 a, b). Ebenso können sich Stenosen Becken durch die Strahlenfibrose im Mesenterium
unterschiedlicher Ausprägung und Länge entwi-
ckeln. Ein Ödem in der Mukosa und Submukosa kann
ein „pflastersteinähnliches“ Bild zeigen. Anamnese Die radiologischen Veränderungen bei der Strahl-
und der Bezug zum Bestrahlungsfeld schließen einen enenteritis lassen meist eine spezifische Diagnose zu
Morbus Crohn aus. Ulzera sind häufig. Sie sind in den (Antes u. Lissner 1983). Schwierigkeiten ergeben sich
meisten Fällen flach und deshalb selten zu erkennen. bei der Differenzialdiagnose zur Peritonealkarzino-
Tiefe Ulzera führen zu Blutung, Perforation und Fis- se, wenn eine Bestrahlung vorausgegangen ist, da
telbildung zu benachbarten Organen oder zu hoch- beide Entitäten Faltenveränderungen, Stenosen und
gradigen Stenosen. Fixierungen von Darmschlingen verursachen kön-
5.6 Andere Erkrankungen 257

Abb. 5.99 a, b. Chronische Strahlenreaktion im kleinen Be- b Im Enteroklysma erkennt man nur geringe Faltenverziehun-
cken. a Die CT zeigt eine deutliche Verdickung und Fibrosie- gen und immobile Schlingen im kleinen Becken
rung des Mesenteriums mit Fixierung der Darmschlingen.

nen. Die CT kann wichtige Informationen bei der


Suche nach einer Strahlenfolge geben (Rishman et al.
1984). Vor allem zeigt die CT die Veränderungen im
Mesenterium und die Darmwandverdickungen im
Bestrahlungsfeld besser als das Enteroklysma. Steno-
sen, Längenausdehnung, Mukosaveränderungen und
Funktion können wiederum besser mit dem Entero-
klysma diagnostiziert werden.

Intramurale Blutung
Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Intramurale Blutungen treten relativ häufig auf.
Häufigste Ursache sind Spontanblutungen bei Pa-
tienten unter Antikoagulanzientherapie. Sie werden
aber auch verursacht durch Thrombozytopenie oder
Erkrankungen, die mit einer Blutgerinnungsstörung
oder einer erhöhten Gefäßpermeabilität einherge-
hen. Ein stumpfes Bauchtrauma oder eine Aorten-
prothesenoperation kann ebenfalls zu einem Duode-
nalhämatom führen.

Klinische Symptomatik
Die Patienten klagen über Bauchkrämpfe, bieten das Abb. 5.100. Darmischämie nach Messerstichverletzung der
Bild eines akuten Abdomens und weisen Obstruk- A. mesenterica superior. Versteifte Darmschlingen mit Falten-
tionssymptome auf. ödem („Palisadenzaunphänomen“)

Radiologische Symptomatik
Die beteiligten Darmschlingen sind hypoperistal-
tisch oder spastisch enggestellt. Die Wand und die submukösen Raumforderung bei einer lokalisierten
Falten sind verdickt, sodass das Bild des „Palisaden- Einblutung zu erkennen (Abb. 5.101).
zauns“ („picket fence“, „stack of coins“) entsteht Die CT-Veränderungen sind oft spezifisch
(Abb. 5.100). Bei stärkeren Faltenverdickungen ist (Abb. 5.102). Mit der CT können nicht nur die seg-
das Bild des „thumb printing“ oder das einer fokalen mentalen Darmwandverdickungen, sondern auch
258 Kapitel 5 Dünndarm

Abb. 5.101. Darmischämie. Transmurale Ischämie mit „thumb Abb. 5.102. Intramurale Blutung. Patientin mit akuten Abdo-
printing“ durch intramurale Einblutung minalbeschwerden unter Antikoagulanzientherapie. Die CT
zeigt eine hyperdense Darmwandverdickung, entsprechend
einer intramuralen Blutung. Ausheilung unter konservativer
Therapie

andere Stellen einer Einblutung, wie z. B. ein Psoas-


hämatom, erkannt werden.

Gefäßfehlbildungen
Gefäßfehlbildungen können angeboren oder erwor-
ben sein und werden in 3 verschiedene Typen (s.
unten) eingeteilt (Moore et al. 1976). Zusätzlich gibt
es mesenteriale Varizen.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
∑ Der Typ I einer Gefäßfehlbildung entspricht er-
worbenen Angiodysplasien, die bei älteren Perso-
nen im rechten Kolon gefunden werden. Abb. 5.103. Blutendes Aneurysma (Pfeil) einer Jejunalarterie.
∑ Typ-II-Läsionen sind arteriovenöse Malformatio- Sistieren der Blutung nach Embolisierung
nen, die wahrscheinlich angeboren sind und bei
jüngeren Menschen im Magen und proximalen
Verlaufen diese negativ ist das weitere diagnosti-
Dünndarm in Erscheinung treten.
sche Vorgehen problematisch, und die Suche nach
∑ Typ-III-Läsionen sind familiäre autosomal-domi-
einer Ursache für eine okkulte gastrointestinale Blu-
nant vererbte Gefäßfehlbildungen, wie z. B. die
tung bleibt weiterhin eine diagnostische Herausfor-
Teleangiectasia Osler-Weber-Rendu.
derung.
Mesenteriale Varizen entwickeln sich hauptsächlich
bei portaler Hypertension. 쐍 Speziell. Bei einer massiven, hämodynamisch
wirksamen Blutung ist neben der Endoskopie die
Klinische Symptomatik selektive bzw. superselektive Angiographie die Me-
Die Gefäßfehlbildungen sind nicht selten die Ursache thode der Wahl (Abb. 5.103). Für einen positiven
einer okkulten gastrointestinalen Blutung. angiographischen Befund ist mindestens eine Blu-
tungsrate von 0,5 ml/min erforderlich (Sos et al.
Radiologische Symptomatik 1978). Aber auch bei diesen Patienten kann häufig
keine Ursache gefunden werden. Vorteil gegenüber
쐍 Allgemein. Bei allen gastrointestinalen Blutungen anderen bildgebenden Verfahren ist die Möglichkeit,
wird die Gastroskopie bzw. Koloskopie als primäre dass in gleicher Sitzung interventionell therapeuti-
Methode zur Diagnostik eingesetzt. sche Maßnahmen durchgeführt werden können.
5.6 Andere Erkrankungen 259

Abb. 5.104 a, b. Angiodysplasie im Zökum. Transvenöse


Angio-Multidetektor-CT. a Die arterielle Phase zeigt eine
intensive Kontrastmittelansammlung im medialen Zökum
(Pfeil). b MIP mit Darstellung der Blutungsquelle am Ende
der A. ileocolica (Pfeil). (Mit freundlicher Genehmigung
Prof. J. Freyschmidt, Bremen)

Merke ! Bei okkulten gastrointestinalen Blu-


tungen sollte vor invasiven Maßnah-
Unter Maldigestion versteht man eine Störung der
Pankreasenzyme, der Gallensäurekonzentration oder
men wie Enteroskopie oder Angiographie ein En- der Mukosaenzyme des Magen-Darm-Trakts.
teroklysma durchgeführt werden (Antes et al. 1996; Malabsorption und Maldigestion werden unter
Moch et al. 1994). dem Oberbegriff Malassimilation zusammengefasst.
Die strenge Trennung dieser Begriffe wird nicht
Bei intermittierenden Blutungen kann die Szinti- mehr vorgenommen.
graphie mit Technetium-markierten Erythrozyten
zur Lokalisation der Blutungsquelle hilfreich sein. Pathologisch-anatomische
Die Videokapselendoskopie, eine neue Technologie, und ätiologische Grundlagen
verspricht Fortschritte in der Aufdeckung von okkul- Die Ursachen für eine Malabsorption können vererbt
ten Blutungen aus dem Dünndarm (Appleyard et al. oder erworben sein. Die weltweit häufigste Form
2001). Neue Möglichkeiten, unklare Blutungen zu einer Malabsorption ist die Laktoseintoleranz. In
entdecken, hat die CT-Angiographie mit den moder- Europa können 10–15%, in vielen Teilen der Welt
nen Multidetektorgeräten eröffnet (Ettore et al. 1997; über 95% der Bevölkerung Milchzucker (Laktose)
Schürmann et al. 2002; Abb. 5.104 a, b). aufgrund eines Enzymmangels in der Dünndarm-
schleimhaut nicht optimal spalten und resorbieren.
Eine weitere relativ häufige Ursache für eine Mal-
5.6.2 absorption ist die Sprue (Zöliakie) bei Manifestation
Malabsorption im Kindesalter. Ursache der Erkrankung ist eine
Überempfindlichkeit gegenüber dem Weizenkleber-
Definition protein Gluten. Seltene angeborene Ursachen für eine
Die Malabsorption ist eine Störung der Resorption Malabsorption sind: Immundefekte, die primäre
digestiver Nahrungsendprodukte aufgrund von pa- Lymphangiektasie und die Abeta-Lipoproteinämie.
thologischen Vorgängen des Membrantransportvor- Ursachen für eine erworbene Malabsorption sind:
gangs ohne Vorliegen von morphologischen Verän- eine bakterielle Überbesiedelung des Dünndarms,
derungen (primäre Malabsorption) oder durch eine allergische Reaktionen, das Kurzdarmsyndrom und
Verminderung des Resorptionsepithels bei Vorliegen der Morbus Whipple. Weitere, noch seltenere Ursa-
von morphologischen Veränderungen oder einer chen werden in der Literatur beschrieben.
Abflussbehinderung (sekundäre Malabsorption).
260 Kapitel 5 Dünndarm

Klinische Symptomatik Gleichzeitig ist das Darmlumen im Jejunum mehr


Die klinischen Leitsymptome der Malabsorption oder weniger dilatiert, und es finden sich nur wenige
sind chronische Durchfälle und Gewichtsverlust. Kontraktionen. Damit verbunden ist eine regionale
Hypoperistaltik. Durch den Faltenverlust, die Darm-
Radiologische Symptomatik dilatation und die regionale Hypoperistaltik entsteht
ein kolonähnliches Bild. Man nennt diesen Vorgang
쐍 Allgemein. Die Diagnose einer Malabsorption ist auch „Kolonisierung“ des Jejunums. Im Ileum
eine klinische Aufgabe und keine radiologische. Die kommt es zu einer Faltenvermehrung mit einer re-
Dünndarmradiologie ist allerdings ein wichtiger Be- gionalen Hyperperistaltik. Das Ileum nimmt folglich
standteil bei der Abklärung der Ursachen einer Mal- die Form eines Jejunums an. Dieses Phänomen wird
absorption. Begriffe wie Kontrastmittelausflockung, auch als „Jejunisierung“ des Ileums bezeichnet
Syndrom der „geschichteten Teller“ oder „Moulage- (Abb. 5.105, Abb. 5.106). Man kann diesen Vorgang
Phänomen“ wurden früher als Malabsorptionsmus- als Kompensation für den Oberflächenverlust im
ter bezeichnet und stammen aus der Zeit der Dünn- proximalen Dünndarm ansehen (Bova et al. 1985;
darmdiagnostik mit fraktionierter Passage. Diese Müller 1976).
Zeichen sind unspezifisch und waren meist durch Fünf oder mehr Falten pro 2,5 cm sind im Jejunum
Artefakte bedingt; sie sollten deshalb nicht mehr ver- normal und machen die Diagnose einer Sprue un-
wendet werden. Dennoch wird beim Enteroklysma, wahrscheinlich. Bei 76% der Patienten mit Sprue fin-
auch bei optimaler Technik, bisweilen ein reduzierter det man bei guter Darmdilatation im Jejunum 3 oder
Wandbeschlag bei morphologischen Veränderungen weniger Falten pro 2,5 cm. Im Zwischenbereich be-
am Dünndarm beobachtet. Dieses unspezifische Zei- steht eine Grauzone (Herlinger u. Maglinte 1986). In
chen kann als begleitender enteritischer Zustand der allen Fällen sollte eine Korrelation mit der Histologie
Mukosa gewertet werden. Vor einer Überinterpreta- erfolgen. Allerdings muss bei eindeutigen radio-
tion sollte man sich allerdings hüten. Das Entero- logischen Veränderungen eine unauffällige Histo-
klysma ist die anerkannt beste Kontrastmittelunter- logie angezweifelt werden (van den Bosch et al. 1996).
suchung des Dünndarms bei Malabsorption (Cas- Die charakteristischen Zeichen am Jejunum und
pary 1993). Ileum können auch in der CT erkannt werden
(Abb. 5.107 a–c).
쐍 Speziell. Bei einer Laktoseintoleranz ist das Enter-
oklysma im Allgemeinen normal. Nur bei einem aus- Komplikationen
geprägten Mangel von Disaccharidasen kann eine Maligne Tumoren treten gehäuft bei einer länger
Hyperperistaltik beobachtet werden. Das gleiche andauernden Sprue auf. Am häufigsten entwickeln
trifft zu bei Patienten mit einer allergischen Reak- sich Non-Hodgkin-Lymphome vom T-Zell-Typ.
tion, wenn der Patient zum Zeitpunkt der Untersu- Adenokarzinome des Jejunums treten ebenfalls ge-
chung symptomatisch ist. häuft auf. Eine seltene Komplikation ist die ulzerie-
Bei der Sprue findet man meist ein typisches Er- rende Jejunoileitis (Abb. 5.108 a, b) mit einer oder
scheinungsbild, das die pathologisch-makroskopi- mehreren Stenosen aufgrund unspezifischer Ulzera
schen Veränderungen abbildet. Sie werden verur- oder eines begleitenden Lymphoms (Rubesin et al.
sacht durch die Schädigung der Mukosa und später 1989).
der tieferen Wandschichten durch den Einfluss des
Glutens auf den proximalen Dünndarm. Ein gesun-
der Dünndarm hat im Jejunum einen dichteren Fal-
tenbesatz als im Ileum.

Merke ! Hauptmerkmal der Sprue sind ein


Faltenverlust im Duodenum und eine
Faltenvermehrung im Ileum.
5.6 Andere Erkrankungen 261

Abb. 5.105. Sprue. Typisches Verteilungsmuster der Falten


und Peristaltik. Faltenverlust und leichte Darmdilatation im
Jejunum („Kolonisierung“). Faltenvermehrung und vermehrte
Kontraktionen im Ileum („Jejunisierung“)

Abb. 5.107 a–c. Sprue. 52-jähriger Patient mit Durchfall und


Gewichtsverlust, initiale Gastroskopie unauffällig. Die CT-Un-
tersuchung erfolgte zum Ausschluss eines Pankreastumors.
Das orale Kontrastmittel ist durch die vermehrte Flüssigkeit
im Jejunum verdünnt, die Schlingen sind dilatiert, und die
Falten sind entsprechend einer „Kolonisierung“ reduziert (a).
b Die Ileumschlingen im kleinen Becken zeigen vermehrte
Falten entsprechend einer „Jejunisierung“. c Das Enteroklysma
erfolgte zur Bestätigung der CT-Diagnose und zeigt die typi-
Abb. 5.106. Sprue. Deutlicher Faltenverlust im Duodenum schen Veränderungen bei Sprue mit Faltenverlust, Dilatation
und Jejunum mit begleitender Hypoperistaltik („Kolonisie- und Hypoperistaltik im proximalen Dünndarm und Falten-
rung“ des Jejunums) und Faltenvermehrung im Ileum („Jeju- vermehrung und Hyperperistaltik im distalen Dünndarm.
nisierung“ des Ileums). Vergleiche die normale Faltenvertei- Später erfolgte die histologische Bestätigung. Erfolgreiche
lung in Abb. 5.7 Diätbehandlung
262 Kapitel 5 Dünndarm

Abb. 5.108 a, b. Ulzerierende Jejunitis. Patient mit bekannter b 3 Monate später hat sich eine langstreckige Darmstenose mit
Sprue unter Diät, der Bauchschmerzen und Durchfall ent- prästenotischer Dilatation entwickelt (Pfeile). Im weiteren Ver-
wickelte. a Die fraktionierte Passage zeigt erweiterte Jejunum- lauf kein Nachweis eines Lymphoms. (Mit freundlicher Geneh-
schlingen mit Faltenverlust, segmentalen Einengungen und migung Dr. C.I. Bartram, London)
Konturunregelmäßigkeiten durch ulzerierende Stenosen.

5.6.3 Klinische Symptomatik


Bakterielle Überbesiedelung Hauptmerkmale einer bakteriellen Überbesiedelung
sind Durchfälle, Malabsorption und Gewichtsverlust.
왔 Überwuchs
der normalen Dünn
Definition
darmflora mit pathogenen Keimen, Radiologische Symptomatik
die sonst im Dünndarm nicht gefunden werden.
쐍 Allgemein. Hauptaufgabe der Radiologie ist die
Pathologisch-anatomische Erfassung der anatomischen Veränderungen.
und ätiologische Grundlagen
Ein normaler Dünndarm enthält bis zu 104 Organis- 쐍 Speziell. Ursachen für den bakteriellen Über-
men/ml im Jejunum und mehr im distalen Ileum. wuchs sind die erworbene Divertikulose des Jeju-
Die Abwehrmechanismen sind Magensäure, Peristal- nums (Abb. 5.109), operativ gesetzte Blindsäcke und
tik, zelluläre und immunologische Abwehr in der Bypässe sowie Motilitätsstörungen mit verlängerter
Schleimhaut. Jede Fehlfunktion dieser Abwehrme- Passagezeit durch den Dünndarm. Neben den mor-
chanismen führt zu einer bakteriellen Überbesiede- phologischen Veränderungen findet man radio-
lung, vor allem von anaeroben Bakterien aus dem logisch häufig einen unspezifischen enteritischen
Kolon. Die Bakterien bewirken eine vorzeitige De- Reiz- und Entzündungszustand mit herabgesetztem
konjugation und Dehydroxylierung der Gallensäure. Wandbeschlag und vermehrter Flüssigkeitsreten-
Diese dekonjugierten und sekundären Gallensäuren tion.
wirken toxisch auf das Darmepithel und verursachen
Durchfälle. Durch das Fehlen der konjugierten Gal-
lensäuren kommt es zu einer Malabsorption von Fett 5.6.4
(Steatorrhö) und fettlöslichen Vitaminen. Die bakte- Kurzdarmsyndrom
rielle Überwucherung führt auch zu einer vorzeiti-
gen Fermentation von Kohlehydraten. 왔 Unter dem Kurzdarmsyndrom ver-
Definition
Eine bakterielle Überbesiedlung des Dünndrams steht man die metabolischen und
kommt bei anatomischen Veränderungen wie Diver- nutritiven Konsequenzen einer ausgedehnten Darm-
tikeln, Fisteln, Strikturen, postoperativen Verände- resektion.
rungen, Abwehrschwäche und auch bei Motilitätsstö-
rungen (diabetische Neuropathie, Sklerodermie) vor.
5.6 Andere Erkrankungen 263

Abb. 5.109. Bakterielle Überbesiedelung bei ausgeprägter Abb. 5.110. Kurzdarm. Patientin nach Darmteilresektion we-
Dünndarmdivertikulose. Verdickte Falten und herabgesetzter gen akuter Mesenterialarterienembolie. Verblieben sind das
Wandbeschlag als Zeichen einer unspezifischen Enteritis. proximale Jejunum und das terminale Ileum sowie das Kolon.
Nichtpropulsive Pendelperistaltik mit segmentalen Kontrak- Postischämische, narbige Stenosen am distalen Dünndarm
tionen (sekundäre intestinale Pseudoobstruktion) (Pfeil) und am Colon transversum (Pfeilspitze)

Pathologisch-anatomische Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen und ätiologische Grundlagen
Ohne schwere Folgen können aus dem mittleren Die primäre Lymphangiektasie ist Teil einer kongeni-
Dünndarm maximal etwa 50% der Länge entfernt talen Malformation der Lymphgefäße mit Manifesta-
werden. Ein intaktes Duodenum mit mindestens tion zwischen Geburt und frühem Erwachsenenalter.
50 cm Jejunum und erhaltenem Kolon sind unab- Die sekundäre Lymphangiektasie wird verursacht
dingbar für ein Überleben ohne parenterale Ernäh- durch eine Blockade des Lymphabflusses in das
rung. Bei Resektion des Kolons müssen etwa 150 cm Mesenterium oder Retroperitoneum, z. B. bei ausge-
des Dünndarms erhalten bleiben. dehnter abdomineller oder retroperitonealer Karzi-
nomatose oder Lymphom, retroperitonealer Fibrose,
Klinische Symptomatik Tuberkulose, metastasierendem Karzinoid, dekom-
Bei ausgedehnten Resektionen tritt eine globale Mal- pensierter Herzinsuffizienz. Die Folgen bei beiden
absorption mit Durchfällen auf. Formen sind ein enteraler Eiweißverlust bzw. eine
gestörte Resorption.
Radiologische Symptomatik
Die Bariumuntersuchungen können die Länge des Klinische Symptomatik
Restdarms sowie ischämische oder narbige Stenosen Das intestinale Eiweißverlustsyndrom verursacht
feststellen (Abb. 5.110). eine Hypoalbuminämie, Ödeme, Infekte, Steatorrhö
und Malabsorption.

5.6.5 Radiologische Symptomatik


Intestinale Lymphangiektasie Die Kerckring-Falten, vor allem im Jejunum, sind
und intestinales Eiweißverlustsyndrom verdickt und nodulär. Der Schleimhautbeschlag ist
herabgesetzt (Abb. 5.111 a, b). Mit der CT können
Bei dieser Erkrankung gibt es eine primäre und eine Lymphome, Tumoren und Entzündungen, die eine
sekundäre Form. sekundäre Lymphangiektasie verursachen, festge-
stellt werden.
264 Kapitel 5 Dünndarm

Abb. 5.111 a, b. Angeborene intestinale Lymphangiektasie. den Rückstau des Kontrastmittels in die stark erweiterten
26-jährige Patientin mit intestinalem Eiweißverlustsyndrom. Lymphgefäße des Darms aufgrund des mangelnden Abflusses
a Das Enteroklysma zeigt vor allem im Jejunum noduläre Ver- durch die hypoplastischen viszeralen und retroperitonealen
änderungen und Faltenverdickung durch dilatierte Lymph- Lymphbahnen. (Mit freundlicher Genehmigung Prof. W. Rödl,
gefäße. b Das Lymphogramm zeigt korrespondierend dazu Weiden)

5.6.6
Zollinger-Ellison-Syndrom
왔 Beim Zollinger-Ellison-Syndrom (ZES)
Definition
handelt es sich um gastrinproduzie-
rende Tumoren (Gastrinome).

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Gastrinome liegen meist im Pankreas oder Duode-
num. Mehr als 50% der Tumoren sind maligne und
haben bei der Diagnosestellung bereits metastasiert.
Sie können im Rahmen des Multiplen-endokrinen-
Neoplasie- (MEN-) Syndroms Typ I auftreten. Die
Gastrinome verursachen eine Überproduktion von
Magensäure. Abb. 5.112. Zollinger-Ellison-Syndrom mit ausgeprägter ero-
siver Gastritis (Pfeil)
Klinische Symptomatik
Das häufigste klinische Symptom sind multiple
therapierefraktäre peptische Ulzera, die bevorzugt Radiologische Symptomatik
im Duodenum, aber auch weiter distal liegen können. Im Magen findet man eine ausgeprägte erosive Gas-
Wässrige Durchfälle, die zur Malabsorption führen, tritis (Abb. 5.112), im Duodenum ödematös verdick-
sind ebenfalls häufig. te Falten mt Erosionen. Die Veränderungen können
sich in das proximale Jejunum fortsetzen und dort
unspezifische Ulzera und Stenosen verursachen
5.6 Andere Erkrankungen 265

einem kommunizierenden Netzwerk von Nerven-


fasern und Ganglien in der Submukosa (Plexus sub-
mucosus bzw. Meißner-Plexus) und in ihrer Musku-
laris (Plexus myentericus bzw.Auerbach-Plexus). Das
ENS ist weitgehend autonom, unterliegt aber auch
psychogenen und emotionalen Einflüssen des Zen-
tralnervensystems und reflektorischen Stimulatio-
nen des Rückenmarks. Eine Reihe von lokalen und
zirkulierenden Hormonen wirken ebenfalls auf die
normalen gastrointestinalen Funktionen ein (Rohr-
mann 1994).
Die Motilität des Dünndarms wird durch den
migrierenden Motorkomplex (MMC) beeinflusst. Die
maximale Inzidenz des MMC findet sich im Jejunum
und fällt nach distal ab (Kellow et al. 1986; Lederer
Abb. 5.113. Zollinger-Ellison-Syndrom.Mehrere teilweise hoch- 1988). Wahrscheinlich unterliegt er sowohl einer
gradige Stenosen im proximalen Jejunum durch Ulzera humoralen Steuerung als auch einer nervalen Kon-
trolle durch das ENS. Veränderungen in diesen regu-
lativen Mechanismen und Erkrankungen, die den
(Abb. 5.113). Neben Spiral-CT und MRT werden Gastrointestinaltrakt betreffen, rufen lokale oder
Angiographie oder endoskopischer Ultraschall zur allgemeine Motilitätsstörungen hervor. Neben der
Suche eines Gastrinoms eingesetzt. Zunehmende Be- Störung der Darmmotorik muss auch noch die bei
deutung gewinnt die Somatostatinrezeptorszintigra- jedem Menschen individuell unterschiedliche Sensi-
phie mit 111Indium-Octreotid. bilität des Darms in Betracht gezogen werden. Das
Zusammenspiel zwischen intestinaler Motilität und
viszeraler Sensibilität ist Gegenstand intensiver For-
5.6.7 schung (Barnert u. Wienbeck 1996).
Motilitätsstörungen
Klinische Symptomatik
Synonyme: irritables Darmsyndrom, spastisches Die Patienten klagen über eine Vielzahl von Be-
Kolon, Reizdarm. schwerden wie uncharakteristische und wechselnde
Abdominalschmerzen, Blähungen, Verstopfung und
왔 Funktionsstörungen des Darms sind Durchfall.
Definition
durch eine abnomale Motilität cha-
rakterisiert, die zu einem ineffektiven Transport des Radiologische Symptomatik
Darminhalts führt.
쐍 Allgemein. Da der Dünndarm mit den gastroent-
Pathologisch-anatomische erologischen Messmethoden schwierig und nur in-
und ätiologische Grundlagen komplett zu untersuchen ist, kommt den radiologi-
Die funktionellen Störungen im Gastrointestinal- schen Methoden eine entscheidende Rolle bei der Er-
trakt sind häufig. Bei vielen Funktionsstörungen ist fassung von Motilitätsstörungen zu. Vorrangig ist die
der Dünndarm als wichtigstes Verdauungsorgan Suche nach strukturellen Veränderungen bzw. Er-
alleine oder zusammen mit den anderen Teilen des krankungen. Mit dem Enteroklysma können jedoch
Magen-Darm-Trakts beteiligt. Die Regulation der Be- auch morphologische und funktionelle Störungen
wegungsvorgänge des Gastrointestinaltrakts erfolgt beurteilt werden. Die Erforschung der Bewegungs-
durch ein komplexes Zusammenspiel von neuroge- vorgänge am Dünndarm hat schon frühzeitig begon-
nen, muskulären und humoralen Faktoren (Ercken- nen (Frik 1965; Lenz 1963; Weltz 1939). Sellink (1976)
brecht u. Wienbeck 1984; Gershon u. Erde 1981). Des hat ausführlich auf die Bedeutung des Enteroklysmas
Weiteren spielen sowohl die Durchblutungsverhält- bei der Diagnostik von Motilitätsstörungen hinge-
nisse als auch Faktoren, die wie bei der Malabsorp- wiesen. Diese Ergebnisse konnten bestätigt werden
tion auf die Schleimhaut einwirken, eine wichtige (Antes 2002).
Rolle.
Die peristaltische Aktivität der Dünndarmmusku-
latur mischt den Darminhalt und befördert ihn wei-
ter. Die muskuläre Funktion wird vom enterischen
Nervensystem (ENS) gesteuert. Dieses besteht aus
266 Kapitel 5 Dünndarm

Abb. 5.114 a, b. Irritables Darmsyndrom. a Hyperperistaltik lumen ist aufgrund der raschen Passage relativ eng. b Persistie-
mit „intestinal hurry“ in der Bariumphase. Das Kolon ist ren der Hyperperistaltik mit ausreichendem Wandbeschlag in
nach 300 ml Barium innerhalb von 4 min bereits erreicht. Die der Methylzellulosephase
meisten Darmschlingen zeigen Kontraktionen. Das Darm-

Erkrankungen mit Hypermotilität Radiologische Symptomatik


왔 Unter Hypermotilität versteht man 쐍 Allgemein. Die Aufgabe des Enteroklysmas besteht
Definition
eine beschleunigte intestinale Passage in erster Linie im Ausschluss einer morphologischen
durch den Dünndarm oder eine nichtpropulsive Veränderung am Dünndarm. Häufig können jedoch
Hyperperistaltik (Pendelperistaltik). Letztere führt Motilitätsstörungen festgestellt werden, die wir als
zu einer verlängerten Passage. psychogen-emotional bedingt bezeichnen.

Syndrom des irritablen Darms (Reizdarm) 쐍 Speziell. Im standardisierten Enteroklysma findet


Pathologisch-anatomische man eine allgemeine Hyperperistaltik mit Beschleu-
und ätiologische Grundlagen nigung der Passage, sodass das Ileum innerhalb von
Das Syndrom des irritablen Darms ist die häufigste 4 min weitgehend erreicht oder das Zökum bereits
Funktionsstörung des Gastrointestinaltrakts, über gefüllt ist („intestinal hurry“). Die Hyperperistaltik
dessen Genese aber auch noch weitgehend Unklar- bleibt sowohl in der Barium- als auch in der Methyl-
heit besteht. Bis zu 14% der Bevölkerung leiden zellulosephase erhalten (Abb. 5.114 a, b). Das Darm-
darunter (Jones u. Lydeard 1992). Die Symptome tre- lumen ist aufgrund einer relativen Unterfüllung und
ten bei 90% der Patienten vor dem 50. Lebensjahr wegen der heftigen Darmbewegungen von geringe-
auf. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. rer Weite als normal. In einigen Fällen lassen sich
bei der Untersuchung die Beschwerden der Patienten
Klinische Symptomtik provozieren, ein Hinweis auf die erhöhte viszerale
Charakteristisch sind variabel lokalisierte Bauch- Sensibilität des Dünndarms bei verstärkter Dehnung
schmerzen, deren Spektrum von unangenehm bis hin des Darms während des Enteroklysmas.
zu quäldenden Druck- und Blähbeschwerden und
kolikartigen Bildern reicht. Ferner finden sich Flatu- Andere Erkrankungen mit Hypermotilität
lenz, Meteorismus und Borborygmen (Rumoren), Eine Reihe von Erkrankungen und Bedingungen
Völlegefühl und Stuhlunregelmäßigkeiten in Form können eine allgemeine oder lokale Hypermotilität
von Durchfall oder häufigem Stuhlgang in kleinen des Dünndarms hervorrufen (Tabelle 5.6).
Portionen oder von Verstopfung, beides oft im Wech-
sel. Zusätzlich leiden die Patienten oft unter Herz- Erkrankungen mit Hypomotilität
beschwerden, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen
und auch an psychischen Problemen. Die Diagnose 왔 Es handelt sich dabei um eine Moti-
Definition
erfolgt üblicherweise aufgrund einer sorgfältigen litätsstörung mit reduzierter Peristal-
Anamnese. tik (Hypoperistaltik), die mit einer Verzögerung der
intestinalen Passage einhergeht. Eine mechanische
Obstruktion ist dabei ausgeschlossen.
5.6 Andere Erkrankungen 267

Tabelle 5.6. Motilitätsstörungen mit Hyperperistaltik

Allgemein, propulsiv Nichtpropulsiv Lokal


(Pendelperistaltik)

Normales Lumen Psychogene, emotionale Faktoren Ischämie bei Karzinoid


oder Lumen- Hyperthyreose Diabetes Segmentale Ischämie
abnahme Allergien Arteriosklerose Strahlenenteritis
Vaskulitis Adhäsionen und Briden
Laktoseintoleranz Thrombose Hernien
Dermatitis herpetiformis Eosinophiler Enteritis Amyloidose
Mastozytose Bakteriellem Überwuchs Morbus Crohn
Intestinale Lymphangiektasie Hypoalbuminämie (u. a.„string sign“)
Lambliasis Chronische Pankreasinsuffizienz Tumoren
Enteritis, bakteriell, viral Morbus Whipple Entzündungen
Zollinger-Ellison-Syndrom Amyloidose in der Umgebung
Nach Vagotomie Parasiten
Sprue
Gastrointestinale Blutung
Karzinoid

Tabelle 5.7. Ursachen für eine intestinale Pseudoobstruktion

1. Primär 2. Sekundär Sonstige sekundäre Formen

Glattmuskulär Glattmuskulär Hyperkalzämie


Sporadische und familiäre Myopathien Strahlenenteritis Hypokalzämie
Neuronal Kollagenose Chronischer Akoholismus
Entwicklungsstörungen: Amyloidose Sepsis
Aganglionose Lymphom Peritonitis
Dysplasie Neuronal Starke Bauchschmerzen
Familiäre Neuropathie Medikamente Langes Fasten
Idiopathisch Laxanzien Chronische Bleivergiftung
(bisher ungeklärt) Sedativa Schwangerschaft
Psychopharmaka Urämie
Anti-Parkinson-Medikamente Lymphödem
Spasmolytika Ausgeprägte Sprue
Schmerzmittel Porphyrie
Vincristin Bakterielle Überbesiedelung
Strahlenenteritis Eosinophile Gastroenteritis
Amyloidose Phäochromozytom
Diabetes
Hypothyreose
Multiple Sklerose
Amyothrophe Lateralsklerose
Morbus Parkinson
Paraneoplastisches Syndrom

Intestinale Pseudoobstruktion de in der radiologischen Literaur beschrieben (Antes


1998; Sellink 1976).
Pathologisch-anatomische Häufiger als die idiopathische Form der IPO sind
und ätiologische Grundlagen die sekundären Formen. Diese können in akute und
Bei der intestinalen Pseudoobstruktion (IPO) gibt es chronische Ursachen eingeteilt werden (Rohrmann
eine idiopathische (primäre) und eine sekundäre 1994). Tabelle 5.7 zeigt eine Zusammenstellung
Form (Christensen u. Anuras 1986). der Ursachen für eine intestinale Pseudoobstruktion.
Die primäre Form der IPO ist selten, ist tritt Als häufigste Form einer sekundären Pseudo-
manchmal familiär gehäuft auf. Letztlich ist die Pa- obstruktion ist eine neuronale Dysfunktion zu
thogenese dieses Krankheitsbildes unklar. Sie kann beobachten, die nach einer chronischen Einnahme
auf einer Störung der intestinalen glatten Muskulatur von Pharmaka wie Laxanzien, Transquilizern, Seda-
(Myopathie) beruhen oder Folge einer nervalen Fehl- tiva, Psychopharmaka, Anti-Parkinson-Mittel, Spas-
steuerung (Neuropathie) sein (Krishnamurty u. molytika und Schmerzmitteln auftritt, aber auch
Schuffler 1987; Schuffler et al. 1981). Eine passagere aufgrund von Strahlenschäden und bakteriellem
Pseudoobstruktion am jejunoilealen Übergang wur- Überwuchs.
268 Kapitel 5 Dünndarm

Eine nichtpropulsive Hyperperistaltik (Pendel-


peristaltik; vgl. Abb. 5.4) führt ebenfalls zu einer ver-
längerten Passagezeit, die jedoch meist kürzer ist als
bei der paralytischen Form.

Sklerodermie und andere Kollagenosen


왔 Dabei handelt es sich um einen Dünn-
Definition
darmbefall bei Sklerodermie, die man
besser als progressive systemische Sklerose bezeich-
nen sollte.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Im Gastrointestinaltrakt sind Ösophagus und Dünn-
Abb. 5.115. Intestinale Pseudoobstruktion. Typisches Peristal- darm am häufigsten befallen. Bei über 40% der
tikmuster in der Bariumphase mit lediglich einer Kontraktion Patienten finden sich Kollagenablagerungen in der
(Pfeil). Passagezeit deutlich verlängert. Das Barium im Kolon
(Pfeilspitze) stammt von einer Magenuntersuchung 6 Tage Gefäßwand und Darmwand. Dadurch kommt es zu
zuvor. Patient mit Subileusbeschwerden und chronischer Ein- einer chronischen Ischämie mit Atrophie der Musku-
nahme von starken Schmerzmitteln und Spasmolytika latur und Nerven, was dem Raynaud-Syndrom an der
Haut entspricht.
Andere Erkankungen aus dem Formenkreis der
Klinische Symptomatik Kollagenosen sind die Periarteritiis nodosa, der sys-
Die klinischen Symptome sind so genannte Subileus- temische Lupus erythematodes und die Dermato-
beschwerden mit aufgetriebenem Leib und plät- myositis. Bei diesen Krankheitsbildern stehen vasku-
schernder Peristaltik. Die Patienten zeigen keine läre Veränderungen im Vordergrund.
Zeichen einer Peritonitis mit Abwehrspannungen,
Fieber, Tachykardie und Leukozytose. Eine Unter- Klinische Symptomatik
scheidung von einer mechanischen Obstruktion ist Bei einer Beteiligung des Dünndarms können so ge-
klinisch und auf Abdomenübersichtsaufnahmen oft nannte Subileussymptome mit Meteorismus und un-
nicht möglich. Um unnötige Operationen zu vermei- klaren Abdominalbeschwerden auftreten. Selten sind
den, ist es wichtig, die Entität der IPO und ihre Ursa- Ulzerationen und Blutungen durch eine Vaskulitis.
chen zu kennen. Eine Malabsorption ist selten und kann durch einen
bakteriellen Überwuchs entstehen.
Radiologische Symptomatik
Zum Ausschluss einer mechanischen Obstruktion Radiologische Symptomatik
sollte ein Enteroklysma durchgeführt werden. Um ei- Das Duodenum und das proximale Jejunum sind
ne Pseudoobstruktion von einer länger anhaltenden häuptsächlich befallen (Olmsted u. Madwell 1976).
mechanischen Obstruktion zu unterscheiden, ist Als typische Veränderungen findet man breitbasige
die initiale Bariumphase wichtig. Nach der Gabe von Aussackungen an der antimesenterialen Darmseite
300 ml Barium und einer Flussrate von 75 ml/min und das „Hide-bound-Zeichen“ (Horowitz u. Meyers
sind lediglich einige proximale Jejunumschlingen ge- 1973). Dieses Zeichen besteht aus eng aneinander
füllt. Sie sind mehr oder weniger dilatiert und zeigen liegenden, zieharmonikaartigen Kerckring-Falten
nur wenige oder keine Kontraktionen. Häufig kommt in einem dilatierten Darmsegment (Abb. 5.116 a, b).
es zu einem unvermeidbaren Reflux in den Magen, Der Darm ist hypomotil.
der als diagnostisches Zeichen gewertet werden kann
(Abb. 5.115, vgl. Abb. 5.3, Abb. 5.40 a, b). In der Me- Amyloidose
thylzellulosephase kann dann die Einlaufgeschwin- Pathologisch-anatomische
digkeit reduziert werden. Unter intermittierender und ätiologische Grundlagen
Durchleuchtung wird die weitere Passage verfolgt, Sowohl bei der primären als auch bei der sekundären
um strukturelle Veränderungen auszuschließen. Die Form der Amyloidose können extrazelluläre Amylo-
mittlere Passagezeit beträgt etwa 45 min im Vergleich idablagerungen lokal oder diffus in allen Wand-
zu 10 min bei Normalpersonen (Antes 1998). Da schichten und den Gefäßen des gesamten Verdau-
keine entzündlichen Darmveränderungen vorliegen, ungstrakts vorkommen.
sind die Falten normal, und der Schleimhautbeschlag
bleibt lange erhalten.
5.6 Andere Erkrankungen 269

Abb. 5.116 a, b. Sklerodermie (PSS). a Verlängerte Passagezeit, b In der Detailaufnahme weitmundige Aussackung (echte
Hypoperistaltik und starre Schlingen mit segmentaler Dilata- Divertikel; Pfeile)
tion und Faltenraffung („Hide bound-Zeichen“, Pfeilspitze).

Abb. 5.117 a, b. Primäre Amyloidose. a Nichtpropulsive Hyper- die Gefäße betreffen und dadurch zu einer chronischen Ischä-
bzw. Pendelperistaltik, erkennbar an den segmental kontra- mie mit Störung der intramuralen Innervation führen. Der
hierten und dilatierten Darmabschnitten. Die Falten sind Patient präsentierte sich mit chronischem intestinalen Blut-
knotig verformt und verdickt. Die Passagezeigt ist verlängert. verlust. b Die Sonographie zeigt die erheblichen kokardenför-
Ursache sind die intramuralen Amyloidablagerungen, die auch migen Wandverdickungen

Klinische Symptomatik die Abgrenzung zu einem Morbus Crohn schwierig


Symptome sind Durchfall, okkkulte gastrointestinale sein (Abb. 5.117 a,b, Abb. 5.118).
Blutung, Ischämie und Meteorismus.
Andere Erkrankungen mit Hypomotilität
Radiologische Symptomatik Weitere Ursachen einer allgemeinen Hypoperistaltik
Das Bild reicht von einer allgemeinen nichtpropul- sind vor allem Elektrolytstörungen (Hypokalieämie,
siven Hyperperistaltik bis zur lokalen oder allgemei- Hyperkalzämie), Hypothyreose, neurologische Er-
nen Hypomotität im Sinne einer Pseudoobstruktion. krankungen, Sprue, Urämie, chronische Bleivergif-
Die Infiltrationen sind manchmal nicht von einem tung, starke Bauchschmerzen, Schwangerschaft, Sep-
diffusen malignen Lymphom oder einer GVH-Er- sis, Peritonitis, die diabetische Neurogastroentero-
krankung zu unterscheiden. Bei einem Fall des pathie und langes Fasten (Franken et al. 1980).
Ileums mit Faltenverlust und Wandverdickung kann
270 Kapitel 5 Dünndarm

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Erkrankungen des Dickdarms 6
M. Persigehl, St. Feuerbach

6.1 Fehlbildungen, Form- 6.7 Besondere Erkrankungen der Appendix 352


und Lageanomalien, Hernien 273 6.7.1 Appendizitis 352
6.1.1 Formanomalien 274 6.7.2 Perityphlitischer Abszess 354
6.1.2 Lageanomalien 276 6.7.3 Mukozele 354
6.1.3 Volvulus 279 Literatur 355
6.1.4 Invagination (Intussuszeption) 281 6.8 Funktionelle cine-MRT des Beckenbodens 356
6.1.5 Hernien 282 T. Fischer
6.1.6 Verlagerung von Dickdarmanteilen
durch nichtkolische Prozesse 285 6.8.1 Einleitung 356
Literatur 286 6.8.2 Historische Entwicklung
und Vergleich konventioneller röntgenologischer
6.2 Traumatische Veränderungen 287 Verfahren mit der funktionellen cine-MRT 357
6.2.1 Stumpfes Bauchtrauma 287 6.8.3 Technische Durchführung 357
6.2.2 Scharfes (penetrierendes) Bauchtrauma 288 6.8.4 Bildanalyse 361
6.2.3 Iatrogene Läsionen des Dickdarms 289 6.8.5 Typische Befunde 366
6.2.4 Bestrahlungsfolgen 292 6.8.6 Indikationen 369
6.2.5 Verätzungen 292 Literatur 370
Literatur 292
6.3 Entzündliche Veränderungen 293
6.3.1 Colitis ulcerosa 294
6.3.2 Morbus Crohn 298
6.3.3 Pseudomembranöse Kolitis 299
6.1
6.3.4 Strahlenkolitis 300 Fehlbildungen,
6.3.5 Bakterielle Kolitis 301 Form- und Lageanomalien, Hernien
6.3.6 Pilzinfektionen 303
6.3.7 Virale Infektionen 303
6.3.8 Parasitäre Infektionen 304
Der komplizierte Entwicklungsprozess während der
Literatur 306 Embryonal- und Fetalphase, bei der der Dickdarm
6.4 Gefäßerkrankungen des Kolons 309 seine endgültige Form und Lage erhält, wird detail-
6.4.1 Akute und chronische untere gastrointestinale liert in der pädiatrischen Radiologie beschrieben,
Blutung im Kolon 309 da die schwerwiegenden Störungen sich bereits im
6.4.2 Mesenteriale Ischämie 311 Neugeborenen- oder Kindesalter manifestieren. Die
Literatur 317
Klassifikation nach Bill (1979) ist bei der genauen
6.5 Tumoren 318 Zuordnung hilfreich. Sie legt die embryonale Ent-
6.5.1 Adenome und hyperplastische Polypen 318
6.5.2 Maligne Tumoren des Dickdarms 324 wicklung zugrunde. Die Anomalien werden am be-
Kolorektales Karzinom 324 sten nach abnormer Rotation und Fixation unter-
Andere Tumoren 331 schieden (Balthazar 1977 a,b).
6.5.3 Benigne und maligne nichtepitheliale Tumoren 331 In der Regel bedingen Fehlbildungen sowie Form-
6.5.4 Kaposi-Sarkom 335
6.5.5 Metastasen 335 und Lageanomalien, die aus einer unvollständigen
Literatur 336 oder unterbliebenen Drehung des Darmrohrs in der
6.6 Andere Erkrankungen des Kolons 340 Embryonalphase resultieren, im Erwachsenenalter
6.6.1 Endometriose 340 keine größere klinische Symptomatik. Hier spielen
6.6.2 Amyloidose 341 neben erworbenen Lageanomalien die sekundären
6.6.3 Sklerodermie 341
6.6.4 Lupus erythematodes 341 Störungen in Form von Hernien oder Volvolus eine
6.6.5 Pneumatosis coli 342 größere Rolle, ebenso wie die durch außerkolische
6.6.6 Lymphatische Hyperplasie 343 Prozesse bedingten Verlagerungen von Dickdarmab-
6.6.7 Divertikelkrankheit 343 schnitten.
6.6.8 Reizkolon 349
6.6.9 Vaskuläre Erkrankungen 349
Literatur 350
274 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

6.1.1 Dickdarms vor – dieser Zustand liegt dem Zuelser-


Formanomalien Wilson-Syndrom zugrunde.
Infolge einer ständigen Azetylcholinausschüttung
Duplikaturen resultiert eine Dauerkontraktion der Ringmuskula-
Duplikaturen des Dickdarms sind extrem selten. Sie tur. Da wegen des Fehlens des Plexus submucosus die
können den gesamten Dickdarm betreffen oder nur Schleimhaut für Druckreize unempfindlich ist, unter-
auf Teile beschränkt sein. Dabei können diese par- bleibt die Stimulation zur Kontraktion der Längsmus-
tiellen Duplikaturen miteinander in Verbindung ste- kulatur, die zur Dilatation führen würde. Die Folge ist
hen oder nebeneinander existieren (Ruhde 1968). eine relative Stenose im aganglionären Segment mit
Symptomatisch werde Duplikaturen meist, wenn einer Weitstellung der prästenotischen Abschnitte.
sie an Größe zunehmen und durch Obstruktion eine Die klinische Symptomatik hängt vom Schwere-
Kompression entsteht (McPherson et al. 1969). grad der Ausbildung des stenotischen Segments ab.
Röntgenologisch lassen sie sich nur darstellen, Sie äußert sich nach der Geburt als akutes Geschehen
wenn eine Verbindung zwischen beiden Anteilen be- mit Obstipation, Erbrechen, unter Umständen Ileus-
steht oder ein gedoppelter Analkanal vorliegt. Die symptomatik und stark aufgetriebenem Abdomen,
doppelte Anlage füllt sich meist am besten über die oder sie zeigt sich als chronische Obstipation von Ge-
oralwärts gelegene Öffnung. Diagnostische Probleme burt an bis zum Erwachsenenalter. Die Therapie nach
dürften bei Darstellung von 2 nebeneinander liegen- bioptischer Abklärung besteht in der operativen Re-
den, kontrastmittelgefüllten Lumina nicht auftreten. sektion des aganglionären Segments.
Bei der Röntgendiagnostik fällt in der Abdomenü-
Atresien und Stenosen bersichtsaufnahme eine vermehrte Gasfüllung des
Angeborene Atresien und Stenosen sind in der Pädi- Dickdarms auf. Bei ausgeprägten Fällen liegt eine
atrie von besonderer Bedeutung. Sie können sich in starke Gasblähung des Dick- und Dünndarms bis
unterschiedlicher Längenausdehnung manifestieren zum Ileusbild vor. Meist ist das distale Kolon gasfrei.
– von kurzstreckigen segmentalen Stenosen bis zur
totalen Atresie.
CAVE ! Die Kontrastmitteluntersuchung soll-
te bei Kindern ohne vorherige Ab-
Mikrokolon führmaßnahmen erfolgen, da die Gefahr einer Was-
Das angeborene Mikrokolon ist äußerst selten (Sto- serintoxikation gegeben ist.
rey u. Sharp 1951). Es scheint sich nicht um eine ei-
genständige Krankheitsentität zu handeln, sondern Bei Säuglingen wird deshalb die Verwendung von
um eine deskriptive Bezeichnung. Es präsentiert sich physiologischer Kochsalzlösung zur Anfertigung der
meist als ein verkürzter, haustrenarmer Dickdarm Bariumsulfatlösung empfohlen. Das Mischungsver-
mit engem Lumen. Ein komplett aganglionärer Dick- hältnis sollte etwa 1 Teil Kontrastmittel und 4 Teile
darm kann makroskopisch als Mikrokolon imponie- Wasser betragen. Die Untersuchung soll auch bei äl-
ren. teren Kindern und Erwachsenen grundsätzlich mit
verdünnter Bariumsulfatlösung erfolgen, und es wird
Megakolon vornehmlich die Abbildung des eingeengten Seg-
Unter dem Begriff Megakolon werden eine Reihe un- ments und der sich anschließenden Übergangszone
terschiedlicher Krankheitsbilder zusammengefasst, angestrebt.
denen eine abnorme Weitstellung von Teilen oder des
ganzen Dickdarms gemeinsam ist. Diese können an-
geboren oder erworben sein. CAVE ! Eine komplette Füllung des Dick-
darms kann gefährlich sein, da das
Kontrastmittel eindicken und zum Ileus führen kann.
쐍 Angeborene Form.

Der Morbus Hirschsprung ist eine an- Nach Keefer u. Makrohisky (1954) können radiolo-
Definition
geborene Form des Megakolons, dem gisch 5 unterschiedliche Erscheinungsformen be-
das Fehlen der intramuralen, parasympathischen schrieben werden. Diese sind schematisch bei Rosen-
Ganglienzellen in den Meissner- und Auerbach-Plexus busch u. Reeders (1993) skizziert.
zugrunde liegt. In etwa 90% der Fälle sind das Rektum
und der rektosigmoidale Übergang betroffen. 쐍 Erworbene Formen. Von der angeborenen Form
müssen die erworbenen Formen des Megakolons un-
Bei den restlichen Formen ist die proximale Grenze terschieden werden. Dazu zählt die aganglionäre
äußerst variabel und kann unter Umständen im ges- Form des Megakolons, die in den Ländern Zentral-
amten Dickdarm bis zum Dünndarm liegen (Ruhde und Südamerikas in Form der Chagas-Erkrankung
1968). Selten liegt eine Aganglionose des gesamten auftritt. Sie wird verursacht durch Trypanosomen,
6.1 Fehlbildungen, Form- und Lageanomalien, Hernien 275

Tabelle 6.1. Ursachen für ein idiopathisches Megakolon

Neurologische Erkrankungen
Morbus Parkinson
Multiple Sklerose
Dystrophia myotonica
Rückenmarkverletzungen
Psychiatrische Erkrankungen
Ernste Depressionen
Schizophrene Reaktionen
Neurosen
Medikamenteneinnahme
Psychopharmaka
Laxanzienabusus
Ganglienblocker
Stoffwechselstörungen
Hypothyreose
Hypoparathyreoidismus
Porphyrie
Bleivergiftung
Urämie
Hypokaliämie
Systemerkrankungen
Sklerodermie
Lupus erythematodes Abb. 6.1. Megakolon. Massive Dilatation von Rektum, Sigma
Amyloidose und Teilen des Colon descendens mit Zeichen der Koprostase
Raynaud-Erkrankung
Osteogenesis imperfecta

die ein Neurotoxin in der Darmwand ausscheiden,


das zur Zerstörung der Ganglienzellen führt. Je nach
Grad der Zerstörung können größere Teile des Dick-
darms weitgestellt sein. Unter Umständen sind der
Dünndarm oder gar die Speiseröhre in Form eines
Megaösophagus beteiligt.
Beim idiopathischen Megakolon (Synonyme: habi-
tuelles, funktionelles, psychogenes oder atonisches
Megakolon) sind die intramuralen Ganglienzellen
makroskopisch erhalten. Symptome in Form chroni-
scher Obstipation treten frühestens 18–24 Monate
nach der Geburt oder erst im Erwachsenenalter auf.
Die Ursachen können vielfältig sein (Tabelle 6.1).
Morphologisch ist ein umschriebenes enges Seg-
ment nicht nachweisbar. Entsprechend ist beim Kon-
trastmitteleinlauf, am besten mit verdünntem Bari-
umsulfat, eine Stenose nicht sichtbar. Auf eine kom-
plette Füllung des meist mit riesigen Fäzesmassen ge-
füllten Darms sollte verzichtet werden. Nicht selten
ist das Sigma zusätzlich stark verlängert. In der Ab-
Abb. 6.2. Toxisches Megakolon bei Colitis ulcerosa. Erweite-
domenübersichtsaufnahme ist meist ein mit Fäzes rung des Querkolons und des Colon descendens über 5 cm
gefülltes Rektum nachweisbar. Der Enddarm kann Durchmesser mit unregelmäßigen Wandkonturen
enorme Durchmesser erreichen und fast das ganze
kleine Becken ausfüllen (Abb. 6.1).
Vom idiopathischen Megakolon ist das toxische toxische Megakolon tritt meist im Gefolge von ent-
Megakolon abzugrenzen, das meist plötzlich eintritt zündlichen Darmerkrankungen auf, insbesondere
mit extremer Dilatation eines Kolonsegments oder bei der Colitis ulcerosa und der Amöbenruhr. Die
des gesamten Dickdarms. Das Rektum ist in der Re- Perforationsgefahr ist groß.
gel nicht beteiligt. Das Bild ähnelt dem eines paraly- Klinisch liegen meist eine Diarrhö, häufig mit
tischen Ileus. Die Pathogenese ist noch unklar. Das Blutbeimengungen, kolikartige Bauchschmerzen,
276 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

Druckempfindlichkeit des Abdomens und Entzün- Sind einzelne Darmabschnitte besonders lang, ist die
dungsparameter vor. Gefahr für die Entstehung eines Volvolus sehr groß.
In der bildgebenden Diagnostik kommt der Abdo- Die Klinik ist geprägt von lange bestehender Ob-
menübersichtsaufnahme die entscheidende Bedeu- stipation, Meteorismus, Völlegefühl und uncharakte-
tung zu (Abb. 6.2). Der luftgefüllte betroffene Darm- ristischen Bauchbeschwerden.
abschnitt ist deutlich dilatiert, als Kriterium gilt eine Radiologisch fällt gelegentlich in der Übersichts-
Dilatation des Darmlumens auf >5 cm. Die Haustrie- aufnahme ein zu langer, luftgefüllter Dickdarm auf.
rung im betroffenen Segment fehlt, in den nichtbefal- Beim Kontrasteinlauf kann vor allem bei unerfahre-
lenden Abschnitten ist sie verdickt. Unter Umständen nen Untersuchern die Topographie des Dickdarms
kommt es über tiefe Ulzerationen zu Gasaustritt in Probleme bereiten, insbesondere wenn sich das ver-
die Darmwand mit dem Bild einer Pneumatose. Eine längerte Sigma bis zur linken oder rechten Flexur er-
Kontrastmitteluntersuchung mit Bariumsulfat ist streckt (Abb. 6.3).
kontraindiziert.
Die Differenzialdiagnose aller Formen des Mega-
kolons ist eine mechanische Obstruktion oder ein 6.1.2
paralytischer Ileus. Lageanomalien

Dolichokolon Der von den Embryologen als Mitteldarm bezeichne-


Synonym: Colon elongatum. te Abschnitt des Darmrohrs wird von der A. mesent-
Die Länge des gesamten Dickdarms sowie einzel- erica superior versorgt. Dazu zählen der Dünndarm
ner Dickdarmabschnitte kann von Mensch zu und der Dickdarm bis zum linken Teil des Colon
Mensch erheblich variieren, ohne dass diesem Phä- transversum. Die Versorgungsgrenze zwischen der
nomen eine besondere klinische Bedeutung zu- A. mesenterica superior und inferior liegt etwas vari-
kommt. Während Colon ascendens, Colon transver- abel in der linken Hälfte des Colon transversum bis
sum und Sigma größeren Schwankungen in der Län- zur linken Flexur. Dieser Abschnitt des Darmrohrs,
genausdehnung unterliegen, ist das Colon descen- der in der Nabelschleife liegt, dreht sich normaler-
dens kaum betroffen. weise zusammengenommen um 270° gegen den Uhr-
zeigersinn, sodass die A. mesenterica superior vor
왔 Hängt das Querkolon bis ins kleine dem Zwölffingerdarm, aber hinter dem Colon trans-
Definition
Becken hinein, liegt zusätzlich eine versum zu liegen kommt. Danach werden Colon as-
Transversoptose vor. cendens und Colon descendens an der hinteren
Ist die abnorme Länge einzelner Dickdarmab- Bauchwand fixiert. Die Drehung des Mitteldarms
schnitte mit einer auffälligen Weitstellung kombi- kann auf verschiedenen Stufen stehen bleiben oder
niert, spricht man von einem Dolichomegakolon. auch in die verkehrte Richtung verlaufen. Die wich-
tigsten Drehungsanomalien sind die Nonrotation
und die Malrotation Grad I und II.
Beim Erwachsenen werden die Lageanomalien
nach der fehlerhaften Rotation und zusätzlich nach
der gestörten Fixation unterschieden. Eine mangel-
hafte Fixierung ist verantwortlich für die abnorme
Lage von Dickdarmabschnitten. Dabei sind zahlrei-
che Variationen möglich. Das Peritoneum kann das
Kolon vollständig umgeben, oder ein verschieden
langes Stück Mesenterium kann erhalten bleiben. Es
können aber auch nur einzelne Öffnungen im Mes-
enterium nicht geschlossen sein, die unter Umstän-
den Eintrittspforten für innere Hernien bilden kön-
nen.

Situs inversus
Der totale Situs inversus ist selten. In diesem Fall sind
sowohl alle thorakalen wie auch die abdominellen
Organe seitenverkehrt angelegt. Der partielle Situs
inversus betrifft entweder nur die thorakalen oder
Abb. 6.3. Sigma elongatum. Vermehrte Schleifenbildung des die abdominellen Organe.
Sigmas. Das Sigma reicht bis zur linken Flexur
6.1 Fehlbildungen, Form- und Lageanomalien, Hernien 277

Abb. 6.4. Situs inversus. Während sich die Thoraxorgane an


typischer Position befinden, liegen die Abdominalorgane sei-
tenverkehrt

Abb. 6.5. Nonrotation. Der gesamte Dickdarm befindet sich


Da ein Situs inversus normalerweise keine Be- auf der rechten Seite des Abdomens, während der gesamte
Dünndarm links liegt
schwerden verursacht, ist seine Entdeckung meist ein
Zufallsbefund. Lediglich bei einer im linken Unter-
bauch lokalisierten Appendizitis können differenzi-
aldiagnostische Probleme auftreten. Partielle Rotation
Bereits auf der Abdomenübersichtsaufnahme ist in Die wichtigsten und am häufigsten zu findenden par-
der Regel der Situs inversus durch die seitenverkehr- tiellen Rotationen sind die als Malformation I und II
te Lage von Leber und Herz nicht zu verkennen. Der bezeichneten Lageanomalien.
Kontrasteinlauf ist eindeutig; es füllt sich nach dem
Sigma zunächst das auf der rechten Seite verlaufende 왔 Dreht sich der Mitteldarm mit der Na-
Definition
Colon descendens (Abb. 6.4). belschleife nur um 180° gegen den
Uhrzeigersinn, spricht man von einer Malrotation I.
Nonrotation
Das Colon ascendens liegt in der Mittellinie; meist ist
왔 Kommt die Drehung des Mitteldarms das Zökum im Epigastrium fixiert.
Definition
in der Nabelschleife nach der ersten
normal gerichteten Drehung um 90° zum Stillstand, 왔 Um eine Malrotation II handelt es
Definition
spricht man von Nonrotation. sich, wenn eine Drehung um 90° im
Uhrzeigersinn vorliegt.
Es bleibt ein frei bewegliches Mesenterium für den
gesamten Dünn- und Dickdarm bis zum linken Teil Hierbei verläuft das Colon transversum hinter dem
des Colon transversum erhalten. Der gesamte Dünn- Duodenum, der Dünndarm links ventral.
darm liegt rechts im Abdomen, die terminale Ileum- Klinisch sind diese Drehungsanomalien primär
schlinge mündet von rechts in das Zökum. Der Dick- ohne Bedeutung. Symptomatische Malrotationen
darm befindet sich vollständig in der linken Bauch- entstehen dann, wenn peritoneale Bänder bzw. Strän-
höhle. ge vorliegen oder sich aufgrund eines langen Meso-
Klinisch und radiologisch entstehen bei dieser kolons ein intestinaler Volvolus entwickelt. So findet
Drehungsanomalie keine Probleme. Der gesamte sich bei nichtrotierter zökokolischer Schlinge oder
Dickdarm verläuft in nebeneinander gereihten um ein nichtdeszendiertes Zökum das so genannte
Schleifen rechts im Abdomen und überschreitet die Ladd-Band, das auch den dritten Abschnitt des Duo-
Wirbelsäule selten nach links (Abb. 6.5). denums obstruiert.
278 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

wirklich den unteren Zökalpol erreicht, am besten


mit Füllung des Wurmfortsatzes. Unerfahrene Unter-
sucher können bei sonst normaler Lage des Darms
im Colon ascendens leicht größere Haustren als
Zökalpol fehldeuten, sodass möglicherweise pa-
thologische Veränderungen in medialisierten oder
hochgeschlagenen Zökumpartien übersehen werden
(Abb. 6.6).
Die besondere Beweglichkeit im Falle des Coecum
mobile lässt sich durch die Lageänderung dieses
Darmabschnittes bei Aufnahmen in Rechts- und
Linksseitenlage mit horizontalem Strahlengang gut
dokumentieren.

Fehllagen der rechten Flexur (Chilaiditi-Syndrom)

왔 Das Chilaiditi-Syndrom ist ein harm-


Definition
loser Zufallsbefund, zumeist auf der
Thoraxübersichtsaufnahme oder in der CT. Quer-
kolon und rechte Flexur befinden sich ventral
zwischen Leber und Zwerchfell, dem liegt eine un-
zureichende Rotation und Fixation zugrunde.
Abb. 6.6. Fehllage des Zökalpols. Der Zökalpol ist medialisiert
und hochgeschlagen Gelegentlich können auch andere Dick- oder Dünn-
darmabschnitte hierher verlagert sein.
Klinisch ist dieser Befund meist bedeutungslos,
Zur Beurteilung des Typs der Rotationsanomalie gelegentlich finden sich uncharakteristische Ober-
ist neben dem Kontrasteinlauf in der Regel eine Dar- bauchbeschwerden, manchmal begleitet von Obsti-
stellung des duodeojejunalen Übergangs erforder- pation und Meteorismus.
lich. Neben der Prallfüllung beim Kontrasteinlauf Radiologisch fällt dieser Befund häufig bei der
empfiehlt sich zusätzlich eine Anfertigung einer Ent- Thoraxaufnahme in Form von luftgefüllten Darm-
leerungsaufnahme, um nachzuweisen, ob ein persis- schlingen unter der rechten Zwerchfellgrenze auf.
tierendes Mesokolon vorliegt oder nicht. Das Gleiche gilt für die Abdomenaufnahme. Beim
Kontrasteinlauf ist die mit Kontrastmittel gefüllte
Fehllagen des Zökums und des Colon ascendens rechte Flexur zwischen Diaphragma und Leber zu er-
Die meisten Fixationsanomalien finden sich im Be- kennen. Ebenso problemlos ist das Erscheinungsbild
reich des Zökalpols und des Colon ascendens. Die in der Schnittbildtechnik (Abb. 6.7) zu erkennen.
normale Position des Zökums ist das Ergebnis von Die Differenzialdiagnostik umfasst die freie Perfo-
Rotation, mesenterialer Fixation und Deszensus ration und den subphrenischen Abszess.
durch Wachstum in der frühen Kindheit. Ein subhe-
patisch gelegener Zökalpol kann bei vollständig ab-
gelaufener Rotation Folge eines fehlenden Wachs-
tums sein. Der Zökalpol kann nach kranial gerichtet
sowohl ventral oder dorsal, als auch medial oder late-
ral gelegen sein; entsprechend mitverlagert ist der
Wurmfortsatz. Werden längere Abschnitte unzurei-
chend retroperitoneal fixiert, entstehen ein Coecum
mobile bzw. ein Colon ascendens mobile.
Klinisch können allenfalls bei der atypischen Lage
des Zökalpols bzw. des Wurmfortsatzes im Falle einer
Appendizitis differenzialdiagnostische und unter
Umständen operationstechnische Probleme entste-
hen. Bei einem Coecum mobile besteht zusätzlich die
Gefahr einer Volvolusbildung.
Beim Kontrasteinlauf ist bei sonst normaler Lage Abb. 6.7. Chilaiditi-Syndrom. Interposition von Kolon (Pfeil)
des Dickdarms wichtig, dass die Kontrastmittelsäule zwischen Leber und Bauchwand
6.1 Fehlbildungen, Form- und Lageanomalien, Hernien 279

Fehllagen der linken Flexur gung. Daraus resultiert das klinische Bild eine akuten
Die linke Flexur ist besonders mobil, wenn eine feh- Abdomens. Das Sigma ist am häufigsten betroffen,
lerhafte Fixation der Flexura lienalis und ein fehlen- das Zökum ist die zweithäufigste Lokalisation.
des oder sehr lockeres Lig. phrenicocolicum vorlie-
gen. An eine zusätzliche linksseitige renale Agenesie Die auf Wilms (1906) zurückzuführende Einteilung
oder Ektopie sollte gedacht werden. in 2 Gruppen ist weiterhin gültig, wenngleich meist
Primär entstehen keine klinischen Symptome. beide Typen mehr oder minder kombiniert auftre-
Aufgrund der Mobilität ist die Gefahr eines Volvolus ten, sodass oft eine exakte Trennung nicht möglich
der linken Flexur gegeben. Durch die vermehrte Be- ist. Durch die Torsion kann das Darmlumen teilweise
weglichkeit auch der Milz kann es zu einer Torsion oder ganz verschlossen und die Blutzirkulation
des Milzhilus mit Strangulation der hier verlaufen- durch Strangulation in verschieden starkem Maße
den Gefäße kommen. beeinträchtigt werden. Bei kompletter Unterbre-
Beim Kontrasteinlauf kann die Aufnahme in chung der Durchblutung kommt es zur Gangrän des
Rechts- und Linksseitenlage bei horizontalem Strah- betroffenen Darmabschnitts. Fast immer resultiert
lengang die vermehrte Beweglichkeit der linken Fle- eine ernste klinische Symptomatik in Form eines
xur darstellen. akuten Abdomens. Eine spontane Rückbildung der
Drehung ist ungewöhnlich.Allerdings gelingt es gele-
Fehllagen des Colon descendens gentlich bei Sigmavolvulus mit Bauch- und Kopftief-
Fixationsstörungen des Colon descendens und ent- lage des Patienten durch einen Kontrasteinlauf oder
sprechende Fehllagen sind selten und weder klinisch durch eine Koloskopie den Volvulus zu beseitigen.
noch radiologisch von Bedeutung. In einigen Fällen Als wichtigste Ursache gilt eine sehr lange Sig-
bleibt ein Mesocolon descendens bestehen, sodass maschlinge und ein langes Mesenterium, das an
dieser Darmabschnitt sich nach medial verlagern seiner parietalen Seite schmal ist. Dadurch kommen
kann und Dünndarmanteile lateral des Dickdarms in die beiden Enden der Schlinge sehr dicht nebenein-
der parakolischen Rinne zu liegen kommen. Entste- ander zu liegen, und eine Rotation um diese Basis ist
hen Lücken im persistierenden Mesokolon, so kön- leicht möglich. Ist die Kolonschlinge dagegen unge-
nen diese Ursache für innere Hernien darstellen. fähr so lang wie das Mesenterium, kann kein Volvu-
lus entstehen. Ist sie jedoch viel länger, so ist der
Fehllagen des Sigmas Dickdarm zu einer Drehung um die mesokolische
Fixationsanomalien des Sigmas sind häufig, oft kom- Achse prädisponiert. Förderlich für eine Entstehung
biniert mit einem abnorm langen Kolonsegment (Do- sind eine Hypermotilität eines Darmabschnitts und
lichosigma). Meist liegt ein langes Mesosigma vor, eine Überdehnung des Darms durch Luft oder Kot
dessen Fixation an unterschiedlichen Stellen erfolgen bei chronischer Obstipation, sowie die Ausbildung
kann. Das Sigma kann weitgehend rechts liegen oder von Strängen und Adhäsionen nach Bauchopera-
auch links, unter Umständen mit einer Fixierung in tionen.
Höhe der linken Flexur. Seltener sind retrokolische Entsprechend der anatomischen Unterteilung des
Lagen hinter dem Colon transversum oder dem Colon Dickdarms werden die Drehungen eingeteilt in:
ascendens bei unzureichender Fixation dieser Darm-
∑ Volvulus des Zökums,
abschnitte. Ist das Mesosigma besonders lang und
∑ Volvulus des Colon transversum,
liegen die Fixationspunkte dicht beieinander, besteht
∑ Volvulus der linken Flexur und
die Gefahr der Ausbildung eines Sigmavolvulus.
∑ Volvulus des Sigmas.
Klinisch dominieren uncharakteristische Bauch-
beschwerden mit Obstipation und Völlegefühl. Die Inzidenz eines Volvulus schwankt je nach Litera-
Radiologisch lässt sich im Mittelbauch meist ein tur. So sind nach Ballantyne (1988) das Sigma mit
vermehrt geschlängeltes Sigma darstellen, das bis etwa 50–74%, das Zökum mit 15–40%, das Colon
zum Querkolon oder zur rechten bzw. linken Flexur transversum mit 4–10% und die linke Flexur mit 1–
reichen kann, um dann an typischer Stelle im linken 5% betroffen. Selten kann zusätzlich auch noch eine
Unterbauch in das Colon descendens überzugehen. Umschlingung von Dünndarmanteilen, vor allem um
das Sigma, vorliegen.

6.1.3 Zökumvolvulus
Volvulus Das Zökum ist die zweithäufigste Lokalisation eines
왔 Ein Volvulus ist eine Drehung eines Dickdarmvolvulus. Neben den bereits erwähnten
Definition
Darmabschnitts um die mesenteriale Fixationsstörungen mit langem Mesenterium kann
oder die intestinale Achse. Die Torsion bedingt eine eine weiter distal gelegene Obstruktion Auslöser
Obstruktion des Darmlumens und der Blutversor- eines Zökumvolvulus sein, der im Extremfall das
280 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

zeigt auf die Torsion und erlaubt bei Übertritt in den


prästenotischen Anteil Aussagen über die Drehungs-
richtung durch Sichtbarwerden der gedrehten
Schleimhautfalten. Der Übertritt von Kontrastmittel
ist nur selten zu erzielen; manchmal endet die Kon-
trastmittelsäule abrupt. Bei Aufnahmen nach Entlee-
rung stellen sich dann gelegentlich die gedrehten
Schleimhautfalten dar (Abb. 6.8).

Volvulus des Colon transversum


Als Ursache dieses eher seltenen Volvulus liegt meist
ein angeboren langes Mesenterium transversum vor.
Bei sehr schlanken Patienten kann das Colon trans-
versum in Form einer Ptose (Transversoptose) im
Stehen bis ins kleine Becken durchhängen und sehr
beweglich sein. Es wird vermutet, dass aufgrund der
Fettarmut bei mageren Patienten das Mesokolon sehr
dehnbar ist. Auch postoperative Zustände mit
Schrumpfungstendenz können Auslöser eines Volvu-
Abb. 6.8. Volvolus des Zökums. Beim Kontrasteinlauf füllt sich lus dieses Dickdarmabschnitts sein.
der Dickdarm bis zur Mitte des Colon ascendens. Davor stellt Klinisch findet sich eine Blähung des Bauchs mit
sich das luftgefülte, dilatierte und torquierte Zökum dar
Zeichen der mechanischen Obstruktion und Ileus-
symptomatik.
Das proximale Kolon ist stark dilatiert, gasgefüllt
gesamte Colon ascendens mit einschließen kann. Es und kann einen doppelten Flüssigkeitsspiegel zeigen.
können 2 Typen unterschieden werden: Das distale Kolon ist gasarm oder -frei. Beim Kon-
trasteinlauf lässt sich meist nur das Darmlumen bis
∑ eine axiale Torsion um die Längsachse und
zum distalen Drehungspunkt füllen, an dem wieder
∑ eine Umschlingung des Colon ascendens durch
die torquierten Schleimhautfalten sichtbar werden.
das Ileum.
Manchmal sind beide Typen kombiniert. Die Dre- Volvulus der linken Flexur
hung beträgt meist zwischen 180 und 360°, gelegent- Eine Drehung dieses Darmabschnittes ist eine Rarität
lich gar bis 720°. Die Drehung kann im oder gegen und beruht auf einer langen Befestigung bei sehr lan-
den Uhrzeigersinn ablaufen. Männer sind häufiger ger Flexur und fehlendem Lig. phrenicocolicum und
betroffen als Frauen, meist im Alter zwischen 20 und gastrocolicum.
40 Jahren. Klinisch treten krampfartige Bauchschmerzen mit
Klinisch imponiert meist eine akute abdominelle Obstipation und Erbrechen auf.
Symptomatik mit heftigen, manchmal kolikartigen Radiologisch stellt sich das Bild einer Obstruktion
Schmerzen und Erbrechen. in Höhe der linken Flexur mit besonderer Weitstel-
Bei der Abdomenübersichtsaufnahme findet sich lung der Flexura lienalis dar. Beim Kontrasteinlauf
ein weit aufgedehntes, luftgefülltes Zökum, das über- lässt sich der für eine Darmdrehung typische Kon-
all im Abdomen liegen kann. Meist steigt es nach trastmittelabbruch mit schnabelartigem oder stump-
kranial, häufig in den linken Oberbauch. Das dabei fem Ende darstellen.
torquierte Mesenterium kommt in der Mitte in
der nierenförmigen Schlinge als Verdickung zum Sigmavolvulus
Vorschein. Pathognomonisch ist die nieren- oder Der Sigmavolvulus ereignet sich im Gegensatz zum
bohnenförmige Struktur, die einem Nierenbecken Zökumvolvulus meist bei älteren Menschen. Männer
ähnlich sieht. Die Haustrierung ist meist erhal- sind häufiger betroffen als Frauen. Ein langes Sigma
ten, und es liegen Spiegelbildungen im vorgeschal- mit langem Mesosigmoid, das nicht nur angeboren,
teten Dünndarm vor. Bei der Aufnahme im Stand sondern auch erworben sein kann, z. B. bei langjähri-
oder in Linksseitenlage kann innerhalb der gebläh- ger schlackenreicher Kost, prädisponiert zur Entste-
ten Zökumschlinge ein Flüssigkeitsspiegel sicht- hung eines Volvulus. Meist dreht sich die gesamte Sig-
bar sein. Das distal gelegene Kolon ist gasarm oder - maschlinge um die eigene Achse. Diese Drehung
frei. kann mit oder gegen den Uhrzeigersinn erfolgen. Sel-
Beim Kolonkontrasteinlauf wird die Stenosestelle tener dreht sich nur ein kleiner Abschnitt des Sigmas
sichtbar. Das vogelschnabelartig zulaufende Ende um die mesenteriale Achse.
6.1 Fehlbildungen, Form- und Lageanomalien, Hernien 281

CAVE ! Der Kontrasteinlauf muss vorsichtig


erfolgen, zunächst ohne größeren
Druckaufwand, um im fortgeschrittenen Stadium der
beginnenden Wandnekrose keine Perforation zu er-
zeugen.

Kommt es in der Subserosa zur Darstellung feiner


Luftbläschen, ist erhöhte Vorsicht geboten, da sie ein
Zeichen der beginnenden Gangrän sind.
Im frühen Stadium kann mit einem Kontrastein-
lauf, am besten in Kopftieflage und häufigem Rotie-
ren des Patienten, ggf. unter zusätzlicher manueller
externer Kompression, eine Reposition des Sigmas
gelingen, wobei der Patient in der Regel schlagartig
eine Besserung der Beschwerden angeben kann.

6.1.4
Invagination (Intussuszeption)
왔 Eine Invagination ist eine Einstülpung
Definition
eines Darmsegments in den sich abo-
ral anschließenden Darmabschnitt. Sie ist die häufig-
ste Ursache einer intestinalen Obstruktion im Kin-
Abb. 6.9. Sigmavolvolus. Im Nativbild massive Dilatation des
Sigmas mit der typischen länglichen, zentralen Verdichtung, desalter. Im Erwachsenenalter sind 50% benigne und
auch als Bohnenphänomen bezeichnet maligne Tumoren die Ursache. Die Diagnose ge-
schieht mittels CT oder Ultraschall.

Im Erwachsenenalter hat die kolokolische Invagina-


Klinisch können beim Sigmavolvulus akute und tion zu 80% eine spezifische Genese. Davon sind 30%
chronische Verläufe beobachtet werden. Beim aku- benigne und 20% maligne Tumoren; selten kommen
ten Verlauf wird über kolikartige Schmerzen, Blä- Entzündungen, Fremdkörper oder Traumen als Ursa-
hung, Erbrechen und Stuhlverhalt geklagt. Bei der che in Betracht. Auch die Pneumatosis cystica coli
mehr chronischen Form können die Beschwerden kann Auslöser sein. Eine umschriebene Invagination
bis zu 3 Wochen bestehen. Auch hier stehen Stuhl- kann auch nur durch eine Einstülpung eines Haus-
verhalt, Blähungen und aufgetriebenes Abdomen trums entstehen oder durch Invagination des Wurm-
zunächst im Vordergrund, erst später treten die fortsatzes.
Zeichen der kompletten mechanischen Obstruktion Je nach Ursache der Invagination kann die klini-
auf. sche Symptomatik verschieden sein. Bei den tumor-
In der Abdomenaufnahme imponiert das dilatier- bedingten Invaginationen kann ein mehrwöchiger
te Sigma, das sich bis zur Zwerchfellgrenze aus- Verlauf mit leichten, unspezifischen Bauchschmer-
dehnen kann. Die medialen Wände der Sigmaschlin- zen dem akuten Bild, das durch die komplette Ob-
gen bilden eine dicke, weiße Linie, die vertikal aus- struktion verursacht wird, vorangehen.
gerichtet ist, so dass ein Bild entsteht, das einer Kaf- In der Abdomenübersichtsaufnahme ist nur im
feebohne ähnelt (Abb. 6.9). Die Spitze der Sigma- Falle einer Obstruktion ein ileustypisches Bild zu er-
schlinge befindet sich meist links von der Medianli- warten, aus dem die Lokalisation der Invagination
nie. Im dilatierten Sigma liegen meist ein oder 2 Flüs- durch die vorgeschaltete Darmblähung mit Spiegel-
sigkeitsspiegel vor. Im Gegensatz zum Zökumvolvu- bildung vermutet werden kann. Die Diagnose selbst
lus ist der Dünndarm meist gasarm und frei von ist mit dieser Methode selten möglich.
Spiegeln. Im Ultraschall ist eine typische Kokarde im Darm
Der Kontrasteinlauf (mit wasserlöslichem Kon- nachweisbar. Im Längsschnitt ist das Invaginat als
trastmittel) zeigt das typische spitz zulaufende, vo- länglicher Streifen im Darmlumen sichtbar und kann
gelschnabelartige Ende der Kontrastmittelsäule. Ge- die Form einer „Heugabel“ annehmen.Wird die Inva-
legentlich ist wieder die spiralige Form der Schleim- gination durch einen tumorösen Prozess verursacht,
hautfalten darstellbar bei Übertritt von Kontrastmit- kann der typische Ultraschallaspekt im Längs- und
tel über den Verschluss oder nach Ablassen des Querbild verloren gehen und die Diagnostik er-
Kontrastmittels. schwert sein.
282 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

Abb. 6.10. Invagination. Beim Kontrasteinlauf findet sich im Co-


lon ascendens eine Aussparungsfigur durch den invaginierten
Dünndarm, sodass sich der untere Zökalpol nicht kontrastiert

Im Kontrasteinlauf stellt sich das Invaginat als ei-


ne konkave, meniskusartige Aussparung dar, die von
einem unterschiedlich breiten Kontrastmittelsaum
umflossen ist (Abb. 6.10). Sowohl im Säuglings- und
Kleinkindesalter als auch beim Erwachsenen kann
mittels Kontrastmitteleinlauf – am besten mit was-
serlöslichem Kontrastmittel, das je nach Alter ent-
sprechend verdünnt sein sollte – ein Repositionsver-
such der Invagination unternommen werden.
In der CT stellt sich das Invaginat bei günstiger
Schnittebene als pilzförmige Einstülpung dar, die
sich in das nachfolgende Darmlumen vorwölbt
(Abb. 6.11).
Abb. 6.11. Dünndarm-Invagination (Pfeil), typisches Bild der
„doppelten Darmwand“
6.1.5
Hernien
왔 Bei Hernien handelt es sich um eine
Definition
Verlagerung von Darm- oder Einge- Traumen, postoperative Zustände, Schwangerschaft,
weideteilen durch eine Lücke der Bauchwand. Adipositas, Muskelatrophie oder länger bestehende,
intraabdominelle Druckerhöhung.
Bei echten Hernien bildet das Peritoneum parietale Je nach Größe der Bruchpforte kann die klinische
den so genannten Bruchsack. Bei falschen Hernien Symptomatik sehr schwanken. So können Hernien
(manchmal als Prolaps bezeichnet) liegt ein Defekt von monströsen Ausmaßen mehr oder minder ohne
im Peritoneum parietale vor, durch das der Darm- Beschwerden ablaufen. Beschwerden sind dann an-
abschnitt herniert. Der Bruchinhalt kann z. B. aus zutreffen, wenn Komplikationen in Form von Ein-
Darmanteilen und/oder dem großen Netz bestehen. klemmungen eintreten, die dann zu Inkarzerationen
Im Extremfall befindet sich im Bruchsack ein großer und in der Folge zu einem mechanischen Ileus, unter
Teil der Baucheingeweide (Eventeration). Ferner ist Umständen zu Gefäßstrangulation und einer Perito-
zu unterscheiden zwischen inneren (5%) und äuße- nitis führen. Klinisch wird deshalb zusätzlich zwi-
ren Hernien (95%). schen reponiblen, irreponiblen und inkarzerierten
Ätiologisch sind angeborene Hernien, wie der Na- Hernien unterschieden.
belschnurbruch, von erworbenen zu differenzieren. Für Hernien durch den Hiatus oesophageus spielt
Als Ursache für erworbene Hernien sind zu nennen: der Dickdarm keine Rolle.
6.1 Fehlbildungen, Form- und Lageanomalien, Hernien 283

Äußere abdominelle Hernien Traumatische Zwerchfellhernie


Rupturen des Zwerchfells entstehen bei plötzlicher in-
왔 Bei den äußeren abdominellen Her- traabdomineller Druckerhöhung insbesondere im
Definition
nien handelt es sich um Verlagerun- Rahmen von stumpfen Bauchtraumen. Zu 90% ist die
gen von Darmabschnitten durch das Zwerchfell, die linke Seite betroffen. Ohne Ausbildung eines Bruch-
Inguinalregion, den Beckenboden sowie die vordere sacks gelangen Baucheingeweide in den Thoraxraum.
und hintere Bauchwand. Liegt ein frisches abdominelles Trauma vor, ist der
Nachweis von luftgefüllten Darmschlingen im Tho-
Häufig lassen sich die Hernien bereits klinisch durch raxraum problemlos. Liegt das Trauma schon länger
einen entsprechenden Tastbefund nachweisen. Auf- zurück und ist keine adäquate Therapie erfolgt, kann
gabe der Bildgebung ist es deshalb, Informationen die Diagnose anhand einer Thoraxaufnahme Proble-
über den Bruchinhalt, wie Dickdarm und/oder me bereiten. Mittels Kontrasteinlauf oder CT lässt
Dünndarm, Netz usw. zu geben. sich der Nachweis von Dickdarmanteilen im Thorax-
raum leicht erbringen. In der Regel liegt auf der be-
Diaphragmale Hernien troffenen Seite ein Zwerchfellhochstand vor.
Im Zwerchfell gibt es neben den natürlichen Durch-
trittsstellen für die Speiseröhre und die untere Hohl- Hernien des Beckenbodens
vene mehrere Stellen, in denen die Muskulatur auf- Die Diagnose einer inguinalen oder femoralen Hernie
grund des Faserverlaufs schwächer ist, sodass hier ist meist bereits bei der körperlichen Untersuchung
weitere Lücken entstehen können. zu stellen. Dünndarmanteile hernieren häufiger als
Das Bochdalek-Dreieck ist eine Muskellücke poste- der Dickdarm, links können Anteile des Sigmas,
rolateral im Zwerchfell neben der Rückenmuskula- rechts des Zökums im Bruchsack liegen. Die Hernien
tur. Wegen der Abdeckung durch die Leber auf der werden nach der Austrittspforte unterschieden.
rechten Seite ist die Hernienbildung (Bochdalek- Ein indirekter Leistenbruch ist in jedem Alter an-
Hernie) meist links lokalisiert. zutreffen; beim männlichen Geschlecht etwa 10-mal
Computertomographisch ist bei umschriebener häufiger als beim weiblichen. Die hernierten Darm-
Buckelbildung des Zwerchfells die Differenzierung anteile können entlang des Ductus deferens bis ins
zwischen herniertem Netzanteil oder Darmstruktur Skrotum verlagert sein. Die Diagnose geschieht kli-
problemlos möglich. Hernien durch die Larrey-Lü- nisch durch einen typischen Untersuchungsbefund,
cken (Morgagni-Hernie) entsprechen morpholo- bildgebende Verfahren sind nicht notwendig.
gisch den Bochdalek-Hernien. Die Morgagni-Lücke Gelegentlich ist ein Bruch im Bereich des Becken-
liegt rechts, die Larrey-Lücke links ventral im bodens auch im Rahmen einer aus anderer Indika-
Zwerchfell unmittelbar neben der Medianlinie. tion durchgeführten CT-Untersuchung sichtbar, wo-

Abb. 6.12. Inkarzerierte Leistenhernie, links. Klinisch Ileussymptomatik, akutes Abdomen


284 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

bei sich kontrastierte Darmstrukturen außerhalb der


Peritonealhöhle finden (Abb. 6.12).
Von einem direkten Leistenbruch sind meist ältere
Menschen betroffen, Männer etwa 9-mal häufiger als
Frauen. Diese Bruchform tritt auch gehäuft beidseits
auf. Ausgangspunkt ist die Fossa inguinalis medialis.
Der Bruch verläuft sagittal im subkutanen Fettgewe-
be. Auch hier erfolgt die Diagnose ohne bildgebende
Verfahren durch den klinische Untersuchungsbe-
fund.

Beckenbodenbruch (Hernia perinealis)

왔 Es handelt sich um eine Vorwölbung


Definition
des Douglas-Raums durch einen De-
fekt vor dem Lig. perinealis transversalis.

Dabei kann zwischen einer vorderen und hinteren


Hernie unterschieden werden. Diese seltene Hernie
kommt häufiger bei Frauen vor und kann sich bis un-
ter die Haut am Damm, unter Umständen bis in die
großen Schamlippen vorwölben.
Radiologisch ist diese Hernienform durch ein
Schnittbildverfahren – CT oder MRT – zu dokumen-
tieren.

Hernia obturatoria
Diese seltene Hernienform tritt gehäuft bei älteren
Frauen auf, wenn das Beckenperitoneum erschlafft
und der intraabdominelle Druck erhöht ist.
Durch Druck auf den N. obturatorius können
Schmerzen sowie Parästhesien auf der Innenseite des
Oberschenkels auftreten.
In der CT oder MRT können 3 unterschiedlich
lokalisierte Typen unterschieden werden:
∑ zwischen M. pectineus und M. obturatorius exter-
Abb. 6.13. Riesige Bauchwandhernie mit Dünn- und Dick-
nus, darm sowie mesenterialem Fettgewebe im Bruchsack
∑ zwischen oberem und medialem Bündel des
M. obturatorius externus,
Sie treten in einer Inzidenz von 1:3000–6000 Ge-
∑ zwischen den Mm. obturatorius internus und ex-
burten auf.
ternus.
Nabelhernie
Hernia ischiadica Außer bei Kleinkindern kommt diese Bruchform ge-
Der Bruch liegt im Foramen ischiadicum und ist sehr häuft bei adipösen Patienten, insbesondere Frauen vor.
selten. Er verursacht Ischias- und Bauchschmerzen. Intraabdominelle Druckerhöhungen, z. B. bei Aszites
Am besten ist diese Form mit der Peritoneogra- oder mehrfachen Schwangerschaften, sind förderlich.
phie darstellbar. Dabei sind Aufnahmen im seitlichen Klinisch ist diese Hernie meist gut tastbar.
Strahlengang und mit Pressen sinnvoll, um eine En- Radiologisch ist bei der Abdomenaufnahme, am
terozele mit möglichem rektogenitalem Block zu er- besten im seitlichen oder horizontalen Strahlengang,
fassen. die luftgefüllte Darmschlinge an typischer Stelle
nachweisbar. Ebenso können CT oder MRT den Nach-
Hernia praevesicalis weis der hernierten Schlinge erbringen. Bei adipösen
Hernien mit Darminhalt in dem Raum zwischen hin- Patienten und fehlender klinischer Symptomatik
terem Unterrand von Symphyse und Blase, medial wird diese Diagnose manchmal durch die Schnittbild-
der lateralen Umbilikalfalte, sind extrem selten. verfahren als Zufallsbefund erhoben (Abb. 6.13).
6.1 Fehlbildungen, Form- und Lageanomalien, Hernien 285

Rektusdiastase Bei den paraduodenalen Hernien (Treitz-Her-


Synonyme: mediale ventrale Hernie oder Hernia li- nien), die nur Dünndarm enthalten, werden das Co-
neae albae. lon transversum kaudalwärts und die Hinterwand
Der Bruch erfolgt durch die Linea alba. Klinik und des Magens nach kranial verlagert oder imprimiert.
Radiologie entsprechen der Nabelhernie. Selten kommt es zu Hernierungen eines mobilen
Colon ascendens oder Zökums durch das Foramen
Epigastrische Hernie Winslowi. Die so entstandene Hernie wird als Hernia
Der Bruch erfolgt durch den lateralen Rand des bursae omentalis bezeichnet. Im Kontrasteinlauf liegt
M. rectus abdominis. Dabei kann je nach der Lagebe- das Zökum, falls überhaupt kontrastierbar, dorsal des
ziehung zu den Vasa epigastricae zwischen oberer Magens.
und unterer epigastrischer Hernie unterschieden Bei den transmesokolischen, perizökalen, intersig-
werden. Die hernierten Darmabschnitte können zwi- moidalen und transmesosigmoidalen Hernien ist
schen den Mm. obliquus externus und internus zu nur der Dünndarm als Bruchinhalt betroffen.
liegen kommen. Etwa 50% aller inneren abdominellen Hernien
Klinisch und radiologisch sind die bei der Nabel- sind als postoperative Residuen anzusehen.
hernie geschilderten Veränderungen zu erwarten. Die Patienten klagen bei allen inneren Hernien-
formen meist über rezidivierende abdominelle
Lumbale Hernien Schmerzen, manchmal liegt das Bild eines intermit-
Am häufigsten erfolgen diese dorsal gelegenen Her- tierenden Ileus vor.
nien durch Muskellücken im oberen Lendendreieck Die Fehllagen sind radiologisch schwer zu erfas-
zwischen der 12. Rippe und dem M. erector trunci sen. Am ehesten kann die CT Hinweise geben, die ei-
oder im unteren Lendendreieck oberhalb der Crista ne innere Hernie vermuten lassen.
iliaca.
Klinisch sind meist erst bei Vorliegen von Kompli-
kationen Beschwerden nachweisbar. 6.1.6
Radiologisch lassen sich diese Hernierungen am Verlagerung von Dickdarmanteilen
besten mit den Schnittbildverfahren dokumentieren. durch nichtkolische Prozesse
Neben den angeborenen Fehlbildungen und Lagean-
Narbenhernien omalien können atypische Lagen von Dickdarmab-
Nach abdominellen Operationen können insbeson- schnitten auch durch eine Vielzahl von extrakoli-
dere bei Patienten mit Sekundärwundheilung, Naht- schen Prozessen hervorgerufen werden. Erkrankun-
dehiszenz, atrophischer Muskulatur oder einer Kolla- gen der übrigen Bauchorgane können direkte Aus-
generkrankung Ausstülpungen im Nahtbereich ent- wirkungen auf das Kolon haben. Diese lassen sich
stehen. Diese werden begünstigt durch intraabdomi- beim Kontrasteinlauf feststellen, wenn die Kolosko-
nelle Druckerhöhung und Adipositas. pie diese Veränderungen nicht erfasst, da die
Die Klinik entspricht den anderen Bauchwandher- Schleimhaut in der Regel intakt ist. Neben dem Kon-
nien. trasteinlauf sind der Ultraschall sowie die Schnitt-
Radiologisch kann die luftgefüllte Darmschlinge bildverfahren CT und MRT für die weitere Diagnos-
entweder in der Abdomenaufnahme erfasst werden, tik entscheidend.
oder sie ist im Kontrasteinlauf sichtbar, wobei gele- Vergrößerungen der Leber, z. B. bei großen Zysten,
gentlich Schräg- oder Seitaufnahmen erforderlich Tumoren oder Systemerkrankungen, verursachen ei-
sind. Problemlos gelingt der Nachweis auch mit den ne Kaudalverlagerung der rechten Flexur und des
Schnittbildverfahren. rechten Colon transversum.
Ein Gallenblasenhydrops, tumorös oder entzünd-
Innere abdominelle Hernien lich veränderte Gallenblasen führen zur Impression
und unter Umständen zur Verlagerung der rechten
왔 Bei dieser Form von Hernien handelt Flexur und des Colon transversum. Bei entzündli-
Definition
es sich um Verlagerungen von Einge- chen und tumorösen Läsionen kann zusätzlich eine
weideteilen in Bauchfelltaschen, die angeboren sein vermehrte lokale Kontraktionsneigung mit einer
können oder sich im Laufe des Lebens erweitern kön- Zähnelung der der Gallenblase zugewandten Seite
nen. Ein Bruchsack im eigentliche Sinne fehlt. des Kolons vorliegen. Bei Fistelbildungen zwischen
Kolon und Gallenblase, z. B. nach Steinperforation,
Die Bauchfelltaschen liegen meist in kongenitalen kann infolge Schrumpfung eine Kranialverziehung
Öffnungen oder Schwachstellen des Mesenteriums der rechten Flexur resultieren.
oder des Mesokolons. Der Dünndarm ist häufiger be- Durch den direkten Kontakt zwischen der rechten
troffen als der Dickdarm. Flexur und dem infrapapillären Teil der Pars descen-
286 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

dens duodeni und des Mesocolon transversum kön- Albillos GJ, Tejedor D, Calero R, Rasero M, de al Calle U, Lopez-
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rösen Duodenalprozessen entstehen. 299–320
Über das Lig. gastrocolicum können sich Magen- Andersson A, Bergdahl L, van der Linden W (1975) Volvolus of
tumoren nach kaudal ausbreiten und eine Verdrän- the cecum. Ann Surg 181: 876–880
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Auch tumoröse Prozesse, die vom Pankreas ausge- Arnold GJ, Nance FC (1973) Volvulus of the sigmoid colon.Ann
hen, können über das Mesocolon transversum den Surg 177: 523–537
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Bei der Pankreatitis können erhebliche Verlagerun- Abnormalities of rotation. Gastrointest Radiol 2: 41–47
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colon: radiographic diagnosis and clinical implications. II:
fen werden. Der Befund am Dickdarm hängt ab vom Abnormalities of fixation. Gastrointest Radiol 2: 49–56
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colon: report of two cases and review of the literature. Gas-
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ventral verlagert und die linke Flexur nach lateral volvulus: the CT whirl sign. Abdom Imaging 18: 288–289
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und ventral. nose einer ileokolischen Invagination im Erwachsenenal-
Im kleinen Becken wird bei vergrößertem Uterus, ter. Radiologe 29: 383–385
z. B. durch Uterus myomatosus, der rektosigmoidale Gayer G, Apter S, Hofmann C, Nass S et al. (1998) Intussuscep-
Bereich von ventral her imprimiert. Je nach Größe tion in adults: CT diagnosis. Clin Radiol 53: 53–57
Gelen T, Aktan S, Kesici A, Brcan O, Luleci E (1997) Acute
und Seite wird bei Raumforderungen der Adnexen colonic obstruction caused by intussusception and extru-
eine Verlagerung und Impression des Sigmas sion of a sigmoid lipoma through the anus after barium en-
und/oder des Zökumpols resultieren. Die vergrößer- ema. Abdom Imaging 22: 389–391
te Prostata verursacht eine ventrale Impression des Henisz A, Matesanz J, Westcott L (1974) Cecal herniation
through the foramen of Winslow. Radiology 112: 575–578
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sowie Abszessbildungen zu erwarten. Auch große Karahan OI, Dodd GD, Chintapilli KN, Rhim H, Chopra S
Aszitesmengen können erhebliche Verlagerungen (2000) Gastrointestinal wall thickening in patients with cir-
des Dickdarms bedingen. Dabei entspricht je nach rhosis: frequency and patterns at contrast-enhanced CT.
Lokalisation der Erkrankung die Richtung der Verla- Radiology 215: 103–107
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Radiol 10: 283–288
6.2 Traumatische Veränderungen 287

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748 Zusammenhang sollen auch postoperative Läsionen
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288 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

Der Ultraschall kann die freie Flüssigkeit bei intra- größeren Blutansammlungen kann der Darm verla-
oder retroperitonealer Blutung und unter Umstän- gert sein.
den die Wandverdickung bei intramuralem Häma- Im Ultraschall und in der CT sind intraabdominel-
tom zeigen. Diese beiden Veränderungen zeigt auch le Flüssigkeitsansammlungen gut darstellbar. Die
die CT. Austritte von Luft sind mit der CT besser zu fassen.

Merke ! Die CT weist eine hohe Sensitivität bei


stumpfen Bauchtraumen auf. Der Vor-
Fremdkörperbedingte Verletzungen
Bei den Fremdkörpern handelt es sich um ver-
teil liegt zusätzlich darin, dass eine Mitbeurteilung schluckte Gegenstände, die entweder irrtümlich ver-
der Nachbarorgane überlagerungsfrei möglich ist. schluckt wurden, wie z. B. Zahnstocher, Knochen, Na-
deln, Münzen oder Spielzeugteile bei Kindern, oder
bei psychopathisch veranlagten Menschen um be-
6.2.2 wusst aufgenommene Teile, wie Glasscherben, Ga-
Scharfes (penetrierendes) Bauchtrauma beln, Löffel, Nägel usw. Diese bleiben im Dickdarm
hängen und können zu einer Wandperforation füh-
Eine penetrierende Dickdarmverletzung kann ent- ren. Manchmal gehen diesen Perforationen um-
weder perkutan, z. B. in Form einer Schuss- oder schriebene Entzündungen voraus, wenn der Fremd-
Stichverletzung, oder als Pfählungsverletzung pera- körper längere Zeit an einer Stelle stecken bleibt.
nal durch einen spitzen Gegenstand erfolgen. Dane- Häufigste Lokalisation dieser Perforationen sind die
ben sind Traumafolgen denkbar durch verschluckte Ileozökalregion, Sigma und Rektum.
Fremdkörper, die im Dickdarm hängen bleiben und Direkte Verletzungen des Rektums und unter Um-
die Darmwand durchstoßen oder durch peranal ein- ständen des Sigmas resultieren aus peranal einge-
geführte Gegenstände, die lokal zu Verletzungen des führten Fremdkörpern, wie Kanülen, Katheter, Ther-
Enddarms oder des Sigmas führen. mometer oder Rauschgiftpäckchen, oder durch In-
strumente oder Gegenstände, die meist aus autoero-
Perkutane Verletzungen tischen Gründen zweckentfremdet werden, wie
Die perkutanen Verletzungen sind in allen Abschnit- Vibratoren, Kerzen, Flaschen, Gläser usw.
ten des Dickdarms möglich und annähernd gleich Grundsätzlich können die meisten Fremdkörper
häufig auf die verschiedenen Abschnitte verteilt. Da- ohne größere Darmwandverletzung peranal den Kör-
bei gilt insbesondere zu unterscheiden, ob die Pene- per verlassen oder mittels Endoskopie geborgen wer-
tration eine Eröffnung der Darmwand nach intrape- den. Kleinere Schleimhautverletzungen sind dabei
ritoneal oder retroperitoneal verursacht oder ob eine meist ohne klinische Bedeutung. Wird die Darm-
einseitige oder beidseitige Darmwandläsion vorliegt. wand dagegen perforiert, so resultiert neben den er-
Die Klinik ist von der Art, dem Grad und der Loka- heblichen abdominellen Schmerzen eine Symptoma-
lisation des Traumas abhängig. Die Patienten klagen tik, die entweder durch eine lokale Peritonitis oder
über meist heftige abdominelle Schmerzen. Es findet ein akutes Abdomen gekennzeichnet ist.
sich das Bild eines akuten Abdomens, peranale Blut- Die meisten der genannten Fremdkörper sind
verluste sind möglich. schattengebend und somit auf der Abdomenaufnah-
Die Abdomenaufnahme zeigt freie intra- oder ret- me gut zu identifizieren (Abb. 6.14 a, b). Spielzeugtei-
roperitoneale Luft als Hinweis auf Perforation. Bei le sind häufig aus Plastik und nur schwer erkennbar.

Abb. 6.14 a, b. Fremdkörper im


Rektum. Abdomenleeraufnahmen
a. p. und seitlich eines peranal
eingeführten Weinglases

a b
6.2 Traumatische Veränderungen 289

bis zu Ulzerationen und entzündlichen Wandreaktio-


nen auftreten.
Oral oder parenteral zugeführte Medikamente
sind Ursache einer Vielzahl von Störungen und pa-
thologischen Umbauvorgängen am Dickdarm. So
können Antibiotika eine pseudomembranöse Kolitis
oder im Falle von Penicillin eine Urtikaria auslösen.
Substanzen wie Digitalis, Antikonzeptiva und Ergo-
taminpräparate können das Bild einer ischämischen
Colitis bedingen. Blutungen und Ulzerationen sind
durch die Einnahme von Kortikosteroiden, Zytostati-
ka, Heparin und Goldderivaten beschrieben. Motili-
tätsstörungen, meist mit dem Bild eines Megakolon,
gehen auf Ganglienblocker, Psychopharmaka, Narko-
tika sowie Klonidin und Muskelrelaxanzien zurück
(vgl. Tabelle 6.1).
Abb. 6.15. Drogenpackungen im Rektum. Zylinderförmige Klinisch imponieren je nach der zugrunde liegen-
Plastikpäckchen mit Heroin, die vermehrt transparent sind den Noxe Symptome, die zu den oben genannten Stö-
und wie Luft imponieren, bei einem “body packer”
rungen passen. Dabei werden gehäuft sowohl bei den
oral und parenteral als auch bei den peranal zuge-
führten Medikamenten Blutabgänge beobachtet.
Rauschgiftpäckchen können aus nichtschattenge- In der Diagnostik steht die Endoskopie im Vorder-
bendem Material bestehen (Abb. 6.15). Liegt eine grund, radiologische Verfahren spielen keine Rolle.
freie Perforation vor, ist die Suche nach freier Luft im
Abdomen angezeigt. Amorphe Gasansammlungen Endoskopisch bedingte Verletzungen
zwischen den Darmschlingen können auf Abszessbil- Perforation, Blutung und Infektion sind die Kompli-
dungen hindeuten, diese rufen zudem Verlagerungen kationen und Risiken der Koloskopie. Mit Perforatio-
von Darmanteilen hervor oder erzeugen ein Ileus- nen muss bei 0,1% der diagnostischen und bis zu
bild. Mit der CT sind auch nichtschattengebende 0,3% bei therapeutischen Koloskopien gerechnet
Fremdkörper aufgrund der Röntgendichte der Ge- werden, Blutungen werden bei 0,3–6,1% der thera-
genstände darstellbar. peutischen Koloskopien beobachtet. Die Mortalität

6.2.3
Iatrogene Läsionen des Dickdarms

Durch orale, parenterale oder rektale Applikation


von Medikamenten, durch endoskopische, röntgen-
diagnostische oder therapeutische Maßnahmen so-
wie im Rahmen interventioneller Behandlungen
können Läsionen am Dickdarm resultieren (postope-
rativ zu beobachtende Läsionen werden an anderer
Stelle abgehandelt).

Medikamentös bedingte Darmverletzungen


Die peranal mit Suppositorien oder Klysmen zuge-
führten Medikamente oder Flüssigkeiten können lo-
kal im Rektum und rektosigmoidalen Bereich zu
Schleimhautschädigungen, Ulzerationen und im
Narbenstadium zu Stenosen führen. Hier sind insbe-
sondere die chronische Zufuhr von Suppositorien
mit Paracetamol, Acetylsalicylsäure oder Schmerz-
mittel wie Veganine zu nennen. Bei Reinigungsein-
läufen können dort, wo die irritierende Klysmenflüs- Abb. 6.16. Perforation während Koloskopie bei massiv ent-
sigkeit am längsten liegen bleibt, und zwar im Kolon zündlich verändertem Kolon bei Colitis ulcerosa, massenhaft
ascendens und transversum, Schleimhautläsionen freie Luft >2 l im Abdomen
290 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

ist mit bis zu 0,006% aller Koloskopien zu vernach- Operationsmethoden wie Anastomosentyp, Ausdeh-
lässigen (Jechart 2004). nung der Resektion und den Zeitraum seit der Ope-
Todesfälle im Zusammenhang mit Koloskopien ration. Der zeitliche Abstand zur Operation ist wich-
sind am häufigsten durch kardiopulmonale Kompli- tig, da je nach Zeitintervall unterschiedliche operativ
kationen bedingt. bedingte Komplikationen zu erwarten sind.
Bei Perforationen nach intraperitoneal kann mit In der postoperativen Phase bis zur 4. Woche nach
Abdomenübersichtsaufnahmen freie Luft nachgewie- der Operation sind durch Nahtinsuffizienz bedingte
sen und die Größe der Perforation aufgrund der Luft- Leckagen möglich, die unmittelbar am Ort der Insuf-
menge abgeschätzt werden (Abb. 6.16). fizienz eine Phlegmone oder Abszesse hervorrufen
können. Solche Abszesse können sich aber auch in
Verletzungen bei diagnostischen abgelegenen Regionen des Abdomens, z. B. subphre-
und interventionellen radiologischen Verfahren nisch, subhepatisch, parakolisch oder im Douglas-
Klinik und Symptome bei Perforationen im Rahmen Raum befinden. Neben den Abszessen sind eine Peri-
eines Kolonkontrasteinlaufs sind mit den Verände- tonitis, Fistelbildungen zu Nachbarorganen, intra-
rungen bei der endoskopischen Perforation iden- und retroperitoneale Blutungen mit Verlagerung
tisch. und/oder Einengung von Organen oder Blutabgänge
Bei der angiographischen Darstellung der A. peranal möglich. Denkbar sind auch Verletzungen
mesenterica superior oder inferior können infolge von Nachbarorganen, wie Milz und Pankreas, oder
von Dissektionen oder durch Loslösen von arterios- Ligaturen und Durchtrennungen der Ureteren.
klerotischen Plaques periphere Embolien mit akuten Radiologisch kann ein postoperativer Abszess
Durchblutungsstörungen auftreten. Da ein gutes durch eine amorphe paraintestinale Höhlenbildung
Kollateralsystem der Darmgefäße vorliegt, bedingt mit Flüssigkeitsspiegel auffallen. Gegebenenfalls ist
nicht jede Embolie eine Darmischämie mit Nekrose freie Luft im Abdomen sichtbar, die allerdings bis zu
(s. mesenteriale Ischämie). einer Woche nach Operation nicht zwangsläufig als
Auch bei der therapeutischen Embolisation von pathologisch zu werten ist. Die Weitstellung von
Kolonblutungen ist bei falscher Platzierung des Dünn- oder Dickdarmschlingen ist in der 1. postope-
Embolisationsmaterials mit einer Darmischämie rativen Woche eine oft zu beobachtende Verände-
und/oder Nekrose zu rechnen. Verletzungen der rung, die als Darmhypo- oder -atonie aufzufassen ist.
Darmwand sind zudem möglich bei computertomo- Auch Spiegelbildungen sind in dieser Phase kein ver-
graphisch- oder ultraschallgezielten diagnostischen lässliches, pathologisches Zeichen. Sind sie allerdings
Punktionen, Abszessdrainagen, ggf. auch Nephrosto- kombiniert mit den klinischen Zeichen des akuten
mien oder Gallengangsdrainagen. Punktionen mit Abdomens, muss auch in dieser frühen Phase an eine
einer Chiba-Nadel <0,9 mm Durchmesser sind in der Peritonitis gedacht werden.
Regel ohne Gefahr einer Peritonitis durchführbar, Der Kontrasteinlauf, der nur mit wasserlöslichem
selbst wenn die Darmwand durchstochen wird. Eine Kontrastmittel durchgeführt werden darf, zielt dar-
Drainage, die durch den Dickdarm verläuft, verbietet auf ab, die Anastomose darzustellen und ein hier lo-
sich. Als Komplikation dieser therapeutischen oder kalisiertes Leck zu finden. Eine Füllung der übrigen
diagnostischen Maßnahmen sind die Peritonitis oder Dickdarmabschnitte ist in dieser Phase nicht nötig
eine Blutung zu nennen. Auch die Einbringung von (Abb. 6.17).
Metallstents in das Darmlumen bei Obturation, z. B. Im Ultraschall oder in der CT ist die parakolische
im Sigma, kann mit einem Einriss der Darmwand Flüssigkeitsansammlung bei Nahtinsuffizienz gut
und Peritonitis einhergehen. darstellbar. Anhand der Dichtewerte bzw. des Signal-
Klinisch resultieren bei fast allen mit diagnosti- verhaltens ergeben sich unter Umständen Anhalts-
schen und therapeutischen Eingriffen verursachten punkte zur Differenzierung eines Abszesses von ei-
Komplikationen die Zeichen eines akuten Abdo- ner Blutung.
mens.
Bei der Abdomenaufnahme wird entsprechend ei-
ne lokale oder generalisierte Weitstellung der Darm- Merke ! Es ist sinnvoll, im frühen postoperati-
ven Stadium immer das komplette
schlingen sichtbar, oder bei Perforation sind Hinwei- Abdomen mittels CT (oder MRT) zu untersuchen,
se auf freie intraperitoneale Luft vorhanden. um mögliche Abszesse an anderen Lokalisationen im
Abdomen nicht zu übersehen. Dabei ist gleichzeitig
Postoperative Läsionen auch auf Verletzungen der Nachbarorgane wie Milz
Voraussetzung für eine postoperative Beurteilung oder Pankreasschwanz zu achten. Ebenso sollte eine
des Dickdarms nach Kolonoperationen sind die Abflussbehinderung im Bereich der Ureteren ausge-
Kenntnis der zur chirurgischen Behandlung führen- schlossen werden.
den Grunderkrankung sowie Informationen über
6.2 Traumatische Veränderungen 291

Abb. 6.17. Postoperatives Paravasat. Zustand nach linksseiti- Abb. 6.18. Briden nach Magenoperation. Stenose durch Bri-
ger Hemikolektomie mit Nahtinsuffizienz und Kontrastmittel- den im Querkolon nach Magenoperation
austritt

Abb. 6.19. End-zu-End-Anastomose. Zustand nach Sigmare- Abb. 6.20. Zustand nach anteriorer Rektumresektion. Deutli-
sektion mit Einengung der Dickdarmanteile im Anastomosen- cher Kalibersprung im Anastomosenbereich, narbige Steno-
bereich durch Narbengewebe sierung
292 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

In der postoperativen Phase ab der 5. Woche nach zen, unter Umständen mit Ileussymptomatik resul-
Operation konzentriert sich die Suche nach operativ tieren. Die Verätzungskolitis führt zu heftigen abdo-
bedingten Komplikationen meist auf Veränderungen minellen Schmerzen mit Schleim- und Blutabgängen
in Form von Stenosen, Briden, Fisteln, Granulombil- und Entzündungszeichen.
dungen oder Blindsackentwicklungen (Abb. 6.18). Röntgenologische Verfahren spielen in der Dia-
Die narbigen Veränderungen rufen eine Passage- gnostik keine Rolle.
störung hervor, sodass das Bild eines chronischen,
inkompletten mechanischen Ileus resultiert. Entspre-
chend dem chronischen Ileusbild sind weitgestellte Literatur
Darmschlingen auf der Abdomenaufnahme erkenn-
bar. Abcarian H (1987) Rectal trauma. Gastroenterol Clin North
Am 16: 115–124
In dieser Phase ist der Kontrasteinlauf wieder in Baekelandt M, Vansteenberge R, van der Spek P, d’Haenens P,
Form eines Doppelkontrasteinlaufs durchzuführen. Rollier A, Stocks l (1990) Rectal stenosis following the use of
Dabei sollte zusätzlich auf eine Granulombildung im suppositories containing paracetamol and acetylsalicylid
Operationsbereich bzw. ein Rezidiv der zur Opera- acid. Gastrointest Radiol 15: 171–173
Barone JE, Sohn N, Nealon TF (1976) Perforation and foreign
tion führenden Grunderkrankung geachtet werden. bodies of the rectum: report of 28 cases. Ann Surg 184:
Bei narbigen Stenosen ist die Engstellung auch durch 601–604
artifizielle Hypotonie nicht zu beseitigen (Abb. 6.19, Bartram CI, Hall-Craigs MA (1987) Interventional colorectal
Abb. 6.20). endoscopic procedures: residual lesions on follow-up dou-
ble-contrast barium enema study. Radiology 162: 835–838
Baum S, Athanasoulis CA, Waltman AC (1975) Angiography in
the diagnosis and therapy of hemorrhage from the large
6.2.4 bowel. Radiologe 15: 427–433
Bestrahlungsfolgen Becker CD, Metha G, Schmidlin G, Terrier J (1998) Blunt ab-
dominal trauma in adults: role of CT in the diagnosis and
management of visceral injuries. Part 2. Gastrointestinal
Von den Verletzungen durch elektromagnetische tract and retroperitoneal organs. Eur Radiol 18: 772–780
Wellen sind am Dickdarm nur die Folgen durch eine Farah DA, Mills PR, Lee FD, McLay A, Russell RI (1985) Col-
Bestrahlungstherapie von Bedeutung. Sie sollen im lagenous colitis: possible response to sulfalazine and local
steroid therapy. Gastroenterology 88: 792–797
Rahmen der Strahlenkolitis besprochen werden (s. Goodman P, Raval B, Zimmerman G (1990) Perforation of
Abschn. 6.3.4). the colon due to endometriosis. Gastrointest Radiol 15:
346–348
Howell HS, Bartizal JF, Freeark RJ (1976) Blunt trauma involv-
ing colon and rectum. J Trauma 16: 624–632
6.2.5 Hyson EA, Burrell M, Toffler R (1977) Drug-induced gastroin-
Verätzungen testinal disease. Gastrointest Radiol 2: 183–212
Jechart G (2004) Allgemeines zur Untersuchung. In: Messmann
H (Hrsg) Lehratlas der Koloskopie. Thieme, Stuttgart New
Verätzungen am Dickdarm sind sehr selten. Sie kön- York, S 2–5
nen hervorgerufen werden durch Ingestion von Kim SK, Gerle RD, Rozanski R (1978) Cathartic colitis. AJR Am
Knopfbatterien, die erst im Dickdarm hängen blei- J Roentgenol 131: 1079–1081
ben, sich dort auflösen und durch Freisetzen der In- Kim Sk, Cho C, Levinsohn EM (1980) Caustic colitis due to de-
tergent enema. AJR Am J Roentgenol 134: 397–398
haltsstoffe zu einer lokalen Entzündung mit Nekrose Levine MS, Kelly MR, Laufer I et al. (1993) Gastrocolic fistulas:
führen. Verätzungen können ebenfalls durch Einläu- the increasing role of Aspirin. Radiology 187: 359–361
fe entstehen, die eine zu hoch dosierte Menge an De- Martins A, Sternberg SS, Attiyeh FF (1980) Radiation-induced
tergenzien oder Seife enthalten. Diese einlaufbeding- carcinoma of the rectum. Dis Colon Rect 23: 572–575
McCarron MM, Wood JE (1983) The cocaine body-packer syn-
ten Veränderungen sind vornehmlich am Rektum drome. JAMA 250: 1417–1419
und Sigma lokalisiert in Form einer so genannten Meyer JE (1981) Radiography of the distal colon and rectum
Verätzungskolitis, auch als Seifen- oder kaustische after irradiation of carcinoma of the cervix. AJR Am J
Kolitis bezeichnet. Roentgenol 136: 691–699
Neitlich JD, Burrell MT (1999) Drug-induced disorderes of the
Infolge der Korrosion sind bei der Verätzungskoli- colon. Abdom Imaging 24: 23–28
tis in der frühen Phase bis zum 4. Tag Zellnekrosen zu Novelline RA, Rhea JT, Bell T (1999) Helical CT of abdominal
erwarten, die eine heftige Entzündung hervorrufen. trauma. Radiol Clin North Am 37: 591–612
Zwischen dem 3. und 5. Tag bilden sich Ulzerationen, Persigehl M (1999) Traumafolgen an den Abdominalorganen.
In: Heuck FHW, Frik W, Scherz H-W (Hrsg) Radiologisches
die Mukosa löst sich ab. Danach heilt die Erkrankung Fachgutachten. Springer, Berlin Heidelberg New York
langsam ab, und es entwickeln sich z. T. ausgiebige, Tokyo, S 190–187
langstreckige Narben mit der Tendenz zu Strikturen. Puy-Montbrun T, Delechenault P, Ganansia R, Denis J (1990)
Bei Verätzungen durch Batterien können je nach Rectal stenosis due to Veganine suppositories. Gastrointest
Radiol 15: 169–170
Lokalisation der Freisetzung der darmwandschädi-
genden Substanz umschriebene abdominelle Schmer-
6.3 Entzündliche Veränderungen 293

Rizzo MJ, Federle MP, Griffiths BG (1989) Bowel and mesen-


teric injury following blunt abdominal trauma: evaluation 6.3
with CT. Radiology 173: 143–148 Entzündliche Veränderungen
Shuman WP (1997) CT of blunt abdominal trauma in adults.
Radiology 205: 297–306 Bei den entzündlichen Darmerkrankungen ist zwi-
Tanouri F, Lalmand B, Zalcman M et al. (1998) Role of the dou- schen den chronisch-entzündlichen Erkrankungen
ble-contrast barium enema in rectal stenosis due to sup- und solchen, bei denen eine definierte Ursache oder
positories containing paracetamol and acetylsalicylic acid.
Eur Radiol 8: 1217–1220 ein Erreger als Auslöser einer infektiösen Erkrankung
Urso FP, Urso MJ, Lee CH (1975) The cathartic colon: patholog- in Betracht kommen, zu unterscheiden. Für die Bild-
ical findings and radiological pathological correlation. Ra- gebung spielen nur die chronisch-entzündlichen
diology 116: 557–559 Darmerkrankungen (CED) eine bedeutsame Rolle,
Warshaw AL, Welch JP, Ottinger W (1976) Acute perforation of
the colon associated with chronic corticosteroid therapy. alle anderen Erkrankungen stellen in der Regel keine
Am J Surg 131: 442–446 Indikation zu einer bildgebenden Technik dar.
Weishaupt D, Grozaj AM, Willmann JK et al. (2002) Traumatic Die CED lassen sich einteilen in Morbus Crohn und
injuries: imaging of abdominal and pelvic trauma. Eur Ra-
diol 12: 1295–1311
Colitis ulcerosa sowie eine nichtklassifizierbare Kolitis
(Colitis indeterminata). Der Manifestationsgipfel die-
ser Erkrankungen liegt zwischen dem 20. und 30. Le-
bensjahr, sie weisen lebenslangen Charakter auf.

왔 Der Morbus Crohn ist eine transmu-


Definition
rale Entzündung, die deshalb auch zu
Fisteln und Abszessen als Komplikation führt. Das
Ausbreitungsmuster ist antegrad und segmental. Ne-
ben der Untersuchung des Dünndarms als MR-Enter-
oklysma oder in Doppelkontrasttechnik nach Sellink
gehört zum Beginn der Erkrankung immer auch eine
komplette ober und untere Endoskopie zum diagnos-
tischen Standardprogramm.

Abb. 6.21. Befallsmuster bei Colitis ulcerosa und Morbus


Crohn. (Aus Feuerbach u. Schölmerich 2000 a)
294 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

Abb. 6.22. Mukosale Entzündung bei Colits ulcerosa und transmurale Entzündung bei Morbus Crohn. (Aus Feuerbach u. Schöl-
merich 2000 a)

Der Morbus Crohn befällt prinzipiell den gesamten wohnheiten findet sich aber auch in Ländern der ehe-
Intestinaltrakt, wobei vorrangig der distale Dünn- maligen Dritten Welt (beispielsweise in Südostasien
darm und/oder der Dickdarm betroffen sind oder in Südamerika) ein Anstieg der Erkrankungs-
(Abb. 6.21). Die Erkrankung ist durch ihren diskonti- häufig, ähnlich wie vor 30–40 Jahren in Europa.
nuierlichen Charakter gekennzeichnet, da häufig Grundsätzlich besteht ein erhöhtes Risiko für die
gleichzeitig weit voneinander entfernt liegende Ab- Entwicklung eines kolorektalen Karzinoms.
schnitte des Intestinaltrakts befallen sind („skip le-
sions“ und „skip areas“).
6.3.1
왔 Die Colitis ulcerosa ist eine mukosale Colitis ulcerosa
Definition
Erkrankung, die vom Rektum ausge-
hend eine kontinuierliche Ausbreitung in retrograder Das Hauptsymptom der Colitis ulcerosa sind blutig
Richtung aufweist. Die Diagnostik ist eine Domäne schleimige Durchfälle, die nicht immer mit Schmer-
der Endoskopie. Zu Beginn der Erkrankung wird ei- zen verbunden sind (Tabelle 6.2). Fieber und Ge-
ne komplette obere und untere Endoskopie durchge- wichtsverlust treten ebenfalls häufig auf, die extrain-
führt und der Dünndarm mittels Enterosklysma oder testinalen Symptome sind denen bei Morbus Crohn
in klassischer Doppelkontrasttechnik dargestellt. Im vergleichbar (Abb. 6.23). 80% der Patienten weisen
weiteren Verlauf spielen bildgebende Verfahren keine lediglich eine Proktitis oder Proktosigmoiditis auf,
Rolle mehr. nur bei 20% sind ausgedehnte Dickdarmanteile oder
der gesamte Dickdarm befallen. Neuere Daten zei-
Die Colitis ulcerosa ist im Gegensatz zum transmura- gen, dass etwa bei der Hälfte der Patienten mit initia-
len Befallsmuster beim Morbus Crohn eine auf die ler Proktosigmoiditis im Verlauf eine Ausdehnung
Mukosa des Dickdarms beschränkte Erkrankung, die nach proximal erfolgt, umgekehrt kommt es offenbar
vom Rektum ausgehend eine kontinuierliche Aus- auch bei einigen Patienten mit ausgedehnter Colitis
breitung in das distale Kolon und selten in das ge- zu einer Regression (Tabelle 6.3). Veränderungen der
samte Kolon aufweist (vgl. Abb. 6.21, Abb. 6.22). Ausdehnung sind insbesondere dann zu erwarten,
wenn bisher nicht beobachtete Symptome neu auf-
Epidemiologie treten.
Die Prävalenz beider Erkrankungen liegt in Deutsch-
land bei etwa 40–50 pro 100.000 Einwohner, die Inzi- Bildgebende Verfahren bei Colitis ulcerosa
denz bei 4–6 Neuerkrankungen pro Jahr und 100.000 Bildgebende Verfahren spielen in der Primärdiag-
Einwohner, wobei sich keine gravierenden Unter- nostik der Colitis ulcerosa (CU) keine Rolle mehr, je-
schiede zwischen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa denfalls nicht der Kolonkontrasteinlauf (KE) im
finden. Die Erkrankungsrate liegt bei Männern etwas Doppel- oder Monokontrast. Typische Befunde im
höher als bei Frauen. Beide Erkrankungen sind in Kolonkontrasteinlauf sind dornförmige Ausziehun-
Ländern mit „amerikanisch-europäischer Lebens- gen,„Spiculae“ als Ausdruck kleiner miliarer Abszes-
weise“ deutlich häufiger als in anderen Regionen der se der Lieberkühn-Krypten, in fortgeschritteren Sta-
Welt. Mit zunehmender Anpassung der Lebensge- dien tiefe Ulzera mit Unterminierung der Mukosa,
6.3 Entzündliche Veränderungen 295

Tabelle 6.2. Initialsymptome von CED. (Aus Feuerbach u. Schölmerich 2000 a, S. 327)

Morbus Crohn (n=279) Colitis ulcerosa (n=113)

Durchfälle 89,5% 96,4%


Blutbeimengungen 27,3% 89,3%
Schmerzen 86,9% 81,3%
Allgemeines Unwohlsein 81,7% 40,2%
Gewichtsverlust 59,6% 38,4%
Arthralgien 29,2% 27,7%
Fieber 24,7% 20,5%
Hautveränderungen 14,2% 15,2%
Appetitlosigkeit 18,7% 11,6%
Ophthalmopathien 3,8% 7,1%
Übelkeit 28,1% 6,3%
Erbrechen 20,2% 4,5%
Abszesse 25,8% 3,6%
Fisteln 39,3% 3,6%
Lymphknotenschwellungen 2,6% 1,8%

Abb. 6.23. Extraintestinale


Manifestationen und Komplika-
tionen und bei Patienten mit
chronisch entzündlichen
Darmerkrankungen.
(Aus Feuerbach u. Schölmerich
2000 a)
296 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

Tabelle 6.3. Verlauf (Ausdehung) der Colitis ulcerosa über 25 Jahre. (Aus Feuerbach u. Schölmerich 2000 a, S. 329)

Ausgangsbefund Entwicklung Häufigkeit [%]

Proktosigmoiditis Æ Ausdehnung proximal 53


Ausgedehnte Kolitis Æ Regresson 77
Pankolitis Æ Regression 76
Auftreten neuer Symptome prädiktiv für Ausdehnung

Abb. 6.24. Patient, 58 Jahre, Colitis ulcerosa. Kontrasteinlauf: Abb. 6.25. Endstadium einer Colitis ulcerosa mit starrem Ko-
kontinuierliches Pflastersteinrelief vom Rektum bis in die Mit- lonrahmen („Bleirohr“) ohne Haustrierung; geschrumpftes,
te des Transversums, davor unauffälliger Dickdarm verkürztes Kolon

die als „Kragenknopfulzera“ bezeichnet werden. In


späteren Phasen ist das Bild einer Pseudopolypose Merke ! Aufgrund der vielfach problemati-
schen Differenzierung zwischen einer
durch das Nebeneinander von Ulzera und erhabener Colitis ulcerosa und einem Morbus Crohn zu Beginn
Schleimhaut zu beobachten (Abb. 6.24). In Spätsta- der Erkrankung wird empfohlen, bei jedem Patienten
dien besteht als Ausdruck einer Wandfibrose eine Lu- mit Verdacht auf Colitis ulcerosa analog dem Morbus
meneinengung, ein Haustrierungsverlust und eine Crohn ein Enteroklysma durchzuführen, umgekehrt
Verkürzung der Längsachse (Abb. 6.25). gehört die Koloskopie obligat zum diagnostischen
Im Gegensatz zum Morbus Crohn besteht stets ein Standardprogramm beim Morbus Crohn.
kontinuierliches Befallsmuster mit retrograder Aus-
breitung, der Befall entwickelt sich vom Rektum aus. Analog dem diagnostischen Procedere beim Morbus
Fisteln sind, anders als beim Morbus Crohn, ein sehr Crohn bietet sich als Alternative zu einer klassischen,
seltenes Ereignis. Tabelle 6.4 veranschaulicht noch- konventionellen Dünndarmdarstellung im Doppel-
mals das unterschiedliche Befallsmuster und die un- kontrast nach Sellink ein MR-Enteroklysma an (s.
terschiedliche Ausbreitungstendenz der Colitis ul- Morbus Crohn). Es liegen nur wenige Mitteilungen
cerosa im Vergleich zum Morbus Crohn. vor, inwieweit sich mittels MRT analog dem Morbus
Bedeutsamer als die konventionelle Kolondarstel- Crohn entzündliche Veränderungen im Rahmen ei-
lung ist auch bei der Colitis ulcerosa das Enteroklys- ner Colitis ulcerosa im Dickdarm darstellen lassen,
ma. Schreyer et al. (2005, 2006) erreichten lediglich im
Tabelle 6.4. Endoskopische und radiologische Unterscheidungsmerkmale zur Differenzierung von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. (Aus Feuerbach u. Schölmerich 2000 a, S. 332)

Colitis ulcerosa Morbus Crohn


Endoskopie Röntgen Endoskopie Röntgen
Verteilungsmuster Kontinuierlich Diskontinuierlich
Konzentrisch Exzentrisch
Ausbreitung oralwärts Ausbreitung analwärts
Rektum meist befallen Rektum zu 50% beteiligt
Terminales Ileum frei Terminales Ileum befallen
Schleimhautbild
frühes Stadium Gesteigerte Vulnerabilität – Selten Kontaktblutungen –
Petechiale Blutungen – – –
Hyperämie und Ödem Schlummerung Fleckförmige Rötungen –
Diffus granulierte Oberfläche – –
Erosionen Spiculae Aphtoide Läsionen
– – Unauffällige Schleimhautareale („skip areas“)
fortgeschrittenes Ulzerationen (oberflächlich bis tief) Tiefe, solitäre längsverlaufende Ulzerationen
Stadium – Kragenkopfulzera – –
Stärkere Schleimhautentzündung Grob granulierte Schleimhautoberfläche Pflastersteinrelief
Fisteln
Kryptenabszesse – Anal- und Rektalfisteln Interenterische,
Verlust der Haustrierung enterokutane
enterovesikale Fisteln
Spätstadium Schleimhautatrophie – –
Schlauchartiges Lumen – –
Pseudopolypen – –
Erhöhte Rigidität – –
Schrumpfung – –
Selten Stenosierung Stenosierung
Komplikationen Toxisches Megakolon – Dünndarmstrikturen
Perforation – Fisteln
Maligne Entartung – Konglomerattumoren
6.3 Entzündliche Veränderungen
297
298 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

6.3.2
Morbus Crohn
Klinik
Führende Symptome des Morbus Crohn sind chroni-
sche Durchfälle mit und ohne Blutbeimengungen, ge-
legentlich Obstipation, periphere Fisteln und beson-
ders bei ileozökalem Befall rezidiverende Schmerzen,
vorwiegend im rechten Unterbauch (vgl. Tabelle 6.2).
Auch extraintestinale Symptome wie Oligoarthritis,
Spondylarthritis, Erythema nodosum, Pyoderma
gangraenosum, Uveitis, Iritis und subfebrile Tempe-
raturen können initiale Symptome sein und die Dia-
gnose erschweren. Entzündliche Schwellungen oder
narbige Strikturen führen zu Subileus oder Ileus.

Diagnostik
Anamnese und eingehende körperliche Untersu-
chung können die Diagnose einer CED häufig bereits
sehr wahrscheinlich machen.
Die entscheidende diagnostische Maßnahme ist
aber nach wie vor die Endoskopie, die bei Colitis ul-
cerosa immer und bei einer Beteiligung des Kolons
Abb. 6.26. Abdomenleeraufnahme bei Colitis ulcerosa und to- oder des terminalen Ileums auch bei Morbus Crohn
xischem Megakolon mit massiver Dilatation des Querkolons pathologische Befunde ergibt. Die bei der Endosko-
pie entnommenen Biopsien zeigen gelegentlich ein-
deutige typische Befunde, dies ist jedoch keineswegs
immer der Fall, und die Beurteilung desselben Präpa-
rates durch verschiedene Histopathologen unter-
Nachweis entzündlicher Veränderungen eine seg- scheidet sich häufig. Die Diagnose lässt sich in der
mentbasierte Sensitivität von 58,8% bei Colitis ul- Regel also nicht aufgrund der Histologie alleine stel-
cerosa. len, sondern bedarf der Zusammenschau von klini-
Typische Komplikationen wie das toxische Mega- schen Befunden, der makroskopischen Aspekte und
kolon sind in Kenntnis der Grunderkrankung mit ei- der Histologie.
ner Abdomenübersichtsaufnahme unproblematisch
zu diagnostizieren (Abb. 6.26). Die Kriterien hierfür Bildgebende Verfahren bei Morbus Crohn
sind eine Dilatation des Kolons auf >5,5 cm und zu- Radiologische Verfahren zur Darstellung des Dick-
sätzlich wenigstens 3 der Kriterien darms spielen beim Verdacht auf einen Morbus
Crohn zunächst keine Rolle, vielmehr wird der
∑ Fieber >38°,
Dünndarm mit einem bildgebenden Verfahren un-
∑ Herzfrequenz >120/min,
tersucht (Doppelkontrastuntersuchung nach Sellink,
∑ Leukozytose >10.500/ml und
alternativ MR-Enteroklysma), der Dickdarm wird
∑ Anämie
immer endoskopiert. Eine klassische, konventionelle
sowie wenigstens eines der folgenden Kriterien Dickdarmuntersuchung im Doppelkontrast kann al-
lenfalls sinnvoll sein, wenn endoskopisch unüber-
∑ Exsikkose,
windbare Stenosen vorliegen.
∑ Bewusstseinseinschränkung,
Vielerorts ist unverändert die Doppelkontrastdar-
∑ Elektrolytstörung oder
stellung des Dünndarms nach Sellink die Standard-
∑ Hypotension (Fazio 1980).
technik bei CED, hier können bei gleichzeitiger Mit-
Beim toxischen Megakolon wird eine Erweiterung füllung des Kolons häufig ausgeprägte, segmentale
des Kolonrahmens auf >6 cm mit einer Abdomen- Stenosen miterfasst werden (Abb. 6.27). Auch beim
übersichtsaufnahme diagnostiziert. Begünstigende Morbus Crohn ist die Methode des MR-Enteroklys-
Faktoren sind eine Hypokaliämie, Vorbehandlung mas trotz des transmuralen Charakters nur einge-
mit Opiaten zur Motilitätshemmung, eine Koloskopie schränkt auf einen befallenen Dickdarm übertragbar
oder ein Kolonkontrasteinlauf mit Luftinsufflation. (Schreyer et al. 2006).
6.3 Entzündliche Veränderungen 299

6.3.3
Pseudomembranöse Kolitis
왔 Die pseudomembranöse Kolitis ist ei-
Definition
ne entzündliche Erkrankung des Ko-
lons mit Infektion durch das Bakterium Clostridium
difficile. Ursächlich ist häufig eine Antibiotikathera-
pie mit Veränderungen des Spektrums der norma-
len Kolonflora. Bildgebende Verfahren spielen in der
Diagnostik allenfalls als Zufallsbefund eine Rolle.

Klinisch stehen wässrige Durchfälle bei nahezu allen


Patienten im Vordergrund. Die Diagnose geschieht
durch den Nachweis von Clostridium difficile, den
Nachweis des Toxins und durch den endoskopischen
Nachweis der Pseudomembranen, die in über 90% al-
ler Fälle gesehen werden können (Fekety u. Shah
1993). Bildgebende Verfahren spielen allenfalls in
Form von Zufallsbefunden in der CT eine Rolle
(Abb. 6.28, Abb. 6.29).

Abb. 6.27. Morbus Crohn. Kolonkontrasteinlauf bei Zustand


nach Hemikolektomie rechts mit neoterminalem Ileum und
hochgradige Stenose im Querkolon rechts

Eine Studie von Ajaj et al. (2005) zeigte bei 23 Pa-


tienten mit CED eine Sensitivität der MRT von 87%
bei einer Spezifität von 100% bezüglich der Diag-
nose entzündlicher Dickdarmveränderungen.Kritisch
muss jedoch gesehen werden, dass Patienten mit Mor-
bus Crohn und Colitis ulcerosa nicht getrennt ausge-
wertet wurden. Der eher mukosale Befall der Colitis
ulcerosa ist jedoch gerade in der MRT häufig anders Abb. 6.28. Pseudomembranöse Colitis mit massiver Ver-
als der transmurale Befall des Morbus Crohn zu sehen. dickung der Kolonwand (Pfeil) und einiger Dünndarmschlin-
Zusätzlich wurden nur Patienten mit hohen Entzün- gen (Pfeilspitze), Verlaufskontrolle siehe Abb. 6.29
dungsparametern im Sinne eines akuten Schubs der
Erkrankung eingeschlossen. Schreyer et al. (2005) er-
reichten bei der Entzündungsbeurteilung im Dick-
darm bei Patienten mit Morbus Crohn segmentbasiert
im Vergleich zur Koloskopie als Goldstandard ledig-
lich eine Sensitivität von 31,6%, wobei hier vor allem
milde entzündliche Veränderungen nicht richtig er-
kannt und eingeordnet wurden (Schreyer et al. 2006).

Abb. 6.29. Gleicher Patient wie in Abb. 6.28 Pseudomembra-


nöse Colitis: bereits nach 4 Tagen komplette Rückbildung!
300 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

Abb. 6.30. Pneumatose der


Darmwand (Pfeil) im Colon
ascendens und transversum
bei Zustand nach gedeckter
Sigmaperforation bei Diverti-
kulitis

Abb. 6.31. Pneumatosis intestinalis (Pfeil) und Luft in der V. portae (Pfeil) und der V. mesenterica superior (Pfeil) bei Nekrose
des Ileums unklarer Ätiologie

Die Abdomenübersichtsaufnahme, häufig bei un- Darm strikt auf das Bestrahlungsfeld begrenzt und
spezifischer Klinik initial eingesetzt, liefert keine für tritt typischerweise nach Bestrahlungen der gynäko-
die pseudomembranöse Kolitis spezifischen Sympto- logischen Organe, aber auch der Prostata, der Harn-
me. Im Vordergrund stehen Zeichen des Ileus und blase, der Lymphbahnen oder nach kombinierter Ra-
Meteorismus. In seltenen Fällen wird eine intramura- dio-Chemo-Therapie, z. B. bei Tumoren des Kolons,
le Luftansammlung (Abb. 6.30) oder Luft im Pfortad- insbesondere des Rektums auf. Entsprechend sind
ersystem (Abb. 6.31) beobachtet. die Schädigungen an Rektum und Sigma am häufig-
sten. Eine Dosis <40 Gy führt selten zu einer Strah-
lenkolitis. Bei Dosen >60 Gy ist mit einer Strahlenko-
6.3.4 litis zu rechnen.
Strahlenkolitis

Bei der radiogenen Kolitis ist das Ausmaß der Schä-


CAVE !Besondere Gefahr für eine Strahlen-
kolitis besteht bei überlappenden
digung abhängig von der Dosis und der Latenzzeit, Feldern, kombinierter perkutaner Strahlen- und
die zwischen Bestrahlung und Entdeckung der Lä- Afterloading-Therapie sowie bei Rezidivbestrah-
sion liegt. In der Regel ist die Strahlenkolitis am lungen.
6.3 Entzündliche Veränderungen 301

∑ Die chronische Form, die auch noch viele Jahre


nach dem Bestrahlungsende entsteht, führt zu
Stenosen.

In der akuten Phase beruht der Strahlenschaden auf


einer Schädigung der Schleimhaut. Bei den Spätschä-
den liegt eine obliterierende Gefäßschädigung mit
Fibröse zugrunde.
Klinisch fallen im frühen Stadium Schleimhaut-
schädigungen auf, die zu Diarrhö mit Blut- und
Schleimbeimengungen führen, begleitet von Tenes-
men. Bei Ausbildung von narbigen Stenosen im Spät-
stadium steht die Obstipation mit abdominellen
Schmerzen im Vordergrund.
Die Diagnose geschieht primär endoskopisch, ein
Kontrasteinlauf wird allenfalls eingesetzt, wenn es
sich um eine endoskopisch nicht passierbare Stenose
handelt (Abb. 6.32 a, b). Die Strahlenkolitis mit narbi-
ger Stenose bietet im Ultraschall, in der CT oder MRT
a eine typische Wandverdickung. Die Diagnose beruht
auf Kenntnis der Anamnese, da Wandverdickungen
anderer Ursache eine identische Morphologie liefern.

6.3.5
Bakterielle Kolitis

In der Regel gehen infektiöse Kolitiden mit der


Symptomatik einer Diarrhö einher, die in der Regel
unspezifisch ist. Initial werden bildgebende Verfah-
ren wie Abdomenübersichtsaufnahme, Ultraschall
oder auch CT eingesetzt, aber keines dieser Verfahren
liefert eine definitive Diagnose, alle Befunde sind un-
spezifisch.

b
Merke ! Die Bildgebung spielt somit für die
definitive Diagnose keine Rolle.
Abb. 6.32 a, b. a Folgezustand nach Bestrahlung eines Zervix-
karzinoms. Langstreckige, unregelmäßige Stenose des Rek-
tums nach vorangegangener Radiatio wegen eines Zervixkar- Abdomenübersichtsbilder bieten häufig das Bild einer
zinoms. Die Einengung ist von einem primären Rektumkarzi- Paralyse. Bei ausgeprägten Darmwandentzündungen
nom morphologisch nicht zu unterscheiden. b Narbe nach Be- zeigen Ultraschall oder CT eine Darmwandverdi-
strahlung eines Hodgkin-Lymphoms. Asymmetrische Stenose
mit glatten Konturen 10 Jahre nach einer Lymphknotenbe-
ckung, alle diese Befunde sind aber von unspezifi-
strahlung eines Morbus Hodgkin schem Charakter (Abb. 6.28, Abb. 6.29).
Typische Erreger bakterieller Kolitiden sind Shi-
gellen, Salmonellen, Staphylokokken,Yersinia entero-
Bei der radiogenen Kolitis lässt sich eine akute, suba- colitica, seltener Yersinia pseudotuberculosis, in 30–
kute und chronische Form unterscheiden: 40% aller Fälle Campylobacter, seltener Escherichia
coli mit Ausbildung einer hämorrhagischen Kolitis.
∑ Die akute Form tritt während der Bestrahlung
und bis zu 6 Wochen nach Therapieende ein
쐍 Shigellen, Salmonellen. Durch die gramnegativen
und verursacht meist nur reversible Veränderun-
Erreger aus der Enterobaktergruppe – Shigellen und
gen.
Salmonellen – können akute und chronische ent-
∑ Die subakute Form, die in der Zeit von etwa 6 Wo-
zündliche Darmerkrankungen hervorgerufen wer-
chen bis 6 Monate nach der Bestrahlung abläuft,
den. Bei der Shigellose ist der Hauptbefall im Rektum
bedingt reversible Veränderungen mit persistie-
mit abnehmender Tendenz zu den weiter kranial
renden Kolonschädigungen.
gelegenen Dickdarmabschnitten. Die Salmonellose
302 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

spart häufig das Rektum aus, es können das gesamte sind verdickt. Mittels Ultraschall, CT oder MRT sind
Kolon, aber auch nur größere Abschnitte befallen neben der verdickten Darmwand vergrößerte und
sein; meist ist das terminale Ileum mit betroffen. Die vermehrte regionale Lymphknoten nachweisbar.
Infektion mit beiden Erregern erfolgt in der Regel
über infizierte Lebensmittel. 쐍 Tuberkulöse Kolitis. Bei der tuberkulösen Kolitis
Die Klinik ist gekennzeichnet durch akute oder kann eine primäre Manifestation im Gastrointesti-
chronische Durchfälle, Krämpfe im Abdomen und naltrakt vorliegen oder ein sekundärer Befall bei
Schmerzen im Unterbauch, Brennen im Rektum, Fie- Lungentuberkulose. Lange Zeit stellte diese Erkran-
ber und blutige Stühle. kung in den zivilisierten Ländern eine Seltenheit dar.
In der Abdomenaufnahme findet sich eine Kolon- Durch die Zunahme des Tourismus, durch Gastarbei-
blähung mit multiplen Flüssigkeitsspiegeln oder das ter oder Asylanten ist die primäre Darmtuberkulose
Bild eines paralytischen Ileus. heute keine Seltenheit mehr. Typischer Manifesta-
Beim Kontrasteinlauf sind in den leichten Stadien tionsort ist die Ileozökalregion, es können aber auch
Spasmen, unregelmäßig grobnoduläre, ödematöse Fal- andere Dickdarmsegmente isoliert betroffen sein.
ten, Schleimhautödem und kleine Ulzerationen nach- Vom morphologischen Aspekt werden 3 Typen
weisbar. Mit zunehmendem Schweregrad werden die unterschieden:
Ulcera zahlreicher und größer und können sich bis in
∑ ulzerative Kolitis,
die Muscularis mucosae ausdehnen und den Aspekt
∑ hypertrophische Kolitis und
von Kragenknopfulzera annehmen. Die Darmwand
∑ ulzerativ-hypertrophische Kolitis.
nimmt an Dicke zu, dies imponiert insbesondere in der
CT und MRT. Mit diesen Methoden können auch klei- Am Dickdarm ist die hypertrophische Form am häu-
ne, parakolische Abszesse sowie alle weiteren Kompli- figsten.
kationen wie freie Perforation, Megakolon oder Entste- Die klinischen Symptome einer tuberkulösen Ko-
hung von Narbenstenosen nachgewiesen werden. litis sind unspezifisch und oft irreführend. Leichte
Derartige narbige Stenosen, die auch beim Kon- unspezifische Abdominalschmerzen, kombiniert mit
trasteinlauf zu finden sind, müssen differenzialdiag- den Zeichen einer subakuten oder chronischen Ent-
nostisch gegenüber Stenosen anderer Genese, insbe- zündung, sind meist vorhanden. Dazu können Fieber,
sondere hervorgerufen durch Tumoren, Divertikuli- Diarrhö, Gewichtsabnahme, Anämie und Erbrechen
tis, ischämische Kolitis, Strahlenkolitis, Colitis granu- treten.
lomatosa oder ulcerosa, abgegrenzt werden. In der Abdomenaufnahme kann eine Dilatation
des terminalen Ileums vorliegen. Unter Umständen
쐍 Staphylokokken. Durch Staphylokokken bedingte finden sich Spiegelbildungen und verkalkte mesent-
Kolitiden werden nur ausnahmsweise radiologisch eriale Lymphknoten.
abgeklärt. Diese durch Diarrhö, Übelkeit und/oder
Erbrechen gekennzeichnete Infektion läuft mit diffu- 쐍 Campylobakter. Campylobakter ist erst in jüngerer
sen oberflächlichen Schleimhautulzerationen ab, die Zeit als möglicher Erreger einer akuten bakteriellen
spontan abheilen und mittels Kontrasteinlauf gut Durchfallerkrankung erkannt worden. 30–40% aller
darstellbar sind. bakteriellen Kolitiden sind durch diesen Keim verur-
sacht. Diese Erkrankung kann in jedem Lebensalter
쐍 Yersinia enterocolitica, Yersinia pseudotuberculosis. In- auftreten, gehäuft bei Patienten mit geschwächtem
fektionen mit Yersinia enterocolitica oder seltener Yer- Immunsystem. Die Erkrankung befällt neben dem
sinia pseudotuberculosis treten am häufigsten im Säu- Kolon bevorzugt Jejunum und Ileum. Der Dickdarm
glings- und Kleinkindalter auf. Häufig ist das termina- kann segmental oder diffus befallen sein. Dabei ist
le Ileum alleine betroffen, es kann aber auch eine Mit- die Campylobakterkolitis klinisch, endoskopisch,
beteiligung des Kolons vorliegen. Die Infektion kann röntgenologisch und auch histologisch nicht leicht
sich allerdings auch auf den Dickdarm beschränken. von der Colitis ulcerosa zu unterscheiden.
Vielfach stehen Symptome, die an eine akute Ap- Nach einer 2- bis 7-tägigen Inkubationszeit, meist
pendizitis denken lassen, im Vordergrund. Die Pa- nach Aufnahme kontaminierter Lebensmittel, beginnt
tienten klagen über Fieber, akute oder chronische Di- die Erkrankung akut mit manchmal leichten, gelegent-
arrhö, blutigen Stuhl und gehäuft Schmerzen im lich auch schwereren blutigen Durchfällen. Dazu treten
rechten Unterbauch. mitunter krampfartige abdominelle Schmerzen auf.
Neben einem ausgeprägten Ödem der Submukosa Beim Kontrasteinlauf finden sich eine leicht öde-
mit kleinen nodulären Füllungsdefekten, die durch matöse Schleimhaut sowie verdickte Semilunarfalten.
eine lymphfollikuläre Hyperplasie verursacht wer- Kleine, z. T. aphthoide, diffus verteilte Ulzera erinnern
den, finden sich beim Kontrasteinlauf multiple klei- an die Ulzera beim Morbus Crohn. Die Schleimhaut
ne, aphthoide Ulzera. Kolonwand und Kolonfalten kann granulär erscheinen mit Spiculae der Darm-
6.3 Entzündliche Veränderungen 303

wand. Im terminalen Ileum kommt gehäuft eine lym- fallen werden. Die Symptomatik ist deshalb auch
phonoduläre Hyperplasie zur Darstellung, auch hier meist durch die anderen Organveränderungen be-
kommen kleinere Ulzera vor. herrscht, sodass die Pilzkolitis häufig erst bei einer
Mit Ultraschall oder den anderen Schnittbildver- Operation oder Obduktion entdeckt wird. In der Re-
fahren lässt sich die verdickte Darmwand im termi- gel bedingt der Pilzbefall eine intensive lokalisierte
nalen Ileum und Kolon darstellen. Entzündung am Darm. Die wichtigsten Infektionen
Differenzialdiagnostisch ist neben der Colitis ul- werden durch folgende Pilze verursacht: Histoplas-
cerosa und granulomatosa an die übrigen bakteriel- mose, Aktinomykose, Mukormukose, Candidiasis,
len Kolitiden, die pseudomembranöse Kolitis und die Aspergillose, Blastomykose.
Amöbiasis zu denken.

쐍 Eschericha coli. Die Kolikolitis (hämorrhagische Merke ! Bildgebende Verfahren spielen bei
Pilzinfektionen allenfalls unter dem
Kolitis) ist eine durch Escherichia coli hervorgerufe- Bild eines „unklaren Abdomens“ eine Rolle, sind
ne, meist durch infizierte Nahrungsmittel verursachte sonst bedeutungslos.
Kolitisform, die seit 1982 bekannt ist und 1989 durch
Shortsleeve und Mitarbeiter röntgenologisch be- Bei der Histoplasmose kann der ganze Dickdarm be-
schrieben wurde. In den USA ist diese Kolitis weitver- fallen sein. Die Patienten klagen über eher uncharak-
breitet. Durch ein von den Kolibakterien produziertes teristische abdominelle Beschwerden.
Zytotoxin kommt es zur Nekrose der Schleimhaut, vor Die Aktinomykose befällt vornehmlich Zökum
allem im Colon ascendens und transversum. und Appendix und seltener die übrigen Dickdarmab-
Die Patienten geben starke Bauchkrämpfe an so- schnitte. Es entstehen durch Penetration der Darm-
wie plötzlich einsetzende wässrige Stühle, die auch wand umschriebene lokalisierte Abszesse, die sich in
blutig werden können. Fieber und Leukozytose liegen die Umgebung und auf Nachbarorgane ausdehnen
oft vor. Röntgenologisch findet sich eine verdickte können.
Kolonwand sowie infolge des submukösen Ödems Nur selten ist der Dickdarm bei der Mukormukose
ein „thumb printing“. Zudem bestehen Spasmen. betroffen. Häufiger liegt ein Befall der Nasenneben-
Differenzialdiagnostisch müssen vor allem die höhlen oder des ZNS bzw. der Lungen vor. Bei Darm-
ischämische Kolitis sowie die Colitis ulcerosa und befall entstehen heftige, krampfartige, abdominelle
granulomatosa in Erwägung gezogen werden. Schmerzen. Die Darmwand ist ödematös geschwol-
len.
쐍 Syphiliskolitis. Im Zeitalter moderner Antibiotika Die Candidiasis befällt eher den oberen Gastroin-
ist die Syphiliskolitis in ihren schwereren Verlaufsfor- testinaltrakt bis zum Magen. Ein Dickdarmbefall
men sehr selten geworden. Die Syphilis des Dick- wird meist erst intraoperativ oder bei der Obduktion
darms ist dementsprechend extrem selten. In der Re- gesehen.
gel sind Rektum und Sigma betroffen, hier können Die Beteiligung des Dickdarms bei der Aspergillo-
Ulzerationen mit Granulomen vorliegen, die bei Ab- se ist eine Rarität und soll deshalb nicht weiter be-
heilung entweder zu starren, sanduhrförmigen, glat- sprochen werden.
ten Einengungen führen oder auch unregelmäßige Die Blastomykose ist vornehmlich in Brasilien an-
Lumpeneinengungen verursachen. zutreffen und befällt bevorzugt das rechte Kolon.
Entsprechend dem Krankheitsverlauf liegen im Diese Erkrankung zeigt große Ähnlichkeit mit der
florirden Stadium im Doppelkontrasteinlauf Ulzera- Amöbiasis. Gehäuft liegen begleitende Abszesse vor.
tionen vor, meist in Kombination mit umschriebenen
polypoiden, ins Lumen hineinragenden Granulo-
men, sodass die Differenzialdiagnose zu einem tu- 6.3.7
morösen Prozess schwer sein kann. In den späteren Virale Infektionen
Stadien finden sich die oben beschriebenen unter-
schiedlichen Stenoseformen. Nicht zuletzt durch die rasante Zunahme der Aids-
Erkrankungen steigen auch die viralen Infektionen
des Dickdarms ständig an.
6.3.6
Pilzinfektionen 쐍 Lymphogranuloma venerum. Das Lymphogranulo-
ma venerum ist in den Subtropen verbreitet, in Euro-
Der Pilzbefall des Dickdarms und eine daraus resul- pa kommt es eher selten vor. Die Infektion erfolgt
tierende Kolitis sind selten. In der Regel sind chro- meist durch homo- bzw. heterosexuellen Kontakt.
nisch Kranke und geschwächte Personen betroffen, Rektum und Sigma sind am häufigsten betroffen, hö-
wobei meist andere Organe des Körpers stärker be- her gelegene Darmabschnitte bis zum Colon trans-
304 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

versum nur selten. Die Erkrankung verläuft zunächst 6.3.8


in Form einer subakuten Proktosigmoiditis. Es bil- Parasitäre Infektionen
den sich polypoide, tumorähnliche Veränderungen
und schließlich als Endstadium langstreckige Strik- Die parasitären Infektionen sind meist nicht ubiqui-
turen von Rektum und Sigma. tär, sondern in bestimmten Regionen dieser Welt ge-
Klinisch können rektale Blutungen, Diarrhö und häuft anzutreffen. Der weltweite Tourismus bedingt
Fieber vorliegen. Im Verlauf der Erkrankung bilden ein Vorkommen dieser Erkrankungen, die meist mit
sich gehäuft rektovaginale oder perianale Fisteln und schlechten hygienischen Verhältnissen in Zusam-
Abszesse. Die im Spätstadium auftretenden Striktu- menhang stehen, in zunehmendem Maße auch in den
ren verursachen mehr krampfartige Schmerzen so- zivilisierten Ländern.
wie Zeichen der Obstipation.
쐍 Amöbenruhr. Die Infektion mit Entamoeba histo-
쐍 Zytomegalievirus. Infektionen des Dickdarms mit lytica (Amöbiasis) ist vornehmlich in den Ländern
dem Zytomegalievirus (Aids-Kolitis) haben seit dem anzutreffen, die zwischen dem nördlichen und südli-
Beginn des Transplantationszeitalters zugenommen. chen Wendekreis um den Äquator liegen. Die Erkran-
Eine besondere Zunahme ist seit der weltweiten Aus- kung kann in jedem Alter auftreten, der Altersgipfel
breitung der Aids-Erkrankungen zu beobachten. Ne- liegt zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr. Neben den
ben dem Zytomegalievirus werden bei dieser Gruppe extraintestinalen Manifestationen ist der Dickdarm
von Erkrankten im Stuhl auch Bakterien vom Typ meist segmental befallen. Im Dickdarm laufen unter-
Mycobacterium avium und cryptosporidea festge- schiedliche Entwicklungszyklen und Stadien der Er-
stellt. Diese beiden letztgenannten Erreger verursa- krankung ab. Im nichtinvasiven Zyklus lebt der Para-
chen im Gegensatz zum Zytomegalievirus uncharak- sit im Darmlumen, bildet hier Zysten, die ausgeschie-
teristische Kolitiden ohne spezifische röntgenologi- den werden und die Erkrankung übertragen. Wäh-
sche Veränderungen und sollen deshalb nicht im Ein- rend des invasiven Zyklus dringt der Parasit in die
zelnen besprochen werden. Darmwand ein in Form der Trophozyten, führt lokal
Das Zytomegalievirus befällt in der Regel den ge- zu ausgeprägten Veränderungen, ist jedoch nicht in-
samte Dickdarm, gelegentlich auch Teile des übrigen fektiös. Während dieses invasiven Zyklus entstehen
Gastrointestinaltrakts. Die Übertragung erfolgt die klinischen Erscheinungen in Form der Amöben-
durch kontaminierten Urin, Blutübertragungen oder ruhr. Hierbei wird unterschieden zwischen:
sexuellen Kontakt. Der genaue Pathomechanismus
∑ der ulzerativen Rektokolitis,
ist noch nicht bekannt.
∑ der Typhloappendizitis,
Die Patienten geben akute Bauchschmerzen an
∑ dem Amöbom und
und klagen über Diarrhö. Es kann zu Komplikatio-
∑ der fulminanten Kolitis.
nen wie starken Blutungen, Perforationen und Peri-
tonitis kommen. Bei der Amöbenruhr wird eine Reihe von Komplika-
Ultraschall, CT oder MRT werden unter dem Bild tionen beobachtet. Das toxische Megakolon ist selten,
eines „unklaren Abdomens“ eingesetzt. Typische, die Perforation dagegen oft, unter Umständen mit
aber sehr unspezifische Befunde sind die Wandverdi- Amöbenperitonitis oder perikolischem Abszess bzw.
ckung, mesenteriale Lymphknotenvergrößerungen Fistelbildungen zur Haut, zu anderen Darmabschnit-
und mitunter Aszites. Ansonsten spielen bildgebende ten oder perianal. Es können schwere Blutungen ein-
Verfahren für die Diagnose keine Rolle. treten und im Narbenstadium Darmstrikturen. Die
Abdomenaufnahme ist unspezifisch; gelegentlich
쐍 Herpeskolitis. Auch die Herpeskolitis ist gehäuft findet sich eine segmentale Weitstellung des Dick-
bei Patienten mit Immunschwäche zu beobachten. darms. Die toxische Kolondilatation ist eine Rarität
Sie kommt aber auch bei sonst gesunden Patienten bei der Amöbenruhr.
vor. Betroffen sind einzelne Segmente des Dick- Mit dem Ultraschall, der CT oder MRT ist die ver-
darms, vor allem der Zökumpol. Die Erkrankung dickte Darmwand nachweisbar. Im Falle des Amö-
kann sich in Form von kleinen Schleimhautbläschen, boms ist zusätzlich eine Vermehrung von perikolisch
aber auch als Ulzera manifestieren. gelegenem, fibrösem Gewebe sowie eine Einengung
Klinisch können die Kolonläsionen vor, nach oder des Lumens erkennbar. Gülük u. Önel (1999) be-
gleichzeitig mit kutanen Manifestationen auftreten. schreiben zudem mit Ultraschall und CT nachweis-
Die Patienten klagen über Fieber, krampfartige bare zystische Läsionen der Rektumwand, verursacht
Bauchschmerzen und Obstipation. durch einen Abszess.
Spezifische Befunde für die Amöbenruhr mit bild-
gebenden Verfahren existieren nicht.
6.3 Entzündliche Veränderungen 305

쐍 Balantidienruhr. Die durch Balantidium coli be- Der Peitschenwurm Trichuris trichiura ist vor-
dingte Infektion kann vom Schwein auf den Men- nehmlich in feuchtwarmen tropischen Ländern mit
schen übergehen und klinisch und radiologisch schlechten hygienischen Verhältnissen anzutreffen
Symptome hervorrufen, wie sie bei der ulzerativen und hier als Krankheitserreger weit verbreitet. Die
Form der Amöbenruhr beschrieben wurden. Erkrankung befällt meist das Zökum, bei schwerer
Form auch das ganze Kolon. Die Infektion erfolgt
쐍 Trypanosomenkolitis (Chagas-Erkrankung). Diese Er- über Eier, die mit kontaminierten Speisen aufgenom-
krankung ist in Mittel- und Südamerika weit verbrei- men werden. Die Larven bohren sich in die Schleim-
tet und stellt hier ein großes gesundheitliches Pro- haut meist im Zökum ein und können hier mehrere
blem dar. Sie wird durch Protozoen vom Typ Trypan- Jahre überleben.
osoma cruzi verursacht, die durch Raubwanzen Bei leichterer Verlaufsform finden sich keine spe-
übertragen werden. Am häufigsten ist der rekto- sig- zifischen klinischen Symptome. In schwereren Fällen
moidale Bereich befallen, die übrigen Darmabschnit- treten Tenesmen, rechtsseitige Abdominalschmer-
te nur selten. Die Trypanosomen vermehren sich in zen, Diarrhöen mit blutig fingierten Stühlen sowie
Wirtszellen. Sie bilden ein Neurotoxin, das zur Des- Anämie und Gewichtsverlust auf. Es liegen nur weni-
truktion der Ganglienzellen und der autonomen ge Fallbeschreibungen der Trichurasis am Darm vor.
Plexus führt, wodurch eine Verminderung oder Auf- Die Schistosomiasis (Bilharziose) ist vor allem in
hebung der Peristaltik resultiert. Vor dem aganglio- Afrika, in Arabien, im nördlichen Südamerika, in
nären Segment bildet sich eine Weitstellung des Ostasien und in der Karibik verbreitet. Als Erreger
Darms bis zum Megakolon. finden sich Schistosoma mansoni, Schistosoma hae-
Die Klinik ist nicht auf den Darm beschränkt, matobium und Schistosoma japonicum. Der Dick-
sondern abhängig vom Organbefall und kann bei darm kann segmental oder diffus befallen sein, häu-
ZNS- und Herzbeteiligung tödlich verlaufen. Am fig mitbetroffen ist die Harnblase.
Darm dominieren die Zeichen der Obstipation. Klinisch stehen vor allem Fieber, Abdominal-
Spezifische Befunde für bildgebende Verfahren schmerz, blutig-schleimige Durchfälle, gelegentlich
existieren nicht. Bei Abdomenübersichtsbildern steht auch Obstipation sowie allgemeines Krankheitsge-
das Bild eines paralytischen Ileus im Vordergrund. fühl im Vordergrund.
Bei der Taeniakolitis handelt sich nicht um eine ei-
쐍 Weitere parasitäre Infektionen. Auch für die folgen- genständige Kolitis, sie wird nur aus systematischen
den, kurz erwähnten parasitären Erkrankungen be- Gründen hier eingereiht. Sowohl der Rinderband-
steht primär keine Indikation zum Einsatz bildge- wurm (Taenia saginata) als auch der Schweineband-
bender Verfahren. Diese werden vor allem im Hin- wurm (Taenia solium) haften im Dünndarm und
blick eines noch unklaren Abdomens eingesetzt. Alle können mit dem distalen Wurmanteil in das Kolon
Befunde sind unspezifisch und lassen keine definiti- hineinreichen. Die Beschwerden sind uncharakteris-
ve Diagnose zu. tisch, Diarrhöen eher selten. Die Diagnose erfolgt
Die durch Strongyloides stercoralis bedingte über Stuhluntersuchungen.
Wurminfektion, die vornehmlich in den Tropen, gele- Der Fischbandwurm (Diphyllobothrium latum)
gentlich auch in den USA anzutreffen ist, betrifft häu- wird durch Genuss von rohem oder ungenügend ge-
figer den Dünn- als den Dickdarm. Im Dickdarm ruft kochtem Süßwasserfisch in Europa und Nordameri-
sie eine schwere Kolitis hervor, die oft mit Sepsis, Hä- ka übertragen. Die Infektion des Kolons ist eher sel-
morrhagien und Tod einhergeht. ten, häufiger sind Ileum und Jejunum betroffen.
Klinisch stehen die Symptome an anderen Orga- Larven von Askariden werden mit rohem Fisch
nen wie Lunge, Haut und Leber im Vordergrund. Bei aufgenommen und können in die Wand des Verdau-
Dickdarmbefall können blutige Diarrhöen auftreten. ungstrakts wandern. Betroffen sind neben dem ter-
Der Befall des Dickdarms mit Ascaris lumbricoi- minalen Ileum Zökum und Colon ascendens. Es
des, auch Rind- und/oder Spulwurm genannt, ist sel- kommt zu kolikartigen, insbesondere rechtsseitigen
ten. Andere Abschnitte des Gastrointestinaltrakts, Unterbauchbeschwerden, Fieber und Eosinophilie.
insbesondere der Dünndarm, aber auch Magen und Differenzialdiagnostisch sind neben der Colitis
Gallengangsystem sind betroffen. Diese Wurmer- granulomatosa die Tuberkulose, die ischämische Ko-
krankung ist weltweit verbreitet und die häufigste litis, der Tumor sowie die Amöbiasis und die Schisto-
Parasitose des Menschen. Die Aufnahme von Wur- somiasis in Erwägung zu ziehen.
meiern erfolgt durch kontaminierte Speisen, insbe- Beim Morbus Behçet handelt es sich um eine chro-
sondere ungewaschene Salate. nische, rezidivierende, idiopathische Erkrankung un-
Die Klinik ist vom Ausmaß und Ort des Befalls ab- klarer Ätiologie. Eine Verwandtschaft mit dem Mor-
hängig, dabei fehlt eine spezielle Dickdarmsympto- bus Crohn wird angenommen. Sie ist primär charak-
matik. terisiert durch eine Trias aus rezidivierenden Ent-
306 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

zündungen im oralen (Aphthen), genitalen (Ulzera) Boudiaf M, Zidi SH, Soyer P et al. (1998) Tuberculous colitis
und okularen Bereich (Uveitis, Iridozyklitis). Dane- mimicking crohn’s disease: utility of computed tomogra-
phy in the differentiation. Eur Radiol 8: 1221–1223
ben können noch andere Organsysteme betroffen Brodey, PA, Fertig S, Aron JM (1982) Campylobacter enterocol-
sein. In etwa 33% liegt ein Kolonbefall vor, der am itis: radiographic features. AJR Am J Roentgenol 139: 1190–
häufigsten rechtsseitig, aber auch diffus auftreten 1201
kann. Brunner D, Feifarek C, McNeely D, Hanex P (1984) CT of
pseudomembraneous colitis. Gastrointestinal Radiol 9: 73–75
Bei Kolonmanifestation klagen die Patienten über Cardoso JM, Kimura K, Stoopen M et al. (1977) Radiolgy of in-
Bauchschmerzen, wässrige Durchfälle sowie Ge- vasive amebiasis of the colon. AJR Am J Roentgenol 128:
wichtsverlust, Fieber und rektale Blutungen. Aus den 935–941
Ulzerationen entwickeln sich gelegentlich Perforatio- Carrera GF, Young S, Lewicki AM (1976) Intestinal tuberculo-
sis. Gastrointest Radiol 1: 147–155
nen mit der Gefahr einer Peritonitis. Auch Fisteln Chait A (1963) Schistosomiasis mansoni. AJR Am J Roentgenol
können sich ausbilden. 90: 688
Im Rahmen der eosinophilen Gastroenteritis, de- Cho KJ, Ting YM, Chuang VP (1976) Roentgenographic fea-
tures in antibiotic-associated pseudomembraneous colitis.
ren Ätiologie unbekannt ist, ist die Beteiligung des Aust Radiol 20: 38–41
Kolons extrem selten. Sie findet sich am häufigsten Dallemand S, Waxman M, Farman J (1983) Radiological mani-
im Zökum und Colon ascendens, die entweder seg- festations of strongyloides stercoralis. Gastrointest Radiol
mental oder diffus befallen sind. Die Patienten kla- 8: 45–51
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6.4 Gefäßerkrankungen des Kolons 309

Bildgebende Verfahren
6.4
In der Diagnostik der akuten unteren gastrointesti-
Gefäßerkrankungen des Kolons
nalen Blutung ist gemäß Metaanalysen angiogra-
phisch in allenfalls 50% eine korrekte Diagnose mög-
6.4.1
lich (Zuckermann u. Prakash 1998). Wenn angiogra-
Akute und chronische untere gastrointestinale
phisch ein Blutungsnachweis gelingt (Abb. 6.33), ist
Blutung im Kolon
gleichzeitig eine Embolisation der Blutung möglich
(Abb. 6.34).

Als Hämatozechie bezeichnet man
Definition
den Abgang frischen Blutes, als Meläna
den Abgang von Teerstühlen. Bei der Hämatochezie Merke ! Die Kombination einer Aortographie
oder selektiven Mesenterikographie
liegt die Blutungsquelle zumeist im Kolon, bei der Me- mit der CT ist sinnvoll, wenn endoskopisch und mit
läna hingegen weiter oben. Diagnostisch steht bei bei- klassischer Angiographie keine Nachweis einer Blu-
den Ereignissen eine komplette Endoskopie des oberen tung oder Blutungsquelle gelingt.
und unteren Gastrointestinaltrakts im Vordergrund.
Bildgebende Verfahren spielen nur eine Rolle, wenn Dabei wird der Katheter entweder in der A. mesenter-
endoskopisch ein Blutungsnachweis nicht gelingt. ica superior, A. mesenterica inferior oder in der Aor-
ta platziert wird. Insbesondere, wenn die Patienten
Bei etwa 10% aller Patienten mit rektalem Stuhlab- zur kompletten Koloskopie gut vorbereitet sind, ist
gang muss mit einer Ursache im oberen Gastrointes- dies auch eine ideale Situation, um im flüssigkeits-
tinaltrakt gerechnet werden, sodass auch eine Blu- und luftgefüllten Dickdarm auch diskrete Blutungen
tungsquelle im oberen Gastrointestinaltrakt endos- direkt nachzuweisen (Ettore et al. 1997; Schürmann
kopisch ausgeschlossen werden muss. et al. 2002; Abb. 6.35 a, b).
Tabelle 6.5 zeigt die altersbezogenen Blutungs- Die häufigste Ursache für eine okkulte untere gas-
quellen bei Hämatochezie. Bei Patienten <25 Jahren trointestinale Blutung ist bei Patienten, die älter als
sind die häufigsten Ursachen die CED und ein Me- 50 Jahre sind, ein Dickdarmkarzinom. Die weitere Di-
ckel-Divertikel, bei Patienten bis zum 60. Lebensjahr agnostik geschieht durch eine komplette Endoskopie
kommen weiterhin ein Morbus Crohn, eine Colitis (s. Dickdarmkarzinom), bei der Karzinome und Po-
Ulcerosa, Divertikel, Polypen, Karzinome und Angio- lypen sicher identifiziert werden. Prinzipiell sind als
dysplasien in Frage, bei Patienten oberhalb des 60. Ursache für eine chronische untere gastrointestinale
Lebensjahres dominieren die Divertikel, Karzinome, Blutung alle anderen Ursachen, die sich auch als aku-
Polypen und die Angiodysplasie. te, untere gastrointestinale Blutung präsentieren,
denkbar (Barnet 2004).

Tabelle 6.5. Typische altersabhängige Ursachen einer unteren


gastrointestinalen Blutung

<25 Jahre <60 Jahre >60 Jahre

Meckel-Divertikel Divertikel Angiodysplasie


Colitis ulcerosa Colitis ulcerosa Divertikel
Morbus Crohn Morbus Crohn Karzinom
Polypen Polypen
Karzinom
Angiodysplasie

Abb. 6.33. Selektive Sondierung der A. mesenterica inferior:


als Blutungskorrelat Kontrastmittelaustritt aus einem Seite-
nast, Blutung im Sigma
310 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

Abb. 6.34. Gleicher Patient wie in Abb. 6.33, erfolgreiche Embolisation der Blutung mit Onyx

a b

Abb. 6.35 a, b. Untere gastrointestinale Blutung, koloskopisch lage in der A. mesenterica superior: Nachweis des Kontrastmit-
keine Blutungsursache eruierbar. a Angiographisch kein Nach- telaustritts in die Zökalregion (Pfeil). Angiodysplasie des
weis der Blutung, keine Ursache erkennbar. b CT mit Katheter- Zökums, chirurgisch verifiziert
6.4 Gefäßerkrankungen des Kolons 311

6.4.2
Mesenteriale Ischämie
Zu den mesenterialen Durchblutungsstörungen des
Dickdarms gehören
∑ die akute arterielle Embolie,
∑ die arterielle Thrombose und
∑ die nichtokklusive Darmischämie (NOMI, NOD)
als akute Erkrankungen, weiterhin
∑ die chronische mesenteriale Ischämie (CMI) und
∑ die Mesenterialvenenthrombose.

Akute arterielle Embolie

왔 Das Kardinalsymptom der mesenteri-


Definition
alen Embolie ist der akute, abdomi-
nelle Schmerz. 70% der Patienten weisen eine Ar-
rhythmie und einen Hypertonus auf, 30% eine koro-
nare Herzerkrankung. Die Indikation zur viszeralen
Angiographie ist großzügig zu stellen. Die viszeralen a
Äste werden zunächst global dargestellt und dann se-
lektiv sondiert. Embolien der großen mesenterialen
Arterien sind auch computertomographisch oder
magnetresonanztomographisch darstellbar.

5% aller akuten mesenterialen Ischämien sind durch


eine Embolie in die A. mesenterica superior. Bei 80%
der Patienten mit Darminfarkt und koronarer Herz-
erkrankung bestehen gleichzeitig arterielle und ve-
nöse Thrombosen. Dies erklärt, warum in der Mehr-
zahl der Darminfarkte die Emboliequelle kardial zu
suchen ist.

Merke ! Da die Prognose mit einer frühen Di-


agnose und Therapie korreliert, ist ei-
ne großzügige Indikationsstellung zur Angiographie
als immer noch wichtigstes diagnostisches Verfahren
zwingend.

Es ist sinnvoll, zunächst die viszeralen Äste global


darzustellen, da ein abgangsnaher Embolus in der
A. mesenterica superior oder inferior bei einer pri- b
mär selektiven Sondierung passiert und somit über-
sehen werden kann (Abb. 6.36 a, b). Bei der selektiven Abb. 6.36 a, b. Selektive Angiographie der A. mesenterica su-
Sondierung der A. mesenterica superior und inferior perior. a Hochgradige Stenose des Abgangs bei Arteriosklero-
sind auch kleinere, periphere Embolien angiogra- se. b Bei tieferer Sondierung wird die Stenose mit der Kathet-
erspitze passiert und kann so (ebenso wie ein Embolus) über-
phisch problemlos als Kontrastmittelaussparung sehen werden
nachweisbar (Abb. 6.37, Abb. 6.38).
Potenziell besitzen die moderne Mehrzeilen-CT,
aber auch die kontrastmittelverstärkte MR-Angiogra-
phie die Potenz, akute arterielle Embolien zumindest
in den großen Aufzweigungen der A. mesenterica su-
perior und inferior nachzuweisen, systematische Stu-
dien hierzu fehlen aber noch.
312 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

Tabelle 6.6. Begleiterkrankungen bei nichtokklusiver Darm-


ischämie (NOD/NOMI). (Aus Bruch et al. 1989)

Erkrankung [%]

Herz 70
Niere 37
Pankreas 10
Hochdruck 10
Schock 40
Diabetes 23
Arteriosklerose 27

Medikamente: Digitalis 57%, Diuretika 23%.

왔 Bei der nichtokklusiven mesenteria-


Abb. 6.37. Selektive Angiographie der A. mesenterica super- Definition
ior. Embolien in den peripheren Ästen (Pfeile), mesenteriale len Ischämie (NOMI, NOD) handelt es
Ischämie sich um eine verminderte Perfusion der Mesenterial-
gefäße, ohne dass eine Arteriosklerose, Thrombose,
Embolie oder Vaskulitis vorliegen.

In der Regel liegen unterschiedliche Begleiterkran-


kungen vor, die in Tabelle 6.6 zusammengefasst sind.
Auch Medikamente, wie Digitalis, Diuretika, Kate-
cholamine usw., können Ursache eines solchen „Nie-
drigflusssyndroms“ sein.
Das angiographische Bild zeigt eine bis in die Peri-
pherie reichende Engstellung der Äste der A. mesent-
erica inferior und superior (Abb. 6.39).

Chronische mesenteriale Ischämie (CMI)


왔 Bei der CMI liegen arterielle Stenosen
Definition
und Verschlüsse in den viszeralen Ge-
fäßen im Rahmen einer generalisierten Arterioskle-
rose vor. Die Ischämie entsteht in der Regel dann,
Abb. 6.38. Mesenteriale Ischämie bei embolischem Verschluss wenn 2 der 3 großen Gefäße (A. mesenterica super-
des Hauptstamms der A. mesenterica superior ior, A. mesenterica inferior, Truncus coeliacus) be-
troffen sind. Klinisch stehen postprandiale, abdomi-
nelle Schmerzen (Angina abdominalis), Reduktion
Arterielle Thrombose der Nahrungsaufnahme und damit Gewichtsverlust
Häufigste Ursache für eine Mesenterialarterienth- im Vordergrund.
rombose ist die Arteriosklerose (vgl. Abb. 6.36 a, b).
Da der Gefäßverschluss auf der Basis einer präexis- Abbildung 6.33 zeigt schematisch die abdominelle
tenten Stenosierung auftritt und deshalb in der Regel Gefäßversorgung. Die 3 großen Gefäße
auch schon Kollateralgefäße vorliegen, ist die klini-
∑ Truncus coeliacus,
sche Symptomatik zumeist weniger akut als bei einer
∑ A. mesenterica superior (AMS) und
akuten Embolie.
∑ A. mesenterica inferior (AMI)
Seltener als eine präexistente Arteriosklerose sind
Vaskulitiden oder intraabdominelle Tumoren prä- besitzen zahlreiche Anastomosen untereinander.
disponierende Faktoren. Truncus coeliacus und A. mesenterica superior wer-
den über Kollateralen der Aa. pancreatico duodena-
Nichtokklusive Darmischämie (NOD) les superiores und inferiores verbunden, A. mesent-
Synonym: nichtokklusive mesenteriale Ischämie erica superior und inferior sind über die Riolan-Ana-
(NOMI). stomose, eine Verbindung zwischen der A. colica me-
6.4 Gefäßerkrankungen des Kolons 313

Abb. 6.39. Nonokklusive mesenteriale Ischämie (NOMI). Se- a


lektive Sondierung der A. mesenterica inferior: hochgradige
Engstellung aller Gefäßaufzweigungen bis in die Peripherie

dia und sinistra, verknüpft. Dieses ausgedehnte Kol-


lateralnetz ist dafür verantwortlich, dass die Arte-
riosklerose der großen viszeralen Arterien nur dann
zu einer ischämischen Symptomatik führt, wenn we-
nigstens 2 der 3 großen Gefäße eine Stenose oder ei-
nen Verschluss aufweisen.

Diagnostik, Bildgebung
Mit der farbkodierten Dopplersonographie können
ausgeprägte Stenosen bereits dargestellt werden, die
poststenotische Dilatation nachgewiesen und Fluss-
veränderungen diagnostiziert werden. Die Diagnose
wird objektiviert mittels kontrastmittelverstärkter
MR-Angiographie (ceMRA) und/oder der CT-Angio-
graphie (Abb. 6.40 a, b). Die Sensitivität der MR-An-
giographie zum Nachweis der Ursachen einer CMI
liegt bei über 90% (Carlos et al. 2001; Horton et al.
2000; Trompeter et al. 2002). Eine Angiographie ist b
zur Diagnose und Therapieentscheidung nicht not-
Abb. 6.40 a, b. Chronisch mesenteriale Ischämie. Diagnostik
wendig. der großen abdominellen Viszeralarterien mit ceMRA (a) und
CT-Angiographie (b). a Truncusstenosen und filiforme A.-me-
Merke ! Die CMI wird mittels Schnittbildver-
fahren wie CT oder MRT diagnosti-
senterica-superior-Stenose nachgewiesen mittels ceMRA.
b Hochgradige Truncusabgangsstenose und mittelgradige
A.-mesenterica-superior-Stenose, Nachweis mittels CT-Angio-
ziert. graphie

Interventionelle Therapie
Bei einer akuten mesenterialen Ischämie bestimmt A. mesenterica superior, zugänglich. Studien hierzu
der Zeitfaktor die Prognose.Aus diesem Grund ist die verfügen alle nur über kleine Fallzahlen. In der Regel
chirurgische Revaskularisation die Methode der werden gleichzeitig ballonmontierte Edelstahlstents
Wahl und interventionelle Techniken spielen keine eingesetzt, da diese exakter als selbstexpandierende
Rolle. Dagegen ist ist die CMI einer perkutanen Designs platziert werden können (Abb. 6.41). Studien
transluminalen Angioplasie (PTA), in der Regel der mit einem direkten Vergleich zwischen chirurgischen
314 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

a b

c d

Abb. 6.41 a–d. PTA und Stenting der A. mesenterica superior A. mesenterica superior. b Platzierung eines Führungskathe-
bei chronisch mesenterialer Ischämie. a Angiographie mit ters in der A. mesenterica superior. c Applikation eines ballon-
Nachweis der filiformen Abgangsstenose von Truncus und montierten Edelstahlstents mit d sehr gutem Resultat

und interventionellen Ergebnissen existieren nicht. und Palmaz-Stents; ein technischer Erfolg gelang bei
Kasirajan et al. (2001) verglichen die Langzeitergeb- 12 von 13 Patienten. Nach 18 Monaten waren 9 der 13
nisse in nichtidentischen Kollektiven. 82% der Pa- behandelten Gefäße noch offen. Sharafuddin et al.
tienten in der Interventionsgruppe wurden gleichzei- (2003) versorgten 25 Patienten mit verschiedenen
tig auch mit einem Stent versorgt. Die Hospitalisa- Stenttypen, 27-mal handelte es sich um eine Einge-
tionsdauer war mit 5 vs. 13 Tagen in der Interven- fäßintervention, einmal um eine Zweigefäßinterven-
tionsgruppe deutlich kürzer als im chirurgischen tion, ein klinischer Benefit war in der 12 Monatskon-
Kollektiv, der Primärerfolg vergleichbar. 34% aus der trolle bei 20 (83%) Patienten nachweisbar.
Interventionsgruppe boten klinische Symptome ei-
nes Rezidivs nach 3 Jahren, jedoch nur 12% der ope-
rierten Patienten. Steinmetz et al. (2002) behandelten
Merke ! Eine interventionelle Therapie durch
Stenting der großen viszeralen Äste
19 symptomatische Patienten, 7 davon gleichzeitig liefert exzellente Ergebnisse.
mit einem Stent, 15 Patienten waren nach 3 Monaten
symptomfrei. Sheeran et al. (1999) versorgten 3 Trun- Mesenterialvenenthrombose
cus- und 7 A.-mesenterica-superior-Stenosen sowie Die mögliche Ursache für eine akute Mesenterialve-
3 A.-mesenterica-superior-Verschlüsse mittels PTA nenthrombose zeigt Tabelle 6.7. Etwa 20% der akuten
6.4 Gefäßerkrankungen des Kolons 315

Tabelle 6.7. Alter, Häufigkeit und Prognose der akuten mesenterialen Ischämie. (Aus Schölmerich u. Herfarth 2002)

Formen Verteilung [%] Alter [Jahre] Letalität [%]

Arterielle Embolie 39 (10–70) 73 71


Arterielle Thrombose 29 (10–67) 72 89
Nichtokklusive Ischämie 18 (2–48) >60 83
Venöse Thrombose 14 (2–32) 70 67

Mesenterialvenenthrombose bleiben ätiologisch Diagnostik, Bildgebung


ungeklärt (Schölmerich u. Herfarth 2002). Die klini- Die hohe Sensitivität der CT im Nachweis von Mesent-
sche Symptomatik ist unspezifisch, bei 90% der erialvenenverschlüssen ist aus der Pankreaskarzinom-
Patienten ist der Bauchschmerz die Leitsymptoma- diagnostik hinreichend bekannt (Gmeinwieser et al.
tik mit großer Variation hinsichtlich Dauer, Art, 1995; Raptopoulos et al. 1997). Der limitierende Faktor
Schweregrad und Lokalisation. Insgesamt wird die hier ist die Differenzierung zwischen Infiltration und
Vitali-tät der akuten Mesenterialvenenthrombose im Kompression, wenn das Lumen nicht komplett oder
Durchschnitt mit etwa 25% (13–62%) angegeben teilweise thrombosiert ist. Hingegen ist die Diagnostik
(Übersicht bei Eckstein 2003). Mesenterialvenenth- bei einer Okklusion mit fehlender Kontrastierung des
rombosen können auch chronisch asymptomatisch Lumens computertomographisch unproblematisch
verlaufen und durch Ösophagusvarizenblutungen (Abb. 6.42). Systematische Studien hierzu, Vergleiche
auffallen. mit der Angiographie oder einer indirekten Spätopor-
tographie oder MRT existieren nicht.

Abb. 6.42. Fehlende Kontrastierung der intra- wie extrahepatischen Pfortader und der V. mesenterica superior (Pfeile):
Mesenterialvenen- und Pfortaderthrombose. Es besteht gleichzeitig eine Pneumatose der Zökalwand (schwarzer Pfeil)
316 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

a b

c d e f

g h

Abb. 6.43 a–h. Intervention bei akuter Mesenterialvenenth- nach Lyse, Aspiration, PTA und Stenting. e, f Unauffällige
rombose. a Perkutane Punktion der thrombosierten V. portae Mesenterikographie und indirekte Portographie ein Jahr spä-
unter CT-Sicht. b PTA des Parenchymtrakts zwischen transju- ter. g 2 Jahre danach narbige Stenose (Pfeil) am Ausflusstrakt
gulär sondierter Lebervene und Pfortader. c, d Erfolgreiche und kavernöse Transformation (Pfeilspitze) der Pfortader.
Rekanalisation der V. mesenterica superior und der V. portae h Erfolgreiche Dilatation und Stentverlängerung
6.4 Gefäßerkrankungen des Kolons 317

Interventionelle Therapie Literatur


Liegen weder Peritonitis noch Zeichen der Darm-
nekrose vor, beschränkt sich die Therapie beim aku- American Gastroenterological Association Medical Position
ten Verschluss auf Antikoagulation und antibiotische Statement (2000) Guidelines on intestinal ischemia. Gas-
Abdeckung. Eine regionale Lyse kann über einen troenterology 118: 951–953
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chirurgisch applizierten Mesentieralvenenkatheter evaluation of 54 cases. Radiology 211: 381–388
versucht werden. Eine Alternative hierzu ist die Anla- Barcewicz PA, Welch JP (1980) Ischemic colitis in young adults
ge eines TIPS; über diesen Zugang kann thromboti- patients. Dis Colon Rectum 23: 109–114
sche Material aspiriert werden, eine regionale Lyse Barnet J (2004) Akute und chronische untere gastrointestinale
Blutung. In: Messmann H (Hrsg) Lehratlas der Koloskopie.
eingeleitet und diese Verfahren mit einer PTA und Thieme, Stuttgart, S 118–142
der Applikation von Stents kombiniert werden Beglinger C (2002) Pseudomembranöse Colitis. In: Siewert JR,
(Abb. 6.43). Über den TIPS-Zugang ist dann ein Harder F, Rothmund M (Hrsg) Praxis der Viszeralchirurgie,
Abfluss nach erfolgreicher Lyse gewährleistet. Gastroenterologische Chirurgie. Springer, Berlin Heidel-
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dieses Krankheitsbild mit herzchirurgischen oder Interobserver variability in the evaluation of chronic
aortalen Operationen oder mit dem kolorektalen Kar- mesenteric ischemia with gadolinium-enhanced MR an-
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zinom assoziiert. Bei jüngeren Patienten besteht ein Eckstein HH (2003) Die akute mesentierale Ischämie. Resek-
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ten wie Digoxin, Amphetaminen oder ergotaminhal- Ettore GC, Francioso G, Garribba AP, Fracella MR, Greco A,
tigen Medikamenten, auch Gerinnungsstörungen Farchi G (1997) Helical CT angiography in gastrointestinal
bleeding of obscure origin. AJR Am J Roentgenol 168:
werden beobachtet.Weiterhin kann eine Vaskulitis im 727–732
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dergrund. Für die Diagnose wird heute nahezu aus- Gmeinwieser J, Feuerbach S, Hohenberger W et al. (1995) Spi-
schließlich die Koloskopie eingesetzt, wenngleich ral-CT in diagnosis of vascular involvement in pancreatic
auch der Kolonkontrasteinlauf, früher durchaus von cancer. Hepatogastroenterology 42: 418–422
Bedeutung, mit typisch rundlichen Ausparungen Horton KM, Corl FM, Fishman EK (2000) CT evaluation of the
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318 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

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Schürmann K, Bücker A, Jansen M, Tacke J, Schmitz-Rode T, Dickdarms sind die kolorektalen Karzinome. Weiter-
Günther RW (2002) Selektive CT-Mesenterikographie zur hin sind die neoplastischen Polypen, auf deren Basis
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Vorläufige Ergebnisse. RoFo Fortschr Geb Rontgenstr die kolorektalen Karzinome entstehen, und die nicht-
Neuen Bildgeb Verfahr 174: 444–451 neoplastischen Polypen von Bedeutung. Schließlich
Sharafuddin MJ, Craig HO, Sun S, Kresowik TF, Corson JD gibt es heriditäre, familiäre Formen des kolorektalen
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Adenome sind flache Adenome („flat adenoma“).
Hyperplastische Polypen stellen eine einfache
Schleimhauthyperplasie dar, die im Gegensatz zu
Adenoem keine Vorstufe des Dickdarkarzinoms sind.
Mit bildgebenden Verfahren sind sie von echten Ade-
nomen nicht zu unterscheiden.

Die WHO klassifiziert die Polypen in neoplastische


und nichtneoplastische („Tumor-like-Polypen“), die
wichtigsten Formen sind in Tabelle 6.8 zusammenge-
fasst.

Tabelle 6.8. WHO-Klassifikation kolorektaler Polypen. (Nach


Jass u. Sobin 1989)

Neoplastische Polypen Nichtneoplastische Polypen


(„Tumor-like-Polypen“)

Adenom Peutz-Jeghers-Polyp
Polypöses Karzinom Juveniler Polyp
Karzinoidtumor Hyperplastischer Polyp
Nichtepitheliale Tumoren Benigner lymphoider Polyp
(Lipom, Leiomyom, Entzündlicher Polyp
Hämangiom,
Lymphangiom)
6.5 Tumoren 319

Adenome
75% aller Polypen sind Adenome im Sinne von Neoplasien
des Drüsenepithels mit Atypien unterschiedlicher Graduie-
rung,10% hiervon sind bereits Adenokarzinome.Die Ade-
nome lassen sich weiterhin unterscheiden in tubuläre,villö-
se,tubulovillöse und sägeblattartige („serrated“) Adenome.
Tubuläre Adenome sind mit 65% am häufigsten,gefolgt von
tubulovillösen Adenomen mit 20% und villösen Adeno-
men mit etwa 10%. Besonders problematisch sind flache
Adenome („flat adenomas“) mit einer nur geringen Erha-
benheit der Mukosa und einer leichten, zentralen Einsen-
kung,die in Routinekoloskopien immerhin einen Anteil von
etwa 1/3 darstellen.Bei 4% der kleineren,flachen Adenome
<10mm,und bei 30% der großen Adenome (≥10mm) wur-
den schwere Dysplasien oder ein Adenokarzinom gefunden
(Rembacken et al. 2000).Adenome dieser Art sind radiolo-
gisch mit keiner Technik verlässlich zu identifizieren.

Hyperplastische Polypen

왔 Hierbei handelt es sich um Polypen, Abb. 6.45. Virtuelle Koloskopie bei Colitis ulcerosa: entzünd-
Definition licher Pseudopolyp im Colon descendens
die sessil sind, selten gestielt, und zu-
meist eine Größe von 5–10 mm aufweisen.
50% der betroffenen Personen ein Karzinom entwi-
Sie sind meist singulär präsent, selten multiple. Es ckelt. Varianten mit gleichem Karzinomrisiko sind
handelt es sich um eine einfache Schleimhauthyper- das Gardner-Syndrom, heute ebenfalls als FAP be-
plasie, die aber mit bildgebenden Verfahren nicht von zeichnet, bei dem gleichzeitig Fibrome, Osteome im
echten Adenomen unterschieden werden kann, end- Gesichtsschädel auftreten, und das Turcot-Syndrom,
oskopisch allerdings auch nur mit aufwändigen Tech- bei dem gleichzeitig Medulloblastome als typische
niken wie der Chromoendoskopie. Mittellinientumoren vorkommen.
Das heriditäre, nicht polypöse Kolonkarzinom
Juvenile Polypen (HNPCC; Synonyme: familiäres Karzinomsyndrom,
Als solche werden harmatöse Polypen bezeichnet, die Lynch-Syndrom I, II) ist eine erbliche, kolorektale
im Kindes- und Jugendalter diagnostiziert werden, Tumordispositionserkrankung. Die Schätzwerte zur
histologisch handelt es sich um Schleimhautretent- Prävalenz reichen von 2–10% (Lynch et al. 1993). Die
ionszysten. Klinik unterscheidet sich bei Präsenz eines Kolon-
karzinoms nicht von der eines sporadischen Kolon-
Entzündliche Polypen karzinoms. Die diagnostischen Merkmale für das
Entzündliche Polypen sind Folge einer abgelaufenen HNPCC werden nach den „Amsterdam Kriterien“
Kolitis. Es handelt sich um Mukosainseln und Muko- festgelegt (Tabelle 6.11).
sareste, die neben Ulzerationen bestehen bleiben. Werden im Rahmen eines HNPCC ausschließlich
Solche Veränderungen sind mitunter auch mit bild- kolorektale Karzinome beobachtet, wird dies als
gebenden Verfahren, sogar in der virtuellen Kolosko- Lynch-Syndrom I bezeichnet. HNPCC-Patienten be-
pie bei ausreichender Größe nachweisbar (Abb. 6.45). sitzen eine hohe Wahrscheinlichkeit, zusätzlich ex-
trakolonische Tumoren wie Endometriumkarzino-
Polyposissyndrome me, Karzinome des Magens, des Pankreas und der
Auch hier wird zwischen einer Polyposes mit adeno- Gallenwege zu entwickeln, mit etwa 40% ist das End-
matösen und harmatösen Polypen unterschieden. Ta- ometriumkarzinom hierbei der häufigste Tumor. Auf
belle 6.9 und Tabelle 6.10 fassen die wichtigsten Poly- die Genetik wird hier nicht eingegangen, bildgeben-
posissyndrome zusammen (Caspari et al. 2000; Kull- de Verfahren spielen in der Diagnostik und Selektion
man 2001). solcher Patienten keine Rolle.
Endoskopisch zeichnet sich die familiäre adeno- Das Peutz-Jeghers-Syndrom ist eine harmatöse Po-
matöse Polypose (FAP), die mit einer Häufigkeit von lypose, mit Polypen im Dünndarm und Magen und
1:10.000 Einwohnern in westlichen Industrieländern selten im Kolon, bei der in 50–80% der Patienten ei-
auftritt, durch multiple (>100) Adenome aus. Beim ne Hyperpigmentierung der Lippen- und Mund-
Auftreten klinischer Symptome haben bereits bis zu schleimhaut beobachtet wird. Es besteht ein erhöhtes
320
Tabelle 6.9. Adenomatöse Polypenerkrankungen. (Nach Kullmann 2001)

Erkrankung Definition Gastrointestinaltrakt Andere Organbeteiligung Gen (kartiert/kloniert)

Familiäre adenomatöse >100 kolorektale Adenome, >100 kolorektale Adenome distal Kongenitale Hypertrophie des APC
Polypose (FAP) Beginn des Polypenwachstums > proximal; KRK, Risiko für KRK retinalen Pigmentepithels (CHRPE) (1987/1991)
zwischen 1. und 3. Lebensdekade fast 100%; Adenome und Karzinome bei 70% der Patienten; Desmoide
im Duodenum, selten im Magen; bei etwa 10–20%; seltener:
benigne Drüsenkörperzysten Hepatoblastome, Schilddrüsen.
im Magen karzinome, Astrozytome,
Medulloblastome
Allelische Varianten
Gardner-Syndrom (heute: FAP) Wie FAP, plus Osteome, plus s. o. Epidermoidzysten/Fibrome, APC
Epidermoidzysten/kutane Fibrome Osteome, Desmoide (allelisch zu FAP)
Attenuierte FAP 5–100 Adenome, Beginn des 5–100 Adenome, Selten APC
Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

(AAPC; „hereditary flat Polypenwachstums jenseits der Karzinome proximal > distal (allelisch zu FAP)
adenoma syndrome“) 2. Lebensdekade
Turcot-Syndrom, Adenomatöse Polypen/ >100 Adenome + Manifestationen Medulloblastome APC
Untergruppe FAP KRK plus Hirntumor wie bei FAP
Turcot-Syndrom, KRK plus Hirntumor Wenige Adenome, KRK Glioblastome Mismatch-Reparaturgene
Untergruppe HNPCC (s. u.)
HNPCC (Lynch-Syndrom) Multiple syn- oder metachrone Einzelne Adenome, die zu KRK Karzinome des Endometriums, Mismatch-Reparaturgene
KRK und andere Tumoren entarten (proximal > distal) des Urothels, des oberen GI-Trakts, hMSH2,
familiär gehäuft Pankreas, Ovarien, andere hMLH1,
hPMS1,
hPMS2,
hMSH6/GTBP,
hMSH3?,
hMLH3?,
andere?
Muir-Torre-Syndrom Talgdrüsentumor plus Kolonkarzinome Talgdrüsentumoren, Mismatch-Reparaturgene
(Untergruppe) viszeraler Tumor Endometriumkarzinom, andere hMSH2,
HNPCC-assozierte Tumoren hMLH1,
andere?
Tabelle 6.10. Hamartomatöse Polyposen. (Nach Kullmann 2001)

Erkrankung Definition Gastrointestinaltrakt Andere Organbeteiligung Gen (kartiert/kloniert)

Peutz-Jeghers-Syndrom Mindestens 2 hamartomatöse Peutz-Jeghers-Polypen im Hyperpigmentierung der Lippen- STK11/LKB1


Polypen vom Peutz-Jeghers-Typ Dünndarm und Magen, und Mundschleimhaut (Melaninspots) (1997/1998)
oder ein Peutz-Jeghers-Polyp plus seltener im Kolon bei 50–80% der Patienten, gutartige
Pigmentflecken der Lippen- und endokrine Ovarial-/Hodentumoren,
Mundschleimhaut oder ein erhöhtes Risiko für Mamma-, Zervix-
Peutz-Jeghers-Polyp bei und Pankreaskarzinome
positiver Familienanamnese
Familiäre juvenile Polypose Mindestens 5 „juvenile Polypen“ Juvenile Polypen im Dickdarm; Unklar HMAD4/
oder ein juveniler Polyp bei erhöhtes Risiko für bösartige SMAD4/
positiver Familienanamnese Tumoren des GI-Trakts DPC4
(1998/1998)
Cowden-Syndrom Multiple Hamartome in vielen Hamartomatöse Polypen im Verruköse Papeln im Gesicht PTEN/MMAC1
Geweben einschließlich Darm Kolon und Magen (Tricholemmome), Papillome mit (1996/1997)
kopfsteinpflasterartigen Gen auf Chromosom 6q21
Alleische Varianten Makrozephalie plus subkutane Erscheinungen an Lippen, Zahnfleisch (1996 kartiert)
Bannayan-Znana-Syndrom und viszerale Lipome und und Mundschleimhaut, keratotische
(Bannayan-Riley-Ruvalcaba- Hämangiome Papeln an Händen und Füßen, Zysten
Syndrom) und Fibroadenome der Brust und
Ovarien, Struma und follikuläre
Lhermitte-Duclos-Syndrom Hamartome der Gliazellen Adenokarzinome der Schilddrüse,
im Zerebellum Makrozephalie
„Hereditary mixed Hamartomatöse Polypen Unklar
polyposis syndrome“ (ähnlich, aber nicht identisch
mit juvenilen Polypen), Adenome,
entzündliche Polypen und
Karzinome im Kolon
6.5 Tumoren
321
322 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

Tabelle 6.11. Amsterdam-Kriterien. (Nach Kullmann 2001)

Amsterdam-Kriterien I
Ziel: Einheitliche Patientenrekrutierung zur Identifizierung der ursächlichen Gene
Mindestens 3 Personen an histopathologisch gesichertem kolorektalem Karzinom erkrankt, alle folgenden Kriterien müssen
erfüllt sein:
1. Ein Patient Verwandter 1. Grades der beiden anderen Patienten
2. Mindestens 2 aufeinanderfolgende Generationen betroffen
3. Mindestens ein kolorektales Karzinom vor dem 50. Lebensjahr diagnostiziert, FAP ausgeschlossen
Amsterdam-Kriterien II
Ziel: Vollständigere Patientenerfassung als unter
Amsterdam I
Wie Amsterdam-Kriterien I, jedoch werden auch extrakolonische Tumoren berücksichtigt (Endometrium, Dünndarm und
ableitende Harnwege)

a b

Abb. 6.46 a, b. Peutz-Jeghers-


Syndrom. Ikterus bei Papillen-
obstruktion durch multiple Poly-
pen im Duodenum, als Korrelat
der Polypose bestehen multiple
Aussparungen im Magen, Duode-
num und Dickdarm. c Als Korre-
lat der Polypen bestehen in der
CT multiple Aussparungen intra-
c luminal in den kontrastierten
Darmschlingen
6.5 Tumoren 323

Risiko für Mamma-, Zervix- und Pankreaskarzino-


me. Ausgeprägte Befunde beim Peutz-Jeghers-Syn-
drom sind auch mit bildgebenden Verfahren wie
einer fraktionierten Magen-Darm-Passage, einem
klassischen Enteroklysma nach Sellink oder in der
CT problemlos zu identifzieren (Abb. 6.46 a–c).

Diagnostik und Bildgebung


Ein Kolonkontrasteinlauf im Doppelkontrast liefert
für Polypen jeglicher Art ein typisches Bild: in Ab-
hängigkeit davon, ob sie en face oder tangential
getroffen werden, imponieren sie als Kontrastmit-
telaussparung oder als Ringstruktur und runder
oder ovaler Füllungsdefekt (Abb. 6.47, Abb. 6.48,
Abb. 6.49, Abb. 6.50). Die Untersuchung gibt keine
Information darüber, ob es sich um ein typisches
Adenom oder um einen hyperplastischen Polypen
ohne Entartungstendenz handelt. Wie bei allen ande-
ren Verfahren auch, ist der Nachweis größenabhän-
gig. Historische Daten bescheinigen der Doppelkon-
trasttechnik für Polypen ≥1 cm eine Sensitivität von Abb. 6.48. Wandständiger Polyp, Kontrasteinlauf. Die innere
95%. Begrenzung ist relativ scharfrandig, während die aüßere Kon-
tur unscharf imponiert
Zumindest in der Bundesrepublik und in Westeu-
ropa spielt der Kolonkontrasteinlauf zum Nachweis
von Polypen mittlerweile keine Rolle mehr, da die
Koloskopie die Polypen direkt nachweist und gleich-
zeitig eine Polypektomie gestattet.

Abb. 6.49. Kleiner gestielter Polyp mit Target-Zeichen. Der


Polypenstiel ist als Aussparungsfigur im Polypen sichtbar

Merke ! Konsequenterweise empfehlen die


Leitlinien zum kolorektalen Karzi-
nom der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs-
und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) auf der Basis
einer S3-Leitlinien-Konferenz 2004 sowohl für das
Screening der asymptomatischen Bevölkerung, aber
auch für die Untersuchung von Risikogruppen, der-
zeit ausschließlich Koloskopie, Sigmoidoskopie und
Abb. 6.47. Kontrasteinlauf im Doppelkontrast. 1 cm großer den fäkalen, okkulten Bluttest (FOBT, Guajak-Test;
Polyp mit glatten Außenkonturen und kleinem Stiel Schmiegel et al. 2004).
324 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

Tabelle 6.12. Histologische Klassifikation primär kolorektaler


Tumoren

Epitheliale Tumoren Nichtepitheliale Tumoren

Adenokarzinom GIST-Tumoren,
Leiomyosarkom
Muzinöses Adenokarzinom Hämatopoetische und
lymphatische Neoplasien
Siegelringzellkarzinom Nichtklassifizierbare
Tumoren
Plattenepithelkarzinom
Adenosquamöses Karzinom
Undifferenziertes Karzinom
Kolloides Karzinom
Nichtklassifizierbares Karzinom

∑ G1 gut differenziert,
∑ G2 mäßiggradig differenziert,
∑ G3 schlecht differenziert,
∑ G4 undifferenziert

unterschieden. Hierbei werden Siegelringkarzinome


als G3, undifferenzierte und kleinzellige Karzinome
als G4-Tumoren klassifiziert. Tumoren mit der Gra-
Abb. 6.50. Gestieltes villöses Adenom. Die Oberfläche des ge-
duierung G1 und G2 werden als „Low-grade-“ und
stielten Polypen ist zerklüftet und wirkt blumenkohlartig. G3- und G4-Tumoren als „High-grade-Tumoren“ be-
Breiter, langer Stiel, sodass eine vermehrte Beweglichkeit des zeichnet.
Polypen resultiert
TNM-Klassifikationen
Für die klinische Stadieneinteilung wird nahezu
Auf die Bedeutung der virtuellen Koloskopie als ausschließlich die TNM-Klassifikation der UICC
Screening-Technik wird beim kolorektalen Karzi- (Union International Contre le Cancer) verwendet,
nom eingegangen. bei der die Invasionstiefe des Primärtumors (T), der
Auch wenn in der täglichen Praxis der Nachweis Lymphknotenstatus (N) und die Präsenz von Fern-
von Polypen mittels Kolonkontrasteinlauf keine Rol- metastasen (M) berücksichtigt werden. Tabelle 6.13
le mehr spielt, ist zumindest die Kenntnis der Mor- und Tabelle 6.14 zeigen die TNM-Klassifikation und
phologie von Bedeutung, da Polypen mitunter als Zu- die Dukes-Klassifikation. Letztere wurde wiederholt
fallsbefunde identifiziert werden. modifiziert, sodass keine einheitliche Standardklas-
sifikation nach Dukes mehr existiert. Die hier abge-
bildete Modifikation ist die am meisten verwendete
6.5.2 Version.
Maligne Tumoren des Dickdarms Bei einem Carcinoma in situ (Cis) handelt es sich
um ein auf die Mukosa beschränktes Karzinom, wel-
Tabelle 6.12 zeigt die histologische Klassifikation der ches die Muscularis mucosae nicht infiltriert hat. Es
primären kolorektalen Karzinome gemäß WHO. wird auch als hochgradige Dysplasie bezeichnet.
Zusätzlich wird gekennzeichnet, welche diagnosti-
sche Methode der Klassifikation zugrunde liegt. So
Kolorektales Karzinom bedeutet ein dieser Einstufung vorangestelltes „c“,
dass ausschließlich eine klinische Untersuchung der
Definition, Klassifikation Einstufung zugrunde liegt, ein „p“, dass das Opera-
Überwiegend handelt es sich um Adenokarzinome, tionspräparat Grundlage der Klassifikation war. Hier
die sich aus Adenomen entwickelt haben. Hinsicht- bedeutet pTX, dass der Primärtumor nicht beurteilt
lich der Differenzierung wird in werden kann, pT0, dass für einen Primärtumor kein
∑ Gx Differenzierungsgrad kann nicht bestimmt Anhalt existiert und pTis, dass ein Carzinoma in situ
werden, (Cis) vorliegt.
6.5 Tumoren 325

Tabelle 6.13. TNM/pTNM-Klassifikation des Kolonkarzinoms

T Primärtumor
TX Primärtumor kann nicht beurteilt werden
T0 Kein Anhalt für Primärtumor
Cis Carcinoma in situ (reine Ausbreitung des Tumors in der Mukosa)
T1 Tumor infiltriert Submukosa (entspricht weitgehend Stadium Dukes A)
T2 Tumor infiltriert Muscularis propria (entspricht Dukes B1)
T3 Tumor infiltriert durch die Muscularis propria in die Subserosa oder in nichtperitonealisiertes perikolisches oder
perirektales Gewebe (entspricht Dukes B2)
T4 Tumor perforiert das viszerale Peritoneum oder infliltriert direkt andere Organe oder Strukturen
(z. B. Prostata, Beckenwand, Ureter, Leber)
N Regionäre Lymphknoten
NX Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden
N0 Keine regionären Lymphknotenmetastasen
N1 Metastasen in 1–3 perikolischen/perirektalen Lymphknoten (analog zu Dukes C1)
N2 Metastasen in 4 oder mehr perikolischen bzw. perirektalen Lymphknoten (analog zu Dukes C2)
N3 Metastasen entlang eines benachbarten Gefäßstammes (z. B. A. colica dextra)
M Fernmetastasen
MX Das Vorliegen von Fernmetastasen kann nicht beurteilt werden
M0 Keine Fernmetastasen
M1 Fernmetastasen

Tabelle 6.14. Dukes-Klassifikation für das Rektumkarzinom

Stadium DUKES T N M Fünfjahresüberlebensrate

0 - Cis 0 0 98–100%
I A 1 0 0 95–100%
A 2 0 0
II B 3 0 0 80–85%
B 4 0 0
III C1 Jedes T 1 0 50–70%
C2 Jedes T 2,3 0
IV D Jedes T Jedes N 1 5–15%

Bildgebende Diagnostik ein kolorektales Karzinom um 15–33% gesenkt wer-


beim kolorektalen Karzinom den kann. Immunologische Stuhltestverfahren und
molekulare Screening-Verfahren stellen derzeit keine
쐍 Screening. Screening bedeutet die Untersuchung Alternative zum FOBT dar. Auf die Bedeutung vir-
von Personen, die keiner Risikogruppe für das Auf- tueller Techniken s. unten,„Virtuelle Koloskopie (Ko-
treten eines kolorektalen Karzinoms angehören. Ge- lonographie) zur Polypendetektion“.
mäß den Leitlinien zum kolorektalen Karzinom 2004
(S3-Leitlinien-Konferenz in der Bundesrepublik) ist 쐍 Virtuelle Koloskopie (Kolonographie) zur Polypende-
das Standardverfahren die Koloskopie, die ab dem 55. tektion. Für beide Techniken, CT- und MR-Kolono-
Lebensjahr für sinnvoll erachtet wird. Für Personen, graphie, ist eine Darmvorbereitung der Patienten
die eine Koloskopie ablehnen, wird ein fäkaler okkul- analog der Koloskopie notwendig. Zur CT-Kolono-
ter Bluttest (FOBT, Guajak-Test) empfohlen. Die Effi- graphie erfolgt eine Darmdistension mit Raumluft
zienz des FOBT als Screening-Methode für das kolo- oder CO2 und die intravenöse Applikation von Bu-
rektale Karzinom ist durch 3 randomisierte Studien tylscopolamin. Die Untersuchung erfolgt in Bauch-
belegt, die zeigen konnten, dass die Mortaliltät durch und Rückenlagen, um mobile Inhalte wie Flüssigkeit
326 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

oder Stuhlreste von sessilen Läsionen wie Polypen


oder Tumoren differenzieren zu können. Magnetre-
sonanztomographisch erfolgt bei der „Dark-lumen-
Technik“ eine identische Vorbereitung und die rekta-
le Füllung des Dickdarms mit 1500–2000 ml Wasser.
In der CT erfolgt eine 2D-multiplanare Rekonstruk-
tion mit beliebiger Schnittführung, 3D-endolumina-
le Bilder werden auf der Basis von Volumen- oder
Oberflächenrekonstruktionstechniken („volume ren-
dering“/VR oder „surface shaded display“/SSD) ge-
neriert. Die virtuelle Kamera folgt einem vorgegebe-
nem Pfad und betrachtet das Darmlumen von innen.
Für diese Technik ist mittlerweile Software verfügbar,
die eine Automatisierung des Vorgangs übernimmt.
Die gleiche Technik wird eingesetzt, um auf magne-
tresonanztomographisch akquirierten Datensätzen
eine virtuelle Koloskopie zu generieren. Abbil-
dung 6.51 a,b und Abb. 6.52 zeigen typische Bilder ei-
ner virtuellen Endoskopie aus MR- und CT-Datensät-
zen bei einem Polypen und einem Karzinom.
Erwartungsgemäß zeigen alle Studien, dass die De- a
tektionsrate von Polypen größenabhängig ist. Eine Dif-
ferenzierung zwischen Adenomen und hyperplasti-
schen Polypen mit diesen Techniken gelingt nicht (Pic-
khardt et al. 2003). Nahezu alle Studien untersuchen
Kollektive, die eine hohe Prävalenz für Polypen und
Karzinome besitzen, also nicht die typische Screening-
Population darstellen (Johnson et al. 2003), sondern ei-
ne höhere Prävalenz für Polypen besitzen. Eine neuere
Metaanalyse (Mulhall et al. 2005) berücksichtigt nur
Studien, bei denen ein prospektiv, geblindetes Design
bestand, die virtuelle Koloskopie nach kompletter Vor-
bereitung wie zur Koloskopie durchgeführt wurde, die
Koloskopie Goldstandard war, die Kollimation nicht
>5 mm betrug und eine 2D/3D-Interpretation mittels
CAD, also automatischer Auswerte-Software, erfolgte.
Zumindest für Polypen >9 mm wurde eine Sensitivität
bei einer Auswertung pro Patient von im Durchschnitt
85% ermittelt, sie betrug für 6–9 mm große Polypen
70% und für Polypen <6 mm nur noch 48%.Potenziel-
le Bias, der dieser Metaanalyse zugrunde liegenden
Studien, sind allerdings, dass in diesen vor allem Hoch-
risikokollektive untersucht wurden. Außerdem gibt es b
keine Aussagen zur Interobserver-Variabilität.
Abb. 6.51 a, b. a Virtuelle Endoskopie, CT-Kolonographie, die
Eine andere Studie, bei der ebenfalls eine automa- einen 1 cm großen, gestielten Polypen im Sigma identifiziert.
tische Software zum Polypennachweis eingesetzt b Das koloskopische Bild
wurde, ermittelte in einer Screening-Population al-
lerdings eine Sensitivität für Adenome >10 mm von
89,3% (Summers et al. 2005). Alle genannten Studien
wurden mittels CT-Kolonographie durchgeführt. Zur Die widersprüchlichen Angaben zur Leistungsfä-
MR-Kolonographie zum Polypennachweis liegt erst higkeit der virtuellen Koloskopie zum Polypennach-
eine Studie an einem gemischten Kollektiv von 100 weis gestattet derzeit nicht, diese Technik als Alterna-
Patienten vor. Die Sensitivität für Polypen ≥10 mm tive zur klassischen Koloskopie einzusetzen, ihre An-
betrug hier ebenso wie die Spezifität 100% (Hart- wendung ist derzeit nur in Studien gerechtfertigt. Be-
mann et al. 2006), 3/4 aller Patienten dieser Studie reits jetzt kann ihr Einsatz sinnvoll sein, wenn eine
waren allerdings symptomatisch. Endoskopie inkomplett ist, endoskopisch nicht pas-
6.5 Tumoren 327

Abb. 6.52. MR-Datensatz bei endoskopisch nicht passierba- Abb. 6.53. Kontrasteinlauf im Monokontrast mit wasserlösli-
rem Tumor im Zökum, 3D-Modell für die virtuelle Koloskopie. chem Kontrastmitte. Am Übergang Sigma/Colon ascendens
Typisches Apple-core-Zeichen (Pfeil) als Tumorkorrelat. Der (Pfeilspitze) besteht eine filiforme, endoskopisch nicht passier-
Zökalpol hinter der Stenose ist virtuell ebenfalls einsehbar bare Stenose, typisches Apple-core-Bild eines Karzinoms.
Nachweis eines Zweitkarzinoms (Pfeil) mit identischer Mor-
phologie im Colon transversum
sierbare Stenosen vorliegen oder Patienten die klas-
sische Koloskopie ablehnen. Systematische Studien
hierzu existieren nicht.

Diagnostik

쐍 Primärtumor (T). Zwar erreichen Doppelkontrast-


untersuchungen mit Barium eine Sensitivität von
mehr als 90% im Nachweis kolorektaler Karzinome
(Kelvin u. Maglinte 1987), diese klassischen Techniken
spielen aber in der täglichen Praxis in der Bundesre-
publik und in Europa keine Rolle mehr. Die Kolosko-
pie ist die Standardtechnik, die gleichzeitig eine Biop-
sie erlaubt oder auch eine Polypektomie gestattet.
Die Koloskopie soll den gesamten Dickdarm kom-
plett erfassen, um synchrone Zweitkarzinome ver-
lässlich zu erfassen (vgl. Abb. 6.53).

Merke ! Ein Kolonkontrasteinlauf wird allen


falls noch eingesetzt, wenn die Endos-
kopie aus technischen Gründen, z. B. infolge einer Tu-
morstenose, inkomplett ist. Die typische Morpholo-
gie eines Dickdarmkarzinoms ist die filiforme Steno-
se, die an ein „apple-core“ erinnert, und die Schleim-
hautdestruktion (Abb. 6.53, Abb. 6.54).

Merke ! Eine verlässliche Differenzierung der


T-Kategorie ist mit bildgebenden Ver-
Abb. 6.54. Zirkulär wachsendes Sigmakarzinom mit schüs-
selförmigem Randsaum und hochgradige Lumeneinengung,
Apple-core-Zeichen
fahren nicht möglich, da die Wandschichten nicht
differenziert werden können.
328 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

Abb. 6.55. Rektumkarzinom. CT: stenosierender Tumor mit massiver Wandverdickung, pT4, Infiltration ins perirektale Fettge-
webe, lokale Lymphangiosis carcinomatosa mit streifiger Infiltration des Fettgewebes

Abb. 6.56. Kolonkarzinom, linke Flexur. CT: als Tumorkorrelat Wandverdickung in der linken Flexur, Apple-core-Bild, Infiltra-
tion ins regionäre Fettgewebe, pT4
6.5 Tumoren 329

Abb. 6.57. Karzinom des Colon transversum. CT: Als Tumorkorrelat besteht eine Verdickung der Hinterwand im Colon trans-
versum, letztlich von Darminhalt nicht zu unterscheiden (Pfeil). Histologisch/pathologisch T2-Kategorie

Abb. 6.58. Rektumkarzinom. CT: exzentrische Wandverdickung als Tumorkorrelat (Pfeil). In der koronaren Rekonstruktion
(rechts) typisches Apple-core-Zeichen (Pfeil)

Nach der Literatur liegt die Genauigkeit der CT (Ein- Für die präoperative T-Kategorisierung beim
zelschichttechnik) für das T-Staging zwischen 33 und Rektumkarzinom steht neben der Endosonographie
77% (nach Pessaux et al. 2001). T1-Tumoren besitzen auch die MRT zur Verfügung. Der Einsatz der CT zum
häufig kein Korrelat in der CT oder in der MRT; T1- Staging eines kolorektalen Tumors ist die Standard-
Tumoren können deshalb auch nicht verlässlich von technik, da größere Tumoren (T3/T4) fast immer ein
T2- und T2- ebenso wenig von T3-Tumoren differen- adäquates Korrelat in der CT besitzen und die Inva-
ziert werden. Die Identifikation von T4-Tumoren ist sion in andere Organe beurteilt werden kann.
mit allen bildgebenden Verfahren meist unproblema-
tisch. Die typischen Befunde für CT oder MRT beim 쐍 Lymphknotenmetastasen (N). CT, EUS und die MRT
kolorektalen Karzinom sind die lokale oder zirkuläre sind etablierte Methoden zum Nachweis regionaler
Wandverdickung, die Lumeneinengung, auch das Lymphknotenmetastasen. Für alle Methoden ist das
für den Kontrasteinlauf typische Apple-core-Zeichen Kriterium eines metastatischen Befalls identisch, ein-
sowie Injektionen des umgebenden Fettgewebes ziger Parameter ist die Vergrößerung von Lymph-
und Invasion in andere Organe (Abb. 6.55, Abb. 6.56, knoten. Lymphknoten von 10 mm und mehr und
Abb. 6.57, Abb. 6.58). „cluster“ kleinerer Lymphknoten gelten als typische
330 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

Kriterien (Balthazar et al. 1988; Freeny et al. 1986; 쐍 Tumorrezidive. Häufigste Lokalisation eines Rezi-
Grabbe et al. 1983; Rifkin et al. 1989). Die Sensitivität divs ist die Leber, die bei 20–25% aller Patienten mit
mit allen Verfahren ist niedrig. Rezidiven betroffen ist. Lokalrezidive und an der
Anastomose, extra- oder intraluminal, werden bei
CAVE ! Falsch-negative Resultate sind vor-
programmiert, da befallene, aber
15–22% aller Patienten beobachtet (Gall et al. 1986).
Nach Kolorektalresektionen oder sphinktererhal-
nicht vergrößerte Lymphknoten nicht identifiziert tenden Operationen dominiert die Endoskopie mit
werden können. Biopsie in der Rezidivdiagnostik analog der Diagnos-
tik der Primärtumoren und ist radiologischen Tech-
Die Sensitivität für die CT wird auf <50% beziffert, niken überlegen. Für den Nachweis extraluminaler
gleiches gilt auch für den EUS (Rifkin et al. 1989). Tumorrezidive, die endoskopisch nicht diagnosti-
ziert werden können, werden die CT und die MRT
쐍 Fernmetastasen (M). Bis zu 20% aller Patienten eingesetzt.
weisen zum Zeitpunkt der Diagnose bereits eine Die typischen Kriterien für extraluminale Tumor-
Lebermetastasierung auf. Standardtechniken zum rezidive sind (Abb. 6.59, Abb. 6.60):
Nachweis oder Ausschluss von Lebermetastasen sind
∑ Größenzunahme einer präexistenten Raumforde-
der Ultraschall, die CT und die MRT. Zur Untersu-
rung (in der Regel Narbengewebe) oder neu auf-
chungstechnik und Nachweisrate s. Kap. 7.
getretener Weichteilprozess,
Bei Rektumkarzinomen ist neben einer CT oder
∑ Asymmetrie, Inhomogenität, Infiltration angren-
MRT von Becken und Abdomen auch eine CT des
zender Strukturen,
Thorax sinnvoll, da Rektumkarzinome neben der Le-
∑ ossäre Destruktion (Sakrum-, Rektumkarzinom),
ber auch in die Lunge metastasieren. Zahlen zur Häu-
∑ streifige Infiltration des periluminalen Fettgewe-
figkeit von Lungenmetastasen oder zur Nachweisera-
bes.
te der CT im Vergleich zur konventionellen Thorax-
technik beim Rektumkarzinom existieren nicht, so- Die Kriterien sind für CT und MRT identisch. In der
dass in den Leitlinien der DGVS die CT derzeit auch MRT ist auch eine erhöhte Signalintensität in T2-ge-
nicht als Standardtechnik zur Untersuchung der Lun- wichteten Sequenzen suspekt für ein Rezidiv. Die
ge empfohlen wird. Kontrastmitteldynamik zeigt in der MRT beim Rezi-
div einen starken Anstieg der Kontrastmittelkurve,
Merke ! Auch eine Beurteilung der M-Katego-
rie ist unzuverlässig, da vergrößerte,
gefolgt von einer Platteauphase, was eine Differenzie-
rung gegenüber Narben gestattet (Blomqvist et al.
aber nicht metastatische befallene Lymphknoten 1998; Dicle et al. 1999).
nicht von entzündlich veränderten Lymphknoten Bei extraluminalen Tumorrezidiven kann in der
unterschieden werden können, und kleine, aber be- Regel eine perkutane Biopsie problemlos vorgenom-
fallene Lymphknoten nicht als solche eingeordnet men werden (vgl. Abb. 6.59).
werden können.

Abb. 6.59. Lokalrezidiv eines T4 (pT4) Rektumkarzinoms. mann-Stumpfes, keine Knochendestruktion. Verifikation mit-
Weichteildichte Tumorformation präsakral (Pfeil) mit Infil- tels Biopsie
tration des M. piriformes rechts und Infiltration des Hart-
6.5 Tumoren 331

a b

Abb. 6.60 a, b. Lokalrezidiv Rektumkarzinom (Pfeile). MRT T2-TSE-Sequenz mit Fettsättigung, a axiale und b sagittale Ebene.
Keine Osteodestruktion

Andere Tumoren Im Kontrasteinlauf findet sich eine polypoide, ses-


sile, teils infiltrierende, teils ulzerierende Läsion, die
Karzinoid sich nicht wesentlich vom kolorektalen Karzinom
Die Karzinoide entstehen aus enterochromaffinen unterscheidet. Da häufig die extraluminale Tumor-
Zellen der Darmmukosa. Sie sind relativ selten und komponente größer ist, kann mit den Schnittbildver-
gelten als semimaligne. Etwa 4% aller operierten und fahren die Tumorausbreitung besser beurteilt wer-
6% aller obduzierten epithelialen malignen Tumoren den. In der CT soll der Nachweis fibrosierender me-
des Kolons sind Karzinoide. Meist metastasieren sie senterialer Infiltrationen für die Karzinoiddiagnose
in Leber und Lymphknoten. Ihr Häufigkeitsgipfel sprechen.
liegt um das 50. Lebensjahr. Sie können im gesamten Differenzialdiagnostisch kommen neben dem ko-
Magen-Darm-Trakt auftreten. Bevorzugte Lokalisa- lorektalen Karzinom Polypen und submukös wach-
tion sind das terminale Ileum und die Appendix (80– sende Tumoren in Betracht wie auch alle Darmwand-
90%), 10–17% liegen im Rektum, die übrigen Dick- tumoren, z. B. Lymphome, Leiomyome usw.
darmabschnitte sind selten betroffen. Multiple Loka- Beim klinischen Verdacht auf ein Karzinoid ist die
lisationen sind möglich. Suchmethode die CT.
Klinisch bleiben die meisten Karzinoide stumm.
Bei Befall der Appendix können Beschwerden wie bei Malignes Melanom
der Appendizitis vorliegen. Werden die Läsionen Insgesamt sind nur vereinzelt Fälle eines malignen
>2 cm, sind auch peranale Blutabgänge insbesondere Melanoms im Dickdarm beschrieben, die alle im
bei Lokalisation im Rektum möglich. Rektum lokalisiert waren und im höheren Lebensal-
Da Karzinoide auch gehäuft pharmakokinetisch ter beobachtet wurden.
wirksame Substanzen wie Serotonin, Kinine, Hista-
mine und Prostaglandine erzeugen, können bei Ab-
gabe dieser Substanzen ins Blut Symptome auftreten, 6.5.3
die als „Karzinoidsyndrom“ bezeichnet werden. Da- Benigne und maligne nichtepitheliale Tumoren
zu zählen vasomotorische Störungen wie „flush“ und
Hypermotilität des Dünndarms mit Krämpfen, Bei den nichtepithelialen Tumoren des Dickdarms
Durchfall oder Erbrechen, Bronchialobstruktion mit lassen sich Tumoren des Fettgewebes, der glatten
Husten und Zyanose sowie bei Herzbeteiligung die Muskulatur, des Bindegewebes, des Nervengewebes
Endokardfibrose. Dieses Karzinoidsyndrom ist in der und des lymphattischen Gewebes unterscheiden. Ins-
Regel Ausdruck einer Metastasierung und bei der ko- gesamt ist das Vorkommen dieser nichtepithelialen
lorektalen Form selten. Infolge der Leberfiliae kön- Tumoren selten, sie machen zusammen nur etwa 5%
nen ebenfalls Symptome hervorgerufen werden, die der benignen kolorektalen Tumoren aus.
durch die Hepatomegalie bedingt sind.
332 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

Lipome
Lipome sind die häufigsten nichtepithelialen benig-
nen Tumoren des Kolons. Sie treten meist solitär auf,
bevorzugt im Colon ascendens. Neben einer submu-
kösen kann auch eine subseröse Ausbreitungsform
vorliegen.
Da Lipome selten Auslöser von klinischen Symp-
tomen sind, werden sie meist nur zufällig oder bei
Operationen bzw. Obduktionen entdeckt. Lipome
>4 cm Größe verursachen Schmerzen, können für
rektale Blutabgänge Anlass sein und Symptome einer
Obstruktion erzeugen, insbesondere wenn sie Aus-
löser einer Invagination sind.
Im Kontrasteinlauf liegt ein durch das Lipom be-
dingter, glatt begrenzter Füllungsdefekt vor, die
Wand bleibt normal aufdehnbar, und der Schleim-
hautüberzug ist intakt. In der CT ist neben einer ova-
len, glatt begrenzten Raumforderung der niedrige
Dichtwert von –40 HE hinweisend auf ein Lipom.

Liposarkome
Die benignen Lipome entarten fast nie maligne. Die
seltenen Liposarkome entwickeln sich als eigenstän-
diger Tumor. Ausbreitungsform und primäres Er-
scheinungsbild sind ähnlich dem Lipom. Im Gegen-
satz zum Lipom sind in der CT die Dichtewerte vari- Abb. 6.61. Leiomyom im Colon transversum. Kontrasteinlauf.
abel und können von +60 bis –20 HE schwanken, Glatt begrenzte, halbmondförmige Vorwölbung im Querkolon
wobei auch innerhalb des Tumors selbst unter- mit glatter Oberfläche, bedingt durch ein submukös wachsen-
des Leiomyom
schiedliche Dichtewerte vorliegen können.

Leiomyome
Nur etwa 10% aller gastrointestinalen Leiomyome Leiomyosarkome
sind im Dickdarm lokalisiert und dort überwiegend Sie sind häufiger als die benignen Leiomyome und im
im Rektum. Sie gehen von der Muscularis mucosae Vergleich zu den übrigen Abschnitten des Gastro-
oder propria aus. Die Fibrome können sich intramu- intestinaltrakts seltener im Kolon anzutreffen. Wie
ral, intra- oder extraluminal oder in Sanduhrform beim Leiomyom können sie sich nach intra- oder
intra-/extraluminal ausdehnen. Die extraluminal extraluminal bzw. intramural ausdehnen.
wachsende Form kann eine beträchtliche Größe er- Wegen der meist beträchtlichen Größe >5 cm
reichen und zentral nekrotisch werden. Die intralu- treten häufig Schmerzen, Obstipation, Diarrhö und
minale Ausbreitungsform sitzt breitbasig auf und hat rektale Blutungen auf.
nur ausnahmsweise einen Stiel. Radiologisch findet sich beim Kontrasteinlauf das
Die Klinik hängt von der Größe und Ausbreitungs- Bild einer submukösen Läsion bzw. eines intramura-
form ab. Kleine Leiomyome verursachen selten Be- len Füllungsdefektes. Die Oberfläche kann glatt, aber
schwerden, bei größeren Leiomyomen sind auch auch lobuliert und scharf begrenzt sein. Die Schleim-
Blutabgänge oder mechanische Obstruktionen mög- haut ist meist intakt, kleine Ulzerationen sind mög-
lich. lich. Mit der Schnittbilddiagnostik ist besonders die
Beim Kontrasteinlauf ist ebenfalls die Ausbrei- extrakolische Ausbreitung gut dokumentierbar, wo-
tungsform für das Erscheinungsbild verantwortlich. bei die Dichtewerte in der CT meist inhomogen sind.
Intramurale Leiomyome bedingen eine glatt be-
grenzte, submuköse Läsion, während die intralumi- Fibrome und Fibrosarkome
nalen sich wie Polypen ins Lumen vorwölben und Von diesen beiden Tumortypen sind nur Einzelfälle
glatt begrenzt sind (Abb. 6.61). im Kolon beschrieben, die sich in Form,Ausdehnung,
Klinik und radiologischem Erscheinungsbild von
den Leiomyomen bzw. den Myosarkomen kaum un-
terscheiden.
6.5 Tumoren 333

Tumoren des Nervengewebes ein typischer Befund. Für die Spiral-CT ist eine Sen-
Auch diese Tumoren sind im Dickdarm äußerst sel- sitivität von 70% im Nachweis von Gefäßkonvoluten
ten. Je nach Ursprungsort werden Neurofibrome, in der Darmwand als Korrelat einer Angiodysplasie
Ganglioneurome und granuläre Neurome unter- beschrieben (Junquera et al. 2000).
schieden. Hämangiome sind viel seltener als Angiodyspla-
Die Neurofibrome kommen solitär oder z. B. im sien, sie sind zumeist in Sigma oder Rektum lokali-
Rahmen eines Morbus Recklinghausen multipel vor; siert, die Bildgebung spielt hier keine Rolle.
sie befinden sich meist subserös. Auch die Ganglio-
neurome können solitär und diffus auftreten, sie sind Maligne Lymphome
mit anderen endokrinen Tumoren häufig vergesell- Die malignen Lymphome werden üblicherweise in
schaftet. Die granulären Neurome, auch Myeloblas- Hodgkin-Lymphome und Non-Hodgkin-Lymphome
tenmyome genannt, sind meist multipel und wachsen unterteilt. Es existiert eine Reihe von Klassifikatio-
submukös. nen der verschiedenen Lymphomarten, z. B. für die
Klinik und radiologischer Befund entsprechen Non-Hodgkin-Lymphome nach Rappaport und Len-
dem Bild der Lipome bzw. Leiomyome. nert für den Morbus Hodgkin entsprechend der Rye-
bzw. Ann-Arbor-Konferenz. Eine weltweit einheitli-
Tumoren des Gefäßsystems che Klassifikation wurde durch eine Expertengruppe
Die Hämangiosarkome können einzeln und multipel der WHO 1997 vorgeschlagen, die eine aktualisierte
auftreten und fallen meist durch massive peranale Fassung der Revised European American Lympho-
Blutabgänge auf. Sie können auch ähnliche Sympto- ma- (R.E.A.L.-) Klassifikation darstellt und die welt-
me wie andere stenosierende Prozesse verursachen weit akzeptiert zu werden scheint (Stein u. Hidde-
(Abb. 6.62). Angiodysplasien finden sich bei etwa 1% mann 1997, 1999). Auf Details soll hier nicht weiter
der Koloskopien im Dickdarm. Die Diagnostik ge- eingegangen werden.
schieht bei blutenden Angiodysplasien primär end- Etwa 95% der Lymphome des Magen-Darm-
oskopisch. Bildgebende Verfahren wie die Angiogra- Trakts gehören in die Gruppe der Non-Hodgkin-Lym-
phie werden nur eingesetzt, wenn endoskopisch kei- phome. Gastrointestinale Non-Hodgkin-Lymphome
ne Diagnostik gelingt. In der Angiographie ist eine werden seit einigen Jahren zunehmend als MALT-
frühe Venenfüllung bereits in der arteriellen Phase („mucosa-associated lymphoid tissue“-) Lymphome
bezeichnet. Sie verhalten sich lange Zeit als fokale Tu-
moren ohne Tendenz zur Dissemination. Um einen
primären Lymphombefall des Darms handelt es
sich, wenn ein anderweitiger nodulärer Befall ausge-
schlossen ist.
MALT-Lymphome gehören überwiegend der
Gruppe der niedrigmalignen Lymphome an. Es hat
sich als praktikable Methode durchgesetzt, die
MALT-Lymphome nach hohem und niedrigen Malig-
nitätsgrad und nach T- oder B-Zell-Abstammung zu
klassifizieren.
In 21–26% der extraintestinalen Non-Hodgkin-
Lymphome und in 4–7,5% der extraintestinalen
Hodgkin-Lymphome liegt auch ein kolorektaler Be-
fall im Sinne eines sekundären Lymphoms vor. Die
Lymphome befallen oft kurze Segmente, wachsen
ringförmig oder diffus infiltrierend, manche erschei-
nen als polypoide Formation, die einzeln oder multi-
pel auftreten kann. Manche Lymphome zeigen an der
Oberfläche Ulzerationen.
Die Klinik kann lange Zeit fehlen oder unspezi-
fisch sein. Neben allgemeinen Symptomen wie Fie-
ber, Müdigkeit, Gewichtsverlust oder Nachtschweiß
können veränderte Stuhlgewohnheiten, Blutungen
oder auch appendizitisähnliche Symptome auftreten.
Abb. 6.62. Angiosarkom. Kontrasteinlauf: stenosierender tu-
moröser Prozess, der histogisch durch ein Angiosarkom be- Die Röntgendiagnostik ist stark abhängig vom Typ
dingt war – röntgenmorphologisch ist eine Unterscheidung zu des Lymphoms und der damit verbundenen Ausbrei-
einem anderen malignen Tumor nicht möglich tungsform. Bei der nodulären Form finden sich im
334 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

Bei mehr zirkulärer Wachstumsform ist ein kolo-


rektales Karzinom morphologisch nicht zu differen-
zieren. Diese zirkuläre Wachstumsform kann aber
längerstreckig zu unregelmäßigen Wandeinengun-
gen mit Haustrenverlust führen. Breitet sich das Lym-
phom mehr nach intraluminal aus, ragt ein großer,
unregelmäßiger, lobulierter Tumor ins Lumen hinein
und kommt als Auslöser einer Invagination in Be-
tracht. Im Falle einer extraluminalen Ausbreitung
kann die Schleimhaut unauffällig sein. Der betroffene
Kolonabschnitt wird durch die Raumforderung pe-
lottiert. Bei Wachstum nach außen und innen sind
zudem Fistelbildungen möglich. Die verschiedenen
Erscheinungsformen können auch nebeneinander
vorliegen.
Die unregelmäßige, meist kleinknotige Wandver-
dickung ist mit Ultraschall, CT (Abb. 6.64) oder MRT
darstellbar. Dabei ist das Lymphom im Ultraschall
meist echoarm. Mit diesen Techniken erfolgt auch die
Suche nach vergrößerten Lymphknoten.
Abb. 6.63. Malignes Lymphom des Rektums und Sigmas. Kon-
trasteinlauf: Die Oberfläche ist von einer Vielzahl unregel- Leukämie
mäßig begrenzter, unterschiedlich großer knotiger Läsionen Die leukämische Infiltration des Dickdarms wird
übersät. Das Colon descendens zeigt eine normale Schleim- meist erst bei der Obduktion entdeckt. Bei gastrointes-
haut
tinaler Infiltration ist das Kolon in etwa bei 20% der
Fälle beteiligt. Meist liegt ein multilokulärer Befall vor.
Die Klinik wird bestimmt von den Symptomen
der Grunderkrankung. Bei Kolonbeteiligung sind zu-
sätzlich Diarrhöen, abdominelle Schmerzen und Blu-
tungen möglich.
Beim Kontrasteinlauf können multiple poly-
poide Füllungsdefekte zur Darstellung kommen. Die
Schleimhaut ist meist intakt, kann aber auch ulzeriert
sein.
Differenzialdiagnostisch ist an eine Polyposis coli,
das Lymphom, die ischämische Kolitis sowie an Coli-
tis ulcerosa und granulomatosa zu denken.

Plasmozytom
Beim generalisierten disseminierten Plasmozytom
ist auch mit einem Kolonbefall zu rechnen. Als solitä-
res Plasmozytom kann die Erkrankung auch primär
Abb. 6.64. Non-Hodgkin-Lymphom mit Befall der retroperi-
den Dickdarm befallen. Die übrigen Abschnitte des
tonealen Lymphknoten entlang der Ileakalgefäße, Dünndarm- Magen-Darm-Trakts sind häufiger befallen. Im Ko-
befall mit Darmwandverdickung (Pfeil) lon selbst ist meist das Zökum betroffen.
Klinisch herrschen die Symptome des diffusen
Plasmozytoms vor. Beim solitären Plasmozytom des
Kolons können Blutungen oder Zeichen der Obstruk-
Kolonkontrasteinlauf auch unterschiedlich große, tion beobachtet werden.
zwischen 0,2–2,5 cm messende, glatt begrenzte Fül- Im Doppelkontrast sind Röntgensymptome nicht
lungsdefekte, die wie multiple Polypen imponieren immer nachweisbar; es können aber lokale Darm-
und meist sessil sind (Abb. 6.63). Gelegentlich haben wandinfiltrationen, Verengungen des Darmlumens
diese nodulären Defekte eine zentrale, nabelähnliche oder polypoide Läsionen gefunden werden.
Einziehung. Werden diese Lymphome größer, kön- Differenzialdiagnostisch sind neben dem kolorek-
nen sie auch Füllungsdefekte hervorrufen, die wie talen Karzinom das Lymphom, die Polypose sowie
„thumb prints“ aussehen (vgl. Abb. 6.44). die Colitis ulcerosa und granulomatosa abzugrenzen.
6.5 Tumoren 335

6.5.4
Kaposi-Sarkom
왔 Bei diesem Sarkom handelt es sich um
Definition
eine systemische multifokale Neopla-
sie des retikuloendothelialen Systems, die primär
mit Hautmanifestation an den unteren Extremitäten
beginnt und zu sekundären Neoplasien an anderen
Organen führt.

Seit der weltweiten Verbreitung der Aids-Erkrankung


tritt diese Neoplasie wesentlich häufiger auf. Es kön-
nen alle Organe befallen sein, und auch ohne Haut-
manifestation kann der Darm betroffen sein. Liegt ei-
ne Hautmanifestation vor, so ist zu 50% auch mit ei-
ner Beteiligung des Kolons zu rechnen. Im Kolon sind
besonders das Sigma und Rektum betroffen, wobei
auch multiple Lokalisationen möglich sind. Als Ursa-
che gilt eine Infektion mit dem HIV-Virus als sicher.
Die Klinik wird beherrscht durch Symptome der
generalisierten HIV-Infektion und der sie meist be-
gleitenden opportunistischen Infektionen. Dazu
können Blutungen, Zeichen der Obstruktion, Diar-
rhö und als Komplikation Invagination und Perfora-
Abb. 6.65. Metastase eines Ovarialkarzinoms. Kontrastein-
tion bei Darmbefall treten. lauf: eine von vielen buckligen, glatt begrenzten Vorwölbungen
Der Kontrasteinlauf hängt von der Schwere der mit intakter Schleimhaut, die durch Metastasen eines Ovarial-
Kolonbeteiligung ab. Bei leichten Formen sind nur karzinoms bedingt war. Eine Unterscheidung zwischen Meta-
kleine noduläre, wenige Millimeter bis 2 cm große, stase und gutartigem intramural wachsenden Tumor ist nicht
möglich
submuköse Defekte sichtbar. Im fortgeschrittenen
Stadium können die submukösen Knötchen ineinan-
der übergehen und sich zirkulär in der Wand ausbrei-
ten, wodurch das Lumen nodulär eingeengt wird. Bei Von benachbarten Organen kann eine direkte In-
multiplen polypoiden Läsionen kann auch das Bild vasion des Primärtumors auf das Kolon erfolgen.
des „thumb printing“ vorliegen. Zusätzlich finden Dies ist besonders bei Ovarial-, Uterus- oder Prosta-
sich Ulzerationen. takarzinomen der Fall. Aber auch bei Tumoren der
Differenzialdiagnostisch kommen die Colitis ul- Nieren, der Harnblase oder der Gallenblase ist ein
cerosa, der Morbus Crohn, das Lymphom, das kolo- Übergreifen des tumorösen Geschehens direkt auf
rektale Karzinom und multiple Polypen in Betracht. die angrenzenden Kolonabschnitte möglich. Kommt
es zu einer intraperitonealen Aussaat, so sind beson-
ders die peritonealen Umschlagsfalten und die Reces-
6.5.5 sus betroffen. Am häufigsten finden sich diese Meta-
Metastasen stasen an der Vorderwand des rektosigmoidalen
Übergangs, am Oberrand des Sigmas und am medio-
Metastatische Absiedelungen am Kolon können von kaudalen Zökumpol.
vielen Organen stammen. Hämatogene Metastasen Die Klinik ist abhängig vom Ort der Metastasen
am Kolon stammen häufig von Mammakarzinomen und dem Befallsmuster. Durch Obstruktion entsteht
oder Melanomen. Auf den Ursprungsort können der gehäuft eine Ileussymptomatik.
Ausbreitungsweg und die Art der Metastasierung un- Im Kolonkontrasteinlauf sind die hämatogenen
ter Umständen hinweisen. Metastasen als solitäre, meist glatt begrenzte Fül-
Magen- bzw. Pankreaskarzinome erreichen den lungsdefekte nachweisbar, die wie ein mesenchyma-
Dickdarm über das Lig. gastrocolicum bzw. über das ler Tumor aussehen können (Abb. 6.65). Bei den ma-
Mesocolon transversum durch indirekte Invasion. lignen Melanomen liegen meist multiple Füllungsde-
Auch metastatische Absiedlungen im Omentum ma- fekte vor, wie sie bei der Polypose beschrieben wur-
jus, z. B. bei Ovarial-, Zervix-, Uterus- oder Blasen- den. Die Metastasen können aber auch das Bild eines
karzinom, können auf diesem Wege indirekt auf das primären Kolonkarzinoms annehmen und zu einer
Colon transversum übergehen. segmentalen irregulären Wandinfiltration führen.
336 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

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340 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

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Yee J, Akerbar GA, Hung RK et al. (2001) Colorectal neoplasia: bei etwa 5% dieser Frauen gegeben. Dabei sind am
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tion in 300 patients. Radiolgy 219: 685–692
Yoshida H, Masutani Y, MacEneaney P et al. (2002) Computer-
gang und das Sigma betroffen, sehr viel seltener auch
ized detection of colonic polyps at CT colonography on the Zökum, Appendix oder Dünndarm.
basis of volumetric features: pilot study. Radiology 222: Die Endometrioseherde können zyklisch auftre-
327–336 tende, uncharakteristische, z. T. heftige abdominelle
Zerhouni EA, Rutter C, Hanilton SR et al. (1996) CT and MR
imaging in the staging of colorectal carcinoma: report of Beschwerden verursachen, die bis zur Subileusymp-
the Radiology Diagnostic Oncology Group II. Radiology tomatik reichen. Während der Menstruation sind die
196: 443–451 Beschwerden am ausgeprägtesten.
Zni EA, Rutter C, Hamilton SR et al. (1996) CT and MR imag- Die röntgenologischen Veränderungen im Kontra-
ing in the staging of colorectal carcinoma: report of the Ra-
diology Diagnostic Oncology Group II. Radiology 200: steinlauf sind abhängig von der Lokalisation der
443–451 Endometriumherde. Die Schleimhaut ist in der Regel
Zornoza J, Dodd GD (1980) Lymphoma of the gastrointestinal intakt, die Herde können in der Schleimhaut submu-
tract. Semin Roentgenol 15: 272–287 kös, intramuskulär oder subserös liegen und als ex-
Zwaan M, Gmelin E, Borgis KJ, Neubauer B (1991) Normale
Wandstärke und tumoröse Wandveränderungen des Gas- zentrische polypoide Läsion (Abb. 6.68) oder als ge-
trointestinaltraktes in der Computertomographie. Fortschr wellte intramurale Läsion an der antimesenterialen
Röntgenstr 155: 423–427 Seite mit konisch auslaufenden Rändern oder als seg-
mentale Einengung imponieren. Die meist exzentri-
sche Lage führt zur Einbuchtung und Fältelung der
Mukosa. Aufnahmen des rektosigmoidalen Über-
gangs im seitlichen Strahlengang sind unerlässlich
(Abb. 6.69). In der Praxis ist der Kontrasteinlauf mitt-
lerweile bedeutungslos.

Abb. 6.68. Endometriose im Sigma. Kontrasteinlauf: Im Sigma


finden sich glatt begrenzte polypoide Aussparungen mit intak-
ter Schleimhaut
6.6 Andere Erkrankungen des Kolons 341

ren sind unspezifisch und lassen keine Differenzie-


rung gegenüber anderen intramuralen Prozessen zu.
Beim Verdacht auf eine Endometriose besteht keine
primäre Indikation zum Einsatz eines Schnittbildver-
fahrens, es handelt sich somit zumeist um Zufallsbe-
funde.

6.6.2
Amyloidose

Pathologische Ablagerungen des abnormen Proteins


Amyloid in retikoloendothelialen Zellen sind in vie-
len Organsystemen anzutreffen. Im Gastrointestinal-
trakt ist am häufigsten der Dünndarm, zu etwa 45%
auch der Dickdarm, betroffen.
Häufig verläuft die Dickdarmbeteiligung bei der
Amyloidose symptomarm. Manchmal können Symp-
tome wie Malabsorption, Obstipation oder Diarrhö,
unter Umständen kombiniert mit Blutungen, auftre-
ten.
Abb. 6.69. Ausgeprägte Endometriose im rektosimoidalen Eine spezifische Diagnose mittels bildgebenden
Übergang. Kontrasteinaluf: Von ventral her wird der rektosig- Verfahren ist nicht möglich, es existieren keine typi-
moidale Bereich durch grobknotige Massen von außen impri- schen Befunde.
miert. Die Schleimhaut ist intakt

6.6.3
Sklerodermie

Im Gegensatz zu den anderen Organen des Magen-


Darm-Trakts ist ein Befall des Dickdarms bei Sklero-
dermie eher selten. Die Zahlen schwanken zwischen
12,5 und 50%, dabei scheinen das Querkolon und das
Colon descendens am häufigsten betroffen.
Klinisch liegt ein unspezifisches Bild vor, das von
Beschwerdefreiheit bis zu Bauchschmerzen sowie
Obstipation der Diarrhö wechseln kann.
Röntgenologisch finden sich beim Kolonkontrast-
einlauf umschriebene Aussackungen der Wand mit
breitem Hals auf der antimesenterialen Seite, so ge-
nannten Pseudodivertikel. Es kann das Bild einer un-
regelmäßigen Haustrierung entstehen. Häufig liegen
Tonusstörungen mit umschriebener Atonie vor.
Abb. 6.70. Endometriose. CT: weichteildichte glatt begrenzte
Raumforderung zwischen vergrößertem Uterus und Rektum-
vorderwand, die pelottiert wird 6.6.4
Lupus erythematodes

Merke ! Eine Endometriose wird endosko-


pisch diagnostiziert und bioptisch ge-
Beim systemischen Lupus erythematodes werden pa-
thogene Antikörper und Immunkomplexe im Gewe-
sichert. be abgelagert. Es können fast alle Organsysteme be-
fallen sein. Zu 90% sind Frauen betroffen.
Im Ultraschall, in der CT oder MRT ist eine umschrie- Bei Beteiligung des Gastrointestinaltrakts klagen
ben verdickte Darmwand, unter Umständen mit zys- die Patienten über abdominelle Schmerzen. Diese
tischer Läsion innerhalb der Wand nachweisbar können akut auftreten, wenn aufgrund der Vaskulitis
(Abb. 6.70). Die Befunde aller bildgebenden Verfah- eine Darmischämie oder -nekrose eintritt.
342 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

Am Dickdarm sind nur Befunde bei der ischämi- 6.6.5


schen Verlaufsform zu erwarten, die radiologisch Pneumatosis coli
fassbar werden. So können dann bei der Abdomen-
aufnahme weitgestellte luftgefüllte Darmabschnitte Synonyme: Pneumatosis cystoides intestinalis, intes-
beobachtet werden. In der CT kann sich eine länger- tinale Gaszysten, Emphysema intestinalis, Pneumato-
streckige Wandverdickung zeigen, wie sie auch bei sis digestiva.
der ischämischen Kolitis zu beobachten ist. Dieses seltene Krankheitsbild kann den gesamten
Alle radiologischen Befunde sind unspezifisch Magen-Darm-Trakt befallen, von der Kardia bis zum
und erlauben keine Artdiagnose. Anus. Es ist charakterisiert durch submuköse oder
subseröse Gasblasen. Am häufigsten ist der Dünn-
darm betroffen, seltener der Dickdarm, dort meist
Sigma und Colon descendens. Über die Ursachen
wird spekuliert, und der genaue Pathomechanismus
ist noch unbekannt.
Klinisch sind meist keine spezifischen Symptome
vorhanden. Krampfartige Schmerzen, Diarrhö oder
rektale Blutungen können auftreten. Da die Pneuma-
tose häufig als Begleiterscheinung mit anderen Dick-
darmerkrankungen beobachtet wird, überwiegen
meist die Symptome dieser Erkrankungen.
Bei der Abdomenaufnahme können lineare zysten-
artige Aufhellungen in der Wand des Kolons sicht-
bar werden (Abb. 6.71). Diskrete intramurale Luft-
ansammlungen sind computertomographisch pro-
blemlos erkennbar (vgl. Abb. 6.42). Perforiert die
Darmwand, kann ein Pneumoperitoneum entste-
hen oder Gas ins portalvenöse System gelangen
(Abb. 6.72). Im Gegensatz zu einer Aaerobilie ist die
Luft in den Pfortaderästen intrahepatisch bis weit in
die Peripherie zu verfolgen.

Abb. 6.71. Pneumatosis intestinalis. Kontrasteinlauf: Entlang


der kontrastierten Dickdarmwand kommen schmale Aufhel-
lungen zur Darstellung, die durch die intramurale Luft verur-
sacht werden

Abb. 6.72. Luft in den Ästen der V. portae und in der V. mesenterica superior, Pneumatosis intestinalis, freie Flüssigkeit perihe-
patisch und perilienal
6.6 Andere Erkrankungen des Kolons 343

6.6.6 6.6.7
Lymphatische Hyperplasie Divertikelkrankheit
Synonyme: noduläre lymphatische Hyperplasie und 왔 Dickdarmdivertikelsind überwie-
Definition
lymphoide follikuläre Hyperplasie. gend Ausstülpungen der Mukosa und
Der diffuse Nachweis von Lymphfollikeln ist bei Submukosa durch die Muskelschichten des Dick-
Kindern häufig und ohne pathologischen Wert. Bei darms. 80% aller Divertikel bleiben klinisch zeitle-
älteren Menschen ist eine lymphatische Hpyerplasie bens stumm. Etwa die Hälfte der Bevölkerung, die
eine Rarität. Bei den meist jungen Erwachsenen ist das 70. Lebensjahr überschritten hat, weist in der
der diffuse Befall selten, häufiger sind ein oder 2 Seg- westlichen Welt Divertikel auf.
mente betroffen, dabei meistens das rechte Kolon.
Die Pathogenese ist unbekannt. Bei Erwachsenen Divertikel des Kolons sind in der westlichen Welt die
tritt diese Veränderung meist im Gefolge anderer In- häufigste Pathologie im Gastrointestinaltrakt. Eine
fektionskrankheiten oder Allergien bzw. Dysgamma- klinische Relevanz besteht dann, wenn aus einer Di-
globulinämien auf. vertikulose eine Divertikulitis entsteht oder bei einer
Klinisch finden sich keine speziellen Symptome. Divertikelblutung.
Diarrhö oder abdominelle Schmerzen können vorlie- Da Ausstülpungen der Mukosa und Submukosa
gen. durch die Muskelschichten des Dickdarms vorliegen,
Beim Kontrasteinlauf finden sich zahlreiche fla- handelt sich somit um Pseudodivertikel. Wahr-
che, noduläre Füllungsdefekte, diese sind scharf be- scheinliche Ursache ist eine intraluminale Drucker-
grenzt, meist 1–2 mm groß, gleichmäßig verteilt und höhung. Die Mehrzahl der Patienten zeigt funktio-
von uniformem Aussehen. Die dazwischen gelegene nelle Störungen im Sinne eines spastischen Kolons.
Schleimhaut ist intakt (Abb. 6.73). Der radiologische Die Zunahme des Muskeltonus der Ring- und Längs-
Befund ist unspezifisch, diagnostisch steht die Endos- muskulatur resultiert in einer Engstellung des betrof-
kopie mit Biopsie im Vordergrund. fenen Darmsegments. Während eine Divertikulose
bei etwa 80% aller Divertikel klinisch stumm bleibt,
führt bei den übrigen Patienten eine bakterielle Be-
siedelung zu einer Entzündung der dünnen Diver-
tikelwand.
Divertikel sind häufige Zufallsbefunde in der CT
oder im Kolonkontrasteinlauf (Abb. 6.74 a, b).

Divertikulitis
Führen die bakterielle Besiedelung und Entzündung
der dünnen Divertikelwand zu Mikroperforationen,
resultiert eine peridivertikuläre Entzündungsaus-
breitung. Deren typische und klinisch relevante, für
die Prognose entscheidenden Komplikationen sind
Perforation mit Abszedierung und Divertikelblutun-
gen. Die typischen Symptome sind linksseitige Un-
terbauchschmerzen, häufig mit Fieber, Leukozytose
und einer CRP-Erhöhung als typische Entzündungs-
zeichen. Mit einer Perforation ist in 10% zu rechnen.
Blutungen sind bei älteren Patienten (>60 Jahre) die
häufigste Ursache von Blutungen im unteren Gastro-
intestinaltrakt, sie sistieren jedoch spontan bei 3/4
aller Fälle.
Die Diagnostik der Blutung erfolgt endoskopisch.
Im Vordergrund der aktiven Behandlung steht die
gleichzeitige Unterspritzung mit Adrenalin. Radio-
Abb. 6.73. Lymphatische Hyperplasie. Kontrasteinlauf: Die ge- logische Techniken mit Vasopressin oder Embolisa-
samte Scheimhaut ist übersät von multiplen winzigen rundli- tionen sind Alternativen bei frustranem Endoskopie-
chen Erhabenheiten, die durch die Verdickung der Lymphfolli- versuch.
kel verursacht werden Die Abdomenübersichtsaufnahme liefert mitunter
pathologische Veränderungen wie eine extraluminale
Luftansammlung bei einer Perforation, weiterhin Zei-
344 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

a b

Abb. 6.74 a, b. Divertikulose des Kolons. a Im Kontrasteinlauf trastmittel und gegenüberliegend mit Luft gefüllt sind. b In der
in Linksseitlage finden sich zahlreiche, unterschiedlich große CT stellen sich die Divertikel im Sigma als kleine, überwiegend
Wandaussackungen, die auf der linken Darmseite mit Kon- luftgefüllte Aussackungen dar

Abb. 6.75. Ultraschall einer Divertikulose mit Divertikulits Abb. 6.76. Verdickte Darmwand. Nachweis eines Divertikels
des Sigma. Kokarde mit anhängendem Divertikel (Pfeil). Die (Pfeil) im Ultraschall
verstärkte Echogenität der Umgebung (Pfeilspitzen) zeigt die
entzündliche Infiltration an

chen des Ileus und Subileus,jedoch keinen spezifischen Als typischer Befund für eine akute Divertikulitis im
Befund, der die Diagnose einer Divertikulitis nur aus Ultraschall gilt der Nachweis eines druckschmerzhaf-
dem Abdomenübersichtsbild zulässt (Ahn et al. 2000). ten Sigmaabschnitts mit einer echoarmen Wandverdi-
ckung sowie eines echoreichen Halo als Zeichen der
Merke !Bei der Divertikulitis liefern Abdo-
menübersichtsaufnahmen keine spe-
extraluminalen Veränderung (Abb. 6.75,Abb. 6.76). Die
Sensitivität für den Nachweis dieser Phänomene liegt
zifische Diagnose (Ahn et al. 2002). Die in der Regel um 90%. Da die Sonographie untersucherabhängige
gedeckte Perforation wird aufgrund der geringen Resultate liefert, bietet sie sich vor allen Dingen an, um
ausgetretenen Luftmenge nicht erfasst. bei bekannter Grunderkrankung und primär konser-
vativer Therapie frühzeitig Komplikationen nachzu-
weisen (Ripollés et al. 2003; Soliman et al. 2004).
6.6 Andere Erkrankungen des Kolons 345

Merke ! Als Goldstandard für die Divertikuli


tisdiagnostik gilt die CT, da diese
Die Sensitivität der CT für den Nachweis der Di-
vertikulitis und ihrer Komplikationen wird in der Li-
nicht nur die entzündliche Wandverdickung und die teratur mit bis zu 98% angegeben. Für den Kolonkon-
Divertikel, sondern auch die extraluminalen Kom- trasteinlauf hingegen liegt die Sensitivität in allen
plikationen wie lokale Peritonitis und Perforation vergleichenden Studien um 10–15% niedriger (Am-
sowie Abszesse sicher erfasst (Abb. 6.77, Abb. 6.78, brosetti et al. 2002). Die häufigsten und sensitivsten
Abb. 6.79). computertomographischen Befunde für die Diagno-
se „Divertikulitis“ sind mit >90% die entzündliche
Neben dem Nachweis der Divertikel finden sich in Infiltration des perikolischen Fettgewebes, die Darm-
der CT eine entzündliche Wandverdickung sowie ei- wandverdickung und der Nachweis von Divertikeln
ne Infiltration des perisigmoidalen oder perikoli- (Kircher et al. 2002). Tabelle 6.15 zeigt die Sensitivität
schen Fettgewebes; Abszesse sind als Flüssigkeitsan- und Spezifität der individuellen Zeichen einer Diver-
sammlung problemlos identifizierbar.Voraussetzung tikulitis in der CT.
für eine adäquate Diagnostik ist eine rektale Kontra- Analog zum Kolonkontrasteinlauf ist auch com-
stierung des Sigmas und Kolons mit wasserlöslichem putertomographisch nicht in allen Fällen eine ver-
Kontrastmittel in einer der oralen Kontrastierung lässliche Differenzierung zwischen einem Kar-
analogen Verdünnung. Eine zusätzliche intravenöse zinom und einer Divertikulitis möglich (Abb. 6.80,
Kontrastmittelgabe ist sinnvoll, da dies die Abgren- Abb. 6.81). Typisch für eine Divertikulitis sind die
zung der Beckenorgane, insbesondere auch eine Dif- entzündliche Infiltration des Fettgewebes, das Ödem
ferenzierung der Gefäße von Lymphknoten, wesent- in der Umgebung, auch ein befallenes Segment mit
lich erleichtert. einer Länge >10 cm, während eine mehr exzentrische

Abb. 6.77. CT nach oraler und rektaler Kontrastierung, Kon- ralem Abszess (weißer Pfeil), entzündliche Wandverdickung
trastmittel i. v. Akute Sigmadivertikulitis mit gedeckter Perfo- (Pfeilspitzen)
ration mit extraluminaler Luft (schwarzer Pfeil) und intramu-
346 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

Abb. 6.78. Akute Sigmadivertikulitis. CT, orale und rektale Kontrastierung, Kontrastmittel i. v.: typische Wandverdickung des
Sigmas (Pfeilspitzen), gedeckte Perforation mit diskreter Luft extraluminal (Pfeil)

Abb. 6.79. Akute Sigmadivertikulitis. CT, orale und rektale Luft (Pfeil rechts unten). Gleichzeitig besteht im Unterpol der
Kontrastierung, Kontrastmittel i. v.: Perforation mit KM-Aus- rechten Niere ein Nierenabszess (Pfeil links oben)
tritt (Pfeilspitze), Perforation in die Blase mit intravesikaler
6.6 Andere Erkrankungen des Kolons 347

Abb. 6.80. Akute Sigmadivertikulitis. CT, orale und rektale makarzinom nur endoskopisch möglich. Die Endoskopie zeigt
Kontrastierung, Kontrastmittel i. v.: großer Konglomerat- eine entzündliche Lumenstenose. Entzündlicher Konglome-
tumor am Übergang Sigma/Colon descendens (Pfeil). Diffe- rattumor histologisch/chirurgisch bestätigt
renzierung entzündlicher Konglomerattumor und/oder Sig-

Abb. 6.81. Diskrete Wandverdickung des Colon descendens diagnose ausschließlich mit der CT nicht möglich. Endosko-
(Pfeilspitzen), ausgeprägte Injektion des periluminalen Fett- pisch kein Tumornachweis, Divertikulitis des Sigma und des
gewebes. Differenzialdiagnose: Kolonkarzinom, Differenzial- Colon descendens!
348 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

Tabelle 6.15. Wertigkeit der verschiedenen CT-Symptome bei akuter Divertikulitis für die Diagnose. (Nach Kircher et al. 2002)

Anzahl Sensitivität [%] Spezifität [%]

Darmwandverdickung 109 96 91
Fettgewebeinjektion 108 95 90
Divertikel 104 91 67
Freie Luft 34 30 100
Freie Flüssigkeit 51 45 97
Entzündete Divertikel 49 43 100

Abb. 6.82. Divertikulitis. Kontrasteinlauf mit wasserlöslichem Abb. 6.83. Sigmaperforation bei Divertikulitis. Kontrastein-
Kontrastmittel: funktionelle Stenose des Sigmas, Engstellung lauf mit wasserlöslichem Kontrastmittel: KM-Austritt (Pfeil)
der Divertikelhälse, direkter Nachweis der Divertikel bei Perforation

Darmwandverdickung und die Formation einer deckte Mikroperforationen und die peridivertikuläre
„Schulter“, ähnlich einem Apple-core, häufiger bei ei- Entzündung dieser Untersuchungstechnik in der Re-
nem Karzinom gefunden wird (Chintapalli et al. gel entgehen, sind größere Perforationen am Kontrast-
1999). Von 72 Patienten wurden unter Studienbedin- mittelaustritt problemlos identifizierbar (Abb. 6.83).
gungen bei 51% die definitive Diagnose Karzinom Der Kolonkontrasteinlauf mit wasserlöslichem
oder Divertikulitis gestellt, bei 49% war die Diagno- Kontrastmittel wird nur eingesetzt, wenn aus logisti-
se unklar und die CT-Morphologie überlappend. schen Gründen eine CT nicht verfügbar ist, anson-
Hilfreich kann in solchen Fällen ein zusätzlicher sten besteht keine Indikation mehr für diese Technik.
Kontrasteinlauf mit wasserlöslichem Kontrastmittel
sein, wenn dieser die typische Morphologie des
Apple-core bindet. Unabhängig davon ist selbstver- Merke !Da von der Divertikulitis überwie-
gend ältere Patienten (>60 Jahre) be-
ständlich in allen Fällen mit Tumorverdacht eine troffen sind und das kolorektale Karzinom für diese
Endoskopie zwingend erforderlich. Altersgruppe den häufigsten gemeinsamen Tumor
Im Kolonkontrasteinlauf sind symptomlose Diver- für beide Geschlechter darstellt, ist eine überlage-
tikel im Rahmen einer Divertikulose häufige Zufalls- rungsfreie Darstellung aller Sigmasegmente beson-
befunde, sie werden überwiegend im Sigma angetrof- ders wichtig, um kurzstreckige Stenosen, die durch
fen. Bei einem Verdacht auf eine Divertikulitis sind im ein Karzinom verursacht werden, nicht zu übersehen.
Kolonkontrasteinlauf typische Befunde die Engstel-
lung des betroffenen Segments (überwiegend im Sig- Die MRT spielt derzeit in der klinischen Praxis für die
ma), Schleimhautirregularitäten und eine Engstellung Diagnose der Divertikulitis keine Rolle. Die asympto-
der Divertikelhälse, sodass mitunter die Divertikel matische Divertikulose wird mitunter als Zufallsbe-
selbst nicht abgebildet sind (Abb. 6.82). Während ge- fund beobachtet (Abb. 6.84). Bei der symptomati-
6.6 Andere Erkrankungen des Kolons 349

Abb. 6.84. Divertikulose. Zufallsbefund in der MRT: typische Aussackungen im Sigma (T2-Gewichtung, True-fisp-Sequenz,
3D-Modell)

schen Divertikulitis wurde die MRT bislang nur sel- schluss einer anderen organischen Ursache durchge-
ten eingesetzt. Die Kriterien zur Diagnose sind mit führt wird, sind segmentale Engstellungen, die sich
Darmwandverdickung und -enhancement und Injek- mit weitgestellten Abschnitten abwechseln, sichtbar.
tion des umgebenden Fettgewebes mit den Kriterien Die typische Haustrierung fehlt, die Haustren sind
für die CT identisch (Heverhagen et al. 2001; Schrey- flach und unregelmäßig.
er et al. 2004). Ob die MRT auch kleine Mengen freier
Luft bei der Dickdarmperforation nachweisen kann,
ist ungeklärt, hierzu existieren bislang keine Studien. 6.6.9
Vaskuläre Erkrankungen
Heriditäre hämorrhagische Teleangiektasie
6.6.8 (Morbus Osler)
Reizkolon Diese seltene, autosomal-dominant vererbliche Er-
krankung betrifft meist das terminale Ileum und das
Synonym: Colon irritabile. rechte Kolon. Es fehlt die arteriokapilläre Sphinkter-
funktion, sodass aufgrund der mangelnden Kontrak-
왔 Es handelt sich um eine neuromusku- tionsfähigkeit kleine Traumen bereits zu einer Blu-
Definition
läre Störung, die ausschließlich auf tung führen. Es resultieren rezidivierende rektale,
das Kolon beschränkt ist. z. T. massive Blutabgänge.
Die Diagnose ist mittels Angiographie zu stellen,
Meist sind jüngere Menschen unter geringer Beto- bei der ein Knäuel von Gefäßen mit einer frühen ve-
nung des weiblichen Geschlechts betroffen. Seelische nösen Füllung und schneller Drainage vorliegt.
Spannungen, Medikamente wie Laxanzien oder Anti-
biotika, ballastarme Nahrung oder Erkrankungen Varicosis coli
anderer Organe scheinen bei der Ätiologie des Reiz- Kolonvarizen sind extrem selten. Das linke Kolon ist
kolons eine Rolle zu spielen. häufiger als das rechte betroffen. In 85% liegen se-
Die Erkrankung ist charakterisiert durch Stuhl- kundäre Ursachen wieportale Hypertension, Rechts-
gangsprobleme mit Wechsel zwischen Obstipation herzinsuffizienz oder Thrombose der Mesenterial-
und Durchfall, Abgang von Schleim und dem Gefühl oder Milzvene zugrunde. Es können lebensbedrohli-
der unvollständigen Entleerung. Dazu können che Blutungen eintreten.
krampfartige abdominelle Beschwerden mit Schmer- Beim Kontrasteinlauf können flache randständige
zen oder Missbehagen auftreten. Füllungsdefekte vorliegen, die bei stärkerer Dehnung
Die Abdomenaufnahme zeigt keinen pathologi- abflachen oder verschwinden können, zudem kann
schen Befund. Im Kontrasteinlauf, der zum Aus- eine verstärkte Fältelung imponieren.
350 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

Angiographisch finden sich geschlängelte und di- Ernst S, Stark WW, Rath M (1996) Computertomographie
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352 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

6.7
Besondere Erkrankungen der Appendix
Die meisten der in den Abschnitten entzündliche, tu-
moröse oder sonstige Veränderungen des Dickdarms
besprochenen Erkrankungen können auch die Ap-
pendix betreffen. Daneben sind an dieser Stelle noch
einige besondere Erkrankungsformen zu beachten,
die im übrigen Kolon fehlen. Die Sonographie und
die Schnittbildverfahren sind bei der Diagnostik von
größerer Bedeutung als die Kontrastmitteluntersu-
chung in Form des Kontrasteinlaufs oder des Entero-
klysmas. Gelegentlich gibt auch die Abdomenaufnah-

Abb. 6.87. Divertikelbildung an der Appendix. Bei relativ lan-


ger, geschlängelt verlaufender Appendix findet sich ein isolier-
tes Divertikel

me schon einen Hinweis auf eine Erkrankung dieses


Darmabschnitts.
Bei der diagnostischen Suche und Beurteilung der
Appendix sind die Lagevariationen zu berücksichti-
gen. Die Appendix kann weit nach medial verlagert
Abb. 6.85. Medialisierter Wurmfortsatz. Die Appendix reicht sein und bis zum rechten Ureter reichen oder gar die
bis über die Mittellinie und endet in Nähe des Sigmas, das Zei- Mittellinie überschreiten (Abb. 6.85). Bei diesen Fehl-
chen einer Divertikulitis zeigt
lagen können differenzialdiagnostische Probleme
mit Erkrankungen der rechtsseitigen ableitenden
Harnwege oder gar des Sigmas, insbesondere bei Ver-
dacht auf Divertikulitis entstehen. Die Appendix liegt
jedoch auch nicht selten nach kranial hochgeschla-
gen und/oder retrozökal (Abb. 6.86). Ebenso sollte
daran gedacht werden, dass der Wurmfortsatz als Ap-
pendix duplex oder bei inkompletter Doppelung als
Appendix bifida vorliegen kann. Neben Divertikeln
in Ein- oder Mehrzahl (Abb. 6.87) sind auch komplet-
te und inkomplette Invaginationen in den Zökalpol
oder in den Wurmfortsatz selbst möglich.

6.7.1
Appendizitis

Die akute Appendizitis stellt weiterhin die häufigste


Indikation zur Notfalloperation des Abdomens dar.
Dabei wird diese Diagnose in der Regel aufgrund der
Anamnese, der Symptomatik und des klinischen Un-
tersuchungsbefundes ohne zusätzliche bildgebende
Diagnostik gestellt.
Die genaue Ursache und der Pathomechanismus
sind weiterhin unklar. Als ätiologische Faktoren wer-
den genannt:
Abb. 6.86. Retrozökale Lage der Appendix. Die Appendix ist
lateral des Colon descendens KM-gefüllt und reicht fast bis zur ∑ der Verschluss der Appendixlichtung durch Kot-
linken Flexur
steine,
6.7 Besondere Erkrankungen der Appendix 353

Abb. 6.89. Appendizitis mit beginnender Perforation. In der


CT ist neben der verdickten Appendix medialseitig eine kleine
Strukturverdichtung sichtbar mit inhomogenen Dichtewer-
ten, die auf eine beginnende Perforation hindeutet

Abb. 6.88 a, b. Appendizitis. In der Sonographie findet sich im bildgebende Untersuchungsmethode eingesetzt. Bei
Längsschnitt (a) eine tubuläre Struktur mit verdickter echo- einer Appendizitis ist die normalerweise runde tubu-
armer Wand. Im Querschnitt (b) imponiert eine fast aus 3 Rin- läre Struktur mit reflexreichen Wandbegrenzungen
gen bestehende Struktur
und echoarmen Zentren asymmetrisch verdickt
(Abb. 6.88 a, b). Echoarme umgebende Strukturen
∑ hämato- oder enterogene Infektionen, weisen auf eine Periappendizitis hin. Sind diese echo-
∑ allergisch-immunologische Mechanismen oder armen umgebenden Strukturen groß, ist eine Perfo-
∑ anatomisch-biochemische Phänomene. ration wahrscheinlich. Schattenbildungen durch Gas
innerhalb dieser echoarmen Strukturen deuten auf
Die Entzündung kann sich nur in Form einer Rötung eine freie Perforation hin. Ein Appendixstein ist
und Schwellung äußern. Bei Fortbestehen kann sie zu ebenfalls durch den Schallschatten zu erkennen.
phlegmonöser, ulzeröser oder gangränöser Appendi- Die Veränderungen bei der Abdomenaufnahme
zitis mit Fibrinbelägen werden. Als Komplikationen sind nicht spezifisch. Lediglich der Nachweis eines
können sich daraus die gedeckte oder freie Perfora- Appendixsteins deutet auf eine Appendizitis hin.
tion mit konsekutiver Peritonitis oder umschriebene Befunde wie Spiegelbildungen im Zökalpol oder
Abszessbildungen entwickeln. Bei Kontakt zu Nach- terminalen Ileum, Gasblähung der Appendix, Ver-
barorganen können sich auch Fisteln, z. B. zur Harn- lust des rechten Flankenstreifens oder fehlender
blase, ausbilden. Eine Entwicklung zu einer chroni- Psoasschatten sind nicht beweisend für eine Appen-
schen Appendizitis ist ebenfalls möglich. dizitis.
Bei der akuten Appendizitis klagen die Patienten Der Kontrasteinlauf spielt bei der primären Dia-
über plötzlich einsetzende rechtsseitige Unterbauch- gnostik keine Rolle. Dieser Befund zusammen mit
schmerzen, Übelkeit, Brechreiz,Appetitlosigkeit, Los- der ausbleibenden Füllung deuten mit hoher Wahr-
lassschmerz, subfebrile Temperaturen und Leuko- scheinlichkeit auf eine Abszedierung hin.
zytose. Wird eine CT des Abdomens bei uncharakteristi-
Um die weiterhin hohe Zahl der unnötigen Appen- scher Beschwerdesymptomatik durchgeführt, so fin-
dektomien bei Verdacht auf Appendizitis mit patho- det sich im Falle der Appendizitis ein verdickter
logisch unauffälliger Appendix zu verringern, wird Wurmfortsatz mit umgebender streifiger Zeich-
zunehmend bereits frühzeitig die Sonographie als nungsvermehrung durch Ödem (Abb. 6.89).
354 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

Differenzialdiagnostisch ist an unspezifische domenübersichtsaufnahmen keine richtungsweisen-


Lymphadenitis mesenterialis, Enteritis Yersinia, Mor- den Befunde. Dabei kann im gasgefüllten Zökalpol
bus Crohn, rechtsseitiger Ureterstein, stielgedrehte ein Kompressionseffekt von außen sichtbar werden.
Ovarialzyste, Extrauteringravidität, Adnexitis, Endo- Im Ultraschall oder in der CT ist neben der ver-
metriose der Appendix, akute Cholezystitis, Meckel- dickten Appendixwand ein Ödem im benachbarten
Divertikulitis, infarzierte Appendices epiploicae und Mesenterium sichtbar sowie eine unregelmäßig be-
Invagination zu denken. grenzte, flüssigkeitsgefüllte Struktur (Abb. 6.90), die
in der CT randständig Kontrastmittel aufnehmen
kann. Im Zusammenhang mit der Klinik kann die Di-
6.7.2 agnose eines perityphlitischen Abszesses computer-
Perityphlitischer Abszess tomographisch in der Regel problemlos gestellt wer-
Die akute Appendizitis kann zu einer Reihe von Kom- den.
plikationen führen. Neben der freien Perforation mit
konsekutiver Peritonitis oder der Fistelbildung zu
anderen Organen oder zur Haut hin ist insbesondere 6.7.3
die gedeckte Perforation mit Abszessbildung zu nen- Mukozele
nen. Diese Abszesse können sich nach retroperitone-
al, intraperitoneal oder ins Mesokolon hin ausbreiten Durch Schleimansammlungen im Lumen resultiert
und entsprechende Sekundärkomplikationen her- eine partielle oder komplette Auftreibung der Appen-
vorrufen. Breitet sich der Abszess zum Pararenal- dix. Auslöser kann eine Obstruktion der Lichtung
raum aus, resultiert eine Kompression des rechten z. B. durch Fäkolith, Fremdkörper (Abb. 6.91), Tumor
Ureters. Im Falle der intraperitonealen Ausbreitung oder Narbenbildung sein. Vermehrte Schleimpro-
kann der Abszess sich in den Douglas-Raum, in den duktion führt zur zystischen Erweiterung der Appen-
rechten parakolischen Raum, nach subhepatisch dix und zur Mukozelenbildung, dabei gilt die Verän-
oder subphrenisch hin ausdehnen. Ist die Mesoap- derung in der Regel als gutartig. Neben muzinösen
pendix befallen, kann zusätzlich eine infektiöse
Thrombophlebitis oder Thromboembolie der V. me-
senterica superior oder der V. portae resultieren.
In der Abdomenleeraufnahme können unregelmä-
ßige Aufhellungen, z. T. mit fleckigem Gasmuster, auf
Abszessbildungen hinweisen. Meist liefern aber Ab-

Abb. 6.90. Perityphilitischer Abszess. In der CT findet sich Abb. 6.91. Fäkolithe und metalldichter Fremdkörper in der
eine abszesstypische, unregelmäßig begrenzte Formation mit Appendix. Beim Kontrasteinlauf stellt sich innerhalb des
zentralen Lufteinschlüssen und streifigen Ausläufern in die Wurmfortsatzes neben den Aussparungen druch Fäzes oder
Nachbargewebe auch Fäkolithen eine eckige schattengebende Struktur dar, die
einem kleinen Metallsplitter entspricht
6.7 Besondere Erkrankungen der Appendix 355

Abb. 6.93. Rupturierte Mukozele mit Pseudomyxoma perito-


nei. Neben der Mukozele mit den kleinen kalkdichten, zentral
gelegenen Strukturen ist nach ventral hin die ringförmige
Mukozele unterbrochen, und es breitet sich eine semiliquide,
zusammenhängende Masse im Peritoneum aus

Abb. 6.92. Mukozele bzw. Appendix myxoglobulosa. In der CT


findet sich eine aufgetriebene Appendix mit kleinen Verkal-
kungen, die in einer Flüssigkeit schwimmen Literatur

Abu-Jousef MM, Bleicher JJ, Maher JW et al. (1987) High reso-


Zystadenomen werden auch Zystadenokarzinome lution sonography of acute appendicitis. AJR Am J
Roentgenol 149: 53–58
beschrieben. Adams DH, Fine C, Brooks DC (1988) High resolution real time
Eine Variante der Mukozele stellt die Appendicitis ultrasonography: a new tool in the diagnosis of acute ap-
myxoglobulosa dar, bei der es zur Bildung von rönt- pendicitis. Am J Surg 155: 93–97
gennegativen, ovalen, facettierten, kalzifizierten Kü- Adams GW (1985) CT detection of typhlitis. J Comput Assist
Tomogr 9: 363–366
gelchen innerhalb der Mukozele kommt. Der Durch- Balthazar EJ, Megibow AJ, Siegel SE, Birnbaum BA (1991) Ap-
messer dieser ringförmigen, meist geschichteten Kü- pendicitis: prospective evaluation with high-resolution CT.
gelchen beträgt zwischen 1 und 10 mm (Abb. 6.92). Radiology 180: 21–24
Eine mögliche Komplikation der rupturierten Mu- Balthazar EJ, Birnbaum BA,Yee J, Megibow AJ, Roshkow J, Gray
MC (1994) Acute appendicitis: CT and US correlation in 100
kozele oder des Zystadenokarzinoms der Appendix patients. Radiology 190: 31–35
oder des Ovars ist das Pseudomyxoma peritonei, bei Beyer D (1992) Aufgabe des Radiologen in der Diagnostik und
dem Epithelimplantate auf der Peritonealoberfläche Differentialdiagnostik der akuten Appendizitis. Fortschr
Röntgenstr 156: 1–2
nachgewiesen werden können und bei dem eine mas- Birnbaum BA,Wilson SR (2000) Appendicitis at the Millenium.
sive Produktion von gallertartigem Aszites vorliegt Radiology 215: 337–348
(Abb. 6.93). Boyez M, Suzanne dest Mauv A, Valette M (1985) Infected cal-
Klinisch verursacht die Mukozele meist nur leich- cified mucocele of the appendix with histologic features of
mucinous cystadenoma. Gastrointest Radiol 10: 297–298
te rechtsseitige Unterbauchschmerzen. Buffo OC, Clair MR, Bonheim P (1986) Diverticulosis of the
In der Abdomenaufnahme können fleckige oder vermiform appendix. Gastrointest Radiol 10: 108–109
schalenförmige Verkalkungen im rechten Unter- Carpenter BW (1991) Lymphoma of the appendix. Gastrointest
bauch vorliegen. Beim Kontrasteinlauf imponiert ein Radiol 16: 256–257
Dachman AH, Lichtenstein JE, Friedman AC (1985) Mucocele
glatter, kugeliger Füllungsdefekt im Zökalpol. In der of the appendix and pseudomyxoma peritonei. AJR Am J
CT stellt sich eine glatt begrenzte, hypodense Läsion Roentgenol 144: 923–929
dar, in der kleine Verkalkungen liegen können. Fedyshin P, Kelvin FM, Rice RP (1984) Nonspecificity of bari-
Im Falle der rupturierten Mukozele sind neben der um enema findings in acute appendicitis. AJR Am J
Roentgenol 143: 99–102
Mukozele selbst noch gallertige Massen in der Perito- Feldberg MAM, Hendriks MJ, van Waes PFGM (1985) Comput-
nealhöhle nachweisbar, die je nach Ausdehung zu ed tomography in complicated acute appendicitis. Gas-
Verlagerung der benachbarten Darmstrukturen füh- trointest Radiol 10: 289–295
ren. Im Gegensatz zu freier Aszitesflüssigkeit bilden Ghaitas AA, Chopra S, Chintapalli KN et al. (1997) Computed
tomography of the normal appendix and acute appendici-
diese gallertigen Strukturen eine zusammenhägende tis. Eur Radiol 7: 1043–1047
amorphe Masse und verteilen sich weniger diffus in Hermans JJ, Hermans AL, Risseeuw GA et al. (1993) Appendici-
Peritonealraum. tis caused by carcinoid tumor. Radiology 188: 71–72
356 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

Kamel IR, Goldberg SN, Keogan MT et al. (2000) Right lower


quadrant pain and suspected appendicitis: nonfocused ap- 6.8
pendiceal CT – review of 100 cases. Radiology 217: 159–163 Funktionelle cine-MRT des Beckenbodens
Kim SH, Lim Hk, Lee WJ, Lim JH, Byun JY (1998) Mucocele of
the appendix: ultrasonographic and CT findings. Abdom
Imaging 23: 292–296 T. Fischer
Lane MJ, Liu DM, Huynh MD et al. (1999) Suspected acute
appendicitis: nonenhanced helical CT in 300 consecutive
patients. Radiology 213: 341–346
Lim HK, Lee WJ, Kim Th, Namjung S, Lee SJ, Lim JH (1996) Ap- 6.8.1
pendicitis: usefullness of color doppler US. Radiology 201: Einleitung
221–225
Pollack T, Brandl H-G, Freitag N (1997) Mukozele der Appen- Beckenbodenfunktionsstörungen treten in der ge-
dix mit Pseudomyxoma peritonei – seltene Ursache eines samten Bevölkerung auf, am häufigsten sind hiervon
paraneoplastischen Syndroms. Fortschr Röntgenstr 166: jedoch ältere Frauen betroffen, die Kinder geboren
266–268 haben. Die Insuffizienz des Beckenbodens verursacht
Rao PM, Wittenberg J, McDowell RK, Rhea JT, Novelline RA
(1997) Appendicitis:use of arrowhead sign for diagnosis at verschiedenste klinische Probleme wie den Deszen-
CT. Radiology 202: 363–366 sus oder Prolaps von Organen des kleinen Becken
Rettenbacher T, Hollerweger A, Macheiner P et al. (2000) Pres- sowie Harn- oder Stuhlinkontinenz und Defäka-
ence or absence of gas in the appendix: additional criteria tionsstörungen. Gerade in Hinblick auf den in Zu-
to rule out or confirm acute appendicitis – evaluation with
US. Radiology 214: 183–187 kunft stetig steigenden Anteil der älteren Bevölke-
rung besteht hier ein großer Bedarf an neuen umfas-
senden diagnostischen Möglichkeiten einschließlich
der Bildgebung.
Bis vor kurzem bestand die einzige Möglichkeit,
Informationen über die Anatomie des Beckenbodens
zu erhalten, im Studium von Leichenpräparaten. Dies
lieferte jedoch nur eine sehr ungenaue und unvoll-
ständige Vorstellung über die Funktion und insbe-
sondere das komplexe Zusammenspiel der Becken-
bodenstrukturen. Die bildgebenden Verfahren haben
hier völlig neue Möglichkeiten eröffnet, beginnend in
den 1960er Jahren mit der Kolpozystorektographie
und der Defäkographie. Diese wurden in den letzten
Jahren fast vollständig abgelöst durch die funktionel-
le cine-MRT, die sich für die Diagnostik und die Er-
forschung von Beckenbodenerkrankungen als Stan-
dard etabliert hat. Die MRT bietet ohne Strahlenbe-
lastung eine hervorragende Auflösung der Weichteil-
anatomie sowie die Möglichkeit der multiplanaren,
überlagerungsfreien Darstellung. Für das Verständ-
nis des funktionellen Zusammenspiels der Becken-
bodenanteile und die damit verbundenen Patholo-
gien wie Deszensus und Prolaps ist eine dynamische
Untersuchung jedoch unerlässlich. Mit den mittler-
weile verfügbaren schnellen MRT-Sequenzen ist hier
sogar eine annähernde Echtzeitdarstellung möglich.
Da die Beckenbodeninsuffizienz fast ausschließ-
lich Frauen betrifft, wird die funktionelle cine-MRT
im klinischen Alltag in der Regel an Patientinnen
durchgeführt. Die Ausführungen in diesem Kapitel
beziehen sich daher auf die weibliche Anatomie.
Prinzipiell ist die funktionelle MRT aber auch für
männliche Patienten geeignet, z. B. zur Abklärung
einer Stuhlentleerungsstörung, und wird mit demsel-
ben Untersuchungsprotokoll und den entsprechen-
den Bewertungskriterien durchgeführt.
Der folgende Abschnitt gibt einen Überblick über
die funktionelle cine-MRT als Methode der Wahl für
6.8 Funktionelle cine-MRT des Beckenbodens 357

die dynamische Untersuchung des Beckenbodens. ten die Enterozelen nur anhand der MRT festgestellt
Nach einer kurzen historischen Betrachtung wird die werden. Vanbeckevoort et al. (1999) verglichen eben-
technische Durchführung unter Berücksichtigung falls diese beiden Methoden, allerdings erfolgte in
der aktuellen Literatur detailliert erläutert. Im An- dieser Studie bei der MRT keine Defäkation im Ge-
schluss folgt eine umfassende Erklärung der Bild- gensatz zur Kolpozystorektographie. Die ermittelten
interpretation mit Beispielen für die typischen Pa- Sensitivitäten bezüglich eines Scheidenabschlussde-
thologien der verschiedenen Beckenkompartimente szensus und einer Rektozele waren dann für die MRT
und die klinischen Anwendungsmöglichkeiten. im Vergleich deutlich niedriger. Dies unterstreicht
die Notwendigkeit des Defäkationsprozesses für eine
korrekte Diagnosefindung.
6.8.2 Kelvin et al. (2000) fanden beim Vergleich von Kol-
Historische Entwicklung pozystorektographie und funktioneller MRT gleich-
und Vergleich konventioneller röntgenologischer wertige Detektionsraten für einen Deszensus oder
Verfahren mit der funktionellen cine-MRT Prolaps der Beckenorgane, betonten aber, dass die
MRT den großen Vorteil einer umfassenden Darstel-
Die funktionelle cine-MRT der Beckenbodens wurde lung aller Beckenorgane einschließlich der Becken-
erstmals 1991 von Yang et al. und Kruyt et al. vor- bodenmuskulatur bietet.
gestellt. Sie beschrieben die Bewegung von Blase, Va-
gina und Rektum in Bezug zur pubokokzygealen und
symphysiosakralen Referenzlinie sowohl bei Pa- 6.8.3
tienten als auch bei asymptomatischen Probanden. Technische Durchführung
Goodrich et al. empfahlen die Technik 1993 für die
prä- und postoperative Beurteilung von Patientinnen 왔 Die funktionelle cine-MRT des Be-
Definition
mit Beckenbodenoperationen. Im Gegensatz dazu ckenbodens kann als eine Kombina-
konnten Delemarre et al. (1994) bei der Beurteilung tion aus statischer morphologischer Bildgebung und
einer anterioren Rektozele keinen Vorteil der MRT funktioneller dynamischer Darstellung mittels „Ein-
gegenüber der konventionellen Defäkographie er- frieren“ des Bewegungsablaufes erklärt werden.
kennen.
In den darauf folgenden Jahren wurde jedoch eine Der Begriff „funktionell“ darf hier keinesfalls ver-
zunehmende Anzahl an Studien veröffentlicht, die wechselt werden mit der dynamischen MRT mit in-
sich mit den unterschiedlichen Teilaspekten dieser travenösem Kontrastmittel oder gar der funktionel-
Untersuchungsmethode beschäftigten und die sämt- len Bildgebung zur Darstellung metabolischer Pro-
lich den Nutzen der funktionellen cine-MRT für die zesse (fMRI des Gehirns).
Untersuchung des Beckenbodens betonten und be- Auch heute gestatten die verfügbaren MRT-
weisen konnten, dass die MRT der konventionellen Sequenzen leider noch keine zufrieden stellende
Kolpozystorektographie und Defäkographie über- 3D-Abbildung der Bewegungsabläufe. Um diese Be-
legen oder zumindest gleichwertig ist (Bertschinger schränkung zu umgehen, gibt es 2 verschiedene Vor-
et al. 2002; Gufler et al. 1999; Hilfiker et al. 1998; gehensweisen, die Bewegungen aufzuzeichnen:
Kelvin et al. 2000; Lienemann et al. 1997; Singh et al.
∑ entweder werden mehrere aufeinander folgende
2001). So fanden Healy et al. (1997 a) eine signifikan-
Einzelschichten an derselben Schichtposition auf-
te Korrelation zwischen funktioneller cine-MRT und
genommen
konventioneller Defäkographie bezüglich der Stan-
∑ oder ein Schichtstapel, der eine komplette anato-
dardmesswerte der anorektalen Konfiguration bei
mische Region in einem bestimmten Bewegungs-
Patientinnen mit Obstipation. Zusätzlich zeigte die
zustand abdeckt.
MRT signifikante Veränderungen der muskulären
Parameter bei ansonsten normalen Defäkographien Die erste Möglichkeit erlaubt eine höhere zeitliche
(Healy et al. 1997 b). In der Studie von Schoenenber- Auflösung. Intrinsische (z. B. Darmmotilität) oder
ger et al. (1998) an Patienten mit Defäkationsstörun- extrinsische (z. B. Betätigung der Bauchpresse) Bewe-
gen entdeckte die funktionelle MRT bis auf einen Fall gungen können kontinuierlich an einer definierten
einer Intussuszeption alle pathologischen Befunde, Position verfolgt werden. Hierbei muss aber die Fre-
wohingegen in der Defäkographie 4 Befunde nicht zu quenz der Bildakquisition schneller sein als die zu er-
sehen waren. Gufler et al. (1999) verglichen die kon- wartende Frequenz der Bewegung selbst. Der große
ventionelle Kolpozystorektographie mit der funktio- Nachteil dieser Vorgehensweise besteht in der Be-
nellen MRT bei Patientinnen mit Organprolaps und schränkung auf nur eine einzige Bildebene.
Harninkontinenz. Bei ansonsten gleichen Ergebnis- Verwendet man stattdessen einen Schichtstapel,
sen in der Detektion pathologischer Befunde konn- führt dies zu einer längeren Akquisitionszeit. Hieraus
358 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

resultiert zum einen eine schlechtere zeitliche Auflö- Lage sein, die Kommandos während der Untersu-
sung, und die spezifische Belastung (Kontraktion chung zu verstehen und zu befolgen.
oder Pressen) kann nur schwer von der Patientin
über die gesamte Zeitspanne von z. B. 10 s konstant
gehalten werden, was häufig zu Bewegungsartefakten
Merke ! Eine detaillierte Instruktion der Pa-
tientin vor der Untersuchung sowie
führt. Darüber hinaus können relevante Befunde eine sehr gute Compliance sind unerlässlich für ein
verdeckt werden, wenn die Akquisition nur in einer Gelingen der Untersuchung.
bestimmten Stellung, z. B. beim maximalen Pressen,
erfolgt, da nicht der gesamte Bewegungsablauf abge- Laut Literatur untersuchen die meisten Autoren ihre
bildet werden kann. Patienten nur in der Ruheposition und während der
Vergleicht man die Literatur zur funktionellen Betätigung der Bauchpresse (Valsalva-Manöver; Fiel-
cine-MRT, so kristallisieren sich folgende Punkte als ding et al. 1998; Goh et al. 2000; Goodrich et al. 1993;
kleinster gemeinsamer Nenner für die Durchführung Healy et al. 1997 b; Singh et al. 2001; Unterweger et al.
heraus: 2001; Vanbeckevoort et al. 1999; Yang et al. 1991). Um
jedoch die korrekte Funktion des M. levator ani in
∑ Hochfeldsystem,
Hinblick auf ein Levator-ani-Syndrom oder eine
∑ Rückenlage oder sitzende Position der Patientin,
Stuhlentleerungsstörung beurteilen zu können, muss
∑ Verwendung von Oberflächenspulen,
die Beckenbodenmuskulatur mindestens einmal
∑ Akquisition eine Nicht-EPI-Sequenz in mediosa-
während der gesamten Untersuchung kontrahiert
gittaler Schichtposition in Ruhe und bei maxima-
werden. Darüber hinaus sollte unbedingt die Entlee-
lem Pressen.
rung des Rektums während der Untersuchung erfol-
gen.
Gerätetechnische Voraussetzungen Vanbeckevoort et al. (1999) konnten eindrücklich
und Patientenlagerung die Bedeutung des Defäkationsvorganges belegen,
Die meisten Autoren verwenden für die dynamische indem sie die konventionelle Kolpozystorektogra-
Untersuchung des Beckenbodens ein 1,5 T-Hochfeld- phie mit der funktionellen MRT ohne rektale Ent-
gerät mit der Möglichkeit, Scans im Subsekunden- leerung verglichen. Der Verzicht auf die Defäkation
bereich und einer 512er Matrix mit einem akzepta- führte zu einer signifikant niedrigeren Sensitivität
blen Signal-zu-Rausch-Verhältnis auszuführen (Bert- der MRT für die Entdeckung von Beckenbodendefek-
schinger et al. 2002; Goodrich et al. 1993; Kelvin et al. ten. Daher empfehlen wir für das Untersuchungspro-
2000; Lienemann et al. 1997; Unterweger et al. 2001; tokoll die folgende Abfolge an unterschiedlichen
Yang et al. 1991). Alle anderen Studien wurden an Funktionszuständen der Beckenbodenmuskulatur:
einem offenen 0,5 T-System durchgeführt (Fielding Ruhe – kontrahieren – entspannen – pressen – rektal
et al. 1998; Hilfiker et al. 1998; Kruyt et al. 1991; Law entleeren – entspannen (Bertschinger et al. 2002; Hil-
et al. 2001). Letzteres bietet den Vorteil, die Patientin fiker et al. 1998; Kelvin et al. 2000; Sprenger et al.
aufrecht sitzend untersuchen zu können. Diese für 2000). Dieser Untersuchungszyklus kann und sollte
die Defäkation physiologischere Stellung kann in ei- bis zur vollständigen rektalen Entleerung wiederholt
nem geschlossenen System nicht eingenommen wer- werden. Unserer Erfahrung nach sind hierfür zwi-
den, die Untersuchung muss hier im Liegen durchge- schen 2 und 4 Zyklen notwendig.
führt werden. Die Rückenlage ist dabei der Bauchla- Falls die Patientin aus Schamgefühl oder aufgrund
ge vorzuziehen (Delemarre et al. 1994; Kruyt et al. der ungewohnten Rückenlage im Gerät nicht in der
1991), da sie stabiler und für die Patientin angeneh- Lage ist, das Rektum zu entleeren, kann gemäß Kel-
mer ist. vin et al. (2000) ein dreiteiliger Ansatz gewählt wer-
Nachteil der offenen MR-Tomographen ist das den, bei dem ein zusätzlicher Untersuchungszyklus
eingeschränkte Signal-zu-Rausch-Verhältnis auf- akquiriert wird, nachdem die Patientin zur Defäka-
grund des manchmal ungünstigen Designs der Ober- tion die Toilette aufgesucht hat. Andere Belastungs-
flächenspulen, was zusammen mit der begrenzten arten des Beckenbodens wie Husten oder Miktion
zeitlichen und örtlichen Auflösung zu einer insge- werden im Allgemeinen nicht untersucht.
samt deutlich schlechteren Bildqualität führt.

Patientenführung
Merke ! Bei der funktionellen Untersuchung
muss der Untersuchungszyklus unter
Um zufrieden stellende Bilder zu erhalten, ist eine Umständen mehrmals wiederholt werden, bis eine
vorherige detaillierte und umfassende Aufklärung ausreichend kräftige Betätigung der Bauchpresse
der Patientin über den Ablauf der Untersuchung erreicht wird und die Defäkation erfolgt ist.
unerlässlich. Eine sehr gute Patientenkooperation ist
zwingend erforderlich, und die Patientin muss in der
6.8 Funktionelle cine-MRT des Beckenbodens 359

Der Zeitaufwand für die gesamte Untersuchung be- Unterweger et al. 2001). Letzteres ist nötig, damit
wegt sich normalerweise zwischen 9 und 30 min nicht durch eine Kombination aus voller Blase und
(Bertschinger et al. 2002; Lienemann et al. 1997).Was- Zystozele der gesamte Hiatus genitalis blockiert wird
serdichte Unterlagen und Windelhosen verhindern und so eine Rektozele oder Enterozele maskiert wer-
zuverlässig eine Verschmutzung des Gerätes und des den würde.
Untersuchungstisches (Healy et al. 1997 a; Liene- Die Kontrastierung der Vagina wird ebenfalls
mann et al. 1997). In einer Umfrage unter 60 Patien- nicht einheitlich gehandhabt. Normalerweise wird
tinnen, die sowohl eine Kolpozystorektographie als Sonographiegel instilliert, was einfach in der Hand-
auch eine funktionelle Beckenboden-MRT erhalten habung, kostengünstig und gut verträglich ist. Damit
hatten, bevorzugten 90,7% die MRT gegenüber der wird immer eine Darstellung der gesamten Vagina
konventionellen Durchleuchtungsmethode (Spren- und insbesondere des hinteren Scheidengewölbes er-
ger et al. 2000). Der Grund dafür könnte die geschütz- reicht (Kelvin et al. 2000; Lienemann et al. 1997).
tere, intimere Atmosphäre im Inneren der Röhre sein Während des Valsalva-Pressmanövers wird das Gel
wie auch das Bewusstsein, den Untersuchungszyklus passiv aus der Vagina entleert, sodass die Organ-
falls nötig auch mehrmals wiederholen zu können, beweglichkeit nicht eingeschränkt ist (Hodroff et al.
wenn beim ersten Versuch das Pressen oder die Defä- 2002).
kation nicht gut funktionieren. Zur Füllung des Rektums wurde ebenfalls eine
Vielzahl verschiedener Kontrastmittel verwendet. In
Kontrastierung der Organe den Studien, bei denen eine Defäkation angestrebt
Auf den normalerweise für die funktionelle cine- wurde, wurde entweder Sonographiegel (Hodroff et
MRT verwendeten T2-gewichteten Sequenzen stellen al. 2002; Kelvin et al. 2000; Lienemann et al. 2000 b),
sich flüssigkeitsgefüllte Strukturen wie die Blase oder Kartoffelbrei (Bertschinter et al. 2002; Hilfiker et al.
Dünndarmschlingen hyperintens dar. Andere Orga- 1998; Roos et al. 2002) oder dünne Gummiröhrchen
ne wie Vagina, Rektum, Analkanal und Muskeln zei- (Healy et al. 1997 a) verwendet.
gen jedoch nur eine mittlere oder niedrige Signalin- Wir benutzen heute für unsere Untersuchungen
tensität, sodass ihre Abgrenzbarkeit und Beurteilung ausschließlich Sonographiegel als Kontrastmittel.
schwierig bis unmöglich ist. Um dies zu vermeiden, Mit einer Olivensonde für die rektale Applikation
wurde in Studien immer eine Kontrastierung von werden zuerst 20–30 ml Gel in die Vagina und an-
Blase, Urethra, Vagina und Rektum durchgeführt schließend 200–300 ml in das Rektum gefüllt. Dieses
(Lienemann et al. 1997; Sprenger et al. 2000). Die Vorgehen hat sich als schnelle, einfach auszuführen-
Harnblase wurde hierfür über einen 26 French- de und kostengünstige Methode mit einer ausge-
Foley-Katheter mit 60 ml Kochsalzlösung retrograd zeichneten Organkontrastierung bewährt. Auf eine
gefüllt, die Urethra wurde mit einem in Gadolinium- vollständige Kontrastierung von Blase und Urethra
haltiges Kontrastmittel (Magnevist, Schering, Berlin, wird verzichtet, die Patientin soll vor der Untersu-
Germany) getränkten Baumwollfaden markiert. chung die Blase entleeren.
Ähnlich verfuhren auch Kelvin et al. (2000) und Ho-
droff et al. (2002), die zur Abgrenzung der Urethra
dünne Katheter verwendeten und die Blase mit ei- Merke ! Vorbereitung der Patientin für die
Untersuchung: Entleerung der Harm-
nem NaCl-Kontrastmittel-Gemisch füllten. blase, Kontrastierung von Vagina und Rektum mit
Aufgrund des erheblichen zeitlichen Aufwands, Ultraschallgel.
der für die Patientin sehr unangenehmen Prozedur
und der Gefahr, eine Zystitis zu induzieren oder gar Verständlicherweise bestehen sowohl beim Bedie-
den Markierungsfaden in die Blase zu dislozieren, nungspersonal als auch bei den Patientinnen immer
haben wir dieses Kontrastierungsverfahren in unse- wieder Bedenken, dass die Defäkation auf dem MRT-
ren späteren Studien unterlassen (Lienemann et al. Tisch zu einer Verunreinigung des Gerätes führen
2000 b; Sprenger et al. 2000). Ein diagnostischer könnte. Nach unseren eigenen Erfahrungen wurden
Nachteil ergab sich hierdurch nicht, es sollte im Ge- sämtliche Ausscheidungen immer zuverlässig in der
genteil bedacht werden, dass der Katheter als eine Art Windel zurückgehalten, sodass es nie zu einer Ver-
Schienung die Beweglichkeit der Urethra erheblich schmutzung des Gerätes kam. Um aber die Unan-
behindern kann. nehmlichkeiten für die Patientin zu minimieren,
Die Methoden zur Kontrastierung von Blase und sollte unbedingt eine Toilette mit Waschmöglichkeit
Urethra sind in der Literatur keineswegs einheitlich. in unmittelbarer Nähe des MRT-Untersuchungsrau-
Die meisten Autoren verzichten komplett auf eine mes verfügbar sein.
Kontrastmittelfüllung und lassen im Gegenteil die
Patientin die Blase vor der Untersuchung vollständig
entleeren (Bertschinger et al. 2002; Roos et al. 2002;
360 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

Sequenzprotokolle da sie eine ultraschnelle Bildakquirierung erlauben,


Die MRT-Bildgebung des Beckenbodens besteht in jedoch mit einem schlechteren Signal-zu-Rausch-
der Regel aus einem statischen und einem dynami- Verhältnis. An einem offenen Scanner sind die er-
schen Teil. wähnten ultraschnellen Single-shot-TSE-Sequenzen
Für den statischen Teil enthalten die Sequenzpro- oder GRE-Sequenzen nicht verfügbar. Stattdessen
tokolle der meisten Studien Schichtstapel von entwe- werden T1-gewichtete gespoilte GRE-Sequenzen ver-
der T1- oder T2-gewichteten Turbo-Spinecho- (TSE-) wendet, die eine maximale zeitliche Auflösung von
Sequenzen, mit denen in 2 oder sogar allen 3 Ebenen 1 Bild/2 s erreichen (Bertschinger et al. 2002; Bo et al.
das komplette Becken abgedeckt wird. Diese Sequen- 2001).
zen haben sich bei den verschiedensten Erkrankun-
gen im Beckenbereich bewährt, da sie eine hohe
Ortsauflösung erreichen und somit eine exakte mor- Merke ! Für die dynamische Untersuchung ist
eine zeitliche Auflösung von mindes-
phologische Beurteilung der Strukturen des kleinen tens 1 Bild/1–1,5 s erforderlich.
Beckens ermöglichen (Strohbehn et al. 1996; Tan
et al. 1998). Die Abgrenzbarkeit des urethralen und Schichtführung
analen Sphinkterkomplexes und des paravaginalen Für den dynamischen Untersuchungsteil wird in der
Bereiches werden dadurch erleichtert (Fielding et al. gesamten Literatur die mediosagittale Schichtfüh-
1998; Huddleston et al. 1995). Darüber hinaus kann rung bevorzugt, zuerst vorgestellt von Yang et al.
der Verlauf eines Organs (z. B. Sigma) über mehrere (1991) und Kruyt et al. (1991). Sie bietet einen her-
Schichten verfolgt werden, und Nebenbefunde (z. B. vorragenden Überblick über alle relevanten Organe
Ovarialzysten) können entdeckt werden (Lienemann in den verschiedenen Beckenkompartimenten. Diese
et al. 2000 b). Ansicht ist zudem bereits aus den Zeiten der Kolpo-
Für den dynamischen Teil wurde in der Literatur zystorektographie und Defäkographie vertraut. Für
eine Vielzahl an verschiedenen schnellen Nicht-EPI- eine umfassende Beurteilung des komplexen Becken-
Sequenzen verwendet, abhängig vom jeweiligen Ge- bodensystems sind nach unserer Auffassung mindes-
rätetyp und Hersteller. Um die Bewegung der Organe tens 2 aufeinander senkrecht stehende Bildebenen
aufzuzeichnen, wird die ausgewählte ultraschnelle erforderlich. In der Literatur hingegen werden koro-
Sequenz 15- bis 25-mal an der selben Schichtposition nare oder axiale Schichtführungen nur gelegentlich
wiederholt, während die Patientin simultan aufgefor- als Zusatz erwähnt (Goodrich et al. 1993; Gufler et al.
dert wird, die Beckenbodenmuskulatur zu entspan- 1999; Singh et al. 2001, 2002).
nen, dann zu kontrahieren, wieder zu entspannen
und dann den intraabdominellen Druck durch Pres-
sen stetig zu erhöhen und schließlich zu defäkieren. Merke ! Die dynamische Untersuchung sollte
mindestens in 2 Schichtebenen durch-
Unsere Arbeitsgruppe hat hierzu erstmals eine Gra- geführt werden.
dientenecho- (GRE-) Technik mit vollständig refo-
kussierter Quermagnetisierung („true fast imaging Das von uns entwickelte Untersuchungsprotokoll
with steady precession“/“true FISP“) eingeführt. Die- beinhaltet routinemäßig für den dynamischen Teil
se GRE-Sequenz verbindet hohe Geschwindigkeit neben der mediosagittalen Schichtebene zusätzlich
mit gutem Kontrast (gemischter T1/T2*-Kontrast), eine axiale Ebene sowie einen koronaren Schicht-
ist aber sehr anfällig für Suszeptibilitätsartefakte. Auf stapel. Auf der axialen Schicht auf Höhe des Unter-
diese Weise konnte eine Ortsauflösung in der gewähl- randes der Symphyse oder der Tubera ischiadica lässt
ten Schichtebene von 1 mm mit einer zeitlichen Auf- sich sehr gut der Hiatus urogenitalis und der pubo-
lösung von 1,3 Bildern/s bei Verwendung einer 256er rektale Anteil des M. levator ani beurteilen. Leider ist
Matrix und einem „field of view“ von 270 mm erzielt diese Schichtführung aber anfällig für eine Verkip-
werden (Lienemann et al. 1997). pung des Beckens. Signaländerungen in der V. femo-
Die True-FISP-Sequenz war damit GRE-Techniken ralis lassen einen Rückschluss auf die effektive Betä-
mit teilweise refokussierter Quermagnetisierung tigung der Bauchpresse zu. Da mit diesen dynami-
[FFE (Delemarre et al. 1994; Goh et al. 2000; Kruyt et schen Sequenzen aber nicht die gesamte anatomische
al. 1991) oder GRASS (Healy et al. 1997 a; Yang et al. Region abgebildet wird, sollte zusätzlich ein korona-
1991)], Multiecho-SE-Sequenzen [RARE (Fielding rer Schichtstapel akquieriert werden, während die
et al. 1998; Gufler et al. 1999; Roos et al. 2002)] und Patientin kontinuierlich presst. Auf diesen Aufnah-
„Single-shot-Sequenzen“ [Snapshot-GRASS (Good- men lässt sich der M. levator ani detaillierter beurtei-
rich et al. 1993), HASTE (Comiter et al. 1999; Van- len, und Levator-ani-Hernien, laterale Rektozelen
beckevoort et al. 1999)] überlegen. oder eine rektale Intussuszeption sind einfacher zu
Die Fortschritte in jüngerer Zeit in Hinblick auf erkennen. Zusätzlich stellen sich die sakrouterinen
parallele Bildgebung bieten hier neue Perspektiven, Bänder in dieser Schichtführung am besten dar.
6.8 Funktionelle cine-MRT des Beckenbodens 361

Finden sich auf den so erhaltenen Bildern unklare einer Kranialbewegung des Schambeins während des
Befunde, so sollten entlang der fraglichen Struktu- Pressens. Zusätzlich zeigte sich eine signifikante Zu-
ren noch zusätzlich schräge oder doppelt-schräge nahme des Abstands zwischen dem hinteren unteren
Schichtebenen ergänzt werden. Hierzu ist eine On- Symphysenrand und der Vorderkante von SWK 5
line-Beurteilung der Bilder während der Akquisition bzw. der Spitze des Os coccygis. Diese Studie kam
durch den Befunder nötig, um sofort Sequenzen ent- zu dem Schluss, dass dies zu einer zunehmenden
sprechend ergänzen zu können. Druckbelastung des Beckenbodens führen könnte
und dadurch eine Schwächung der Beckenboden-
strukturen mit Deszensus oder Prolaps resultieren
6.8.4 könnte.
Bildanalyse Ähnliche Ergebnisse berichtete Handa et al.
(2003), die eine Assoziation von Beckenbodenfunk-
Nach der Bildakquisition müssen die Einzelbilder ge- tionsstörungen mit einem größeren queren Becken-
mäß ihrer anatomischen Position und der zeitliche durchmesser und einer kürzeren Conjugata obstetri-
Abfolge sortiert werden und können dann als Film- ca beobachteten.
schleife betrachtet werden. Obwohl der subjektive Nach unseren eigenen Erfahrungen tendieren
visuelle Eindruck der Organbewegungen eindrück- mehr als die Hälfte aller Patientinnen dazu, das Be-
lich und für die Befundung ausschlaggebend ist, wur- cken nach ventrokranial zu kippen, um die Defäka-
den bestimmte Hilfslinien und Messmethoden ent- tion zu unterstützen. Zusätzlich wölbt sich die Bauch-
wickelt, um das Ausmaß der beobachteten Patholo- wand durch die Erschlaffung der geschwächten vor-
gien zu quantifizieren. Leider besteht bis heute keine deren Bauchwandmuskulatur nach vorne. Die For-
generelle Übereinstimmung darin, was und wie ge- men von Os sacrum und Os coccygis variieren
messen wird. erheblich, was man gut anhand der mediosagittalen
Folgende Punkte sollten als Leitfaden bei der Bild- MRT-Bilder sehen kann.
analyse berücksichtigt werden: Ein einfaches Computermodell der Bauch- und
Beckenhöhle kann diese Zusammenhänge gut ver-
∑ die knöchernen Beckenstrukturen,
anschaulichen: Eine zunehmende Erschlaffung der
∑ Muskeln und Bänder des Beckenbodens,
Bauchwand und/oder eine tiefe Wölbung des Os
∑ das Bewegungsausmaß der Beckenorgane und
sacrum und Os coccygis verringern den Druck auf
der Referenzstrukturen unter den unterschiedli-
den Beckenboden. Dies könnte die willentliche Aus-
chen Belastungszuständen.
lösbarkeit der Defäkation oder Miktion beeinflussen.
Darüber hinaus entdeckt man häufig perineurale
Knöcherne Beckenstrukturen Zysten (Tarlov-Zysten) am lumbosakralen Übergang
Die funktionelle cine-MRT sollte nicht verwechselt oder am Os sacrum. Die Prävalenz dieser Zysten liegt
werden mit der MR-Pelvimetrie und kann diese auch insgesamt bei 4,6%, wir beobachteten sie jedoch in
nicht ersetzen. Dennoch kann es manchmal hilfreich unserem Patientengut bei 12%. Perineurale Zysten
sein, auf den statischen Übersichtssequenzen einen können symptomatisch werden, indem sie Druck auf
Blick auf die knöchernen Strukturen zu werfen. Das die Nervenwurzel ausüben (Paulsen et al. 1994). Bis
Becken ist Teil der Abdominalhöhle und ist den jetzt ist aber nicht bewiesen, ob dies sekundär zu
darin auftretenden wechselnden Kräften ausgesetzt. einer Beckenbodenschwächung führen kann.
Die Beckenknochen als umgebende Strukturen Andere Zufallsbefunde sind okkulte Stressfrak-
schützen und unterstützen dabei die Weichteilstruk- turen oder die Kokzygodynie. Bei letzterer zeigt sich
turen. Retzky et al. (1996) beschreiben ein rechtwink- ein Knochenödem sowie ein schmaler Flüssigkeits-
liges Verhältnis zwischen der Abdominal- und der saum um das Os coccygis. Man sollte auf die Konfigu-
Beckenhöhle bei einem normal konfigurierten Be- ration und Beweglichkeit des Os coccygis achten. Bo
ckenskelett. Ihrer Meinung nach wird dadurch der et al. (2001) maßen eine Bewegung um 8,1 mm nach
Druck vom Beckenboden weg auf die Symphyse ventrokranial bei Beckenbodenkontraktion und um
umgeleitet. 3,7 mm nach kaudodorsal beim Pressen. Ein statis-
Lazarevski (1974) verglich 340 Frauen mit einem tisch signifikanter Unterschied zwischen kontinen-
Prolaps von Beckenorganen mit einer Kontrollgrup- ten und inkontinenten Frauen ließ sich jedoch nicht
pe von 136 Frauen ohne Beckenbodendeszensus. Die feststellen.
Pelvimetrie anhand konventioneller Röntgenaufnah-
men zeigte signifikante Unterschiede bezüglich der Muskeln und Bänder des Beckenbodens
knöchernen Parameter zwischen den beiden Grup- Beim Beckenboden als Ganzes handelt es sich nicht
pen. In der Patientengruppe fand sich eine mehr ho- einfach um eine lineare Platte oder „Hängematte“, die
rizontale Ausrichtung oder Kippung des Beckens mit zwischen den knöchernen Strukturen aufgespannt
362 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

ist, sondern um ein komplexes dreidimensiona- Der Winkel der Levatorplatte ist der Winkel zwischen
les Gebilde (Hjartardottir et al. 1997). Längen- und dem dorsalen Anteil des M. levator ani (iliococcygea-
Dickenmessungen auf zweidimensionalen MRT-Bil- ler Abschnitt) in der mediosagittalen Schichtführung
dern können dadurch erheblich variieren. Hoyte u. und der pubokokzygealen Referenzlinie (PCL; s. un-
Ratiu (2001) maßen in einer Studie die anterioposte- ten). Ähnlich wird der Levator-Vagina-Winkel be-
riore Ausdehnung des Hiatus levatoris auf leicht ro- stimmt, indem man den Winkel zwischen dem dorsa-
tierten Aufnahmen. Die berechneten und gemesse- len Anteil der Levatorplatte und der Längsachse des
nen Werte unterschieden sich dabei um bis zu 15%. oberen Vaginaldrittels misst (Singh et al. 2001). Ein
Hierfür gibt es mehrere Gründe: Als wichtigster ist anderer Parameter zur Bestimmung der Ausrichtung
anzuführen, dass die meisten Schichtebenen den ent- und Steilheit des M. iliococcygeus ist der Winkel zwi-
sprechenden Muskel auf den MRT-Bildern nicht schen diesem Muskel und der der horizontalen Be-
rechtwinklig treffen, sondern ihn schräg schneiden, ckenebene auf den koronaren Bildern (Singh et al.
sodass die Messwerte der Muskeldicke hierdurch 2002). Bei allen Winkelmessungen ist jedoch die sehr
mehr oder weniger zu groß ausfallen. Zudem kann große Inter- und sogar auch Intraobserver-Variabili-
die Patientenposition im MRT-Scanner schräg bzw. tät zu bedenken. Sie liegt darin begründet, dass die
asymmetrisch sein. Auf eine korrekte Patientenposi- meisten anatomischen Strukturen nicht vollständig
tionierung sollte daher unbedingt geachtet werden. eben sondern leicht gekrümmt sind, z. B. die Levator-
platte, die Vaginalwand oder die Rektumwand. Das-
Merke ! Auf dem koronaren Localizer sollten
die Acetabulumdächer auf gleicher
selbe gilt mehr oder weniger für alle Winkelmessun-
gen, die Strukturen des Beckenbodens betreffen und
Höhe liegen, und eine Verkippung des Beckens ent- macht diese insgesamt sehr fragwürdig.
lang der vertikalen Achse sollte vermieden werden. Dennoch kann die Betrachtung der Form des
M. levator ani zusätzliche Informationen enthüllen.
Bereits eine Abweichung um 5–10% führt zu dem Muskeldefekte mit oder ohne Hernierung sieht man
visuellen Eindruck einer Muskelasymmetrie. Außer- am besten auf den koronaren Schichten. Eine steile
dem sollte man insbesondere bei dünnen Strukturen Ausrichtung des kokzygealen Anteils des M. levator
von wenigen Millimetern Dicke die Interobserver- ani auf den mediosagittalen Bildern in Kombina-
Variabilität beachten. An den meisten Auswertungs- tion mit einer Ballonierung des puborektalen Anteils
plätzen ist die Messgenauigkeit auf 1 mm limitiert. auf den axialen Bildern ist ein starker Hinweis auf
Nichtsdestotrotz wurde in der Literatur eine Viel- eine Beckenbodenschwäche (vgl. Abb. 6.94 c, d). Eine
zahl an Parametern ausgewertet, die die Beckenbo- Asymmetrie oder gar ein kompletter Verlust des
denmuskulatur beschreiben: rechten Teils des M. puborectalis findet man häufig
bei Frauen, die bei der Geburt eine Episiotomie er-
∑ die Weite des Levatortores auf axialen (Fielding
halten haben. Andere mögliche Diagnosen können
2002; Goh et al. 2000; Hoyte u. Ratiu 2001; Kelvin
intramuskuläre Hämatome durch starkes Pressen,
et al. 2000; Lienemann et al. 2000 b; Sprenger et al.
ein verdickter kokzygealer Muskelanteil bei Levator-
2000), koronaren (Goodrich et al. 1993; Hjartar-
ani-Syndrom oder ausgedehnte Narben durch voran-
dottir et al. 1997) oder sagittalen (Comiter et al.
gegangene Operationen sein.
1999; Singh et al. 2002) Schichten,
Die Bandstrukturen des Beckenbodens spielen ei-
∑ die Dicke des iliokokzygealen Anteils des M. leva-
ne wichtige Rolle bei der Fixierung der Beckenorga-
tor ani auf axialen und koronaren Schichten
ne. Risse in diesen Ligamenten werden verantwort-
(Singh et al. 2002),
lich gemacht für die Ausbildung einer Rektozele oder
∑ der Bewegungsumfang des M. levator ani auf
eines Deszensus von Vagina und Uterus (Chen et al.
koronaren Schichten (Hjartardottir et al. 1997),
2006). Ihre anatomische Existenz und ihr Einfluss auf
∑ die Querschnittsfläche und die Oberfläche des
die Stabilität des Beckenbodens werden jedoch wei-
M. levator ani (Goh et al. 2000; Healy et al. 1997 b;
terhin kontrovers diskutiert (Frohlich et al. 1997). In
Lienemann et al. 2000 b; Singh et al. 2001).
der funktionellen cine-MRT sind keine weiteren
Zusätzlich wurden 3 verschiedene Winkelmessungen Bandstrukturen abgrenzbar außer den folgenden 3:
vorgeschlagen:
∑ das Septum rectovaginale,
∑ der Winkel der Levatorplatte („levator plate ∑ die anokokzygealen Bänder und
angle“/LPA; Goh et al. 2000; Goodrich et al. 1993; ∑ die Ligg. sacrouterina.
Healy et al. 1997 b; Hodroff et al. 2002),
Die beiden erstgenannten Strukturen kann man am
∑ der Levator-Vagina-Winkel (Goodrich et al. 1993;
besten in den mediosagittalen Bildern abgrenzen,
Hodroff et al. 2002) und
wohingegen sich die sakrouterinen Ligamente be-
∑ der iliokokzygeale Winkel (Singh et al. 2002).
sonders gut auf den koronaren Schichten abbilden.
6.8 Funktionelle cine-MRT des Beckenbodens 363

a b

Abb. 6.94 a–d. Kombinierter Organdeszensus bei einer 40- derholtem Pressen und Defäkation sind Rektum (R) und Rek-
jährigen Patientin (Primipara) mit Stuhlentleerungsstörung. tozele (großer Pfeil) nun weitestgehend entleert. In den da-
Funktionelle T2-gewichtete MRT-Bilder (True-FISP) des Be- durch freigewordenen Raum im Hiatus urogenitalis prolabie-
ckens (a–c mediosagittal, d axial) in Ruhelage (a) und beim ren nun Blase (B) und Uterus (U) bis weit unter die PCL im
Pressen (b–d). a Normale Position von Blase (B), Vagina (V) Sinne einer ausgeprägten Zystozele und eines Uterusdeszen-
und Uterus (U) oberhalb der pubokokzygealen Referenzlinie sus, die wiederum von ventral das Rektumlumen komprimie-
(PCL, weiße Linie). Das Rektum (R) ist gerade, und die Vorder- ren. Der relaxierte M. levator ani verläuft annähernd vertikal
wand ist nicht vorgewölbt. Der M. levator ani verläuft ausge- (schwarze Pfeile). d In der axialen Schichtführung auf Höhe
hend vom Os coccygis schräg nach ventrokaudal (schwarze der Symphyse ist der Hiatus genitalis balloniert als Ausdruck
Pfeile), die PCL entspricht weitgehend dem Muskelverlauf. Va- der muskulären Insuffizienz des M. levator ani (puborektale
gina und Rektum sind mit Sonographiegel gefüllt. b Während Anteile, Pfeile). Die deszendierte Blase (B), der Uterus (U) und
des ersten Presszyklus wölbt sich die Rektumvorderwand nach das Rektum (*) kommen zwischen den beiden Schenkeln des
ventral und bildet eine große anteriore Rektozele (Pfeile). Bla- M. puborectalis zur Darstellung
se (B) und Uterus (U) treten lediglich gering tiefer. c Nach wie-

Das Septum rectovaginale findet sich in den medio- Beurteilung der Verlagerung der Beckenorgane –
sagittalen Schichten zwischen der hinteren Vaginal- Referenzlinien
wand und der Vorderwand des Rektums, die beide Um den Bewegungsumfang der Beckenorgane unter
auf den funktionellen Sequenzen eine niedrige bis Belastung zu beurteilen, wurde eine Vielzahl von Re-
mittlere Signalintensität aufweisen. Eine Separation ferenzlinien eingeführt. Die ideale Referenzlinie soll-
dieser beiden Strukturen durch eine schmale Linie te dabei bestimmte Kriterien erfüllen:
hoher Signalintensität auf T2-gewichteten Bildern
1. Markierung der Ebene des M. levator ani als wich-
kann gelegentlich durch einen tiefen Douglas-Raum
tigste Haltestruktur des gesamten Beckenbodens,
verursacht sein.
2. Unabhängigkeit von der Beckenkippung durch
Verwendung von 2 oder mehreren knöchernen
Fixpunkten,
364 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

a b c

Abb. 6.95 a–c. 71-jährige Patientin (Multipara, Z. n. Hysterek- Pfeile). Diese anteriore und posteriore Rektozele stabilisiert
tomie) mit Stuhlentleerungsstörung. Mediosagittale T2-ge- die Position von Blase (B) und hinterem Scheidengewölbe (*),
wichtete MRT-Bilder (True-FISP) des Beckens in Ruhe (a) und die beide oberhalb der PCL verbleiben. c Nach fast vollständi-
bei wiederholtem Pressen (b,c). a In Ruhelage regelrechte Dar- ger Entleerung des Rektums und der Rektozele (Pfeil) ent-
stellung von Blase (B), Vagina (V) und Rektum (R) oberhalb wickelt sich im nachfolgenden Presszyklus jetzt im dadurch
der PCL (weiße Linie). Die Blase ist nur gering mit Harn ge- freigewordenen Platz im Hiatus genitalis eine große Enteroze-
füllt.Vagina und Rektum sind mit Gel kontrastiert. b Während le (E), bei der sich mesenteriales Fettgewebe und Dünndarm-
des ersten Presszyklus deszendiert das Rektum weit unter die schlingen entlang des Septum rectovaginale bis zum Perineum
PCL, und es bildet sich am noch gut gelgefüllten Rektum (R) vorschieben. Es finden sich zusätzlich ein Scheidenabschluss-
eine deutliche Vorwölbung der Rektumwand sowohl nach ven- deszensus (*) unter die PCL sowie eine Zystozele. Das Sono-
tral in Richtung des Perineums als auch nach dorsal (weiße graphiegel hat sich passiv aus der Vagina entleert

3. Beschreibung der Organbeweglichkeit in mindes- sprungspunkt des M. levator ani (Gufler et al. 1999)
tens 2 verschiedenen Bildebenen, am Os coccygis. Während die meisten Autoren den
4. Möglichkeit, die MRT-Ergebnisse mit den Ergeb- Abstand zwischen Organ und PCL messen, indem sie
nissen der klinischen Untersuchung und den kli- eine rechtwinklige Linie ziehen, bevorzugen andere
nischen Klassifikationssystemen zu vergleichen. Autoren eine vertikale Linie (Unterweger et al. 2001;
Yang et al. 1991). Die PCL erfüllt sicher die oben ge-
Bis heute erfüllte keine der gebräuchlichen Referenz- nannten Kriterien 1. und 2. und eignet sich zum Ver-
linien alle diese Kriterien. gleich zwischen MRT und klinischem Befund.
Die weitaus am häufigsten verwendete Referenz-
linie ist die so genannte pubokokzygeale Linie (PCL;
vgl. Abb. 6.94 a–c, Abb. 6.95 a–c, Abb. 6.97 b). Sie wur- Merke !
Die gebräuchlichste Referenzlinie zur
Beurteilung eines Deszensus der Be-
de für die funktionelle cine-MRT 1991 erstmals ckenorgane ist die pubokokzygeale Referenzlinie
von Yang et al. eingeführt. Ursprünglich wurde sie (PCL).
bereits seit langer Zeit in der konventionellen Zysto-
graphie und Defäkographie verwendet, um den Das HMO-System von Comiter et al. (1999) basiert
Organdeszensus zu beurteilen. Unglücklicherweise ebenfalls auf der PCL. Zusätzlich verwendet er den
werden in der Literatur 3 verschiedene Arten der PCL hinteren anorektalen Übergang als dritten Fixpunkt
erwähnt mit zusätzlich 2 verschiedenen Methoden, auf den mediosagittalen Aufnahmen und bestimmt
um den Abstand zwischen Referenzorgan und PCL die Weite des Hiatus genitalis (H-Linie) von dort bis
zu bestimmen. zum hinteren Rand der Symphyse. Die so genannte
Alle PCL werden auf den mediosagittalen Bildern M-Linie ist der rechtwinklige Abstand des anorekta-
eingezeichnet und beginnen an der unteren hinteren len Übergangs zur PCL. Mit der O-Klassifikation
Kante der Symphyse. Der zweite knöcherne Fixpunkt wird zuletzt der Grad des Organdeszensus qualitativ
ist dann entweder das erste sakrokokzygeale Gelenk eingeteilt bezüglich des Ausmaßes des Tiefertretens
(Bo et al. 2001; Healy et al. 1997 b; Hodroff et al. 2002; unter die H-Linie.
Rentsch et al. 2001), der unterste sichtbare kokzygea- In einer Studie an 164 Patientinnen mit Beckenbo-
le Zwischenwirbelraum (Bertschinger et al. 2002; denschmerzen oder Organprolaps erwies sich dieses
Fielding et al. 1998; Goh et al. 2000; Law et al. 2001; Klassifikationssystem als eine einfache und gut re-
Lienemann et al. 1997; Yang et al. 1991) oder der Ur- produzierbare Methode zur Einteilung und Quantifi-
6.8 Funktionelle cine-MRT des Beckenbodens 365

Tabelle 6.16. Diagnosefindung in der funktionellen cine-MRT anhand von Referenzstrukturen

Diagnose Befund

Zystozele Blasenhals, Blasenboden oder hintere Blasenwand unterhalb PCL


Scheidenabschlussdeszensus (SAD) Hinteres Scheidengewölbe unterhalb PCL
Uterovaginalprolaps Portio unterhalb PCL
Rektozele Tiefe der Rektozele 3 cm
Enterozele Tiefster Punkt des Douglas-Raums/Dünndarmschlingen unterhalb PCL

Tabelle 6.17. Magnetresonanzmorphometrische Kennstrukturen des Beckenbodens

Kennstruktur Sagittal Axial Koronar

Muskulatur Levatoranschnitt Levatoranschnitt Levatoranschnitt


(iliokokzygealer Anteil) (puborektaler Anteil) Hiatus urogenitalis
Hiatus urogenitalis
Vorderes Kompartiment Blasenhals Urethralkomplex
Hintere Blasenwand
Urethra
Spatium retropubicum
Mittleres Kompartiment Hinteres Scheidengewölbe Querschnitt der Vagina
Portio/Uterus Douglas-Raum
Septum rectovaginale
Douglas-Raum
Dünndarmschlingen
Hinteres Kompartiment Rektumvorderwand Rektumquerschnitt Fossa ischiorectalis
Rektumlängsachse Fossa ischiorectalis
Analkanal
Perinaelkörper

zierung von Beckenbodenschwäche und Organ- mit klinischen Befunden, da sie annähernd der
prolaps. Diese Studie zeigt jedoch einige Schwach- Ebene des Introitus vaginae entspricht (ebd.).
punkte. Der anorektale Übergang stellt einen Letztlich macht die Vielzahl dieser unterschiedli-
muskulär-bindegewebigen Fixpunkt dar, der auf den chen verwendeten Referenzlinien einen Vergleich der
sagittalen Bildern insbesondere bei fehlender rekta- veröffentlichten Ergebnisse so gut wie unmöglich.
ler Kontrastmittelapplikation schwer festzulegen ist.
Eine Bewertung der Inter-/Intraobserver-Variabilität Definition pathologischer Befunde
wurde nicht durchgeführt, und die Stadieneinteilung Um eine Diagnose stellen zu können, werden be-
des Organprolapses mit der O-Klassifikation ist rein stimmte Referenzorgane bezüglich ihrer Position zu
subjektiv. Ein Vergleich mit klinischen Untersu- den Referenzlinien beurteilt. Für das vordere Becken-
chungsergebnissen fand nicht statt. Es bleibt daher bodenkompartiment ist die Leitstruktur der Blasen-
sehr fraglich, besonders auch unter Berücksichti- boden bzw. der kaudaleste Anteil der Blasenwand, für
gung der genannten Kriterien 2., 3. und 4., ob dieses das mittlere Kompartiment ist es die Zervix oder das
Beurteilungssystem in die Bildanalyse im klinischen hintere Scheidengewölbe. Im hinteren Komparti-
Alltag Eingang finden wird. ment ist die einzige Referenzstruktur der anorektale
Andere vorgeschlagene Referenzlinien sind auf Übergang (Tabelle 6.16, Tabelle 6.17).
mediosagittalen Bildern die horizontale Linie auf
Höhe des Unterrandes der Symphyse (Bertschinger 왔 Ein Tiefertreten eines oder mehrerer
Definition
et al. 2002; Lienemann et al. 2000 b; Sprenger et al. Beckenorgane unter die PCL bei ma-
2000), die symphysiosakrale Linie zwischen dem ximaler Betätigung der Bauchpresse ist als pathologi-
Oberrand der Symphyse und dem distalen Ende des scher Organdeszensus zu werten.
Os sacrum (Delemarre et al. 1994) sowie die Läng-
sachse durch die Symphyse (Singh et al. 2001). Letzt- In der gesamten Literatur wird als Referenzlinie zur
genannte hat eine gewisse Bedeutung beim Vergleich Beurteilung der Position von Harnblase, Uterus oder
366 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

oder eine Aufweitung bis unter die PCL als patholo-


gisch angesehen (Kelvin et al. 2000; Lienemann et al.
1997; Sprenger et al. 2000). Sichtbare Dünndarm-
schlingen oder Sigmaanteile, die beim Pressen in
den Douglasraum rutschen, bestätigen die Diagnose
einer Enterozele.
Die am weitesten verbreitete und akzeptierte Defi-
nition einer Rektozele stammt von Yoshioka et al.
(1991). Die Tiefe einer Rektozele wird bestimmt,
indem man den Abstand zwischen einer Linie paral-
lel durch den Analkanal und dem ventrokaudalsten
Punkt der Vorwölbung der vorderen Rektumwand
misst (Abb. 6.96). Beträgt die Tiefe >3 cm, wird dies
pathologisch gewertet (Delemarre et al. 1994; Goh et
al. 2000; Healy et al. 1997 a). Hier findet sich jedoch
ein nicht unerheblicher Überlappungsbereich zwi-
schen unauffälligen Probandinnen und klinisch
Abb. 6.96. 69-jährige Patientin mit einem partiellen Prolaps symptomatischen Patientinnen (Shorvon et al. 1989).
der hinteren Vaginalwand bei der klinischen Untersuchung. Eine geringe Vorwölbung der Rektumvorderwand
Mediosagittales T2-gewichtetes MRT-Bild (True-FISP) bei
maximalem Pressen. Trichterbildung am Blasenhals (weißer findet sich physiologischerweise bei vielen asymto-
Pfeil). Blase (B) und Uterus (U) deszendieren nicht wesentlich, matischen Frauen.
aber die Rektumvorderwand ist deutlich nach vorne vorge-
wölbt. Die Tiefe einer anterioren Rektozele kann ausgemessen
werden, indem man den Abstand (Doppelpfeil) zwischen dem
ventralsten Punkt der Rektozele und der Achse zentral durch 6.8.5
den Analkanal (weiße Linie) misst. Cave: ventral in der Rekto- Typische Befunde
zele häufig Gasansammlung (hypointenser Saum), diese ist in
die Messung einzubeziehen Vorderes Beckenkompartiment
Die flüssigkeitsgefüllte Blase stellt sich auf den T2-
gewichteten Bildern hyperintens dar. Abhängig vom
Füllungsgrad kann die Form der Blase erheblich
variieren zwischen einer eher dreieckigen oder
Scheidengewölbe normalerweise die PCL verwendet. runden Konfiguration (vgl. Abb. 6.94 a, Abb. 6.95 a,
Eine Zystozele wird also diagnostiziert, wenn Blasen- Abb. 6.97 a). Im Ruhezustand liegt die Blase oberhalb
hals oder Teile des Blasenbodens oder der Blasen- und hinter der Symphyse. Auf den sagittalen Schich-
hinterwand beim Pressen unter die PCL rutschen. ten stellt sich zwischen dem Schambein und der Bla-
Gleiches gilt für den Uterusdeszensus oder nach se ein Bereich mit fettäquivalenten Signalintensitäten
Hysterektomie für den Scheidenabschlussdeszensus dar (Spatium retropubicum, Retzius-Raum), der zur
(SAD), wenn die Portio bzw. das hintere Scheidenge- Verschieblichkeit der Blase beiträgt (vgl. Abb. 6.94 a).
wölbe bis unterhalb der PCL deszendieren. Mehrere Dieses Areal kann bei Patientinnen mit Inkontinenz
Autoren empfehlen eine Gradeinteilung des Organ- vergrößert sein (Tan et al. 1998).
prolapses in Stufen von 2–3 cm (Bertschinter et al. Die Urethra ist normalerweise auf den sagittalen
2002; Comiter et al. 1999; Goh et al. 2000; Goodrich et Bildern nicht gut abzugrenzen, auf den axialen Bil-
al. 1993; Hetzer et al. 2006; Singh et al. 2001). dern ist sie aber aufgrund ihres typischen schieß-
Die Diagnose einer Enterozele ist schwieriger zu scheibenartigen Erscheinungsbildes leicht identifi-
stellen und eng verknüpft mit dem Douglas-Raum. zierbar. Die die Urethra umgebenden und unterstüt-
Die normale Tiefe der Excavatio rectouterina beträgt zenden muskulären und bindegewebigen Strukturen
etwa 5 cm (Kuhn u. Hollyock 1982). In Abhängigkeit werden immer noch kontrovers diskutiert und kön-
von der Tiefe und/oder den Inhalten in diesem Spalt nen auf den funktionellen MRT-Bildern nicht un-
werden verschiedene Definitionen für eine Entero- terschieden werden. Benachbarte Strukturen wie
zele verwendet. In der konventionellen Defäkogra- Dünndarmschlingen werden auf den mediosagitta-
phie definieren die meisten Autoren eine Enterozele len Bildern nur teilweise im Anschnitt mit abgebildet.
als Erweiterung des Abstandes zwischen Rektum- Adhäsionen zwischen dem Blasendach und Darm-
vorderwand und Vagina oder eine Vertiefung des schlingen sind aber durchaus häufig erkennbar. Sie
Spatium rectovaginale bis unter das obere Vaginal- können anhand der dynamischen Aufnahmen gut
drittel. In Anlehnung hieran wird in der funktionel- beobachtet werden, da die Darmschlingen dann wäh-
len cine-MRT ein Tiefertreten des Douglas-Raums rend des Pressens in einer fixierten Position am Bla-
6.8 Funktionelle cine-MRT des Beckenbodens 367

Abb. 6.97 a, b. 67-jährige Patien-


tin nach Sakrokolpopexie mit re-
zidivierter Zystozele. Mediosagit-
tale statische (a) und funktionelle
(b) T2-gewichtetes MRT-Bilder
in Ruhelage (a) und beim Pressen
(b). a Auf der statischen Aufnah-
me lässt sich das synthetische Ma-
terial (Pfeile), das das Scheidenge-
wölbe (V) an das Promontorium
fixiert, gut abgrenzen (B Blase,
R Rektum). b Bei Z. n. Sakrokolpo-
pexie verbleibt typischerweise
der Blasenhals in seiner normalen
Position hinter der Symphyse,
wohingegen die Blasenhinter-
wand (Pfeil) weit unter die PCL
(weiße Linie) deszendiert. Die
Vagina (V) wird durch das intakte
Fremdmaterial in ihrer Position a b
fixiert (R Rektum, S Dünndarm)

sendach verbleiben und nicht wie gewöhnlich frei am Mittleres Beckenkompartiment


Blasendach entlang gleiten. Bei der anatomischen Normalsituation liegen Vagi-
Sowohl die Urethra als auch die Blase sind dem na, Rektum und die hinteren Anteile des M. levator
zunehmenden intraabdominellen Druck beim Val- ani einander an bzw. aufeinander (vgl. Abb. 6.94 a).
salva-Manöver ausgesetzt. Eine Zystozele liegt vor, Daher wird die Position von Vagina und Uterus
wenn sich der Blasenhals oder ein beliebiger Teil der durch den Füllungszustand der Rektumampulle be-
hinteren Blasenwand beim Pressen unter die PC-Li- einflusst. Bei einem Uterus- oder Vaginaldeszensus
nie verlagert (vgl. Abb. 6.94 c, Abb. 6.97 b). Die proxi- treten die beiden Organe erst nach Entleerung des
male Urethra und der Blasenhals deszendieren und Rektums nach ventrokaudal unter die PCL (vgl.
rotieren dabei nach kaudal-posterior um das Scham- Abb. 6.94 b, c). Die PCL alleine kann dadurch einen
bein und die Symphyse. Eine unspezifische Beobach- Organdeszensus im mittleren Kompartiment unter-
tung bei Patientinnen mit Harninkontinenz ist gele- schätzen (Kelvin et al. 2000). Die Leitstruktur ist ent-
gentlich eine Trichterbildung am Blasenhals (vgl. weder das hintere Scheidengewölbe nach Hysterekto-
Abb. 6.96). mie oder die Zervix bzw. Portio.
Bei einer ausgeprägten Zystozele kann es zu einem In Fällen eines bereits länger bestehenden Vagi-
Abknicken der proximalen Urethra und des vesiko- nalprolaps ist die Vagina oft verkürzt, und die Schei-
urethralen Übergangs kommen. Darüber hinaus denwände sind verdickt oder sogar nach außen ge-
kann eine große Zystozele aufgrund des beschränk- stülpt. Zusätzlich ist das Spatium rectovaginale er-
ten Platzes im Hiatus genitalis den Prolaps von ande- weitert, was wiederum die Ausbildung einer Perito-
ren Beckenorganen blockieren und dadurch einen neo- oder Enterozele begünstigt (vgl. Abb. 6.95 c).
Uterusdeszensus, eine Enterozele oder eine Rekto- Verlängerte sakrouterine Bänder können auf den
zele maskieren. koronaren Schichten erkannt werden. Fasziendefekte
Eine erneute Zystozelenbildung nach Stressinkon- wie z. B. paravaginale Defekte oder Einrisse im Sep-
tinenzoperation kann durch die funktionelle MRT tum rectovaginale können anhand der funktionellen
gut dargestellt werden. Bei diesen Patientinnen ver- MRT nicht erkannt werden, hierfür benötigt man
bleiben die proximale Urethra und der Blasenhals zusätzlich hochauflösende statische Sequenzen.
in ihrer normalen anatomischen Position oberhalb Der Douglas-Raum ist normalerweise der tiefste
der Symphyse, aber die Blasenhinterwand wölbt sich Punkt der Abdominalhöhle und ist aufgrund der
nach kaudal-posterior gegen die vordere Vaginal- Druckverhältnisse prädisponiert für eine interne
wand (vgl. Abb. 6.97 a, b). Bei vorausgegangenen Hernie. Diese peritoneale Hernie kann entweder Fett
therapeutischen Maßnahmen zur Harninkontinenz- (Peritoneozele), Dünndarmschlingen (Enterozele)
behandlung sollte man nach Naht- oder Schlingen- oder Anteile des Colon sigmoideum (Sigmatozele)
material und injiziertem Kollagen Ausschau halten, enthalten. Das Kriterium für die Diagnose einer En-
alle diese Materialien stellen sich normalerweise hy- terozele ist ein Deszensus von Dünndarmschlingen
pointens in allen MRT-Sequenzen dar (Carr et al. unter die PCL (Kelvin et al. 2000; Lienemann et al.
1996). 2000 a). Der Bruchsack folgt dem Verlauf der Vagina
entlang des Septum rectovaginale. Eine einfache Auf-
368 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

weitung des rectovaginalen Spaltes oder eine Vertie-


fung des Douglas-Raums bis unter die PCL wird als
Peritoneozele definiert. Auch hier kann eine große
Enterozele aufgrund des beschränkten Durchmes-
sers des Hiatus genitalis eine Zystozele oder Rektoze-
le maskieren (Lienemann et al. 2000 a; Sprenger et al.
2000). Nach Sakrokolpopexie oder Uteropexie kann
das eingebrachte Fremdmaterial mit der funktionel-
len MRT gut abgegrenzt werden und die intakte Hal-
tefunktion beurteilt werden (Abb. 6.97 a,b; Liene-
mann et al. 2001).

Hinteres Beckenkompartiment
Das Rektum verhält sich wie ein flexibler und dehn- Abb. 6.98. 74-jährige Patientin mit anamnestisch erschwerter
und unvollständiger Defäkation. Koronares T2-gewichtetes
barer Schlauch, es kann sich einfalten und abknicken MRT-Bild (True-FISP) bei maximalem Pressen. Linksseitige
und nach ventral oder lateral verlagern. Am häufig- große laterale Rektozele (Pfeile), die nur auf den koronaren
sten beobachtet man eine Vorwölbung der Rektum- Bildern abgebildet ist und anhand der sagittalen Bilder nicht
entdeckt werden kann (A Analkanal)
vorderwand nach ventral (Pannu et al. 2000). Diese
anterioren Rektozelen sind bis zu einem gewissen
Grad normal, und sogar sehr große Rektozelen kön-
nen klinisch asymptomatisch sein. In der Literatur
wird eine Rektozele mit einer Tiefe von >3 cm als pa-
thologisch angesehen (Yoshioka et al. 1991). Es soll
hier aber nochmals betont werden, dass ein gro-
ßer Überschneidungsbereich zwischen gesunden
Probanden und Patientinnen mit Beckenbodenin-
suffizienz existiert (Shorvon et al. 1989). Eine Rekto-
zele kann sich nach ventral (gegen den distalen
Abschnitt der hinteren Vaginalwand, vgl. Abb. 6.94 b,
Abb. 6.95 b, Abb. 6.96), nach lateral (Abb. 6.98) oder
dorsal (vgl. Abb. 6.95 b) ausbilden.
Es ist wichtig darauf zu achten, ob sich die Rekto-
zele bei der Defäkation vollständig entleert oder ob
Kontrastmittel in der Rektozele gefangen bleibt. Late-
rale Rektozelen können auf den mediosagittalen Bil-
dern nicht entdeckt werden, stellen sich dagegen sehr
gut auf den koronaren Schichten dar (vgl. Abb. 6.98).
Die Verlagerung des anorektalen Übergangs in Bezug Abb. 6.99. 66-jährige Patientin mit Stuhlinkontinenz. Medio-
zur PCL wird als Parameter zur Definition eines sagittales T2-gewichtetes funktionelles MRT-Bild während der
Defäkation. Die Pfeile markieren einen internen Rektumpro-
Rektumdeszensus verwendet (Goh et al. 2000; Healy laps, bei dem sich die Rektumschleimhaut und die Rektum-
et al. 1997 a; Kruyt et al. 1991; Singh et al. 2001). wand in Richtung des weit geöffneten Analkanals (*) nach in-
Eine Intussuszeption ist eine Invagination der nen einstülpen. Mäßiger Deszensus von Blase (B) und Vagina
Rektumschleimhaut oder der Rektumwand, die Teil- (V)
bereiche oder auch die gesamte Zirkumferenz des
Rektums betreffen kann. Eine Intussuszeption stellt
sich als umschriebene Verdickung der Rektum- mediosagittalen Bildern dar (Abb. 6.99). Der innere
schleimhaut oder der Wand dar. Eine Abwärtsbewe- Rektumprolaps kann schließlich durch den Anal-
gung dieses Rektumsegments in Richtung Analkanal kanal vortreten und geht damit in einen externen
markiert den Beginn eines internen Rektumprolaps. Rektumprolaps über. Häufig führt ein Deszensus
Man beachte, dass die Unterscheidung zwischen In- oder Prolaps im mittleren Beckenkompartiment zu
tussuszeption und internem Rektumprolaps nicht einer Kompression der vorderen Rektumwand (vgl.
exakt definiert ist und die beiden Termini in der Lite- Abb. 6.94 c). Dies kann die Ausbildung eines internen
ratur oft simultan gebraucht werden. Ein fort- Rektumprolaps begünstigen und kann die Ursache
geschrittener innerer Rektumprolaps stellt sich oft für einen Stuhlverhalt oder eine Stuhlentleerungsstö-
als V-Figur oder gedoppelte Rektumwand auf den rung sein.
6.8 Funktionelle cine-MRT des Beckenbodens 369

Musculus levator ani cherne Parameter ermittelt. Bei gesunden Frauen, die
Auf den mediosagittalen Schichten kann man die noch nicht geboren hatten, trat zwar der Beckenbo-
hinteren Anteile des M. levator ani gut abgrenzen. den mit den entsprechenden Referenzorganen beim
Man sollte bei der Defäkation auf eine adäquate Pressen etwas tiefer, Blasenhals, hinteres Scheiden-
Relaxation der Puborektalisschlinge achten, der gewölbe und der tiefste Punkt des Douglas-Raums
posteriore Anteil des M. levator ani richtet sich hier- verblieben jedoch oberhalb der PCL, der Hiatus uro-
bei vertikal aus (vgl. Abb. 6.94 a, c). Kontrahiert sich genitalis weitete sich nicht nennenswert auf.
der M. levator ani während des Pressens und sogar Aufgrund der oben erwähnten fehlenden Standar-
während der Defäkation, nennt man dieses paradoxe disierung in der Auswertung und Beurteilung der
Verhalten Anismus, erkennbar am Verlauf des M. le- funktionellen cine-MRT stehen diese Studien leider
vator ani nach ventrokranial. Dieses Phänomen kann isoliert und erlauben keinen direkten Vergleich mit
zu einer inkompletten und behinderten Stuhl- anderen Arbeiten.
entleerung führen. Bei Patientinnen mit einer ge-
schwächten Beckenbodenmuskulatur ist die resultie-
rende Ballonierung des puborektalen Anschnittes 6.8.6
des M. levator ani auf den axialen Bildern sehr ein- Indikationen
drücklich zu sehen (vgl. Abb. 6.94 d). Im Gegensatz
dazu behält die Puborektalisschlinge bei asympto- Die Indikation zur funktionellen cine-MRT ist wei-
matischen Probandinnen ihre V-Form auch unter terhin umstritten und wird uneinheitlich gehand-
Druckbelastung bei (Sprenger et al. 2000). Die Weite habt. Die Methode ist auch heute noch keineswegs
des Hiatus urogenitalis sollte in der lateralen Aus- standardisiert und ermöglicht bisher lediglich eine
dehnung 5 cm nicht überschreiten (Lienemann et al. zweidimensionale Darstellung des Beckenbodens.
2000 b). Eine Asymmetrie des M. puborectalis auf Durch die Weiterentwicklung von schnellen Sequen-
den axialen Schichten kann ein Hinweis auf eine zen mittels paralleler Bildgebung rückt jedoch auch
stattgefundene Episiotomie sein. die gleichzeitige Akquisition mehrerer Schichten bei
gleichbleibender Scan-Zeit in greifbare Nähe.
Funktionelle cine-MRT
bei asymptomatischen Probanden
Obwohl bei den meisten Studien asymptomatische Merke ! Bei Patienten mit Beckenbodenfunk-
tionsstörungen ist die funktionelle
Frauen als Kontrollgruppe mit untersucht wurden, cine-MRT eine sehr gute Alternative zu den konven-
gibt es nur 2 Studien in der Literatur, die explizit die tionellen Röntgenverfahren wie Urethrozystogra-
Variationsbreite von Befunden bei asymptomati- phie, Kolpozystorektographie oder Defäkographie.
schen beschwerdefreien Probanden beschreiben.
Goh et al. (2000) untersuchten 25 männliche und In allen Studien erwies sich die funktionelle MRT
25 weibliche Probanden an einem 1,0 T-Gerät in Rü- überlegen oder mindestens gleichwertig zu diesen
ckenlage in Ruhe und beim Pressen. Gemessen wur- herkömmlichen Verfahren. Ohne Strahlenbelastung
de der Umfang des Tiefertretens des Blasenbodens, bietet die funktionelle MRT eine überlagerungsfreie
ggf. der Zervix und des anorektalen Übergangs in Be- Darstellung mit beliebiger Wahl der Schichtebene
zug zur PCL. Des Weiteren wurden der Durchmesser und einen hervorragenden Weichteilkontrast. Keine
und die Fläche des Hiatus genitalis berechnet sowie andere bildgebende Methode kann dem behandeln-
der anorektale Winkel und der Levatorebenenwinkel den Arzt und Operateur einen solch umfassenden
bestimmt. Überblick über sämtliche Beckenbodenkomparti-
In unserer eigenen Studie untersuchten wir 20 mente und Organe bieten.
freiwillige Probandinnen, die weder bei der klini- Sie hat sich dabei als besonders hilfreich erwiesen
schen Untersuchung noch in der urodynamischen bei Patienten mit klinisch oder sonographisch unkla-
Diagnostik pathologische Befunde aufwiesen (Liene- ren Befunden, z. B. bei der Identifizierung des domi-
mann et al. 2000 b). Die funktionelle cine-MRT wur- nierenden Bruchsacks oder der Feststellung einer Pe-
de an einem 1,5 T-System in Rückenlage durchge- ritoneo- oder Enterozele. Die funktionelle cine-MRT
führt, Vagina und Rektum wurden mit Sonographie- kann dadurch den Operateur bei der Auswahl des ge-
gel kontrastiert. Unter anderem wurde die Position eigneten Vorgehens unterstützen (Hetzer et al. 2006)
des Blasenbodens, des hinteren Scheidengewölbes und eignet sich zudem für das postoperative Follow-
und des anorektalen Übergangs in Bezug zur PCL up. Die funktionelle cine-MRT sollte daher im Rah-
und zur horizontalen Referenzlinie bestimmt. Eben- men der erweiterten Funktionsdiagnostik zur Abklä-
so wurden die Weite und Fläche des Levatortores und rung einer Beckenbodeninsuffizienz die Methode
ggf. die Tiefe einer Rektozele sowie mehrere knö- der Wahl sein.
370 Kapitel 6 Erkrankungen des Dickdarms

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Erkrankungen von Leber und Gallenwegen 7
H. Helmberger, B. Kammer

7.1 Spezielle Untersuchungstechniken 374 7.3.2.2 Traumatische Veränderungen


7.1.1 Spezielle Untersuchungstechniken der Gallenwege 444
für die Leber 374 Literatur zu Abschn. 7.3.2 447
7.1.2 Spezielle Untersuchungstechniken 7.3.3 Komplikationen nach Leber-
für die Gallenblase und die Gallenwege 379 und Gallenwegstraumen 448
Literatur zu Abschn. 7.1 384 7.3.3.1 Hämatoperitoneum 448
7.2 Fehlbildungen 385 7.3.3.2 Biliome/biliäre Peritonitis 449
7.2.1 Embryologie und Anatomie 385 7.3.3.3 Hämobilie 451
7.2.1.1 Embryologie von Leber, Gallenblase, Literatur zu Abschn. 7.3.3 452
Gallenwegen und Gefäßen 385 7.4 Entzündliche Erkrankungen 453
7.2.1.2 Anatomische Einteilung von Leber, Gallenblase, 7.4.1 Entzündliche Erkrankungen der Leber 453
Gallenwegen und Gefäßen 387 7.4.1.1 Diffuse entzündliche Erkrankungen
Literatur zu Abschn. 7.2.1 393 der Leber 453
7.2.2 Fehlbildungen der Leber 394 7.4.1.2 Fokale entzündliche Erkrankungen
7.2.2.1 Lage- und Formvarianten der Leber 394 der Leber 460
7.2.2.2 Strukturelle Fehlbildungen der Leber 398 Literatur zu Abschn. 7.4.1 470
Literatur zu Abschn. 7.2.2 403 7.4.2 Entzündliche Erkrankungen
7.2.3 Fehlbildungen der Gallenblase der Gallenblase und der Gallenwege 471
und der Gallenwege 404 7.4.2.1 Cholelithiasis 471
7.2.3.1 Lagevarianten von Gallenblase 7.4.2.2 Entzündliche Erkrankungen
und Gallenwegen 404 der Gallenblase 480
7.2.3.2 Formvarianten der Gallenblase 408 7.4.2.3 Entzündliche Erkrankungen
7.2.3.3 Formvarianten der Gallenwege 414 der Gallenwege 494
7.2.3.4 Atresie und Hypoplasie von Gallenblase Literatur zu Abschn. 7.4.2 507
und Gallenwegen 420 7.5 Tumoren 508
Literatur zu Abschn. 7.2.3 424 7.5.1 Tumoren der Leber 508
7.2.4 Fehlbildungen der Gefäße von Leber, 7.5.1.1 Benigne primäre Tumoren der Leber 509
Gallenblase und Gallenwegen 424 7.5.1.2 Maligne primäre Tumoren der Leber 530
7.2.4.1 Lagevarianten der Gefäße von Leber, 7.5.1.3 Sekundäre Tumoren der Leber 547
Gallenblase und Gallenwegen 424 Literatur zu Abschn. 7.5.1 554
7.2.4.2 Fehlbildungen der Gefäße der Leber 7.5.2 Tumoren der Gallenblase und der Gallenwege 556
und des Pfortaderkreislaufs 429 7.5.2.1 Benigne Tumoren der Gallenblase 556
Literatur zu Abschn. 7.2.4 435 7.5.2.2 Maligne Tumoren der Gallenblase 560
7.3 Traumatische Veränderungen 436 7.5.2.3 Benigne Tumoren der Gallenwege 566
7.3.1 Traumatische Veränderungen der Leber 436 7.5.2.4 Maligne Tumoren der Gallenwege 567
7.3.1.1 Leberhämatom (Grad I bis IV des AAST-OIS) 436 Literatur zu Abschn. 7.5.2 578
7.3.1.2 Leberlazeration (Grad I bis V des AAST-OIS) 438 7.6 Andere Erkrankungen 579
7.3.1.3 Lebergefäßverletzung 7.6.1 Diffuse Erkrankungen der Leber 579
(Grad V bis VI des AAST-OIS) 440 7.6.1.1 Steatose – portale Hypertension – Zirrhose 579
Literatur zu Abschn. 7.3.1 443 7.6.1.2 Vaskuläre Erkrankungen 589
7.3.2 Traumatische Veränderungen 7.6.1.3 Speicherkrankheiten 598
der Gallenblase und der Gallenwege 443 Literatur zu Abschn. 7.6.1 605
7.3.2.1 Traumatische Veränderungen 7.6.2 Transplantationsradiologie 607
der Gallenblase 443 Literatur zu Abschn. 7.6.2 614
374 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Zum Zeitpunkt der Geburt stellt die Leber als größte


Drüse des menschlichen Körpers beim Kind etwa
5%, beim Erwachsenen etwa 2,5% des Körper-
gewichts. Zur Blutbildung trägt die Leber vorwiegend
im fetalen Lebensabschnitt bei, sodass die hepato-
gene Hämatopoese etwa in der 6. Lebenswoche endet.
Insbesondere die Regenerationsfähigkeit der Le-
ber ist seit den Tagen der griechischen Mythologie
aus der Sage des Prometheus bekannt. Das von einem
Adler bei Tage weggehackte Stück der Leber des an
das Kaukasusgebirge gefesselten Helden wuchs je-
weils über Nacht wieder nach. Diese Regenerations-
fähigkeit des Organs stellt das Kernstück aller thera-
peutischen Ansätze dar: in der Traumatologie und
Infektionslehre, bei fokalen und diffusen Verände-
rungen ebenso wie in der modernen Onkologie. Abb. 7.1. 7-jähriger Junge mit unauffälligem Leberbefund. Re-
In letzterer ist die Leber zu einer der wesentlichen gelrechte Darstellung der Pfortadergabel im Power-Doppler-
Verzweigungen im Entscheidungsbaum des thera- Mode
peutischen Prozedere geworden. Der bildgebenden
Diagnostik der Leber kommt somit eine Schlüssel-
stellung in der diagnostischen Abklärung eines Pa- Methode Detektionsraten von 53–77% erreicht.
tienten sowohl mit abdomineller als auch mit extra- Die Unterschiede sind hier insbesondere von der
abdomineller Erkrankung zu. Vorbereitung des Patienten, der Art der fokalen
Pathologische Veränderungen an Leber und Gal- Leberläsion, dem Echomuster des umgebenden
lenblase werden im Rahmen der abdominellen Über- Leberparenchyms und von der Erfahrung des Unter-
sichtsuntersuchung auch routinemäßig abgeklärt. suchers abhängig.
Demgegenüber erfolgt die auf die Gallenwege fokus- Neuere technische Entwicklungen wie die Power-
sierte bildgebende Diagnostik vorwiegend beim kli- dopplermethode (Abb. 7.1), die Verbesserung der
nisch manifesten Ikterus oder einer laborchemisch Kontrastdarstellung im so genannten „harmonic
verifizierten Cholestase. imaging“ sowie insbesondere die Möglichkeiten der
Sowohl für die bildgebende Diagnostik der Leber intravasalen Ultraschallkontrastmittel haben die Be-
als auch der Gallenblase und der Gallenwege wurden deutung der Ultrasonographie in der Leberdiagnos-
spezielle Untersuchungstechniken entwickelt, die tik nochmals ansteigen lassen. In der Hand des erfah-
lediglich in der diagnostischen Abklärung dieser bei- renen Untersuchers steht damit jetzt, unter Aus-
den Organsysteme zur Anwendung kommen. Häufig schöpfung aller technischen Möglichkeiten ein Ver-
können dabei erst durch die Kombination mehrerer fahren für die Leberdiagnostik zur Verfügung, das
Untersuchungstechniken alle klinisch relevanten As- vergleichbare Trefferquoten wie Computertomogra-
pekte dargestellt werden. Diese speziellen Untersu- phie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT)
chungsverfahren sollen im folgenden Abschnitt kurz aufweist. Allerdings ist weder der zeitliche Aufwand
erläutert werden. mit dem einer herkömmlichen Sonographie ver-
gleichbar noch stehen die technischen Möglichkeiten
und die Expertise ubiquitär zur Verfügung.
7.1 Intravasale Ultraschallkontrastmittel basieren auf
Spezielle Untersuchungstechniken dem Prinzip der Echoverstärkung durch stabile
Mikrobläschen, die eine Beurteilung der Perfusions-
7.1.1 dynamik von normalem und pathologischem Leber-
Spezielle Untersuchungstechniken für die Leber gewebe sowie von Tumoren ermöglichen. Die Entste-
hung der Gasbläschen ist dabei vom zugrunde lie-
Spezielle Ultraschalltechniken genden Produkt abhängig. Über ihre Lebensdauer
Aus Kosten- und Verfügbarkeitsgründen ist die per- entscheidet neben dem Aufbau und der Stabilität der
kutane Ultrasonographie (US) unverändert die erste Bläschenmembran auch der zur Anwendung ge-
bildgebende diagnostische Maßnahme bei Patienten brachte Schalldruck. Hohe Pulsfrequenzen führen zu
mit Verdacht auf eine fokale oder diffuse Leberläsion. einem raschen, plötzlich einsetzendem Bersten der
In der Literatur sind Treffsicherheiten für die Ultra- Bläschen mit schlagartiger Zunahme der Echogenität
sonographie mit hohen Schwankungen von 20–90% in Form der so genannten „stimulierten akustischen
beschrieben. Dabei werden mit der reinen B-Bild- Emission“. Dies kann diagnostisch verwertet und mit
7.1 Spezielle Untersuchungstechniken 375

Hilfe des Powerdopplerverfahrens zur Klassifizie- Technik („shot and go“) zur Spiral-CT erstmals die
rung der Perfusion genutzt werden. Erfassung des gesamten Organs in einem Volumen-
datensatz ohne Atmungs- und Bewegungsartefakte.
Merke ! Untersuchungstechnisch ist es wich-
tig, das diagnostische Zielgebiet so-
Bereits mit diesem Verfahren waren mehrphasige
Untersuchungen des Organs in einer Vielzahl der Fäl-
wohl nativ als auch nach Kontrastmittelgabe mit dem le möglich und fokale Leberläsionen >1 cm wurden
gleichen Schallkopf vergleichend zu analysieren. mit Sensitivitäten von >90% nachgewiesen. Aller-
dings ermöglichte erst die heute verfügbare Mehr-
Die Perfusionsverläufe der fokalen Leberläsionen schicht-CT (MSCT) die exakte Trennung sämtlicher
gleichen dabei den aus CT und MRT bekannten Mus- Kontrastmittelperfusionsphasen der Leber sowie die
tern mit extrazellulärem Kontrastmittel. Anfertigung von Volumendatensätzen mit isotropen
Die intraoperative Ultrasonographie (IOUS) gilt Voxeln. Die Kombination von MSCT- und Spiral-
aktuell als das bildgebende Verfahren zur Diagnostik Technik hat zu einer nochmaligen Beschleunigung
von Lebermetastasen mit der größten Treffsicher- der Messzeit mit verbesserter Bildqualität und er-
heit. Insbesondere in Kombination mit der Lapa- höhtem Patientenkomfort geführt. Damit sind jetzt
roskopie hat die Technik erheblich an Bedeutung auch multiplanare Sekundärrekonstruktionen (MPR)
gewonnen. Einschränkend sind jedoch der nach wie in jeder beliebigen Ebene ohne Qualitäts- und Infor-
vor hohe Zeitbedarf für die Durchführung der IOUS mationsverlust möglich. Dies hat die Detektion auch
mit Verlängerung von Operations-, Laparoskopie- kleiner fokaler Läsionen um bis zu 86% verbessert.
und Narkosezeit sowie die Erfahrung des Untersu- Allerdings konnte die Spezifität nicht im gleichen
chers zu bedenken. Ausmaß gesteigert werden, sodass mittels hochauflö-
Von besonderer Bedeutung ist die Sonographie in sender MSCT häufig kleinste Leberläsionen nach-
der pädiatrischen Diagnostik. Sie stellt, unabhängig weisbar sind, ihre Charakterisierung jedoch zuneh-
von der Verfügbarkeit anderer bildgebender Verfah- mend schwieriger geworden ist.
ren, grundsätzlich den ersten diagnostischen Schritt Die Anfertigung einer nativen Bildserie der Leber
dar. Dabei ist das Echomuster auch der normalen erscheint, insbesondere bei Berücksichtigung der
Leber abhängig vom Lebensalter des untersuchten MSCT, in der Mehrzahl der Fälle entbehrlich. Unstrit-
Patienten. So stellt sich die Leber beim Säugling tig ist hingegen der Einsatz der Nativ-CT der Leber
ebenso wie Nieren und Pankreas echoreich dar. Mit bei der Erstdiagnose diffuser Lebererkrankungen
zunehmendem Alter der Kinder verliert sich die star- und der Leberzirrhose, bei verkalkten Leberläsionen
ke Echogenität der Leber und zeigt im Alter von etwa und zur Therapiekontrolle nach erfolgter Chemoem-
7 Jahren das Bild des „Sternenhimmels“, wobei sich bolisation. Die Detektion kleinster, der konventionel-
die Gefäßanschnitte echoreicher gegenüber dem um- len Bildgebung entgangener HCC-Herde unter rein
gebenden hypoechogenen Parenchym absetzen. Im diagnostischen Kriterien in Form der Lipiodol-CT
weiteren Verlauf bis zum Erwachsenenalter kommt spielt hingegen keine Rolle mehr.
die Leber echoreicher als die Nieren, aber echoärmer Wegweisend für die intravenöse Kontrastmit-
als das Pankreas zur Abbildung. telapplikation bei CT-Untersuchungen der Leber
sind auch heute noch die grundlegenden Arbei-
Spezielle Computertomographietechniken ten von Foley, die die für die klassische CT bestehen-
Die CT der Leber hat in den letzten Jahren durch den Zusammenhänge von Injektionsform, Scan-
rasche Verbesserungen in der Aufnahmetechnik wie- zeit und Dichtewerten in Aorta und Leber darstellen
derholt einschneidende Änderungen erfahren. So (Abb. 7.2). Als pathophysiologische Grundlage der
ermöglichte der Übergang von der klassischen CT- Kontrastmittelkinetik ist dabei insbesondere die

Abb. 7.2. Enhancement von Aorta und


Leber nach i. v. Applikation von 50 ml
jodhaltigen Kontrastmittels und klassi-
scher CT-Untersuchung. (Nach Foley
et al. 1983)
376 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

doppelte Gefäßversorgung der Leber über das arte- phie (CTAP) spielen heute keine Rolle mehr. Gleiches
rielle und portale System zu berücksichtigen. gilt für die so genannte „delayed-CT“ 4–6 Stunden
Für ein optimales Enhancement der Leber ist es nach Kontrastmittelapplikation (Abb. 7.3).
erforderlich, dass die Untersuchung möglichst bis In der CT finden sich beim Erwachsenen für die
zum Beginn der so genannten Äquilibrierungsphase unauffällige Leber vor Kontrastmittelgabe Dichte-
beendet ist, da dann die Gefahr der Maskierung foka- werte von 50–70 HE mit hyperdenser Darstellung ge-
ler Läsionen besteht. Die heute routinemäßig durch- genüber der Milz (um 50 HE) und deutlich erhöhter
geführte maschinelle Injektion des Kontrastmittels Dichte gegenüber der Niere (um 40 HE). Nach Kon-
und die schnellen Akquisitionsmöglichkeiten der trastmittelgabe ist die Leber in der arteriellen und
MSCT erlauben eine vollständige Untersuchung der portalen Phase hypodens und lediglich in Spätpha-
Leber in einer exakten Kontrastmittelperfusionspha- sen hyperdens im Vergleich zur Milz.
se vor Beginn der Äquilibrierungsphase. Falls erfor-
derlich, kann in dieser Zeit auch eine mehrfache Un- Spezielle Magnetresonanztomographietechniken
tersuchung des Organs in verschiedenen Kontrast- Auch die MRT der Leber hat in den letzten Jahren
mittelphasen erfolgen. aufgrund deutlicher technischer Verbesserungen auf
Die seit den Zeiten der klassischen CT bekannten dem Gebiet der Datenakquisition, aber auch der Ent-
Perfusionsmuster fokaler Leberläsionen finden auch wicklung organspezifischer Kontrastmittel erheb-
in der MSCT Anwendung, wobei aufgrund der exak- liche Veränderungen erfahren. Lange war ihr Stel-
ten Trennung der Kontrastmittelphasen eine Verbes- lenwert im Vergleich zur CT als gleichwertig in der
serung der diagnostischen Aussagekraft erreicht Detektion bei verbesserter Klassifikation von Leber-
werden konnte. Dies setzt allerdings eine patienten- herden gewertet worden. Mit der zunehmenden Ver-
individuelle und exakte zeitliche Abstimmung von breitung von MSCT-Geräten ist die Indikation zur
Kontrastmittelinjektion und Beginn der Datenakqui- MRT der Leber jetzt insbesondere in der Differenzie-
sition voraus. rung fokaler Leberläsionen zu sehen. Dies gelingt
Zur Optimierung der Bolusgeometrie werden, ins- umso besser durch aktuell zur Verfügung stehende
besondere an MSCT-Geräten, zunehmend Kontrast- Gradientensysteme, Sequenz- und Spulentechnolo-
mittel höherer Jodkonzentration (>350 mg J/ml) gie sowie organspezifische Kontrastmittel.
eingesetzt. Damit können, bei gleicher Gesamtjod- In der Literatur sind, insbesondere in der diffus
menge, das Injektionsvolumen sowie die Injektions- oder zirrhotisch veränderten Leber, Detektionsraten
geschwindigkeit verringert und die Bolusstabilität auch kleinster Läsionen nach Applikation organ-
verbessert werden. Hierzu erscheint es nach aktuel- spezifischer Kontrastmittel von weit über 90% und
lem Kenntnisstand allerdings unvermeidbar, Injek- damit als der CT überlegen beschrieben. Diese Arbei-
tionsgeräte mit Doppelkolben und zusätzlichem ten berücksichtigen allerdings bei vergleichenden
Kochsalzbolus nach Abschluss der Kontrastmittelin- Bewertungen noch nicht die Möglichkeiten der
jektion zu verwenden. MSCT. In neueren Studien, die die MRT mit SPIO-
Auch die Ermittlung des patientenindividuellen haltigem Kontrastmittel CT-Untersuchungen mittels
Delays zwischen Beginn der Kontrastmittelinjektion 16-Schicht-Geräten vergleichend gegenüberstellen,
und dem Start der Datenakquisition hat aufgrund wurden in Detektion und Charakterisierung keine
des kompakten Kontrastmittelbolus und der kur- statistisch signifikanten Unterschiede dokumentiert.
zen Untersuchungszeit an MSCT-Geräten vermehrte Die an allen gängigen Geräten verfügbaren Se-
Bedeutung. Aktuelle CT-Geräte gestatten eine routi- quenzen mit Fettsaturation erlauben bereits in den
netaugliche Anwendung durch spezielle Applika- nativen Aufnahmen eine erste Charakterisierung dif-
tionsprogramme. Andernfalls sollte das Verfahren fuser und fokaler Veränderungen der Leber. Mit Hil-
der dynamischen CT mittels Probebolus verwendet fe schneller und leistungsfähiger Gradientensysteme
werden. und den Möglichkeiten der parallelen Bildgebung
Die exakte Datenakquisition innerhalb einer Kon- sind neben multiphasischen dynamischen Sequen-
trastmittelperfusionsphase erlaubt es zudem, aus zen auch Gefäßdarstellungen in Form der kontrast-
dem gleichen Datensatz die Gefäße in Rekonstruk- verstärkten MR-Angiographie (CE-MRA) möglich.
tionen in Maximum-Intensitätsprojektion (MIP) als Hierbei lassen sich aus Datensätzen dreidimensiona-
CT-Angiographie (CTA) darzustellen. Damit hat die ler Gradienten-Echo- (3D-GRE-)Sequenzen in MIP-
kontrastverstärkte MSCT die rein diagnostische Ka- Rekonstruktionen angiographische Bilder in arte-
theterangiographie im Bereich der Leber annähernd rieller und portalvenöser Phase erstellen. Neben der
vollständig ersetzt. CTA steht damit auch in der MRT ein diagnostisches,
Spezielle CT-Untersuchungstechniken mit Kon- nichtinvasives angiographisches Verfahren zur Ver-
trastmittelgabe über arteriell platzierte Katheter als fügung.
CT-Arteriographie (CTHA) bzw. CT-Arterioportogra-
7.1 Spezielle Untersuchungstechniken 377

Abb. 7.3 a–d. 75-jähriger Patient


mit synchronen Lebermetastasen
bei kolorektalem Karzinom.
Hypodense Darstellung einer
Metastase (Pfeil) nativ (a) in der
S-CTAP (d) sowie in der Delayed-
CT (b). Stark hyperdense Abbil-
dung in der S-CTAH (c). Zusätz-
lich Perfusionsdefekt peripher
einer weiteren Metastase in der
S-CTAP (P)

a b

c d

Nichtkontrastverstärkte MRA-Sequenzen in „Ti- zelluläre Kontrastmittelgabe an der Leber immer als


me-of-flight-“ (TOF-)Technik oder mittels Phasen- dynamische Sequenz erfolgen muss. Dies kann an
kontrastverfahren kommen im Bereich der Leber modernen Geräten auch in Form der multipha-
nicht mehr routinemäßig zur Anwendung. Die Pha- sischen CE-MRA mit Betrachtung von Gefäß- und
senkontrasttechnik ist jedoch die Grundlage der, ins- Organperfusion geschehen. Neben den genannten
besondere im Bereich der Pfortader, angewendeten extrazellulären sind organspezifische Leberkontrast-
Flussanalyse zur Beurteilung einer portalen Hyper- mittel auf Gadolinium- und Manganbasis bzw. auf
tension. Eisenbasis seit längerem im klinischen Einsatz.
Mit zunehmender Verbreitung von Mehrkanal- Die superparamagnetischen Eisenpartikel (SPIO)
oberflächenspulen kann der Untersuchungsbereich werden selektiv vom retikuloendothelialen System
auf das gesamte Abdomen und Becken ausgedehnt (RES) in den gesunden Zellen von Leber und z. T.
werden, sodass die MRT des Abdomens eine ver- auch der Milz aufgenommen und führen über ihren
gleichbare Abdeckung zur MSCT von Abdomen und Suszeptibilitätseffekt zu einem Signalverlust in die-
Becken bieten wird. sem Bereich. Primäre und sekundäre Malignom-
Für die extrazellulären MRT-Kontrastmittel auf zellen in der Leber enthalten kein oder nur geringe
Basis von Gadolinium-Chelat-Komplexen gelten be- Anteile an RES, sodass es in den malignen Läsionen
züglich der Kontrastmittelkinetik die aus der CT be- zu keinem Signalverlust kommt. Die gleichbleibende
kannten Gesetzmäßigkeiten. Hieraus resultiert, dass, Signalintensität in den pathologischen Herden und
im Gegensatz zu anderen Organregionen, die extra- der Signalverlust im gesunden Lebergewebe nach Ap-
378 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.4 a–c. Schematische Darstellung der Wirkung leber- tiv-Untersuchung und deutliche SI-Steigerung des umgeben-
spezifischer MRT-Kontrastmittel. a Nativ-Untersuchung mit den Lebergewebes. c T2*-Wichtung nach Injektion/Infusion
nur geringer Hyperintensität des Herdes gegenüber dem um- von RES-spezifischem Kontrastmittel („Schwarzmacher“). Un-
gebenden Lebergewebe. b T1-Wichtung nach Applikation von veränderte SI der Läsion im Vergleich zur Nativ-Untersuchung
hepatobiliärem bzw. hepatozytenspezifischem Kontrastmittels und Kontraststeigerung durch ausgeprägten Signalverlust des
(„Weißmacher“). Konstante SI des Herdes gegenüber der Na- benachbarten Lebergewebes

plikation der SPIO-Partikel erhöhen den Kontrast In klassischen nativen Sequenzen stellt sich die
zwischen Leberläsion und umgebendem Gewebe. Be- normale Leber in T1-Wichtung hyperintens, in T2-
sonders stark sind die Suszeptibilitätseffekte und da- Wichtung hypointens gegenüber Milz und Nieren
mit die Wirkung des Kontrastmittels auf T2*-gewich- dar. Nach Applikation extrazellulärer Kontrastmittel
teten GRE-Sequenzen (T2*w GRE) und protonenge- zeigt sich in T1-Wichtung ein deutliches Enhance-
wichteten Turbo-Spin-Echo- (TSE-)Sequenzen (PDw ment des Organs mit allerdings gegenüber der Milz
TSE) zu beobachten. Als RES-spezifische Kontrast- hypointenser Darstellung in arterieller und portal-
mittel liegen zur Infusion superparamagnetische Ei- venöser Phase und hyperintenser Demarkierung in
senoxid-Nanopartikel (Endorem) und zur Bolus- der Spätphase.
injektion Ferucarbotran (Resovist) für den klini-
schen Einsatz vor. Der organspezifische Effekt Andere spezielle Untersuchungstechniken
kommt erst in Spätaufnahmen vollständig zur Gel- Die intraarterielle Katheterangiographie spielt heute
tung. Mit Resovist kann zudem, aufgrund der Appli- keine Rolle mehr in der Primärdiagnostik einer Le-
kationsmöglichkeit im Bolus, ein Perfusionseffekt in berläsion. Normvarianten der Lebergefäßversorgung
der Leber dokumentiert werden. können mit der CTA bzw. der CE-MRA diagnostiziert
Während RES-spezifische Kontrastmittel zu ei- werden, sodass die Katheterangiographie fast aus-
nem Signalverlust im gesunden Lebergewebe führen schließlich der Therapie fokaler Leberläsionen (loko-
(„Schwarzmacher“), wird durch hepatobiliäre oder regionäre Chemotherapie, Chemoembolisation, Em-
hepatozytäre Kontrastmittel eine Signalsteigerung bolisation) vorbehalten ist.
(„Weißmacher“) in den nicht pathologisch veränder- An nuklearmedizinischen Verfahren stehen für die
ten Leberarealen erreicht (Abb. 7.4 a–c). Somit wird Leberdiagnostik die Technetium- (Tc-)basierten Me-
der pathologische Befund bei Anwendung der thoden der Schwefelkolloidszintigraphie (99mTc-SC-
Schwarzmacher signalintens auf signalarmem Hin- Szintigraphie) und der Blutpoolszintigraphie (99mTc-
tergrund dargestellt, bei den Weißmachern signal- RBC-Szintigraphie) zur Verfügung. Beide Untersu-
arm auf signalintensem Hintergrund. chungstechniken finden lediglich noch in ausgewähl-
Für die Leberdiagnostik mit hepatobiliären oder ten Fragestellungen Anwendung.
hepatozytären Kontrastmitteln kommen T1-gewich- Trotz beschriebener Sensitivitäten von 90–95%
tete GRE-Sequenzen – ggf. unter Einschluss von fett- mittels SPECT-Technik („single photon emission
sättigenden Techniken – zum Einsatz. An hepatobili- computed tomography“) in der Metastasendiagnos-
ären Kontrastmitteln stehen Gd-EOB-DTPA (Eovist) tik hat sich die 99mTc-SC-Szintigraphie aufgrund feh-
bzw. Gd-BOPTA (MultiHance) jeweils zur Bolusin- lender Spezifität nicht durchgesetzt. Technisch be-
jektion zur Verfügung. Bei beiden Kontrastmitteln dingt werden sowohl benigne als auch maligne foka-
kann neben dem organspezifischen Effekt in der le Leberläsionen als photopene Defekte im Organ
Spätphase auch die dynamische Perfusionskompo- dargestellt. Basierend auf einer Aufnahme des Ra-
nente mit angiographischer Darstellung genutzt wer- diopharmakons in vorhandenen Kupffer-Sternstel-
den. Das hepatozytäre Kontrastmittel Mn-DPDP len des RES liegt der Vorteil des Verfahrens in der Dif-
(Teslascan) liegt zur Infusion vor, eine Perfusions- ferenzierung fokaler Leberläsionen. Gelegentlich
beurteilung der Leber ist nicht möglich. wird die 99mTc-SC-Szintigraphie daher auch heute
noch zur Differenzierung benigner fokaler Läsionen
7.1 Spezielle Untersuchungstechniken 379

herangezogen. So stellen sich szintigraphisch 30% 7.1.2


der fokal nodulären Hyperplasien (FNH) hypointens, Spezielle Untersuchungstechniken
60% isointens und 10% hyperintens zum umgeben- für die Gallenblase und die Gallenwege
den Lebergewebe dar. Bei Adenomen beträgt die Ra-
te der hypointensen Abbildungen 80%, die der iso- Für die Darstellung von Gallenblase und Gallen-
intensen Darstellung 20%. Der Großteil der Indika- wegen stehen zahlreiche Verfahren zur Verfügung,
tionen für die 99mTc-SC-Szintigraphie wird heute wobei häufig erst durch die Kombination mehre-
allerdings durch die MRT mit SPIO-haltigem Kon- rer Untersuchungstechniken alle klinisch relevanten
trastmittel abgeklärt. Aspekte dargestellt werden können.
Die 99mTc-RBC-Szintigraphie kommt heute ledig-
lich noch in Ausnahmefällen zur Diagnostik kaver- Spezielle Ultraschalltechniken
nöser Hämangiome zum Einsatz. Aufgrund der er- Auch bei den pathologischer Veränderungen der Gal-
höhten Aufnahme des Radiopharmakons im Häm- lenblase und der Gallenwege ist die perkutane Sono-
angiom im Vergleich zum umgebenden Lebergewebe graphie die erste nichtinvasive diagnostische Maß-
kann die Diagnose bei größeren Herden (>1 cm) nahme. Abhängig vom zugrunde liegenden Krank-
gestellt werden. Das Verfahren ist durch Ultraschall, heitsbild sind stark schwankende Sensitivitäten bis
CT und MRT abgelöst worden. 90% und Spezifitäten von 89–93% beschrieben. Bei
Andere nuklearmedizinische Verfahren wie die Patienten mit Konkrementen beträgt die Sensitivität
Leukozytenszintigraphie zur Suche eines Entzün- übereinstimmend annähernd 100%, während bei
dungsherdes oder der Radiopharmakon-basierten Gallenblasenkarzinomen die Diagnose mit Hilfe der
Blutungssuche spielen für den Bereich der Leber Ultrasonographie lediglich in der Hälfte der Fälle ge-
keine Rolle. stellt wird. Beim peripheren Gallenwegskarzinom ist
Die Bedeutung der Positronenemissionstomgra- die Treffsicherheit von der Größe des Tumors und
phie (PET) bzw. deren Kombination mit der CT in seiner Höhenlokalisation abhängig. Gleiches gilt für
Form der PET-CT für Diagnostik, Staging und Fol- intraduktale Konkremente, deren Nachweis vor allem
low-up benigner und maligner Lebererkrankungen auch von Größe und Lage bestimmt wird.
kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden. Der zusätzliche Einsatz der farbkodierten Doppler-
Bisher vorliegende Ergebnisse lassen jedoch eine sonographie dient, bei Vorliegen eines Tumors, der
vollständige Ablösung der konventionellen nuklear- Abgrenzung einer möglichen Infiltration in das arte-
medizischen Verfahren für diese Fragestellungen und rielle oder portale Gefäßsystem bzw. das Lig. hepato-
eine deutliche Verbesserung der Spezifität im Ver- duodenale. Über erste Erfolge mit 3D-Ultraschallver-
gleich zu heutigen CT-Verfahren erwarten. fahren zur Verbesserung der Detektierbarkeit intra-
Zur Steuerung interventioneller Therapieverfah- duktaler Karzinome wird berichtet.
ren kommen sowohl Ultraschall als auch CT und In letzter Zeit wird neben dem endoskopischen
MRT zum Einsatz. Ultraschall (EUS) zunehmend auch der intraduktale
Unter sonographischer Kontrolle werden insbe- Ultraschall (IDUS) der Gallenwege mit hochfrequen-
sondere Biopsieentnahmen durchgeführt und leicht ten Schallsonden (20 MHz) praktiziert. Neuere
zugängliche Flüssigkeitsverhalte im „Realtime-Mo- Literaturangaben berichten insbesondere über
dus“ punktiert bzw. drainiert. Bei schwierigeren ana- den Einsatz beim komplizierten Steinleiden in der
tomischen Verhältnissen empfiehlt sich der CT-ge- Abgrenzbarkeit zum Gallenblasenkarzinom mit Sen-
steuerte Zugangsweg, ggf. unter Ausnutzung der so sitivitäten von >90%. Vorteilhaft erscheint in die-
genannten CT-Durchleuchtung. Dabei kann neben sem Zusammenhang vor allem die Möglichkeit
der kontinuierlichen Darstellung innerhalb einer der intraduktalen bildgesteuerten Histologiegewin-
Schicht zur Reduzierung der Strahlenbelastung von nung.
Patient und Untersucher auch ein intermittierender
Modus gewählt werden. Klassische Radiographieverfahren
Bei ablativen Therapieverfahren in der Leber Auch bei Verfügbarkeit sämtlicher moderner
(Thermo-, Laser-, Radiofrequenzablation) kommt Schnittbildverfahren stellt die konventionelle Abdo-
neben der CT auch die MRT mit temperatursensiti- menübersichtsaufnahme in 2 Ebenen in der Akut-
ven Sequenzen zur Anwendung. diagnostik einen wichtigen Schritt in der Abklärung
Interventionelle Eingriffe an offenen MRT-Gerä- eines vermuteten pathologischen Prozesses im Be-
ten werden nur in einzelnen spezialisierten Einrich- reich von Gallenblase und Gallenwegen dar. Dabei
tungen vorgenommen. werden neben dem Nachweis kalkdichter Konkre-
Die lokoregionale Therapie fokaler Leberläsionen mente vor allem Aussagen über die Luftverteilung im
mittels selektiver interner Radiotherapie (SIRT) be- oberen Gastrointestinaltrakt und eine ggf. vorhan-
findet sich im Stadium der klinischen Evaluation. dene Aerobilie bzw. Luft entlang der Pfortaderäste ge-
380 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

wonnen. Daher hat die Abdomenübersichtsaufnah- Papillotomie gesichert werden. Bei einer länger-
me auch in der pädiatrischen Diagnostik ihre Bedeu- streckigen entzündlichen Papillenstenose ist häufig
tung behalten. das Einsetzen temporäre Plastikstents transpapillär
Die intravenöse Cholangiographie hatte im Rah- sinnvoll.
men der präoperativen Diagnostik vor laparoskopi- Ist der endoskopische Zugang anatomisch oder
scher Cholezystektomie eine gewisse Renaissance technisch nicht möglich, wird durch transhepatische
zum Ausschluss einer Choledocholithiasis erfahren. Punktion eine externe Drainage mittels PTC ange-
In einer eigenen klinischen Studie konnte gezeigt legt. Günstigerweise erweitert man diese ein- oder
werden, dass mit der intravenösen Cholangiographie zweizeitig durch Passieren der Papille zu einer
in Kombination mit der konventionellen Tomogra- Intern-extern-Drainage mit den Optionen, die Gal-
phie eine Beurteilbarkeit des Ductus choledochus in lenflüssigkeit nach außen oder nach duodenal abzu-
96,3% erreicht wird. Die Treffsicherheiten bezüglich leiten. Auch der transhepatische Zugang ermöglicht
des Konkrementnachweises wurden mit 91% (i. v. die Applikation von Stents. Diese verbleiben aller-
Cholangiographie), 67% (perkutane Sonographie) dings permanent und sind in der Regel metallbe-
und 100% (endoskopisch retrograde Cholangiopan- schichtet.
kreatikographie/ERCP) ermittelt. Schwere Neben- Bei allen interventionellen Maßnahmen sollte die
wirkungen des hepatobiliären Kontrastmittels wur- Ursache der Papillenenge durch bildgebende Verfah-
den von uns nicht beobachtet, sind allerdings in der ren möglichst sicher bekannt sein. Im Falle einer
Literatur beschrieben. Durch die Verbesserungen geplanten Operation sind Vor- und Nachteile einer
der Magnetresonanzcholangiographie (MRC) hat das vorherigen endoskopischen oder interventionellen
Verfahren heute keine Bedeutung mehr im klini- Ableitung weiterhin umstritten.
schen Alltag, sodass es allenfalls bei Nichtverfügbar-
keit der MRC zur Diagnostik benigner Gallenblasen- Spezielle CT-Techniken
und Gallenwegserkrankungen eingesetzt wird. Im Beim Gallensteinleiden kommt der CT auch heute
Rahmen der Abklärung maligner Erkrankungen von keine wesentliche Bedeutung in der diagnostischen
Gallenblase und Gallenwegen spielt sie keine Rolle Abklärung zu. Demgegenüber hat die Relevanz bei
mehr. Tumoren von Gallenblase und Gallenwegen wieder
deutlich zugenommen Mit der klassischen Einzeilen-
ERC/PTC Spiral-CT-Technik konnten lediglich in 69–80% be-
Der Stellenwert der direkten Darstellung der Gallen- nigne und maligne Ursachen richtig diagnostiziert
wege hat in den letzten Jahren eine zunehmende werden. Auch die Applikation hepatobiliären Kon-
Wandlung erfahren. Galten die Verfahren der en- trastmittels erbrachte dabei nur eine geringfügige
doskopisch retrograden Cholangiographie (ERC) und Verbesserung. Erst mit der Einführung der MSCT in
der perkutanen transhepatischen Cholangiographie Spiral-Technik und der Möglichkeit hochauflösender
(PTC) lange Zeit als Goldstandard, so wird ihre Be- koronarer und parakoronarer Sekundärrekonstruk-
deutung heute vor allem im therapeutischen Bereich tionen hat die CT erheblich an diagnostischer Wer-
gesehen. Beim Gallensteinleiden erfolgt der endosko- tigkeit in der Abklärung tumoröser Gallenwegser-
pische Eingriff zur Beseitigung der Cholestase und krankungen gewonnen.
der Entfernung des duktalen Konkrements. Im Falle So ist jetzt nicht nur bei dilatiertem Gallenwegs-
einer intraduktalen Raumforderung soll durch die system der direkte Nachweis der Pathologie in Gal-
ERC ein mittels indirekter Verfahren diagnostizierter lenblase und Gallengängen möglich. Auch lassen sich
Tumor histologisch gesichert werden. durch die komplette Erfassung mehrerer Perfusions-
In klinischen Studien ist die Treffsicherheit der phasen ein arterielles Enhancement als Hinweis auf
ERC beim Malignom, abhängig vom zu untersuchen- das Tumorkorrelat sowohl an der Gallenblase als
den pathologischen Befund, mit 64–88% angege- auch an den ableitenden Gallenwegen direkt darstel-
ben. Beim Gallensteinleiden liegt sie bei annähernd len. Mit Hilfe von Minimum-Intensitäts-Projektionen
100%. (MIN-Rekonstruktion) erreicht man vergleichbare
Therapeutisch kann auch bei der entzündlich be- Ergebnisse zur MRC. In Einzelfällen kann durch
dingten Papillenenge eine temporäre Ableitung des Applikation biliär ausgeschiedenen Kontrastmittels
Gallenabstroms erforderlich werden, um eine aszen- und multiplanare Sekundärrekonstruktionen die
dierende Cholangitis zu vermeiden. Dies wird in der diagnostische Genauigkeit weiter erhöht werden
Regel mittels ERC und Papillotomie erreicht. Dabei (Abb. 7.5). Zusätzlich stehen alle übrigen Informatio-
kann ein evtl. inkrustiertes Konkrement häufig ent- nen für ein komplettes abdominelles Staging zur Ver-
fernt und damit der Abstrom durch die Papille nach fügung.
7.1 Spezielle Untersuchungstechniken 381

ren Gastrointestinaltrakt sowie ggf. in der Niere und


im ableitenden Harnsystem.
Seit der Erstbeschreibung durch Wallner konnte
die MRCP, bedingt durch gerätetechnische Weiterent-
wicklungen, erheblich verbessert werden. Initial
wurde methodisch zwischen GRE-Technik mit
„Steady-state free precision-“ (SSFP-)Signalgebung
und schneller Spin-Echo-Technik (FSE/TSE) für die
MRCP differenziert. Wegen der erheblichen Nach-
teile der GRE-Technik in Form von notwendigen
Apnoephasen von 20–60 s, starker Artefaktanfällig-
keit und fehlender Darstellung des normalkalibrigen
Ductus pancreaticus, finden heute fast ausschließ-
lich die schnellen SE-Techniken Anwendung für die
MRCP. Das Interesse konzentriert sich dabei vor
allem auf die Unterscheidung von 2D-Projektions-
verfahren in Atemstillstand mit einer modifizierten
RARE- („rapid acquisition by repeated echoes-“)Se-
quenz und 3D-Techniken in freier Atmung bzw. unter
Atemtriggerung.
Beim 2D-RARE-Verfahren entsteht durch Akquisi-
tion einer 40 mm dicken Schicht in koronarer oder
gekippt-koronarer Schichtführung (z. B. TR 8000; TE
800) ein Projektionsbild, das nicht nachverarbeitet
werden muss (Abb. 7.6 a). Die kurze Aufnahmezeit
von 4 s gestattet verschiedene Winkelungen der ge-
Abb. 7.5. 56-jähriger Patient vor laparoskopischer Cholezyst- kippt-koronaren Schichtführung rasch durchzu-
ektomie wegen Steinleidens. Ausschluss von Gallengangskon-
krementen mittels MSCT nach i. v. Applikation von hepatobili- führen und so eine optimale Abbildungsprojektion
ärem Kontrastmittel. Bereits Nachweis von Kontrastmittel im für das intra- und extrahepatische Gallenwegssystem
Dünndarm bei guten Abflussverhältnissen über die Papille zu erreichen. Gegebenenfalls kann durch Wiederho-
lung der Aufnahmesequenz in gleicher Position die
Diagnostik der Papillenregion mit Darstellung unter-
Merke ! Die MSCT ist in ihrer Aussagekraft
der MRT des Oberbauchs bei der
schiedlicher Funktionsphasen des physiologischen
Papillenspiels verbessert werden. Das 2D-Dünn-
Abklärung eines Tumors der Gallenblase und der schicht-Verfahren in Atemstillstand mit nachfol-
Gallenwege als gleichwertig anzusehen. Aufgrund gender MIP-Rekonstruktion hat an neueren Geräten
der extraduktalen Zusatzinformationen ist sie der keine wesentliche Bedeutung mehr.
diagnostischen ERC/PTC in der Gesamtbeurteilung Ist aufgrund des klinischen Zustands des Patien-
überlegen. ten eine Aufnahmesequenz in Atemstillstand nicht
möglich, kann auch mithilfe einer 3D-TSE-Sequenz
Spezielle MRT-Techniken ein Bild der Gallenwege und des Pankreasgangsys-
Der entscheidende Vorteil der MRT liegt in der tems gewonnen werden. Durch Unterteilung in ein-
schnellen, hochaufgelösten und kontrastreichen di- zelne Messabschnitte und überlappende Schicht-
rekten Darstellung des gesamten Gallensystems ohne rekonstruktion wird eine effektive Schichtdicke von
Kontrastmittelapplikation in Form der MR-Cholan- 0,6–1,2 mm erreicht. Bei typischen Messparametern
giopankreatikographie (MRCP). Mittels dieser stark (TR 1800; TE 650) werden für einen 3D-Block von
T2-gewichteten Bilder (z. T. mit zusätzlicher Fettun- 120 Schichten in koronarer Schichtführung 3 min 15 s
terdrückung) werden lediglich Strukturen mit stati- Akquisitionszeit benötigt. Zur Reduzierung respira-
schem, flüssigkeitsäquivalentem Signal abgebildet. tionsbedingter Artefakte erfolgt die Messung unter
Im Untersuchungsgebiet der MRCP entspricht dies Atemtriggerung. Zur Nachbearbeitung des Daten-
den Gängen des intra- und extrahepatischen Gallen- satzes wird das MIP-Verfahren verwendet, wobei
wegssystems, der Gallenblase und dem Pankreas- für die Analyse Originalbilder und Sekundärrekon-
gangsystem. Für die diagnostische Beurteilung eher struktion herangezogen werden müssen (Abb. 7.6 b).
störend ist die Mitdarstellung von Flüssigkeit im obe- Die gewonnenen Rekonstruktionen können aus ei-
382 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

nem Blickwinkel von 360° betrachtet und in Form


eines Videoclips demonstriert und dokumentiert wer-
den. An Scannern neuester Bauart steht zudem eine
3D-TSE-Sequenz zur Verfügung, die es erlaubt in
freier, gleichmäßiger Atmung einen echten Volumen-
datensatz zu gewinnen.
Intraindividuelle Vergleiche der einzelnen MRCP-
Verfahren bei einem Patienten liegen an kleinen
Patientenkollektiven bzw. aus Phantommessungen
vor, so etwa für die Gegenüberstellung der beiden
„Breathhold-Techniken“ oder der 2D-Dünnschicht-
technik und der 3D-TSE-Technik.

Merke ! An Phantommessungen konnte gezeigt


werden, dass, insbesondere für die
Darstellung der normalkalibrigen Gangsysteme, mit
a der in Atemstillstand durchgeführten Dünnschicht-
technik die höchste Erkennbarkeit erzielt werden
kann.

Bei der Betrachtung der unterschiedlichen Aufnah-


mezeiten (4–7 s bzw. 2-mal 18 s für die 2D-Techniken
und 3 min 15 s für die 3D-Technik) der zur Verfügung
stehenden MRCP-Techniken ist zu beachten, dass
einmal ein 2D-Projektionsbild entsteht, andererseits
ein echter 3D-Datensatz bearbeitet wird. Neuere Ver-
gleiche, insbesondere zwischen schnellen 3D-TSE-
Sequenzen und der RARE-Technik favorisieren das
3D-Verfahren vor allem wegen seiner räumlichen
Auflösung. Bei allen Vergleichen ist zu berücksichti-
gen, dass stets neben dem Projektionsbild oder der
MIP-Rekonstruktion Dünnschichtaufnahmen in ei-
ner zweiten Ebene, idealerweise in axialer Schicht-
führung, in die diagnostische Betrachtung mit ein-
b zubeziehen sind. Dies können die Originalbilder des
3D-Datensatzes in gleicher Weise sein wie zusätzlich
Abb. 7.6 a,b. 58-jährige Patientin mit Gallensteinleiden und angefertigte Dünnschichtaufnahmen in T2-Wich-
rezidivierenden Koliken. a MRCP in Projektionstechnik mit
unauffälliger Weite des intra- und extrahepatischen Gallen- tung.
wegssystems. Präpapilläres Choledochuskonkrement (Pfeil).
b MRCP in 3D-Technik mit MIP-Rekonstruktion. Vollständige
Darstellung des intra- und extrahepatischen Gallenwegssys-
tems.Allenfalls angedeutete Abbildung des präpapillären Kon-
krements. In der Einzelschichtaufnahme aus dem 3D-Daten-
satz (Teilvergrößerung rechts) Dokumentation des präpapillä-
ren Gallengangssteins (Pfeil)
7.1 Spezielle Untersuchungstechniken 383

Die MRCP kann an Geräten aller gängigen Mag-


netfeldstärken (0,5–3,0 Tesla/T) als Messsequenz im-
plementiert werden und ist somit nicht ausschließ-
lich Echtzeit-Hochfeld-Geräten vorbehalten. Rele-
vanter als die Stärke des Hauptmagnetfeldes er-
scheint in diesem Zusammenhang jedoch die der
Gradientenfelder. So bieten neuere, schnelle Gradien-
tensysteme eine deutliche Verbesserung der Bildqua-
lität. Zusätzlich werden die Vorteile der parallelen
Bildgebung eingesetzt.
All die genannten Verbesserungen der MRCP ha-
ben dazu geführt, nicht mehr von einer eigenen Un-
tersuchungsmethode zu sprechen. Vielmehr handelt
es sich im Rahmen der MRT des Abdomens um eine
zusätzliche Messsequenz, die die Beurteilung der
Abb. 7.7. 46-jähriger Patient mit Verdacht auf Pankreasgang- intra- und extrahepatischen Gallenwege, der Gallen-
anomalie. Oben: Untersuchung bei nichtnüchternem Patienten blase und des Pankreasgangsystems erlaubt. Eine Sti-
mit Überlagerung der Gallenwege und des Pankreasgangsys-
tems durch Flüssigkeit in Magen und Duodenum. Unten: Wie- mulation mit Cholezystokinin, analog der Sekret-
derholung der Untersuchung nach 20 min und oraler Gabe von instimulation in der Beurteilung des Pankreasgangs,
300 ml negativem Kontrastmittels (Eisenoxidemulsion). Star- hat sich nicht klinisch etabliert. Zusätzliche axiale
ker Signalverlust der luminalen Flüssigkeit aufgrund der Sus- und ggf. koronare Sequenzen des Oberbauchs in T1-
zeptibilitätsartefakte. Jetzt gute Beurteilbarkeit der biliären
und pankreatischen Gänge bis in die Peripherie und T2-Wichtung ermöglichen die Beurteilung der
extraduktalen Anatomie und Pathologie in einem
Untersuchungsgang inklusive des kompletten Sta-
gings im Oberbauch.
Unabhängig von der Untersuchungstechnik wird Wiederholt wurden Studien zum direkten Ver-
weiterhin die notwendige Vorbereitung des Patienten gleich zwischen MRCP und ERCP durchgeführt. Da-
zur MRCP kontrovers diskutiert, da z. T. erhebliche bei konnte in allen Untersuchungen bestätigt werden,
Beeinträchtigungen der Bildqualität durch Artefakte dass die Darstellung der dilatierten Gangsysteme von
aufgrund von Bewegung, Respiration, Peristaltik und Leber und Pankreas in beiden Verfahren mit ver-
Überlagerung durch Flüssigkeit im oberen Gastroin- gleichbarer diagnostischer Aussagemöglichkeit ge-
testinaltrakt entstehen. Eine geeignete Wahl der Un- lingt. Eigene Untersuchungen bestätigen, dass die
tersuchungszeit in den frühen Morgenstunden nach diagnostische MRCP der diagnostischen ERCP als
4- bis 6-stündiger Nahrungskarenz sowie eine medi- gleichwertig anzusehen ist. Neuere Arbeiten belegen
kamentös induzierte Hypotonie können diese Arte- dies auch für den Vergleich von MSCT, MRT inklusi-
fakte deutlich minimieren. Über erhebliche Verbesse- ve MRCP und ERCP.
rungen der Bildqualität durch Verabreichung eines
negativen, eisenhaltigen oralen Kontrastmittels zur Spezielle nuklearmedizinische Techniken
Elimination des Flüssigkeitssignals im Magen und Die hepatobiliäre Funktionsszintigraphie (Hepatobi-
Duodenum wurde berichtet (Abb. 7.7). Andere Auto- da) hat durch die Verbesserungen der MRCP heute
ren bevorzugen die Abgrenzung des Duodenums nur noch ein eingeschränktes Indikationsspektrum.
durch Gabe von Wasser zur Beurteilung der Papillen- Gegenüber den konventionellen Verfahren mit gal-
region. lengängigem Röntgenkontrastmittel kann das Ver-
Generell kann festgehalten werden, dass Beein- fahren allerdings auch bei deutlich erhöhten Bili-
trächtigungen der Bildqualität bei der Beurteilung rubinwerten zum Einsatz gebracht werden.
des Gallenwegssystems weniger ins Gewicht fallen als Die 99mTc-HIDA-Szintigraphie verwendet radio-
bei der Diagnostik des Pankreasgangsystems. Auch aktiv markierte Derivate des hepatobiliären Imino-
durch eine optimale orale Vorbereitung des Patienten diazetats. Nach intravenöser Injektion wird das
bleibt die Beurteilung präpapillärer Gangabschnitte Radiopharmakon proteingebunden, was die renale
mit der alleinigen MRCP-Sequenz häufig problema- Ausscheidung minimiert, und anschließend in die
tisch und erfordert die zusätzliche Betrachtung axia- Hepatozyten transportiert. Die weitere Ausscheidung
ler Schnittbilder in T2-Wichtung möglichst mit Fett- erfolgt über die Gallenflüssigkeit und ist damit ein
unterdrückung und in Dünnschichttechnik. Marker der Gallenfunktion. Die Konzentration der
384 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Gallenflüssigkeit in Gallenblase und Gallengängen ist Literatur zu Abschn. 7.1


vom Cholezystokininspiegel abhängig. Daher be-
dient man sich auch heute im Rahmen des Hepatobi- Foley WD, Berland LL, Lawson TL, Smith DF, Thorsen MK
da der Applikation von Cholezystokinin zur Stimula- (1983) Contrast enhancement technique for dynamic com-
tion der Gallenblase und zum Nachweis der Gallen- puted tomographic scanning. Radiology 147: 797–803
Hammerstingl RM, Schwarz W,Vogl TJ (2003) Contrast agents.
blasendysfunktion bei der chronischen Cholezystitis In: Vogl TJ, Lencioni R, Hammerstingl RM, Bartolozzi C
ohne Cholezystolithiasis.Auch in der Neugeborenen- (eds) Magnetic resonance imaging in liver disease. Thieme,
diagnostik hat das Verfahren bei Verdacht auf konge- Stuttgart New York, pp 45–91
nitale Gallenwegsatresie weiterhin seine Berechti- Hany TF (2003) PET and PET-CT of the liver and pancreas. In:
Schulthess GK v (ed) Clinical molecular anatomic imaging.
gung. Die Anwendung ist in der Regel einfacher und Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia, pp 334–340
sensitiver als die MRCP beim Neugeborenen, da auf Hellerhoff K (2002) Gallenwegssystem/Pankreasgang. In:
eine Narkose verzichtet werden kann und die klein- Rummeny EJ, Reimer P, Heindel W (Hrsg) Ganzkörper MR-
kalibrigen Gallenwege in der MRT häufig nur einge- Tomographie. Thieme, Stuttgart, S 267–294
Helmberger H, Huppertz A, Rüll T, Zillinger C, Ehrenberg E,
schränkt darstellbar sind. Rösch T (1998) Rationale Diagnostik der Gallenwege. Radi-
Zum Nachweis einer Obstruktion des Ductus cys- ologe 38: 270–278
ticus hat das Verfahren durch Sonographie und MRC Helmberger H, Hellerhoff K, Rüll T, Sorger N, Rösch T (2001)
seine Bedeutung allerdings heute verloren. Gleiches Radiologische Diagnostik der Gallenblase und der Gallen-
wege. Teil 1: Bildgebende Verfahren, Normalanatomie und
gilt für den Nachweis zystischer Leberläsionen. Im anatomische Varianten. Radiologe 41: 711–723
protrahierten postoperativen Verlauf bei Verdacht Helmberger Th, Daldrup-Link HE, Rummeny EJ (2002) Leber.
auf Gallenleck wird, aufgrund der besseren Orts- In: Rummeny EJ, Reimer P, Heindel W (Hrsg) Ganzkörper
MR-Tomographie. Thieme, Stuttgart, S 202–245
auflösung, heute in der Regel statt der Szintigraphie Leander P (1997) Liver-specific contrast agents.Advances in X-
eine MSCT mit gallengängigem Kontrastmittel Ray Contrast 4: 2–15
durchgeführt. Lämmer-Skarke I, Helmberger H, Feussner H, Ungeheuer A,
Weiterhin eine gewisse Bedeutung hat die Unter- Gerhardt P (1994) Die Rolle der i.v. Cholangiographie und
der Sonographie in der präoperativen Diagnostik vor la-
suchung in der Differenzierung von Adenom und paroskopischer Cholezystektomie. Fortschr Röntgenstr
FNH. Im Gegensatz zum Adenom besitzt die FNH 161: 133–138
atypische Gallengänge und weist damit eine Aufnah- Rösch T, Meining A, Frühmorgen S et al. (2002) A prospective
me des Radiopharmakons auf, während die hypertro- comparison of the diagnostic accuracy of ERCP, MRCP, CT,
and EUS in biliary strictures. Gastrointest Endosc 55:
phierten Hepatozyten des Adenoms in der Regel kein 870–876
99m
Tc-HIDA akkumulieren. Roddie ME (2003) Evaluation of the liver and biliary tree. In:
Die diagnostische Bedeutung der PET und PET- Peters AM (ed) Nuclear medicine in radiological diagnosis.
CT, insbesondere bei den Tumoren der Gallenblase Martin Dunitz Taylor & Francis, London, pp 263–278
Schima W, Kulinna C, Ba-Ssalamah A, Grünberger T (2005)
und der Gallenwege, kann aktuell noch nicht ab- Multidetektor-CT (MDCT) der Leber. Radiologe 45: 15–23
schließend bewertet werden. Nach den vorliegenden Uggowitzer MM, Gotschuli G, Reiter H, Petek B (2005) Kon-
Ergebnissen sind vor allem Verbesserungen in der trastverstärkte Sonographie der Leber. Radiologe 45: 24–33
frühzeitigen Diagnose von Fernmetastasen durch die Wallner BK, Schumacher KA, Weidenmaier W, Friedrich JM
(1991) Dilated biliary tract: evaluation with MR cholan-
neuen Verfahren zu erwarten. giography with a T2-weighted contrast-enhanced fast se-
quence. Radiology 181: 805–808
7.2 Fehlbildungen 385

Intra- und extrahepatisches Gallenwegssystem ent-


7.2
stehen unabhängig voneinander und verschmelzen
Fehlbildungen
um die 6. Gestationswoche. Der Beginn der Gallen-
7.2.1 produktion in den Leberzellen und eine Abgabe von
Embryologie und Anatomie Gallenflüssigkeit in das Duodenum erfolgt etwa in
der 13. Gestationswoche und führt zu einer dunkel-
7.2.1.1 grünen Verfärbung des Mekoniums. Die Gallenblase
Embryologie von Leber, Gallenblase, entsteht aus dem Hauptteil der Pars cystica des Le-
Gallenwegen und Gefäßen berdivertikels, der Ductus cysticus aus dem Stiel
Leber, Gallenblase und Gallenwege entstehen in der Pars cystica. Ductus hepaticus communis und
der 4. bis 13. Gestationswoche aus einem Divertikel Ductus choledochus gehen aus dem Verbindungsstiel
der Duodenalregion des primitiven embryonalen von Pars hepatica und Pars cystica hervor (vgl.
Darms. Zunächst kommt es in der frühen 4. Gesta- Abb. 7.8 c). Zu Beginn dieser Entwicklung liegt die
tionswoche zu einer Ausbuchtung im kaudalen Mündung des Ductus choledochus im ventralen,
Abschnitt des Vorderdarms (Abb. 7.8 a). Aus dieser nach Abschluss der Duodenalrotation im dorsalen
Leberbucht, auch als Leberdivertikel oder Leber- Duodenum (Abb. 7.8 d).
knospe bezeichnet, wachsen Leberzellbälkchen in Die Entwicklung von Leber und Gallenwegssystem
Richtung des Mesoderms aus, das an dieser Stelle das geschieht also parallel zur Entstehung des Pankreas
so genannte Septum transversum bildet. Im Laufe des und der Duodenalrotation. Das extrahepatische Gal-
Wachstums der Leberknospe entstehen aus den lenwegssystem durchläuft zunächst eine solide, d. h.
Endodermzellen des Divertikels durch Abschnürung lumenlose Phase durch eine komplette Auskleidung
vom Darmrohr ein kranialer Anteil (Pars hepatica) mit proliferierendem Epithel. Erst im Rahmen der
sowie ein kaudaler Anteil (Pars cystica). Aus der Pars Degeneration der Zellen in der Vakuolisierungsphase
hepatica entwickeln sich die Leber, der Ductus hepa- entsteht ein Hohlraumsystem.Während der Entwick-
ticus communis und der Ductus choledochus. Die lung des Gallenwegssystems besteht zwischen den
Gallenblase und der Ductus cysticus entstehen aus primitiven Gallengängen der Leber und der Gallen-
der Pars cystica (Abb. 7.8 b). blase und dem Ductus cysticus ein ausgeprägtes Netz
Zur Entwicklung des Lebergewebes kommt es kleinster direkter Verbindungskanäle, die so genann-
durch eine Verschmelzung in der Region des mittle- ten Luschka-Gänge. Diese obliterieren in der Regel
ren Abschnitts des Septum transversum von aus dem postnatal.
Leberdivertikel stammenden Epithelien mit Sinusoi- Die fetal-arterielle Versorgung des embryonalen
den aus den Dotter- und Nabelvenen. Im Verlaufe des Vorderdarms erfolgt durch die Gefäße des Truncus
Wachstums der Leber verdünnt sich der ventrale An- coeliacus (entstanden aus der 10. ventralen Segment-
teil des Septum transversum zwischen Leber und arterie), während die Versorgung von Mittel- und
Bauchwand zum Lig. falciforme. Der dorsale Anteil Enddarm durch die A. mesenterica superior (ent-
des Septums zwischen Leberhinterrand und Darm standen aus der 13. ventralen Segmentarterie) bzw.
wird zum Omentum minus. Aus den kranialen Ab- inferior gewährleistet wird. Dabei besteht zwischen
schnitten des Septums am Oberrand der Leber ent- den proximalen Abschnitten der 10. und 13. ventra-
stehen Teile des rechten Zwerchfells. An der Oberflä- len Segmentarterie eine Verbindung. Durch die
che der Leber entwickelt sich aus dem mesodermalen Entwicklung von Leber und Gallenwegssystem aus
Gewebe der peritoneale Überzug. Lediglich im krani- dem kaudalen Abschnitt des Vorderdarms resultiert
alsten Abschnitt des Organs verbleibt eine Verbin- damit eine arterielle Durchströmung der beiden
dung mit dem ursprünglichen Septum transversum Organsysteme aus Ästen des Truncus coeliacus
in Form einer Zwerchfellanheftung der Leber in der (Abb. 7.9).
Area nuda (Abb. 7.8 c).
386 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.8 a–d. Schematische Darstellung der embryonalen tionswoche: Verschmelzung von extra- und intrahepatischem
Entwicklung von Leber und Gallensystem. a 4. Gestationswo- Gallenwegssystem. d 6. Gestationswoche: retroduodenale Lage
che: Entstehung des Leberdivertikels. b 5. Gestationswoche: des Ductus choledochus nach Abschluss der Duodenalrotation
Abtrennung von Pars hepatica und Pars cystica. c 5. Gesta-

Zur fetal-venösen Durchströmung der Leber- gastroepiploische Vene (vgl. Abb. 7.10 b, c) Aus dem
sinusoide mit sauerstoffreichem Plazentablut kommt kaudalen Anteil der linken Dottersackvene entstehen
es über die paarig angelegten Dottersack- und Nabel- der Portalsinus als Verbindung von rechtem und lin-
venen (Abb. 7.10 a, b). Aus den kranialen Abschnitten kem Pfortadersystem und die Äste des linken Pfort-
der Dottersackvenen entstehen mit dem Fortschrei- aderasts (vgl. Abb. 7.10 c, d). Aus beiden bildet sich
ten der Leberentwicklung rechts die V. cava inferior postnatal der linke Pfortaderast mit seinen Verzwei-
und die rechte Lebervene, links die mittlere und gungen. Die rechte Nabelvene obliteriert im Verlauf
linke Lebervene (Abb. 7.10 c, d). Die kaudalen Ab- der Embryogenese, während die linke Nabelvene
schnitte der Dottersackvenen bilden rechts den über den Ductus venosus Arantii Anschluss an die
rechten Pfortaderast, den Pfortaderhauptstamm, die V. cava inferior findet (vgl. Abb. 7.10 d). Somit exis-
Vv. mesenterica superior et inferior, die Milz- und tiert pränatal ein Shunt für sauerstoffreiches Plazen-
7.2 Fehlbildungen 387

Abb. 7.9. Schematische Darstel-


lung der fetal-arteriellen Ver-
sorgung etwa in der 5. Gestations-
woche. Die Gefäßversorgung von
Leber und Gallensystem erfolgt
regelhaft aus dem Truncus
coeliacus

tablut unter Umgehung der Leber zum Herzen. Zu- entlang einer Linie Gallenblasenbett-V. cava inferior
sätzlich besteht eine hämodynamisch jedoch deut- bzw. durch die mittlere Lebervene unterteilt.
lich weniger relevante Anastomose zwischen Portal- Der linke Leberlappen besteht aus den Segmenten
sinus aus der rechten kaudalen Dottersackvene und II und III im lateralen Anteil sowie dem Segment IV
Ductus venosus. Postnatal obliterieren der Ductus im medialen Anteil. Die Grenze zwischen medialem
venosus zum Lig. venosum (vgl. Abb. 7.15) und die und lateralem Anteil wird durch das Lig. falciforme
linke Umbiliacalvene zum Lig. teres hepatis. Damit ist gebildet. Segment II (kranial) und Segment III (kau-
der pränatal bestehende Kurzschluss unter Umge- dal) sind durch den linken Pfortaderhauptstamm
hung der Leber postnatal aufgehoben. getrennt. Dieser stellt auch die Begrenzungen des
Segmentes IVa (kranial) und IVb (kaudal) dar.
7.2.1.2 Der rechte Leberlappen unterteilt sich in die Seg-
Anatomische Einteilung von Leber, Gallenblase, mente VIII und VII (kranial) sowie die Segmente V
Gallenwegen und Gefäßen und VI (kaudal). Kraniale und kaudale Segmente des
Für die klinisch-anatomische Beschreibung der Le- rechten Leberlappens werden durch die Höhe der
ber, aber auch der Gallenwege ist die Einteilung in Pfortadereinmündung voneinander abgegrenzt. So-
rechten und linken Lappen entlang des Lig. falcifor- wohl in den kranialen als auch den kaudalen Seg-
me sowie in Lobus caudatus und Lobus quadratus menten erfolgt eine weitere Unterteilung in anteriore
wenig hilfreich. Ebensowenig haben sich Klassifika- und posteriore Segmente durch die rechte Lebervene
tionen durchgesetzt, die sich ausschließlich an der in Segment VIII (kranial und anterior), Segment VII
arteriellen Versorgung orientieren. (kranial und posterior), Segment V (kaudal und ante-
Im klinischen Alltag etabliert ist die an funktionel- rior) sowie Segment VI (kaudal und posterior).
len Gesichtspunkten orientierte Segmenteinteilung
gemäß der Pfortaderversorgung nach Healey und
Schroy, Couinaud bzw. Bismuth (Abb. 7.11). Dabei Merke ! Die vorgestellte Einteilung der Leber-
segmente hat insbesondere in der Re-
erfolgt eine Unterteilung in 9 Segmente (I bis VIII), sektions- und Transplantationchirurgie erhebliche
wobei Segment IV in einen kranialen (IVa) sowie Bedeutung erlangt, da sie sich an den Leitstrukturen
einen kaudalen Anteil (IVb) unterteilt wird. der Leber (arteriell, venös, portal und biliär) orien-
Als Segment I wird der Lobus caudatus definiert, tiert und somit ein funktionell geleitetes therapeuti-
der aus einem Processus caudatus und einem Proces- sches Vorgehen ermöglicht.
sus papillaris besteht. Linke und rechte Leber werden
388 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.10 a–d. Schematische Darstellung der fetal-venösen stehung der portalen Zuflüsse aus den kaudalen Dottersack-
Versorgung. a 4. Gestationswoche: paarige Anlage von Dotter- venen. Entwicklung des Ductus venosus Arantii. Obliteration
sack- und Nabelvenen mit beginnender Versorgung der Leber. der rechten Nabelvene. d 12. Gestationswoche: endgültige Ent-
b 5. Gestationswoche: Ausbildung der Pfortader und ihrer Ver- stehung der V. cava inferior, der Lebervenen sowie der portalen
zweigungen aus den kaudalen Dottersackvenen. c 8. Gesta- Zuflüsse. Verbindung der linken Nabelvene zur V. cava inferior
tionswoche: beginnende Entwicklung der V. cava inferior und über den Ductus venosus Arantii
der Lebervenen aus den kranialen Dottersackvenen sowie Ent-
7.2 Fehlbildungen 389

Abb. 7.11. Einteilung der Leber gemäß den Pfortadersegmen- III und IVb: linker Leberlappen kaudal der Pfortader, Segmen-
ten nach Couinaud. Segment I Lobus caudatus, Segmente II te VII und VIII: rechter Leberlappen kranial der Pfortader,
und IVa: linker Leberlappen kranial der Pfortader, Segmente Segmente V und VI: rechter Leberlappen kaudal der Pfortader

Hieraus resultiert die Notwendigkeit, in der Schnitt- kommenden Gallengänge vereinen sich, nehmen die
bilddiagnostik gewonnene radiologischen Befunde Zuflüsse aus den Segmenten IVa und IVb auf und
den Lebersegmenten zuzuordnen. Exemplarisch ist bilden so den Ductus hepaticus sinister. Kurz vor
die Bestimmung der Lebersegmente in der CT in dem Zusammenfluss mit dem Ductus hepaticus
Abb. 7.12 a–d für die axiale Schnittrichtung gezeigt. dexter zum Ductus hepaticus communis in der Le-
Die normale Leber sollte mit ihrem rechten Leber- berpforte mündet der Segmentast I in den linken
lappen beim Säugling nicht mehr als 1 cm kaudal des Hauptgallengang ein.
Rippenbogens rechts reichen und beim älteren Kind Die Weite des normalen Ductus choledochus in
in Höhe des Rippenbogens rechts enden. Beim Er- der Bildgebung beträgt bis maximal 1 mm beim Neu-
wachsenen misst die normale Leber in kraniokauda- geborenen, bis zu 2 mm im 1. Lebensjahr, 3–4 mm bei
ler Ausdehnung <13 cm in der Medioklavikularlinie. älterne Kindern und bis 6 mm beim Erwachsenen.
Das intrahepatische Gallenwegssystem orientiert Mit zunehmendem Alter nimmt der Durchmesser
sich im Verlauf an den portalen und arteriellen Blut- des Ductus choledochus auch physiologisch zu (etwa
leitern. Hieraus lässt sich für jedes der bei der Eintei- 1 mm pro Dekade ab dem 60. Lebensjahr). Nach
lung der Leber genannten Segmente ein drainieren- Cholezystektomie sind Durchmessser des Ductus
der Ast definieren. choledochus von 8–10 mm noch als normal anzuse-
Dabei münden die aus den Segmenten VI und VII hen. Im Bereich der Leberpforte sollte der Ductus
kommenden Äste in den aus den Zusammenflüssen hepaticus communis nicht weiter als 5 mm sein. Glei-
der Äste der Segmente V und VIII gebildeten Gallen- ches gilt für den intrapankreatischen Anteil des Duc-
gang. Zusammen bilden die Segmentäste des rechten tus choledochus. Ein unauffälliger Ductus hepaticus
Leberlappens den Ductus hepaticus dexter. Die aus dexter stellt sich mit maximal 2–3 mm Durchmesser
den Segmentästen II und III des linken Leberlappens dar. Für einen regelrechten Ductus cysticus betragen
390 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

a b

c d

Abb. 7.12 a–d. Bestimmung der Lebersegmente in der CT in bzw. dem Lig. falciforme. c, d In den kaudalen Anteilen der Le-
axialer Schnittrichtung. a, b Im kranialen Abschnitt Einteilung ber Definition der Segmente entlang der Kava-Gallenblasen-
der Segmente entlang der Lebervenen und der V. cava inferior Linie, des Lig. falciforme und der rechten Lebervene

die Messparameter maximal 2 mm (Durchmesser) schließlich ihres Ausführungsganges durch die


und 1–2 cm (Länge). Ligg. cystocolicum, cysticoduodenale und hepatico-
Die Gallenblase (Vesica fellea) wird, von der Peri- cysticocolicum fixiert. Eine normale Gallenblase
pherie nach zentral fortschreitend in Fundus, Korpus misst beim Säugling etwa 1,5–3 cm, beim älteren
und Infundibulum unterteilt (Abb. 7.13). Am Kollum Kind etwa 3–7 cm. Beim Erwachsenen beträgt die
geht die Gallenblase in den Ductus cysticus über. Ausdehnung etwa 7–10 cm in kraniokaudaler Rich-
Beim Ductus cysticus wird eine Pars valvularis mit tung mit einer Wanddicke von maximal 2–3 mm.
dem Gallenblasenkollum-Zystikus-Sphinkter-Kom- Die Blutversorgung der Leber erfolgt zu etwa 30%
plex von einer Pars flaccida unterschieden. Letztere über das arterielle, zu ungefähr 70% über das porta-
vereinigt sich mit dem Ductus hepaticus communis le Gefäßsystem. Dabei werden etwa 25% des Herz-
im mittleren Drittel zum Ductus choledochus. Am zeitvolumens durch die Leber geleitet. Gallenblase
Ductus choledochus werden eine Pars supraduode- und Gallenwege werden ausschließlich arteriell ver-
nalis, eine Pars retroduodenalis und eine Pars pan- sorgt.
creatica (Pars infra- et intraduodenalis) differenziert. Die arterielle Blutversorgung von Leber, Gallen-
Die Mündung des Ductus choledochus liegt auf der blase und Gallenwegen erfolgt aus dem Truncus
Papilla duodeni major in der Regel nach Vereinigung coeliacus und der aus ihm hervorgehenden A. hepa-
mit dem Ductus pancreaticus major. tica communis. Nach Abgabe der A. gastroduodenalis
Die Gallenblase selbst zeigt bis auf die Verwach- verzweigt sich das dann als A. hepatica propria be-
sungsstelle an der Leber in der Fossa vesicae felleae zeichnete Gefäß in A. hepatica dextra und sinistra.
einen kompletten Serosaüberzug. Sie wird, ein- Intrahepatisch teilen sich linke und rechte Leberarte-
7.2 Fehlbildungen 391

Abb. 7.13. Schematische Darstellung der Gallenblase und der Gallenwege sowie ihrer anatomischen Unterteilungen

rie gemeinsam mit den Portalgefäßen in Hauptäste


der einzelnen Segmente auf und versorgen so die
Segmente V bis VIII (rechts) sowie II und III (links;
Abb. 7.14). Das Segment IV (Lobus quadratus) wird
durch den so genannten R. intermedius versorgt, der
mit gleicher Häufigkeit aus der A. hepatica dextra
bzw. sinistra entspringt. Demgegenüber erhält das
Segment I (Lobus caudatus) seine arterielle Versor-
gung über die Aa. lobi caudati, die sowohl aus der
A. hepatica dextra als auch sinistra hervorgehen. Die
arterielle Endstrecke stellen die Aa. interlobulares
dar, die in die Lebersinusoide münden.
Die vaskuläre Versorgung der Gallenblase ge-
schieht über die aus der A. hepatica dextra entsprin-
gende A. cystica. Zur arteriellen Durchströmung des
extrahepatischen Gallenwegssystems tragen sowohl
Äste der A. hepatica propria im proximalen Anteil, als
auch Äste der A. gastroduodenalis im distalen Ab-
schnitt bei. Der venöse Abstrom aus Gallenblase und
Gallenwegen erfolgt entweder in den rechten Pfort-
aderast oder über Venen im Bereich des Pankreas- Abb. 7.14. CTA der arteriellen Lebergefäße (MIP-Rekonstruk-
tion aus MSCT-Datensatz) mit Darstellung der Normalanato-
kopfes in die die Pfortader bildenden Abdominal- mie
venen. So wird das primär aus den Leberarterien
stammende Blut zur Versorgung von Gallenblase und
392 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.15. Schematische Darstellung der Pfortader, ihrer Zuflüsse und anatomischen Beziehungen

Gallenwegen ebenfalls über die Pfortader zur Leber sam mit dem arteriellen Gefäßsystem und drainieren
transportiert. ihr Blut in die Lebersinusoide.
Die V. porta wird aus dem Zusammenfluss der Zur Versorgung des Lobus caudatus tragen eigene
V. mesenterica superior und der V. lienalis im Con- Äste bei, die direkt aus dem extrahepatischen Pfort-
fluens portae gebildet und verläuft posterior im aderhauptstamm entspringen. Die Pfortader führt
Lig. hepatoduodenale. In der Porta hepatis unmittel- das gesamte venöse Blut aus dem oberen und unteren
bar intrahepatisch teilt sie sich in einen rechten und Gastrointestinaltrakt, jedoch auch aus dem Bereich
einen linken Pfortaderast auf, wobei sich der rechte von Milz und Pankreas zur Leber. Aufgrund des häu-
Pfortaderast in der Regel in einen anterioren und fig kurzen Verlaufs des Pfortaderhauptstamms ist
posterioren und der linke Pfortaderast in einen eine vollständige Durchmischung des Blutes aus den
superioren und inferioren Segmentast aufzweigt. zufließenden Venen nicht in allen Fällen gegeben. In
Beide Seitenäste und ihre Endäste verlaufen gemein- diesem Fall kommt es zu einer hauptsächlichen Ver-
7.2 Fehlbildungen 393

sorgung des rechten Leberlappens mit Blut aus den Literatur zu Abschn. 7.2.1
Abschnitten des rechten Ober- und Mittelbauchs, des
linken Leberlappens aus dem linken Ober- und Un- Couinaud C (1954) Lobes et segments hepatiques, notes sur
terbauch. Als Endstrecke der Pfortader fungieren l`archithecture anatomique et chirurgical foie. Presse Med
die Vv. interlobulares, die, wie die Aa. interlobulares, 62: 709–712
Bismuth H (1982) Surgical anatomy and anatomical surgery of
in die Lebersinusoide münden. Zusätzlich bestehen the liver. World J Surg 6: 3–9
obliterierte Anastomosen des linken Pfortaderasts Frommhold W, Schindler G, Frommhold H (1988) Gallensys-
zum Lig. teres hepatis sowie zum Lig. venosum tem. In: Frommhold W, Dihlmann W, Stender HS, Thurn P
(Abb. 7.15). (Hrsg) Radiologische Diagnostik in Klinik und Praxis, Bd
III, Teil 2: Gastrointestinaltrakt 2. Thieme, Stuttgart New
Der normale portalvenöse Druck beträgt beim Er- York, S 165–248
wachsenen im Pfortaderhauptstamm zwischen 5 und Grabbe E, Büchler E (1988) Diagnostik von Lebererkrankun-
15 mmHg, in der Regel jedoch >10 mm Hg. Als maxi- gen. In: Frommhold W, Dihlmann W, Stender HS, Thurn P
male Durchmesser des Pfortaderhauptstamms sind (Hrsg) Radiologische Diagnostik in Klinik und Praxis, Bd 3,
Teil 2: Gastrointestinaltrakt 2. Thieme, Stuttgart New York,
beim Kind unter 10 Jahren 8,5 mm, beim Adoleszen- S 1–99
ten 10 mm und beim Erwachsenen 13 mm beschrie- Hammerstingl RM, Schwarz W,Vogl TJ (2003) Contrast agents.
ben. In: Vogl TJ, Lencioni R, Hammerstingl RM, Bartolozzi C
Aus den Lebersinusoiden wird sowohl das arte- (eds) Magnetic resonance imaging in liver disease. Thieme,
Stuttgart New York, pp 45–91
rielle als auch das portal angeströmte Blut in den Healey JE, Schroy PC (1953) Anatomy of the biliary ducts with-
Subsegment- und Segmentästen der Lebervenen ge- in the human liver. Arch Surg 66: 599–616
sammelt. Diese vereinen sich zu den 3 venösen Larsen WJ (1998) Essentials in human embryology. Churchill
Livingstone, New York, pp 123–172
Hauptstämmen der rechten, mittleren und linken Le- Leander P (1997) Liver-specific contrast agents. Advances in
bervene und münden im Venenstern in die V. cava X-Ray Contrast 4: 2–15
inferior. Dabei endet die rechte Lebervene, die das Loeweneck H, Feifel G (1993 a) Leber und Extrahepatische Gal-
Blut aus den Segmenten VI bis VIII führt direkt in der lenwege. In: Lanz T v, Wachsmuth W (Hrsg) Praktische
Anatomie, Bd 2, Teil 6 Bauch. Springer, Berlin Heidelberg
V. cava inferior; mittlere (Blut aus den Segmenten New York Tokoy, S 213–290
IVb und V) und linke Lebervene (Blut aus den Seg- Loeweneck H, Feifel G (1993 b) V. portae und ihre Zuflüsse.
menten II bis IVa) vereinen sich in der Regel vor In: Lanz T v, Wachsmuth W (Hrsg) Praktische Anatomie,
ihrer Einmündung in die untere Hohlvene. Der venö- Bd 2, Teil 6 Bauch. Springer, Berlin Heidelberg New York
Tokyo, S 397–408
se Abstrom aus dem Segment I (Lobus caudatus) er- Moore KL, Persaud TVN (1993) The developing human.
folgt direkt in die V. cava inferior knapp kaudal des Clinically oriented embryology. Saunders, Philadelphia,
Venensterns. pp 237–264
Netter FH (2000) Netters Innere Medizin. Thieme, Stuttgart,
S 934–1025
Merke ! Zu bedenken ist bei den vorgestellten
Einteilungen allerdings die erhebliche
Prokop M (1998) Leber. In: Galanski M, Prokop M (Hrsg)
Ganzkörpercomputertomographie. Thieme, Stuttgart, S 201–
Variationsmöglichkeit von arteriellen, portalen und 234
venösen Gefäßen sowie biliären Strukturen. Zur Severn CB (1971) A morphological study of the development
of human liver. I. Development of the hepatic diverticulum.
Therapieplanung vor geplanter Leberteilresektion Am J Anat 131: 133–158
oder Transplantation, ERC/PTC oder laparoskopi- Severn CB (1972) A morphological study of the development
scher Cholezystektomie sowie gezielter lokaler Che- of human liver. II. Establishment of liver parenchyma,
motherapie ist daher eine exakte Analyse der vorlie- extrahepatic ducts and associated venous channels. Am J
Anat 133: 85–107
genden vaskulären und biliären Anatomie erforder- Waldayer A, Mayet A (1975) Anatomie des Menschen, 1. Teil,
lich. 13. Aufl. De Gruyter, Berlin New York, S 218–225

Dabei geben aus MDCT-, MRT- oder 3D-Ultraschall-


Datensätzen gewonnene zwei- und dreidimensionale
Sekundärrekonstruktionen für die Therapieplanung
einen vollständigen Gesamteindruck über die hepa-
tobiliäre Anatomie. Insbesondere die nichtinvasi-
ven angiographischen Darstellungen von CTA und
CE-MRA, aber auch sonographische und doppelerso-
nographische Verfahren ggf. nach Kontrastmittelga-
be haben sich für die Beurteilung der Gefäßananto-
mie bewährt. Zur exakten Beurteilung des intra- und
extrahepatischen Gallensystems stehen MRCP oder
ERC/PTC zur Verfügung.
394 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

7.2.2
Fehlbildungen der Leber
7.2.2.1
Lage- und Formvarianten der Leber
Normalerweise liegt die Leber im rechten Oberbauch
und weist eine keilförmige bzw. dreieckige Form auf.
Der rechte Leberlappen ist deutlich größer als der
linke und reicht bis annähernd an die Medianlinie.
Auf der linken Seite erstreckt sich die Leber bis an die
Milzloge. Klinisch gilt die linke Mamillarlinie als
Grenze des linken Leberlappens. Ihre größte vertika-
le Ausdehnung zeigt die Leber an der lateralen
Bauchwand mit Begrenzung durch den Unterrand
des Rippenbogens.
Abb. 7.16. 86-jähriger Patient mit Stuhlunregelmäßigkeiten.
Lagevarianten der Leber Zufallsbefund eines Chilaiditi-Syndroms mit ventraler Inter-
position des Kolons (Pfeil) zwischen Leber und Bauchwand
왔 Zu den Lagevarianten der Leber zäh-
Definition
len die variante Lage der rechten Ko-
lonflexur zwischen Leber und Bauchwand bzw. Leber
und Zwerchfell (Chilaiditi-Syndrom) und die Hernie- dar, die mit einer Fülle weiterer Fehlbildungen verge-
rung der Leber in den Thoraxraum bei Zwerchfell- sellschaftet ist: Die ursprünglich asymmetrischen
hernien oder Zwerchfellrelaxationen. Lageanomalien Organe zeigen eine Symmetrie in Form der Rechts-
im Rahmen eines Heterotaxiesyndroms werden als seitigkeit oder Linksseitigkeit des Situs. Bei der
Situs inversus und Situs ambiguus bezeichnet. Rechtsseitigkeit liegen 2 rechte Lungen, eine Leber
Mit den Begriffen Situs solitus, Situs inversus und mit 2 rechten Lappen und eine Asplenie sowie in der
Situs ambiguus werden Vorhandensein und Lage der Regel komplexe Herzfehler vor. Die Linksseitigkeit
asymmetrischen Organe von Thorax (Lunge, kardia- weist 2 linke Lungen, 2 linke Leberlappen und eine
le Vorhöfe) und Abdomen (Leber, Milz, Magen) zur Polysplenie auf. Auch hier werden eine Vielzahl von
Medianlinie im Rahmen von Heterotaxiesyndromen Zwischenstufen mit unterschiedlich ausgeprägten
beschrieben. Fehlbildungen und konsekutiver unterschiedlicher
Überlebenshäufigkeit berichtet. Ursächlich liegen
Pathologisch-anatomische Situs inversus und Situs ambiguus komplexe Störun-
und ätiologische Grundlagen gen der Embryogenese zugrunde.
Lageveränderungen der Leber werden selten beob-
achtet. Dabei ist die Interposition von Kolon zwi- Klinische Symptomatik
schen Leber und Zwerchfell (Chilaiditi-Syndrom) in Lagevarianten der Leber zeigen in der Regel keine
der Regel passager, wird bei erheblicher Blähung des klinische Symptomatik und werden zufällig ent-
Kolons beobachtet und hat keine pathologische Be- deckt. Beim Situs inversus und insbesondere beim
deutung (Abb. 7.16). Situs ambiguus führen die assoziierten Fehlbildun-
Zur Hernierung von Leberanteilen in den Thorax gen von Lunge und Herz in der Regel zur klinischen
kann es, abgesehen von angeborenen Zwerchfell- Untersuchung. Es sind jedoch auch asymptomatische
hernien oder Zwerchfellhypoplasien, nach partieller Verläufe bis ins Schulkindalter bei weniger schweren
traumatischer Zwerchfellruptur und im Rahmen Formen bekannt.
einer Relaxatio diaphragmatica kommen.
Der Situs solitus stellt die übliche anatomische Si- Radiologische Symptomatik
tuation dar. Beim Situs inversus (Auftreten bei 0,01% Einen ersten Hinweis auf Lageveränderungen der
der Population) sind sämtliche asymmetrischen Or- Leber geben Abdomenübersichtsaufnahmen. So ist
gansysteme an der Medianlinie gespiegelt: Das heißt die Interposition von Kolonluft zwischen Leber und
Leber und Gallenwegssystem liegen im linken Ober- Zwerchfell ein beweisender Befund für ein Chilaiditi-
bauch, der Magen unter dem rechten Zwerchfell. Ne- Syndrom. Eine Hernierung der Leber in den Thorax-
ben der vollständigen Form der Spiegelung (Situs raum kann auf Übersichtsaufnahmen des Thorax-
inversus totalis) werden eine Vielzahl von Zwischen- und/oder des Abdomens vermutet werden. Die er-
stufen (Situs inversus partialis oder incompletus) be- gänzende Thoraxdurchleuchtung ermöglicht eine
obachtet. Der Situs ambiguus stellt eine Sonderform Eingrenzung der Ursache der Hernierung.
7.2 Fehlbildungen 395

Abb. 7.19) und Situs ambiguus geben Übersichtsauf-


nahmen einen ersten Anhalt für eine Fehlbildung.
Wegen der klinischen Relevanz müssen hier aller-
dings in aller Regel Abdomensonographie und CT
bzw. MRT angeschlossen werden (Abb. 7.20 a, b).

Differenzialdiagnose
Lagevarianten der Leber stellen in den meisten Fällen
keine differenzialdiagnostischen Problemfälle dar.
Bei der Hernierung gilt es zwischen traumatischer
Zwerchfellläsion und Relaxatio diaphragmatica zu
unterscheiden. Im Rahmen der Abklärung eines Situs
inversus oder Situs ambiguus bereiten eher die mit
Abb. 7.17. Einjähriges Mädchen mit kleiner Leberhernie. In dem Syndrom vergesellschafteten extrahepatischen
der CT Hernierung von Lebergewebe durch das Zwerchfell Fehlbildungen diagnostische Probleme.
(Pfeil) im Bochdalek-Dreieck
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
Die meisten Lageveränderungen können mit Hilfe
Im Kindesalter wird bei bekannter Zwerchfellher- von konventionellen Übersichtsaufnahmen als sol-
nie zum Ausschluss assoziierter Fehlbildungen und che erkannt werden. Bei komplexeren Fehlbildungen
zur Therapieplanung gelegentlich eine weiterfüh- wie Situs inversus und Situs ambiguus sind bei klini-
rende Diagnostik mittels CT (Abb. 7.17) oder MRT scher Symptomatik Sonographie und CT oder MRT
erforderlich. Auch beim Situs inversus (Abb. 7.18, ergänzend erforderlich.

Abb. 7.18. Neugeborenes mit Situs inversus totalis. Im Baby- Abb. 7.19. 12-jähriger Junge mit bekanntem Situs inversus
gramm Darstellung der Rechtsseitigkeit des Herzschattens so- partialis. Bei regelrechter Anordnung der Thoraxorgane
wie der Linksseitigkeit des Leberschattens Rechtsseitigkeit der Magenblase (Pfeil) sowie Linksseitigkeit
des Leberschattens
396 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Formvarianten der Leber


Die Form der Leber variiert, beeinflusst durch die
umgebenden anatomischen Strukturen wie Rippen,
Zwerchfell, Nieren und pathologische Raumforde-
rungen. Beobachtet werden Hypoplasie oder Aplasie
fast ausschließlich des rechten Leberlappens oder
einzelner Lebersegmente, nur selten des linken Le-
berlappens.

왔 Eine zungenförmige Ausziehung des


Definition
Segments V der Leber wird als Riedel-
Lappen bezeichnet.

Echte akzessorische Leberlappen in gestielter Form


mit eigener Gefäßversorgung sind, ebenso wie ein
völliges Fehlen der Leber, außerordentlich selten.

Pathologisch-anatomische
a und ätiologische Grundlagen
Formveränderungen der Leber sind durch Kom-
pressionen der Rippen und des Zwerchfells (z. B. im
Rahmen einer chronisch obstruktiven Lungener-
krankung/COPD mit Emphysem und tiefstehenden
Zwerchfellen) oder der Nieren (bei Tiefstand der Le-
ber und enger Lagebeziehung zur Niere) bedingt. Als
Ursache ausgeschlossen werden müssen intraabdo-
minelle Raumforderungen, die entweder selbst zur
Impression der Leber führen oder ihre Verlagerung
bewirken.
Als Ursache von Hypoplasie (Abb. 7.21) oder Apla-
sie eines Leberlappens gelten vaskuläre Prozesse
(z. B. Thrombose des rechten Pfortaderasts durch
b Kompression). Diese können prä- und postnatal be-
obachtet werden. Angeborene Fehlbildungen infolge
Abb. 7.20 a, b. 8-jähriges Mädchen mit Hetereotaxiesyndrom von Störungen der vaskulären Embryogenese (z. B.
(beidseitige Linksseitigkeit der Lungen und Polysplenie im Abernethy-Malformation) treten dabei häufig als
rechten Oberbauch). a In der abdominellen MRT in T1-Wich- Teil komplexer Syndrome auf. Dabei betrifft die Fehl-
tung koronar erkennt man eine Leber mit 3 Lappen („trilobed
liver“). Atypische, vollständig getrennte Mündung der Leber- bildung in der Regel den rechten Leberlappen mit
venen in den rechten Vorhof. b Die axiale Aufnahme in T1- konsekutiver Hyperplasie des linken. Oft sind mit
Wichtung fat sat nach KM-Gabe zeigt eine der Nebenmilzen derartigen angeborenen Leberfehlbildungen eine
(Pfeil) dorsal des Magens (Pfeilspitze) im rechten Oberbauch Gallenblasenagenesie oder Anomalien der Lage der
Gallenblase (retro- oder suprahepatisch) sowie Gal-
lengangsanomalien vergesellschaftet. Als Ursache ei-
ner Hypoplasie oder Aplasie einzelner Leberab-
schnitte müssen jedoch immer auch maligne Raum-
Merke ! Lagevarianten der Leber (Chilaiditi-
Syndrom, Hernierungen, Heterotaxie-
forderungen der Leber und der intrahepatischen Gal-
lenwege sowie diffuse Leberveränderungen mit
syndrome) sind mit Ausnahme des Situs ambiguus nachfolgender Zirrhose ausgeschlossen werden
in der Mehrzahl der Fälle symptomlos und werden Der Riedel-Lappen stellt eine Ausziehung aus dem
zufällig diagnostiziert. Nach Ausschluss assozierter, medio-kaudalen Segment des rechten Leberlappens
klinisch relevanter Fehlbildungen mittels Sonogra- dar (Abb. 7.22). Als Entstehungsmechanismus wurde
phie und ggf. CT oder MRT ist eine weitere Abklä- u. a. eine mechanische Kompression von außen dis-
rung in aller Regel nicht erforderlich. kutiert. Diese wird auch für die häufig anzutreffende
7.2 Fehlbildungen 397

Abb. 7.21. 10-jähriges Mädchen mit Leberhypoplasie durch


Pfortaderhypoplasie. In der koronaren Sekundärrekonstruk-
tion aus dem CT-Datensatz erkennt man neben der Hypo-
plasie der Leber die Zeichen der portalen Hypertension mit
Splenomegalie, Fundus- und Milzhilusvarizen sowie einem
schmächtigen Pfortaderhauptstamm (Pfeil)

Abb. 7.23 a, b. 2 1/2-jähriges Mädchen mit stielgedrehtem Rie-


del-Lappen. a B-Bild-Sonographie mit echoarmer Raumforde-
rung (Pfeil) am Unterrand der Leber. b In der MRT in T2-
Wichtung koronar stellt sich die Raumforderung hyperintens
zum übrigen Lebergewebe dar als Ausdruck der beginnenden
Degeneration des Riedel-Lappens (Pfeil) aufgrund beeinträch-
tigter vaskulärer Versorgung

Klinische Symptomatik
Auch die Formveränderungen der Leber zeigen in
der Regel keinerlei klinische Symptomatik und wer-
den zufällig diagnostiziert. Nach der Hypoplasie des
rechten Leberlappens kommt es zu einer kompen-
satorischen Vergrößerung des linken Lappens mit ge-
legentlich nachweisbarem Druckgefühl im Mittel-
bauch.
Abb. 7.22. 86-jähriger Patient mit zufällig entdecktem Riedel-
Lappen. In der CT (koronare Sekundärrekonstruktion aus Radiologische Symptomatik
MSCT-Datensatz) Ausziehung des mediokaudalen Leberseg- Mit Ausnahme von Formveränderungen der Leber
ments (Pfeil). Zusätzlich Nachweis von 2 blanden Leberzysten im Rahmen von Syndromen wird die Diagnose zu-
fällig im Rahmen einer Abdominaluntersuchung ge-
stellt. Dies ist mit Sonographie, CT und MRT gleicher-
fibrotische Struktur des Riedel-Lappens mit Gallen- maßen sicher möglich.
stau als Ursache angesehen. Eine Kombination mit
einer Cholelithiasis ist häufig. Die Gefäßversorgung Differenzialdiagnose
erfolgt in der Regel aus der A. hepatica dextra und Bei den Formveränderungen der Leber müssen pri-
nicht direkt aus der abdominellen Aorta. Eine mögli- märe Lebermalignome oder Tumoren des Abdomens
che Komplikation ist der stielgedrehte Riedel-Lappen als Ursache ausgeschlossen werden. Ebenso muss
(Abb. 7.23 a, b) mit Beeinträchtigung der vaskulären eine durch Zirrhose entstandenen Hypoplasie eines
Versorgung und konsekutiver Verfettung bzw. Dege- Leberlappens von ursächlich kongenitalen Formver-
neration des Segments. änderungen unterschieden werden.
398 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Pathologisch-anatomische


Soll im Rahmen einer Syndromabklärung gezielt und ätiologische Grundlagen
eine Formveränderung der Leber ausgeschlossen Einfache Leberzysten sind als intrahepatische Fehl-
werden geschieht dies in der der Regel sonogra- bildungen im Rahmen der Embryogenese anzu-
phisch. Als Zufallsbefund lässt sich die Diagnose mit sehen. Dabei kommt es zu einer intrahepatischen
allen Schnittbildverfahren gleichermaßen sicher stel- Proliferation und Aufweitung von versprengtem
len. Gallengangsgewebe. Die Zystenwand ist mit Gallen-
gangsepithel ausgekleidet, eine Verbindung zum Gal-
Merke !Formvarianten der Leber (Hypopla-
sie, Aplasie, akzessorische Lappen)
lengangssystem besteht jedoch nicht. Eine assoziier-
te polyzystische Nierenerkrankung ist nicht bekannt,
werden mit Ausnahme von Syndrompatienten in jedoch ein gehäuftes gleichzeitiges Auftreten von
der Regel zufällig entdeckt und sind meist klinisch blanden Milz- und Nierenzysten durch embryona-
stumm. Die Abklärung kann mit allen Schnittbildver- le Versprengung von mesothelialem Gewebe. Ein
fahren erfolgen. Eine Besonderheit stellt der Riedel- Krankheitswert der Zysten besteht ebenso wenig wie
Lappen als akzessorisches Segment des rechten Le- die Gefahr der malignen Entartung.
berlappens dar. Die Inzidenz blander Zysten liegt bei etwa 5%,
womit sie nach den Hämangiomen die zweithäufig-
7.2.2.2 sten gutartigen Lebertumoren darstellen.
Strukturelle Fehlbildungen der Leber
Klinische Symptomatik
왔 Unter
strukturellen Fehlbildungen Kongenitale Leberzysten können aufgrund der Größe
Definition
der Leber wird der große Formen- (Schwankungsbreite von wenigen Millimetern bis
kreis der kongenitalen fibropolyzystischen Leberver- >10 cm) klinisch auffällig werden. In der Regel han-
änderungen verstanden. Dieser reicht von der blan- delt es sich jedoch um einen Zufallsbefund beim
den Leberzyste und der kongenitalen polyzystischen asymptomatischen Patienten. Mögliche Komplika-
Lebererkrankung bis zum Caroli-Syndrom, den Cho- tionen sind, vor allem bei großen Zysten, deren Ein-
ledochuszysten (Tabelle 7.1) sowie der kongenitalen blutung, Ruptur oder Infektion.Vor allem bei großen
Leberfibrose. und zahlreichen Zysten stellt die Kompression des
umgebenden Gewebes eine mögliche Komplikation
dar. Durch die raumfordernde Wirkung kann über
Tabelle 7.1. Einteilung der kongenitalen zystischen Leberver- einen präsinusoidalen Block ein Pfortaderhoch-
änderungen
druck ausgelöst werden.
Typ Beschreibung
Radiologische Symptomatik
I Blande Leberzyste Im Ultraschall sind Leberzysten rundlich, glatt be-
II Kongenitale polyzystische Lebererkrankung grenzt, echofrei, besitzen eine dünne oder nicht er-
III Biliäre Hamartome (von-Meyenburg-Komplex) kennbare Wand und zeigen eine Transsonie mit dor-
IV Caroli-Syndrom saler Schallverstärkung. Sie enthalten keine oder
V Choledochuszysten wenige Septen und weisen vor allen Dingen keine
wandständigen Knoten und keine Verkalkungen auf.
Bei eingebluteten oder infizierten Zysten hingegen ist
der Zysteninhalt echogen, und es zeigen sich Septie-
Caroli-Syndrom und Choledochuszysten werden im rungen, Verkalkungen sowie eine Wandverdickung.
folgenden Abschnitt unter den Fehlbildungen der Analog der Sonographie stellen sich Zysten in
Gallenwege behandelt. der Nativ-CT als rundliche, scharf abgrenzbare, ge-
Viele Formen der kongenitalen fibropolyzysti- genüber dem umgebenden Lebergewebe hypodense
schen Lebererkrankungen sind mit einer der Formen Läsionen dar. Sie zeigen wasseräquivalente Dichte-
der polyzystischen Nierenerkrankung (Potter-Syn- werten (–10 bis +10 HE) in der Regel ohne Septen
drom Typ I bis III) vergesellschaftet. und Spiegelbildungen. Nach intravenöser Kontrast-
mittelgabe weisen Zysten kein Enhancement auf
Blande Leberzyste (Typ 1) (Abb. 7.24). Bei Einblutung in die Zyste steigen die
Dichtewerte an, es können Spiegelbildungen oder
왔 Blande kongenitale Leberzysten sind Verkalkungen vorhanden sein und die Zyste wie eine
Definition
gutartige fokale Leberläsionen, die solide Läsion imponieren.
singulär oder multipel auftreten und vom biliären In der MRT kommen Zysten ebenfalls rundlich,
Epithel ausgehen. glatt begrenzt und aufgrund ihres Flüssigkeitsgehalts
7.2 Fehlbildungen 399

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


Kongenitale Leberzysten werden primär sonogra-
phisch diagnostiziert. Zeigt sich dabei das typische
Bild, sind weitere Untersuchungen nicht erforderlich.
Eine Indikation zu weiterführender Diagnostik be-
steht bei kongenitalen Leberzysten lediglich beim
Verdacht auf Einblutung oder unklarer Sonomor-
phologie. Insbesondere im Kindesalter sollte beim
Vorliegen multipler Zysten und damit dem Verdacht
auf eine polyzystische Nierenerkrankung eine ge-
naue Untersuchung der Nieren ggf. einschließlich
MRT angeschlossen werden. Liegt zusätzlich eine
Gallenwegsproblematik vor, sollte im Kleinkindes-
alter der Nachweis bzw.Ausschluss einer Gallenwegs-
atresie mittels Szintigraphie oder MRT erfolgen.
Beim Erwachsenen muss beim Vorliegen multipler
Abb. 7.24. 78-jähriger Patient mit Zustand nach Pneumon- Zysten vor allem eine zystische Lebermetastasierung
ektomie links wegen Alveolarzellkarzinom. In der kontrastver- durch weiterführende Diagnostik (CT/MRT/Endo-
stärkten CT Nachweis einer blanden Leberzyste im rechten
Leberlappen mit zystentypischen Dichtewerten und ohne skopie) ausgeschlossen werden.
Enhancement. Nebenbefundlich große Hiatushernie (H)
Merke ! Blande Leberzysten sind im Kindes-
alter seltene, im Erwachsenalter häufi-
ge Nebendiagnosen bei in der Regel klinisch stum-
im Vergleich zum umgebenden Lebergewebe stark mem Verlauf und guter Prognose. Die Abklärung
hypointens in T1- bzw. stark hyperintens in T2-Wich- erfolgt mittels Ultraschall, lediglich im Falle kompli-
tung zur Abbildung.Auch in der MRT findet sich kein zierter Zysten mittels MRT oder CT. Im Kindesalter
Enhancement nach intravenöser Kontrastmittelgabe. muss das Vorliegen einer polyzystischen Leberer-
Liegt eine Einblutung vor, erkennt man, abhängig von krankung oder einer assoziierten Gallenwegsatresie,
deren Zeitpunkt, auch in T1-Wichtung ein helles Sig- im Erwachsenalter die zystische Lebermetastasie-
nal. Bei diesen so genannten komplizierten Zysten rung ausgeschlossen werden.
variieren T1- und T2-Signal abhängig von der Menge
des vorliegenden frischen Blutes bzw. der Blutabbau- Kongenitale polyzystische Lebererkrankung (Typ 2)
produkte. In der MRCP lässt sich keine Verbindung
der Zysten zum Gallengangssystem nachweisen. 왔 Die kongenitale polyzystische Leber-
Definition
Szintigraphisch (99mTc-SC-Szintigraphie) zeigen erkrankung wird autosomal vererbt
sich bei allen zystischen Erkrankungstypen photo- und ist, neben den Veränderungen der Leber insbe-
penische Defekte in der Region der Zysten. Eine sondere durch eine Beteiligung der Nieren gekenn-
Differenzierung der unterschiedlichen Formen zysti- zeichnet.
scher Lebererkrankungen ist szintigraphisch allein
jedoch nicht möglich, sodass das Verfahren bei den Im angloamerikanischen Schrifttum ist die Bezeich-
rein hepatischen Fehlbildungen heute keine relevan- nung „autosomal dominant polycystic liver disease“
te Rolle mehr spielt. (ADPLD) gebräuchlich.

Differenzialdiagnose Pathologisch-anatomische
Differenzialdiagnotisch sind von der blanden Leber- und ätiologische Grundlagen
zyste neben den verschiedenen Formen der fibro- Bei der kongenitalen polyzystischen Lebererkran-
polyzystischen Lebererkrankung vor allem erworbe- kung werden ein infantiler und ein adulter Typ unter-
ne Zysten nach Trauma oder Entzündung, pyogene schieden. Der infantile Typ ist seltener, wird auto-
Abszesse, Echinokokkuszysten und zystische bzw. somal-rezessiv vererbt, hat jedoch aufgrund der
nekrotische Metastasen abzugrenzen. Ebenso müs- Schwere der assoziierten polyzystischen Nierener-
sen biliäre Zystadenokarzinome, benige und maligne krankung (Potter I) eine schlechte Prognose. Zusätz-
Lebertumoren mit zystischen Anteilen und ggf. das lich finden sich eine Hepatomegalie, eine Dilatation
Hämangiom berücksichtigt werden. Wenn mehr als der intrahepatischen Gallengänge sowie eine fibröse
10 Zysten vorhanden sind muss eine autosomal-do- Umwandlung einzelner Periportalfelder in der Leber.
minante polyzystische Lebererkrankung in Betracht Beim häufigeren adulten Typ, der autosomal-
gezogen werden. dominant vererbt wird, sind die nephrogenen Ver-
400 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

änderungen deutlich weniger stark ausgeprägt (Pot-


ter III). Die langsam fortschreitende Krankheit wird
zu annähernd 100% im mittleren Lebensalter mit
deutlicher Einschränkung der Nierenfunktion mani-
fest und neigt zum Rezidiv.

Klinische Symptomatik
Das klinische Beschwerdebild bei Patienten mit kon-
genitaler polyzystischer Lebererkrankung wird von
der Schwere der assoziierten pathologischen Verän-
derungen bestimmt. Bei den infantilen Typen wird
die Krankheit aufgrund der im Kindesalter manifest
werdenden ausgeprägten Nierenfunktionseinschrän-
kungen erkannt, und lange unentdeckte Verläufe sind
selten. a
Die adulten Typen zeigen in der Regel erst in
höherem Lebensalter (mittleres Diagnosealter bei
43 Jahren) klinisch relevante Einschränkungen der
Nierenfunktion. Häufiger werden diese Patienten we-
gen Hepatomegalie und portaler Hypertension bei
allerdings in der Regel fast unauffälligem hepati-
schen Laborstatus vorstellig. Eine Diagnose im Kin-
desalter erfolgt bei den adulten Formen der Erkran-
kung in der Regel nur dann, wenn die Patienten bei
positiver Familienanamnese frühzeitig untersucht
werden.

Radiologische Symptomatik b
Der Lokalbefund der kongenitalen polyzystischen
Lebererkrankung ist mit der bildgebenden Diagnos- Abb. 7.25 a, b. 53-jährige Patientin mit bekannten multiplen
Leber- und Nierenzysten im Sinne einer polyzystischen Leber-
tik nicht von anderen Formen der fibropolyzysti- erkrankung vom adulten Typ. a MRT T2-Wichtung fat sat
schen Leberstrukturveränderungen zu unterschei- koronar mit Darstellung multipler blander Leberzysten. Zu-
den. Sonographisch stellen sich die Zysten bei allen sätzlich Nachweis blander Nierenzysten links sowie einer ein-
Formen glatt begrenzt, echofrei und mit erkennbarer gebluteten Nierenzyste rechts (Pfeilspitze). b Nach KM-Gabe
erkennt man in der axialen T1-Wichtung fat sat die multiplen
Transsonie dar. Auch der gelegentlich mögliche Leberzysten ohne Nachweis eines Enhancements (Pfeilspitze)
Nachweis von Zelldetritus in den Zysten nach Ein-
blutungen gelingt unabhängig von der Genese der
vorliegenden Zysten. Entscheidend für die Differen-
zialdiagnose sind der Nachweis bzw. Ausschluss der exakten Dokumentation assoziierter polyzysti-
assoziierter polyzystischer Nierenveränderungen, scher Nierenerkrankungen, der Funktion der Nieren
der Hepatosplenomegalie und der portalen Hyper- und der Ausdehnung einer Hepatosplenomegalie
tension. sowie der portalen Hypertension zu sehen.
Auch in CT und MRT (Abb. 7.25 a, b) kommen die Mittels 99mTc-HIDA-Szintigraphie stellen sich die
Zysten glatt und scharf begrenzt, stark hypodens multiplen Zysten als photopene Areale mit glatter Be-
(CT) bzw. stark hypointens (T1-Wichtung) und stark grenzung, unauffälliger Anreicherung im umgeben-
hyperintens (T2-Wichtung) bei fehlendem Kontrast- den Lebergewebe und biliärer regelrechter Ausschei-
mittelenhancement zur Darstellung. Eine mögliche dung dar. Das Verfahren wird heute allenfalls noch in
Einblutung lässt Binnendichte bzw. -signal inhomo- der Differenzialdiagnostik z. B. in der Abgrenzung
gen erscheinen mit dem Nachweis von Blutabbaupro- eines ausgedehnten Caroli-Syndroms angewendet.
dukten. Die Zysten können 1–10 cm groß sein und Während die Zysten keine Anreicherung des Ra-
neben wasser- oder blutungsäquivalenten Binnen- diopharmakons ausweisen, kommt es zu einer star-
strukturen auch Verkalkungen und Spiegelbildungen ken Akkumulation des Tracers mit Persistenz über
aufweisen, mit ggf. deutlichen Formvarianten der be- Stunden in den erweiteren Gängen beim Caroli-Syn-
nachbarten Leber. Der Vorteil von CT und MRT ist in drom.
7.2 Fehlbildungen 401

Differenzialdiagnose einer Cholangiodysplasie darstellen. Die Herde tre-


Von der kongenitalen polyzystischen Lebererkran- ten einzeln oder multipel auf und haben in der Regel
kung sind insbesondere die anderen Formen der Le- keinen Anschluss an das Gallenwegssystem. Ihre Bin-
berveränderungen mit multiplen Zysten abzugren- nenstruktur kann solide, gemischt solide-zystisch
zen. Hierzu zählen die kongenitale Leberfibrose, oder zystisch sein. Der rechte Leberlappen ist etwa
multiple blande Zysten, Zysten anderen abdominel- 6-mal häufiger befallen als der linke. Über Einzelfälle
len Ursprungs wie Duplikaturen, mesenchymale Zys- einer malignen Entartung mit Ausbildung eines chol-
ten und Ovarialzysten sowie sekundäre Zysten durch angiozellulären Karzinoms (CCC) wird berichtet.
Traumen oder Infektionen und die zystische Leber-
metastasierung. In besonders ausgeprägten Fällen Klinische Symptomatik
sind Erkrankungen mit zystenähnlicher Erweiterung Ein klinisches Beschwerdebild liegt bei der meist zu-
der Gallengänge wie das Caroli-Syndrom zu berück- fällig entdeckten Fehlbildung nicht vor. In einzelnen
sichtigen. Fällen multipler Hamartome wurden uncharakteris-
tische rechtsseitige Oberbauchschmerzen beobach-
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie tet.
Bei kongenitalen polyzystischen Leberveränderun-
gen steht die Sonographie diagnostisch an erster Stel- Radiologische Symptomatik
le. Zur Beurteilung einer assoziierten polyzystischen Die biliären Hamartome werden im Rahmen ander-
Nierenerkrankung ist neben der sonographischen weitig indizierter Untersuchungen der Leber zufällig
Beurteilung die ergänzende CT oder MRT erforder- entdeckt und in der Regel nicht gezielt einer bildge-
lich. Bei den infantilen Typen der Erkrankung ist die benden Diagnostik unterzogen.
MRT vor allem auch aus Gründen des Strahlenschut- Sonographisch stellen sich die Herde gut um-
zes der CT vorzuziehen. schrieben und diffus in der Leber verteilt dar.Abhän-
gig vom Flüssigkeitsgehalt der Binnenstrukturen
Merke ! Polyzystische Lebererkrankungen sind
seltene angeborene Erkrankungen,
können echoarme, gemischte und echoreiche Signale
dokumentiert werden. Insbesondere bei kleinen
die vor allem aufgrund der assoziierten Funktions- Herden ist eine Unterscheidung zu einer diffusen
einschränkungen der Niere klinisch auffällig werden. Metastasierung sonographisch nicht möglich.
Die primär sonographische Abklärung wird zur Do- Besonders häufig wird die Diagnose heute im
kumentation der extrahepatischen Beteiligung durch Rahmen hochauflösender MSCT-Untersuchungen der
MRT oder CT ergänzt. Das Bild der Zysten selbst ist Leber gestellt. Die Herde stellen sich wenige Millime-
in Leber und Niere in den verschiedenen Modalitä- ter groß, glatt begrenzt und abhängig von den Bin-
ten, abhängig vom Grad einer Komplikation durch nenstrukturen hypo- oder isodens zum umgebenden
Einblutung, variabel. Differenzialdiagnostisch müs- Lebergewebe dar. Im Falle von soliden Binnenantei-
sen die anderen Formen der zystischen Lebererkran- len kann auch ein Kontrastenhancement beobachtet
kungen durch Fehlbildung, Entzündung bzw. malig- werden. Eine Unterscheidung zu kleinsten Metasta-
ne Neubildung berücksichtigt werden. sen ist – unabhängig vom inneren Aufbau der Ham-
artome, vor allem bei kleinen Herden – allein auf-
Biliäre Hamartome (von-Meyenburg-Komplex; Typ 3) grund der CT-Morphologie in der Regel nicht mög-
lich (Abb. 7.26).
왔 Multiple Hamartome des intrahepati- Werden biliäre Hamartome zufällig in der MRT
Definition
schen Gallenwegssystems werden als entdeckt, stellen sie sich hypointens in T1- und,
von-Meyenburg-Komplex bezeichnet. abhängig von der Binnenstruktur, hypo-, iso- oder
hyperintens in T2-Wichtung dar. Insbesondere auf
Pathologisch-anatomische stark T2-gewichteten Bildern oder in Aufnahmen
und ätiologische Grundlagen einer MRCP-Sequenz kommen die Herde scharf
Die Erkrankung ist selten (0,15–2,8% in Autopsien) begrenzt und in der Mehrzahl der Fälle hyperintens
und häufig mit weiteren Formen polyzystischer Le- ohne Bezug zum Gallenwegssystem zur Darstellung.
berveränderungen vergesellschaftet. Ein Altersgipfel Das Kontrastmittelenhancement ist, ebenso wie in
wird um das 20. Lebensjahr beobachtet, Männer sind der CT, vom Anteil des soliden Binnengewebes ab-
etwa doppelt so häufig betroffen wie Frauen. Histolo- hängig. Eine eindeutige Differenzierung von z. B.
gisch handelt es sich um Mikrohamartome, die sich kleinen Metastasen ist auch mit der MRT allein im
als 2–15 mm große, grauweiße Herde proliferierter Allgemeinen nicht möglich.
Gallengänge, ausgekleidet mit Zylinderepithel inner- Angiographische und nuklearmedizinische Verfah-
halb eines kollagenen Bindegewebes, im Rahmen ren spielen im klinischen Alltag keine Rolle.
402 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Kongenitale Leberfibrose

왔 Die kongenitale Leberfibrose ist eine


Definition
seltene, autosomal-rezessiv vererbte
Erkrankung mit oder ohne Erweiterung der Gallen-
gänge.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Auch bei der kongenitalen Leberfibrose werden, ab-
hängig von der mitvergesellschafteten polyzysti-
schen Nierenerkrankung der infantile (Potter I)
und der adulte (Potter III) Typ unterschieden. Zu-
sätzlich sind Fälle mit ausgeprägter Nierendysplasie
(Potter II) und/oder zystischer Dysplasie des Rücken-
Abb. 7.26. 68-jähriger Patient mit Zustand nach kolorektalem marks beschrieben. Während beim infantilen Typ
Karzinom vor 2 Jahren. In der Nachsorge-MSCT erstmals eine Bevorzugung des weiblichen Geschlechts
Nachweis einer kleinen, unscharf begrenzten hypodensen beobachtet wird, ist die Geschlechtsverteilung beim
Raumforderung peripher im Segment IVb (Pfeilspitze). Auf-
grund des Neuauftretens erfolgte die Resektion unter dem Ver- adulten Typ ausgeglichen. Abhängig von der Schwere
dacht einer metachronen Metastasierung. Die histologische der assoziierten Nierenerkrankung ist die Prognose
Aufarbeitung des Resektionspräparates erbrachte ein biliäres vor allem beim infantilen Typ schlecht, die meisten
Hamartom (von-Meyenburg-Komplex) Patienten versterben noch im Kindesalter.
Histologisch handelt es sich um Fibroseinseln um-
geben von gesundem Leberparenchym mit einer
Vielzahl erweiterter und atypisch verlaufender peri-
Differenzialdiagnose pherer Gallengänge. Zusätzlich finden sich multiple
Als wichtigste Differenzialdiagnosen biliärer Hamar- Zysten ohne Anschluss an das Gallenwegssystem,
tome sind, abhängig von der Größe, multiple blande Zeichen der portalen Hypertension und eine Hepa-
Leberzysten, eine diffuse, kleinherdige Lebermetas- tosplenomegalie. Die Patienten neigen zur Gallen-
tasierung oder in Einzelfällen eine kongenitale poly- steinbildung und zu Cholangitiden.
zystische Lebererkrankung bzw. ein Caroli-Syndrom
anzusehen. Klinische Symptomatik
Die klinische Symptomatik wird auch bei Patienten
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie mit kongenitaler Leberfibrose vom Ausmaß der
Die Diagnostik biliärer Hamartome erfolgt zufällig assoziierten Veränderungen geprägt. Ähnlich wie
im Rahmen anderweitiger Untersuchungen der Le- bei kongenitalen polyzystischen Lebererkrankungen
ber. Soll gezielt, etwa im Rahmen eines Stagings der ist in der Regel die begleitende Nierenerkrankung
Leber beim Tumorpatienten, eine weitestgehende klinisch führend. Kommt es zu Cholangitiden, wer-
Differenzierung erfolgen, sind hierfür insbesondere den die klinischen Beschwerden des komplizierten
die hochauflösende MSCT und die MRT mit stark T2- Gallensteinleidens beobachtet.
gewichteten Sequenzen geeignet. Häufig kann die
endgültige Diagnose jedoch erst histologisch gestellt Radiologische Symptomatik
werden. Auch die kongenitale Leberfibrose ist lokal in der
Leber nicht von den anderen Formen der fibropoly-
Merke ! Biliäre Hamartome (von-Meyenburg-
Komplexe) stellen eine sehr seltene
zystischen Strukturfehlbildungen zu unterscheiden.
Eine Klassifizierung kann nur anhand der begleiten-
Form der zystischen Fehlbildungen der Leber dar den Veränderungen insbesondere in der Niere erfol-
und werden zufällig entdeckt.Abhängig vom soliden, gen. Für die Darstellung der Zysten in den bildgeben-
semiliquiden oder liquiden Inhalt ist das Muster in den Verfahren gelten ebenso wie für die weiter-
der Bildgebung, wobei MSCT und MRT mit stark T2- führende Diagnostik die im Abschnitt „Kongenitale
gewichteten Sequenzen die besten Aussagen liefern. polyzystische Lebererkrankung“ (s. oben) genannten
Wichtigste Differenzialdiagnosen sind multiple blan- Kriterien.
de Leberzysten und, vor allem bei kleinen Herden,
multiple kleine Metastasen. Eine endgültige Diffe-
renzierung ist häufig mit der Bildgebung allein nicht
möglich.
7.2 Fehlbildungen 403

Literatur zu Abschn. 7.2.2

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aller bildgebender Modalitäten nicht immer möglich. syndrome – fact or fancy? J Am Med Assoc 198: 1032–1033
Wegweisend können ein begleitendes Gallensteinlei-
den mit oder ohne entzündliche Komplikationen
sein.
Hiervon abzugrenzen sind vor allem blande Zys-
ten, Zysten anderen abdominellen Ursprungs wie
Duplikaturen, mesenchymale Zysten und Ovarialzys-
ten sowie sekundäre Zysten durch Traumen oder
Infektionen.

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


Ebenso wie bei den übrigen zystischen Leberverän-
derungen ist auch bei kongenitalen Leberfibrosen die
Sonographie die Methode der Wahl zur Erstdiagnose
(Abb. 7.27). Für die Einordnung der begleitenden
Nierenerkrankung muss in der Regel die MRT oder
CT ergänzt werden. Im Falle einer zusätzlich vorlie-
genden Cholelithiasis mit oder ohne Entzündung
hat, ebenso wie generell bei Kindern, die MRT mit
MRCP Vorteile gegenüber der CT.

Merke ! Kongenitale Leberfibrosen treten in


Assoziation mit polyzystischen Nie-
renerkrankungen und Gallenwegsanomalien auf. Die
Symptome erklären sich in der Regel durch die verge-
sellschafteten Anomalien von Nieren und Gallenwe-
gen. Zur bildgebenden Diagnostik wird primär die
Sonographie eingesetzt, assoziierte extrahepatische
Erkrankungen werden durch MRT mit MRCP oder
auch CT weiter abgeklärt.
404 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

7.2.3
Fehlbildungen der Gallenblase und der Gallenwege
7.2.3.1
Lagevarianten von Gallenblase und Gallenwegen

Lagevarianten der Gallenblase


Normalerweise liegt die Gallenblase an der Untersei-
te der Leber rechts lateral des Lobus quadratus und
links der Impressiones duodenalis bzw. colica.

왔 Bei den Lageanomalien der Gallen-


Definition
blase werden fixierte Ektopien von der
so genannten Pendelgallenblase unterschieden.
a
Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Die häufigsten Ektopien zeigen die Gallenblase kau-
dal des linken Leberlappens, intra- oder retrohepa-
tisch. Deutlich seltener sind Fehllagen im Lig. falci-
forme, in der Fissur zwischen linkem und rechtem
Leberlappen, in der vorderen Bauchwand, kranial der
Leber oder retrorenal. Als Ursache derartiger Ekto-
pien werden Verschmelzungs- und Rotationsanoma-
lien während der Embryogenese angesehen.
Die Pendelgallenblase (Abb. 7.28 a, b) ist vollstän-
dig peritonealisiert und frei beweglich. Sie kann da-
her sowohl kranial der Leber als auch deutlich kaudal
gelegen sein. Die freie Beweglichkeit ermöglicht die b
Hernierung auch in die Bursa omentalis oder die Tor-
quierung des Organs. Ursächlich für die freie Beweg- Abb. 7.28 a, b. 68-jähriger Patient mit akuten rechtsseitigen
lichkeit gilt eine Störung bei der Peritonealisierung Oberbauchbeschwerden bei Pendelgallenblase. a MRCP mit
Darstellung einer lateral und ventral der Leber (H) gelegenen
der Leberoberfläche aus dem Mesoderm bei fehlen- Gallenblase (GB). Die Wand der Gallenblase ist verdickt, ven-
der Fixierung der Gallenblase im Gallenblasenbett. tral des Organs Nachweis von Aszites (A). b Im axialen Bild in
T2-Wichtung erkennt man den Gallenblasenfundus (Pfeil)
Klinische Symptomatik ventral der Leber mit deutlich verdickter Wand
Ektopien der Gallenblase führen in der Regel nicht zu
einer klinischen Symptomatik und werden zufällig
entdeckt. Liegt eine Pendelgallenblase vor, so ist diese
primär ebenfalls klinisch stumm. Als Komplikation Im Falle der Gallenblasentorsion als Komplikation
ist allerdings die – bedingt durch die völlig freie Be- einer Pendelgallenblase zeigt sich sonographisch das
weglichkeit des Organs – prädisponierte Torsion mit Bild eines Gallenblasenhydrops mit aufgetriebenem
konsekutivem Gallenblasenhydrops möglich. Die Pa- Lumen, verdickter Wand, Flüssigkeit im Gallenbla-
tienten zeigen nach akut einsetzenden rechtsseitigen senbett sowie eine deutliche Abknickung im Verlauf
Oberbauchschmerzen das Bild des akuten peritoniti- des Gallenblasenfundus. Auch in CT und MRT lassen
schen Abdomens. sich die Zeichen der akuten Cholezystitis sicher
nachweisen. In der CT findet sich neben der hydrop-
Radiologische Symptomatik tischen Gallenblase Flüssigkeit im Gallenblasenbett
Bei fehlender klinischer Symptomatik werden die sowie eine Verdickung der Wand mit vermehrter
Lageanomalien der Gallenblase zufällig entdeckt. Kontrastmittelaufnahme, während der abgeknickte
Sowohl Sonographie als auch CT und MRT erlau- Teil des Gallenblasenfundus eine Minderperfusion
ben den Nachweis des ektop liegenden Organs. Die zeigt. Besonders eindrucksvoll gelingt die Darstel-
Form der Gallenblase, ihre Wand und ihr Inhalt sind lung auf koronaren Sekundärrekonstruktionen aus
hiervon in der Regel unberührt. Auch mit Hilfe der MSCT-Datensätzen. Die MRT dokumentiert insbe-
hepatobiliären Funktionsszintigraphie lässt sich das sondere in T2-Wichtung die vermehrte periluminale
ektope Organ finden und funktionell beurteilen. Flüssigkeit bei hydroptischem Organ, die Verdickung
7.2 Fehlbildungen 405

der Gallenblasenwand und in koronaren Aufnahmen


bzw. der MRCP die Knickbildung in der Gallenblase.
Auch szintigraphisch und mittels intravenöser
Cholangiographie lassen sich Lageanomalien der
Gallenblase sowie ihre Komplikationen nachweisen.
Allerdings spielen beide Verfahren heute keine pri-
märe Rolle mehr in der Diagnostik.

Differenzialdiagnose
Die Lageanomalien der Gallenblase stellen in der
Regel kein differenzialdiagnostisches Problem dar.
Lediglich bei Verdacht auf das Vorliegen einer Gal-
lenblasentorsion sollten Formvarianten der Gallen-
blase wie transversale Septen (Bild der „phrygischen
Mütze“) mit erwogen werden.

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


Die häufigsten Diagnosen von Gallenblasenlageano-
malien erfolgen zufällig im Rahmen anderweitig
indizierter bildgebender Diagnostik. Dabei gelingt
der Nachweis mit allen bildgebenden Verfahren. Soll
im Falle eines akuten Abdomens der Verdacht auf
eine Gallenblasentorsion abgeklärt werden, erfolgt
dies zunächst mittels Sonographie, in der Regel er- Abb. 7.29. 47-jährige Patientin mit anhaltenden rechtsseitigen
gänzt durch die CT. Auf MRT-Untersuchungen ein- Oberbauchbeschwerden bei Zustand nach Cholezystektomie.
schließlich MRCP wird dabei, ebenso wie auf nukle- Die MRCP in Projektionstechnik zeigt eine normale Weite des
intra- und extrahepatischen Gallenwegssystems ohne Konkre-
armedizinische Verfahren, angesichts der akuten kli- mentnachweis. Tiefe rechtsseitige Einmündung des Zystikus-
nischen Symptomatik im Routinebetrieb gewöhnlich stumpfes (Pfeil). Zusätzlich isolierte rechtsseitige Einmündung
verzichtet. des Segmentasts VI in den Ductus hepaticus communis (Pfeil-
spitze)

Merke ! Lageanomalien der Gallenblase sind


in der Regel klinisch stumm und wer-
den zufällig entdeckt. Eine Ausnahme bildet die Gal- Am häufigsten hierbei ist eine tiefe Einmündung des
lenblasentorsion, die bevorzugt beim Vorliegen einer Ductus cysticus in den Ductus choledochus (50% der
Pendelgallenblase auftritt und mit dem Bild des Normvarianten; Abb. 7.29), deutlich seltener eine
akuten Abdomens einhergeht. Sonographie und CT hohe Einmündung in der Leberpforte. In 10% der
zeigen dabei das Bild des Gallenblasenhydrops mit atypischen Verläufe liegt eine Mündung im mittleren
partiell abgeknicktem Fundus. Wichtigste Differen- Drittel mit vorderer Überkreuzung des Ductus chole-
zialdiagnose ist die Septierung der Gallenblase in dochus (Abb. 7.30), in 5% mit hinterer Überkreuzung
Form der so genannten „phrygischen Mütze“. vor (Abb. 7.31). Eine Einmündung in den Ductus
hepaticus dexter (0,3%) ist ebenso selten wie eine
Lagevarianten der Gallenwege separate Einmündung des Ductus cysticus in das
Duodenum.
왔 Zu den Lagevarianten des Gallen- Anomalien der Mündung der intrahepatischen
Definition
wegssystems mit klinischer Relevanz Gallengänge werden in etwa 20% aller Untersuchun-
zählen normvariante Verläufe des Ductus cysticus, gen beobachtet. Klinisch relevant sind dabei insbe-
der intrahepatischen Gallengänge und des Ductus sondere die normvarianten Verläufe des posterioren
choledochus. Segmentasts des rechten Ductus hepaticus. Die häu-
figste Variante ist dabei die Einmündung des rechten
Pathologisch-anatomische posterioren Segmentasts links vom vorderen Seg-
und ätiologische Grundlagen mentast und nahe des Leberhilus (70% der Norm-
Üblicherweise mündet der Ductus cysticus im mittle- varianten; Abb. 7.32). Weniger häufig sind die Ein-
ren Drittel zwischen Leberpforte und Papille in den mündung des rechten posterioren Segmentasts in
Ductus hepaticus communis, der dann Ductus chole- den linken Ductus hepaticus (20%) (Abb. 7.33) bzw.
dochus heißt. Normvariante Verläufe des Ductus separat mit rechtem und linkem Ductus hepaticus in
cysticus werden in etwa 30% der Fälle beobachtet. Form einer Trifurkation (10%; Abb. 7.34).
406 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.30. 56-jährige Patientin mit Cholezystitis. Nebenbe- Abb. 7.31. 68-jähriger Patient mit Papillenkarzinom. In der
fundlich zeigt sich in der MRCP eine vordere Überkreuzung MRCP deutliche Dilatation des intra- und extrahepatischen
des Ductus cysticus (Pfeil). Unauffälliges intra- und extrahe- Gallenwegssystems und Gallenblasenhydrops. Nebenbefund-
patisches Gallenwegssystem bei Gallenblasenhydrops. Geringe lich tiefe Einmündung des Ductus cysticus (Pfeil) mit hinterer
Pericholezystitis Überkreuzung des Ductus choledochus

Abb. 7.33. 56-jährige Patientin mit Cholezystolithiasis. In der


MRCP unauffällige Weite des intra- und extraheptischen Gal-
lenwegssystems. Mündung des Segmentasts VI in den linken
Ductus hepaticus (Pfeil)

Abb. 7.32. 86-jähriger Patient mit Cholezystolithiasis. MRCP


mit grenzwertiger Weite des Ductus choledochus, jedoch ohne
Gangkonkremente. Multiple Gallenblasenkonkremente (Ko).
Isolierte Mündung des Segmentasts VI links des Ductus hepa-
ticus dexter (Pfeilspitzen). Zusätzlich Nachweis eines „duode-
nal loop“ des Ductus pancreaticus (Pfeil)
7.2 Fehlbildungen 407

systems vor allem im Rahmen perioperativer Kom-


plikationen nach laparoskopischer Cholezystektomie
werden.

CAVE ! Da hierbei in der Regel auf eine intra-


operative Gallenwegsdarstellung ver-
zichtet wird, besteht, bei fehlender Kenntnis des
atypischen Gangverlaufs, die Gefahr der Missinter-
pretation bei der Unterbindung.

Die Kenntnis möglicher Varianten der Mündung der


intrahepatischen Gallengänge ist vor allem bei der
Anlage externer oder interner Drainagen von Bedeu-
tung, um eine vollständige Entlastung gewährleisten
zu können.
Patienten mit „long common channel“ sind für
Karzinome des distalen Gallengangs prädisponiert,
zeigen jedoch bis zum Ausbruch der Erkrankung in
der Regel keine typischen klinischen Beschwerden.
Für ein endoskopisch-interventionelles Vorgehen am
Abb. 7.34. 74-jährige Patientin mit Hydrops bei Stressgallen-
Ductus pancreaticus kann die vorherige Kenntnis
blase. Die MRCP dokumentiert nebenbefundlich eine Trifur- des Mündungsverlaufs mit dem Ductus choledochus
kation der Gallengänge in der Hepatikusgabel (Pfeil). Keine von Vorteil sein. Patienten mit atypischer Verschmel-
extrahepatische Cholestase. zung von Ductus pancreaticus und Ductus choledo-
chus sind prädisponiert für die Ausbildung von Cho-
ledochuszysten.

Normalerweise vereinen sich Ductus choledochus Radiologische Symptomatik


und Ductus pancreaticus in der Duodenalwand und Normvariante Verläufe des intra- und extrahepati-
zeigen einen gemeinsamen Verlauf über etwa 5 mm schen Gallenwegssystems werden meist zufällig ent-
in Form eines „short common channel“ (55% der deckt und nur selten gezielt untersucht.
Fälle). Die häufigste Mündungsanomalie des Ductus Sonographisch gelingt die Dokumentation des
choledochus stellt die separate Mündung beider atypischen Verlaufs der Gallengänge nur in einzelnen
Gangsysteme dar („no common channel“; 40% der ausgewählten Fällen. Auch CT-morphologisch ist,
Fälle). In seltenen Fällen liegt ein bis 15 mm langer selbst unter Einsatz der MSCT, die sichere Beurtei-
gemeinsamer Verlauf vor („long common channel“; lung des Verlaufs vor allem nichtdilatierter Gänge
5%), der jedoch noch vollständig in der Duodenal- nicht in allen Fällen sicher möglich.
wand lokalisiert ist. Die Beurteilung des Gallenwegssystems stellt eine
Domäne der MRCP dar. In koronaren Ansichten kön-
왔 Als atypische Verschmelzung von nen Normvarianten des Verlaufs intra- und extrahe-
Definition
Ductus choledochus und Ductus pan- patisch in annähernd allen Fällen auch am nichtdila-
creaticus wird eine Einmündung des Ductus pan- tierten Gangsystem beurteilt werden. Die Erweite-
creaticus außerhalb der Duodenalwand mit einem rung des distalen Ductus choledochus als Beginn der
Abstand zur Papille von >15 mm bezeichnet. Ausbildung einer Choledochuszyste ist dabei zu be-
achten.
Dabei mündet der Ductus pancreaticus beim häufi- Mittels direkter Darstellung des Gallenwegssys-
geren Typ I nach Kimura annähernd senkrecht in tems in ERC oder PTC kann eine komplette Beur-
den Ductus choledochus. Beim selteneren Typ II teilung des Ganganatomie intra- und extrahepatisch
nach Kimura mündet der Ductus choledochus in den erfolgen. Hierfür ist allerdings eine vollständige Kon-
Ductus pancreaticus. trastmittelfüllung des gesamten Gangsystems erfor-
derlich.
Klinische Symptomatik Wird eine konventionelle Cholangiographie durch-
Die normvarianten Verläufe der Gallenwege treten in geführt, so ist eine vollständige Beurteilung norm-
aller Regel klinisch nicht in Erscheinung. Relevant varianter Verläufe des intra- und extrahepatischen
können atypische Verläufe des Ductus cysticus und Gallenwegssystems möglich. Das Verfahren hat je-
des rechtsseitigen extrahepatischen Gallenwegs- doch in der klinischen Routine heute nur noch gerin-
408 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

ge Bedeutung. Nuklearmedizinische Verfahren spie- Pathologisch-anatomische


len in der Regel keine Rolle mehr zur Dokumentation und ätiologische Grundlagen
normvarianter Gallenwegsverläufe. Der atypische Verlauf der Gallenblase kann durch
eine Vielzahl von Ursachen bedingt sein. Der über-
Differenzialdiagnose wiegendene Anteil der Angulationen im Bereich des
Die Differenzialdiagnose normvarianter Verläufe des Korpus ist als kongenitale Formveränderung anzuse-
ableitenden Gallenwegssystems stellt in der Regel hen. Dabei kommt es im Rahmen der Embryogenese
kein Problem dar. Mittels MRCP und ERC bzw. PTC zur Ausbildung atypischer Formen der Gallenblase
kann die Anatomie regelhaft beurteilt werden. durch Abschnürungs- und Verschmelzungsanoma-
lien.
CAVE ! Bei tiefer Einmündung des Ductus
cysticus ist in der MRCP zu beachten, Klinische Symptomatik
dass der Verlauf des gedoppelten Lumens nicht mit Atypisch gewinkelt verlaufende Gallenblasen zeigen
einem intraduktalen Konkrement verwechselt wird. keine klinische Symptomatik und werden zufällig
entdeckt. Zu einer erhöhten Neigung zur Cholelithia-
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie sis kommt es nur bei umschriebenen Abschnürungen
Anomalien des Verlaufs im Gallenwegssystem wer- und Septierungen der Gallenblase mit dann klassi-
den zufällig entdeckt. Die höchste Aussagekraft besit- schen Symptomen (s. Abschn. 7.4.2.1).
zen MRCP und ERC/PTC und, falls durchgeführt,
cholangiographische Verfahren. Radiologische Symptomatik
Mit allen bildgebenden Verfahren kann die atypisch
Merke ! Lageanomalien des Ductus cysticus,
der intrahepatischen Gallengänge
gewinkelte Gallenblase als solche nachgewiesen
und beurteilt werden. Dies gilt für Sonographie
und des Ductus choledochus treten primär klinisch (Abb. 7.35), CT, MRT mit MRCP (Abb. 7.36), intrave-
nicht in Erscheinung. Ihre Kenntnis ist wertvoll nöse Cholangiographie und auch nuklearmedizini-
zur Vermeidung von Komplikationen im Rahmen sche Verfahren.
laparoskopischer Cholezystektomien und interven-
tionell angelegter Gallenwegsdrainagen. Methoden Differenzialdiagnose
der Wahl zur Darstellung sind die MRCP oder die Abzugrenzen von kongenitalen Angulationen und
ERC/PTC sowie – heute nur noch in Ausnahmefällen Knickbildungen sind Septierungen aller Art, ent-
– die konventionelle Cholangiographie. Besonders zu zündliche, postentzündliche und maligne Formver-
achten ist bei normvariantem Verlauf des Ductus änderungen der Gallenblase und in seltenen Fällen
choledochus im Mündungsbereich mit dem Ductus die Adenomyomatose.
pancreaticus auf Frühzeichen der Ausbildung einer
Choledochuszyste. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
Die Diagnose der atypischen Form der Gallenblase
7.2.3.2 wird zufällig gestellt und ist mit allen Untersu-
Formvarianten der Gallenblase chungsverfahren möglich. Eine weiterführende Dia-
Bei den Formvarianten der Gallenblase sind An- gnostik ist allenfalls bei Erwägung einer entzündli-
gulationen und Knickbildungen von intraluminaler chen oder neoplastischen Ursache erforderlich. Dann
Septenbildung in longitudinaler und transversaler sollte neben der Sonographie eine ergänzende MRT
Ausrichtung abzugrenzen. Zusätzlich werden echte mit MRCP erfolgen.
Gallenblasendivertikel beobachtet.

Angulationen und Knickbildungen der Gallenblase


Merke ! Atypische kongenitale Angulationen
und Knickbildungen der Gallenblase
sind häufig, zeigen keine klinische Symptomatik und
왔 Angulationen und Knickbildungen werden in der Regel mit allen bildgebenden Verfah-
Definition
der Gallenblase beschreiben einen ren erkannt. Eine weiterführende Diagnostik ist
atypischen, einfach oder mehrfach geschwungenen daher meist nicht erforderlich. Abzugrenzen sind
bzw. abgeknickten Verlauf des Organs in Fundus, Formveränderungen durch Septierungen der Gallen-
Korpus oder Infundibulum ohne Hinweis auf eine blase, peri- und postentzündliche sowie maligne Ver-
Abflussstörung. änderungen und ggf. die Adenomyomatose.
7.2 Fehlbildungen 409

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Longitudinale Septen der Gallenblase können kom-
plett oder partiell auftreten und dabei zu einer voll-
ständigen Trennung des Organs sowie zu einer voll-
ständigen oder partiellen intraluminalen Untertei-
lung führen.

왔 Unter einer Gallenblasenduplikatur


Definition
werden 2 separate Gallenblasenlumi-
na mit 2 separat drainierenden Gängen verstanden.

Die Inzidenz liegt zwischen 1:3000 und 1:12.000. Da-


bei zeigen die beiden Gallenblasen keine Verbindung
zueinander, während die beiden drainierenden Gän-
ge einzeln oder gemeinsam in den Ductus hepaticus
communis münden können. Ähnlich einer akzessori-
schen Nierenanlage ist auch das zusätzliche Gallen-
blasenlumen in der Regel kleiner als das ursprüng-
liche Organ und liegt meist kranial davon. Die Lage
der akzessorischen zweiten Gallenblase ist jedoch
sehr variabel.
Abb. 7.35. 25-jährige Patientin mit unspezifischen Ober-
bauchbeschwerden. Im B-Bild-Sonogramm Nachweis einer ge-
winkelten Gallenblase ohne Hinweis für Entzündung oder 왔 Bei der gedoppelten Gallenblase liegt
Definition
Konkremente ein gedoppeltes Lumen vor, das durch
ein das gesamte Organ durchziehendes und von
Schleimhaut überzogenes Längsseptum gebildet wird.
Die Drainage in den Ductus hepaticus communis
erfolgt jedoch über einen singulären Ductus cysticus.

Klinische Symptomatik
Septenbildungen der Gallenblase mit Duplikaturen
oder gedoppelter Gallenblase führen primär nicht
zu einer klinischen Symptomatik. Es können jedoch
in beiden Formvarianten der Gallenblase Steine im
Rahmen der Cholelithiasis auftreten.

Radiologische Symptomatik
Formvarianten der Gallenblase durch longitudinale
Septen werden zufällig in der bildgebenden Diagnos-
tik entdeckt, wenn eine Abklärung des hepatobiliären
Systems im Rahmen eines Steinleidens oder aus
anderer Indikation erfolgt.
Sonographisch kann die Gallenblasenduplikatur in
aller Regel vermutet werden. Eine sichere Klassifika-
Abb. 7.36. 31-jähriger Patient mit Gallengries. MRCP mit Dar- tion ist nur bei idealen Untersuchungsbedingungen
stellung einer gewinkelten Gallenblase im Infundibulum. Zu- möglich und wird erleichtert, wenn das akzessori-
sätzlich isolierte Einmündung des Segmentasts VI im Leber-
hilus (Pfeil) sche Lumen Konkremente enthält. Dann stellt sich im
Gallenblasenbett eine doppelte zystische Formation
mit entsprechendem Konkrementnachweis dar. Eine
gedoppelte Gallenblase ist ohne vorherige Kenntnis
Longitudinale Septen der Gallenblase sonographisch meist schwer zu diagnostizieren.
Infolge longitudinaler Septembildung in der Gallen- Wird auf CT-Aufnahmen zufällig eine Gallenbla-
blase kommt es zur Gallenblasenduplikatur oder zur senduplikatur vermutet, sind vor allem koronare und
gedoppelten Gallenblase. Teilduplikaturen und mehr sagittale Sekundärrekonstruktionen für eine sichere
als 2 Gallenblasen sind extrem selten. Zuordnung der beiden hypodens zur Darstellung
410 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.37 a–c. 71-jähriger Patient mit unspezifischem


Krankheitsgefühl und Zufallsbefund einer Gallenblasendu-
plikatur. a MRT koronar in T2-Wichtung mit Nachweis von
2 Gallenblasenlumina. Im kranialen Anteil (Cra) Gallen-
gries, unauffällige Darstellung des kaudalen Lumens (Cau).
b MRCP in Projektionstechnik mit unauffälligem Lumen
des intra- und extrahepatischen Gallenwegssystems.
Analoge Darstellung der beiden Gallenblasenlumina zu a.
Dokumentation von 2 drainierenden Gängen (Pfeilspitzen).
Nebenbefundlich separate Mündung des Segmentasts VI
im Leberhilus (Pfeil). c Im axialen Bild in T2-Wichtung
fat sat im kranialen Gallenblasenlumen neben dem Gries
Darstellung eines Konkrements (Pfeil). Flüssigkeitsgefüllte
a kaudale Gallenblase (Cau)

b c

kommenden Gallenblasenlumina hilfreich. Gleiches Teilung des Gallenblasenlumens durch ein Längs-
gilt bei der Septierung mit doppelter Gallenblase. septum. Bei guten Kontrastverhältnissen sind ver-
Steht die MRT nicht zur Verfügung kann eine MSCT gleichbare Ergebnisse auch mit der intravenösen
nach Applikation gallengängigen Kontrastmittels mit Cholangiographie ggf. mit konventioneller Tomogra-
Sekundärrekonstruktionen zur Diagnose führen, da phie zu erzielen.
sich dann das Kontrastmittel in den beiden Gallen-
blasenanteilen anreichert. Differenzialdiagnose
In der MRCP gelingt, insbesondere bei Akquisi- Von der Gallenblasenduplikatur sind normvariante
tion eines 3D-Datensatzes, eine umfassende Darstel- Lagen wie Angulationen und Knickbildungen ebenso
lung der normvarianten Anatomie der Gallenblase. abzugrenzen wie postentzündliche Verziehungen im
Allerdings kann auch hier die Differenzierung Rahmen postcholezystitischer Veränderungen. Auch
zwischen Gallenblasenduplikatur und gedoppelter transversale Septen und Raffungen der Gallenblase
Gallenblase schwierig sein und erfordert optimale mit dem Bild der „phrygischen Mütze“ sowie malig-
Untersuchungsbedingungen sowie zusätzliche axiale ne Gallenblasenerkrankungen stellen wichtige Diffe-
Sequenzen in T2-Wichtung (Abb. 7.37 a–c). renzialdiagnosen dar.
Eine sichere Diagnose in allen Fällen kann letzt-
lich nur durch die direkte Darstellung mittels ERC/ Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
PTC oder intraoperativer Sondierung erfolgen. Bei Die Diagnose der longitudinalen Septen der Gallen-
Vollfüllung der Gallenblase gelingt so auch die Diffe- blase wird in der Regel zufällig in Sonographie, CT,
renzierung einer partiellen von einer vollständigen MRT mit MRCP, intravenöser Cholangiographie oder
7.2 Fehlbildungen 411

ERC/PTC gestellt. Soll der Verdacht einer Gallen- Aufgrund der Kompartimentierung des Organs nei-
blasenduplikatur oder einer gedoppelten Gallenblase gen die Patienten zur Steinbildung infolge der Stase
bildgebend untermauert werden eignen sich hierzu in der Gallenblase.
die MRT mit MRCP oder die MSCT nach Gabe gallen-
gängigen Kontrastmittels sowie die direkten Verfah- Klinische Symptomatik
ren ERC/PTC. Als weniger sensitiv ist die intravenöse Auch transversale Septenbildungen der Gallenblase
Cholangiographie ggf. mit konventioneller Tomogra- zeigen in der Regel keine klinischen Symptome und
phie anzusehen. werden zufällig entdeckt. Hiervon ausgenommen
sind stark ausgeprägte Septierungen in Form der
Merke ! Longitudinale Septen der Gallenblase
sind selten, führen zur Gallenblasen-
Sanduhrgallenblase, bei denen die klinischen Zei-
chen der Gallenblasenentleerungsstörung auftreten
duplikatur oder zur gedoppelten Gallenblase und können. Ebenso werden bei multiseptierten Gallen-
werden bei klinisch stummem Verlauf meist zufällig blasen vermehrt Symptome der Cholelithiasis und
entdeckt. Die beste Darstellung erfolgt über MRT Cholezystitis durch die vermehrte Stase im Organ
mit MRCP oder MSCT nach Gabe gallengängigen beobachtet.
Kontrastmittels bzw. direkt über ERC/PTC. Abzu-
grenzen sind andere Formvarianten der Gallenblase Radiologische Symptomatik
durch entzündliche und nichtentzündliche Raffun- Sämtliche Formen der Septenbildung werden in der
gen des Organs. Regel zufällig oder im Rahmen der Abklärung einer
vermuteten Cholelithiasis entdeckt.
Transversale Septen der Gallenblase Sonographisch stellen sich die Septen – bei idealen
Bei den transversalen Septen der Gallenblase werden Schallbedingungen – als echoreiche Unterteilung des
isolierte Transversalsepten, das Bild der phrygischen echoarmen Lumens der Gallenblase dar. Mittels CT
Mütze und die sehr seltene multiseptierte Gallenbla- und MRT mit MRCP kann in der Regel die Quertei-
se unterschieden. lung des Gallenblasenlumens durch das membranöse
Segel des Septums erkannt werden. Es stellt sich in
Pathologisch-anatomische der CT hyperdens im hypodensen Gallenblasen-
und ätiologische Grundlagen lumen dar und weist in der T2-Wichtung der MRT
(Abb. 7.38) bzw. MRCP ein hypointenses Signal ge-
왔 Transversalsepten können zirkulär oder genüber dem hyperintensen Lumen auf. Das Bild der
Definition
semizirkulär auftreten und sind in „phrygischen Mütze“ mit der korkenzieherartigen
aller Regel im Fundus der Gallenblase, seltener in Raffung der Gallenblase im Bereich des Fundus ist
ihrem Hals angeordnet. Sie treten meist isoliert auf. insbesondere in der MRCP pathognomonisch.

In besonders ausgeprägten Fällen einer transmura-


len Septierung kann durch die zirkuläre Abschnü-
rung das Bild der „Sanduhrgallenblase“ entstehen.

왔 Zum Bild der „phrygischen Mütze“,


Definition
das bei etwa 2–6% der Bevölkerung
nachzuweisen ist, kommt es durch eine Knickbildung
im Bereich des Fundus ohne oder mit Ausbildung
eines transversalen Septums.

Pathomorphologisch werden diese Membranen


ebenso wie Verkürzungen des ligamentären Halte-
apparats der Gallenblase für die korkenzieherartige
Raffung des Organs verantwortlich gemacht.

왔 Die multiseptierte Gallenblase ist durch


Definition
multiple zystenähnlich imponierende
Kompartimente gekennzeichnet und wird nur sehr
Abb. 7.38. 57-jährige Patientin mit Cholelithiasis. In der MRT
selten beobachtet. axial in T2-Wichtung gewinkelte Gallenblase mit dem Bild der
phrygischen Mütze. Im abgeschnürten Anteil Nachweis poly-
gonaler Cholesterinkonkremente
412 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.40. 71-jähriger Patient mit Cholezystolithiasis. MRCP


mit Nachweis einer Teilseptierung und Abschnürung im Gal-
lenblasenfundus (Pfeil). Gewinkelte Gallenblase mit Konkre-
menten Nahe des Infundibulums (Ko)

Abb. 7.39. 50-jährige Patientin mit Verdacht auf Cholelithia- Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
sis. In der i. v. Cholangiographie Darstellung einer gut gefüllten
Gallenblase mit Transversalseptum (Pfeil) im Gallenblasen- Transversale Septen der Gallenblase werden meist
fundus zufällig im Rahmen der sonographischen Cholelithi-
asisdiagnostik oder im Rahmen des Stagings ent-
deckt. Eine Bestätigung der Diagnose gelingt mittels
MRT mit MRCP (Abb. 7.40) oder MSCT nach Appli-
Sicher gelingen der Nachweis und die Differenzie- kation gallengängigen Kontrastmittels sowie den
rung der unterschiedlichen Formen der Transversal- direkten Verfahren ERC/PTC. Falls durchgeführt
septen in der direkten Darstellung mit ERC/PTC oder zeigt auch die konventionelle Cholangiographie ggf.
intravenöser Cholangiographie (Abb. 7.39) und ggf. einschließlich Tomographie den Befund.
konventioneller Tomographie. Alternativ kann auch
eine MSCT nach Gabe gallengängigen Kontrast-
mittels mit Sekundärrekonstruktionen erfolgen.
Merke ! Transversale Septen sind in ihren
unterschiedlichen Ausprägungen sel-
Dabei bildet sich das Septum hypodens im nach Kon- ten, häufig klinisch stumm und werden zufällig ent-
trastmittelanreicherung hyperdensen Gallenblasen- deckt. Insbesondere das Bild der „phrygischen Müt-
lumen ab. ze“ ist pathognomonisch. Das gehäuftes Auftreten
Im Fall der zusätzlichen Cholelithiasis und Chole- einer Cholelithiasis wird beobachtet. Sichere dia-
zystitis stellen alle Verfahren die Komplikation der gnostische Verfahren zum Nachweis der Septen sind
Gallenblasenformvariante mit den bekannten Krite- vor allem MRT mit MRCP sowie ERC/PTC, ggf. auch
rien dar. MSCT nach Gabe gallengängigen Kontrastmittels
oder, falls durchgeführt, die intravenöse Cholangio-
Differenzialdiagnose graphie ggf. einschließlich konventioneller Tomogra-
Bei der Diagnostik transversaler Septen der Gallen- phie.
blase müssen andere Formanomalien wie Angulatio-
nen und Knickbildungen, Gallenblasenduplikaturen Gallenblasendivertikel
und gedoppelte Gallenblasen sowie entzündliche und
maligne Gallenblasenerkrankungen differenziert 왔 Das Gallenblasendivertikel ist eine
Definition
werden. Insbesondere im Bereich des Fundus sind sackförmige Ausstülpung aus der
transversale Septierungen der Gallenblase von ech- Gallenblase, in der Regel im Bereich des Fundus, mit
ten Gallenblasendivertikeln und der Adenomyoma- Divertikelhals und kontinuierlicher Verbindung zum
tose der Gallenblase zu unterscheiden. Gallenblasenlumen.
7.2 Fehlbildungen 413

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Gallenblasendivertikel sind selten. Sie entstehen aus
persitierenden Gangresten des Ductus hepatocysti-
cus, der embryonalen Verbindung zwischen Pars
hepatica und Pars cystica des Leberdivertikels.

Klinische Symptomatik
Ein umschriebenes Beschwerdebild liegt bei Gallen-
blasendivertikeln nicht vor. Abhängig von der Weite
des Divertikelhalses kann es jedoch zur Stase von
Gallenflüssigkeit und Steinbildung im Divertikel
kommen. Dabei sind auch umschriebene Entzün-
dungen im abgeschnürten Divertikel mit der klini-
schen Symptomatik des akuten Gallensteinleidens
möglich.

Radiologische Symptomatik
Das Gallenblasendivertikel wird in der Regel zufällig
im Rahmen der Abklärung einer Cholelithiasis oder
des Stagings entdeckt.
Sonographisch stellt sich eine neben der Gallen-
blase gelegene echoarme Struktur mit Verbindung
zur Gallenblase dar. Im Fall des intradivertikulären
Konkrements lässt sich dies in klassischer Weise
nachweisen. Die sichere Abgrenzung eines Gallenbla-
sendivertikels erfordert jedoch optimale Schallbe- Abb. 7.41. 45-jährige Patientin mit Gallensteinleiden. Auf der
i. v. Cholangiographieaufnahme Darstellung eines Divertikels
dingungen. am Gallenblasenfundus (Pfeilspitze)
In der CT werden Gallenblasendivertikel zufällig
als hypodense Ausstülpungen des Gallenblasen-
lumens erkannt. Sicher gelingt die Darstellung auf
koronaren Sekundärrekonstruktionen aus MSCT- Differenzialdiagnose
Datensätzen. In die differenzialdiagnostische Abwägung eines
Die MRCP dokumentiert ein Gallenblasendiverti- Gallenblasendivertikels müssen insbesondere Sep-
kel mit großer Sicherheit und kann auch Aufschluss tierungen der Gallenblase, entzündliche und maligne
über ein intradivertikuläres Konkrement in Form Veränderungen des Organs sowie die Adenomyoma-
einer hypointensen Füllungsaussparung bei hyper- tose der Gallenblase mit einbezogen werden.
intensem Lumen geben. Zusätzlich werden mögliche
Komplikationen in Form einer Cholezystitis bzw. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
Cholestase abgebildet. Ergänzende axiale MRT-Se- Bei sonographischem Verdacht auf ein Gallenblasen-
quenzen in T2-Wichtung bestätigen den Befund ent- divertikel und der klinischen Notwendigkeit der wei-
sprechend. teren Sicherung der Diagnose sollte die Abklärung
Analog zur MRCP kann ein Gallenblasendivertikel mittels MRCP und ggf. ergänzenden MRT-Sequenzen
mit den direkten Verfahren ERC/PTC und ausrei- in T2-Wichtung erfolgen. CT und die Verfahren der
chender Kontrastmittelfüllung der Gallenblase dar- direkten Darstellung wie ERC/PTC und konventio-
gestellt werden. Dies geschieht jedoch routinemäßig nelle Cholangiographie kommen ebenso wie nukle-
nicht. armedizinische Verfahren nicht regelhaft zum Ein-
Auch auf intravenösen Cholangiographien ggf. satz.
einschließlich konventioneller Tomographie lassen
sich ein Gallenblasendivertikel sowie die eventuelle
Komplikation des intraluminalen Konkrements be- Merke ! Gallenblasendivertikel sind seltene,
auf persistierenden embryonalen
urteilen (Abb. 7.41). Das Verfahren findet heute je- Gangresten beruhende Ausstülpungen der Gallen-
doch keine Anwendung in der Routinediagnostik blase ohne klinische Symptomatik. Auf die vermehr-
mehr. Gleiches gilt für die hepatobiliäre Funktions- te Entwicklung einer Cholelithiasis im Divertikel mit
szintigraphie, die, zumindest bei großen Divertikeln, entsprechender klinischer Symptomatik ist zu ach-
diese ebenfalls diagnostisch abbildet. ten. Eine sichere Diagnose gelingt neben der Sono-
414 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.42 a–e. Schematische Darstellung


der Gallengangszysten nach Todani
und Traverso (vgl. Tabelle 7.2)
a Choledochuszyste.
b Choledochusdivertikel.
c Choledochozele.
d Segmentale intra- und extrahepatische
Gallengangszysten.
e Intrahepatische Gallengangszysten
(Caroli-Syndrom)

a b c

d e

graphie mittels MRCP ggf. ergänzt durch axiale MRT- Tabelle 7.2. Einteilung der Gallenwegszysten nach Todani und
Sequenzen.Abzugrenzen sind die anderen Formvari- Traverso
anten der Gallenblase, entzündliche und maligen Typ Beschreibung Häufigkeit (%)
Veränderungen und insbesondere die Adenomyoma-
tose. I Choledochuszyste 70–90
Ia Zystische Dilatation
7.2.3.3 des Ductus hepaticus communis
und Ductus choledochus
Formvarianten der Gallenwege
Ib Segmentale Dilatation
Unter den Formvarianten der Gallenwege werden des Ductus choledochus
insbesondere die kongenitalen zystischen Verände- Ic Diffuse Dilatation
rungen der intra- und extrahepatischen Gallengänge des Ductus hepaticus communis
nach Todani subsumiert (Abb. 7.42 a–e; Tabelle 7.2). und Ductus choledochus
Dabei zeigt diese Einteilung eine Überschneidung II Choledochusdivertikel 2
mit der Klassifikation der kongenitalen zystischen III Choledochozele 3–5
Leberveränderungen (s. Abschn. 7.2.2.2) bei Chole- IV Multiple segmentale intra- und 10–20
dochuszysten und beim Caroli-Syndrom. extrahepatische Gallengangszysten
IVa Intra- und extrahepatische
Choledochuszyste (Typ I nach Todani) Gangzysten + zystische Dilatation
Choledochuszysten werden, je nach Klassifikation des extrahepatischen Gangsystems
unter die kongenitalen zystischen Lebererkrankun- IVb Extrahepatische Gangzysten
gen (Typ V) bzw. unter die kongenitalen zystischen + unauffälliges intrahepatisches
Gangsystem
Gallenwegsveränderungen (Typ I) eingeordnet. Sie
V Caroli-Syndrom 4–13
stellen segmentale sackförmige Erweiterungen des (intrahepatische Zysten)
extrahepatischen Gallengangssystems dar.
7.2 Fehlbildungen 415

Pathologisch-anatomische Der Spontanverlauf ist, insbesondere wegen der Ge-


und ätiologische Grundlagen fahr der malignen Entartung, aber auch wegen einer
Choledochuszysten sind die häufigsten kongenitalen möglichen Rupturgefahr schlecht. Zusätzlich besteht
Formveränderungen des intra- und extrahepati- eine vermehrte Neigung zum Gallensteinleiden mit
schen Gallenwegssystems (70–90%). Die Prävalenz den assoziierten Komplikationen der Cholangitis,
ist vor allem in Japan und asiatischen Ländern über- zu Blutungen, Pfortaderthrombose sowie portaler
durchschnittlich hoch. Der Großteil der Fälle wird im Hypertension und Leberzirrhose. Demgegenüber ist
Kindesalter bis 10 Jahre diagnostiziert, bei ausge- die Prognose nach Resektion der Choledochuszyste
prägten Formen ist eine Dokumentation im pränata- und Anlage einer biliodigestiven Anastomose gut.
len Ultraschall möglich. Weibliche Patienten sind
etwa 4-mal häufiger betroffen als männliche.
Nach Todani werden Klinische Symptomatik
Bei etwa 30% der Patienten mit Choledochuszysten
∑ als Typ Ia eine sackförmige Erweiterung des Duc-
wird eine typische Symptomtrias beschrieben: neben
tus hepaticus communis und des Ductus choledo-
intermittierendem Verschlussikterus klagen die Pa-
chus,
tienten über rezidivierende kolikartige rechtsseitige
∑ als Typ Ib eine segmentale Erweiterung des Duc-
Oberbauchbeschwerden und Rückenschmerzen. Zu-
tus choledochus und
sätzlich können die Zeichen der Cholangitis und des
∑ als Typ Ic eine diffuse Erweiterung des Ductus
Verschlussikterus auftreten mit Fieber, Schüttelfrost
hepaticus communis und des Ductus choledo-
und Juckreiz.
chus beschrieben.
Allen Formen ist gemeinsam, dass keine Beteiligung
der intrahepatischen Gallenwege, der Gallenblase Radiologische Symptomatik
oder des Ductus cysticus vorliegen. Die Diagnostik von Choledochuszysten erfolgt meist
Ätiologisch werden Anomalien des Verlaufs von zufällig im Rahmen der Abklärung eines rechtsseiti-
Ductus choledochus und Ductus pancreaticus als Ur- gen Oberbauchschmerzes.
sache für die Entstehung einer Choledochuszyste an- Sonographisch findet sich zusätzlich zur Gallen-
gesehen. So kommt es bei der so genannten atypi- blase eine zystische Formation, die in der Region des
schen Verschmelzung von Ductus pancreaticus und Ductus choledochus lokalisiert ist (Abb. 7.43). Nur
Ductus choledochus (s. Abschn. 7.2.3.1) aufgrund bei optimalen Schallbedingungen kann eine Verbin-
einer fehlenden Sphinkterfunktion im Konfluenz- dung der Zyste zum häufig normal kalibrierten intra-
bereich der beiden Gänge zu einem permanenten Re- hepatischen Gallenwegssystem nachgewiesen wer-
flux von Pankreassekret in den Ductus choledochus. den. Der Kalibersprung zwischen intra- und extrahe-
Der Reflux wird durch einen, bedingt durch die Mün- patischem Gallenwegssystem ist hingegen in der Re-
dungsverhältnisse, erhöhten Druck im Ductus pan- gel auch sonographisch dokumentierbar.
creaticus noch zusätzlich unterstützt und führt zu ei- In der CT stellen sich Choledochuszysten als hy-
ner konsekutiven Schädigung des Epithels der Wand podense Aufweitung im Verlauf des Ductus choledo-
im Ductus choledochus mit Fibrosierung und Dilata- chus dar, die lediglich in der Wand ein diskretes Kon-
tion. Dabei bewirkt wohl eine rechtwinkelige Ein- trastmittelenhancement zeigt. Auch hier erleichtern
mündung der Gänge einen Typ Ia der Choledochus- Sekundärrekonstruktionen aus MSCT-Datensätzen
zyste mit sackförmiger Erweiterung, eine spitzwink- die Diagnosefindung deutlich. Abhängig von der
lige Einmündung den Typ Ic mit diffuser Aufweitung Form der Choledochuszyste findet sich zusätzlich
des Ductus choledochus. eine intrahepatische Cholestase.
Eine Assoziation von Choledochuszysten mit an- Mittels MRT kommen Choledochuszysten hypoin-
deren Lageanomalien des extrahepatischen Gallen- tens in T1-Wichtung und stark hyperintens in T2-
wegssystems und der Gallenblase, Normvarianten Wichtung bei nur geringem Randenhancement zur
des Pankreasgangsystems und mit anderen Formen Darstellung. Methode der Wahl ist jedoch die MRCP,
der kongenitalen polyzystischen Lebererkrankungen die eine exakte Klassifikation der Zysten in Form der
wurde beschrieben. direkten Darstellung erlaubt.
Auch ERC/PTC und die konventionelle Cholangio-
CAVE ! Die Choledochuszysten gelten als Prä-
kanzerosen für die Entwicklung eines
graphie ggf. einschließlich Tomographie bilden Cho-
ledochuszysten vollständig ab und erlauben eine
extrahepatischen CCC. Dabei steigt die Wahrschein- exakte Klassifikation. Dabei steht jedoch bei den in-
lichkeit zur malignen Entartung mit zunehmendem terventionellen Verfahren der therapeutische Aspekt
Alter deutlich an und beträgt bei über 20-jährigen mit Ableitung im Vordergrund.
Patienten bereits mehr als 10%.
416 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

kann dies auch mittels MSCT mit Sekundärrekon-


struktion erfolgen. Die direkten Verfahren ERC/PTC
kommen in der Regel nur im Rahmen therapeuti-
scher Ableitungen zum Einsatz.

Merke ! Choledochuszysten sind seltene zysti-


sche Aufweitungen und werden zu-
fällig entdeckt. Diagnostische Methode der Wahl ist –
neben der Sonographie – die MRT mit MRCP. Diffe-
renzialdiagnostisch sind sämtliche Formen zysti-
scher Fehlbildungen des Oberbauchs sowie intra-
und extrahepatischer Gallenwegserweiterungen zu
erwägen. Wegen des progredienten Entartungsrisi-
kos ist eine frühzeitige Resektion anzustreben.

Choledochusdivertikel (Typ II nach Todani)


und Choledochozele (Typ III nach Todani)
Abb. 7.43. 7 Tage alter Junge mit Choledochuszyste (Typ I
nach Todani). Im B-Bild-Sonogramm Nachweis einer zysti- 왔 Choledochusdivertikel sind Ausstül-
Definition
schen Raumforderung im Ductus choledochus (CZ) nahe der pung der gesamten Wand im Ductus
Einmündung des Ductus cysticus (DCY). Hier deutlicher Kali- hepaticus communis oder im Ductus choledochus.
bersprung. Mitdarstellung der Pfortader (VP)
Demgegenüber ist die Choledochozele eine Aussa-
ckung des intramuralen Anteils des Ductus choledo-
chus beim Durchtritt durch das Duodenum und
In der hepatobiliären Funktionsszintigraphie zei- führt zu einer Hernierung in das Duodenallumen.
gen die Frühaufnahmen einen großen photopeni-
schen Defekt in der Leber durch die überlagernde Pathologisch-anatomische
und noch nicht mit Radiopharmakon gefüllte Chole- und ätiologische Grundlagen
dochuszyste. Im Laufe der dynamischen Untersu- Sowohl das Choledochusdivertikel als auch die Cho-
chung findet sich eine langsame und zunehmende ledochozele werden zu den zystischen Fehlbildungen
Anreicherung in der Zyste mit Stase und nur langsa- des Gallenwegssystems gezählt.
mer Entleerung in das Duodenum. Beim Choledochusdivertikel (Typ II nach Todani)
In seltenen Fällen kann die Aufweitung und Luft- kann der zugehörige Divertikelhals offen und ge-
Flüssigkeits-Füllung des unteren Duodenalknies in schlossen sein. Für die angeborene oder im Rahmen
Abdomenübersichtsaufnahmen einen ersten Hinweis des Steinleidens erworbene Veränderung wird eine
auf eine funktionell relevante Choledochuszyste geben. Schwäche der duktalen Wandstrukturen verantwort-
lich gemacht. Im Rahmen der Cholelithiasis kann das
Differenzialdiagnose Divertikel auch Konkremente enthalten. Über Ent-
Differenzialdiagnostisch müssen sämtliche Formen artungen von Choledochusdivertikeln ist nichts
der biliären, hepatischen und extrahepatischen bekannt.
Zysten und zystischen Fehlbildungen erwogen wer- Die Choledochozele (Typ III nach Todani) oder in-
den. Besonders zu beachten sind entzündliche und traduodenale Choledochuszyste kann angeboren
nichtentzündliche zystische Veränderungen des Pan- oder erworben sein. Bei der angeborenen Form liegt
kreas sowie benigne und maligne Dilatationen des eine kongenitale Wandschwäche des distalen Ductus
intra- und extrahepatischen Gallenwegssystems ein- choledochus vor. Bei der erworbenen Form ist die
schließlich biliärer Abszesse. Wandschwäche im Rahmen lokaler Entzündungen
und Narbenbildungen bei der Cholelithiasis entstan-
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie den. Die Patienten sind prädisponiert zum Gallen-
Die erste Verdachtsdiagnose einer Choledochuszyste steinleiden, insbesondere zur Sludge-Bildung. Eine
wird meist sonographisch, ggf. auch im pränatalen maligne Entartung ist nicht bekannt. Als mögliche
Ultraschall gestellt. Als Methode der Wahl zur Siche- Komplikationen gelten die papilläre Verschluss-
rung wird eine MRT mit MRCP durchgeführt. Alter- symptomatik mit Pankreatitis und Cholangitis bzw.
nativ, allerdings mit etwas schlechterer Sensitivität, eine Stenose der Duodenalpassage.
7.2 Fehlbildungen 417

Klinische Symptomatik eine echoarme Erweiterung des distalen Ductus cho-


Beim Choledochusdivertikel sind klinische Beschwer- ledochus bei fehlender intra- und extraheptischer
den allenfalls im Rahmen eines assoziierten Gallen- Cholestase. In der Regel wird die Diagnose aber mit
steinleidens zu erwarten. Patienten mit Choledocho- Hilfe der MRT mit MRCP oder den direkten Verfah-
zelen fallen mit Übelkeit, Erbrechen, rezidivierenden ren ERC/PTC (Abb. 7.44) bzw. intravenöser Cholan-
Episoden eines Ikterus und im Falle von Gallenstei- giographie gestellt. Diese zeigen die Choledochozele
nen oder Sludge mit Gallenkoliken auf. Nur selten als hyperintense (MRT) bzw. kontrastmittelgefüllte
bietet sich das Bild eines Ileus mit Störung der Duo- Hernierung des distalen Ductus choledochus in das
denalpassage durch die hernierte Choledochozele. Duodenum. Auch in Sekundärrekonstruktionen aus
MSCT-Datensätzen kommt die Choledochozele in
Radiologische Symptomatik typischer Lokalisation und Konfiguration zur Dar-
Choledochusdivertikel werden aufgrund der meist stellung. Nuklearmedizinische Verfahren spielen kei-
fehlenden klinischen Symptomatik zufällig in der ne Rolle mehr zur Diagnosefindung.
MRCP, ERC/PTC, intravenösen Cholangiographie
oder seltener der CT als typische divertikelartige Differenzialdiagnose
Ausstülpungen entdeckt. Eine weiterführende Dia- Das Choledochusdivertikel stellt aufgrund seiner
gnostik ist nicht erforderlich. Lage und Form kein differenzialdiagnostisches Pro-
Die Choledochozele wird, abhängig von ihrer Grö- blem dar. Von der Choledochozele müssen weitere
ße, zufällig oder im Rahmen der Abklärung einer Formen der zystischen Gallengangserweiterung, ins-
Cholelithiasis festgestellt. Dabei kann sie auf konven- besondere die Choledochuszyste, aber auch maligne
tionellen Durchleuchtungsbildern des Duodenums Tumoren der Papille abgegrenzt werden.
als umschriebene papillennahe Kontrastmittelaus-
sparung erkannt werden. Sonographisch findet sich Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
Sowohl Choledochusdivertikel als auch Choledocho-
zele sollten bei der Notwendigkeit zur weiteren Ab-
klärung mittels MRT mit MRCP untersucht werden.
Stehen primär therapeutische Überlegungen im Vor-
dergrund ist eine ERC/PTC angezeigt.

Merke ! Choledochusdivertikel und Choledo-


chozele sind seltene Formen der zysti-
schen Gallenwegsfehlbildung, in der Regel klinisch
stumm und können durch vermehrte Neigung zum
Gallensteinleiden auffällig werden. Diagnostische
Klärung bringen MRT mit MRCP oder ERC/PTC.

Multiple segmentale Gallengangszysten


(Typ IV nach Todani)
왔 Unter multiplen segmentalen Gallen-
Definition
gangszysten werden zum einen multi-
ple Zysten der intra- und extrahepatischen Gallen-
wege sowie eine aneurysmatische Erweiterung des
Ductus choledochus (Typ IVa nach Todani), zum
anderen multiple extrahepatische Gallengangszys-
ten bei unauffälligem intrahepatischem Gangsystem
(Typ IVb nach Todani) verstanden.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Abb. 7.44. 53-jähriger Patient mit langjähriger Cholelithiasis Für die Entstehung der Gangzysten werden sowohl
und sekundär erworbener Choledochozele. Die ERCP zeigt die Mündungsanomalien von Ductus choledochus und
große Choledochozele (Z), den Ductus pancreaticus (DP) mit Ductus pancreaticus (vgl. Choledochuszyste) als
postentzündlichen Wandveränderungen sowie die unauffälli- auch genetische und embryonale Faktoren (vgl.
ge Darstellung von Gallenblase (GB), Ductus choledochus
(DC) und rechtsseitigem intraheptischem Gallenwegssystem Caroli-Syndrom) verantwortlich gemacht. Die Pa-
(DHD) tienten neigen durch die zystischen Aufweitungen
418 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

des ableitenden Gallenwegssystems analog zur Gal- Gleiches gilt für andere zystische Veränderungen in-
lensteinbildung. Über eine vermehrte maligne Ent- tra-, extrahepatisch und pankreatisch sowie für Ab-
artung wurde bisher nicht berichtet. Dennoch ist, szesse und weitere Formen der Cholestase.
wie bei Choldochuszysten und Caroli-Syndrom, auf-
grund vergleichbarer Pathomechanismen von einem Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
erhöhten Risiko für die Entstehung eines CCC auszu- Auch die multiplen intra- und extrahepatischen Gal-
gehen. lengangszysten werden heute primär mit der MRT
mit MRCP untersucht und lediglich im Fall einer not-
Klinische Symptomatik wendigen Drainage oder einer Histologiegewinnung
Die klinische Symptomatik orientiert sich, analog mittels ERC/PTC.
den Patienten mit anderen zystischen Gallenwegs-
anomalien, am assoziierten Gallensteinleiden mit
seinen möglichen Komplikationen.
Merke ! Hereditäre intra- und extrahepatische
Gallenwegszysten sind selten und
werden meist im Rahmen eines Gallensteinleidens
Radiologische Symptomatik bekannt. Die günstigsten Untersuchungsmodalitäten
Eine erste Verdachtsdiagnose auf Gallengangszysten sind MRT mit MRCP oder ERC/PTC. Abzugrenzen ist
wird meist sonographisch gestellt. Dabei erkennt man insbesondere die Choledochuszyste.
zahlreiche echoarme Aufweitungen des intra- und
extrahepatischen Gallenwegssystems. Für die sichere Caroli-Syndrom (Typ V nach Todani)
Zuordnung eignen sich MRT mit MRCP (Abb. 7.45),
ERC/PTC bzw. die intravenöse Cholangiographie und 왔 Als Caroli-Syndrom wird eine kaver-
Definition
neuerdings auch die MSCT mit Sekundärrekonstruk- nöse Ektasie der großen intrahepati-
tionen. Alle Verfahren zeigen hyperintense (MRT), schen Gallengänge bezeichnet.
hypodense (MSCT) bzw. kontrastmittelgefüllte Aus-
sackungen des intra- bzw. extrahepatischen Gallen- In der Originalarbeit von Caroli 1958 wurde lediglich
wegssystems ohne Stenosen. Nuklearmedizinische eine sackförmige Dilatation der linksseitigen intra-
Verfahren kommen hier nicht mehr routinemäßig hepatischen Gallengänge beschrieben. Auch wenn
zum Einsatz. diese Form die häufigste ist, wird heute neben der ur-
sprünglichen lokalen Form auch die generalisierte
Differenzialdiagnose beidseitige zystische Erweiterung der intrahepati-
Insbesondere die Choledochuszyste und andere For- schen Gallengänge als Caroli-Syndrom bezeichnet.
men der zystischen Gallenwegsfehlbildungen müs-
sen differenzialdiagnostisch ausgeschlossen werden. Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Das Caroli-Syndrom wird sowohl unter den zysti-
schen Gallenwegserweiterungen (Typ V nach Tod-
ani) als auch unter den polyzystischen Lebererkran-
kungen (Typ IV) klassifiziert. Es ist selten und eine
autosomal-rezessive Vererbung scheint wahrschein-
lich. Eine Geschlechtsprädisposition ist nicht be-
kannt. Die Diagnose wird in der Regel spätestens bis
zur 3. Lebensdekade gestellt.
Histologisch liegen segmentale divertikelartige
Dilatationen der intrahepatischen Gallengänge in
fibrosierenden Portalfeldern vor. Ätiologisch werden
neben der genetischen Komponente sowohl eine ar-
terielle Minderperfusion perinatal als auch eine
Schwäche der fibromuskulären Wand der Gallen-
gänge vermutet. Ähnlich den übrigen zystischen
Gallenwegsfehlbildungen wird auch beim Caroli-
Syndrom eine erhöhte Neigung zur Cholelithiasis
beobachtet mit ggf. Komplikationen in Form von
Cholangitis und Sepsis. Mit der Erkrankung sind auf-
Abb. 7.45. 7-jähriger Junge mit intra- und extrahepatischen grund der Zugehörigkeit zu den polyzystischen Le-
Gallenwegszysten (Typ IVa). MRCP in Projektionstechnik mit
Dokumentation zystischer Erweiterungen des Ductus chole-
bererkrankungen die kongenitale Leberfibrose und
dochus (DC) sowie des rechten (DHD) und linken (DHS) Duc- die infantile polyzystische Nierenerkrankung häufig
tus hepaticus assoziiert. Ebenso wurde über die Ausbildung einer
7.2 Fehlbildungen 419

Abb. 7.46 a, b. 15-jährige Patientin


mit Cholangitis und Gallenwegs-
konkrementen bei Caroli-Syndrom.
a In der CT-Darstellung multipler,
miteinander kommunizierender
hypodenser Areale in der Leber
(Pfeile), entsprechend den dilatier-
ten Gallenwegen mit schlecht
abgrenzbaren Konkrementen.
Angedeutetes „central dot sign“
(Pfeilspitze). b Die ERC zeigt ein
wabiges Muster der zystisch
dilatierten intrahepatischen Gal-
lengänge mit Füllungsaussparun-
gen, die den intraduktalen Kon- a b
krementen (Pfeile) entsprechen.
(Mit freundlicher Genehmigung
von Prof. Stefan Feuerbach,
Regensburg)

Markschwammniere und im Kindesalter die Nephro- lengänge direkt darstellt. Zusätzliche axiale T2-ge-
nophthisis berichtet. Das Caroli-Syndrom gilt als wichtete Sequenzen erlauben den Nachweis einer
Präkanzerose für die Entwicklung eines CCC. evtl. assoziierten Cholelithiasis oder sekundärer Le-
berabszesse.
Klinische Symptomatik Mit den direkten Verfahren ERC/PTC oder auch
Patienten mit Caroli-Syndrom werden in der Regel der konventionellen Cholangiographie können eben-
mit Beschwerden des Gallensteinleidens klinisch auf- falls die sackartigen Erweiterungen der intrahepti-
fällig: krampfartige Oberbauchbeschwerden, Fieber, schen Gallengänge direkt zur Abbildung gebracht
rezidivierende Ikterusschübe. Nur in seltenen Fällen werden (Abb. 7.46 b). Nuklearmedizinische Verfahren
entwickeln sich eine portale Hypertension und eine kommen zur Abklärung eines Caroli-Syndroms nicht
Leberzirrhose. routinemäßig zum Einsatz.

Radiologische Symptomatik Differenzialdiagnose


Sonographisch erkennt man zahlreiche dilatierte in- Als wichtigste Differenzialdiagnosen sind die ande-
trahepatische Gallengänge und ggf. intraduktale ren Formen der polyzystischen Lebererkrankung,
Konkremente oder Sludge. Nur bei optimalen Schall- Dilatationen des intrahepatischen Gallenwegssys-
bedingungen und ausgedehnter Dilatation lassen tems benigner und maligner Genese, Entzündungen
sich kleinste Portaläste als echoreiche Struktur in- sowie die primär sklerosierende Cholangitis (PSC)
nerhalb der echoarmen Zysten nachweisen. anzusehen. Bei letzterer liegen jedoch neben Dilata-
Computertomographisch stellen sich multiple hy- tionen auch Stenosen des intra- und ggf. extrahepati-
podense rundliche Läsionen dar (Abb. 7.46 a). Eine schen Gallenwegssystems vor.
Unterscheidung zwischen Zyste, zystischer Dilatation
und erweitertem intrahepatischem Gallenwegssys- Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
tem ist auf den axialen Bildern allein weder nativ Wegweisend für das Caroli-Syndrom sind neben der
noch nach Kontrastmittelgabe möglich. Als hinwei- Sonographie mit Nachweis einer Erweiterung der in-
send gilt das so genannte „central dot sign“. Dabei trahepatischen Gallengänge die MRCP mit der
lassen sich nach Kontrastmittelgabe kleinste hyper- direkten Darstellung sowie die CT/MRT mit Nach-
dense Punkte zentral oder peripher in einzelnen der weis des „central dot signs“. Die direkten Verfahren
hypodensen Formationen nachweisen. Es handelt ERC/PTC werden primär unter therapeutischen Ge-
sich um kleinste Pfortaderäste, die aufgrund der sichtspunkten durchgeführt.
zystischen Dilatation komplett von Gallengang
umgeben scheinen. Sekundärrekonstruktionen aus
MSCT-Datensätzen bestätigen die Diagnose direkt. Merke ! Das Caroli-Syndrom ist eine seltene
Form der polyzystischen Leberer-
Auch sekundäre Abszedierungen werden anhand des krankung bzw. der zystischen Gallengangsfehlbil-
randständigen Kontrastmittelenhancements in der dung mit segmentaler Erweiterung der intrahepti-
CT erkannt. schen Gallengänge. Klinisch auffällig geworden
Mittels MRT lässt sich in der kontrastverstärkten durch die Symptome der Cholelithiasis wird die Dia-
T1-gewichteten Sequenz das „central dot sign“ ana- gnose mittels MRCP oder CT, seltener direkt mittels
log zur CT nachweisen. Diagnostisch ist jedoch die ERC/PTC gestellt. Auf eine erhöhte Prädisposition
MRCP, die die Erweiterung der intrahepatischen Gal- zur Entwicklung eines CCC ist zu achten.
420 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

7.2.3.4 Atresie der Gallenblase ist außerordentlich selten


Atresie und Hypoplasie von Gallenblase (0,04–0,07% in Autopsieberichten), häufiger liegt ei-
und Gallenwegen ne ektope Lage des Organs vor. Die Wahrscheinlich-
keit der biliären Atresie wird auf 1:14.000 geschätzt
Atresie von Gallenblase und Gallenwegen und ist in 40% der Fälle die Ursache einer Cholestase
im Neugeborenenalter. Sie macht damit, ebenso wie
왔 Die Gallengangsatresie ist durch das die Neugeborenenhepatitis, etwa ein Drittel der Fälle
Definition
vollständige Fehlen der Gallenwege eines progredienten Neugeborenenikterus aus. Pa-
und/oder der Gallenblase gekennzeichnet. thopysiologisch wird sowohl für die Gallengangs-
atresie als auch für die Neugeborenenhepatitis eine
Pathologisch-anatomische fetale inflammatorische Viruscholangitis angenom-
und ätiologische Grundlagen men. Bei der Gallengangsatresie kommt es durch die
Bei der Gallengangsatresie werden, abhängig von Infektion zu Vernarbung und Verschluss des ablei-
Höhe und Ausdehnung des Fehlens von Gallenblase tenden Gallenwegssystems, bei der Neugeborenenhe-
und/oder Gallenwegen, 3 Gruppen unterschieden, patitis unter Erhalt der extrahepatischen Gallenwege
die etwa 97% aller vorkommenden Fälle abbilden zu einer ausgeprägten Leberschädigung.
(Abb. 7.47 a–h): Etwa 10% aller Fälle der biliären Atresie sind mit
einem nichtkardialen Polyspleniesyndrom assozi-
∑ In etwa 60% dieser Fälle liegt eine komplette
iert. Dabei liegen eine Polysplenie, ein Situs inversus
Atresie von Gallenblase und Gallenwegen vor,
partialis oder totalis, eine Malrotation, eine präduo-
∑ in weiteren 15% eine vollständige Ausbildung der
denale Pfortader, eine Azygoskontinuation der V. ca-
Gallenblase, die jedoch keinen Anschluss an das
va inferior, ein anomaler Abgang der A. hepatica und
ableitende Gallenwegssystem besitzt und
eine linksseitige Isomerie der Lunge vor.
∑ in 22% der Fälle eine vollständige Anlage der Gal-
lenblase mit Anschluss an den Ductus choledo-
Klinische Symptomatik
chus.
Typisches Erscheinungsbild jeder Gallengangsatresie
Bei etwa 10% aller Gallengangsatresien kommt es – unabhängig von ihrer Ausprägung – ist der Ikterus
zur Zystenausbildung in den atretischen Gangantei- prolongatus mit überwiegend konjugiertem Biliru-
len (s. Abschn. 7.2.3.3). Eine isolierte Agenesie bzw. bin. In 80% der Fälle bleiben die Stühle acholisch, die

a b c d

e f g h

Abb. 7.47 a–h. Schematische Darstellung der verschiedenen Gallenwege einschließlich der Gallenblase. f Isolierte Zyste in
Formen der Gallengangsatresie und ihrer Häufigkeiten. a Voll- der Hepatikusgabel bei Atresie der intrahepatischen Gallen-
ständige Atresie von Gallenblase und Gallenwegen. b Isolierte wege und des Ductus hepaticus communis. g Isolierte Zyste in
Gallenblase bei Atresie der Gallenwege. c Atresie der intra- der Hepatikusgabel und isolierte Gallenblase bei Atresie der
hepatischen Gallenwege und des Ductus hepaticus communis. intra- und extrahepatischen Gallenwege. h Zyste in der Hepa-
d Isolierte Gallenblase und Ductus cysticus bei Atresie der in- tikusgabel mit Anschluss an die ektop gelegene Gallenblase.
tra- und extrahepatischen Gallengänge. e Isolierte Zyste in der Atresie der intra- und extrahepatischen Gallenwege sowie des
Hepatikusgabel bei Atresie der intra- und extrahepatischen Ductus cysticus
7.2 Fehlbildungen 421

Leber ist vergrößert und bei der Palpation hart. In


den restlichen Fällen ist die Diagnose weniger offen-
sichtlich, und eine weitere Diagnostik muss so rasch
wie möglich erfolgen. Die Differenzierung von Gal-
lengangsatresie und Neugeborenenhepatitis ist auf-
grund der unterschiedlichen therapeutischen Ansät-
ze von großer Relevanz. Eine biliäre Atresie muss in-
nerhalb der ersten 3 Lebensmonate einer operativen
Sanierung (Portoenterostomie nach Kasai) zugeführt
werden, da in höherem Lebensalter durch die pro-
gressive Gallengangsobliteration die Überlebensrate
rasch absinkt. Die Therapie der Neugeborenenhepa-
titis hingegen ist medikamentös.

Radiologische Symptomatik
Zur Abklärung des prolongierten Neugeborenenikte-
rus erfolgt zunächst immer eine Sonographie der Le-
ber. Diese muss, aufgrund der Sonomorphologie des a
Neonaten, mit einer Frequenz von 7–14 MHz durch-
geführt werden. Da die Leber bei Gallengangsatre-
sien im frühen Säuglingsalter – trotz später intraope-
rativ nachweisbaren ausgeprägten Parenchymver-
änderungen – sonomorphologisch meist unauffällig
zur Darstellung kommt, schließt dieses Kriterium
die Diagnose nicht aus. Der Ductus choledochus ist
im Neugeborenenalter selten eindeutig in seiner
gesamten Länge identifizierbar, und die Darstellung
der intrahepatischen Gänge gelingt nur im dilatier-
b
ten Zustand.Auch stellen der Nachweis oder das Feh-
len der Gallenblase kein zuverlässiges Kriterium zur Abb. 7.48 a, b. 8 Wochen alter männlicher Säugling mit pro-
Sicherung der Diagnose einer biliären Atresie dar. longiertem Ikterus. a Fehlender Nachweis einer Gallenblase
Wenn sich bei nüchternem Kind keine Gallenblase in der B-Bild-Sonographie und somit Verdacht auf Gallen-
oder eine kleine Gallenblase oder Zyste in der Porta gangsatresie. b Auch in der 99mTc-HIDA-Szintigraphie fehlen-
der Nachweis einer Gallenblase. Die Spätaufnahmen 24 h p. i.
hepatis findet, ist dies allerdings hochverdächtig auf zeigen keinen Abstrom des Radiopharmakons in den Darm
eine biliäre Atresie, da bei 90% der Kinder mit Neu-
geborenenhepatitis die Gallenblase unauffällig ist
(Abb. 7.48 a).
Zur weiteren Abklärung muss bei Verdacht auf Gallengangsatresie berichtet. Das Verfahren ist je-
eine Gallengangsatresie immer eine hepatobiliäre doch, ebenso wie die ERCP, momentan für diese Fra-
Funktionsszintigraphie durchgeführt werden. Diese gestellung nicht als etabliert anzusehen.
sollte nach Gabe von Phenobarbital zur Anregung
der Gallensekretion die Blutpoolphase, die Leberpha- Differenzialdiagnose
se und Spätaufnahmen nach 24 Stunden umfassen. Aufgrund der klinischen Symptomatik des persistie-
Die frühen Phasen geben Aufschluss über die Auf- renden Neugeborenenikterus stellen die neonatale
nahme des Radiopharmakons aus dem Blut, die Spät- Hepatitis, das Alagille-Syndrom, die spontane Perfo-
phase ist erforderlich, da bei der neonatalen Hepati- ration des Ductus choledochus und die verschiede-
tis die Ausscheidung in den Darm oft verzögert ist. Ist nen Formen der zystischen Gallengangsfehlbildun-
auch nach 24 Stunden keine Aktivität im Darm nach- gen die wichtigsten Differenzialdiagnosen zur Gal-
weisbar, ist mit hoher Sicherheit von einer Gallen- lengangsatresie dar (Tabelle 7.3).
gangsatresie auszugehen (Abb. 7.48 b). Der Nachweis
des Radiopharmazeutikums im Darm schließt die Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
Gallengangsatresie aus. Beim Verdacht auf Gallengangsatresie muss neben
In unklaren Fällen muss die operative Sicherung der Sonographie immer eine hepatobiliäre Funk-
durch eine intraoperative direkte Cholangiographie tionsszintigraphie durchgeführt werden. In weiter
erzwungen werden. Exemplarisch wird über den Ein- unklaren Fällen erfolgt die Sicherung durch intra-
satz der MRCP in der diagnostischen Abklärung der operative Cholangiographie bzw. Biopsie. Die MRCP
422 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Tabelle 7.3. Ursachen der Cholestase bei Kindern

Neugeborene Kinder

Intrahepatisch Sklerosierende Cholangitis Virushepatitis


Transiente neonatale Cholestase Drogeninduzierte Hepatitis
Mangel an interlobulären Gallengängen
(Alagille-Syndrom/nichtsyndromatisch) Benigne rezidivierende Cholestase
Morbus Byler a1-Antitrypsin-Mangel
a1-Antitrypsin-Mangel Morbus Byler
Infektionen Mukoviszidose
Mukoviszidose Alagille-Syndrom
Parenterale Ernährung
Morbus Niemann-Pick
Tyrosinämie
Galaktosämie
Mitochondriale Atmungskettendefekte

Extra- und intrahepatisch Biliäre Atresie (40%) Sklerosierende Cholangitis

Extrahepatisch Cholelithiasis Cholelithiasis


Choledochuszyste Choledochuszyste
Perforation Raumforderung
Duodenalduplikatur Obstruktion der Pfortader
Pankreashämangiom Postoperative Stenose
Lebertrauma

spielt aktuell noch keine etablierte Rolle, die ERC figkeit von 1:100.000 gilt das Alagille-Syndroms als
wird nicht eingesetzt. Prädisposition eines hepatozellulären Karzinoms
(HCC).
Merke ! Die biliäre Atresie ist eine häufige Ur-
sache des persistierenden Neugebore-
Die nichtsyndromale Form der Gallenwegshypo-
plasie ist extrem selten. In Ausnahmefällen findet
nenikterus und in 10% der Fälle mit dem nichtkardi- sich eine partielle Hypoplasie der Gallengänge auch
alen Polyspleniesyndrom vergesellschaftet. Sie kann beim Erwachsenen.
mit dem Ultraschall allein nicht sicher diagnostiziert
werden, sodass die hepatobiliäre Funktionsszintigra- Klinische Symptomatik
phie die wichtigste Untersuchung darstellt. In Zwei- Auch die Patienten mit Gallenwegshypoplasien kön-
felsfällen ist die Diagnose durch eine intraoperative nen sich durch einen persistierenden Neugeborenen-
Gallenwegsdarstellung zu erzwingen. Aufgrund der ikterus auszeichnen. Im Fall des Alagille-Syndroms
sich rasch verschlechternden Prognose muss die Dia- wird die Symptomatik zusätzlich durch die assozier-
gnose so früh wie möglich gestellt werden. Die The- ten Fehlbildungen insbesondere im Bereich der Pul-
rapie ist operativ (Portoenterostomie nach Kasai). monalarterien bestimmt. Die nichtsyndromalen For-
men werden zumeist zufällig entdeckt.
Hypoplasie von Gallenblase und Gallenwegen
Radiologische Symptomatik
왔 Im Gegensatz zur Gallengangsatresie Beim Alagille-Syndrom ist die Sonographie beim
Definition
mit vollständigem Fehlen der Gallen- Neugeborenen meist unauffällig. Demgegenüber kön-
gänge stellt ihre Hypoplasie eine Unterwicklung des nen aber bei älteren Kindern, die nicht in der Neo-
biliären Systems dar. natalperiode auffällig werden, gelegentlich ein in-
homogenes Leberparenchym oder Regeneratknoten
Pathologisch-anatomische nachgewiesen werden.
und ätiologische Grundlagen Typischerweise zeigt sich durch den beeinträch-
Die häufigste Form der Gallenwegshypoplasie tritt tigten Abfluss der Galle in der hepatobiliären Funk-
im Rahmen des Alagille-Syndroms (arteriohepati- tionsszintigraphie keine normale Ausscheidung des
sche Dysplasie) auf. Seine Hauptcharakteristika sind Radiopharmazeutikums in den Darm. Der Nachweis
neben der chronischen Cholestase eine abnorme von einem oder mehreren Schmetterlingswirbeln
Fazies, Augenanomalien, Schmetterlingswirbel und mit Hilfe der konventionellen BWS-Aufnahme a.-p.
Pulmonalarterienhypoplasie oder -stenose. Die ge- (Abb. 7.49) erhärtet die Diagnose, die definitiv durch
naue Ätiologie ist unbekannt, eine genetische Kom- eine Leberbiopsie gesichert werden muss.
ponente wird vermutet. Mit einer geschätzten Häu-
7.2 Fehlbildungen 423

Abb. 7.49. 10 Tage alter männ-


licher Säugling mit Alagille-
Syndrom. In der konventionellen
Wirbelsäulenaufnahme a. p.
zeigen sich mehrere Schmetter-
lingswirbel (Pfeile)

Abb. 7.50. 4 Wochen alter männlicher Säugling mit nichtsyn-


dromaler Form einer Gallengangshypoplasie. In der wegen des
Verdachts auf Gallengangsatresie durchgeführten intraopera-
tiven Cholangiographie zeigt sich ein kaliberschwaches intra-
hepatisches Gallengangssystem (Pfeile). Die Biopsie bestätigte
eine Gallengangshypoplasie

Differenzialdiagnose
Bedingt durch den persistierenden Neugeborenenik-
terus beim Alagille-Syndrom stellen neben der neo-
natalen Hepatitis und der Gallengangsatresie die
spontane Choledochusperforation und die verschie-
denen Formen der zystischen Gallenwegsfehlbildun-
gen die entscheidenden Differenzialdiagnosen dar.

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


Neben der Sonographie erhärten die hepatobiliäre
Funktionsszintigraphie und die konventionelle Rönt-
genaufnahme der BWS die Diagnose eines Alagille-
Syndroms. Zur Sicherung erfolgt immer eine Leber-
biopsie. Die nichtsyndromalen Formen werden zu-
fällig entdeckt (Abb. 7.50, Abb. 7.51). Abb. 7.51. 41-jähriger Patient mit Verdacht auf Choledocholi-
thiasis. ERCP mit unauffälligem Lumen des extrahepatischen
Merke ! Die häufigste Form der Gallengangs-
hypoplasie tritt im Rahmen des Ala-
Gallenwegssystems. Hypoplasie des rechten Ductus hepaticus
und seiner Verzweigungen (Pfeil)
gille-Syndroms auf. Zur Diagnosesicherung werden
Sonographie, hepatobiliäre Funktionsszintigraphie
und als Referenzstandard die Leberbiopsie einge-
setzt. Pathognomonisch sind Schmetterlingswirbel
der BWS. Eine erhöhte Prädisposition für ein HCC ist
zu beachten. Die nichtsyndromale Form ist sehr sel-
ten.
424 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Literatur zu Abschn. 7.2.3 7.2.4


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tion (Abb. 7.54 a–k).
Als seltene Normvariante (5–7%) entspringt die
A. cystica, die normalerweise von der A. hepatica dex-
tra abgeht aus der A. hepatica communis, der A. hepa-
tica sinistra oder medialis bzw. aus der A. gastroduo-
denalis. In 25% der Fälle ist sie auch doppelt angelegt.

Klinische Symptomatik
Normvarianten des arteriellen Gefäßsystems von Le-
ber, Gallenblase und Gallenwegen werden generell
zufällig diagnostiziert und sind nicht mit klinischen
Symptomen verbunden. Relevanz weisen sie zur ope-
rativen Planung von resektiven Maßnahmen und im
Rahmen der interventionellen Therapie (Embolisa-
tion, lokoregionale Chemotherapie) oder in der prä-
operativen Diagnostik vor Lebertransplantation (Le-
bendspender und Empfänger) auf.
7.2 Fehlbildungen 425

Abb. 7.53. 64-jähriger Patient mit Kolonkarzinom. Zufallsbe-


fund einer akzessorischen A. hepatica sinistra (Pfeil) aus der
a A. gastrica sinistra in der präoperativen Katheterangiographie

Radiologische Symptomatik
Arterielle vaskuläre Normvarianten können beim
Kind in aller Regel, beim Erwachsenen gelegentlich
dopplersonographisch erfasst werden.
Mit CE-MRA oder CTA ist eine Darstellung der
großen arteriellen Gefäßäste, aber auch kleinerer
peripherer arterieller Äste möglich. Bei kleineren
Segmentästen ist die CTA aus MSCT-Datensätzen
aufgrund ihrer höheren räumlichen Auflösung der
CE-MRA überlegen. Neben den Originalbildern kön-
nen bei beiden Verfahren angiographische Darstel-
lungen in Form von MIP-Rekonstruktionen angefer-
tigt werden. Damit sind die Schnittbildverfahren der
Katheterangiographie in ihrer Aussagekraft zumin-
dest gleichwertig.
Die Katheterangiographie spielt zumeist keine we-
sentliche diagnostische Rolle mehr und wird im Rah-
b
men einer geplanten Intervention zur Festlegung und
Abb. 7.52 a, b. 85-jährige Patientin mit perforierter Sigma-
Dokumentation der prätherapeutischen Gefäßanato-
divertikulitis und kotiger Unterbauchperitonitis. Zufalls- mie eingesetzt.
befund arterieller Normvarianten in der präoperativen MSCT.
a Koronare MIP-Rekonstruktion mit Darstellung einer aber- Differenzialdiagnose
rierenden A. hepatica communis aus der A. mesenterica super-
ior (Pfeil). Zusätzlich selektiver Abgang der A. gastrica sinistra Differenzialdiagnostische Überlegungen spielen bei
aus der Aorta und akzessorische A. hepatica sinistra aus der den arteriellen Normvarianten auch angesichts feh-
A. gastrica sinistra (Pfeilspitzen). b Sagittale MIP-Rekonstruk- lender klinischer Symptomatik keine Rolle.
tion zu a
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
Werden vaskuläre Normvarianten sonographisch
diagnostiziert, ist – außer bei geplantem interventio-
nellen Vorgehen – eine weitere diagnostische Abklä-
rung nicht erforderlich. Erfolgt primär eine weiter-
426 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

a b

c d e

f g h

i j k

Abb. 7.54 a–k. Schematische Darstellung der Normvarianten und ihrer Häufigkeiten für die arterielle Versorgung von Leber,
Gallenblase und Gallenwegen
7.2 Fehlbildungen 427

a b c

Abb. 7.55 a–e. Schematische Darstellung


der häufigsten Normvarianten der intra-
hepatischen Pfortaderverzweigungen.
RAS anteriorer Segmentast rechts.
d e RPS posteriorer Segmentast rechts

führende Schnittbilddiagnostik bietet die CTA eine anteriore und posteriore Segmentast direkt aus der
bessere Auflösung kleinerer arterieller Segmentäste V. porta entspringen. Weniger häufig sind der Ur-
und ist hierfür der CE-MRA vorzuziehen. Steht das sprung des rechten posterioren Asts aus dem Pfort-
therapeutische Vorgehen im Vordergrund, wird eine aderhauptstamm (5–6%) und der Abgang des rech-
Katheterangiographie in DSA-Technik angefertigt. ten anterioren Segmentasts aus dem linken Pfort-
aderast (3–4%; Abb. 7.55 a–e). Eine extrahepatische
Merke ! Normvarianten des arteriellen Gefäß-
systems sind häufig, meist jedoch
Lageanomalie stellt die präduodenale Pfortader dar,
die aus einer fehlenden Obliteration der embryonal
klinisch und therapeutisch unbedeutend. Eine Rele- bestehenden inferioren Verbindung der paarig ange-
vanz ist lediglich bei interventionellem Vorgehen legten Nabelvenen resultiert. Sie ist häufig mit dem
(Chemoembolisation, lokoregionale Chemotherapie) Pancreas anulare, mit einer Duodenalstenose, einer
oder bei der präoperativen Abklärung vor Leber- Duodenalmembran oder einer Malrotation vergesell-
transplantation (Lebendspender und Empfänger) schaftet und tritt auch beim nichtkardialen Polysple-
gegeben. Diese erfolgt mittels CTA oder CE-MRA, niesyndrom (s. Abschn. 7.2.3.4) auf.
im Falle des therapeutischen Ansatzes direkt mittels Extrahepatisch wird die Einmündung der V. me-
Katheterangiographie. senterica inferior in die V. lienalis lediglich in etwa
40% der Fälle beobachtet. Demgegenüber mündet
Lagevarianten der portalen Gefäße die V. mesenterica inferior in etwa 30% in die V. me-
senterica superior, in ebenfalls etwa 30% bildet sie
왔 Unter Lagevarianten der portalen Ge- zusammen mit V. mesenterica superior und V. lienalis
Definition
fäße werden normvariante Verläufe den Pfortaderursprung.
der portalen Blutleiter bezeichnet. Als seltene Normvariante wird über einen direk-
ten Abstrom des venösen Bluts aus Gallenblase und
Sie werden bei etwa 20% der Patienten beobachtet, Gallenwegen in den Pfortaderhauptstamm berichtet.
wobei Varianten der Segmentäste bei fast allen Men-
schen zu finden sind. Klinische Symptomatik
Auch die Normvarianten des portalen Gefäßsystems
Pathologisch-anatomische werden zufällig entdeckt und sind nicht mit klini-
und ätiologische Grundlagen schen Symptomen verbunden. Bedeutung kommt
Die häufigste Variante des intrahepatischen Pfort- ihnen daher vor allem in der präoperativen Diagnos-
aderverlaufs stellt der Trifurkationstyp (8–10%) dar, tik vor Lebertransplantation (Lebendspender und
bei dem anstelle eines rechten Pfortaderasts der Empfänger) zu.
428 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Radiologische Symptomatik
Es gelten analog die zu den arteriellen Gefäßvarian-
Merke ! Auch die Normvarianten des portalen
Gefäßsystems sind häufig.Von Bedeu-
ten gemachten Aussagen zu Sonographie, CTA und tung sind sie vor Lebertransplantation (Lebendspen-
CE-MRA. Die Katheterangiographie spielt diagnos- der und Empfänger). Die diagnostische Aufarbeitung
tisch keine Rolle und kommt nur im Rahmen erfolgt mittels CTA oder CE-MRA und nur im Fall
interventioneller Verfahren (TIPSS, transhepatische eines therapeutischen Vorgehens mittels Katheter-
Pfortaderintervention) zum Einsatz. angiographie.

Differenzialdiagnose Lagevarianten der venösen Gefäße


Differenzialdiagnostische Überlegungen haben kei-
ne Bedeutung. 왔 Als Lagevarianten der Lebervenen
Definition
werden normvariante Verläufe der ve-
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie nösen Blutleiter bezeichnet.
Analog zu den arteriellen Normvarianten bietet die
CTA die größte diagnostische Aussagekraft. Diese sind häufig und in zahlreichen Formen be-
schrieben.

b d

c e

Abb. 7.56 a–e. Schematische Darstellung der Mündungsvarianten der Lebervenen in die V. cava inferior mit Angabe der Häufig-
keiten
7.2 Fehlbildungen 429

Pathologisch-anatomische Differenzialdiagnose
und ätiologische Grundlagen Differenzialdiagnostische Überlegungen spielen kei-
Typischerweise sind 3 Lebervenen (V. hepatica dex- ne Rolle.
tra, V. hepatica intermedia und V. hepatica sinistra)
vorhanden, die gemeinsam in die V. cava inferior Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
münden. Häufig vereinigen sich die V. hepatica inter- Unter Berücksichtigung der Gesamtplanung wird
media und die V. hepatica sinistra bereits vor der Ein- zur Beurteilung der Lebervenen eine CTA durchge-
mündung in die V. cava inferior (Abb. 7.56 a–e). Deut- führt.
lich seltener ist die Einmündung der mittleren Leber-
vene in die rechte Lebervene vor dem Venenstern. Ge-
legentlich sind 2 rechte Lebervenen vorhanden, Merke ! Normvarianten der Lebervenen sind
häufig, und ihre Kenntnis spielt bei
wobei die kaudal gelegenere meist das Segment VI der Planung von Leberteilresektionen und vor Leber-
drainiert (Abb. 7.57). Der Abfluss des Segments IVb transplantationen eine wichtige Rolle. Die diagnosti-
kann sowohl über die linke Lebervene (60%) als auch sche Abklärung erfolgt im Rahmen der Gesamt-
über die rechte Lebervene (40%) erfolgen. Dies ist planung mittels CTA aus einem biphasischen MSCT-
vor einer Leberlebendspende zu beachten. Der Lobus Datensatz.
caudatus drainiert in der Regel direkt in die V. cava
inferior. 7.2.4.2
Fehlbildungen der Gefäße der Leber
Klinische Symptomatik und des Pfortaderkreislaufs
Wie bei den arteriellen und portalen Gefäßvarianten Vaskuläre Anomalien und kongenitale Fehlbildun-
liegt kein klinisches Beschwerdebild vor. Die Norm- gen der Lebergefäße und des Pfortaderkreislaufs sind
varianten haben ihre Bedeutung insbesondere im sehr selten.
Rahmen der Operationsplanung von Leberteilresek-
tionen und bei Lebertransplantationen, insbesonde- 왔 Generell werden vaskuläre Anomalien
Definition
re in Form der Lebendspende („split liver“). gemäß der biologischen Klassifika-
tion nach Mulliken und Glowacki in die vaskulären
Radiologische Symptomatik Malformationen und die vasoproliferativen Tumoren
Es gelten analog die Ausführungen zu den Normvari- eingeteilt. Bei den vaskulären Malformationen unter-
anten des arteriellen und portalen Gefäßsystems. Da scheidet man zwischen
vor Leberteilresektionen ebenso wie bei Lebertrans- ∑ arteriovenösen Gefäßfehlbildungen mit schnel-
plantationen häufig 3D-Rekonstruktionen zur Pla- lem Fluss, „fast flow“,
nung angefertigt werden, kommt auch für die Leber- ∑ venösen und lymphatischen Gefäßbildungen mit
venenbeurteilung vor allem die CTA zum Einsatz. Die langsamem Fluss, „slow flow“, und
angiographische Darstellung kann aus dem biphasi- ∑ kombinierten Formen.
schen MSCT-Datensatz direkt gewonnen werden.
Die vasoproliferativen Tumoren der Leber, wie z. B.
das Hämangiom und das Angiosarkom werden im
Abschnitt „Tumoren“ (s. Abschn. 7.5) behandelt.

Vaskuläre Malformationen „fast flow“


Bei den vaskulären Malformationen der Leber mit
„fast flow“ unterscheidet man zwischen
∑ arteriovenösen Malformationen (AVM),
∑ der hereditären Teleangiektasie und
∑ der arterioportalen Fistel.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Abb. 7.57. 17-jähriger Junge mit separater Einmündung der Die AVM sind durch das Auftreten von Verbindun-
Segmentvene VI. In der Farbdoppler-Sonographie zeigt sich
eine direkte Darstellung der atypisch mündenden Segment-
gen des arteriellen mit dem venösen Gefäßsystem
vene (Pfeil) in die V. cava inferior und unterschiedlich großen Shuntvolumina gekenn-
zeichnet.
Die hereditäre Teleangiektasie (Morbus Osler-We-
ber-Rendu) ist ein autosomal-dominant vererbtes
430 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Leiden, das sich im Erwachsenalter und nur extrem Pfortader (Intimaproliferation aufgrund des turbu-
selten in der Kindheit manifestiert. Es handelt sich lenten Flusses und Thrombose) und des Darms
um eine vaskuläre hämorrhagische Diathese, die führt, muss sie sofort therapiert werden. Dies kann
wegen kavernomartigen Teleangiektasien in Haut, heute primär interventionell-radiologisch durch
Konjunktiva, Schleimhaut und inneren Organen zu kathetergestützte Embolisation erfolgen, wobei das
Blutungen führt. Die Teleangiektasien entstehen auf Hauptrisiko die Pfortaderthrombose darstellt. Das
dem Boden einer fibrovaskulären Dysplasie. Bei operative Spektrum umfasst die Resektion, die Anla-
ihnen besteht eine direkte Verbindung zwischen den ge eines portosystemischen Shunts oder die Leber-
Arterien und Venen mit ausgeweiteten Kapillaren und transplantation.
Venolen ohne Elastika. In den inneren Organen wie Bei den erworbenen Formen steht neben der Blu-
Lunge, ZNS, Magen-Darm-Trakt und Leber kommt es tung in der Regel die Symptomatik der Grunderkran-
zur Ausbildung von arteriovenösen Fisteln. kung im Vordergrund.
Arterioportale Fisteln können kongenital oder er-
worben sein. Sie kommen intra- oder extrahepatisch Radiologische Symptomatik
vor. Die meisten intrahepatischen arterioportalen Alle vaskulären Fehlbildungen werden in erster Linie
Fisteln sind isolierte angeborene Anomalien. Sie kön- sonographisch mit der farbkodierten Duplexsonogra-
nen aber auch bei der hereditären Teleangiektasie phie und dem Spektraldoppler untersucht. In der So-
oder beim Ehlers-Danlos-Syndrom und der Gallen- nographie zeigt sich bei AVM mit einem großen
gangsatresie auftreten. Als erworbene Form werden Shuntvolumen eine kaliberstärkere A. hepatica mit
sie bei Patienten mit Zirrhose, nach Lebertrauma erhöhten Flussgeschwindigkeiten und eine Erweite-
und Biopsie beobachtet. rung der drainierenden Vene. Zudem nimmt das Ka-
liber der Aorta abdominalis nach Abgang der leber-
Klinische Symptomatik versorgenden Gefäße deutlich ab („tapering“ der
Angeborene AVM werden meist infolge eines großen Aorta). Die Abgrenzung einer AVM von einem Häm-
Shuntvolumens durch eine Herzinsuffizienz in der angiom kann schwierig sein, sodass in der Regel zu-
Neugeborenenperiode auffällig. Sie werden am be- sätzlich eine MRT mit Auswertung der Flusscharak-
sten durch Embolisation und chirurgische Resektion teristika und ggf. mit Flussmessung durchgeführt
behandelt. wird.
Bei der hereditären Teleangiektasie (Morbus Osler- Bei der hereditären Teleangiektasie finden sich in
Weber-Rendu) entwickeln sich die Teleangiektasien der Sonographie ein inhomogenes Leberparenchym
bis zum 50. Lebensjahr, und am häufigsten kommt es und geschlängelte Gefäße bzw. Aneurysmen mit Er-
aufgrund der Lungenbeteiligung, die zur Zyanose und weiterung der zu- und abführenden Gefäße. Die
Belastungsdyspnoe führt, zur Vorstellung des Patien- Flussgeschwindigkeit in der A. hepatica ist deutlich
ten. Auch hier kann sich je nach Größe des Shunt- erhöht. In der Pfortader kann sich bei Vorliegen eines
volumens eine Herzinsuffizienz ausbilden. Die Leber- arterioportalen Shunts ein pulsierender Fluss mit
beteiligung führt zu einer portalen Hypertension, phasenweiser oder kontinuierlicher Flussumkehr
hepatischen Enzephalopathie und Leberversagen. zeigen. Auch liegt eine erhebliche Veränderung der
Dopplerflusskurve in den Lebervenen vor. In der CT
CAVE ! Aufgrund der diffusen Natur dieser
Läsionen stellt die Embolisation keine
zeigen sich erweiterte Leberarterien, die korkenzie-
herartig gewunden sein können, sowie dilatierte
gute Therapieoption dar, da das Risiko einer zusätz- Pfortaderäste und Lebervenen (Abb. 7.58 a, b). Durch
lichen ischämischen Schädigung des Lebergewebes die arteriovenösen (AV-)Shunts kommt es in der
und damit einer Lebernekrose besteht. früharteriellen Phase zur vorzeitigen Kontrastierung
der Pfortader und der Lebervenen mit fleckigem,
Therapeutisch kann eine Lebertransplantation erwo- teils keilförmigen Enhancement des Leberparen-
gen werden. chyms. Die Teleangiektasien erscheinen in Form von
Bei der kongenitalen arterioportalen Fistel fallen kleinen kontrastmittelaufnehmenden Läsionen.
die Patienten am häufigsten durch eine portale Hy- Auf MRT-Aufnahmen findet sich in der T1-Wich-
pertension, Aszites, Malabsorption, gastrointestinale tung ein Netzwerk von Gefäßen mit „flow voids“, die
Blutungen und Bauchschmerzen auf. Ein kleinerer Teleangiektasien sind hypo- bis isointens. Nach Kon-
Prozentsatz von Patienten präsentiert sich mit einem trastmittelgabe stellen sich diese vaskulären Fehlbil-
Herzversagen aufgrund einer Hyperzirkulation, vor dungen als kleine homogen kontrastmittelaufneh-
allem dann, wenn der Ductus venosus noch offen ist. mende Herde dar. Wie in der CT zeigt sich eine frühe
Beim akuten Verschluss des Ductus venosus kann es Kontrastierung der peripheren Pfortaderäste und ei-
zu einer fatalen gastrointestinalen Blutung kommen. ne transiente keilförmige Kontrastmittelaufnahme
Da die arterioportale Fistel zu einer Schädigung der des Leberparenchyms.
7.2 Fehlbildungen 431

ten verbunden sind. Bei kleinen Kindern kann diese


Läsion sonographisch mit einem Hämangiom ver-
wechselt werden, weil diese manchmal ebenfalls ei-
nen zentralen Varixknoten aufweisen.
Die weitere Differenzierung zwischen einer arte-
rioportalen Fistel und einem Hämangiom erfolgt
günstigerweise mittels MRT. Der fehlende Nachweis
einer Kontrastmittelaufnahme um den Varixknoten
herum bzw. eines in der T2-Wichtung hyperintensen
Tumors schließt ein Hämangiom aus. Erhärtet sich
der Verdacht auf eine arterioportale Fistel, wird im-
mer eine Katheterangiographie durchgeführt. Nach
a
Darstellung der anatomischen Situation kann so die
Möglichkeit einer Embolisation, ggf. in gleicher Sit-
zung, evaluiert werden.

Differenzialdiagnose
Sowohl die AVM als auch die arterioportale Fistel
müssen von einem Hämangiom abgegrenzt werden.
Zusätzlich sollten, ebenso wie bei der hereditären
Teleangiektasie das eventuelle gleichzeitige Vorliegen
einer Gallengangsatresie, einer Leberzirrhose, malig-
ner Lebertumoren und des Budd-Chiari-Syndroms
differenzialdiagnostisch bedacht werden.
b
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
Abb. 7.58 a, b. 61-jährige Frau mit Morbus Osler (CT in der
Bei vaskulären Fehlbildungen mit „fast flow“ erfolgt
arteriellen KM-Perfusionsphase). a Frühzeitige Füllung der die Abklärung mit der Sonographie einschließlich
Lebervenen (Pfeil). b In beiden Lappen Nachweis erweiterter farbkodierter Duplexsonographie sowie der CT mit
und korkenzieherartig gewundener Leberarterien (Pfeile) so- CTA bzw. der MRT mit CE-MRA. Letztere ist vor al-
wie deutlich dilatierter Lebervenen (Pfeilspitzen)
lem im Kindesalter zur Abgrenzung einer AVM oder
einer arterioportalen Fistel vom Hämangiom gün-
stig. Im Erwachsenalter lässt sich die hereditäre Tele-
angiektasie schnell und übersichtlich mit der MSCT
diagnostizieren. Die MRT-Untersuchung sollte im-
Mit der CE-MRA kann das Ausmaß der Verände- mer eine CE-MRA beinhalten. Eine Katheterangio-
rungen gut beurteilt werden. Zur Analyse der Fül- graphie erfolgt in allen Fällen nur bei unklaren Be-
lungskinetik sind dynamische GRE-Sequenzen mit funden präoperativ oder im Rahmen einer Embolisa-
Flussanalyse nützlich. Eine Katheterangiographie tion.
wird nur vor Operation oder Embolisation durchge-
führt.
Bei der kongenitalen arterioportalen Fistel ist die
Merke ! Zu den vaskulären Fehlbildungen der
Leber mit „fast flow“ zählen die AVM,
A. hepatica meist kaliberstärker als normal und der die hereditäre Teleangiektasie und die arterioportale
drainierende Pfortaderast dilatiert. In der farbkodier- Fistel. Allen ist gemeinsam, dass die in die Fehlbil-
ten Duplexsonographie zeigt sich eine erhöhte Fluss- dung involvierten Gefäße über die Norm dilatiert
geschwindigkeit in der A. hepatica und eine Umkehr sind und abnorm erhöhte Flussgeschwindigkeiten
des Pfortaderflusses. Die Gefäßarchitektur der kon- aufweisen. Im Kindesalter können sowohl die AVM
genitalen arterioportalen Fisteln variiert außer- als auch die arterioportale Fistel mit einem Häm-
ordentlich stark. In den meisten Fällen findet sich angiom verwechselt werden. Zur weiteren Abklärung
jedoch ein großer intrahepatischer Varixknoten, der sollte daher die MRT herangezogen werden. Bei der
Teil des drainierenden Pfortaderasts oder ein Seg- hereditären Teleangiektasie ist aufgrund ihrer typi-
ment der Umbilikalvene ist. Die Fistel kann aus einer schen klinischen Erscheinungsform und ihrer Lun-
einzigen arterioportalen Verbindung aufgebaut sein gen- und Leberbeteiligung die CT die Methode der
oder aus mehreren Arterien, die mit dem Varixkno- Wahl.
432 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

a b

Abb. 7.59 a–c. 7 Tage alter männlicher Säugling mit


Kasabach-Merritt-Syndrom und 2 portovenösen Fisteln
im linken Leberlappen. a, b In der CTA portovenöse Fistel
zwischen linkem Pfortaderast und linker Lebervene (Pfeil)
sowie zwischen linkem Pfortaderast und mittlerer Leber-
vene (Pfeilspitze). c Die Phlebographie über den Umbilikal-
venenkatheter (UV) dokumentiert im a. p.-Strahlengang
c die Fisteln in analoger Weise (Pfeil, Pfeilspitze).
PV Pfortaderast, LV linke Lebervene

Vaskuläre Malformationen „slow flow“ Pathologisch-anatomische


Zu den „slow flow“ vaskulären Malformationen der und ätiologische Grundlagen
Leber, der vorgeschalteten portomesenterialen Ge- Die häufigste rein venöse Anomalie der Leber kommt
fäße und der Milzvene existieren sehr unterschied- bei Patienten mit dem Blue-rubber-bleb-nevus-Syn-
liche Klassifikationen. Dies ist auf die außerordent- drom (blaues Gummiblasennävussyndrom) vor, das
liche Variationsbreite von Atresie, Hypoplasie und zu den generalisierten Hämangiomatosen zählt. Die-
Fehlmündung von V. cava inferior, Lebervenen und se Erkrankung manifestiert sich im Verlauf der Kind-
Pfortader einschließlich ihrer Verzweigungen und heit durch die Entwicklung von multiplen subkuta-
Zuflüsse zurückzuführen. Im Folgenden werden das nen oder blauschwarzen kutanen komprimierbaren
„Blue-rubber-bleb-nevus-Syndrom“, der kongenitale kavernösen Hämangiomen von gummiartiger Kon-
intrahepatische portovenöse Shunt, die kongenitale sistenz und dem Auftreten gleichartiger Läsionen im
portokavale Fistel und die kongenitalen extrahepati- Gastrointestinaltrakt und im muskuloskeletalen Sys-
schen portokavalen Shunts behandelt. tem.
7.2 Fehlbildungen 433

왔 Bei den kongenitalen intrahepatischen gastrointestinalen Blutung auf. Die Leberherde ver-
Definition
portovenösen Shunts liegt eine Verbin- ursachen nur äußerst selten klinische Symptome.
dung zwischen einem Pfortaderast und einer Leber- Zumeist wird ein kongenitaler intrahepatischer
vene vor. portovenöser Shunt in der Neugeborenenperiode
oder bei Kleinkindern nur zufällig im Rahmen einer
Diese ist meist in der Leberperipherie lokalisiert und durchgeführten Sonographie entdeckt. Ein Teil der
kommt u. a. bei Kindern mit einer Galaktosämie vor. Kinder wird postpartal durch eine Verbrauchs-
Normalerweise kommt es zu einem Spontanver- koagulopathie auffällig. Fast immer verschließt sich
schluss zwischen dem 1. und 2. Lebensjahr. der Shunt spontan vor Beendigung des 2. Lebensjah-
res. Andernfalls kann eine Embolisation über einen
왔 Die kongenitale portokavale Fistel ist transfemoralen oder transhepatischen Zugang ver-
Definition
eine seltene Anomalie, bei der eine Ver- sucht werden. Bei Persistieren des Shunts bis ins Er-
bindung zwischen der V. portae und der V. cava wachsenenalter muss mit einer hepatischen Enze-
inferior entweder intra- oder extrahepatisch oder über phalopathie gerechnet werden.
den persistierenden Ductus venosus Arantii vorliegt. Die Patienten mit einer kongenitalen portokavalen
Fistel werden über eine Hypoxie aufgrund sich ent-
Eine kongenitale portokavale Fistel kann isoliert oder wickelnder pulmonalarteriovenöser Shunts und die
auch im Rahmen von Syndromen wie dem Goldenhar- Entstehung der pulmonalen Hypertonie klinisch
Syndrom, der Trisomie 21 und dem Noonan-Syndrom auffällig. Zudem treten gehäuft Leberläsionen wie
auftreten. Hier ergeben sich bezüglich der extrahepa- die regenerative noduläre Hyperplasie, Adenome
tischen portokavalen Fisteln Überschneidungen zwi- und HCC auf. Die pulmonalen Komplikationen und
schen den Einteilungen verschiedener Autoren. die gutartigen Lebertumoren können sich nach
In der jüngeren Literatur erfolgte der Vorschlag, die Behandlung der Fistel durch interventionelle oder
kongenitalen extrahepatischen portokavalen Shunts in chirurgische Maßnahmen wieder vollständig zu-
2 Gruppen zu unterteilen und nach dem Erstbeschrei- rückbilden.
ber einer derartigen Fehlbildung aus dem Jahre 1793 Erste klinische Anzeichen einer Abernethy-Mal-
Abernethy-Malformation zu benennen. formation bei Neugeborenen können ein Ikterus und
eine Gedeihstörung oder bei älteren Kindern die Ent-
∑ Beim Typ 1 wird das gesamte Blut aus dem Pfort-
wicklung einer Hyperaktivität sein. Andere Patienten
aderkreislauf in die V. cava geleitet und die V. por-
fallen primär durch die Entwicklung eines Lebertum-
ta ist nicht angelegt (End-zu-Seit-Shunt/kongeni-
ors auf. Im Erwachsenenalter kann sich bei beiden
tales Fehlen der V. porta). Diese Anomalie tritt
Typen eine hepatische Enzephalopathie entwickeln.
nur beim weiblichen Geschlecht auf und ist für
Daher sollten Patienten mit einer Abernethy Mal-
gewöhnlich mit anderen kongenitalen Anomalien
formation vom Typ 2 mit einem signifikanten Shunt
wie Herzfehlern, Gallengangsatresie, Polysplenie
einer operativen Therapie zugeführt werden
und mit der Entwicklung von Lebertumoren wie
z. B. Hämangiomen oder Hepatoblastomen verge-
Radiologische Symptomatik
sellschaftet.
Alle vaskulären Fehlbildungen sollten in erster Linie
∑ Beim Typ 2 der Abernethy-Malformation ist die
mit der Sonographie, der farbkodierten Duplexsono-
V. porta vorhanden und mündet extrahepatisch in
graphie und dem Spektraldoppler untersucht werden.
die V. cava inferior suprarenal (Seit-zu-Seit-Shunt).
Beim Blue-rubber-bleb-nevus-Syndrom zeigen sich
Der Typ 2 kann isoliert auftreten, ist viel seltener
in der Sonographie und in der Nativ-CT Leberherde,
mit anderen kongenitalen Anomalien vergesell-
die verkalkt (Phlebolithen) sein können. In der MRT
schaftet und bevorzugt das männliche Geschlecht.
lassen sich in T2-Wichtung multiple hyperintense
Vaskuläre Malformationen des Pfortaderkreislaufs Herde, die im Falle von Einblutungen auch Spiegel-
können lokalisiert auftreten, aber auch alle Gefäße bildungen aufweisen, erkennen. Methode der Wahl
einschließlich der V. lienalis, der Pfortader und ihre ist jedoch die erythrozytenmarkierte Radionuklid-
intrahepatischen Äste involvieren. Sie werden ebenso szintigraphie zum Ganzkörpernachweis der vaskulä-
bei Patienten mit abdominellen lymphatischen Mal- ren Läsionen. Dabei lassen sich in der Regel multiple
formationen in Form von Anomalien der Pfortader, Herde im Magen, Dünn- und Dickdarm nachweisen.
einem intrahepatischen Pfortaderverschluss oder Beim kongenitalen intrahepatischen portovenösen
varikösen Kollateralen beobachtet. Shunt zeigt sich in der Sonographie, der CT und der
MRT eine Erweiterung des betroffenen Pfortaderasts
Klinische Symptomatik und der betroffenen Lebervene (Abb. 7.59 a–c). In den
Patienten mit einem Blue-rubber-bleb-nevus-Syn- meisten Fällen reichen engmaschige sonographische
drom fallen meist durch eine Anämie aufgrund einer Kontrollen aus, bis sich der Shunt verschlossen hat.
434 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.60 a–c. 4-jähriges Mädchen mit


Abernethy-Malformation Typ 2. a In der
Farbdopplersonographie zeigt sich eine
direkte Einmündung der V. porta in die
V. cava inferior. b Auf den MRT-Aufnah-
men in T2-Wichtung koronar erkennt
man einen abnorm kleinen rechten
Leberlappen (Pfeil). c Die CE-MRA bestä-
tigt den sonographische Befund (Pfeil):
Nach Vereinigung der V. lienalis mit der
V. mesenterica superior mündet die Pfort-
ader direkt in der V. cava inferior

b c

Bei Veränderungen wie der kongenitalen portoka- muss zusätzlich eine Katheterangiographie, eine
valen Fistel bzw. der Abernethy-Malformation ist die direkte Splenoportographie oder eine Kavographie
genaue anatomische Erfassung der Situation mit der erfolgen.
Sonographie aufgrund der fehlenden Übersicht häu-
fig schwierig (Abb. 7.60 a). Ein kleiner rechter Leber- Differenzialdiagnose
lappen, der mit allen Schnittbildverfahren detektiert Das Blue-rubber-bleb-nevus-Syndrom ist aufgrund
werden kann, kann ein Hinweis auf eine Abernethy- der kutanen Manifestation eindeutig zu diagnostizie-
Malformation sein (Abb. 7.60 b). Dennoch lassen sich ren und erlaubt bei typischer Darstellung mit Nach-
komplexe Gefäßfehlbildungen und damit assoziierte weis eines verkalkten Phlebolithen eine eindeutige
weitere Fehlbildungen übersichtlicher und repro- Zuordnung der Leberherde. Differenzialdiagnostisch
duzierbarer mit CT einschließlich CTA und MRT mit sind Metastasen und primäre Lebertumoren ggf. in
CE-MRA (Abb. 7.60 c) darstellen. In Zweifelsfällen Betracht zu ziehen. Die anderen vaskulären Malfor-
7.2 Fehlbildungen 435

mationen mit „slow flow“ lassen sich durch anatomi- Literatur zu Abschn. 7.2.4
sche Darstellung der Fehlbildung einordnen und dif-
ferenzialdiagnostisch voneinander abgrenzen. Abernethy LJ (2003) Classification and imaging of vascular
malformations in children. Eur Radiol 13: 2483–2497
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Appel M, Loeweneck H (1987) Verlauf und Mündungen der
großen Lebervenen zu Leitstrukturen an der Leberober-
Bei den vaskulären Malformationen mit „slow flow“ fläche. Chirurg 58: 243–247
muss sich einer sonographischen Untersuchung zur Atri M, Bret PM, Fraser-Hill MA (1992) Intrahepatic portal
vollständigen Dokumentation der Fehlbildung im- venous variations: prevalence with US. Radiology 184:
mer eine CT mit CTA oder eine MRT mit CE-MRA 157–158
Burrows PE, Dubois J, Kassarjian A (2001) Pediatric hepatic
anschließen. Dabei ist bei Kindern grundsätzlich ei- vascular anomalies. Pediatr Radiol 31: 533–545
ne MRT zu bevorzugen. Allerdings erfordern diese Corness JAG, McHugh K, Roebuck DJ, Taylor AM (2006) The
äußerst seltenen Fehlbildungen für die Therapiepla- portal vein in children: radiological review of congenital
nung eine sorgfältige anatomische Aufarbeitung, so- anomalies and acquired abnormalities. Pediatr Radiol 36:
87–96
dass gelegentlich auch beide Verfahren zum Einsatz Dirisamer A, Friedrich K, Schima W (2005) Anatomie und
kommen. Normvarianten der Segmente, Gefäße und Gallengänge der
Leber. Radiologe 45: 8–14
Eerola I, Boon LM, Mulliken JB et al. (2003) Capillary malfor-
Merke ! Vaskuläre Malformationen mit „slow
flow“ der Leber sind sehr selten und
mation-arteriovenous malformation, a new clinical and
genetic disorder caused by RASA1 mutations. Am J Hum
haben aufgrund ihrer assoziierten Fehlbildungen Genet 73: 1240–1249
und ihres natürlichen Verlaufs sehr unterschiedli- Gallego C, Miralles M, Marin C, Muyor P, Gonzalez G, Garcia-
Hidalgo E (2004) Congenital hepatic shunts. Radiographics
chen Krankheitswertswert. Aufgrund ihrer hohen 24: 755–772
Variabilität existieren eine Vielzahl von Klassifikatio- Kassarjian A, Fishman SF, Fox VL, Burrows PE (2003) Imaging
nen und Einteilungsschemata. Die portokavalen characteristics of blue rubber bleb nevus syndrome. AJR
Fisteln bzw. die Abernethy-Malformation sind mit Am J Roentgenol 181: 1041–1048
Loeweneck H, Feifel G (1993) Leber und Extrahepatische Gal-
weiteren extrahepatischen Fehlbildungen und mit lenwege. In: Lanz T v, Wachsmuth W (Hrsg) Praktische
der Entwicklung von Lebertumoren vergesellschaf- Anatomie, Bd 2, Teil 6 Bauch. Springer, Berlin Heidelberg
tet. Eine ausführliche anatomische Darstellung ist zur New York Tokyo, S 213–290
Therapieplanung erforderlich und macht gelegent- Loeweneck H, Feifel G (1993) V. portae und ihre Zuflüsse. In:
Lanz T v, Wachsmuth W (Hrsg) Praktische Anatomie, Bd 2,
lich den Einsatz mehrerer, teils komplementärer Un- Teil 6 Bauch. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokyo, S
tersuchungsverfahren nötig. 397–408
Michels M (1955) Blood supply and anatomy of the upper ab-
dominal organs. Lippincott, Philadelphia Montreal
Mulliken JB, Glowacki J (1982) Hemangiomas and vascular
malformations in infants and children: a classification
based on endothelial characteristics. Plast Recon Surg 69:
412–420
Paltiel HJ, Burrows PE, Kozakewich HPW, Zurakowski D, Mul-
liken JB (2000) Soft-tissue vascular anomalies: utility of US
for diagnosis. Radiology 214: 747–754
Sahani D, Saini S, Pena C (2002) Using multi-detector CT for
preoperative vascular evaluation of liver neoplasms: tech-
nique and results. AJR Am J Roentgenol 179: 53–59
436 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Tabelle 7.4. Klassifikation von Leberrupturen nach der American Association for the Surgery of Trauma (AAST). (Nach Moore
et al. 1995)

Grad Typ Beschreibung

I Hämatom Subkapsulär, <10% der Leberoberfläche


Lazeration Kapselläsion, nicht blutend, <10 cm tiefe Parenchymläsion

II Hämatom Subkapsulär, 10–50% der Leberoberfläche


Intraparenchymatös, <2 cm Durchmesser
Lazeration Kapselläsion, aktive Blutung, 1–3 cm tiefe Parenchymläsion <10 cm Risslänge

III Hämatom Subkapsulär, >50% der Leberoberfläche


Rupturiertes subkapsuläres Hämatom mit aktiver Blutung
Intraparenchymatös; >2 cm Durchmesser
Lazeration >3 cm tiefe Parenchymläsion

IV Hämatom Rupturiertes intraparenchymatöses Hämatom mit aktiver Blutung


Lazeration >50%ige Parenchymzerreißung eines Leberlappens

V Lazeration >75%ige Parenchymzerreißung eines Leberlappens bzw.


>3 Lebersegmente nach Couinaud eines Leberlappens
Gefäßverletzung Juxtahepatische venöse Gefäßverletzung (Lebervene, V. cava)

VI Gefäßverletzung Leberausriss

Tabelle 7.5. Klassifikation von Leberrupturen nach CT-mor-


7.3 phologischen Kriterien. (Nach Mirvis et al. 1989 a,b)
Traumatische Veränderungen
Grad Beschreibung
7.3.1
Traumatische Veränderungen der Leber 1 Oberflächliche Läsion <1 cm Tiefe; subkapsuläres
Hämatom <1 cm Dicke
Alleinige periportale hypodense Linienbildung
왔 Unter traumatischen Veränderungen
Definition 2 Lazeration mit 1–3 cm Tiefe
der Leber werden Verletzungen des Subkapsuläres Hämatom mit 1–3 cm Durchmesser
Organs verstanden, die durch stumpfe oder penetrie-
3 Lazeration mit >3 cm Tiefe
rende Abdominaltraumen entstehen. Subkapsuläres Hämatom mit >3 cm Durchmesser
4 Massives intraparenchymatöses/subkapsuläres
Ursache hierfür können Unfälle, Verletzungen im Hämatom mit >10 cm Durchmesser bzw. lobärer Pa-
Rahmen tätlicher Auseinandersetzungen oder iatro- renchymausriss oder Devaskularisation
gene Komplikationen diagnostischer bzw. therapeu- 5 Bilöbärer Parenchymausriss oder Devaskularisation
tischer Maßnahmen sein. In der Literatur werden un-
terschiedlichste Einteilungsformen von Leberruptu-
ren beschrieben. Dabei wurden Klassifikationen 7.3.1.1
nach rein morphologischen Gesichtspunkten verlas- Leberhämatom (Grad I bis IV des AAST-OIS)
sen und durch Einteilungen nach prognostischen
und therapeutischen Aspekten ersetzt. Die gebräuch- 왔 Leberhämatome sind traumatisch be-
Definition
lichste Klassifikation ist das „Organ Injury Scaling“ dingte Einblutungen in das Organ, die
(OIS) der „American Association for the Surgery of sowohl intraparenchymatös als auch subkapsulär
Trauma“ (AAST; Tabelle 7.4). Hieran wurde eine gelegen sein können.
nach CT-morphologischen Kriterien gegliederte
Einteilung für die Prognoseabschätzung angelehnt Pathologisch-anatomische
(Tabelle 7.5). Der folgende Abschnitt orientiert sich und ätiologische Grundlagen
an bildmorphologisch fassbaren Unterschieden der Die häufigste Ursache von Leberhämatomen im Kin-
Verletzungen von Leber und Gallenwegen sowie ihrer desalter ist ein stumpfes Bauchtrauma bei einem
Komplikationen. Sturz über den Fahrradlenker oder die Verwicklung
in einen Verkehrsunfall, bei dem das Kind angefahren
oder überrollt wird. Schwere Verkehrsunfälle mit ver-
7.3 Traumatische Veränderungen 437

letzten Kindern als Beifahrer erfordern die Abklä-


rung innerer Verletzungen, die durch die Sicherheits-
gurte verursacht werden. Auch im Rahmen einer
Kindsmisshandlung kann ein Leberhämatom auftre-
ten.
Im Erwachsenenalter überwiegen Akzelerations-
traumen bei Motorrad- oder Autounfällen gegenüber
Stürzen und tätlichen Angriffen. Penetrierende
Stich-, Schuss- oder Pfählungsverletzungen führen
bei nur geringer Gewalteinwirkung ebenfalls zu Le-
berhämatomen, meist jedoch zu schwereren Leber-
läsionen. Im Rahmen einer perkutanen Leberbiopsie
sind sowohl intraparenchymatöse als auch subkap-
suläre Hämatome als Komplikation bekannt. Glei-
ches gilt im Rahmen operativer Eingriffe an der Le-
ber bzw. perihepatisch. a
Bei einem stumpfen Bauchtrauma mit mäßiger
Gewalteinwirkung bleibt die Leberkapsel meist in-
takt, und kleinere Parenchymverletzungen in der Pe-
ripherie führen zu subkapsulär gelegenen umschrie-
benen Hämatomen. Als Frühkomplikation des intra-
bzw. subkapsulär gelegenen Hämatoms ist die ein-
oder zweizeitig erfolgende Kapselruptur mit lebens-
bedrohlicher Blutung in die freie Peritonealhöhle an-
zusehen. Ein unkompliziertes subkapsuläres Häma-
tom heilt in 6–8 Wochen ab. Zu den Spätkomplikatio-
nen zählt die Entwicklung eines Leberabszesses, der
sich unmittelbar nach dem Trauma und bis zu einem
halben Jahr danach entwickeln kann. Er entsteht ent-
weder über eine aszendierende Infektion über die
Gallenwege oder hämatogen.

Klinische Symptomatik b
Die klinischen Symptome des Leberhämatoms sind,
abhängig von der Ausprägung der Verletzung, häufig Abb. 7.61 a, b. 8-jähriger Junge nach Sturz vom Klettergerüst.
diskret. So werden Schmerzen im rechten Ober- a B-Bild-Sonogramm bei Einlieferung mit Darstellung eines
bauch, ein druckschmerzhaftes Abdomen und abdo- intraparenchymatösen Hämatoms im rechten Leberlappen
(+---+) mit randständig echoarmen und zentral echoreichen
minelle Abwehrspannung beklagt. Das Ausmaß des Binnenarealen. Kein Nachweis einer Kapselzerreißung. b In
Blutverlusts und der Leberverletzung bestimmen der Verlaufskontrolle nach 3 Tagen keine wesentliche Größen-
den Umfang der reaktiven Kreislaufreaktion von zunahme gegenüber dem Ausgangsbefund (+---+). Zuneh-
Hypotonie, Tachykardie oder Blutungsschock im mende Verflüssigung mit jetzt deutlich vermehrt echoarmen
Binnenreflexen
Rahmen einer Verlustkoagulopathie. Laborchemisch
finden sich, je nach Ausdehnung der Leberverletzung
und abhängig vom Zeitfenster zwischen dem Trauma
und der Blutabnahme, ein erniedrigter Hämatokrit In der Sonographie können Leberhämatome echo-
sowie eine Erhöhung des direkten und indirekten arm, echoreich oder von gemischter Echogenität
Bilirubins und der alkalischen Phosphatase. sein. Die Echogenität ist dabei abhängig von der Kon-
sistenz des Hämatoms und der Beschaffenheit der
Radiologische Symptomatik Blutabbauprodukte. Subkapsuläre Hämatome stellen
Konventionelle Abdomenübersichtsaufnahmen zei- sich als linsenförmige oder krummlinig begrenzte
gen erst größere Leberhämatome durch Organverla- echoarme Flüssigkeitsansammlungen dar. Demge-
gerung und pathologische Gasverteilung im rechten genüber sind größere intraparenchymatöse Einblu-
Oberbauch an. Sie dienen als erste Übersichtsunter- tungen in der Regel als echoreiche Läsionen abgrenz-
suchung, vor allem beim verunfallten Patienten, bar (Abb. 7.61 a, b). Beim Nachweis von freier Flüs-
stellen jedoch heute keine alleinige und ausreichende sigkeit ist der Verdacht auf eine Kapselruptur mit
diagnostische Maßnahme mehr dar. Blutung in die freie Peritonealhöhle gegeben.
438 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Da ein frisches Hämatom in der Nativ-CT vom Rein bildgebend muss das HELLP-Syndrom, bei
normalen gesunden Leberparenchym nicht immer dem es ebenfalls zum Auftreten von intrahepatischen
abgegrenzt werden kann, sollte eine CT immer mit oder subkapsulären Flüssigkeitsansammlungen, keil-
intravenöser Kontrastmittelgabe durchgeführt wer- förmigen Infarktarealen und gelegentlich auch zu ei-
den. Zusätzlich bietet die kontrastverstärkte CT die nem Extravasat kommen kann, abgegrenzt werden.
Möglichkeit der direkten Darstellung einer zum Zeit- Auch die spontane Blutung bei einer Koagulopathie
punkt der Untersuchung persitierenden akuten Blu- und der blutende Lebertumor (Adenom, HCC) sind
tung oder einer stattgehabten Kapselruptur. Die Un- von der traumatischen Leberläsion zu unterscheiden.
tersuchung sollte daher biphasisch (arteriell und
portalvenös) durchgeführt werden. Parenchymatöse Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
oder subkapsuläre Hämatome sind im Vergleich zum Bei anamnestischem Verdacht auf ein Leberhämatom
normal kontrastmittelaufnehmenden Lebergewebe ist die Sonographie des Abdomens die Untersuchung
hypodens. Dabei ist geronnenes Blut hyperdenser der Wahl – unabhängig vom Alter des Patienten. Ist
(60–90 HE) als nichtgeronnenes Blut (35–45 HE). In die Ultraschalluntersuchung unauffällig, der Labor-
Kontrolluntersuchungen nimmt die Ausdehnung ei- status normal und der Patient stabil und ansprech-
nes Leberhämatoms anfangs gering zu, dann runden bar, ist in der Regel ein abwartendes Verhalten ge-
sich die Konturen ab, und die Dichtewerte nehmen rechtfertigt. In Zweifelfällen oder bei auffälligem Ul-
immer mehr ab, bis ein Serom entsteht oder das Hä- traschall sollte eine biphasische CT mit Kontrastmit-
matom völlig verschwindet. Entwickelt sich ein Le- tel durchgeführt werden. Verlaufsuntersuchungen
berabszess, stellt dieser sich als rundliches hypoden- sind lediglich bei erheblicher klinischer Verschlech-
ses Areal mit oder ohne Gaseinschlüsse und ggf. terung des Patienten (Blutverlust, Hinweis für Kom-
randständiger Kontrastmittelaufnahme dar. Letztere plikation) angezeigt, da sie zumeist keine Änderung
ist vom Alter des Abszesses und dem Umfang der an- des therapeutischen Vorgehens zur Folge haben. Eine
tibiotischen Vorbehandlung abhängig. Therapeu- Katheterangiographie ist nur bei ausgedehnten und
tisch kann beim ausgedehnten Abszess eine sonogra- komplizierten Leberhämatomen mit massiver Blu-
phisch oder CT-gesteuerte Drainageneinlage erfol- tung im Rahmen einer Embolisation indiziert.
gen.
Die MRT spielt in der Diagnostik des unkompli-
zierten Leberhämatoms aktuell keine Rolle.Allenfalls Merke ! Subkapsuläre und intraparenchyma-
töse Leberhämatome sind die häufig-
bei einer komplizierten intraparenchymatösen Lä- sten traumatischen Leberläsionen. Sie treten zumeist
sion kann eine Abgrenzung zu malignen Leberläsio- im Rahmen stumpfer Bauchtraumen bei Verkehrsun-
nen mit der MRT hilfreich sein.Abhängig von der Zu- fällen, durch Stich- und Schussverletzungen oder
sammensetzung des Hämatoms kommt es dabei zu iatrogen auf. Diagnostische Methode der Wahl ist
hyperintensen bzw. hypointensen Binnenarealen in neben der Sonographie die biphasische CT zum
T1- bzw. unterschiedlich starker Hyperintensität in Nachweis einer akuten Blutung, einer eventuellen
T2-Wichtung. Kapselruptur sowie der Ausdehnung des Hämatoms.
Angiographische Verfahren kommen beim einfa- Differenzialdiagnostisch sind gelegentlich, vor allem
chen Leberhämatom rein diagnostisch nicht zum bei ungenügend bekannter Anamnese, Abgrenzun-
Einsatz. Sie sind der Behandlung vaskulärer Kompli- gen zum HELLP-Syndrom problematisch. Zu den
kationen im Rahmen ausgedehnterer Leberverlet- Spätkomplikationen zählt der Leberabszess im Rah-
zungen vorbehalten. Auch die hepatobiliäre Funk- men einer Sekundärinfektion des vormaligen Häma-
tionsszintigraphie hat heute keinen Stellenwert mehr toms.
in der Erstdiagnostik eines Leberhämatoms.
7.3.1.2
Differenzialdiagnose Leberlazeration (Grad I bis V des AAST-OIS)
In der Regel treten aufgrund der Anamnese keine
differenzialdiagnostischen Schwierigkeiten beim Le- 왔 Eine Leberlazeration stellt eine Verlet-
Definition
berhämatom auf. Wichtig ist die Unterscheidung ei- zung der Leber mit entweder zumin-
nes rein subkapsulär gelegenen Hämatoms von einer dest partieller Eröffnung der Leberkapsel und/oder
Verletzung mit Kapselruptur und Blutung in die Pe- deutlichem tiefen Parenchymdefekt dar. Dabei wer-
ritonealhöhle. Während ein subkapsuläres Hämatom den oberflächliche Kapseleinrisse (bis 3 cm) von
nur im Falle der Rupturgefahr oder bei Infektion tiefen (>3 cm) unterschieden. Die Parenchymdefekte
punktiert und drainiert werden sollte, ist die Entlas- gliedern sich in Läsionen bis 10 cm und >10 cm Ein-
tung einer stattgehabten Ruptur in die freie Bauch- dringtiefe.
höhle bei stehender Blutung ein häufiger Therapie-
ansatz.
7.3 Traumatische Veränderungen 439

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Auch Lazerationen der Leber entstehen am häufig-
sten durch stumpfe Bauchtraumen im Rahmen von
Verkehrsunfällen bzw. durch Stich-, Schuss- und
Pfählungsverletzungen. Die iatrogene Genese spielt
allenfalls eine untergeordnete Rolle.
Auch bei stärkerer Gewalteinwirkung kann die Le-
berkapsel intakt bleiben und eine zentrale Paren-
chymzerreißung auftreten. Zu einem Einreißen der
Kapsel mit Blutung in die Bauchhöhle kommt es ent-
weder bei einem sehr schweren stumpfen Bauchtrau-
ma oder nach einer penetrierenden Verletzung mit
Durchtrennung von Bauchwand und Leberkapsel
sowie damit verbundener Eröffnung der Peritoneal-
höhle.
Zu den Komplikationen der Leberlazeration zäh- Abb. 7.62. 5-jähriger Junge nach Sturz im Schulhof über einen
len insbesondere Gefäß- und Gallenwegsverletzun- Ast. In der kontrastverstärkten CT zeigt sich eine Leberlazera-
tion im rechten Leberlappen ohne Gefäßbeteiligung (Pfeil)
gen. Verdächtig auf eine zusätzliche Gefäßverletzung
sind vor allem Lazerationen, die in Richtung Leber-
venenstern ziehen. Tiefe Lazerationen mit Bezug zu
den Pfortaderästen sind häufiger mit Gallengangs- Als Methode der Wahl ist beim stumpfen oder
verletzungen vergesellschaftet. Im Gegensatz zu un- penetrierenden Abdominaltrauma mit Verdacht auf
komplizierten Leberhämatomen bilden sich Lazera- Leberlazeration die kontrastverstärkte CT anzuse-
tionen deutlich langsamer zurück, was mit einer Sta- hen. Einfache oder sternförmige Lazerationen lassen
se der Gallenflüssigkeit entlang des Risses zu erklä- sich zweifelsfrei als hypodense lineare Areale erken-
ren ist. nen und dokumentieren (Abb. 7.62). Gleiches gilt für
die Beurteilung der Persistenz und Lokalisation einer
Klinische Symptomatik Parenchymblutung bzw. einer Blutung in die freie Pe-
Die klinischen Symptome bei Lazerationen sind de- ritonealhöhle. In etwa 20% der Fälle sind in der CT
nen bei Leberhämatomen vergleichbar. Neben den entlang der Portalgefäße verlaufende hypodense Li-
ursächlichen Verletzungen stehen aufgrund der aus- nien nachweisbar. Dieses als „periportal tracking“
gedehnteren Verletzung der Leber meist Hypotonie bezeichnete Phänomen wird zum einen auf eine Zer-
bzw. Schocksymptome aufgrund des Blutverlusts im reißung der lokalen Lymphgefäße und lokale Blutun-
Vordergrund. Bei schweren Lazerationen mit Gefäß- gen zurückgeführt und gilt als indirektes Kriterium
beteiligung dokumentiert sich im Verlauf der Paren- einer Leberlazeration. Es wird jedoch auch bei einer
chymverlust der Leber anhand der funktionellen Erhöhung des zentralvenösen Drucks infolge massi-
Laborparameter. ver Flüssigkeitssubstitution, eines Spannungspneu-
mothorax oder einer Perikardtamponade beobach-
Radiologische Symptomatik tet. Aufgrund des sensitiveren direkten Nachweises
Abdomenübersichtsaufnahmen spielen heute auch im der Leberlazeration in der MSCT hat dieses indirekte
Rahmen der Erstaufnahme beim verletzten Patienten CT-Kriterium auch in der Literatur nur noch unter-
keine Rolle mehr. geordnete Bedeutung. Eine ggf. erforderliche Entlas-
Sonographisch ist freie intraabdominelle Flüssig- tung der peritonealen Blutansammlung kann bei sis-
keit in der Morrison-Tasche, perisplenisch oder im tierender Blutung unter CT-Steuerung erfolgen.
Unterbauch gut zu detektieren. Schmale Lazeratio- Die MRT kommt bei der akuten Leberlazeration
nen stellen sich als lineare irreguläre Defekte dar und nicht zum Einsatz und wird allenfalls im Verlauf zur
sind unter Notfallbedingungen häufig nur schwierig Beurteilung und Einordnung von Komplikationen
zu erkennen. Demgegenüber lassen sich größere angewandt. Wie beim komplizierten Leberhämatom
Parenchymdefekte auch beim verunfallten Patienten stellt die Katheterangiographie zusammen mit der
gut dokumentieren. Aktuell wird über mögliche Ver- Möglichkeit der Intervention (Embolisation) eine
besserungen der Detektion von Leberlazerationen Möglichkeit zur Therapie einer vaskulären Kompli-
durch die kontrastverstärkte Sonographie berichtet. kation auch bei der Leberlazeration dar. Nuklearme-
Das Verfahren ist allerdings insbesondere unter Not- dizinische Verfahren werden nur beim Verdacht auf
fallbedingungen bisher nicht routinemäßig einsetz- biliäre Komplikationen eingesetzt.
bar.
440 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Differenzialdiagnose Pathologisch-anatomische
Durch die Anamnese kommt es in der Regel zu kei- und ätiologische Grundlagen
nen differenzialdiagnostischen Problemen. Die Ab- Verletzungen der zentralen Lebergefäße entstehen
grenzung des subkapsulären Leberhämatoms von bei tiefen Lazerationen mit Zerreißung der zentralen
der rupturierten Lazeration ist, wie bereits oben er- Blutleiter oder bei direkten Gefäßein- bzw. -abrissen
läutert, wegen einer ggf. durchzuführenden Interven- in der Region des Leberhilus. Infolge des unterbro-
tion wichtig. Gelegentlich können zentral liegende chenen Blutflusses kommt es zu einer Minderper-
sternförmige oder sich aufzweigende Lazerationen fusion bzw. Devaskularisation der dem Trauma nach-
mit dilatierten Gallengängen verwechselt werden. geordneten Lebersegmente und -subsegmente. Da
Durch die Verfügbarkeit koronarer und sagittaler Lebereinrisse am häufigsten in den kranialen Seg-
Sekundärrekonstruktionen aus MSCT-Datensätzen menten des rechten Leberlappens auftreten, gehen
spielt dies jedoch zunehmend keine Rolle mehr. Wie sie vermehrt mit einer Verletzung der V. cava inferior
beim Leberhämatom sind auch bei der Lazeration und der Lebervenen einher.
einblutende Lebertumoren von einer traumatischen Im Rahmen zunehmender interventioneller Maß-
Schädigung des Organs abzugrenzen. nahmen haben auch postinterventionelle Komplika-
tionen wie z. B. arterioportale Fisteln nach Leber-
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie punktion an Bedeutung gewonnen. Dabei kommt es
Neben der Sonographie ist die kontrastverstärkte CT bei der sonographischen oder CT-gesteuerten Le-
in biphasischer Technik die Untersuchungsmethode berstanzbiopsie zur Verletzung kleiner arterieller
der Wahl bei der Leberlazeration. Verlaufskontrollen und/oder portaler Gefäße mit Ausbildung subkapsu-
sind abhängig von der klinischen Symptomatik des lärer Hämatome bzw. peritonealer Blutungen. In Ein-
Patienten zu indizieren. Eine CT-gesteuerte Draina- zelfällen ist auch die direkte Entstehung einer arte-
geneinlage zur Entlastung des peritonealen Blutver- rioportalen Fistel möglich.
halts sollte, bei stehender Blutung, und abhängig vom
gesamten therapeutischen Prozedere erfolgen. MRT
und nuklearmedizinische Verfahren kommen allen-
CAVE ! Die Zerreißung der zentralen Gefäße
ist von einer schlechten Prognose für
falls im Rahmen der Abklärung von Komplikationen den Patienten begleitet, da der Blutverlust und die
der Leberlazeration im Verlauf zum Einsatz. Die Ka- Komplikationsrate (Hämatoperitoneum, Hämobilie,
theterangiographie mit Interventionsmöglichkeit Abszess) erheblich und mit hoher Letalität verbun-
(Embolisation) wird zur Therapie vaskulärer Kom- den sind. Als Spätkomplikation nach einer zentralen
plikationen und akuter Blutungen angewandt. Gefäßzerreißung oder Gefäßwandverletzung kann es
zur Ausbildung von Pseudoaneurysmen der A. hepa-
Merke ! Eine Leberlazeration stellt eine Verlet-
zung des Organs mit Parenchymzer-
tica und ihrer Seitenäste kommen. Diese stellen wie-
derum ein potenzielles Blutungsrisiko dar.
reißung dar. Dessen Ausprägung ist abhängig vom
Schweregrad der Lazeration. Untersuchungstech- Klinische Symptomatik
nisch sollte neben einer Sonographie immer eine bi- An klinischen Symptomen stehen bei der zentralen
phasische kontrastverstärkte CT erfolgen, um den Lebergefäßverletzung neben den extraabdominellen
Grad der Läsion und die Akuität der Blutung zu do- Verletzungen vor allem das hochakute Abdomen und
kumentieren. Die Katheterangiographie hat ihren der peritoneale Blutungsschock im Vordergrund. Bei
Stellenwert in Zusammenhang mit der Embolisation rascher Aufnahme des Patienten in einer klinischen
mitverletzter arterieller Gefäße. Ist eine Entlastung Einheit kann sich die Situation zunächst stabil dar-
der stattgehabten Blutung in die Peritonealhöhle er- stellen. Im kurzen Zeitverlauf kommt es dann jedoch
forderlich, kann diese unter CT-Kontrolle gezielt er- zu einer raschen Befundverschlechterung mit begin-
folgen. Als Spätkomplikation ist die Superinfektion nendem Schock infolge des Blutverlusts.Auch bei der
mit Ausbildung eines Leberabszesses zu beachten. Gefäßverletzung im Rahmen einer Intervention kla-
gen die Patienten über die Symptome des Leberhä-
7.3.1.3 matoms, der abdominellen Blutung und ggf. des Blu-
Lebergefäßverletzung (Grad V bis VI des AAST-OIS) tungsschocks.

왔 Als Lebergefäßverletzung im Sinne Radiologische Symptomatik


Definition
der AAST-OIS-Klassifikation gilt eine Die früher häufig geübte Praxis der chirurgischen Pe-
Unterbrechung oder Lädierung eines oder beider An- ritoneallavage im Schockraum spielt heute keine Rol-
teile der doppelten Blutversorgung der Leber infolge le mehr bei der vermuteten zentralen Lebergefäßver-
eines direkten oder indirekten Traumas auf die Blut- letzung. Methode der ersten Wahl ist die orientieren-
leiter. de Sonographie, die beim Nachweis von größeren
7.3 Traumatische Veränderungen 441

Abb. 7.64. 25-jähriger Patient nach Motorradunfall mit schwe-


rer Leberzerreißung und 12 Stunden nach Laparotomie. In der
CT Darstellung eines so genannten Leber-Package (Pfeil). Zum
Zeitpunkt der Kontrolluntersuchung keine akute Blutung

Mengen freier Flüssigkeit unverzüglich durch die


biphasische kontrastverstärkte CT ergänzt werden
muss. Neben dem direkten Nachweis der Gefäßläsion
(ggf. in Sekundärrekonstruktionen aus MSCT-Da-
tensätzen) kann so die akute Blutung und das Aus-
maß der bereits in der Peritonealhöhle befindlichen
Flüssigkeit dokumentiert werden (Abb. 7.63 a). Ver-
b dächtig auf eine zentrale Gefäßverletzung ist eine Le-
berlazeration, die in Richtung Lebervenenstern zieht.
Dabei lässt sich zumeist frisches oder älteres Häma-
tom mit diffuser Verteilung dorsal des rechten Leber-
lappens, in der Bursa omentalis oder in der Nähe des
Zwerchfells nachweisen. Auch die Verletzung der pe-
ripheren Blutleiter oder eine arterioportale Fistel
nach Leberstanzbiopsie lassen sich in der kontrast-
verstärkten CT direkt darstellen.
Durch den Ein- oder Abriss von Gefäßen kann es
auch zu Infarkten kommen, die sich in der CT als
hypodense keilförmige Areale ohne Kontrastenhan-
cement erkennen lassen. Entwickelt sich im Verlauf
des Infarkts oder der Minderperfusion eine Leberne-
krose, kann mit der CT intrahepatisch oder subkap-
sulär Gas nachgewiesen werden. Im Falle ausgedehn-
ter Leberzerreißungen kann ggf. eine Blutstillung
c durch operative Maßnahmen nicht erreicht werden.
Abb. 7.63 a–c. 28-jähriger Patient 30 min nach schwerem Mo-
Dann stellt die mechanische Kompression durch
torradunfall. a In der kontrastverstärkten CT Dokumentation Ausstopfen des Abdomens mittels Bauchtüchern in
einer schweren Leberzerreißung rechts mit KM-Austritt (Pfeil) Form des so genannten „Leber-package“ (Abb. 7.64)
im Sinne einer aktiver Blutung. b Arterielle Katheterangiogra- eine geeignete Maßnahme zur Stabilisierung des Pa-
phie mit superselektiver Darstellung (K) eines Subsegmentasts
im Segment VI der Leber. Dabei großer KM-Austritt als Korre-
tienten dar. Die Bauchtücher werden dann bei einer
lat der arteriellen Gefäßverletzung (Pfeil) und frühzeitige Dar- geplanten Relaparotomie entfernt und ggf. die Verlet-
stellung einer abführenden Vene (V). c Nach Embolisation mit zung zweizeitig chirurgisch versorgt.
Metallspiralen (Pfeil) kein weiterer Blutungsnachweis MRT und nuklearmedizinische Verfahren spielen
keine Rolle in der Akutversorgung der großen Leber-
gefäßverletzungen. Auch die Katherangiographie hat
442 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Demgegenüber ist die Therapie kleiner periphe-


rer Gefäßverletzungen oder einer arterioporta-
len Fistel nach Leberstanzbiopsie eine Domäne der
Katheterangiographie mit nachfolgender Embolisa-
tion (Abb. 7.63 b,c, Abb. 7.65).

Differenzialdiagnose
Bei der diagnostischen Aufarbeitung ist im Sinne
einer rasch einzuleitenden chirurgischen Therapie
zu klären, ob eine Leberruptur mit oder ohne zentra-
le Gefäßverletzung vorliegt.Weitere Differenzialdiag-
nosen stellen allenfalls zentrale lebereigene Tumoren
mit großen Einblutungen dar. In der Regel kann je-
doch in der CT die Diagnose eindeutig gestellt wer-
den.

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


a
Nach der orientierenden Sonographie ist so rasch
wie möglich eine biphasische kontrastverstärkte CT
durchzuführen. Diese liefert sowohl die direkte Dar-
stellung der Leberhilusgefäße als auch Ort, Ausdeh-
nung und Akuität der intraperitonealen Blutung.
MRT, nuklearmedizinische Verfahren und Katheter-
angiographie kommen in der Akutsituation nicht
zum Einsatz. Eine evtl. im Rahmen der Gefäßver-
letzung entstandene Pseudoaneurysmabildung der
A. hepatica kann ggf. interventionell radiologisch
therapiert werden. Die postinterventionell aufgetre-
tene periphere Lebergefäßverletzung stellt eine Indi-
kation zur Katheterangiographie möglichst mit an-
schließender Embolisation des zuführenden Gefäß-
asts dar.

b Merke ! Zentrale Lebergefäßverletzungen ent-


stehen durch tiefe Parenchymzer-
Abb. 7.65 a, b. 61-jähriger Patient mit neu aufgetretener Le- reißungen im Leberhilus oder direkte Verletzung der
bermetastase bei bekanntem Kolonkarzinom. Nach perkuta- hilären arteriellen, portalen und venösen Blutleiter.
ner Biopsie zur Histologiesicherung klinische Verschlechte- Untersuchungstechnik der Wahl nach einer orientie-
rung mit Schocksymptomatik. a Superselektive arterielle Ka-
theterangiographie der A. hepatica dextra mit Darstellung ei- rende Sonographie ist die biphasische kontrastver-
ner akuten Blutung aus dem Segmentast VIII (Pfeil). b Nach stärkte CT. Die Prognose ist auch bei rasch eingelei-
Embolisation des zuführenden Gefäßasts mittels Metallspira- teter operativer Therapie schlecht. Komplikationen
len (Pfeil) Sistieren der Blutung stellen die Leberteilnekrose infolge der fehlenden
Blutversorgung, der Abszess und lokal die Ausbil-
dung von Pseudoaneurysmen der A. hepatica dar.
Wichtigste Differenzialdiagnosen sind die Leberrup-
tur ohne zentrale Gefäßverletzung und der blutende
in der Akutversorgung zentraler Lebergefäßverlet- lebereigene zentrale Tumor.
zungen keine Bedeutung, da die Patienten rasch einer Periphere Gefäßverletzungen im Rahmen inter-
Laparotomie zugeführt werden. Erst im Rahmen der ventioneller Eingriffe werden in der kontrastver-
Komplikationstherapie kann sich ein interventionel- stärkten CT diagnostiziert und mittels Katherangio-
les Vorgehen bei ausgebildeten Pseudoaneurysmen graphie in ihrer Lokalisation bestätigt und möglichst
im Einzelfall anbieten. mittels Embolisation therapiert.
7.3 Traumatische Veränderungen 443

Literatur zu Abschn. 7.3.1 7.3.2


Traumatische Veränderungen der Gallenblase
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Radiographics 25: 87–104 Iatrogene Verletzungen der Gallenblase selbst sind
fast nicht bekannt. Allenfalls kann es im Rahmen ei-
ner perkutanen Cholezystostomie bei Fehlpunktion
zu einem Gallenleck in die Peritonealhöhle kommen.
Therapeutisch steht bei der isolierten Gallen-
blasenverletzung im Falle einer Perforation oder ei-
nes Ausrisses die Operation im Vordergrund. Ledig-
lich assoziierte Gallenwegsverletzungen werden ggf.
interventionell durch Schienung (ERC/PTC) behan-
delt.

Klinische Symptomatik
Kontusionen der Gallenblase führen meist zu uncha-
rakteristischen Schmerzen im rechten Oberbauch,
verbunden mit Übelkeit, allgemeinem Krankheits-
gefühl und lokaler Druckschmerzhaftigkeit. Kommt
es hingegen zur Gallenblasenperforation mit Austritt
von Gallenflüssigkeit in die freie Bauchhöhle, entwi-
ckelt sich eine biliäre Peritonitis (s. Abschn. 7.3.3.2).
Auch der Gallenblasenausriss ist mit den klinischen
Symptomen des akuten Abdomens, Übelkeit und Er-
brechen sowie den Zeichen der lokalen Peritonitis
verbunden.
444 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Radiologische Symptomatik Gallengänge mit Gallenleck im Vordergrund. Die


Sonographisch findet sich bei der Gallenblasenverlet- bildmorphologisch ähnlich imponierende akute
zung um das Organ gelegene echofreie Flüssigkeit, Cholezystitis kann in der Regel klinisch ausgeschlos-
eine Verdickung der Gallenblasenwand und eine sen werden.
schlechte Abgrenzbarkeit der Außenkontur. Die Fül-
lung der Gallenblase kann nach Ruptur fehlen oder bei Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
stattgehabter Einblutung hyperechogen sein. All diese Sonographie und kontrastverstärkte CT stellen die
Bildkriterien sind jedoch unspezifisch und keinesfalls ersten Schritte in der Diagnostik der Gallenblasen-
beweisend für eine Gallenblasenverletzung. Ein mög- verletzung dar. Eventuelle Gallenlecks lassen sich
liches Gallenleck kann durch sonographisch gesteuerte durch die CT mit gallengängigem Kontrastmittel
Probepunktion der freien Flüssigkeit um die Gallen- oder die hepatobiliäre Funktionsszintigraphie nach-
blase nachgewiesen und ggf. auch drainiert werden. weisen. Bestätigt sich das Gallenleck, erfolgt nur bei
Mit der kontrastverstärkten CT lassen sich eine sicherer Zuordnung der Läsion zu den Gallengängen
Verdickung der Gallenblasenwand mit vermehrtem eine ERC/PTC mit dem Ziel der therapeutischen
Kontrastenhancement, Zeichen der Pericholezystitis Schienung des betroffenen Gallenwegs. Andernfalls
(Flüssigkeit im Gallenblasenbett, subseröse Flüssig- ist die Laparotomie indiziert. Eine Katheterangiogra-
keit, unscharfe Wandkontur), ein kollabiertes Gallen- phie wird nur beim Verdacht auf assoziierte Gefäß-
blasenlumen, hyperdense intraluminale Strukturen verletzung durchgeführt.
nach Einblutung und ein raumfordernder Effekt auf
das benachbarte Duodenum ggf. mit entzündlicher
Mitreaktion dokumentieren. Eine Zuordnung zum Merke ! Isolierte Verletzungen der Gallenblase
sind selten und können im Rahmen
Grad der Gallenblasenverletzung ist hierdurch je- eines Unfalls oder iatrogen entstehen. Ihr Nachweis
doch nicht möglich und gelingt in vielen Fällen erst mit indirekten bildgebenden Verfahren bleibt zu-
intraoperativ. Gut nachweisen lassen sich hingegen meist unspezifisch. Lediglich die Komplikation in
Gallenlecks nach Gallenblasenverletzung in Form Form des Gallenlecks lässt sich mit der CT nach
stark hypodenser und gallenisodenser Flüssigkeits- Applikation gallengängigen Kontrastmittels und der
verhalte perihepatisch. Im Zweifelsfall ist auch bei hepatobiliären Funktionsszintigraphie auch direkt
der isolierten Gallenblasenverletzung der Nachweis nachweisen. Eine ERC/PTC ist nur unter therapeuti-
eines Gallenlecks mit Hilfe gallengängigen Kontrast- schen Gesichtspunkten bei einer assoziierten Gallen-
mittels CT-morphologisch indiziert. Analog zur gangsverletzung indiziert.
Sonographie kann zudem eine CT-gesteuerte Probe-
punktion sowie anschließend die Einlage einer Drai- 7.3.2.2
nage zur Entlastung des intraabdominellen galligen Traumatische Veränderungen der Gallenwege
Verhalts erfolgen.
Die MRT mit MRCP kommt bei der isolierten Gal- 왔 Zu den Verletzungen der Gallenwege
Definition
lenblasenverletzung in der Regel nicht zum Einsatz. zählen Ein- und Abrisse der intra- und
Auch die Katheterangiographie wird nur bei Verdacht extrahepatischen Gallengänge. Ihre Komplikationen
auf zusätzliches Vorliegen einer Gefäßverletzung sind die Gallengangsstriktur und die Gallenfistel.
durchgeführt.
Nur bei dringendem Anhalt auf ein Gallenleck Pathologisch-anatomische
nach Gallenblasenverletzung erfolgt die direkte Dar- und ätiologische Grundlagen
stellung der Gallenwege über ERC/PTC mit der Op- Die häufigsten intrahepatischen Gallenwegsverlet-
tion der Therapie durch Schienung des verletzten zungen entstehen als Folge einer Leberruptur an den
Gallengangs. peripheren Gallengängen. In seltenen Fällen kann es
Mit der hepatobiliären Funktionsszintigraphie im Rahmen der stumpfen Gewalteinwirkung auf das
werden Gallenlecks hochsensitiv nachgewiesen. Der Abdomen zum Abriss des Ductus choledochus, meist
Einsatz des Verfahrens ist heute jedoch auf Frage- an dessen Eintrittsstelle in das Pankreas, zum Abriss
stellungen beschränkt, in denen der Nachweis des des Ductus cysticus oder zum Einreißen der großen
Gallenaustritts mit der CT nicht gelingt und eine intrahepatischen Gallengänge kommen. Iatrogene
ERC/PTC nicht durchgeführt werden kann. Gallengangsverletzungen werden nach Cholezyst-
ektomie, perkutaner Leberbiopsie, PTC, bzw. deren
Differenzialdiagnose Erweiterung zur perkutanen transhepatischen Chol-
Bei entsprechender Anamnese ergeben sich keine angiographie mit Drainage (PTCD), bei Chemo-
differenzialdiagnostischen Erwägungen. Da isolierte embolisation lebereigener Tumoren, nach Gastrekto-
Gallenblasenverletzungen selten sind, stehen in der mie und Leberteilresektion beobachtet. In Opera-
Regel die Läsionen der benachbarten Leber oder der tionsstatistiken wird über 0,2–9,2% iatrogener Ver-
7.3 Traumatische Veränderungen 445

letzungen nach Eingriffen an der Gallenblase bzw. an Klinische Symptomatik


den extrahepatischen Gallenwegen berichtet. Dabei Tritt die Gallenwegsverletzung im Rahmen eines
kann es zu einer vollständigen Durchtrennung oder stumpfen Bauchtraumas auf, wird deren klinische
einer Ligatur kommen. Nach Quetschung des Gallen- Symptomatik zumeist durch das übrige Verletzungs-
gangs oder auch der versorgenden Arterie durch muster bestimmt und überdeckt. Lediglich eine früh-
Operationsinstrumente besteht das Risiko einer zeitig auftretende Hämobilie zeigt sich unmittelbar
nachfolgenden Wandnekrose. Bei einer zu tiefen Li- mit kolikartigen Schmerzen und Zeichen der gastro-
gatur des Zystikusstumpfs resultiert eine tangentiale intestinalen Blutung. Bei isolierteren Läsionen des
Verletzung des Gallengangs. Diese Traumen begün- Gallensystems finden sich rechtsseitige Oberbauch-
stigen die Bildung einer Striktur, eines Gallenlecks beschwerden, Übelkeit, Erbrechen und Abwehrspan-
oder einer Gallenfistel. nung. Häufig entwickelt sich das Beschwerdebild je-
Die Gallengangsstriktur bedarf wegen der damit doch erst im Verlauf. So führt eine Gallenwegs-
verbundenen Obstruktion und der möglichen Ent- obstruktion, nach beschwerdefreiem Intervall, je
wicklung einer biliären Zirrhose der zügigen Be- nach Ausmaß, zu einem Ikterus und Oberbauch-
handlung. Sie kann sich auch noch lange Zeit nach schmerzen.
einer Choledochusnaht oder einer länger belassenen
T-Drainage entwickeln. So werden postoperative Gal- Radiologische Symptomatik
lengangskomplikationen nach Cholezystektomie nur Sonographisch lassen sich Gallenwegsverletzungen
in 10–25% innerhalb der ersten postoperativen Wo- zumeist anhand indirekter Zeichen nachweisen. So
che, aber in 70% innerhalb des ersten halben Jahres findet sich bei Vorliegen eines Gallenlecks annä-
diagnostiziert. Demgegenüber zeigt sich ein Gallen- hernd echofreie Flüssigkeit intra- bzw. extrahepa-
leck im unmittelbaren posttraumatischen Intervall. tisch. Bei zusätzlicher Blutbeimischung steigt die
Liegt die Gallengangsläsion peripher und intrahepa- Echogenität der Verhaltformation entsprechend an.
tisch, kommt es zum Gallenaustritt nach intraparen- Der Nachweis der verschiedenen Typen biliärer Fis-
chymatös mit Biliombildung oder nach subkapsulär. teln ist schwierig. Nur bei Vorliegen einer Aerobilie
Ist hingegen das extrahepatische Gallenwegssystem kann eine enterobiliäre Fistel diagnostiziert werden.
betroffen, tritt die Gallenflüssigkeit in die freie Eine Gallengangsobstruktion stellt sich mit einer Er-
Bauchhöhle aus mit der Gefahr der nachfolgenden weiterung der vorgeschalteten Gallenwege sowie ei-
Biliombildung oder Entstehung einer biliären Perito- ner Kaliberverschmälerung des Gallengangs ohne
nitis (s. Abschn. 7.3.3.2). umgebende Raumforderung in der Region der Strik-
Eine Gallenfistel stellt eine Komplikation des Gal- tur dar. Postoperative Engstellen sind dabei am häu-
lenlecks dar. Bei intrahepatischer Lokalisation der figsten am Ductus hepaticus communis oder am
Verletzung und gleichzeitiger Läsion umgebender Leberhilus lokalisiert.
Gefäße kann es zur Ausbildung biliovaskulärer Fis- In der CT dokumentieren sich Gallenwegsver-
teln kommen. Diese sind zu allen leberversorgenden letzungen in der Akutsituation ebenfalls anhand in-
Gefäßen möglich und führen zu einer Bilämie, die direkter Kriterien wie stark hypodense intra- bzw.
laborchemisch an einer exzessiven Erhöhung des extrahepatische Flüssigkeitsverhalte. Zusätzliche
direkten Bilirubins bei moderat erhöhten Leberen- Einblutungen zeigen sich teils sedimentiert und hy-
zymen zu erkennen ist. Bei extrahepatischer Gallen- perdens (>50 HE). Im Verlauf entstandene Gallen-
wegsverletzung kann sich die Gallenfistel sowohl wegsstrikturen lassen sich anhand der Dilatation
nach intern (zu Duodenum, Kolon, Bronchien usw.) der prästenotischen Gallengangsabschnitte erken-
als auch nach extern (Haut) entwickeln. nen. Zur Darstellung der Striktur selbst empfeh-
Die iatrogen bedingten traumatischen Verände- len sich Sekundärrekonstruktionen aus MSCT-Da-
rungen der Gallengänge in Form von Gallengangs- tensätzen. In Einzelfällen kann auch die CT nach Ap-
strikturen und -obstruktionen haben mit zunehmen- plikation gallengängigen Kontrastmittels hilfreich
dem Einsatz minimal-invasiver Verfahren (Endosko- sein (Abb. 7.66 a, b). Die Diagnostik von Fisteln stellt
pie/Laparoskopie/perkutane Intervention) deutlich auch in der CT eine Herausforderung dar. Gelegent-
an Zahl zugenommen. Die Häufigkeit ihres Vorkom- lich lässt sich eine bilioenterale Fistel durch in die
mens ist allerdings stark abhängig von der Erfahrung Gallenwege übergetretene Luft oder Kontrastmittel
des jeweiligen Interventionalisten bzw. Operateurs. nach oraler Kontrastierung indirekt nachweisen. Der
Morbidität und Letalität insgesamt sind bei den mi- direkte Nachweis gelingt meist, ebenso wie beim ex-
nimal-invasiven Verfahren jedoch deutlich geringer trahepatischen Gallenleck (s. Abschn. 7.3.3.2), nach
als bei der offenen Laparotomie. So betragen diese Applikation gallengängigen Kontrastmittels und ge-
bei der laparoskopischen Cholezystektomie etwa kippt koronarer Sekundärrekonstruktion der Gallen-
4%/0,1% gegenüber 19%/0,8% bei der offenen Cho- gänge.
lezystektomie.
446 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.66 a, b. 32-jähriger Patient nach Sturz von Traktor. a In


der kontrastverstärkten CT Nachweis einer Leberlazeration
rechts ohne Gefäßbeteiligung (Pfeil). Schmales perihepati-
sches Hämatom. b Kontrolluntersuchung zu a nach 3 Tagen bei
klinischer Besserung, jedoch pathologischen Bilirubinwerten.
Durchführung der CT nach Applikation gallengängigen Kon-
trastmittels ohne intravenöse KM-Gabe. In der transversalen
MIP-Rekonstruktion Nachweis eines minimalen Gallenlecks
(Pfeil) peripher in der Lazeration bei regelrechtem Kaliber der
großen intrahepatischen Gallengänge

b
In der Diagnose der Gallenwegsverletzungen bzw.
-komplikationen spielt die MRT mit MRCP in der Abb. 7.67 a, b. 56-jährige Patientin nach laparoskopischer
Akutdiagnostik keine Rolle. Sie ist allerdings heute Cholezystektomie mit anhaltenden rechtsseitigen Oberbauch-
beschwerden. a In der ERC Abbildung einer Striktur in der He-
das wichtigste nicht-invasive Verfahren zur Darstel- patikusgabel (S) sowie fehlende Darstellung des Segmen-
lung einer im Verlauf entstandenen Gallenwegsstrik- tasts VI. b Die MRCP in Projektionstechnik zeigt analog zur
tur. Die MRT nach Applikation gallengängigen Kon- ERC die Striktur in der Hepatikusgabel (S). Nachweis eines
trastmittels hat sich in der klinischen Routine bei partiell unterbrochenen und peripher dilatierten Segmen-
tasts VI (Pfeil). Mutmaßlich ehemals atypische Einmündung
Gallenwegsverletzugen nicht durchgesetzt. des Segmentasts VI und irrtümliche Ligatur bei der Cholezyst-
Auch die direkten Verfahren der Gallenwegsdar- ektomie
stellung, ERC/PTC, kommen in der Akutsituation der
schweren Gallenwegsverletzung in der Regel nicht
zum Einsatz, da die Beherrschung der Blutung und gestellt und in gleicher Sitzung interventionell thera-
die Laparotomie im Vordergrund stehen. Beide Ver- piert werden.
fahren sind jedoch als Referenzstandard für die di- Zur Bestätigung des Vorliegens eines Gallenlecks
rekte Visualisierung von Gallenlecks, Gallengangs- oder einer biliären Fistel bietet sich im Intervall auch
obstruktionen, Strikturen und Fisteln anzusehen die hepatobiliäre Funktionsszintigraphie an. Die ex-
(Abb. 7.67 a, b). Die exakte Lokalisation, Länge und traluminale Akkumulation des Radiopharmakons
Kontur der Striktur oder eines Gallenlecks kann dar- weist die Fistel hochsensitiv nach. Allerdings lässt
7.3 Traumatische Veränderungen 447

sich der genaue Ort der Fistel bzw. des Gallenlecks Literatur zu Abschn. 7.3.2
meist nur eingeschränkt bestimmen. Bei Gallenwegs-
strikturen hat das Verfahren heute keine Bedeutung Goffette PP, Laterre PF (2002) Traumatic injuries: imaging and
mehr. intervention in post-traumatic complications (delayed in-
tervention). Eur Radiol 12: 994–1021
Roddie ME (2003) Evaluation of the liver and biliary tree. In:
Differenzialdiagnose Peters AM (ed) Nuclear medicine in radiological diagnosis.
Bei bekannter Anamnese ergeben sich meist keine Taylor & Francis, London, pp 263–278
größeren differenzialdiagnostischen Schwierigkei- Shanmuganathan K, Mirvis SE (1998) Evaluation of the liver
ten. Zu berücksichtigen sind Hämatome im Rahmen and pancreas after blunt trauma. In: Gazelle GS, Saini S,
Mueller PR (eds) Hepatobiliary and pancreatic radiology.
begleitender Gefäßverletzungen und im Verlauf die Thieme, Stuttgart New York, pp 171–204
Komplikationen des Bilioms und der biliären Perito- Sicklick JK, Camp MS, Lillemoe KD et al. (2005) Surgical man-
nitis mit Abszess. Wichtigste Abgrenzung der post- agement of bile duct injuries sustained during laparoscopic
operativen Gallenwegsstriktur ist der benigne oder cholecystectomy: perioperative result in 200 patients. Ann
Surg 241: 786–792
maligne Gallenwegstumor. Slanetz PJ, Boland GW, Mueller PR (1996) Imaging and inter-
ventional radiology in laparoscopic injuries to the gallblad-
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie der and biliary system. Radiology 201: 595–603
In der Akutsituation stellen Sonographie und CT die Wong YC, Wang LJ, Chen RJ, Chen CJ (2002) Magnetic reso-
nance imaging of extrahepatic bile duct disruption. Eur Ra-
Verfahren der Wahl zur Beurteilung einer Gallen- diol 12: 2488–2490
wegsverletzung anhand zumeist indirekter Kriterien Yoon KH, Ha HK, Kim MH et al. (1998) Biliary stricture caused
dar. Im Verlauf und bei Verdacht auf das Vorliegen by blunt abdominal trauma: clinical and radiological fea-
tures in five patients. Radiology 207: 737–741.
eines Gallenlecks oder einer Gallenfistel sollten eine Yoon W, Jeong YY, Kim JK et al. (2005) CT in blunt liver trauma.
CT nach Applikation gallengängigen Kontrastmittels Radiographics 25: 87–104
und ggf. eine hepatobiliäre Funktionsszintigraphie
zur Verifizierung erfolgen. ERC/PTC sind dann mit
dem Ziel einer interventionellen Therapie (Schie-
nung, Stent) anzuschließen. Eine postoperativ ver-
mutete Gallenwegsstriktur wird indirekt mittels So-
nographie, nichtinvasiv mit der MRCP dargestellt.
Auch hier kommen ERC/PTC annähernd ausschließ-
lich unter therapeutischen Gesichtspunkten zum
Einsatz.

Merke ! Isolierte Verletzungen der Gallenwege


beim stumpfen oder penetrierenden
Bauchtrauma sind selten. Zumeist treten sie in Kom-
bination mit parenchymatösen und vaskulären Lä-
sionen der Leber auf. Häufigste iatrogene Ursache
sind Operationen und Interventionen an Gallenblase
und Gallenwegen mit nachfolgenden Gallenlecks,
-strikturen und -fisteln. In der Akutsituation stellen
Sonographie und CT die Gallenwegsverletzungen in-
direkt dar. Komplikationen im Verlauf werden mittels
CT nach Applikation gallengängigen Kontrastmit-
tels, der hepatobiliären Funktionsszintigraphie oder
der MRCP nachgewiesen. ERC/PTC kommen fast
ausschließlich unter therapeutischen Gesichtspunk-
ten zum Einsatz. Mögliche Komplikationen sind
Biliome, die biliäre Peritonitis oder die Hämobilie.
Differenzialdiagnostisch ist bei Strikturen insbeson-
dere der maligne Tumor des Gallengangs auszu-
schließen.
448 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

7.3.3
∑ Separation der meist geblähten Dünndarmschlin-
gen mit Spiegelbildung.
Komplikationen nach Leber-
und Gallenwegstraumen
Im Akutfall spielt diese Form der Diagnostik heute
7.3.3.1 keine Rolle mehr. Sie kommt ggf. im Rahmen des Ver-
Hämatoperitoneum laufs bei vermuteter Komplikation nach stattgehab-
tem Lebertrauma zum Einsatz.
왔 Ein Hämatoperitoneum bezeichnet Sowohl in der Akutsituation als auch im Rahmen
Definition
eine Ansammlung frischen und/oder der Abklärung möglicher Komplikationen ist die
älteren Bluts in der freien Peritonealhöhle infolge perkutane Sonographie als Methode der ersten Wahl
von Verletzungen, Rupturen von Tumoren oder nach anzusehen. Der Nachweis freier Flüssigkeit gelingt
Intervention bzw. Operation. bereits bei kleinsten Mengen.
Eine exakte und rasche Dokumentation von Aus-
Pathologisch-anatomische maß und Lokalisation des Hämatoperitoneums steht
und ätiologische Grundlagen mit der biphaschen, kontrastverstärkten CT zur Ver-
Bei jedem Leber- und Gallenwegstrauma kann es, ab- fügung. Insbesondere die akute Blutung und ihr ver-
hängig von der Schwere, zu einem Hämatoperitoneum mutlicher Ausgangspunkt sind so genau zu diagnos-
kommen. Entscheidend hierfür ist die akute Blutung. tizieren. Das Hämatom hat dabei eine Dichte zwi-
Beim Leberhämatom entsteht die akute freie Blutung schen 40 und 70 HE, austretendes Kontrastmittel, ab-
durch Ruptur der Leberkapsel. Dies kann sowohl beim hängig vom Jodgehalt des verwendeten Produkts,
ausgedehnten subkapsulären Hämatom, ggf. auch zwischen 85 und 350 HE (Abb. 7.68). Durch Sekun-
zweizeitig, als auch beim Parenchymdefekt mit fortbe- därrekonstruktionen aus MSCT-Datensätzen kann
stehender intraparenchymatöser Blutung geschehen.
Im Falle der Leberlazeration liegt immer eine Blutung
in die Peritonealhöhle vor. Ihr Ausmaß richtet sich
nach der Schwere der Lazeration. Die schwerste Form
des Hämatoperitoneums liegt bei der zentralen Leber-
gefäßverletzung vor. Durch Einriss oder Abtrennung
arterieller, portaler und/oder venöser Gefäße erfolgt
ein Blutaustritt in die freie Bauchhöhle.
Die wichtigsten Komplikationen des Hämatoperi-
toneums sind, neben dem Blutungsschock, die Infek-
tion mit nachfolgendem Abszess und, im Falle der
Gallenwegsverletzung, die biliäre Peritonitis.

Klinische Symptomatik
Neben den Begleiterkrankungen des Leber- und Gal-
lenwegstraumas stehen die Hypotonie bzw. der Blu-
tungsschock im Vordergrund des klinischen Erschei-
nungsbildes.

CAVE ! Tritt das Hämatoperitoneum nach


zweizeitiger Kapselruptur im Verlauf
auf, so verschlechtert sich der Zustand des Patienten
unter Umständen schlagartig mit rasch eintretender
Schocksituation.

Radiologische Symptomatik
Auf konventionellen Abdomenübersichtsaufnahmen
lässt sich ein Hämatoperitoneum durch indirekte
Hinweise erkennen: Abb. 7.68. 13-jähriges Mädchen nach Verkehrsunfall. In der
kontrastverstärkten CT erkennt man einen rupturierten
∑ fehlende Abgrenzbarkeit des unteren Leberrandes, Lebertumor (T) mit ausgedehnter abdomineller Blutung im
∑ Verdichtung im lateralen Oberbauch beidseits mit Sinne eines Hämatoperitoneums. KM-Austritt lateral und am
Verlagerung von rechter und linker Kolonflexur Leberunterrand (Pfeil) als Ausdruck der akuten Blutung. Die
nach medial sowie Histologie des Tumors ergab ein Hepatoblastom, das durch
den Unfall zufällig entdeckt wurde
7.3 Traumatische Veränderungen 449

das blutende Gefäß bestimmt werden. Im Falle der kationen des Hämatoperitoneums zählen vor allem
Komplikation eines Hämatoperitoneums mit Ab- der Abszess nach Superinfektion und die gallige Peri-
szessbildung lässt sich diese CT-morphologisch an- tonitis.
hand der vermehrten Kontrastmittelaufnahme, ggf.
einer Sedimentierung sowie Lufteinschlüssen erken- 7.3.3.2
nen. Bei günstigem Zugangsweg kann dann ggf. eine Biliome/biliäre Peritonitis
CT-gesteuerte Drainage zur Entlastung angelegt wer-
den. 왔 Biliome sind extraluminale Ansamm-
Definition
Liegt eine aktive Blutung bei einem Hämatoperi- lungen von Gallenflüssigkeit infolge
toneum vor, so kann bei peripherer Lage der Gefäß- eines Gallenlecks oder einer biliären Fistel.
läsion oder nicht möglichem operativem Vorgehen Als biliäre Peritonitis wird eine entzündliche Af-
die interventionelle Embolisation mittels Katheter- fektion des Peritoneums durch ausgetretene, super-
angiographie als Therapieoption eingesetzt werden. infizierte Gallenflüssigkeit bezeichnet.
Bei superselektiver Sondierung ist so die akute Blu-
tungssituation rasch zu kontrollieren. Bei nichtakti- Pathologisch-anatomische und
ver Blutung spielt die Katheterangiographie heute in ätiologische Grundlagen
der Abklärung des Hämatoperitoneums keine Rolle Frei in die Bauchhöhle austretende Gallenflüssigkeit
mehr. wird bei etwa 2–4% der Patienten mit stattgehabtem
MRT und nuklearmedizinische Verfahren kom- Lebertrauma beobachtet – insbesondere bei Verlet-
men beim Hämatoperitoneum nicht regelhaft zum zungen mit tiefer Parenchymläsion bzw. höhergradi-
Einsatz. gem Lebertrauma (Grad IV bis VI nach AAST-OIS).
Häufig treten hingegen Biliome nach Gallenblasen-
Differenzialdiagnose und Gallenwegsverletzungen auf. Auch postoperativ
Die wichtigste Differenzierung ist beim Hämatoperi- nach komplizierter Gallenblasen- und Gallenwegs-
toneum zwischen ausgedehnter intraperitonealer operation oder im Rahmen einer Gallenwegsinter-
Flüssigkeit, peritonealem Hämatom und aktiver Blu- vention werden Biliome und in der Folge biliäre Peri-
tung zu treffen. Dies kann mit Hilfe der Dichtewerte tonitiden beobachtet. Seltener sind in der Leber
in der CT meist problemlos erfolgen. Da die Beherr- gelegene Biliome bei intrahepatischer Lokalisation
schung der Blutung im Vordergrund steht, spielt die der Gallenwegsläsion.
Unterscheidung ihrer Ursache (Verletzung/zweizeiti- Durch die meist kleinlumige Fistel der Gallenwege
ge Ruptur/Ruptur eines intrahepatischen Tumors) kommt es erst im Verlauf nach längerem freiem In-
erst in zweiter Linie eine Rolle. tervall zur Bildung der Biliome. Sterile Gallenflüssig-
keit verursacht in der Regel allenfalls eine geringe pe-
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie ritoneale Reizung.
Beim akuten Hämatoperitoneum sollte nach orien- Eine biliäre Peritonitis entsteht nur, wenn die aus-
tierender Sonographie rasch eine biphasische kon- getretene Gallenflüssigkeit z. B. im Rahmen einer
trastverstärkte CT zur Festlegung der Akuität und miterfolgten Darmverletzung oder bei Cholangitis
einer nach intraperitonel reichenden Blutung und anderer Genese infiziert ist. Als Komplikation ist so-
ihrer Lokalisation angeschlossen werden. Bei peri- wohl für das Biliom als auch für die biliäre Peritoni-
pherer Lage der Gefäßverletzung mit akuter Blutung tis der umschriebene intraabdominelle Abszess an-
oder nicht möglichem operativem Vorgehen bietet zusehen.
sich die Katheterangiographie mit Embolisation des
zuführenden Gefäßasts an. Klinische Symptomatik
Die meisten Biliome verlaufen klinisch stumm. Bei
Merke ! Das Hämatoperitoneum mit akuter
Blutung ist eine schwere Komplika-
raumfordernder Wirkung durch die Größe klagen
die Patienten über Unwohlsein und persitierende
tion von Leber- und Gallenwegsverletzungen und Schmerzen im rechten Oberbauch. Im Falle der biliä-
kann auch zweizeitig im Rahmen des Verlaufs auf- ren Peritonitis stehen die Symptome des akuten, peri-
treten. Als diagnostische Methode der Wahl gilt, tonitischen Abdomens mit starken Schmerzen, Ab-
nach orientierender Sonographie, die biphasische wehrspannung, Erbrechen und ggf. einsetzender
kontrastverstärkte CT. Zur Therapie kann bei ent- Schocksymptomatik im Vordergrund.
sprechender Lage der Gefäßläsion oder nicht mögli-
chem operativen Vorgehen die Katheterangiographie Radiologische Symptomatik
mit Embolisation zum Einsatz kommen. Differen- Sonographisch stellen sich Biliome als annähernd
zialdiagnostisch sind insbesondere der Aszites und echofrei, glatt begrenzt und in oder in unmittelbarer
die nichtakute Blutung abzugrenzen. Zu den Kompli- Umgebung zur Leber gelegen dar. Insbesondere der
450 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.69. 74-jährige Patientin mit Biliom nach Operation


einer durch Perforation komplizierten Cholezystitis. In der
kontrastverstärkten CT glatte Abgrenzung des Bilioms mit
typischen Dichtewerten (12 HE)

Zusammenhang mit einem stattgehabten Lebertrau-


ma oder einer Operation bzw. Intervention an Gal-
lenblase und Gallenwegen legt die Diagnose nahe. Bei
der biliären Peritonitis lassen sich vor allem größere a
Mengen freier Flüssigkeit im gesamten Abdomen,
ggf. mit Lufteinschlüssen, seltener abgegrenzte Bilio-
me nachweisen.
In der CT finden sich bei Biliomen glatt begrenz-
te, hypodense (0–15 HE) Flüssigkeitsverhalte in
oder unmittelbar um die Leber, während das übrige
Abdomen zumeist keine freie Flüssigkeit enthält
(Abb. 7.69). Eine Abgrenzung von posttraumatischen
Hämatomen oder persitierenden Blutungen ist an-
hand der Dichtewerte bzw. des Kontrastmittel-
austritts nach extravasal möglich. Soll ein persitie-
rendes Gallenleck nachgewiesen werden, kann dies
durch intravenöse Applikation von gallengängigem
Kontrastmittel und Akquisition eines MSCT-Daten- b
satzes etwa 30 min später und ohne zusätzliche Ver-
abreichung von nierengängigem Kontrastmittel er- Abb. 7.70 a, b. 65-jähriger Patient eine Woche nach laparosko-
pischer Cholezystektomie. a Sagittale Sekundärrekonstruktion
folgen. Dabei gelingt, insbesondere in Sekundärre- aus einem MSCT-Datensatz nach KM-Gabe mit Darstellung
konstruktionen häufig auch die genaue Lokalisation eines Bilioms am Leberunterrand (B). Ausgedehnte entzünd-
des Gallenlecks. Die biliäre Peritonitis zeichnet sich liche Mitreaktion des Colon transversum und des perikoli-
insbesondere durch freie Flüssigkeit, ein vermehrtes schen Fettgewebes (Pfeil) im Sinne einer beginnenden biliären
Peritonitis. Nebenbefundlich große Nierenzyste rechts (NZY).
Kontrastenhancement der peritonealen Strukturen b Das zugehörige transversale Bild zu a dokumentiert die
und ggf. Lufteinschlüsse aus (Abb. 7.70 a, b). In eini- peritonitische Reizung des Colon transversum (Pfeil)
gen Fällen ist ein umschriebenes Biliom dann nicht
abgrenzbar. Lässt sich zusätzlich ein randständiges
Kontrastenhancement umschriebener Flüssigkeits-
verhalte dokumentieren, liegt ein intraabdomineller
Abszess vor. (Abb. 7.71). Eine exakte Lokalisation der Austrittsstel-
Ein Gallenleck lässt sich auch durch die hepatobili- le gelingt allerdings nicht in allen Fällen. Die direkten
äre Funktionsszintigraphie nachweisen. Die Akkumu- Verfahren der Gallenwegsdarstellung ERC/
lation des Radiopharmakons im abdominellen Flüs- PTC erlauben ebenfalls den Nachweis und die exakte
sigkeitsverhalt ist beweisend für die Diagnose Lokalisation des Gallenlecks und seines quantitativen
7.3 Traumatische Veränderungen 451

mittel mit Sekundärrekonstruktionen an. Zum allei-


nigen Nachweis eines Gallenlecks und seiner Quanti-
tät steht die hepatobiliäre Funktionsszintigraphie
mit hoher Sensitivität zur Verfügung. Den direkten
Verfahren ERC/PTC ist neben der quantitativen Dar-
stellung des Gallenlecks die sofortige Therapie mit
Schienung des verletzten Gallengangs vorbehalten.

Merke ! Biliome als Ansammlung extravasaler


Gallenflüssigkeit sind unmittelbar
posttraumatisch selten vorhanden und entwickeln
sich erst im Verlauf. Ihr Nachweis gelingt bei bekann-
ter Anamnese sowohl mittels Sonographie als auch
Abb. 7.71. 28-jährige Patientin mit Zustand nach biliodigesti- CT. Ein persistierendes Gallenleck lässt sich mit der
ver Anastomose (A) nach komplizierter Cholezystektomie. CT nach Applikation gallengängigen Kontrastmittels
In der 99mTc-HIDA-Szintigraphie, insbesondere in den Spät- und mit der hepatobiliären Funktionsszintigraphie
aufnahmen, neben der Ausscheidung des Radiopharmakons
über die angelegte Anastomose (A) Mitdarstellung eines Bi- darstellen. Zur Therapie des Gallenlecks stehen, falls
lioms. Dieses wird durch die liegende Drainage abgeleitet kein operatives Vorgehen erforderlich ist, ERC/PTC
(Pfeil). Der Nachweis des Radionuklids in der Drainage be- zur Verfügung. Zu unterscheiden sind Hämatome,
weist die Leckage Serome oder das Hämatoperitoneum.
Eine biliäre Peritonitis entsteht bei Austritt infi-
zierter Gallenflüssigkeit in die freie Bauchhöhle. Die
Umfangs. Gegebenenfalls kann dabei in gleicher Sit- rein bildgebende Unterscheidung von der Peritonitis
zung eine Schienung des verletzten Gefäßes erfolgen. anderer Genese ist meist nicht möglich. Der sich in
Die MRT wird beim Biliom in der Regel nicht ein- der Folge ggf. entwickelnde abdominelle Abszess ist
gesetzt, da ein direkter Nachweis der Verbindung mit Sonographie und CT regelhaft diagnostizierbar
zum lädierten Gallengang, auch unter Berücksich- und zumeist drainierbar.
tigung der posttraumatischen bzw. postoperativen
Situation im Abdomen, nicht regelhaft möglich ist. 7.3.3.3
Biliome und biliäre Abszesse sind bei entspre- Hämobilie
chendem Zugangsweg sowohl der sonographisch als
auch der CT-gestützten Intervention mit Drainagen- 왔 Die Hämobilie ist die Folge einer di-
Definition
einlage zugänglich. rekten Verbindung des A.-hepatica-
Stromgebietes mit dem Gallenwegssystem.
Differenzialdiagnose
Als wichtigste Differenzialdiagnosen zum Biliom Pathologisch-anatomische
sind das posttraumatische Hämatom bzw. Serom und ätiologische Grundlagen
und freie intraperitoneale Flüssigkeit anzusehen. Da Die seltene Komplikation der Hämobilie tritt nach
Biliome in der Regel im Verlauf auftreten, kann die stumpfen und spitzen Abdominaltraumen oder nach
Unterscheidung durch Anamnese, Vergleich mit un- Rupturen von Aneurysmen oder Pseudoaneurysmen
mittelbar posttraumatisch gewonnenen Voraufnah- auf. Sie ist eine häufigere Komplikation nach inter-
men und anhand der Echogenität bzw. der Dichte- ventionellen Eingriffen wie perkutanen Leberstanz-
werte erfolgen. Die biliäre Peritonitis lässt sich von biopsien, PTC und PTCD, direkter Portographie oder
anderen Formen der Peritonitis insbesondere durch TIPSS-Anlage. In allen Fällen kommt es durch eine
die Anamnese abgrenzen. Eine Unterscheidung an- Verletzung von arteriellem Gefäßsystem und Gallen-
hand rein bildmorphologischer Kriterien ist in der wegssystem zu einem durch den Druckunterschied
Regel nicht möglich. ausgelösten Übertritt von Blut in das biliäre System.
Eine Fistel zwischen portalem bzw. venösem System
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie und dem Gallenwegssystem ist aufgrund der Druck-
Sowohl beim Biliom als auch bei der biliären Perito- verhältnisse klinisch nicht von größerer Bedeutung.
nitis ist die perkutane Sonographie Methode der er- Wenn möglich, erfolgt die Therapie interventio-
sten Wahl. Sollen Lokalisation und Ausdehnung nell radiologisch und/oder endoskopisch, da die ope-
exakt bestimmt, sowie ein persistierendes Gallenleck rative Sanierung zumeist schwierig und mit hoher
nachgewiesen werden, bietet sich anschließend die perioperativer Morbidität und Mortalität verbunden
CT nach Applikation von gallengängigem Kontrast- ist.
452 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Klinische Symptomatik
Neben der Anamnese sind kolikartige Oberbauchbe-
Merke ! Die Hämobilie ist eine seltene Kom-
plikation nach Leber- und Gallen-
schwerden, Ikterus und das Bild der oberen bzw. un- wegstrauma mit Ausbildung einer Fistel zwischen
teren gastrointestinalen Blutung ggf. mit Bluterbre- intrahepatischem arteriellen und biliären Gefäß-
chen hinweisend auf eine Hämobilie. system. Der indirekte Nachweis kann sonographisch
erfolgen. In der triphasischen CT gelingt der Nach-
Radiologische Symptomatik weis eines Kontrastmittelübertritts insbesondere in
Sonographisch findet sich als indirekter Hinweis auf Sekundärrekonstruktionen. Beim direkten Nachweis
eine Hämobilie ein dilatiertes extrahepatisches und mittels Katheterangiographie kann ggf. in gleicher
partiell auch intrahepatisches Gallenwegssystem. Die Sitzung durch Embolisation die Fistel therapiert
Diagnose kann allein anhand bildgebender Kriterien werden. Nach endoskopischer Darstellung erfolgt bei
sonographisch nicht gestellt werden. Bedarf die Schienung des betroffenen Gallengangs.
Computertomographisch lässt sich nach intrave- Differenzialdiagnostisch sind insbesondere Verände-
nöser Kontrastmittelgabe, insbesondere in Rekon- rungen im Rahmen des Gallensteinleidens zu be-
struktionen aus MSCT-Datensätzen, Kontrastmittel rücksichtigen.
in der Gallenblase und den Gallengängen nachwei-
sen. Zum Ausschluss möglicher Differenzialdiagno-
sen empfiehlt sich zusätzlich zur biphasischen Dar- Literatur zu Abschn. 7.3.3
stellung nach Kontrastmittelgabe die Anfertigung
einer Nativ-Serie. Lou YJ, Chen CX, Jiang JY, Li YM (2006) Hepatobiliary and pan-
creatic hemobilia. J Gastroenterol Hepatol 21: 474–476
Der direkte Nachweis der Hämobilie kann kathe- Roddie ME (2003) Evaluation of the liver and biliary tree. In:
terangiographisch oder mittels ERC erfolgen. Dabei Peters AM (ed) Nuclear medicine in radiological diagnosis.
erfolgt die Darstellung der vaskulär-biliären Fistel Taylor & Francis, London, pp 263–278
einmal vom Gefäßsystem, einmal vom Gallenwegs- Shankar S, van Sonnenberg E, Silverman SG, Tuncali K, Morri-
son PR (2003) Diagnosis and treatment of intrahepatic
system aus. Der Vorteil der Katheterangiographie biloma complicating radiofrequency ablation of hepatic
liegt hierbei in der Möglichkeit der sofortigen Embo- metastases. AJR Am J Roentgenol 181: 275–277
lisation des zuführenden Gefäßasts, der ERC ggf. in Shanmuganathan K, Mirvis SE (1998) Evaluation of the liver
der Schienung des verletzten Gallengangs. and pancreas after blunt trauma. In: Gazelle GS, Saini S,
Mueller PR (eds) Hepatobiliary and pancreatic radiology.
MRT und nuklearmedizinische Verfahren spielen Thieme, Stuttgart New York, pp 171–204
keine Rolle bei der Hämobilie. Srivastava DN, Sharma S, Pal S et al. (2006) Transcatheter arte-
rial embolization in the management of hemobilia. Abdom
Differenzialdiagnose Imaging 31: 439–448
Stahelin B, Schaad HJ (1999) Hämatoperitoneum – how to pro-
Differenzialdiagnostische Schwierigkeiten können ceed? Schweiz Rundsch Med Prax 88: 379–382
allenfalls beim indirekten Nachweis der Hämobilie Weissmann HS, Byuan KJC, Freeman LM (1985) Role of
auftreten. Hierbei sind Gallensteine, Gallenblasen- Tc-99m IDA scintigraphy in the evaluation of hepatobiliary
wandhämatome, Sludge, Kalkmilchgalle und ektope trauma. Semin Nucl Med 13: 199–222
Yoon W, Jeong YY, Kim JK et al. (2005) CT in blunt liver trauma.
Ausscheidung von intravenösem Kontrastmittel über Radiographics 25: 87–104
die Gallenwege zu berücksichtigen.

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


Neben der orientierenden Sonographie empfiehlt
sich bei Verdacht auf Hämobilie die Durchführung
einer triphasischen CT (nativ, arteriell, portalvenös),
möglichst mit Anfertigung von Sekundärrekonstruk-
tionen für das Gallenwegssystem. Unter therapeuti-
schen Gesichtspunkten sollte eine Katheterangiogra-
phie ggf. mit Embolisation des zuführenden arteriel-
len Gefäßasts erfolgen. Eine zusätzliche ERC ist dann
meist nur bei Verletzung großer Gallengänge zur
Schienung erforderlich.
7.4 Entzündliche Erkrankungen 453

dung der Leber. Dabei zählt die Hepatitis B zur wich-


7.4
tigsten viralen Leberentzündung mit z. T. fulminan-
Entzündliche Erkrankungen
tem Verlauf. Die Rate ihrer Virusträger beträgt in
7.4.1 Europa und den USA <1%, in Afrika um die 10%.
Entzündliche Erkrankungen der Leber Mikroskopisch sind im akuten Stadium Koagula-
tionsnekrosen und vermehrt eosinophile Granulo-
Generell ist zwischen diffusen und fokalen entzündli- zyten nachweisbar. Hepatitis A und E heilen in der
chen Erkrankungen der Leber zu unterscheiden. Zu Regel folgenlos aus, bei den Formen B bis D wird der
ersteren zählen die verschiedenen Formen der Hepa- Übergang in chronische Formen beobachtet.
titiden sowie die granulomatösen Lebererkrankun- Im Rahmen der akuten Fettleberhepatitis unter-
gen, zu den letzteren die Leberabszesse. scheidet man die alkoholinduzierten von den nicht-
alkoholinduzierten Formen. Erstere zeigen histolo-
7.4.1.1 gisch im nekrotischen Material einen erhöhten Anteil
Diffuse entzündliche Erkrankungen der Leber neutrophiler Granulozyten sowie so genannte Mallo-
Die diffusen entzündlichen Lebererkrankungen um- ry-Körperchen, die hyalinen Abbauprodukten ent-
fassen sprechen. Dabei ist die akute Fettleberhepatitis
zusammen mit der Hyperlipidämie und der hämo-
∑ die akuten und chronischen Hepatitiden,
lytischen Anämie Teil des Zieve-Syndroms bei der
∑ die Neonatalhepatitis,
Alkoholkrankheit. Demgegenüber stellt die nicht-
∑ die strahleninduzierte Hepatitis sowie
alkoholinduzierte Fettleberhepatitis („nonalkoholic
∑ die granulomatösen Entzündungen der Leber und
steatohepatitis“/NASH) eine akute Entzündung als
∑ den Symptomenkomplex des Gasnachweises in
Komplikation einer Steatosis hepatis (s. Abschn.
der Pfortader.
7.6.1.1) dar. Sie kann Ursache der kryptogenen Le-
Bei allen Formen der Hepatitiden steht primär eine berzirrhose sein.
zelluläre Dysfunktion im Vordergrund. Mit Fort- Seltenere virale Hepatitisformen sind die Leber-
schreiten der Erkrankung bilden sich Zellnekrosen, beteiligung bei der infektiösen Mononukleose und
die im Anschluss zu einer Regeneration in Form von beim Gelbfieber. Eine akut einsetzende, diffuse Le-
Lebergewebsumbau und Hepatozytenregeneration berentzündung wird auch beim parasitären Befall im
mit Knotenbildung führen. Hält die Zufuhr der aus- Rahmen der Bilharziose, der Syphilis und des Mor-
lösenden Noxe an, kommt es über eine Leberfibrose bus Weil beobachtet.
zum Endstadium der Leberzirrhose. Im Gegensatz zu Die Autoimmunhepatitis ist eine komplexe Wech-
den fokalen Formen ist bei den diffusen Entzündun- selwirkung von auslösenden Triggerfaktoren, Auto-
gen der Leber das gesamte Organ befallen, umschrie- antigenen, genetischer Disposition und Immunre-
bene Abszessformationen sind nicht nachweisbar. gulationsmechanismen. Sie hat in Nordeuropa eine
Inzidenz von 1,9 pro 100.000 Einwohnern und bevor-
Akute Hepatitis zugt das weibliche Geschlecht (3,6:1) ohne Alters-
gipfel. Histologisch finden sich eine Hepatitis an den
왔 Die akute Hepatitis ist eine plötzlich Grenzzonen und Plasmainfiltrationen in den Por-
Definition
und rasch einsetzende unspezifische talfeldern. Bei laborchemischen Untersuchungen fal-
Entzündung der Leber als Reaktion auf unterschied- len eine Hypergammaglobulinämie sowie Autoanti-
lichste Noxen. körper („antinuclear antibodies“/ANA, „smooth
muscle antibodies“/SMA, „anti-liver-kidney micro-
Pathologisch-anatomische some Typ 1“/anti LKM 1) auf. Auch die Autoimmun-
und ätiologische Grundlagen hepatitis führt zur frühzeitigen Entwicklung einer
Nach der Ursache werden die häufigere akute virale Leberzirrhose.
Hepatitis sowie die seltenere akute Fettleberhepatitis
unterschieden. Weiterhin sind Leberbeteiligungen Klinische Symptomatik
primär extrahepatischer Infektionen zu nennen, die Der Großteil der akuten Hepatitiden verläuft klinisch
mit dem Bild der akuten Hepatitis einhergehen. Von inapparent. Die Patienten berichten über unspezifi-
zunehmender Bedeutung ist die Autoimmunhepati- sche Beschwerden wie Abgeschlagenheit, Schwäche,
tis, insbesondere in Kombination mit der primär Appetitlosigkeit, subfebrile Temperaturen und gele-
sklerosierenden Cholangitis (PSC) und der primär gentlich über abdominelles Druckgefühl. Im Falle
biliären Zirrhose (PBC). der Autoimmunhepatitis kommt es zu einem plötzli-
Häufigster Auslöser der akuten viralen Hepatiti- chen Einsetzen der Beschwerden mit fulminantem
den ist der Befall des Organs mit den Virusklassen Verlauf und Entwicklung einer hepatischen En-
Hepatitis A bis E mit nachfolgender diffuser Entzün- zephalopathie innerhalb von 8 Wochen.
454 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Merke ! Eine Diagnosesicherung ist bei allen


Hepatitiden häufig nur über serologi-
sche Bestimmungen oder die Histologie möglich.

Radiologische Symptomatik
Die wichtigste Anforderung an die bildgebende Dia-
gnostik bei akuten Hepatitiden besteht im Aus-
schluss anderweitiger Ursachen einer diffusen Hepa-
tomegalie. Allerdings lassen sich mittels Ultraschall,
CT und MRT nur gelegentlich im Verlauf innerhalb
der weiterhin hypoechogenen, dichtegeminderten
bzw. signalintensitätserhöhten Leber echoreiche/iso-
dense/hyperintense Knotenbildungen nachweisen,
die Ausdruck der beginnenden Regeneration sind.
Das Volumen des Organs nimmt durch die Regene-
ratknotenbildung weiter rasch zu. a
Bei der akuten Virushepatitis zeigen alle Schnitt-
bildverfahren eine Hepatosplenomegalie, ggf. eine
Verdickung der Gallenblasenwand im Rahmen der ent-
zündlichen Mitreaktion (Abb. 7.72 a), hiläre Lymph-
knotenvergrößerungen sowie Aszites. Als pathogno-
monisch ist im Ultraschall das Bild der erhöhten
Echogenität der Wand der Portalgefäße anzusehen
(Abb. 7.72 b). Zusätzlich kann sich eine diffuse Er-
höhung der Echogenität des Leberparenchyms fin-
den. Die lokale periportale Hepatozytenschwellung
stellt sich in der CT nach Kontrastmittelgabe als
hypodense Begleitformation und in der MRT in
Form hyperintenser Begleitbänder in T2-Wichtung
dar. Durch die entzündungsbedingte generalisierte
Schwellung der Leber kommt es zu einer diffusen
Dichteminderung bzw. einem inhomogenen Enhan-
cement vor und nach Kontrastmittelgabe in der CT. b
Analog weist die MRT verminderte Signalintensitä-
ten in T1- und erhöhte Signalintensitäten in T2- Abb. 7.72 a, b. 5-jähriges Mädchen mit fulminantem Leber-
Wichtung auf. versagen bei Ebstein-Barr-Virus-Hepatitis mit hepatischer En-
zephalopathie. a Im B-Bild-Sonogramm deutlich verdickte
Neben der Hepatomegalie ist vor allem der er- Gallenblasenwand (Pfeil) bei erhöhter Echogenität des Leber-
höhte Fettgehalt in allen bildgebenden Verfahren gewebes. b Vermehrte Echogenität der Wand der Portalgefäße
hinweisend für die akute Fettleberhepatitis. Er stellt (Pfeil)
sich dabei vollständig unregelmäßig, segmental oder
fokal dar. So zeigt sich sonographisch eine entspre-
chend der Fettverteilung abgrenzbare Hypoecho- Eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen
genität der Leber, die in der Nativ-CT zu korrespon- Formen der akuten Fettleberhepatitis ist bildmor-
dierenden hypodensen Arealen führt. Nach Kontrast- phologisch nicht möglich.
mittelgabe dokumentiert sich im Frühstadium in Die als Leberbeteiligung extrahepatischer Infek-
vielen Fällen eine Maskierung des Befundes, bei fort- tionen entstandenen akuten Hepatitiden bleiben in
geschrittenem Krankheitsverlauf ein unregelmäßi- der bildgebenden Diagnostik in Form der Hepato-
ges Enhancement (Abb. 7.73). Diagnostisch wegwei- megalie unspezifisch und können nicht weiter diffe-
send sind in der MRT „In-phase-“ und „Opposed- renziert werden. Insbesondere ist eine Abgrenzung
phase-Sequenzen“ in T1-Wichtung mit erhöhter bzw. zu den anderen Formen der akuten Hepatitis nicht
erniedrigter Signalintensität aufgrund des Fettge- möglich. Gleiches gilt für die Autoimmunhepatitis,
halts der Leber. Ein vergleichbares Ergebnis lässt sich sodass erst die histologische Aufarbeitung einer Le-
in der T2-Wichtung ohne und mit Fettsättigung berbiopsie die Diagnose sichern kann. In fortge-
durch diffuse Hyperintensität bzw. deren Verschwin- schrittenen Fällen kann es jedoch zur Ausbildung
den erzielen. hypervaskularisierter Knoten im frühen Stadium des
7.4 Entzündliche Erkrankungen 455

der akuten Virushepatitis einige klassische bildmor-


phologische Merkmale (periportale Begleitphäno-
mene). Eine Differenzierung der verschiedenen Ur-
sachen der akuten Hepatitis ist jedoch radiologisch
allein oft nicht möglich. Wichtigstes Ziel der bildge-
benden Diagnostik ist der Ausschluss anderweitiger
Ursachen einer Hepatomegalie.

Chronische Hepatitis
왔 Als chronische Hepatitis wird eine
Definition
diffuse Entzündung der Leber mit
einer Krankheitsdauer von mindestens 6 Monaten
bezeichnet.

Diese wird vor allem bei den Virushepatitiden B bis


Abb. 7.73. 60-jähriger Patient mit Fettleberhepatitis. In der D, jedoch auch bei der Fettleberhepatitis beobachtet.
kontrastverstärkten CT inhomogenes Enhancement der ge-
samten Leber. Bei Hydrops keine Verdickung der Gallen- Pathologisch-anatomische
blasenwand. Darstellung eines vergrößerten präportalen
Lymphknotens (Pfeil) und ätiologische Grundlagen
Bei der Hepatitis B werden eine chronisch-persistie-
rende und eine chronisch-aggressive Form unter-
schieden. Diese sind in der Regel nur histologisch zu
zirrhotischen Umbaus kommen. Diese sind sowohl unterscheiden, differieren jedoch in ihrer klinischen
mit CT als auch MRT gleichermaßen nachweisbar. Symptomatik. Im Gegensatz zur akuten Form zeigt
Nuklearmedizinische Verfahren haben in der Rou- das histologische Bild eine Vermehrung von Lym-
tinediagnostik der Hepatitis keine Bedeutung mehr. phozyten, Plasmazellen und Makrophagen. Der
Übergang von der akuten zur chronischen Hepatitis-
Differenzialdiagnose form wird in 20–30% bei Hepatitis B, in >80% bei
Wichtige Differenzialdiagnosen der akuten Hepatitis Hepatitis C und in >90% bei Hepatitis D (aufgrund
stellen die Fettleber, die Leberstauung und sämtliche der gleichzeitig vorliegenden Hepatitis B) beobach-
weiteren Formen der diffusen Lebererkrankung dar tet.
(s. Abschn. 7.6.1). Ihre Unterscheidung ist aufgrund Die chronische Fettleberhepatitis tritt vor allem
der bildgebenden Diagnostik allein häufig nicht bei der alkoholinduzierten Form im fortgeschritte-
möglich. Daneben sind sämtliche Erkrankungen, die nen Krankheitsstadium auf.
zu einer Hepatosplenomegalie führen können, zu Therapeutisch werden chronische virale Hepatiti-
berücksichtigen bzw. auszuschließen. den mit a-Interferon behandelt, chronische alkoho-
linduzierte Formen mit Alkoholkarenz und Diät.
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
Die Abdomensonographie ist die Methode der Wahl
zur Erstdiagnose und im Verlauf. Im Rahmen einer
CAVE ! Durch den häufigen Übergang der
chronischen Hepatitisformen in eine
Erstabklärung sollten andere Ursachen für die Leber- Leberzirrhose ist das Risiko der Entstehung eines
strukturveränderung in der Regel durch CT oder HCC bei diesen Patienten überdurchschnittlich er-
MRT ausgeschlossen werden. Oft ist bereits die Na- höht.
tiv-Untersuchung in beiden Modalitäten hinweisend
auf die Erkrankung. Wird eine MRT durchgeführt, Klinische Symptomatik
sollte das Untersuchungsprotokoll Sequenzen in T1- Auch die chronischen Formen aller Hepatitiden sind
Wichtung „in-phase“ und „opposed-phase“ oder in in vielen Fällen mit nur unspezifischen klinischen
T2-Wichtung ohne und mit Fettsättigung umfassen. Symptomen verbunden. Neben Leistungsminderung
und Müdigkeit klagen die Patienen über Appetitlo-
Merke ! Die akute Hepatitis hat virale und
toxische Ursachen, ist Begleitreaktion
sigkeit und allgemeines Krankheitsgefühl. Eine Aus-
nahme bildet die chronisch-aggresive Hepatitis B, bei
extrahepatischer Infektionen oder einer Autoim- der Zeichen der akuten Exazerbation in Form von
munantwort. Bei unspezifischem klinischen Bild und Arthralgien, Hautveränderungen und Ikterus be-
generalisierter Organvergrößerung findet man bei schrieben sind.
456 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Radiologische Symptomatik
Eine Differenzierung der verschiedenen Formen der
Merke ! Chronische Hepatitiden werden bei
den viralen Formen B bis D und selte-
chronischen Hepatitis ist radiologisch nicht möglich. ner der Alkoholhepatitis beobachtet. Alle Formen ge-
Wichtigstes Ziel ist, bei bekannter Anamnese, die hen in einem hohen Prozentsatz in eine Leberzirrho-
Festlegung des Ausmaßes der Leberdegeneration se über, das Risiko der malignen Entartung ist deut-
bzw. der Leberzirrhose und der Ausschluss eines lich erhöht. Bildgebend werden Regeneratknoten
HCC. Ist in der Vorgeschichte keine Hepatitis be- und portale Lymphadenopathien nachgewiesen. Das
kannt, müssen andere diffuse Lebererkrankungen Vorliegen eines HCC muss ausgeschlossen werden.
und Ursachen einer Hepatomegalie ausgeschlossen
werden. Verlauf und Schweregrad der Erkrankung Neonatale Hepatitis
können anhand des Größenvergleichs der Regenerat- Die neonatale Hepatitis ist die häufigste Ursache des
knoten in Folgeuntersuchungen beurteilt werden. prolongierten Neugeborenenikterus. Sie kann infek-
Ihre Verlaufsbeobachtung dient bei einer durch- tiös, metabolisch oder idiopathisch bedingt sein.
geführten Immuntherapie als Indikator für den Be-
handlungserfolg. Pathologisch-anatomische
Wegweisendes Kriterium der chronischen Hepati- und ätiologische Grundlagen
tis ist häufig eine Lymphadenopathie in der Leber- Als Ursache der neonatalen Hepatitis kommen ver-
pforte. Diese wird mit Sonographie, CT und MRT schiedenste virale und parasitäre Infektionen in Be-
sicher nachgewiesen. Zusätzlich finden sich sono- tracht. Neben Hepatitisviren werden vor allem CMV-,
graphisch eine generalisierte Echogenitätserhöhung Herpes- und Toxoplasmoseerreger beobachtet. Bei
des Organs sowie eine zunehmend schlechtere Ab- den Parasiten handelt es sich insbesondere um Pro-
grenzung der Pfortader und ihrer Verzweigungen tozoen und Sprirochäten. Die Infektion erfolgt prä-
(Silhouetten-Phänomen). In der CT stellt sich die oder perinatal im Geburtskanal.
chronische Hepatitis zudem mit dem Nachweis von Bei den metabolischen Ursachen stehen der a1-
Regeneratknoten dar. Diese sind nativ hyperdens Antitrypsinmangel und verschiedenste Formen des
und können nach Kontrastmittelgabe maskiert sein. Bilirubinmetabolismus im Zentrum des Interesses.
Auch in der MRT finden sich neben der portalen Daneben finden sich idiopathische Formen der neo-
Lymphadenopathie Regeneratknoten, die in T1- und natalen Hepatitis.
T2-Wichtung leicht hyperintens erscheinen und Histologisch erkennt man Riesenzellen sowie in
ebenfalls nach extra- und intrazellulärer Kontrast- einem intakten Gallenwegssystem nur geringe Men-
mittelgabe isodens erscheinen. gen exprimierter Gallenflüssigkeit. Die Erkrankung
Nuklearmedizinische Verfahren haben allenfalls wird in den ersten 4 Lebenswochen evident und
im Rahmen der Abklärung einer fokalen Läsion auf bevorzugt das männliche Geschlecht.
dem Boden einer chronischen Hepatitis in Spezial-
fällen eine eingeschränkte Bedeutung. Klinische Symptomatik
Kinder mit neonataler Hepatitis werden durch den
Differenzialdiagnose prolongierten Neugeborenenikterus klinisch auf-
Als wichtigste Differenzialdiagnose ist das HCC an- fällig. In der Regel erfolgt eine Spontanremission ad
zusehen. Bei weniger fortgeschrittenen Krankheits- integrum.
formen sind sämtliche anderen diffusen Leber-
erkrankungen sowie der diffuse Lymphombefall der Radiologische Symptomatik
Leber zu berücksichtigen. Sonographisch stellen sich Leber und, soweit ab-
grenzbar, die Gallenblase normal groß ohne Zeichen
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie der Cholestase dar. Die Echogenität der Leber ist dif-
Da der Ausschluss einer malignen Entartung im Vor- fus erhöht, die peripheren Portaläste lassen sich nur
dergrund der diagnostischen Bemühungen steht, schwer abgrenzen. Dennoch ist die Differenzial-
muss, nach der primär durchgeführten Sonographie, diagnose zur biliären Atresie häufig schwierig (s.
eine weitere Abklärung mittels CT oder MRT erfol- Abschn. 7.2.3.4) und bedarf in vielen Fällen zur Klä-
gen. Dabei sollten Serien bzw. Sequenzen vor und rung der zusätzlichen hepatobiliären Funktionsszin-
nach Kontrastmittelgabe enthalten sein und die Kon- tigraphie.
trastmittelapplikation ggf. dynamisch dokumentiert CT und MRT spielen keine Rolle in der Diagnostik
werden. Katheterangiographie und nuklearmedizi- der Neonatalhepatitis.
nische Verfahren spielen primär keine Rolle.
7.4 Entzündliche Erkrankungen 457

Differenzialdiagnose
Wichtigste Differenzialdiagnsose ist die biliäre Atre-
sie, deren Diagnose aus prognostischen Gründen
rasch gestellt werden muss.

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


Primär stellt die Sonographie das Untersuchungsver-
fahren der ersten Wahl bei neonataler Hepatitis dar.
Kann eine biliäre Atresie nicht mit Sicherheit aus-
geschlossen werden, muss zusätzlich eine hepato-
biliäre Funktionsszintigraphie erfolgen.

Merke ! Die neonatale Hepatitis ist die häufig-


ste Ursache des prolongierten Neuge-
borenikterus. Wichtigste Differenzialdiagnose ist die
biliäre Atresie. Zur Diagnostik werden die Sonogra- Abb. 7.74. 32-jährige Patientin mit bekanntem Mammakarzi-
phie und in Zweifelsfällen die hepatobiliäre Funk- nom und Zustand nach Bestrahlung einer Wirbelsäulenmetas-
tase. In der Nativ-CT deutliche Dichteminderung im Bestrah-
tionsszintigraphie herangezogen. lungsfeld (Pfeil). Zusätzlich multiple Lebermetastasen

Strahlenhepatitis
Eine besondere Form der Hepatitis stellt die Leber- zu hyperintensen, scharf begrenzten Arealen. Eine
entzündung nach Radiotherapie dar. Sie wird in aku- Kontrastmittelgabe ist in der Regel weder in der CT
ter und chronischer Form beobachtet. noch in der MRT erforderlich.

Pathologisch-anatomische Differenzialdiagnose
und ätiologische Grundlagen Aufgrund der landkartenartigen scharfen und auf
Nach Applikation einer Einzeldosis von 14 Gy oder das Bestrahlungsfeld lokalisierten entzündlichen
einer fraktionierten Bestrahlung von mindestens Veränderungen in der Leber stellt die Diagnose, bei
35 Gy über 6 Wochen tritt eine Hepatitis auf. Das Auf- bekannter Anamnese, in der Regel keine differenzial-
treten wird zwischen 2 und 6 Wochen nach Abschluss diagnostische Schwierigkeit dar. Bei der akuten Form
der Radiotherapie beobachtet. In der Regel kommt es müssen sämtliche anderen Ursachen der akuten He-
im weiteren Verlauf zu einer vollständigen Remission patitis mit berücksichtigt werden.
des Befundes. Die Strahlenhepatitis wird heute bei
eng umgrenztem Strahlenfeld und detaillierter prä- Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
therapeutischer Planung allerdings nur noch selten Die Sonographie ist die Ausgangsuntersuchung auch
beobachtet. beim Verdacht auf eine Strahlenhepatitis. Soll das
Ausmaß der Erkrankung abgeschätzt werden, kann
Klinische Symptomatik dies mittels Nativ-CT oder nativer MRT in gleicher
An klinischen Zeichen wird von den Patienten allen- Weise erfolgen.
falls ein uncharakteristischer rechtsseitiger Ober-
bauchschmerz berichtet.
Merke ! Die Strahlenhepatitis ist heute eine
seltene Komplikation einer Radiatio.
Radiologische Symptomatik Diagnostisch erfolgt die Abklärung über die Sono-
Bei der akuten Strahlenhepatitis zeigen sich in allen graphie und ggf. die Nativ-CT oder Nativ-MRT mit
bildgebenden Verfahren eine Hepatomegalie sowie klassischen, auf das Bestrahlungsfeld beschränkten
ggf. geringe Mengen an Aszites. Umschriebene Ver- Veränderungen der Entzündung.
änderungen im Bereich der Radiatio lassen sich in
der akuten Form meist nicht erkennen. Granulomatöse Lebererkrankungen
Die chronische Strahlenhepatitis zeigt demgegen-
über sonographisch eine verminderte Echogenität im 왔 Unter einer granulomatösen Hepatitis
Definition
bestrahlten Leberanteil und scharf begrenzte, auf das versteht man eine infektiöse Erkran-
Strahlenfeld beschränkte Dichteminderungen in der kung des Organs mit Nachweis von Granulomen im
Nativ-CT ohne Hinweis für fettige Degeneration Parenchym. Dabei werden bakterielle, virale, fungale
(Abb. 7.74). Der erhöhte Flüssigkeitsgehalt im betrof- und parasitäre Formen unterschieden. Zusätzlich
fenen Leberabschnitt führt in der nativen MRT in zählen hierzu der hepatische Befall einer Histoplas-
T1-Wichtung zu hypointensen, in der T2-Wichtung mose oder einer Sarkoidose.
458 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Eine granulomatöse Leberinfektion ist selten. Histo-
logisch finden sich scharf begrenzte noduläre Infil-
trationen des Leberparenchyms, die aus Konglo-
meraten von Epitheloidzellen bzw. Makrophagen be-
stehen und von einem Randsaum vorwiegend aus
Lymphozyten umgeben sind. Die Granulomkonglo-
merate in der Leber können eine Größe zwischen
5 mm und 2 cm aufweisen. Bei den in der Bildgebung
nachgewiesenen Leberherden handelt es sich wohl
nicht ausschließlich um die Granulome selbst, son-
dern zusätzlich um eine entzündliche hepatische Be-
gleitreaktion und Fibrose. Die Diagnosesicherung
granulomatöser Hepatitiden ist in vielen Fällen je-
doch nur durch die Biopsie möglich.
Der Leberbefall bei Sarkoidose ist häufig. Eine
Diagnosestellung erfolgt in der Regel jedoch über a
den pulmonalen Befall. Bekannt ist eine gehäufte
Koinzidenz von hepatischer Sarkoidose und PSC. Ei-
ne Hepatomegalie wird in 20–30% der Fälle beobach-
tet, der Nachweis umschriebener fokaler Läsionen
gelingt in etwa 5%. Demgegenüber ist eine portale
Lymphadenopathie häufig.

Klinische Symptomatik
Das klinische Erscheinungsbild wird in der Regel
durch die Grunderkrankung (z. B. im Falle der Sarko-
idose durch den pulmonalen Befall) und nicht durch
die Mitbeteiligung der Leber bestimmt. Lediglich in
sehr seltenen Fällen kann es zum Leberausfall bei
progredienter Cholestase und portaler Hypertension
kommen. Eine ausgeprägte portale Lymphadeno- b
pathie führt zum Verschlussikterus, zur Pfortader-
thrombose oder zum Lebervenenverschluss (Budd- Abb. 7.75 a, b. 4-jähriger Junge mit unklarem Fieber seit 9 Mo-
naten und einer septischen Granulomatose der Leber. a An-
Chiari-Syndrom). nähernd isoechogene Darstellung des septischen Herdes im
B-Bild-Sonogramm (+---+). b In der ergänzenden MRT in
Radiologische Symptomatik T1-Wichtung nach KM-Gabe breiter Randsaum mit deutli-
chem Enhancement (Pfeil) sowie hypodenses Zentrum mit
Mit den bildgebenden Verfahren wird in der Regel Nekrosen, entsprechend Typ 3 nach Garcia-Eulate
lediglich eine unspezifische Hepatosplenomegalie
nachgewiesen. Häufiger gelingt der Nachweis vergrö-
ßerter Lymphknoten im oberen Abdomen und in der
Leberpforte. Sind größere Granulome intrahepatisch
oder in Leber und Milz nachweisbar, kommen diese
sonographisch echoarm (Abb. 7.75 a), in der CT hy- Differenzialdiagnose
pointens und in der MRT in T1- und T2-Wichtung Abzugrenzen sind alle anderen Formen der diffusen
hypointens zur Darstellung. Zur Kontrastmittelauf- Hepatosplenomegalie, insbesondere akute Hepatiti-
nahme wurde von Garcia-Eulate dazu kürzlich eine den, der Lymphombefall der Leber, die PBC und die
Klassifikation nach bildmorphologischen Kriterien verschiedenen Formen der diffusen Lebererkran-
vorgeschlagen. Demnach gilt als kungen. Können Granulome nachgewiesen werden,
muss auch eine Lebermetastasierung ausgeschlossen
∑ Typ 1 eine solide Läsion mit vollständigem En- werden.
hancement,
∑ Typ 2 ein Herd mit partiellem zentralem Enhan- Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
cement und Da die Diagnose in der Regel zufällig oder im Rah-
∑ Typ 3 eine Läsion mit lediglich peripherem En- men der Ursachensuche einer hepatischen Infektion
hancement nach Kontrastmittelgabe (Abb. 7.75 b). stattfindet, kommen neben der Sonographie CT oder
7.4 Entzündliche Erkrankungen 459

MRT zum Einsatz. Wird gezielt nach einem Granu- Radiologische Symptomatik
lombefall der Leber gesucht, sind CT oder MRT dia- Auf konventionellen Übersichtsaufnahmen des Abdo-
gnostisch aussagekräftiger als die Sonographie und mens lassen sich sowohl beim Früh- und Neugebore-
sollten vor und nach Kontrastmittelgabe durchge- nen als auch beim Erwachsenen streifenförmige
führt werden. Luftansammlungen in Projektion auf die intrahepati-
sche Pfortader erkennen (Abb. 7.76). Beim Neonaten
Merke ! Granulomatöse Infektionen der Leber
sind selten. Neben den klassischen In-
gelingt in vielen Fällen auch die direkte Diagnose der
nekrotisierenden Enterokolitis durch Nachweis der
fektionen werden hierunter auch der hepatische Be- Luft in der Darmwand.
fall bei Histoplasmose bzw. Sarkoidose subsumiert. Sonographisch können bereits kleinste Gasmen-
Ein spezifischer Nachweis von Granulomen gelingt gen als echoreiche Reflexe in den Pfortadergefäßen
jedoch nur selten. Häufiger werden eine generalisier- und ggf. auch im Leberparenchym dokumentiert
te Hepatosplenomegalie und lokale Lymphknoten- werden. Mittels CT gelingt beim Erwachsenen die
vergrößerungen dokumentiert. CT und MRT sind direkte Darstellung kleinster Luftansammlungen in
gleichermaßen geeignet, größere Granulome intra- der Leber, den Pfortaderästen und den Mesenterial-
hepatisch nachzuweisen. Die Diagnosesicherung venen als stark hypodense Formation. Dies insbeson-
muss in der Regel bioptisch erfolgen. dere in Sekundärrekonstruktionen aus MSCT-Daten-
sätzen. Als Ursache kann ggf. eine Pneumatosis coli
Symptomkomplex Pfortadergas und ein Verschluss der Mesenterialgefäße ebenfalls
direkt abgebildet werden. Andere bildgebende Ver-
왔 Hierunter werden Erkrankungen sub- fahren werden in der Regel nicht eingesetzt.
Definition
sumiert, die zum Nachweis von Luft in
der Wand der Pfortader führen. Es handelt sich dabei
um eine Mitreaktion der Leber bei einem primär
extrahepatischen Krankheitsbild.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Ursächlich für die Erkrankung ist der Gaseintritt in
das Gefäßsystem der Peripherie. Dies geschieht am
häufigsten durch eine Darmwandläsion bei intesti-
naler Nekrose, seltener durch Überdehnung beim
Ileus oder einer intestinalen Atresie. Nur in Ausnah-
mefällen liegt eine Infektion intravasal mit Gasbil-
dung vor.
Die intestinale Nekrose entsteht beim Erwachse-
nen bei einer mesenterialen Ischämie, beim Kind
(meist Frühgeborene) im Rahmen der nekrotisieren-
den Enterokolitis. Seltener sind die Colitis ulcerosa
oder ein perforiertes Duodenalulkus als Ursache an-
zusehen. Im Falle einer exzessiven Distension des
Darms bei Ileus, Ösophagus-, Duodenal- oder Anala-
tresie entstehen kleinste Mukosaeinrisse, die eben-
falls zu einem Gasübertritt in das vaskuläre Syteme
der Darmwand führen. Die Luft wird über die kleinen
Gefäße der Darmwand bis in die Pfortader transpor-
tiert und stellt sich, bedingt durch die Gravitation,
am höchsten Punkt in der Leber besonders deutlich
dar.

Klinische Symptomatik
In allen Fällen steht die Grunderkrankung mit ihrer
Symptomatologie im Vordergrund. Diese ist bei Er-
wachsenen lebensbedrohlich und führt häufig zum Abb. 7.76. 13 Tage altes männliches Frühgeborenes. Das Baby-
gramm zeigt reichlich Gas in den Pfortaderästen (Pfeil) sowie
Tod. Bei Frühgeborenen hingegen ist sie in der Regel submukös in der Darmwand (Pfeilspitze) bei NEC. Zusätzlich
medikamentös bzw. chirurgisch beherrschbar. freie intraabdominelle Luft bei Perforation
460 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Differenzialdiagnose
Als wichtigste Differenzialdiagnose ist die Aerobilie
zu nennen, deren Zuordnung insbesondere im Be-
reich des Leberhilus zu Abgrenzungsschwierigkeiten
führen kann.

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


Methode der Wahl zum Nachweis von Pfortadergas
ist die Abdomenübersicht in 2 Ebenen (liegend
a.-p. und in Linksseitenlage). Diese ermöglicht unter
Umständen auch die Darstellung der Ursache in
Form der Pneumatosis intestinalis. Sonographie und
CT weisen kleinste Gasmengen zuverlässig nach, die
CT, die nur beim Erwachsenen eingesetzt wird, doku-
mentiert zudem häufig die Ursache der Pfortaderluft.

Merke ! Pfortaderluft stellt einen Hinweis auf


eine intestinale Nekrose dar. Sie wird
Abb. 7.77. 79-jährige Patientin mit allgemeinem Krankheits-
gefühl und subfebrilen Temperaturen. In der kontrastverstärk-
ten CT Darstellung eines gekammerten Abszesses im rechten
bei der nekrotisierenden Enterokolitis des Früh- und und linken Leberlappen. Bei der operativen Sanierung Aus-
Neugeborenen und bei der Mesenterialischämie so- schluss eines Echinococcus und fehlender Keimnachweis nach
wie bei Einrissen der Mukosa nach exzessiver Darm- 2-wöchiger Antibiose
dehnung beobachtet. Methode der Wahl in der Bild-
gebung sind konventionelle Abdomenübersichtsauf-
nahmen, ggf. die MSCT, idealerweise einschließlich
von Sekundärrekonstruktionen. ursächlich in Betracht. Die häufigsten Keime sind
Enterokokken, Kolibakterien, Clostridien und Bacte-
7.4.1.2 roides.
Fokale entzündliche Erkrankungen der Leber Der Infektionsweg erfolgt in der Regel per conti-
Zu den fokalen entzündlichen Lebererkrankungen nuitatem als aszendierende Infektion der Gallenwege
zählen die singulär oder multiple auftretenden Ab- oder hämatogen über die Pfortader bzw. die A. hepa-
szesse bei Infektionen mit Bakterien, Pilzen und tica. Aufgrund der nicht vollständigen Durchmi-
Parasiten. In der Regel handelt es sich dabei um lokal schung des portalen Bluts finden sich über die Pfort-
oder hämatogen fortgeleitete Infektionen aus dem ader transportierte Infektionen aus dem rechten
Zuflussgebiet der Pfortader, dem Gallenwegssystem Oberbauch häufiger im rechten als im linken Leber-
oder von systemischen Erkrankungen bei immun- lappen, während aszendierende cholangitische Ab-
supprimierten Patienten. Bei parasitärem Befall steht szesse regelhaft in beiden Leberlappen auftreten.
die Einnistung des Parasiten in die Leber im Vorder- Biliäre Infektionen führen dabei zu multiplen, eher
grund. Statistisch sind in Europa und Nordamerika kleineren Läsionen, hämatogene und traumatische
pyogene Abszesse am häufigsten (88%), gefolgt von Ausbreitungswege bedingen solitäre größere Abs-
Amöbenabszessen (10%) und Pilzinfektionen (2%). zesse. Durch den Transportweg der Bakterien sind
pyogene Abszesse in der Regel zentral in der Leber
Pyogener Abszess nachweisbar.
Die meisten der pyogenen Abszesse bilden sich
왔 Der pyogene Abszess ist eine putride unter antibiotischer Therapie zurück. Bei Befund-
Definition
fokale entzündliche Lebererkrankung persistenz ist, vor allem bei großen Abszessen, die
als Komplikation einer bakteriellen oder viralen in- perkutane Drainage therapeutisch sinnvoll. Im Falle
traabdominellen Infektion. stark gekammerter Abszesse wird häufig eine opera-
tive Sanierung erforderlich (Abb. 7.77)
Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen Klinische Symptomatik
Als häufigste Infektionsquellen pyogener Leber- An klinischen Symptomen werden, wie bei den meis-
abszesse sind ein aufsteigender Befall der Gallenwe- ten Abszessen, Fieber und unspezifische abdominelle
ge, Divertikulitiden des Kolons oder perityphlitische Schmerzen im rechten oberen Quadranten beobach-
Abszesse im Rahmen einer akuten bzw. subakuten tet. Im Falle einer systemischen Erkrankung stehen
Appendizitis anzusehen. Seltener kommen vorausge- häufig die Symptome des ursprünglich befallenen
gangene Laparotomien, Bakteriämien und Traumen Organsystems (z. B. Darm, Gallenwege) im Vorder-
7.4 Entzündliche Erkrankungen 461

grund. Laborchemisch liegen erhöhte Entzündungs- plexerer Abszess vor, zeigt sich in der Nativ-CT eine
parameter vor. Dreischichtung von Wand und Binnenstruktur auf-
grund der zwischenzeitlich aufgetretenen soliden
Radiologische Symptomatik Wandverdickung mit hypodensem Rand, isodenser
Auf konventionellen Übersichtsaufnahmen des Tho- Zwischenschicht und stark hypodenser Binnenstruk-
rax finden sich als Nebenbefunde von pyogenen tur (Abb. 7.79 a, b). Nach Kontrastmittelgabe kommt
Leberabszessen ein Zwerchfellhochstand rechts mit es in vielen Fällen zu einem Enhancement der ver-
begleitendem Pleuraerguss sowie ggf. Infiltrationen dickten Wand.
des basalen Unterlappens rechts. Auch auf Über-
sichtsaufnahmen des Abdomens kommt es zur Dar-
stellung eines Zwerchfellhochstands, einer Hepato-
megalie und ggf. zum Nachweis von intrahepatischen
Gasansammlungen oder Luft-Flüssigkeits-Spiegeln
in den Abszessen.
Mit den Schnittbildverfahren Sonographie, CT und
MRT stellen sich pyogene Abszesse als glatt begrenz-
te, homogene, rundliche Raumforderungen mit ver-
dickter Wandbegrenzung dar. Sonographisch kommt
ein pyogener Abszess meist echoarm mit posteriorer
Schallverstärkung zur Abbildung. Die Wand des
Abszesses ist in der Regel echoarm bis echofrei,
Septierungen sind nur gelegentlich nachweisbar.
In der CT erkennt man den pyogenen Leberabs-
zess an seiner glatten Wandbegrenzung, der hypo-
densen Binnenstruktur und der starken Kontrast-
mittelaufnahme in der Abszesswand bei fehlendem
Enhancement des Abszessinhalts („Rim-Enhance-
ment“; Abb. 7.78). Mögliche Septierungen und Gas- a
einschlüsse werden nachgewiesen. Liegt ein kom-

Abb. 7.79 a, b. 32-jährige Patientin mit bereits während der


Schwangerschaft aufgetretener Raumforderung im rechten Le-
berlappen. In der Kontrolluntersuchung post partum deutliche
Größenzunahme. Bei der operativen Sanierung Bestätigung
des Abszesses, jedoch kein Keimnachweis. a Das B-Bild-Sono-
gramm dokumentiert eine abszesstypische Formation mit
echoarmem Zentrum (Z) und echoreicherem Randsaum
Abb. 7.78. 84-jährige Patientin mit Leberabszess durch Pseu- (Pfeil). Zusätzlich kleine Tochterabszesse (+---+). b Koronare
domonasinfektion. Die koronare Sekundärrekonstruktion aus Sekundärrekonstruktion aus einem MSCT-Datensatz nach
einem MSCT-Datensatz nach i. v.-KM-Gabe zeigt einen Ab- KM-Gabe mit Darstellung des hypodensen Abszesszentrums
szess am Leberunterrand (A) mit vermehrtem randständigem und mäßigem Enhancement der deutlich verdickten Wand
Enhancement (Pfeil) (Pfeil). Analoge Darstellung der Tochterabszesse
462 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Mit der MRT können zur CT vergleichbare Krite- Amöbenabszess


rien definiert werden: glatte Randstrukturen, hypo-
intense (T1-Wichtung)/hyperintense (T2-Wichtung) 왔 Als Amöbenabszess wird eine putride
Definition
Läsion mit peripherem Rand-Enhancement nach fokale entzündliche Lebererkrankung
Kontrastmittelgabe. Analog stellt sich auch die ver- als Folge einer parasitären Infektion mit Entamoeba
dickte Wand komplexerer pyogener Abszesse hypo- histolytica bezeichnet.
intens (T1-Wichtung) bzw. leicht hyperintens (T2-
Wichtung) dar. Die Signalintensitäten lassen aller- Pathologisch-anatomische
dings eine etwas genauere Aussage über die Konsis- und ätiologische Grundlagen
tenz des Abszessinhalts zu, da es mit zunehmender Die Zysten von Entamoeba histiolytica werden bei
Eindickung zu einem Signalverlust in T2-Wichtung der Infektion über kontaminierte Nahrungsmittel
kommt. oder verunreinigtes Trinkwasser oral zugeführt. Bei
Katheterangiographie und nuklearmedizinische der Minutaform der Erkrankung verbleiben die Zys-
Verfahren spielen keine primäre Rolle bei der Leber- ten im Darm. Nur bei der Magnaform durchwandern
abszessdiagnostik. Werden sie aus anderen Grün- die Parasiten nach Auflösung der Zystenwand im
den durchgeführt findet sich angiographisch eine Dünndarm die Mukosa, führen zu Durchfällen
Kontrastmittelaufnahme in der Abszessmembran, (Amöbenruhr) und werden über das Pfortadersys-
nuklearmedizinisch ein photopenisches Areal im tem zur Leber transportiert. In der Leber entsteht
Abszessbereich. über eine Thrombosierung im Bereich der kleinen
Pfortaderäste zunächst eine Nekrose, bei Superinfek-
Differenzialdiagnose tion ein Abszess. Dieser zeigt nur eine dünne, kaum
Differenzialdiagnostisch sind andere Formen des fibröse Membran, im Inneren kommt es zu einer
Leberabszesses, eingeblutete Leberzysten, nekrotisie- Koagulationsnekrose und einem Gemisch von hämo-
rende Tumoren und zystische Metastasen zu unter- lytischen Erythrozyten und Detritus aus untergegan-
scheiden. Insbesondere bei geplanter Entlastung genen Hepatozyten. Dies gibt dem Abszessinhalt die
durch transkutane Punktion unter bildgebender charakteristische schokoladenartige Farbe. Die Grö-
Kontrolle (Ultraschall/CT) sollten Echinokokkuszys- ße der Abszesse liegt zwischen 2 und 20 cm. Sie sind
ten sicher ausgeschlossen sein. aufgrund des Transportwegs aus dem oberen Gastro-
intestinaltrakts in bis zu 25% im rechten Leberlap-
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie pen lokalisiert und treten in knapp 25% multifokal
Nach der initialen sonographischen Diagnostik soll- auf.
ten pyogene Leberabszesse durch CT oder MRT mit In der Regel bilden sich kleinere Amöbenabszesse
intravenöser Kontrastmittelgabe abgeklärt werden. unter Therapie zurück.
Hierdurch kann das genaue Ausmaß des Abszesses
besser festgelegt, die differenzialdiagnostische Ab-
grenzung genauer durchgeführt und eine mögliche CAVE ! Aufgrund der dünnen Kapsel besteht,
vor allem bei großen Abszessen, die
interventionelle Therapie geplant werden. Die Ver- Gefahr der Ruptur in die freie Bauchhöhle oder die
laufskontrolle unter antibiotischer Therapie kann Pleurahöhle, was zu einer deutlichen Verschlechte-
sonographisch erfolgen. rung der Prognose führt.

Merke ! Pyogene Abszesse entstehen durch


aufsteigende Infektion aus den Gal-
Daher wird häufig, insbesondere bei Persistenz des
Abszesses unter Therapie, eine perkutane Draina-
lenwegen und über hämatogene Streuung von abdo- genanlage zur Entlastung vorgenommen. In seltene-
minellen oder systemischen Infektionsherden. Die ren Fällen muss der Abszess chirurgisch reseziert
Diagnose erfolgt durch Sonographie und CT/MRT. werden.
Differenzialdiagnosen bestehen zu anderen Formen
der Leberabszesse und zu nekrotisierenden primä- Klinische Symptomatik
ren oder sekundären Tumoren. Bei Befundpersistenz Beim Amöbenabszess zeigen die Patienten zusätzlich
unter antibiotischer Therapie oder Rupturgefahr zu den unspezifischen Symptomen wie Fieber und
besteht die Notwendigkeit zur perkutanen Abszess- Druckgefühl im rechten Oberbauch Zeichen von
drainage unter sonographischer oder computerto- Enteritiden bzw. der Amöbenruhr.
mographischer Kontrolle.
7.4 Entzündliche Erkrankungen 463

Radiologische Symptomatik Candidiasis der Leber


Wie bei pyogenen Abszessen können indirekte Hin-
weise in konventionellen Thorax- und Abdomenüber- 왔 Die Candidiasis der Leber ist eine
Definition
sichtsaufnahmen erste Hinweise auf einen Amöben- putride multifokale entzündliche Le-
abszess liefern. Sonographisch stellt sich die Läsion bererkrankung als Folge einer systemischen Pilz-
glatt begrenzt, homogen echoarm mit posteriorer infektion.
Schallverstärkung und in der Regel dünner Wand dar.
In der CT findet sich ein häufig in der Peripherie Pathologisch-anatomische
des rechten Leberlappens lokalisierter, glatt begrenz- und ätiologische Grundlagen
ter hypodenser Herd mit – abhängig vom Alter des Ursache der Erkrankung ist in Europa und Nordame-
Abszesses – schmalem oder breiterem Randwall. Die- rika eine systemische Infektion mit Candida albi-
ser zeigt ein starkes Enhancement nach Kontrastmit- cans, in tropischen Ländern mit Candida tropicalis.
telgabe. Zarte Septen werden häufig, Lufteinschlüsse Die Erkrankung tritt vor allem bei Patienten mit
in der Regel nicht beobachtet. verminderter Immunkompetenz (Aids, Tuberkulose,
Auch in der MRT kommt der Amöbenabzess Tumorerkrankung, Zustand nach Chemotherapie
scharf begrenzt, hypointens (T1-) bzw. hyperintens oder Knochenmarktransplantation) auf. Zur Infek-
(T2-Wichtung) mit schmalem Randsaum zur Abbil- tion der Leber kommt es über hämatogene Streuung
dung. Gelegentlich lässt sich um den Abszess in T2- durch die Pfortader oder die A. hepatica. Dort entste-
Wichtung eine diskrete Signalintensitätserhöhung hen multiple Mikroabszesse, die in der Regel wenige
des umgebenden Lebergewebes als Ausdruck des Millimeter groß sind. Abszesskonglomerate oder
fokalen Ödems nachweisen. Nach Kontrastmittelga- große Abszesse sind selten.
be findet sich ein starkes Enhancement der Abszess- Die Therapie erfolgt medikamentös. Eine Abszess-
membran. drainage ist aufgrund der Mikroabszesse ebenso wie
Angiographie und Nuklearmedizin haben keine eine chirurgische Sanierung in der Regel nicht mög-
Bedeutung in der Diagnostik von Amöbenabszessen. lich. Eine Diagnosesicherung durch Probepunktion
sollte jedoch angestrebt werden.
Differenzialdiagnose
Abzugrenzen sind Leberabszesse anderer Ursache Klinische Symptomatik
ebenso wie nekrotische primäre und sekundäre Tu- Auch beim Pilzbefall der Leber werden nur unspezi-
moren und eingeblutete Leberzysten. Besonders bei fische Symptome wie Fieber, allgemeines Krank-
geplanter perkutaner Drainage ist auf den Ausschluss heitsgefühl und Druck im Oberbauch beobachtet.
einer Echinokokkuszyste zu achten. Meist stehen die Grunderkrankung oder systemische
Zeichen der Pilzinfektion im Vordergrund.
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
Die Sonographie ist Methode der ersten Wahl beim Radiologische Symptomatik
Verdacht auf das Vorliegen eines Amöbenabszesses. Mit allen Schnittbildverfahren wird die hepatische
Die genaue Ausdehnung kann mittels kontrastver- Candidiasis in Form von multilokulären Mikro-
stärkter CT oder MRT deutlich sicherer festgelegt abszessen mit einer Größe von maximal 1 cm darge-
werden und dient auch zur Planung einer ggf. erfor- stellt.
derlichen interventionellen Therapie. Verlaufskon- Sonographisch zeigt sich, abhängig vom Grad
trollen nach Therapie erfolgen sonographisch und der Fibrosierung, ein unterschiedliches Bild der
nur bei progredientem klinischem Befund durch die Mikroabszesse. In der frühen Phase kann man 4 Zo-
CT. nen unterschiedlicher Echogenität abgrenzen, die
das Bild eines „Rad im Rad“ imitieren. Mit Fort-
Merke ! Amöbenabszesse entstehen bei der
Magnaform des parasitären Befalls
schreiten der Erkrankung kommt es zum häufig
nachweisbaren „Bullaugen-Phänomen“ mit echorei-
mit Entamoeba histolytica. Sie stellen sich in Sono- chem Zentrum des Abszesses bei echoarmem Rand-
graphie, CT und MRT mit den klassischen Kriterien saum (Abb. 7.80 a). Bei zunehmender Fibrosierung
des Leberabszesses dar. Eine Abgrenzung zu anderen erscheinen die Herde letztlich einheitlich echoarm,
Abszessformen ist in der Regel allein mit der Bild- um im ausgebrannten Narbenstadium in einheitlich
gebung nicht möglich. Bei Befundpersistenz oder echoreiche Läsionen überzugehen.
-progredienz besteht die Indikation zur perkutanen Mit der CT werden multiple glatt begrenzte hypo-
Abszessdrainage unter bildgebender Kontrolle (Ul- dense Herde abgebildet, die, abhängig vom Krank-
traschall/CT). heitsstadium, nach Kontrastmittelgabe ein starkes
464 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.81. 79-jähriger Patient mit Candidasepsis. In der kon-


trastverstärkten CT Nachweis eines randständigen Leberher-
des an der Grenze SVII/SV mit „target-sign“ (Pfeil). Ein weite-
re Herd im linken Leberlappen mit inhomogener Binnenstruk-
tur und partiellem Enhancement innerhalb der Läsion (Pfeil-
spitze). Postoperativ Flüssigkeitsretention in der Milzloge

bis mäßiges Rand-Enhancement zeigen (Abb. 7.80 b, c,


Abb. 7.81). Im Narbenstadium werden oft Verkalkun-
gen nachweisbar. Auch mit der MRT lassen sich
die multiplen Herde in T1-Wichtung hypointens,
in T2-Wichtung hyperintens darstellen. Besonders
kontrastreich ist die Darstellung nach extrazellulärer
Kontrastmittelgabe, wenn sich die nicht-enhancen-
den Herde auf der stark kontrastierten Leber zeigen.
Andere bildgebende Verfahren werden bei der
Candidiasis der Leber nicht eingesetzt.
b
Differenzialdiagnose
Vom generalisierten Pilzbefall der Leber sind insbe-
sondere andere Formen der Mikroabszesse, zystische
Metastasen, biliäre Hamartome und andere zystische
Lebererkrankungen abzugrenzen.

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


Neben der primär durchgeführten Sonographie do-
kumentieren sowohl die kontrastverstärkte CT als
auch die MRT nach Gabe extrazellulären Kontrast-
mittels das gesamte Ausmaß der multiplen Mikro-
abszesse in der Leber.
c

Abb. 7.80 a–c. 5-jähriger Junge mit Candidiasis in Leber und


Merke ! Der generalisierte Pilzbefall der Leber
zeigt sich in Form multipler Mikro-
Milz nach Knochenmarkstransplantation bei ALL. a Im B- abszesse, die klinisch keine spezifischen Symptome
Bild-Sonogramm Darstellung einer randständig gelegenen aufweisen. Die Darstellung gelingt mit Sonographie
Raumforderung (Pfeil) mit echoreicherem Zentrum und echo-
armer Peripherie. b Kontrastverstärkte CT mit „target-sign“ und CT oder MRT. Abzugrenzen ist die Candidiasis
und echoarmem Zentrum der Läsion (Pfeil). c Zusätzlich insbesondere von anderen Formen der Mikroabszes-
Nachweis weiterer Herde zentral im rechten Leberlappen se sowie benignen und malignen zystischen Erkran-
(Pfeil) sowie in der Milz (M) kungen der Leber.
7.4 Entzündliche Erkrankungen 465

Tuberkuliner Abszess Klinische Symptomatik


Auch bei tuberkulösen Leberabszessen wird das kli-
Merke !Eine putride fokale entzündliche Le-
bererkrankung als Folge einer syste-
nische Beschwerdebild von der Grunderkrankung
und weniger vom Leberbefall geprägt. Wiederum
mischen Tuberkuloseinfektion wird als tuberkuliner klagen die Patienten über Fieber, allgemeines Krank-
Abszess bezeichnet. heitsgefühl und Druck im rechten Oberbauch.

Pathologisch-anatomische Radiologische Symptomatik


und ätiologische Grundlagen Abhängig vom Krankheitsstadium kommen multiple
Hierbei handelt es sich, ebenso wie bei der Candidia- Mikroabszesse oder solitäre Makroabszesse zur Dar-
sis, um die hepatogene Absiedelung einer systemi- stellung. Die Bildcharakteristika entsprechen denen
schen Infektionserkrankung. Sie wird insbesondere der Candidiasis. Verkalkungen der Granulome wer-
bei Patienten mit erniedrigter Immunkompetenz be- den im fortgeschrittenen Krankheitsstadium beob-
obachtet. Dabei kommt es im Fall der Generalisie- achtet. Zusätzlich lassen sich aber mit Sonographie,
rung einer Miliartuberkulose zu multiplen Mikro- CT und MRT lokoregionale Lymphknotenvergröße-
abszessen, in anderen Krankheitsstadien auch zur rungen und Aszites nachweisen, die einen ersten Hin-
Ausbildung großer solitärer Abszesse. Die Streuung weis auf einen tuberkulösen Befall geben können
erfolgt ebenfalls hämatogen – z. B. bei der Lungentu- (Abb. 7.82 a–c). Bei kleinen Mikroabszessen ist eine
berkulose oder bei der tuberkulösen Sponylodiszitis. artdiagnostische Zuordnung aus der Bildgebung
Unter antituberkulöser Therapie gehen die Abszesse allein in der Regel jedoch nicht möglich.
in der Regel zurück. Eine Drainage wird meist nicht
angelegt.

Abb. 7.82 a–c. 6 Wochen alter männlicher Säugling mit


konnataler systemischer Tuberkulose durch plazentare
Übertragung einer reaktivierten Lungentuberkulose der
Mutter. a B-Bild-Sonogramm mit Darstellung multipler,
teils zentral verkalkter, echoarmer Leberherde (Pfeil).
b Am Leberhilus sonographisch Nachweis vergrößerter,
zentral verkalkter Lymphknoten (Pfeil). c In der kontrast-
verstärkten CT analoge Darstellung multipler kleiner Leber-
läsionen mit teils zentraler Verkalkung ohne Enhancement
im Sinne tuberkuliner Leberabszesse (Pfeil). Kleinkurvatur-
seits Dokumentation vergrößerter, zentral verkalkter
Lymphknoten (Pfeilspitze)

b c
466 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Differenzialdiagnose fresser als Endwirt (Hunde bei der Pastoralform,


Zu unterscheiden sind andere Befallsformen mit Wölfe bei der Waldform) und einen Pflanzenfresser
Mikroabszessen, insbesondere die Candidiasis und als Zwischenwirt (Vieh bei der Pastoralform, Wild
die pyogenen Mikroabszesse. Weitere Differenzialdi- bei der Waldform). Der Mensch fungiert bei der Echi-
agnosen stellen die verschiedenen benignen und ma- nokokkose als irregulärer Zwischenwirt.
lignen zystischen Lebererkrankungen dar. Die fortpflanzungsfähigen Bandwürmer haben
sich im Dünndarm des Endwirts eingenistet und ge-
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie ben ihre Eier mit den Embryonen durch Abtrennen
Neben der Sonographie sind CT oder MRT geeignete des peripheren Segments über den Stuhl ab. Der Zwi-
Methoden zur Klärung des Ausmaßes eines tuberku- schenwirt nimmt die Eier über infizierte Pflanzen
lösen Leberbefalls. Dabei sollten native und kontrast- (Vieh/Wild/Mensch) oder direkt fäkal-oral (Mensch)
verstärkte Untersuchungsserien bzw. -sequenzen ver- von Fell oder Pfoten des Hundes/Wolfes auf. Im Ma-
wendet werden. gen des Zwischenwirts wird die Hülle der Eier aufge-
löst, die freien Embryonen werden von der Magen-
Merke ! Ein generalisierter tuberkulöser Be-
fall der Leber kann sich in Form von
wand aufgenommen und gelangen durch die venösen
Gefäße der Mukosa schließlich über die Pfortader in
multiplen Mikroabszessen oder als singulärer Ma- die Leber, wo über 75% von ihnen im Kapillarnetz
kroabszess darstellen. Eine begleitende lokale Lymph- hängen bleiben. Der Rest gelangt durch die Leber in
adenopathie und Aszites lassen tuberkulöse Abszesse das Kapillarnetz von Lunge (15%), Knochen, Hirn
wahrscheinlicher erscheinen. Sonographie und CT und Peritonealhöhle.
oder MRT stellen die Abszesse vollständig dar, eine In der Leber entwickelt sich um die Embryonen ei-
Unterscheidung zu anderen Abszessformen ist je- ne Zyste, die langsam wächst und eine Größe bis zu
doch nicht sicher möglich. Wichtigste Differenzial- 5 cm erreichen kann. Im Laufe des Wachstums entste-
diagnose ist die Candidiasis der Leber und der Kom- hen neben der ursprünglichen Zyste so genannte
plex der zystischen Lebererkrankungen benigner Tochterzysten, die die Brutkapseln der zukünftigen
und maligner Form. Bandwürmer darstellen. Aus ihnen entstehen die
Scolices, die allein die Potenz besitzen, sich zu
Echinococcus-granulosus-Zyste vollständigen Bandwürmern zu entwickeln. Dies
geschieht jedoch nicht in der Leber des Zwischenwir-
왔 DieEchinococcus-granulosus-Zyste tes, sondern nur, wenn die Scolices von z. B. Hun-
Definition
ist eine fokale entzündliche Leber- den/Wölfen, die infiziertes Fleisch fressen, mitver-
erkrankung, die durch parasitären Zestodenbefall schlungen werden.
mit Echinococcus granulosus ausgelöst wird und zur Im Dünndarm des Endwirts werden die Scolices
Zystenbildung führt (unilokuläre Hydatidenzyste der aus den Zysten befreit, nisten sich in der Mukosa ein
Leber). und reifen zu fortpflanzungsreifen Bandwürmern
heran.
Pathologisch-anatomische An therapeutischen Optionen stehen die chirurgi-
und ätiologische Grundlagen sche Resektion, die medikamentöse Behandlung mit
Die Zyste ist das Larvenstadium im Lebenszyklus des Benzimidazol (parasitostatisch), die perkutane Drai-
Bandwurms Echinococcus granulosus (Echino- nage und die perkutane Einbringung parasitostati-
coccus cysticus). Er kommt weltweit vor, wobei 2 For- scher Substanzen zur Verfügung. Wenn möglich, ist
men unterschieden werden. Die in warmen Regionen die Resektion die Methode der Wahl.
mit vermehrter Viehzucht vorkommende „Pastoral-
form“ ist vor allem im Mittelmeerraum, Australien, Klinische Symptomatik
Neuseeland, Zentralasien, Japan und Mittelamerika In der Regel wird die Diagnose zufällig gestellt, da
anzutreffen. Dort sind insbesondere Viehzüchter, spezifische klinische Symptome nicht auftreten und
aber auch Hundehalter betroffen. Im Norden Kana- zumeist lediglich unspezifisches Krankheitsgefühl,
das und in Alaska ist hingegen die „Waldform“ ver- Fieber und Druckgefühl im rechten Oberbauch be-
breitet. klagt werden. Durch die Immunreaktion kann es al-
Der Bandwurm ist 2–7 mm lang und besteht aus lerdings zu allergischen Schockzuständen kommen.
4–5 Segmenten sowie dem Kopf (Skolex). Von den Mit zunehmendem Wachstum der Zysten werden He-
3 Segmenten unterhalb des Halses trägt das periphe- patomegalie und vermehrter Spannungsschmerz im
re die bis zu 800 Eier. Für seinen Lebenszyklus benö- rechten Oberbauch, aber auch portale Hypertension
tigt der Parasit 2 Säugetiere als Wirte: einen Fleisch- durch Kompression beobachtet.
7.4 Entzündliche Erkrankungen 467

Tabelle 7.6. Klassifikation der Hydatidenzysten nach bildmor- Abb. 7.84, Abb. 7.85). Kommt es bei großen Zysten
phologischen Kriterien zu einer Kompression von intrahepatischem Gallen-
Typ Kriterien wegs- und Pfortadersystem, werden Cholestase und
portale Hypertension nachgewiesen.
I Echofreie Zyste mit Hydatidensand Mittels MRT erscheint die Zystenwand aufgrund
bei jüngeren Patienten der fibrösen Anteile als hypointenser Rand in T1-
II Zysten mit Septierung bei älteren Patienten und T2-Wichtung. Der Zysteninhalt erscheint hypo-
III Zyste mit multiplen Tochterzysten intens in T1- und hyperintens in T2-Wichtung, wobei
ohne solide Anteile in der Regel die Mutterzyste signalreicher als die
IV Heterogene Zyste mit Tochterzysten Tochterzysten zur Darstellung kommt. Im Falle einer
und partiellen soliden Anteilen flottierenden Membran im Inneren der Zyste wird
V Zyste mit zarten randständigen Verkalkungen diese ebenfalls hypointens in T1- und T2-Wichtung
abgebildet (Abb. 7.83 d). Auch eine Randverkalkung
wird signalarm in T1- und T2-Wichtung erfasst.
Hydatidensand führt zu einer inhomogenen Dar-
stellung des Zysteninhalts mit leicht hyperintensem
CAVE ! An Komplikationen treten die Infek-
tion der Zysten und die Zystenruptur
Signal in T1-Wichtung sowie leicht hypointensem
Signal in T2-Wichtung. Nach Kontrastmittelapplika-
auf. Letztere ist wegen der Aussaat der Scolices in die tion erscheinen Zystenwand und Septen deutlich sig-
Peritonealhöhle mit folgender Peritonitis besonders nalreicher.
gefürchtet. Therapeutisch stellt der perkutane Ansatz eine
Alternative bei Inoperabilität dar. Nach medikamen-
Auch ein zunehmender Ikterus ist Hinweis auf ein töser Vorbereitung mittels parasitostatischer und
fortgeschrittenes Krankheitsstadium. antibiotischer Therapie sind 2 Vorgehensweisen be-
schrieben. Im Falle kleiner Zysten ist eine Einmal-
Radiologische Symptomatik punktion einschließlich Spülung mit hypertoner
Nach dem Erscheinungsbild der Hydatidenzysten Kochsalzlösung ohne anschließende Drainage mög-
werden 5 Gruppen mit typischen Bildkriterien unter- lich. Liegt eine große Zyste vor, sollte diese mittels
schieden (Tabelle 7.6). Pigtail-Katheter entlastet und ebenfalls mit hyperto-
Auf konventionellen Übersichtsaufnahmen des Ab- ner Kochsalzlösung gespült werden. Im Falle einer
domens lassen sich lediglich randständig verkalkte drohenden Zystenruptur ist ebenfalls eine perkutane
Echinokokkuszysten sicher erkennen. Nur die voll- Drainage indiziert. Kontraindikationen für die per-
ständig verkalkte Zyste zeigt sicher das Absterben kutane Therapie bestehen bei Hydatidenzysten Typ
der Parasiten an. Sonographisch stellen sich die Zys- IV und V.
ten, abhängig von ihrer Entwicklungsstufe dar: voll-
ständig echofrei, mit zartem verkalkten Randsaum, Differenzialdiagnose
septiert oder mit multiplen Tochterzysten. Der so ge- An Differenzialdiagnosen sind alle Formen groß-
nannte „Hydatidensand“ besteht aus Scolices und zystischer Lebererkrankungen zu berücksichtigen:
Brutkapseln am Boden der Zyste (Abb. 7.83 a, b). hereditäre polyzystische Lebererkrankungen, primä-
Häufig ergibt sich auf diese Weise ein Flüssigkeits- re und sekundäre zystische Malignome der Leber,
spiegel in der Zyste. Charakteristisch ist das so ge- Abszesse, Einblutungen und die Zyste des Echino-
nannte „Wasserlilienzeichen“, das durch eine inner- coccus multilocularis.
halb der Zyste abgelöste und daher flottierende Ger-
minalmembran entsteht. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
In der Nativ-CT erkennt man eine bis zu 5 cm gro- In der Regel wird der Befund zufällig sonographisch
ße, gut begrenzte hypodense Zyste, ggf. mit zahl- entdeckt. Zur Planung der Therapie ist ergänzend
reichen Tochterzysten, Septierung, Hydatidensand eine CT oder seltener eine MRT anzuschließen. Ist
oder randständiger Verkalkung. Nach Kontrast- eine Resektion nicht möglich oder droht eine Zysten-
mittelgabe zeigen die Zystenwand und die Septen ruptur, stellen die perkutane Punktion und Drainage
häufig ein deutliches Enhancement (Abb. 7.83 c, geeignete Therapieoptionen dar.
468 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

a b

c d

Abb. 7.83 a–d. 15-jähriger Patient mit Echinococcus-granulo- minalmembranen (Pfeil). c Kontrastverstärkte CT vor Thera-
sus-Zyste Typ I vorwiegend im rechten Leberlappen. a Sono- piebeginn mit Dokumentation zahlreicher kommunizierender
graphischer Ausgangsbefund mit Nachweis zahlreicher zysti- Zysten. d In der MRT nach Therapie in T2-Wichtung analoger
scher Läsionen, z. T. mit Darstellung von Hydatidensand Nachweis der Größe und Konfiguration der Zysten zu b. Typi-
(Pfeil). b Verlaufskontrolle nach 7 Monaten medikamentöser sches „Wasserlilienzeichen“ (Pfeil) innerhalb der hyperinten-
Therapie. Innerhalb der Zysten jetzt Darstellung gelöster Ger- sen Zyste

Merke ! Die Hydatidenzyste ist eine lokal ver-


breitete parasitäre Erkrankung der
Echinococcus-multilocularis-Zyste

Leber. Der Mensch fungiert als irregulärer Zwischen- 왔 Als


Echinococcus-multilocularis-
Definition
wirt mit der Ausbildung zystischer Leberläsionen. Zyste wird eine Hydatidenzyste der
Diese unterscheiden sich abhängig vom Entwick- Leber, die durch parasitären Zestodenbefall mit
lungszustand und dem Krankheitsstadium. Sonogra- Echinococcus multilocularis ausgelöst wird und zum
phie und CT oder MRT zeigen in der Regel zusam- Krankheitsbild der hepatisch-alveolären Echino-
men mit der Anamnese charakteristische Bildkrite- kokkose (HAE) führt, bezeichnet.
rien. Therapeutisch ist die chirurgische Resektion
Methode der Wahl. Bei Inoperabilität oder möglicher
Zystenruptur wird die perkutane Punktion und Drai-
nage eingesetzt.
7.4 Entzündliche Erkrankungen 469

Abb. 7.84. 71-jähriger Patient mit Echinococcus-granulosus- Abb. 7.85. 57-jähriger Patient mit Echinococcus-granulosus-
Zyste Typ III im linken Leberlappen. In der kontrastverstärk- Zyste Typ V. In der CT nach KM-Gabe Dokumentation der
ten CT Septierung und Tochterzysten sowie schollige periphe- randständigen Verkalkungen (Pfeil) sowie vorwiegend solide
re Verkalkungen (Pfeil) Binnenareale. Generalisierte Steatosis hepatis

Pathologisch-anatomische Radiologische Symptomatik


und ätiologische Grundlagen In konventionellen Abdomenübersichtsaufnahmen
Im Gegensatz zum Echinococcus granulosus sind die können bei etwa der Hälfte der Fälle Mikroverkal-
Parasiten von Echinococcus multilocularis deutlich kungen im rechten Oberbauch diagnostiziert wer-
kleiner und lediglich 2–3,5 mm groß. Ein Befall ist den.
wesentlich seltener, als Endwirt fungieren Füchse. Sonographisch finden sich in >70% die Verände-
Das Verbreitungsgebiet umfasst Mitteleuropa, Russ- rungen im rechten Leberlappen. Unterschieden wer-
land, Vorderasien, Japan und die USA. Der Lebens- den 3 Muster: das Hagelkornmuster, das zystische
zyklus der Parasiten verläuft analog der dargestellten Muster und das Landkartenmuster. Beim Hagelkorn-
Form von Echinococcus granulosus. Als Zwischen- muster kommen zahlreiche inhomogene echoreiche
wirte fungieren Feldmäuse und andere Nager sowie und schlecht abgrenzbare Knoten zur Darstellung.
als irregulärer Zwischenwirt der Mensch. Zur Infek- Das zystische Muster ist durch weitgehend echofreie
tion kommt es beim Menschen durch Aufnahme der unregelmäßige Konglomerate mit echoreichen Ein-
Eier durch z. B. kontaminierte Früchte und Beeren streuungen durch nekrotisches Material gekenn-
oder beim Direktkontakt mit infizierten Füchsen. zeichnet. Ein vollständig inhomogenes, gemischt
Anders als beim Echinococcus granulosus finden echoarmes und echoreiches Bild präsentiert sich
sich beim Echinococcus multilocularis keine gut ab- beim Landkartenmuster mit unregelmäßigen Über-
grenzbaren Zysten, sondern ein infiltratives Wachs- gängen und fehlender peripherer Abgrenzung. Zu-
tum mit geleeartigem Zentrum und Lokalisation in sätzlich werden kleinere Verkalkungen und die Dila-
oder um die Leberpforte. Eine Resektion scheidet we- tation intrahepatischer Gallenwegsabschnitte sowie
gen des infiltrativen Wachstums ebenso wie eine Zeichen der portalen Hypertension beobachtet.
Drainage in vielen Fällen aus. Auch in der Nativ-CT kommen die genannten ver-
schiedenen Muster zur Darstellung, wobei das unre-
Klinische Symptomatik gelmäßige Landkartenmuster mit eingestreuten Ver-
Neben den unspezifischen Beschwerden wie sie ähn- kalkungen vorherrscht (Abb. 7.86 c). Nach Kontrast-
lich bei der Echinococcus-granulosus-Zyste auftre- mittelgabe zeigt sich kein relevantes Enhancement
ten, werden – wegen des zentral in der Leber gelege- bei infiltrativ imponierender Läsion. Größere Zysten
nen und infiltrativ wachsenden Prozesses – häufiger zeigen ein zartes randständiges Kontrastmittel-En-
Infektion, Cholestase und portale Hypertension be- hancement. Mittels MRT finden sich vergleichbare
reits im frühen Stadium beobachtet.Auch die Aussaat Muster mit hypointenser Abbildung in T1- und hy-
in Lunge, Hirn und Herz ist erheblich häufiger als bei perintenser Darstellung in T2-Wichtung. Ein Enhan-
der Echinococcus granulosus Infektion. cement ist nach Kontrastmittelgabe, analog zur CT,
lediglich in den zystischen Arealen randständig
470 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

nachzuweisen. Die Mikroverkalkungen sind von fi-


brösen Veränderungen in der Peripherie in der Regel
nicht abzugrenzen. Cholestase und portale Hyper-
tension werden analog beobachtet (Abb. 7.86 a, b).
Interventionelle Maßnahmen spielen beim Echi-
nococcus multilocularis keine Rolle im Therapiekon-
zept.

Differenzialdiagnose
Auszuschließen sind andere Formen der Hydatiden-
zysten, primäre und sekundäre zystisch oder semi-
liquide imponierende Tumoren der Leber und der
Gallenwege sowie der Formenkreis der hereditären
a zystischen Lebererkrankungen.

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


Der Großteil der Fälle von Echinococcus-multilocu-
laris-Zysten wird zufällig oder im Stadium der Kom-
plikation entdeckt. Die Sonographie ist damit Metho-
de der ersten Wahl. Für die Gesamtbeurteilung und
den Ausschluss eines malignen Geschehens sind CT
oder MRT jedoch ebenfalls zu fordern. Interventio-
nelle Konzepte kommen nicht zur Anwendung.

Merke ! Die Echinococcus-multilocularis-Zys-


te ist eine seltene Form des parasi-
tären Befalls der Leber. Dabei dient der Mensch als
irregulärer Zwischenwirt. Durch das infiltrative
b Wachstum der Zysten mit inhomogener Binnen-
struktur und unscharfen Rändern ist die Unterschei-
dung zu Malignomen häufig erschwert. Eine Resek-
tion ist aufgrund des Wachstumsmusters oft nicht
möglich, ein interventionelles Vorgehen mit keinem
ausreichenden Therapieerfolg verbunden.

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Dehydratation Pankreaserkrankungen
Infektion Entzündliche
Darmerkrankungen
Hämolytische Anämie Mukoviszidose
Kurzdarmsyndrom Kurzdarmsyndrom
Kongenitale Hämolytische Anämie
Gallengangsanomalien Antibiotikagabe
472 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Im Erwachsenenalter sind mehr als 70% Chol- pie der Wahl der Cholelithiasis ist die Cholezystekto-
sterinsteine, etwa 20% Bilirubinsteine und etwa 10% mie im beschwerdefreien Intervall.
Mischformen bzw. Steine anderer Zusammenset-
zung. Das beim Gesunden bestehende Gleichgewicht Radiologische Symptomatik
von Gallensäuren, Cholesterin und Phospholipiden Gallensteine kommen abhängig von ihrer Zusam-
in der Zusammensetzung der Gallenflüssigkeit ist bei mensetzung in der bildgebenden Diagnostik zur
der Cholelithiasis gestört. Durch das Ungleichge- Darstellung. Verkalkte Konkremente sind in über-
wicht entsteht die „lithogene“ und zur Konkrement- wiegender Anzahl Bilirubinsteine und nur in etwa
bildung führende Gallenflüssigkeit. 30% Cholesterinsteine, während nichtschattenge-
Ursächlich werden metabolische Störungen (Hy- bende Konkremente fast ausschließlich aus Cholest-
percholesterinämie, Hyperbilirubinämie), eine Stase erinsteinen und nur selten aus Bilirubinsteinen be-
im Gallenabfluss (Zystikusstein, Papillenspasmus, stehen. Cholesterinsteine und gemischte Konkre-
Gallenblasendyskinesien, Fehlbildungen des Gallen- mente bilden sich dabei in der Regel rundlich, Biliru-
wegssystems) und Entzündungen angesehen. Als binsteine polygonal ab.
prädisponierende Faktoren für die Bildung von Cho- Verkalkte Konkremente können auf konventionel-
lesterinsteinen sind nach der „5-F-Regel“ Überge- len Abdomenübersichtsaufnahmen mit hoher Sensiti-
wicht, weibliches Geschlecht im Alter über 40 Jahre vität nachgewiesen werden. Aufgrund der statisti-
bei erhaltener Gebärfähigkeit sowie blondes Haar be- schen Verteilung der Konkremente kommt den Über-
kannt („fat, female, forty, fertile, fair“). Zusätzlich gel- sichtsaufnahmen jedoch lediglich eine Gesamttreff-
ten Schwangerschaft, Einnahme von Östrogenpräpa- sicherheit von 10–15% bei der Cholelithiasis zu. Die
raten, Stoffwechselerkrankungen und familiäre Dis- Diagnose wird in der Regel zufällig gestellt.
position als Risikofaktoren. Methode der Wahl zur Diagnostik der Cholelithia-
Demgegenüber entstehen Bilirubinsteine bei er- sis ist die Sonographie, die unabhängig von der Kon-
höhter Konzentration in der Galle bedingt durch krementzusammensetzung eine Sensitivität von 91–
z. B. längere Hämolysezustände oder eine Leber- 95% bei der Cholezystolithiasis und von 22–82% bei
zirrhose. Ist der Gallenabfluss aus Gallenblase oder der Choledocholithiasis aufweist. Die Steine stel-
Ductus choledochus behindert, erfolgt eine vermehr- len sich hyperechogen mit posteriorer Schallaus-
te Wasserresorption aus der Gallenblase mit Ein- löschung dar (Abb. 7.87,Abb. 7.88). Der Nachweis von
dickung der Galle und dem Ausfällen von Kristallen,
Gries und Konkrementen. Bei Entzündungen der
Gallenblase kommt es durch einen vermehrten Über-
tritt von Kalzium in das Lumen mit erhöhter Aus-
fällung von Kalkkristallen zur nachfolgenden Stein-
bildung.
Die Cholelithiasis bei Kindern ist im Neugebore-
nenalter in der Regel hereditär und mit Fehlbildun-
gen des hepatobiliären Systems vergesellschaftet. Bei
älteren Kindern stehen Hämolyse, Stoffwechseler-
krankungen oder erst spät diagnostizierte Fehlbil-
dungen (z. B. Choledochuszyste) im Vordergrund.
Zunehmend spielen jedoch auch metabolische Grün-
de wie Hypercholesterinämie eine wichtigere Rolle.

Klinische Symptomatik
Die blande Cholelithiasis bleibt in bis zu 65% der Fäl-
le asymptomatisch und wird eher zufällig entdeckt.
Kommt es jedoch zu einem passageren oder perma-
nenten Verschluss von Ductus cysticus bzw. Ductus
choledochus, stellen sich die Patienten mit dem Bild
der Gallenkolik vor. Diese ist typischerweise durch
plötzlich einsetzende akute rechtsseitige Oberbauch-
schmerzen und ein wellenförmiges An- und Ab-
schwellen der Beschwerden mit bis zu 6 Ereignissen
pro Stunde gekennzeichnet. Weniger eindeutige Abb. 7.87. 75-jährige Patientin mit sonographisch großem
Symptome sind der linksseitige Oberbauchschmerz, verkalkten Gallenblasenkonkrement und dorsalem Schall-
der präkordiale oder epigastrische Schmerz. Thera- schatten (S)
7.4 Entzündliche Erkrankungen 473

im dilatierten Gallengang eine von Gallenflüssigkeit


umspülte intraduktale Raumforderung erkennen.
Durch die Möglichkeiten der Sekundärrekonstruk-
tionen in der MSCT hat die Sensitivität im Nachweis
der Gallengangskonkremente nochmals deutlich zu-
genommen. Die CT nach Applikation gallengängigen
Kontrastmittels wird heute nur noch selten zur Dia-
gnostik der Cholelithiasis angewendet. Sie stellt je-
doch bei sehr korpulenten Patienten und Kontrain-
dikationen zur MRT eine diagnostische Alternative
dar. Dabei werden Konkremente in Gallenblase und
Gallenwegen als Füllungsaussparungen in der kon-
trastierten Gallenflüssigkeit dargestellt.
Die MRT in Form der MRC ist die Methode der
Wahl zur Bestätigung oder zum Ausschluss der Cho-
ledocholithiasis. Sie wird insbesondere präoperativ
Abb. 7.88. 28-jährige Patientin mit sonographisch nicht ver- vor laparoskopischer Cholezystektomie bei unauf-
kalktem Gallenblasenkonkrement (+---+)
fälligem sonographischem Befund und erhöhten gal-
lenspezifischen Laborparametern angewandt. Dabei
lassen sich Gallenblasen- und Gallengangskonkre-
mente ab einer Größe von 2 mm mit einer Sensitivi-
tät von 81–100% als hypointense Füllungsaussparun-
gen in der hyperintensen Gallenflüssigkeit nachwei-
sen (Abb. 7.90 a). Zusätzliche transversale Aufnah-
men in T2-Wichtung zeigen die genaue anatomische
Zuordnung der Konkremente, Begleitentzündungen
und -komplikationen (Abb. 7.91 a, b).
Mittels ERC/PTC werden Gallenkonkremente di-
rekt nachgewiesen (Abb. 7.90 b). Sie stellen sich als
Füllungsaussparungen in der kontrastierten Gallen-
flüssigkeit dar und werden mit einer Sensitivität von
95–100% nachgewiesen. Wichtig ist dabei die Beur-
teilung in der Füllungsphase, da kleine Konkremente
bei Überspritzen der Gänge auch maskiert werden
können. Eventuell eingebrachte intraduktale Luft
lässt sich durch Umlagerung des Patienten als solche
Abb. 7.89. 64-jährige Patientin mit langjähriger Cholezystoli-
thiasis. Sagittale Sekundärrekonstruktion aus einem MSCT- identifizieren. Der Einsatz der ERC/PTC liegt heute
Datensatz mit Darstellung multipler polygonaler, wandständig vor allem in der Therapie von Gallenwegskonkre-
verkalkter Cholesterinsteine menten und nur in Ausnahmefällen in der Stein-
diagnostik (Abb. 7.92 a–c).
Die intravenöse Cholangiographie, ggf. ergänzt
Gallengangssteinen ist stark von der Größe der Kon- durch die konventionelle Tomographie findet heute,
kremente und der Weite des Ductus choledochus auch wegen des deutlich erhöhten Risikos kontrast-
abhängig. mittelassoziierter allergischer Reaktionen, nur noch
Computertomographisch werden Gallensteine mit vereinzelt Anwendung. Bei Nichtverfügbarkeit oder
einer Sensitivität von 80% in der Gallenblase und Kontraindikationen zur MRT lassen sich neben Gal-
von bis zu 88% im Gallengang diagnostiziert. Dabei lenblasenkonkrementen vor allem Gallenwegssteine
stellen sich verkalkte Konkremente hyperdens ge- mit hoher Sensitivität nachweisen (82% der Fälle;
genüber der umgebenden Gallenflüssigkeit dar, Abb. 7.93).
während Cholesterinsteine hypodens erscheinen Für die orale Cholegraphie bestehen heute in der
(Abb. 7.89). In etwa 20% sind die Steine aufgrund Regel keine Indikationen mehr. Auch die hepatobiliä-
ihrer Mischzusammensetzung isodens zur umgeben- re Funktionsszintigraphie wird lediglich noch in Aus-
den Gallenflüssigkeit und damit in der CT nicht nahmefällen bei der blanden Cholelithiasis einge-
nachweisbar. Bei der Choledocholithiasis lässt sich setzt.
474 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

a
a

Abb. 7.91 a, b. 60-jähriger Patient mit langjähriger Cholezysto-


lithiasis und so genannter „Steingallenblase“. a Ausgeschaltete
Gallenblase in der MRCP (Pfeil). Unauffälliges intra- und ex-
trahepatisches Gallenwegssystem. Vorgetäuschte Stenose der
b Hepatikusgabel durch Überkreuzung der A. hepatica (Pfeil-
spitze). b In der zugehörigen transversalen Schicht in T2-
Abb. 7.90 a, b. 74-jähriger Patient mit langjähriger Cholezys- Wichtung fat sat Nachweis der vollständig mit Konkrementen
tolithiasis und kolikartigen rechtsseitigen Oberbauchbe- und Sludge gefüllten Gallenblase (Pfeil) mit gering verdickter
schwerden. a MRCP mit Nachweis eines singulären Choledo- Wand
chuskonkrements (Pfeil). b ERCP mit korrespondierendem
Befund zur MRCP (Pfeil)

Differenzialdiagnose Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


Gegenüber Gallensteinen müssen vor allem primä- Methode der Wahl bei der Diagnostik einer Choleli-
re Tumoren der Gallenblase und der Gallenwege, thiasis ist die Sonographie. Zum Ausschluss oder zur
entzündliche und postentzündliche Strikturen der Sicherung einer Choledocholithiasis wird heute die
Gallengänge, Pankreatitiden anderer Genese, Pan- MRT mit MRC eingesetzt. Die CT ist der MRT im
kreas- und Papillentumoren sowie primär extrabiliä- Nachweis nichtverkalkter Konkremente unterlegen
re Raumforderungen abgegrenzt werden. (Abb. 7.94 a, b). Bei primär therapeutischem Ansatz
kommt, nach z. B. sonographisch gesicherter Chole-
7.4 Entzündliche Erkrankungen 475

Abb. 7.92 a–c. 68-jähriger Patient mit


klinisch vermuteter Choledocholithiasis
bei bekannter Cholezystolithiasis und
sonographisch gesicherter extrahepatischer
Cholestase. a In der ERCP Nachweis von
2 Gangkonkrementen im distalen Ductus
choledochus (Pfeil). b Gefasste Konkremente
im Dormia-Körbchen (Pfeil) und transpapilläre
Entfernung. c Regelrechte Weite des extra-
hepatischen Gallenwegssystems ohne
weiteren Konkrementnachweis und mit
a gutem KM-Abfluss in das Duodenum (Pfeil)

b c

docholithiasis, unmittelbar die ERC/PTC zur Anwen-


dung. Besteht der Verdacht auf ein malignes Gesche-
Merke ! Die Cholelithiasis ist die häufigste Er-
krankung des Gallenwegssystems.Ab-
hen aus der Sonographie, sollte mittels CT oder MRT hängig von der Zusammensetzung der Gallenflüssig-
die weitere Abklärung erfolgen. Intravenöse Chol- keit kommt es zur Bildung unterschiedlich großer
angiographie und hepatobiliäre Funktionsszintigra- und variabel zusammengesetzter Konkremente. Kli-
phie kommen nach der Sonographie lediglich bei nische Beschwerden treten erst beim Übertritt der
Nichtverfügbarkeit oder Kontraindikation zur MRT Konkremente aus der Gallenblase in die Gallenwege
zum Einsatz. in Form von Koliken auf. Wichtigste Untersuchungs-
methoden sind die Sonographie und die MRC zum
Nachweis der Konkremente, ihrer Komplikationen
und wichtiger Differenzialdiagnosen wie Tumoren
und extrabiliäre Entzündungen.
476 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.93. 47-jährige Patientin mit bekannter kleinkalibriger Abb. 7.94 a, b. 81-jährige Patientin mit Zeichen der Cholezys-
Cholezystolithiasis. In der i. v.-Cholangiographie Darstellung titis bei sonographisch Cholezystolithiasis. a Der transversale
multipler wandständig verkalkter Konkremente in der Gallen- CT-Schnitt zeigt eine prall gefüllte Gallenblase mit verdickter
blase. Unauffälliges intra- und extrahepatisches Gallenwegs- Wand (Pfeil), jedoch keine Konkremente. Intrahepatische Cho-
system lestase und freie Flüssigkeit perihepatisch (F). b In der zugehö-
rigen MRT-Schicht in T2-Wichtung fat sat Nachweis von grö-
berem Gallengries am Boden der Gallenblase (Pfeil)

Gallenblasenhydrops Tabelle 7.8. Ursachen des Gallenblasenhydrops im Kindesalter

왔 Der Gallenblasenhydrops stellt eine – Obstruktion


Definition – Totale parenterale Ernährung
Komplikation des Gallensteinleidens
– Sepsis
mit exzessiver Erweiterung der Gallenblase durch – Kawasaki-Syndrom (mukokutanes Lymphknoten-
einen Verschluss im Bereich des Ductus cysticus dar. syndrom)
– Familiäres Mittelmeerfieber
Pathologisch-anatomische – Scharlach
– Leptospirose
und ätiologische Grundlagen – Askariden
Zum Verschluss des Ductus cysticus kommt es zu- – Typhus
meist durch ein in den Gang verlagertes Konkrement.
Er kann jedoch auch durch das alleinige Ödem des
Ductus cysticus und des Gallenblaseninfundibulums
nach Steinabgang bedingt sein. Neben dem Gallen- Der Verschluss des Ductus cysticus bewirkt dann
steinleiden kann ein Gallenblasenhydrops auch eine vermehrte Füllung der Gallenblase mit Gallen-
durch benigne und maligne Tumoren der Gallenbla- flüssigkeit und Sludge.
se und des Gallenwegssystems oder durch extrabiliä-
re Raumforderungen mit Kompression des Ductus Klinische Symptomatik
cysticus entstehen. Im Kindesalter sind zudem eine Ein reiner Gallenblasenhydrops zeigt keine klinische
Vielzahl infektiöser und parasitärer Erkrankungen Symptomatik. Die vergrößerte Gallenblase ist unter
für einen Gallenblasenhydrops verantwortlich (Ta- dem rechten Rippenbogen nicht schmerzhaft tastbar.
belle 7.8). Durch die starke Vergrößerung der Gallenblase kann
7.4 Entzündliche Erkrankungen 477

es zu einem Druckgefühl im rechten Oberbauch, bei Differenzialdiagnose


partiell eingeklemmtem Zystikusstein zu Gallenkoli- Wichtigste Differenzialdiagnose stellt das Gallenbla-
ken kommen. Besteht der Hydrops fort und kommt senempyem dar. Dabei werden neben der Vergröße-
es zur Infektion, entwickelt sich aus dem Hydrops mit rung des Organs vor allem eine Verdickung der Gal-
akuter Cholezystitis ein Gallenblasenempyem. lenblasenwand und Zeichen der lokalen Entzündung
Die Therapie der Wahl beim Gallenblasenhydrops beobachtet. Eine Unterscheidung ist jedoch allein
ist die Cholezystektomie möglichst im symptom- aufgrund bildmorphologischer Kriterien häufig
freien Intervall. nicht möglich. Sicher ausgeschlossen werden müssen
das Gallenblasenkarzinom und primär von der Le-
Radiologische Symptomatik ber, den Gallenwegen oder extrahepatisch ausgehen-
Die vergrößerte Gallenblase beim Gallenblasen- de Malignome mit Verschluss des Gallenabflusses aus
hydrops wird mit Sonographie (Abb. 7.95), CT und der Gallenblase.
MRT (Abb. 7.96, Abb. 7.97 a,b, Abb. 7.98) gleicherma-
ßen sicher erkannt. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
Methode der ersten Wahl ist die Sonographie. Die- Primäre Untersuchungsmodalität beim Gallenbla-
se zeigt das vergrößerte Organ, das in der Frühform senhydrops ist die Sonographie, die zumeist auch
keine Wandverdickung aufweist. Zumeist kann sono- Aufschluss über die Ursache des Verschlusses des
graphisch auch die Ursache des Hydrops eingegrenzt Ductus cysticus bietet. Ist eine weitergehende Abklä-
werden. Zum Ausschluss tumoröser Ursachen sind rung erforderlich, erfolgt diese mittels CT oder MRT.
CT oder MRT zur weiteren Abklärung erforderlich. Die direkten Methoden der Gallenwegsdarstellung
Einen ersten Hinweis auf einen Gallenblasenhydrops (Intravenöse Cholangiographie, ERC/PTC) kommen
kann man auch aus einer Verschattung im rechten nicht zum Einsatz.
Oberbauch in Abdomenübersichtsaufnahmen gewin-
nen.
Intravenöse Cholangiographie, ERC/PTC und hepa-
tobiliäre Funktionsszintigraphie kommen bei der Ab-
klärung des Gallenblasenhydrops in der Regel nicht
zum Einsatz.
Nur in seltenen Fällen wird beim blanden Gallen-
blasenhydrops ein primär interventionelles Vorge-
hen in Form der perkutanen Cholezystostomie erfor-
derlich. Das Verfahren ist im Abschn. „Akute Chole-
zystitis“ beschrieben.

Abb. 7.95. 5 Monate alter Junge mit Gallenblasenhydrops bei Abb. 7.96. 32-jährige Patientin mit Gallenblasenhydrops bei
Kawasaki-Syndrom. Im B-Bild-Sonogramm neben der Auf- Infundibulumkonkrement. Die MRCP in Projektionstechnik
treibung der Gallenblase (H) deutlich verdickte Wand des dokumentiert ein großes Konkrement (Pfeil) als Ursache des
Organs (Pfeil) Gallenblasenhydrops. Unauffälliges intra- und extrahepati-
sches Gallenwegssystem
478 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Merke ! Ein Gallenblasenhydrops entsteht durch


Verschluss des Ductus cysticus und
vermehrte Füllung der Gallenblase mit Gallenflüssig-
keit. Häufigste Ursache ist dabei ein Konkrement im
Ductus cysticus. Komplikationen stellen die Chole-
zystitis und das Gallenblasenempyem dar. Als Unter-
suchungsmethode der Wahl gilt die Sonographie, zur
weiteren Abklärung CT oder MRT. Eine Differenzie-
rung zum Gallenblasenempyem ist häufig schwierig.
Eine maligne Ursache des Verschlusses muss sicher
ausgeschlossen werden.

Mirizzi-Syndrom
a 왔 Als Mirizzi-Syndrom wird der voll-
Definition
ständige oder partielle Verschluss des
Ductus choledochus durch ein Konkrement im Duc-
tus cysticus oder im Infundibulum der Gallenblase
bezeichnet.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Das nach seinem Erstbeschreiber 1945 benannte
Mirizzi-Syndrom entsteht bei Impaktation eines Gal-
lenblasensteins in der Pars flaccida der Gallenblase
oder im Ductus cysticus mit Kompression des Duc-
tus hepaticus communis bzw. Ductus choledochus
von rechts her. Durch die Kompression kommt es zur
Cholangitis und Pericholangitis des Ductus hepati-
cus communis sowie einer Verschlusssituation im
Ductus hepaticus communis. Bricht das inkrustierte
b Konkrement in den Ductus choledochus parallel zum
Ductus cysticus durch, entsteht eine Fistel zwischen
Abb. 7.97 a, b. 63-jährige Patientin mit Gallenblasenhydrops
bei kleinem Konkrement im Ductus cysticus. a In der MRCP Gallenblase und Hauptgallengang. Diese Situation
Darstellung des Gallenblasenhydrops (H) sowie der verdickten wird in der Literatur als Mirizzi-Syndrom Typ II bis
Wand der Gallenblase (Pfeil). b Eine etwas andere Projektion IV beschrieben (Tabelle 7.9).
der MRCP zeigt das kleine Konkrement im Ductus cysticus Als so genannte Minorvariante des Mirizzi-Syn-
(Pfeil)
droms gilt eine Kompression des Ductus hepaticus
communis bzw. Ductus choledochus durch eine ent-
zündlich aufgetriebene und dilatierte Gallenblase im
Rahmen einer Cholezystitis. Auch die Inkrustierung
eines Konkrements in einem Zystikusstumpf nach
Cholezystektomie mit nachfolgender Dilatation des

Tabelle 7.9. Klassifikation des Mirizzi-Syndroms

Typ Beschreibung

I Kompression des Ductus choledochus durch


inkrustierten Stein im Ductus cysticus
II Cholezystobiliäre Fistel mit <1/3 Beteiligung
der Wand des Ductus choledochus
Abb. 7.98. 39-jährige Patientin mit Gallenblasenhydrops bei III Cholezystobiliäre Fistel mit 2/3 Beteiligung
Leberzirrhose. Kein Nachweis von Konkrementen in der trans- der Wand des Ductus choledochus
versalen MRT-Schicht in T2-Wichtung bei deutlich hydropti- IV Cholezystobiliäre Fistel mit kompletter
scher Gallenblase (H). Erhöhte Signalintensität in der mit dar- Beteiligung der Wand des Ductus choledochus
gestellten Leber
7.4 Entzündliche Erkrankungen 479

Ductus choledochus wird dem Komplex des Mirizzi-


Syndrom zugerechnet.
Für die Ausbildung einer Verschlusssituation ist
eine Größe des Konkrements von wenigstens 1–3 cm
erforderlich.

Klinische Symptomatik
Die Erkrankung zeigt meist unspezifische klinische
Symptome wie Fieber und rechtsseitigen Oberbauch-
schmerz. Bei vollständigem Verschluss kommt es
zur Cholestase mit Verschlussikterus. Als Therapie
der Wahl gilt die Cholezystektomie mit Präparation
des Ductus cysticus und Entfernung des inkrustier-
ten Konkrements. An Komplikationen werden der
Durchbruch des Konkrements in den Bulbus duo-
deni oder andere Abschnitte des Gastrointestinal-
trakts mit Ausbildung einer bilioenteralen Fistel
beobachtet.
a
Radiologische Symptomatik
Sonographisch stellt sich das Gallenwegssystem kra-
nial des Verschlusses dilatiert dar, das Konkrement
kann im Infundibulum der Gallenblase bzw. im Duc-
tus cysticus nachgewiesen werden. Auch in der CT
lässt sich die durch den Verschluss bedingte intra-
und extrahepatische Cholestase erkennen. Insbeson-
dere in koronaren und parakoronaren Sekundär-
rekonstruktionen aus MSCT-Datensätzen gelingt der
direkte Konkrementnachweis.
Mittels MRCP wird das eingeklemmte Konkre-
ment als hypointense Füllungsaussparung bei dila- b
tiertem hyperintensen Gallenwegssystem kranial des
Verschlusses direkt dargestellt (Abb. 7.99 a). Die zu- Abb. 7.99 a, b. 80-jähriger Patient mit bekannter Cholelithiasis
sätzlich angefertigten transversalen Bilder in T2- und plötzlich einsetzendem schmerzhaftem Ikterus bei Miriz-
zi-Syndrom Typ I. a MRCP mit direkter Darstellung des kom-
Wichtung lassen eine exakte Lokalisation des Kon- primierenden Konkrements (Pfeil) im Ductus cysticus (DZ),
krements unter zusätzlicher Dokumentation beglei- Dilatation des Ductus hepaticus communis (DH) und auch des
tender entzündlicher Gallenblasenveränderungen distalen Ductus choledochus. b MRT axial in T2-Wichtung mit
(Wandverdickung, hyperintense Flüssigkeit im Gal- Fettsättigung. Darstellung eines zusätzlichen präpapillären
Konkrements im distalen Ductus choledochus (Pfeil)
lenblasenbett) zu (Abb. 7.99 b). Analog findet sich
auch bei der direkten Darstellung durch ERC/PTC
eine Füllungsaussparung im Ductus choledochus. Differenzialdiagnose
Bei der ERC werden die kranial des Verschlusses er- Differenzialdiagnostisch abzugrenzen sind der Zysti-
weiterten Gallengänge häufig ebenso wenig wie die kusstein ohne Dilatation des Ductus choledochus,
Gallenblase kontrastiert. Mittels PTC gelingt die Dar- das Gallenblasenkarzinom, cholangioläre Karzinome
stellung der erweiterten Gallengänge und des Ductus des Ductus choledochus und eine Kompression des
choledochus bis zum Verschluss ohne Kontrastie- Ductus choledochus von außen durch vergrößerte
rung des distalen Ductus choledochus und der Gal- Lymphknoten im Leberhilus.
lenblase.
Intravenöse Cholangiographie und nuklearmedizi- Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
nische Verfahren haben heute in der Routinediagnos- Auch beim Mirizzi-Syndrom ist die Sonographie die
tik keine Bedeutung mehr. Werden sie aus anderen Untersuchungsmethode der ersten Wahl. Zum Aus-
Gründen durchgeführt, zeigen sich die ausgeschalte- schluss anderer Ursachen des extrahepatischen Ver-
te Gallenblase und eine Dilatation der Gallengänge schlussikterus muss eine weitere Abklärung mittels
kranial des Verschlusses. MRT mit MRCP oder CT erfolgen. Nur selten ist eine
ergänzende ERC/PTC aus diagnostischen Gründen
erforderlich.
480 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Merke ! Das Mirizzi-Syndrom beschreibt den


Verschluss des Ductus cysticus mit
chemischen Entzündungszeichen einher. Differen-
zialdiagnostisch schwierig ist insbesondere die Un-
konsekutiver Kompression des Ductus choledochus terscheidung zwischen einem akuten Geschehen und
sowie mögliche Komplikationen des Steindurch- dem akuten Schub einer chronischen Erkrankung.
bruchs in den Ductus choledochus mit Ausbildung Auch die Abgrenzung eines malignen Prozesses ist
einer cholezystobiliären Fistel. Klinisch wird ein Ver- aufgrund klinischer Parameter allein nicht möglich.
schlussikterus festgestellt. Diagnostische Methode Die Symptome der nicht-steinbedingten Cholezysti-
der Wahl sind Sonographie und MRT mit MRCP oder tiden sind, auch in der akuten Form, ebenfalls unspe-
CT. Anderweitige Ursachen wie primäre Malignome zifische Oberbauchbeschwerden. In Zusammenhang
der Gallenblase und der Gallenwege sowie vergrößer- mit der klinischen Gesamtsituation oder einer vor-
te Lymphknoten im Leberhilus müssen ausgeschlos- ausgegangenen Prädisposition wird somit die Dia-
sen werden. gnose zumeist im Ausschlussverfahren nach Abklä-
rung anderer Ursachen gestellt.
7.4.2.2 Die Therapie der Wahl der akuten Cholezystitis
Entzündliche Erkrankungen der Gallenblase mit und ohne Steinleiden ist, nicht zuletzt aufgrund
Zu den akuten Formen der Cholezystitis zählen ne- der Perforationsgefahr, die Cholezystektomie.
ben der begleitenden Entzündung der Gallenblase
beim Gallensteinleiden auch die schweren und kom- Radiologische Symptomatik
plizierten Formen der gangränösen und emphyse- In der Bildgebung zeigen akute Cholezystitiden, ab-
matösen Cholezystitis sowie das Gallenblasen- hängig von der Länge des Verlaufs eine deutlich ver-
empyem. Die häufigsten Komplikationen der akuten dickte Gallenblasenwand und zusätzlich Flüssigkeit
Cholezystitis sind die Gallenblasenperforation und im Gallenblasenbett. Die Gallenblase selbst ist in der
der Gallensteinileus. Bei den chronischen Formen Regel hydroptisch. Während sich die Verdickung der
der Cholezystitis werden die Entzündung ohne und Gallenblasenwand mit allen bildgebenden Verfahren
mit Steinleiden, die Porzellangallenblase und die sicher nachweisen lässt, bleibt die Differenzierung
Kalkmilchgalle differenziert. einer akuten Cholezystitis vom akuten Schub einer
chronischen Cholezystitis oder zum Gallenblasen-
Akute Cholezystitis karzinom schwierig. Auch die steinlose Cholezystitis
zeichnet sich in der Regel lediglich durch eine unspe-
왔 Als akute Cholezystitis wird eine akut zifische Verdickung der Gallenblasenwand aus.
Definition
einsetzende Entzündung der Gallen- Sonographisch findet sich bei der akuten Chole-
blase mit oder ohne Steinleiden bezeichnet. zystitis eine Dreischichtung der Wand durch das
Ödem mit einer Dicke von 3–4 mm (Abb. 7.100). Zu-
Pathologisch-anatomische sätzlich lässt sich Flüssigkeit im Gallenblasenbett als
und ätiologische Grundlagen Ausdruck der Pericholezystitis nachweisen. Das Or-
Akute Cholezystitiden bei Patienten mit Gallenstein- gan selbst ist hydroptisch, der verschließende Stein
leiden entstehen durch Infektion innerhalb der Gal- jedoch nicht in allen Fällen sicher abgrenzbar. Gele-
lenblase nach Verschluss oder partieller Verlegung gentlich gelingt dies auf parasagittalen Schnitten.
des Ductus cysticus durch ein Gallenblasenkonkre- In der CT zeigt sich bei der akuten Cholezystitis
ment. Entzündungen der Gallenblase ohne den Nach- eine deutlich vergrößerte Gallenblase mit mehr-
weis eines Steinleidens sind sehr selten und bedürfen schichtiger, verdickter Wand, die nach Kontrastmit-
zu ihrer Entstehung spezieller prädisponierender telgabe ein deutliches Enhancement zeigt. Abhängig
Faktoren. Sie machen etwa 2–15% aller akuten Cho- von der Zusammensetzung lässt sich auch das ver-
lezystitiden aus und sind in der Regel Folge eines schließende Konkrement direkt nachweisen. Die Zei-
vaskulären Insults oder eines sekundären infektiösen chen der Pericholezystitis und etwaiger intraabdomi-
Befalls der Gallenblase. Daher tritt diese Form der neller Aszites werden dokumentiert.
akuten Cholezystitis gehäuft nach ausgedehntem Ab- Die MRT kommt bei der akuten Cholezystitis
dominaltrauma, Schocksituation unterschiedlichster lediglich in Form der MRCP zum Ausschluss von
Genese, speziellen Formen der Vaskulitis, Diabetes Gangkonkrementen zum Einsatz. In T2-Wichtung
mellitus und bei immunsupprimierten Patienten findet sich bei großem, durch die Flüssigkeitsfül-
oder nach Voroperationen auf. lung stark hyperintensem Organ, ein hyperintenser
Flüssigkeitssaum als Korrelat der Pericholezystitis
Klinische Symptomatik (Abb. 7.101 a). Konkremente in Gallenblase und Gal-
Akute Infektionen der Gallenblase gehen meist mit lenwegen werden mit hoher Sensitiviät nachgewie-
plötzlich einsetzenden Oberbauchbeschwerden, Übel- sen (Abb. 7.101 b). Nach Kontrastmittelgabe zeigt
keit, Erbrechen und deutlichem Ansteigen der labor- sich ein starkes Enhancement in T1-Wichtung in der
7.4 Entzündliche Erkrankungen 481

Abb. 7.100. 59-jährige Patientin mit bekannter Cholezystoli-


thiasis und klinischen Zeichen der Cholezystitis. Sonogra-
phisch Dreischichtung der Gallenblasenwand (Pfeil) bei Cho-
lezystitis und großes Gallenblasenkonkrement (+---+)

verdickten Wand sowie im umgebenden, entzündlich


veränderten Gewebe.
Kommt die hepatobiliäre Funktionsszintigraphie
b
zur Anwendung, zeigt sie mit hoher Sensitivität (86–
97%) eine Ausscheidung des Radiopharmakons über Abb. 7.101 a, b. 62-jähriger Patient mit akuter Cholezystitis
den Ductus choledochus in das Duodenum bei aus- bei Cholezystolithiasis. a Transversaler MRT-Schnitt in T2-
geschalteter Gallenblase bis in die Spätphase 4 Stun- Wichtung fat sat mit Darstellung einer Dreischichtung der Gal-
den post injectionem. Wird zusätzlich zu Beginn eine lenblasenwand (Pfeil) bei deutlich gefülltem Organ sowie Zei-
chen der Pericholezystitis (P). b Als Ursache der Cholezystitis
Perfusionsszintigraphie durchgeführt, lässt sich eine zeigt sich in den Nachbarschichten zu a ein verschließendes
signifikante Hyperperfusion im Bereich des Gallen- Infundibulumkonkrement (Pfeil)
blasenbetts in der arteriellen Phase nachweisen.
Auch in der intravenösen Cholangiographie ergibt
sich das Bild der ausgeschalteten Gallenblase bei
Kontrastmittelausscheidung über den Ductus chole- Cholezystostomie eine gute Therapiealternative dar.
dochus in den Dünndarm. Das Verfahren findet heu- Das interventionelle Verfahren wird in der Regel als
te jedoch keine Anwendung mehr in der Routine- vorübergehende Maßnahme bis zum Abklingen der
diagnostik. akuten Entzündungsphase und dem Erreichen einer
Die direkten Verfahren der Gallenwegsdarstellung ausreichende Operabilität angesehen. Der Zugang
wie ERC/PTC spielen heute für die Diagnostik der erfolgt regelhaft transhepatisch und nutzt die Pars
akuten Cholezystitis keine Rolle mehr. Sie werden zu affixa der Leber als Eintrittspforte für den in Seldin-
Therapiezwecken bei im Rahmen der Cholezystitis ger-Technik oder Direktpunktion eingeführten Ka-
auftretender Choledocholithiasis oder Verschluss- theter. Gegen einen transperitonealen Zugang spre-
ikterus eingesetzt. chen die erhöhte Mobilität der Gallenblase in diesem
Bei verminderter Operationsfähigkeit des Patien- Bereich mit erschwerten Punktionsbedingungen und
ten stellt – insbesondere bei der akuten Cholezystitis ein mögliches Gallenleck in die freie Bauchhöhle
ohne Steinleiden und, wie bereits erwähnt, gelegent- bei Fehlpunktion oder späterer Katheterentfernung
lich auch beim Gallenblasenhydrops – die perkutane (Abb. 7.102 a–c).
482 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

a c

Abb. 7.102 a–c. 52-jähriger Patient mit metastasierendem Gabe mit Darstellung eines Gallenblasenhydrops (Pfeil). Über-
Magenkarzinom und Infiltration in Gallenwege und Kolon. lappende Metallstents im Ductus choledochus. b Aufgrund In-
Zustand nach palliativer Stentimplantation im Ductus chole- operabilität Punktion der Gallenblase transhepatisch mit Aspi-
dochus mit Ausschalten der Gallenblase und nachfolgender ration von infizierter Gallenflüssigkeit. c Nach Einlage einer
akuter Cholezystitis ohne Cholezystolithiasis. a Koronare Se- Pigtail-Drainage (perkutane Cholezystostomie) weitgehende
kundärrekonstruktion aus einem MSCT-Datensatz nach KM- Entleerung der Gallenblase

Differenzialdiagnose Zum Ausschluss eines Malignoms oder anderweiti-


Von der akuten Cholezystitis sind der akute Schub ger Ursachen eines Abflusshindernisses aus der Gal-
der chronischen Cholezystitis, die Pankreatitis, der lenblase ist in manchen Fällen eine ergänzende CT-
Leberabszess unterschiedlichster Genese, das Duode- Untersuchung hilfreich. Zur Gallenableitung bei Ver-
nalulkus und die Divertikulitis der rechten Kolon- schlusssymptomatik im Gallenwegssystem kommen
flexur zu unterscheiden. Dies ist häufig mit bild- zusätzlich ERC/PTC zum Einsatz.
gebenden Kriterien allein nicht möglich. Auch ein
Gallenblasenkarzinom, ein cholangioläres Karzinom
des Leberhilus oder des proximalen Ductus choledo- Merke ! Eine akute Cholezystitis kann mit und
ohne Steinleiden auftreten und ist eine
chus sowie vergrößerte Lymphknoten im Leberhilus plötzlich einsetzende Infektion der Gallenblase. Die
können mit den bildmorphologischen Kriterien ei- klinischen Symptome bleiben häufig unspezifisch.
ner akuten Cholezystitis einhergehen. Diagnostisch wegweisend sind die Sonographie, die
MRT mit MRCP oder die hepatobiliäre Funktions-
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie szintigraphie. Andere Ursachen der Abflussbehinde-
Die Untersuchungsverfahren der ersten Wahl bei der rung aus der Gallenblase mit konsekutiver Entzün-
akuten Cholezystitis sind die Sonographie, die MRT dung müssen ausgeschlossen werden. Wichtig sind
mit MRCP und die hepatobiliäre Funktionsszinti- hierbei insbesondere Entzündungen der benachbar-
graphie. Letztere ist mit zunehmender Verfügbarkeit ten Organsysteme (Duodenum, Pankreas, Leber) und
der MRCP in ihrer Bedeutung jedoch rückläufig. Malignome der Gallenblase und der Gallenwege.
7.4 Entzündliche Erkrankungen 483

Emphysematöse Cholezystitis
왔 Die emphysematöse Cholezystitis ist
Definition
eine Komplikation der akuten Chole-
zystitis durch Ischämie in der Gallenblasenwand und
Superinfektion mit gasbildenden Bakterien.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Als Komplikation im Rahmen der akuten Cholezysti-
tis kommt es zu einem Verschluss der kleinen Seiten-
äste der A. cystica mit nachfolgender Ischämie der
Gallenblasenwand. Die Superinfektion mit gasbil-
denden Bakterien, insbesondere Clostridien und
E. coli bedingt eine emphysematöse Cholezystitis. Sie
wird bei Cholezystitiden mit und ohne Steinleiden
beobachtet, tritt bevorzugt bei älteren Patienten, bei
Männern 5-mal so häufig wie bei Frauen, und beson-
ders bei Patienten mit Diabetes mellitus auf. Die Mor-
talität beträgt 15%. Als weiterführende Komplikatio-
nen sind die gangränöse Cholezystitis in bis zu 75%
und die Gallenblasenperforation in bis zu 20% be- Abb. 7.103. 56-jährige Patientin mit akut einsetzenden rechts-
schrieben. seitigen Oberbauchbeschwerden. Abdomenübersichtsaufnah-
me mit Nachweis von Luft in der Gallenblasenwand (Pfeil) so-
wie einem Luftflüssigkeitsspiegel bei emphysematöser Chole-
Klinische Symptomatik zystitis
Die emphysematöse Cholezystitis stellt sich klinisch
als akut einsetzende Verschlechterung des Allge-
meinzustandes des Patienten dar. Dabei reicht die
Symptomatik von deutlich erhöhten Entzündungs- Intravenöse Cholangiographie und nuklearmedizi-
zeichen, Fieber, abdominellen Schmerzen bis zum nische Verfahren haben keine Bedeutung zur weite-
Schockzustand. ren Differenzierung einer Cholezystitis.
Die perkutane Cholezystostomie stellt bei der
Radiologische Symptomatik emphysematösen Cholezystitis wegen der auch nach
Methode der ersten Wahl zum Nachweis einer em- Intervention verbleibenden Perforationsgefahr pri-
physematösen Cholezystitis ist die konventionelle mär keine Indikation dar.
Abdomenübersichtsaufnahme in 2 Ebenen. Dabei zei-
gen sich linienförmige Aufhellungen in der Gallen- Differenzialdiagnose
blasenwand, Luft-Flüssigkeits-Spiegel in der Gallen- Gegen die emphysematöse Cholezystitis sind gasbil-
blase selbst und in seltenen Fällen eine Aerobilie dende Entzündungen der umgebenden Organsyste-
(Abb. 7.103). me wie Appendizitiden, periduodenale Abszesse,
In der Sonographie finden sich bogenförmige Leberabszesse und enterale Fisteln abzugrenzen.
echoreiche Signale in der Gallenblasenwand bei Eine wichtige Differenzialdiagnose ist auch die Gal-
deutlich vergrößertem Organ. Der direkte Luftnach- lenblasenperforation. Maligne Tumoren der Gallen-
weis gelingt auch mit der CT in hochsensitiver Weise. blase und der Gallenwege scheiden in der Regel auf-
Dabei wird häufig zusätzlich Luft in den intrahepati- grund des Luftnachweises in der Gallenblasenwand
schen Gallenwegen durch die aufsteigende Infektion aus.
nachgewiesen. Ein Gasnachweis im Ductus choledo-
chus ist normalerweise nicht zu führen. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
Eine Indikation zur MRT mit MRCP besteht nur Zur Diagnose einer emphysematösen Cholezystitis
bei vorliegendem Verdacht auf eine Choledocholithi- werden primär die konventionellen Abdomenüber-
asis. Die Differenzierung von Gas in der Gallen- sichtsaufnahmen in 2 Ebenen und die CT herangezo-
blasenwand ist mittels MRT problematisch. Auch gen. Mittels Sonographie gelingt der Luftnachweis in
ERC/PTC werden ausschließlich unter therapeuti- der Gallenblasenwand nicht ausreichend sicher. Zum
schen Gesichtspunkten beim Vorliegen von Gallen- Ausschluss intraduktaler Konkremente werden ggf.
gangskonkrementen durchgeführt. eine ergänzende MRT mit MRCP und therapeutisch
die ERC/PTC zusätzlich erforderlich.
484 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Merke ! Die emphysematöse Cholezystitis ist


eine schwere Komplikation der aku-
ten Cholezystitis durch Superinfektion mit gasbil-
denden Bakterien. Wichtige diagnostische Methoden
sind die Abdomenübersichtsaufnahme und die CT
mit direktem Gasnachweis in der Gallenblasenwand.
Wegen der deutlich erhöhten Perforationsgefahr ist
eine rasche Diagnosestellung mit nachfolgender
Cholezystektomie erforderlich. Differenzialdiagnos-
tisch sind gasbildende Abszesse benachbarter Organ-
systeme abzugrenzen.

Gangränöse Cholezystitis
왔 Die gangränöse Cholezystitis ist eine
Definition
Komplikation der akuten Cholezysti-
tis bzw. der emphysematösen Cholezystitis mit Ne-
krose der Gallenblasenwand und Ausbildung von
Mikroabszessen.

Pathologisch-anatomische Abb. 7.104. 56-jährige Patientin mit klinisch akuter Cholezys-


und ätiologische Grundlagen titis. Das B-Bild-Sonogramm demonstriert die unregelmäßige
Wandverdickung der Gallenblase durch Mukosaulzerationen
Das Charakteristikum der gangränösen Cholezystitis (Pfeil). In der histologischen Aufarbeitung des Resektionsprä-
ist die Wandnekrose der Gallenblase sowie die Aus- parates fand sich eine gangränöse Cholezystitis
bildung von Mikroabszessen in den Rokitansky-
Aschoff-Sinusoiden. Sie stellt eine Komplikation der
akuten Cholezystitis dar und kann mit oder ohne Su-
perinfektion durch Clostridien oder andere gasbil-
dende Bakterien vorkommen. Damit ist sie eng mit
der emphysematösen Cholezystitis verbunden und bei guten Untersuchungsbedingungen an der Aufhe-
kommt ebenfalls gehäuft bei Patienten mit Diabetes bung des Mukosareflexkomplexes der Gallenblasen-
mellitus und arterieller Hypertonie vor. In etwa 10% wand erkannt werden. Die Wand zeigt ein irreguläres
der Fälle von gangränöser Cholezystitis kommt es Muster, das durch Ulzerationen in der Mukosa, intra-
zur Gallenblasenperforation. luminale Einblutungen und intraluminal angelager-
tes Nekrosematerial entsteht (Abb. 7.104). Gelegent-
Klinische Symptomatik lich lassen sich auch intraluminale Pseudomembra-
Anhand der klinischen Symptome lassen sich die nen nachweisen.
Komplikationen der akuten Cholezystitis nicht In der CT stellen sich nach Kontrastmittelgabe die
differenzieren. So zeigen auch die Patienten mit gan- erheblichen pericholezystitischen Veränderungen
gränöser Cholezystitis eine plötzlich einsetzende mit deutlichem Enhancement dar. Die Gallenblase ist
Verschlechterung des klinischen Zustands so- groß, mit Flüssigkeit und Sludge unterschiedlicher
wie unspezifische Zeichen wie Fieber, erhöhte Ent- Dichte gefüllt und zeigt eine unregelmäßige Wand-
zündungszeichen und rechtsseitige Oberbauchbe- kontur. Zusätzlich werden die Flüssigkeit im Gallen-
schwerden. blasenbett sowie entzündliche Reaktionen der umge-
benden Organsysteme (Leber/Duodenum/rechte Ko-
CAVE ! Aufgrund der Perforationsgefahr sind
die Patienten akut lebensbedroht.
lonflexur) nachgewiesen. Mit hoher Sensitivität kann
bereits frühzeitig eine Perforation als Komplikation
der gangränösen Cholezystitis in der CT dokumen-
Radiologische Symptomatik tiert werden.
Die gangränöse Cholezystitis lässt sich auf konven- Aufgrund des akuten Krankheitsbildes kommen
tionellen Übersichtsaufnahmen nur beim Übergang MRT mit MRCP, direkte Methoden der Gallenwegs-
von oder zu einer emphysematösen Cholezystitis am darstellung und nuklearmedizinische Verfahren in
Luftgehalt in der Gallenblasenwand erkennen. Eine der Regel nicht zur Anwendung. Ähnlich wie bei
rein gangränöse Form ist nicht zu differenzieren. der emphysematösen Cholezystitis ist die perkutane
Sonographisch kann die gangränöse Cholezystitis Cholezystostomie wegen der Perforationsgefahr der
von der komplikationslosen Gallenblasenenzündung Gallenblase keine geeignete Therapieoption.
7.4 Entzündliche Erkrankungen 485

Differenzialdiagnose Klinische Symptomatik


Abzugrenzen sind andere Formen der akuten Chole- Bei der Gallenblasenperforation kann es initial zu ei-
zystitis, insbesondere die emphysematöse Form und ner deutlichen Besserung des klinischen Beschwer-
die Gallenblasenperforation. Aufgrund der unregel- debildes kommen. Mit Einsetzen der biliären Perito-
mäßigen Wandkonturen sind auch alle Formen des nitis geht die Symptomatik des Patienten allerdings
malignen Befalls mit Gallenblasenhydrops wie Gal- meist in ein erheblich schlechteres Stadium bis zum
lenblasenkarzinome, CCC der Gallenwege oder von Schockzustand über.
außen kommende Tumoreinbrüche auszuschließen.
Auch primär extrabiliäre Entzündungen der um- Radiologische Symptomatik
gebenden Organstrukturen unter Mitbeteiligung Erste Hinweise auf eine Perforation der Gallenblase
der Gallenblase können das Bild einer primären können konventionelle Thorax- oder Abdomenüber-
gangränösen Cholezystitis vortäuschen. sichtsaufnahmen durch den Nachweis freier intra-
abdomineller Luft liefern. Kommt es bei der Perfora-
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie tion zu einem Übertritt von Gallenblasenkonkre-
Sonographie und CT stellen aufgrund der rasch zu menten in die freie Bauchhöhle, werden diese auf den
sichernden Diagnose und der Notwendigkeit des Übersichtsaufnahmen ebenfalls extraluminal doku-
Ausschlusses einer Gallenblasenperforation die Un- mentiert.
tersuchungsverfahren der Wahl dar. Sonographisch stellen sich die pericholezystiti-
schen Veränderungen als Konglomerat um die Gal-
Merke ! Die gangränöse Cholezystitis ist eine
schwerwiegende und lebensbedrohli-
lenblase dar (Abb. 7.105 a). Extraluminale Konkre-
mente werden nur in wenigen Fällen als solche er-
che Komplikation der akuten Gallenblasenentzün- kannt. Ist es zu einem größeren Austritt von Gallen-
dung mit Nekrose der Wand und hohem Perforations- flüssigkeit bzw. zur Peritonitis gekommen, wird freie
risiko. Bei uncharakteristischer klinischer Beschwer- Flüssigkeit um die Leber und im Abdomen nachge-
desymptomatik kommt der bildgebenden Diagnos- wiesen.
tik durch Sonographie und CT die Aufgabe der Mittels CT können auch kleinste Mengen freier in-
raschen Diagnosesicherung zu. Abzugrenzen sind traabdomineller Luft und Flüssigkeit mit hoher Sen-
andere Formen der Cholezystitis, akute Entzündun- sitivität erkannt werden. Dabei kann in der Regel ei-
gen umgebender Organsysteme unter Mitbeteiligung ne genaue Stelle der Perforation sowie das Ausmaß
der Gallenblase ebenso wie maligne Erkrankungen der pericholezystitischen Veränderungen und die
der Gallenblase und der Gallenwege sowie initial ex- Menge des möglichen Gallenaustritts diagnostiziert
trabiliäre Malignome. werden (Abb. 7.105 b, c). Eine Klassifizierung der
Perforation in frei oder gedeckt ist jedoch aufgrund
Gallenblasenperforation der erheblichen pericholezystitischen Veränderun-
gen oft nicht möglich (Abb. 7.106). Kann eine Opera-
왔 Die Gallenblasenperforation ist eine tion erst im Intervall erfolgen, stellt die perkutane
Definition
Komplikation der akuten Cholezysti- Drainage der freien Gallenflüssigkeit eine geeignete
tis mit Eröffnung des Gallenblasenlumens in situ. Therapieoption zur Eindämmung einer biliären Peri-
tonitis dar (Abb. 7.107 a–c).
Pathologisch-anatomische Andere bildgebende Verfahren kommen aufgrund
und ätiologische Grundlagen des akuten Krankheitsbildes nicht regelhaft zum Ein-
In etwa 2–20% aller akuten Cholezystitiden kommt satz.
es zur Gallenblasenperforation. Dabei gehen in der
Regel Komplikationen der Gallenblasenentzündung Differenzialdiagnose
in Form von gangränöser oder emphysematöser Von der Gallenblasenperforation sind die verschiede-
Cholezystitis voraus. nen Formen der akuten Cholezystitis, insbesondere
Die häufigste Perforationsstelle ist der Gallenbla- die emphysematöse Form, der Gallensteinileus, das
senfundus. Durch die Perforation kommt es in etwa Bouveret-Syndrom (Penetration eines Gallenblasen-
30% zu einem Gallenfluss in die freie Peritoneal- steins in den Bulbus duodeni) und Perforationen der
höhle mit nachfolgender Peritonitis, in etwa 50% zu Gallenwege zu unterscheiden. Zudem müssen Per-
einer gedeckten Perforation mit Abdeckelung durch forationen benachbarter Hohlorgane (Duodenum,
das Omentum oder die Pericholezystitis und in etwa Kolon) ausgeschlossen werden. Nur in seltenen Fäl-
20% zur Ausbildung einer inneren Gallenfistel mit len ist die Differenzierung von Malignomen der Gal-
konsekutivem Abszess. lenblase und der Gallenwege bildgebend schwierig.
486 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.105 a–c. 91-jährige Patientin mit akut einsetzendem


rechtsseitigem Oberbauchschmerz. a Im B-Bild-Sonogramm
zeigt sich ein Gallenblasenhydrops bei Sludge mit Sedimentie-
rung (Pfeil). Verdacht auf Perforation des Organs bei reichlich
Flüssigkeit um die Gallenblase mit Verbindung per continuita-
tem zum Lumen (P). b Die transversale CT-Schicht nach KM-
Gabe zeigt die Perforationsstelle im Fundus der Gallenblase di-
rekt (Pfeil). Reichlich freie Flüssigkeit perihepatisch. c In der
zugehörigen sagittalen Sekundärrekonstruktion aus dem
MSCT-Datensatz von b vollständige Darstellung der Gallenbla-
se (GB), der Perforation (P) sowie der perihepatischen chole-
zystitischen Veränderungen

Abb. 7.106. 80-jährige Patientin mit bekannter Cholezystoli-


thiasis und klinischen Zeichen der Cholzystitis. Im transversa-
len CT-Schnitt Verdickung der Gallenblasenwand sowie un-
scharf begrenzte Imbibierung des umgebenden Fettgewebes
(Pfeil). Verdacht auf durch die Pericholezystitis gedeckte Gal-
lenblasenperforation (operativ bestätigt)

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


Besteht der Verdacht auf eine Gallenblasenperfora-
tion, sollte nach der orientierenden konventionellen
Abdomenübersichtsaufnahme in 2 Ebenen eine CT
zur Sicherung der Diagnose und zur Bestimmung des
Ausmaßes durchgeführt werden.

Merke ! Die Gallenblasenperforation ist die


schwerwiegenste Komplikation der
akuten Cholezystitis, die als gedeckte und freie Perfo-
ration auftreten kann. Klinisch ist sie charakterisiert
durch eine zunächst auftretende Besserung der Be-
schwerden bei nach Einsetzen der Peritonitis er-
neuter akuter Verschlechterung. Die Diagnose kann
anhand von konventionellen Abdomenübersichts-
c
bildern und der CT mit hoher Sensitivität gestellt
werden. Abzugrenzen sind andere Formen der Cho-
lezystitis, Perforationen benachbarter Hohlorgane
und in seltenen Fällen Malignome der Gallenblase
und der Gallenwege.
7.4 Entzündliche Erkrankungen 487

Gallenblasenempyem

왔 Das Gallenblasenempyem ist eine


Definition
bakterielle Infektion des Gallenbla-
seninhalts in einem deutlich erweiterten und ver-
mehrt gefüllten Organ.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Ein Gallenblasenempyem entsteht in der Regel auf
dem Boden eines Gallenblasenhydrops. Es ist somit
eine Komplikation einer primär blanden Cholezysto-
lithiasis, einer durch Steinverlagerung komplizierten
Cholezystolithiasis bzw. einer akuten oder chroni-
a
schen Cholezystitis. Die Erreger entstammen in der
Regel dem Gastrointestinaltrakt und sind über-
wiegend E. coli oder Klebsiellen. In der statischen
Gallenflüssigkeit kommt es dabei zu einer raschen
Vermehrung der Bakterien.

Klinische Symptomatik
Die schwerkranken Patienten mit Gallenblasenem-
pyem klagen über starke rechtsseitige Oberbauchbe-
schwerden mit Druckdolenz und Abwehrspannung.
Dabei zeigen sie hohes Fieber und stark erhöhte Ent-
zündungszeichen.

Radiologische Symptomatik
b Sonographisch wird eine deutlich vergrößerte Gal-
lenblase mit vermehrt hyperreflexivem Inhalt doku-
mentiert. Dabei kann häufig ein Schichtungsphäno-
men nachgewiesen werden, da sich nekrotisches
Material, Gallenflüssigkeit und Eiter aufgrund des
unterschiedlichen spezifischen Gewichts trennen.
Die Wand der Gallenblase kann, abhängig von der
Grunderkrankung, verdickt, dreigeschichtet oder
normal sein.
In der CT kommt die vergrößerte Gallenblase
meist mit verdickter und hyperdenser Wand zur Dar-
stellung. Die Dichtemessung des Gallenblaseninhalts
kann zwar in einzelnen Fällen durch die nachweis-
bare Hyperdensität einen differenzialdiagnostischen
Hinweis geben, ist jedoch nicht beweisend für Eiter in
c der Gallenblase. Analog zur Sonographie lassen sich
gelegentlich ein Schichtungsphänomen des Gallen-
Abb. 7.107 a–c. 72-jähriger Patient mit Zustand nach multi- blaseninhalts und Lufteinschlüsse erkennen. Zusätz-
plen Laparotomien bei metastasierendem Kolonkarzinom in
der rechten Flexur. Klinisch Verdacht auf Cholezystitis. a In der
lich zeigen sich entzündliche Injektionen des umge-
transversalen CT-Schicht Dreischichtung der Gallenblasen- benden Fettgewebes und Flüssigkeit im Gallenbla-
wand bei Cholezystitis sowie Luft als Nachweis einer Gallen- senbett (Abb. 7.108).
blasenperforation (Pfeil). b Aufgrund der Inoperabilität perku- Auch mittels MRT wird eine vergrößerte und ver-
tane Drainage der perihepatischen Flüssigkeit mit weitgehen-
der Entleerung. c Zur Kontrolluntersuchung nach 10 Tagen An-
mehrt gefüllte Gallenblase ggf. mit Schichtungs-
spritzen der noch liegenden Drainage. Der KM-Nachweis phänomen beim Empyem nachgewiesen. Die Analy-
ventral und in der Gallenblase dokumentiert die weiterhin be- se der Signalintensitäten des Gallenblaseninhalts ist
stehende Perforation (Pfeile) bei Hyperintensität ebenso wie in der CT lediglich
hinweisend für die Diagnose. Ebenso lassen sich die
pericholezystitischen Veränderungen durch hyper-
488 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Merke ! Das Empyem ist eine Komplikation


des Hydrops mit Infektion des Gallen-
blaseninhalts. Bildgebend hinweisend sind die Ver-
größerung des Organs, eine Verdickung der Wand, ei-
ne mögliche Schichtung des Gallenblaseninhalts und
eine vermehrte Echogenität (Sonographie), Dichte
(CT) und Signalintensität (MRT). Wichtigste Diffe-
renzialdiagnose ist der Gallenblasenhydrops ohne
Infektion. Eine Unterscheidung ist mit der Bildge-
bung allein jedoch oft nicht möglich. Gelegentlich
stellt die perkutane Cholezystostomie eine relevante
Therapieoption dar.

Chronische Cholezystitis
왔 Eine chronisch bestehende oder rezi-
Definition
Abb. 7.108. 90-jährige Patientin mit akut einsetzenden rechts- divierend auftretende Entzündung
seitigen Oberbauchbeschwerden, hohem Fieber und hohen der Gallenblase mit oder ohne Steinleiden wird als
Entzündungszeichen. In der koronaren Sekundärrekonstruk- chronische Cholezystitis bezeichnet.
tion aus einem MSCT-Datensatz Nachweis eines Gallenblasen-
empyems (E) mit Lufteinschlüssen in der Gallenblase sowie
freier Luft (Pfeil) bei Gallenblasenperforation. Perihepatischer Pathologisch-anatomische
Aszites und ätiologische Grundlagen
Rezidivierende Schübe einer akuten Gallenblasen-
entzündung gelten als prädisponierend für die Ent-
intense Veränderungen bzw. vermehrtes Kontrast- wicklung einer chronischen Cholezystitis. In den
mittel-Enhancement des umgebenden Gewebes do- meisten Fällen liegt ein Gallensteinleiden ursächlich
kumentieren. zugrunde. In Operationspräparaten nach Cholezyst-
Die direkten Methoden der Gallenwegsdarstellung ektomie finden sich 7-mal mehr chronische als akute
haben ebenso wie nuklearmedizinische Verfahren Cholezystitiden oder chronische Verläufe mit akutem
keine routinemäßige Bedeutung beim Gallenblasen- Schub. Bei etwa 5% aller Fälle von chronischen Cho-
empyem. In einzelnen Fällen stellt die perkutane lezystitiden handelt es sich um Entzündungen der
Cholezystostomie eine Therapievariante zur Chole- Gallenblase ohne Konkremente. Ursächlich werden
zystektomie dar (s. Abschn.„Akute Cholezystitis“) hierbei neben der infektiösen Genese auch Anoma-
lien des Gallenwegssystems, frühere Gallensteinlei-
Differenzialdiagnose den und systemische Erkrankungen wie Diabetes
Da die Größe der Gallenblase patientenindividuell ei- mellitus und Kollagenosen diskutiert. Dies führt da-
ne weite Bandbreite aufweist, müssen andere Ursa- zu, dass das entzündliche Geschehen bei längerem
chen der Gallenblasendilatation, wie z. B. längere Krankheitsverlauf auf die Gallengänge übergreift
Nüchternperioden, Diabetes mellitus, Obstruktion und neben der chronischen Cholezystitis auch eine
der Gallenwege, Mirizzi-Syndrom und maligne Er- chronische Begleitcholangitis bewirkt. Zur Therapie
krankungen des Gallenwegs- und Pankreasgang- der chronischen Cholezystitis wird die Cholezyst-
systems differenzialdiagnostisch erwogen werden. ektomie angestrebt.
Insbesondere die Unterscheidung eines blanden Gal-
lenblasenhydrops von einem Gallenblasenempyem Klinische Symptomatik
ist mittels bildgebender Verfahren allein häufig nicht Klinisch stellen sich die Patienten bei chronischen
sicher möglich. Cholezystitiden mit rezidivierenden Schüben akuter
Gallenblasenentzündungen, kolikartigen rechtsseiti-
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie gen Oberbauchbeschwerden, Unwohlsein, Erbrechen
Neben der primär durchgeführten Sonographie und Fieber vor. Bei chronischen Cholezystitiden
kommen, vor allem zur Dokumentation des Aus- ohne Gallensteinleiden kommen jedoch auch unspe-
maßes pericholezystitischer Begleitentzündungen, zifische klinische Symptome vor, die nicht in allen
die CT, seltener die MRT zum Einsatz. In Einzelfällen Fällen auf ein pathologisches Geschehen im Bereich
erfolgt die Therapie über eine perkutane Cholezys- der Gallenblase hindeuten.
tostomie.
7.4 Entzündliche Erkrankungen 489

Radiologische Symptomatik als hochspezifisch (90%). Insbesondere bei der chro-


Im Gegensatz zur akuten Cholezystitis ist die Gallen- nischen Cholezystitis ohne Steinleiden steht mit der
blase bei der chronischen Form häufig in ihrem Lu- so genannten Cholezystokininszintigraphie ein Ver-
men geschrumpft, mit Steinen angefüllt oder fibro- fahren zum Nachweis der Gallenblasendysfunktion
tisch verdickt. Sonographisch kann daher der Nach- mit hoher Sensitivität, jedoch niedriger Spezifität zur
weis einer Gallenblase häufig schwer sein und eine Verfügung. Es zeigt mit einer verzögerten oder aufge-
Unterscheidung zwischen blander Steingallenblase hobenen Kontraktilität der Gallenblase eine direkte
und chronischer Cholezystitis mit eingedicktem, Korrelation zur erniedrigten Gallenblasenentleerung
echoreichen Inhalt unmöglich machen. Meist lässt an. Dieses Verfahren hat sich allerdings nicht allge-
sich jedoch die deutliche Wandverdickung nachwei- mein durchgesetzt.
sen. Im Falle eines akuten Schubs sind zusätzlich Die direkten Verfahren der Gallenwegsdarstellung
Flüssigkeit im Gallenblasenbett und die Zeichen der wie intravenöse Cholangiographie und ERC/PTC wer-
Pericholezystitis zu erkennen. den nur in Ausnahmefällen (z. B. begleitende Cholan-
In der CT erkennt man die meist kleine Gallenbla- gitis) bei der chronischen Cholezystitis eingesetzt.
se mit verdickter Wand und vermehrtem Kontrast-
mittel-Enhancement der Wand. Zusätzlich werden Differenzialdiagnose
die pericholezystitischen Veränderungen dargestellt Vom akuten Schub der chronischen Cholezystitis ist
(Abb. 7.109). insbesondere die akute Gallenblasenentzündung zu
Auch in der MRT zeigt sich die Gallenblase klein, unterscheiden. Weitere Differenzialdiagnosen sind
mit verdickter Wand, hypointens in T1- und hyperin- die akute Pankreatitis, akute Cholangitiden, die
tens in T2-Wichtung sowie mit deutlichem Enhance- rechtsseitige Kolondivertikulitis und die Ulkus-
ment der Wand nach Kontrastmittelgabe. Gelegent- krankheit.
lich lässt sich nur ein kontrastmittelaufnehmender
Ring („rim sign“) als Korrelat der Schrumpfgallen- Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
blase nachweisen. Die begleitende Umgebungsent- Günstigerweise wird die chronische Cholezystitis
zündung sowie die Flüssigkeit im Gallenblasenbett primär sonographisch, zur Dokumentation des Aus-
kommen hyperintens in T2-Wichtung und mit deut- maßes pericholezystitischer Veränderungen zusätz-
lichem Enhancement nach Kontrastmittelgabe in lich mit der CT diagnostiziert. Die MRT kommt nur
T1-Wichtung zur Darstellung. bei einer begleitenden Gallenwegsproblematik zum
In der hepatobiliären Funktionsszintigraphie Einsatz. Über die erhaltene Funktion des Organs gibt
kommt es bei der chronischen Cholezystitis, im Ge- die hepatobiliäre Funktionsszintigraphie Aufschluss,
gensatz zur akuten Form der Gallenblasenentzün- die allerdings nicht routinemäßig angewendet wird.
dung, in der Regel zu einer unauffälligen Darstellung
der Gallenblase mit verzögerter Ausscheidung des
Radiopharmakons aus dem Organ. Der Nachweis von Merke ! Die chronische Cholezystitis ist eine
rezidivierende Gallenblasenentzün-
Radioaktivität im Duodenum vor der Gallenblase gilt dung mit und ohne Steinleiden. Häufig sind die klini-
schen Beschwerden unspezifisch. Das Organ ist klein,
deutlich wandverdickt und häufig bildgebend nur
schlecht abgrenzbar. Primär kommen Sonographie
und CT zum Einsatz, bei einer Beteiligung der Gal-
lenwege auch die MRT mit MRCP. Eine Funktions-
beurteilung ist mittels hepatobiliärer Funktionsszin-
tigraphie möglich. Therapeutisch steht die Chole-
zystektomie im Vordergrund.

Porzellangallenblase
왔 Als Porzellangallenblase wird eine
Definition
teilweise oder vollständige Kalzifizie-
rung der Gallenblasenwand bezeichnet. Der Begriff
leitet sich von der makropathologischen Beschrei-
Abb. 7.109. 68-jähriger Patient mit rezidivierenden Cholezys-
titiden bei Cholelithiasis. In der CT Nachweis einer kleinen, ge-
bung des bläulich-weißen, porzellanähnlichen Er-
ringlumigen Gallenblase mit verdickter Wand (Pfeil). Diese scheinungsbildes des Resektionspräparates ab.
zeigt ein deutlich vermehrtes KM-Enhancement
490 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Histologisch werden 2 Verkalkungsformen unter-
schieden:
∑ zum einen die Ansammlung plaqueartiger Verkal-
kungen in der Muskularis,
∑ zum anderen punktförmige Verkalkungen in der
Mukosa der Gallenblasenwand.
Ursächlich werden für die Porzellangallenblase chro-
nische Cholezystitiden, Störungen der Kalksalzre-
sorption und temporäre Verschlüsse des Ductus
cysticus angesehen. Der Befund wird in etwa 1%
aller Cholezystektomien mit einer deutlichen Be-
vorzugung des weiblichen Geschlechts beobachtet.
Über ein erhöhtes Risiko zur Ausbildung eines Gal-
lenblasenkarzinoms bei Vorliegen einer Porzellan-
gallenblase wird seit langem diskutiert. Während
frühere retrospektive Arbeiten mit Daten aus den
Jahren 1950–1960 das Risiko auf 20–60% bezifferten,
sprechen neuere Arbeiten von höchstens 0,5%. Dabei
soll das Karzinomrisiko von der Form der Ver-
kalkung abhängen. Bei intramuraler Verkalkung
besteht kein Risiko der malignen Entartung, bei Ver- Abb. 7.110. 82-jähriger Patient mit Papillensklerose. Zufalls-
kalkungen der Mukosa dagegen ist das Karzinom- befund einer Porzellangallenblase (Pfeil)
risiko signifikant erhöht. Als Ursache der erhöhten
Karzinomhäufigkeit wird die Ausbildung eines Kar-
zinogens in der statischen Gallenflüssigkeit angese-
hen. Andererseits zeigen nur wenige der operierten blasensteinen kommen und die eine Differenzierung
Gallenblasenkarzinome auch die Zeichen der Porzel- zur Wandverkalkung erlauben.
langallenblase. In der CT weisen die feine Verdickung und die Kal-
zifizierung der Gallenblasenwand auf die Diagnose
Klinische Symptomatik hin. Diese können nativ und nach Kontrastmittel-
Spezielle klinische Symptome werden bei der Porzel- gabe nachgewiesen werden. Eine Differenzierung
langallenblase nicht beobachtet. Eine Cholezystekto- der plaquefömigen und der punktförmigen Verkal-
mie ist bei klinisch manifester chronischer Cholezys- kungsart ist möglich.
titis und wegen des erhöhten Karzinomrisikos ange- Durch die Kalkeinlagerungen kommt es in der
zeigt. MRT sowohl in T1- als auch in T2-Wichtung zu zar-
ten, linienförmigen Auslöschungen in der Gallen-
Radiologische Symptomatik blasenwand, die als Hinweis auf eine Porzellangallen-
Die Diagnose einer Porzellangallenblase geschieht blase dienen können. Die Sensitivität ist gegenüber
aufgrund der fehlenden klinischen Symptomatik in der CT jedoch deutlich niedriger.
der Regel zufällig im Rahmen der Abklärung einer Werden eine intravenöse Cholangiographie oder
Gallenblasenerkrankung. Auf der konventionellen eine hepatobiliäre Funktionsszintigraphie durchge-
Abdomenübersichtsaufnahme kann der Befund an- führt, findet sich in der Regel eine funktionslose Gal-
hand der schalen- oder punktförmigen Verkalkun- lenblase. Bei der ERCP kommt es meist zu keinem
gen sicher erhoben werden. In selten Fällen gelingt Kontrastmittelübertritt in die Gallenblase. In den
dies auch auf konventionellen Thoraxaufnahmen. Röntgenverfahren lassen sich zusätzlich die Verkal-
Im Sonogramm zeigt sich die verkalkte Wand an- kungen direkt nachweisen (Abb. 7.110).
hand der typischen Schallauslöschung. Allerdings
kann auch durch steingefüllte oder stark kontrahier- Differenzialdiagnose
te Gallenblasen das Bild einer Porzellangallenblase Von der Porzellangallenblase abzugrenzen sind gro-
vorgetäuscht werden. Eine Unterscheidung ist durch ße Gallenblasensteine, das Gallenblasenkarzinom
das „wall-echo-sign“ möglich. Dabei erkennt man und ggf. abgeschwemmte Embolisate in der Gallen-
linienförmige Echogenitätserhöhungen, die von un- blasenwand nach Chemoembolisation eines malig-
mittelbar der Gallenblasenwand anliegenden Gallen- nen Lebertumors.
7.4 Entzündliche Erkrankungen 491

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


Da die Diagnose primär zufällig gestellt und in allen
bildgebenden Verfahren sicher erkannt wird, be-
steht kein spezielles Untersuchungsprotokoll. Wird
der Primärverdacht in konventionellen Aufnahmen
oder der Sonographie geäußert, sollte – wegen des
erhöhten Karzinomrisikos – eine weitere Abklärung
mittels CT erfolgen.

Merke ! Die Porzellangallenblase zeigt plaque-


oder punktförmige Verkalkungen der
Gallenblasenwand und wird zufällig diagnostiziert.
Ein erhöhtes Risiko zur Ausbildung eines Gallenbla-
senkarzinoms gilt als sicher, die Höhe des Risikos ist
jedoch umstritten. Bei in der Regel fehlender klini-
scher Symptomatik zeigen konventionelle Abdomen-
übersichtsaufnahmen, Sonographie und CT, ggf. auch
die MRT, den Befund an. Ein Gallenblasenkarzinom
sollte ausgeschlossen werden. Therapeutisch wird die
Cholezystektomie empfohlen.

Kalkmilchgalle
왔 Mit Kalkmilchgalle wird eine Ausfäl- Abb. 7.111. 69-jährige Patientin in reduziertem Allgemeinzu-
Definition stand und unter Behandlung auf Intensivstation. In der i. v.-
lung von kalziumhaltigen Präzipita-
Cholangiographie Darstellung von Kalkpräzipitaten am Bo-
ten in der Gallenflüssigkeit beschrieben. Sie wird aus- den der Gallenblase im Sinne von Kalkmilchgalle. Sedimentie-
schließlich in der Gallenblase nachgewiesen. rung gegenüber der kontrastierten Gallenflüssigkeit (Pfeil)

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Die Ausfällungen in der Gallenflüssigkeit enthalten
Kalziumkarbonat, Kalziumphosphat und/oder Kalzi-
umbilirubinat und liegen als Suspension vor. Abhän- beobachtet. Gleiches kann auch bei ERC/PTC und
gig vom Gehalt an kalziumhaltigen Präzipitaten der intravenösen Cholangiographie erkannt werden
reicht die Viskosität der Gallenflüssigkeit von milch- (Abb. 7.111). Funktionell ist die Gallenblase wegen
artig bis pastös. Die Gallenblasenwand kann verdickt des Zystikusverschlusses in der Regel stumm mit
sein, ist jedoch zumeist bildgebend unauffällig. Als fehlender Darstellung in den direkten Verfahren der
Ursache gilt ein Verschluss des Ductus cysticus mit Gallenwegsdarstellung und der hepatobiliären Funk-
Stase der Gallenflüssigkeit in der Gallenblase. Zur tionsszintigraphie.
Entstehung der Kalkmilchgalle kommt es auf dem Sonographisch zeigt sich die Gallenblase mit nor-
Boden einer infektiösen Cholezystitis. Die Inzidenz maler oder gering verdickter Wand, gemischter
beträgt 0,27% im Krankengut der Cholezystekto- Echogenität des Gallenblaseninhalts, deutlichen dor-
mien. salen Schallauslöschungen und dem Nachweis von
Sludge, ggf. auch Konkrementen. In der CT wird,
Klinische Symptomatik neben der möglichen Verdickung der Gallenblasen-
Die klinische Symptomatik richtet sich nach der wand, die ausgefällte kalziumhaltige Suspension
Akuität der zugrunde liegenden Cholezystitis. direkt als stark hyperdense Formation in der Gallen-
Beobachtet werden rechtsseitige Oberbauchschmer- blase nachgewiesen. Zusätzlich kann, insbesondere
zen, häufig jedoch auch unspezifische Beschwerden in der sagittalen Sekundärrekonstruktion, eine
oder klinisch stumme Verläufe. Schichtung der Flüssigkeit in der Gallenblase erkenn-
bar sein.
Radiologische Symptomatik In der MRT stellen sich die kalziumhaltigen Aus-
Auf konventionellen Abdomenübersichtsaufnahmen fällungen in T1- und T2-Wichtung hypointens dar.
lassen sich die kalziumhaltigen Ausfällungen in der Eine Verdickung der Gallenblasenwand und eine
Gallenblase zuverlässig nachweisen. Zusätzlich wird Schichtung des Gallenblaseninhalts werden gelegent-
eine Schichtung der Flüssigkeiten in der Gallenblase lich beobachtet.
492 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

direkte Verbindung vom Gallenwegssystem zum Gas-


trointestinaltrakt (biliär-enterale Fistel).

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Der Gallensteinileus macht 0,5–5% der intestinalen
Verschlüsse aus. Die Erkrankung ist eine seltene
Komplikation inkrustierter Gallenblasenkonkre-
mente und der chronischen Cholezystitis (<1%). Bei
90% der betroffenen Patienten ist bereits im Vorfeld
eine Cholelithiasis bekannt. Das Risiko für einen Gal-
lensteinileus steigt mit zunehmendem Alter deutlich
an.
Häufigster Eintrittspunkt des aus der Gallenblase
Abb. 7.112. 76-jährige Patientin mit ektoper KM-Ausschei- in den Gastrointestinaltrakt durchwandernden Kon-
dung über die Gallenblase nach vorausgegangener CT-Unter-
suchung (Kranium) am Vortag. In der koronaren Sekundär- krements ist in etwa 50–80% das Duodenum. Aber
rekonstruktion aus einem MSCT-Datensatz annähernd homo- auch Kolon, Magen und Dünndarm können als Wie-
gene Kontrastierung der Gallenflüssigkeit in der Gallenblase dereintrittspforte dienen. Lediglich Konkremente
(Pfeil) von mindestens 20 mm führen jedoch zu einer Ob-
struktion des Gastrointestinaltrakts, insbesondere an
den physiologischen Engen der einzelnen Abschnit-
Differenzialdiagnose te. Hierzu zählen die Pars transversa duodeni, die
Von der Kalkmilchgalle müssen vor allem ektope Flexura duodenojejunalis, die Ileozökalklappe sowie
Kontrastmittelausscheidungen, die sich in der Regel der deszendosigmoidale und der sigmorektale Über-
ohne Spiegelbildungen darstellen, unterschieden gang. Eine Penetration in den Bulbus duodeni wird
werden (Abb. 7.112). Weiterhin sind Sludge in der als Bouveret-Syndrom bezeichnet. Zum Darmver-
Gallenblase, Einblutungen sowie das Gallenblasen- schluss kann es auch durch einen großen Gallenstein
karzinom abzugrenzen. (>2,5 cm) nach einem Spontanabgang mit Perfora-
tion aus dem Ductus choledochus über die Papille ins
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Duodenum oder nach Papillotomie bzw. Steinextrak-
Die Diagnose von Kalkmilchgalle wird zufällig ge- tion kommen. Die häufigste Obstruktionsstelle ist
stellt. Geeignet zum Nachweis sind konventionelle dann das terminale Ileum.
Abdomenübersichtsaufnahmen in 2 Ebenen, die Über die im Rahmen der Durchwanderung entste-
Nativaufnahmen von ERC/PTC und intravenöser hende biliär-enterale Fistel kommt es zu einer konse-
Cholangiographie, die Sonographie und die CT. Auch kutiven aszendierenden akuten Cholangitis durch
mittels MRT kann die Diagnose gestellt werden, falls Besiedelung des ableitenden Gallenwegssytems mit
das Verfahren aus anderen Gründen zum Einsatz Darmkeimen. Seltenere Gründe für eine biliär-ente-
kommt. rale Fistel sind nach dorsal in den Ductus choledo-
chus perforierte Duodenalulzera oder in den Gastro-
Merke ! Als Kalkmilchgalle werden kalzium-
haltige Ausfällungen in der Gallen-
intestinaltrakt einbrechende Tumoren von Gallen-
blase und Gallenwegen mit nachfolgender Cholangi-
flüssigkeit durch Zystikusverschluss auf dem Boden tis.
einer infektiösen Cholezystitis bezeichnet. Die Dia-
gnose wird zufällig gestellt und kann mit allen bild- Klinische Symptomatik
gebenden Verfahren erfolgen. Abzugrenzen sind die Neben den Symptomen des Darmverschlusses wie
ektope Kontrastmittelausscheidung, Gallenblasen- Übelkeit, Erbrechen, Fieber und aufgetriebenes Ab-
sludge und das Gallenblasenkarzinom. domen werden rezidivierende kolikartige abdomi-
nelle Beschwerden beobachtet. Im Falle des Bouveret-
Gallensteinileus/biliär-enterale Fisteln Syndroms steht die Magenausgangsstenose im Vor-
dergrund. Nach dem Durchbruch des Konkrements
왔 Als Gallensteinileus wird eine mecha- tritt nach heftigsten Oberbauchbeschwerden eine
Definition
nische Obstruktion des Gastrointesti- kurzzeitige Phase der Schmerzlinderung ein, gefolgt
naltrakts nach Durchwanderung und Durchbruch von klinischen Zeichen der Peritonitis und des
eines großen Gallenkonkrements in den Darm be- Darmverschlusses sowie der aufsteigenden Cholan-
zeichnet. Mit der Durchwanderung entsteht eine gitis.
7.4 Entzündliche Erkrankungen 493

Abb. 7.113 a–c. 50-jährige Patientin mit akuten, ileustypi-


schen Beschwerden, 5 Tage nach Cholezystektomie wegen Gal-
lenblasen- und Duodenalperforation. a Der Planungsscan der
CT zeigt erheblich dilatierte Dünndarmschlingen des Jeju-
nums sowie einen Kalibersprung im rechten Unterbauch
(Pfeil). Luftnachweis im ehemaligen Gallenblasenbett (Pfeil-
spitze). b Im zugehörigen transversalen CT-Schnittbild Dar-
stellung einer Flüssigkeitsretention im ehemaligen Gallenbla-
senbett mit Luftspiegel (Pfeil). c Auf den koronaren Sekundär-
rekonstruktionen des MSCT-Datensatzes wiederum Nachweis
des Kalibersprungs der Weite der Jejunalschlingen im rechten
Unterbauch sowie Dokumentation eines randständig verkalk-
ten Gallenkonkrements (Pfeil) als Ursache des Ileus (operativ
bestätigt)

Wichtigster klinischer Hinweis zur Ätiologie des


Ileus ist ein bekanntes Gallensteinleiden. Da der
Darmverschluss durch ein perforierendes Geschehen
bedingt ist, geht der Gallensteinileus, auch nach ope-
rativer Revision, mit einer hohen Mortalität einher.

Radiologische Symptomatik
Auf konventionellen Abdomenübersichtsaufnahmen
ist die Rigler-Trias (Dünndarmileus, Aerobilie,
ektoper Gallensteinnachweis) hinweisend auf einen
Gallensteinileus und kann in etwa 10% für eine Dia-
gnosestellung verwendet werden. Auch eine Verlage-
b
rung von bereits früher diagnostizierten Gallenstei-
nen ermöglicht, in Zusammenhang mit der Ileus-
symptomatik, die Diagnose.
Mittels CT kann der Gallenstein als Ursache eines
mechanischen Darmverschlusses direkt dargestellt
werden. Zusätzlich werden die Aerobilie und Beglei-
treaktionen der Perforation wie perihepatischer
Aszites und freie intraabdominelle Luft nachgewie-
sen (Abb. 7.113 a–c).
Beim Bouveret-Syndrom lassen sich sowohl in den
Abdomenübersichtsaufnahmen als auch in der CT ein
Verschluss im Sinne einer Ausgangsstenose mit ver-
mehrtem Flüssigkeitsgehalt des Magens, einer Aero-
bilie, fehlendem Dünndarmileus und ein Gallenkon-
krement im Bulbus duodeni nachweisen. Besteht die
Fistel zwischen oberem Gastrointestinaltrakt und
Gallenwegssystem nach der Perforation fort, lässt
sich diese gelegentlich auch nach oraler Kontrastmit-
telgabe direkt darstellen (Abb. 7.114).
Andere bildgebende Verfahren wie Sonographie
und MRT kommen lediglich in Ausnahmefällen zur c
Anwendung.
494 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

7.4.2.3
Entzündliche Erkrankungen der Gallenwege
Bei den entzündlichen Erkrankungen der Gallenwe-
ge werden eine akute Form und chronische Formen
unterschieden. Die akute Entzündung der Gallen-
wege ist die akut-obstruktive oder aszendierende
Cholangitis. Zu den chronischen Formen zählen
neben der rezidivierenden pyogenen Cholangitis
(RPC), der parasitäre Befall der Gallenwege, die Aids-
assoziierte und Chemotherapie-induzierte Cholangi-
tis, die PSC, die sekundär sklerosierende Cholangitis
(SSC) und die PBC. Zusätzlich kommen umschriebe-
ne entzündliche Veränderungen der Papille vor.

Akut-obstruierende Cholangitis/aszendierende
Cholangitis
왔 Die akute Cholangitis ist Folge eines
Definition
plötzlichen Verschlusses der ableiten-
den Gallenwege mit aszendierender Infektion der
Abb. 7.114. 71-jährige Patientin nach Gallensteinperforation. Wand der Gallengänge aufgrund der Stase der Gal-
Nach oraler Gabe von jodhaltigem wasserlöslichen Kontrast-
mittel sofortiger Übertritt (Pfeil) am Bulbus duodeni in den lenflüssigkeit. Die Höhe der akuten Obstruktion
Ductus hepaticus communis als Nachweis des Fortbestehens kann dabei intra- und extrahepatisch sein.
der biliär-enteralen Fistel
Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Intrahepatische Obstruktionen der ableitenden Gal-
Differenzialdiagnose lenwege mit akut einsetzender Cholangitis entstehen
Wichtigste Differenzialdiagnosen mit, vor allem in durch intrahepatische Gallensteine bzw. intrahepati-
der CT, vergleichbarer Morphologie sind die Pseu- sche Gallensedimente im Rahmen der Cholelithiasis.
doobstruktion, die Mesenterialischämie, Tumoren Auch das Endstadium primärer biliärer Tumoren
des Dünn- und Dickdarms und „verlorene“ intraab- (CCC) sowie primärer und sekundärer Tumoren der
dominelle Gallensteine nach laparoskopischer Cho- Leber mit Kompression des biliären Systems von
lezystektomie. außen stellen einen akuten Verschluss der intrahepa-
tischen Gallenwege dar.
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Der akuten extrahepatischen Gallenwegsobstruk-
Bei Patienten mit Ileussymptomatik sollten primär tion liegt in der Regel ein okkludierendes Konkre-
konventionelle Abdomenübersichtsaufnahmen in ment in unterschiedlichen Höhen des Ductus hepati-
2 Ebenen erfolgen. Zur exakteren Lokalisation des cus communis bzw. Ductus choledochus zugrunde.
Verschlusses und zur Sicherung der Diagnose eines Ursächlich sind dabei primär Gallenblasenkonkre-
Gallensteinileus ist die CT in der Regel zu ergänzen. mente und ihre Komplikationen (Mirizzi-Syndrom,
Gallensteinileus, biliär-enterale Fisteln).Auch die Im-
Merke ! Der Gallensteinileus entsteht durch
Dislokation und Einklemmung eines
paktation eines Gallenkonkrements oder -konkre-
mentkonglomerats im Ductus choledochus führt zur
Gallenkonkrements im Dünndarm oder Duodenum akut einsetzenden Cholangitis. Gleiches gilt für pri-
(Bouveret-Syndrom) als Komplikation der chroni- märe und sekundäre Tumoren des extrahepatischen
schen Cholezystitis. Die Diagnose wird durch kon- Gallenwegssystems (Papillome, CCC). Brechen extra-
ventionelle Abdomenübersichtsaufnahmen und CT biliäre Tumoren der umgebenden Organstrukturen
gestellt. Hinweisend für die Diagnose sind eine Dila- (z. B. Pankreas, Magen, Duodenum, Kolon, Leber) in
tation des betroffenen Darmabschnitts, eine Aero- das extrahepatische Gallenwegssytem ein oder kom-
bilie und der Nachweis eines ektopen Gallenkonkre- primieren es, entsteht ebenfalls eine akute Cholangi-
ments. Aufgrund des Entstehungsmechanismus ist tis.
die Mortalität, auch bei rascher Diagnosestellung, Die akute Cholangitis tritt mit ausgeglichener
hoch. Wichtigste Differenzialdiagnosen sind andere Geschlechtsverteilung im Alter von 20–55 Jahren auf.
Ursachen der Darmobstruktion wie Mesenteriali- Sie kann pyogen und nichtpyogen vorkommen. Als
schämie, Pseudoobstruktion oder Darmtumoren. Infektionsursache gelten gramnegative Enterobakte-
7.4 Entzündliche Erkrankungen 495

rien wie E. coli, Klebsiellen und Pseudomonas. Die


Prognose ist bei fehlender Entlastung des Gallen-
wegssystems infaust. Auch mit entlastender Therapie
beträgt die Mortalität 40–60%.

Klinische Symptomatik
Kommt es zur akuten Cholangitis, finden sich häufig
die Symptome der Charcot-Trias mit rechtsseitigem
Oberbauchschmerz, Fieber und Ikterus. Besonders
charakteristisch ist das plötzliche Einsetzen heftig-
ster Entzündungszeichen mit Fieber und Leukozyto-
se. Liegen dem akuten Verschluss maligne Ursachen
zugrunde, überwiegen ggf. deren klinische Sympto-
me, wie etwa bei der Pankreatitis, dem Pankreaskar-
zinom oder nach intrabiliär einbrechenden Leber-
metastasen.
Als Komplikation gelten die Septikämie, die Aus-
bildung von Leberabszessen und die Entwicklung
einer SSC.
Therapeutisch steht die Entlastung des obstruier- Abb. 7.115. 68-jähriger Patient mit bekannter Cholelithiasis
ten Gallenwegssystems im Vordergrund. Diese kann und klinischen Zeichen der Cholangitis. In der MRCP Nach-
operativ, endoskopisch oder perkutan erfolgen. Ist weis zahlreicher intra- und extraheptischer Gangkonkremen-
te (Pfeile) sowie unscharfer Wandbegrenzung bei Cholangitis
ein kurativer Ansatz möglich, sollte mit der Drainage
gleichzeitig die Ursache der Obstruktion beseitigt
werden. Kann lediglich ein palliatives Therapiekon-
zept verfolgt werden, wird zunächst eine Entlastung ist insbesondere periportal nachweisbar. Im Falle
der akuten Entzündungssituation durch Drainage einer pyogenen Cholangitis stellt sich die eitrige Gal-
angestrebt. Anschließend kann ggf. eine langfristige lenflüssigkeit leicht hyperdens im dilatierten Gallen-
Drainage bzw. Stenteinlage erfolgen. wegssystem dar. Zudem werden die Ursachen der
Gallenwegsentzündung erfasst: eine mögliche Per-
Radiologische Symptomatik foration, die Lokalisation des inkrustierten Kon-
Häufig treten die radiologisch fassbaren Kriterien krements wie beim Mirizzi-Syndrom, der Ort des
der akuten Cholangitis deutlich später auf als die kli- Darmverschlusses beim Gallensteinileus, mögliche
nische Symptomatik. Durch die bildgebende Dia- biliär-enterale Fisteln sowie extrabiliäre Ursachen
gnostik soll neben dem Nachweis der Abflussproble- bei Kompression des ableitenden Gallenwegssystems
matik auch deren Ursache geklärt werden. durch Tumoren der umgebenden Organe. Vorteilhaft
Konventionelle Abdomenübersichtsaufnahmen in sind hier wiederum Sekundärrekonstruktionen aus
2 Ebenen erlauben im Falle gasbildender Erreger ei- MSCT-Datensätzen.
ner Cholangitis den Nachweis einer Aerobilie. Auch Die MRT mit MRCP stellt die Dilatation und die
ein Gallensteinileus als Ursache einer akuten Cholan- Kalibersprünge bei der Cholangitis direkt dar. Zu-
gitis kann so primär diagnostiziert werden: Das per- dem werden die Ursachen des Verschlusses wie Gal-
forierte verkalkte Konkrement stellt sich im Verlauf lenwegskonkremente oder der Einbruch extrabiliärer
des Gastrointestinaltrakts dar, die vorgeschalteten Tumoren diagnostiziert (Abb. 7.115). Eine Unter-
Darmschlingen sind dilatiert. scheidung von aufgestautem Gallenwegssystem ohne
Sonographisch lassen sich die Dilatation des ablei- Entzündung und Cholangitis ist allein mit der MRT
tenden Gallenwegssystems regelhaft und die Höhe jedoch nicht möglich. Einen Hinweis geben Bilder in
der akuten Obstruktion zumeist nachweisen. Im Fal- T1-Wichtung nach Kontrastmittelgabe mit vermehr-
le des Verschlusses durch ein Gallenkonkrement wird tem periportalen Enhancement analog der Demar-
dieses mit hoher Sensitivität im Ultraschall nachge- kierung in der CT.
wiesen. Auch die Auftreibung der Gallenblase und Da bei der Cholangitis häufig neben der Diagnose
das inkrustierte Konkrement beim Mirizzi-Syndrom sofortige therapeutische Maßnahmen im Vorder-
sind sonographisch häufig erfassbar. grund stehen, kommt den direkten Verfahren ERC/
In der CT zeigt sich in der arteriellen Kontrastmit- PTC eine hohe Bedeutung zu. Diese geben allerdings
telperfusionsphase ein vermehrtes Enhancement um nicht in allen Fällen klärenden Aufschluss über die
die betroffenen Gallengänge als Ausdruck der loka- Ursache der Cholangitis. Sie erlauben jedoch, neben
len Hyperämie bei der muralen Entzündung. Diese der Darstellung des Ausmaßes, eine sofortige interne
496 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

oder externe Ableitung der infizierten Gallenflüssig- Synonyme: asiatische oder orientalische Cholangio-
keit, ggf. mit Stentimplantation. hepatitis, Hong-Kong-Krankheit und primäre Chol-
Aufgrund des akuten Krankheitsbildes kommen angitis.
die intravenöse Cholangiographie und nuklearmedi-
zinische Verfahren bei der akuten Cholangitis nicht Pathologisch-anatomische
zum Einsatz. und ätiologische Grundlagen
Die RPC spielt in weiten Teilen Chinas, Japans und
Differenzialdiagnose Südostasiens eine wesentliche Rolle bei der Häufig-
Von der akuten Cholangitis sind der akute Schub keit chronisch entzündlicher Gallenwegserkrankun-
einer chronischen Gallenwegsentzündung sowie die gen, insbesondere in Bevölkerungschichten mit un-
chronischen Cholangitisformen zu unterscheiden. zureichender Ernährungssituation. Sie wird auch bei
Zudem müssen nichtentzündliche Verschlusssitua- Emigranten aus den genannten Ländern in Europa
tionen durch intra- oder extrabiliäre Tumoren be- und Nordamerika beobachtet. Die Geschlechtsvertei-
rücksichtigt werden. lung ist ausgewogen, das Alter der Erkrankten liegt
zwischen 20 und 50 Jahren.
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Auch wenn die Ätiologie bisher nicht geklärt wer-
Neben konventionellen Abdomenübersichtsaufnah- den konnte, scheinen der überdurchschnittlich häu-
men ist die Sonographie die Untersuchungsmethode fig zu verzeichnende, koinzidentelle Befall mit Clo-
der ersten Wahl beim Verdacht auf eine akute Chol- norchis sinensis, Fasciola hepatica und Ascaris lum-
angitis. Ergibt sich hieraus die Notwendigkeit einer bricoides von erheblicher Bedeutung für die Entste-
sofortigen Intervention zur Gallenwegsdrainage, hung der Erkrankung zu sein. Pathognomonisches
wird eine ERC/PTC durchgeführt. Gegebenenfalls Charakteristikum sind Pigmentsteine, Sludge und
kann jedoch, insbesondere wenn sich sonographisch die Besiedelung der Gallenwege mit koliformen Bak-
der Verdacht auf einen durch einen malignen Tumor terien sowie in der Folge Leberabszesse in den betrof-
ausgelösten Verschluss ergibt, eine vorgeschaltete CT fenen Lebersegmenten.
Hinweise auf das Ausmaß der ursächlichen Erkran- Besonders häufig sind die lateralen Segmente des
kung liefern. Unter Umständen ist dann einem pri- linken Leberlappens befallen, weniger häufig alle
mär operativen Vorgehen mit Resektion der Vorzug Segmente des intra- und extrahepatischen Gallen-
gegenüber einer interventionellen Drainage zu geben wegssystems. Zusätzlich wird eine Atrophie der be-
bzw. kann ein palliatives Konzept verfolgt werden. troffenen Lebersegmente durch verminderten porta-
Liegt kein hochakutes Stadium vor, werden nach len Blutzustrom beobachtet. Durch die Destruktion
Sonographie und MRT mit MRCP sowohl ein mögli- der Gallenwege bei fortbestehender Entzündung ent-
ches operatives als auch ein interventionelles Vorge- stehen eine chronische Cholangiopathie mit nachfol-
hen geplant. gendem Leberausfall. Die Inzidenz für die Ausbil-
dung eines CCC beträgt 3–6%.
Merke ! Die akute Cholangitis ist eine schlag-
artig einsetzende entzündliche Er- Klinische Symptomatik
krankung der Gallenwege durch Obstruktion des Die klinische Symptomatik der RPC ist von rezidi-
ableitenden Gallenwegssystems mit zahlreichen be- vierenden Fieberschüben mit rechtsseitigem Ober-
nignen und malignen Ursachen. Durch die Bild- bauchschmerz, Schüttelfrost und Ikterus gekenn-
gebung wird, zusätzlich zum Ausmaß der Obstruk- zeichnet. Laborchemisch werden eine Leukozytose
tion, auch deren Ursache diagnostiziert. Neben kon- sowie erhöhte Bilirubin- und Alkalische-Phosphata-
ventionellen Abdomenübersichtsaufnahmen und der se-Werte registriert. Therapeutisch steht neben der
Sonographie kommen CT und ERC/PTC, im nicht langfristigen Antibiose die Entfernung der Konkre-
hochakuten Fall auch die MRT mit MRCP zum Ein- mente (operativ, endoskopisch, perkutan) im Vorder-
satz. Zu unterscheiden sind neben der akuten Chol- grund. Aufgrund der hohen Rezidivrate muss die
angitis vor allem die Formen der chronischen Chol- Konkrementextraktion auch wiederholt durchge-
angitis und die akute Exazerbation einer chronischen führt werden.
Cholangitis.
Radiologische Symptomatik
Rezidivierende pyogene Cholangitis (RPC) Sonographisch zeigt sich das Bild deutlich erweiterter
intrahepatischer Gallenwege zusammen mit periphe-
왔 Die RPC ist eine chronisch rezidivie- ren Stenosen bei fortgeschrittenem Krankheits-
Definition
rende Entzündung der intra- und ex- stadium. Die Gallenflüssigkeit stellt sich echoreich,
trahepatischen Gallenwege mit Ausbildung pigmen- die intrahepatischen Gallengangskonkremente häu-
tierter Gallensteine. fig mit dorsaler Schallauslöschung dar.
7.4 Entzündliche Erkrankungen 497

Computertomographisch kommen die Pigment- Parasitäre Cholangitis


steine der RPC hyperdenser im Vergleich zu den
üblichen Cholesterinsteinen zur Abbildung, wobei ei- 왔 Als parasitäre Cholangitis werden
Definition
ne exakte Differenzierung jedoch nur in geringem entzündliche Erkrankungen der Gal-
Prozentsatz gelingt. Erst in der Spätform der Erkran- lenwege ausgelöst durch Befall mit z. B. Askariden
kung finden sich Zeichen der cholangitischen Verän- oder Leberegeln bezeichnet.
derungen mit Strikturen und Dilatationen sowie der
Steatosis und Atrophie der betroffenen Leberseg- Pathologisch-anatomische
mente. Gegebenenfalls werden zusätzliche pyogene und ätiologische Grundlagen
Leberabszesse als hypodense Läsionen mit randstän- Die biliäre Askariasis wird durch den Befall der Gal-
digem Kontrastmittel-Enhancement abgebildet. Im lengänge mit dem Rundwurm Ascaris lumbricoides
Stadium der akuten Cholangitis lässt sich zudem ei- ausgelöst. Endemiegebiete hierfür sind Südostasien,
ne Hyperämie der Gallengangswand in der arteriel- Russland, Lateinamerika und Afrika. Nach Ingestion
len Phase nachweisen. der Wurmeier über verunreinigte Lebensmittel bzw.
Mittels MRT mit MRCP werden, neben den in der Wasser entwickelt sich der Wurm im oberen Dünn-
Frühform abgrenzbaren Dilatationen und intraduk- darm. Bei einer Einwanderung in den Ductus chole-
talen Konkrementen, insbesondere die Spätformen dochus, gelegentlich in die Gallenblase, kann es zur
der cholangitischen Strikturen diagnostiziert. Obstruktion des ableitenden Gallenwegssystems und
Die direkten Verfahren ERC/PTC erlauben, abge- zur Cholangitis kommen. Auf gleichem Weg ist eine
sehen von der exakten Darstellung des Ausmaßes der Besiedelung des Pankreasgangs beschrieben.
Erkrankung, in gleicher Sitzung die Entfernung der Bei der biliären Clonorchiasis liegt ein Befall aus-
intraduktalen Konkremente. schließlich der intrahepatischen Gallengänge mit
Intravenöse Cholangiographie und nuklearmedizi- dem Leberegel Clonorchis sinensis vor. Als Endemie-
nische Verfahren werden routinemäßig nicht einge- gebiet gilt Südostasien. Die Ingestion erfolgt über
setzt. rohes Fleisch und Süßwasserfische. Der Parasit lebt
annähernd ausschließlich in den kleinen intrahepati-
Differenzialdiagnose schen Gallengängen. Ein Befall mit dem chinesischen
Von der RPC zu unterscheiden sind das blande Gal- Leberegel gilt als Präkanzerose zur Entwicklung
lensteinleiden, die anderen Formen der akuten und eines CCC.
chronischen Cholangitis, das Caroli-Syndrom in sei- Durch Superinfektion mit gramnegativen Bakte-
ner lokalisierten Form sowie das CCC. rien entsteht in beiden Fällen eine akute Cholangitis,
in deren Verlauf auch die Bildung von Konkrementen
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie beobachtet wird. Der Übergang in eine RPC ist eben-
Neben der Sonographie sollten eine CT oder MRT falls möglich.
mit MRCP durchgeführt werden. Steht der akute
Schub der Cholangitis im Vordergrund mit der Not- Klinische Symptomatik
wendigkeit einer Gallenwegsdrainage, erfolgt nach Neben unspezifischen Beschwerden wie rechtsseiti-
der Sonographie sofort eine ERC/PTC. gen Oberbauchschmerzen werden Gewichtsverlust,
Übelkeit, Obstruktion des oberen Gastrointestinal-
Merke ! Die RPC ist eine endemisch in Südost-
asien vorkommende chronische Gal-
trakts und bei Entwicklung einer Cholangitis Fieber,
Schüttelfrost und Ikterus beklagt. Betroffen sind
lenwegsinfektion mit Ausbildung von intraduktalen insbesondere Patienten mit schlechter Ernährungs-
Pigmentsteinen. Während in der Frühform lediglich situation, bei der Askariasis häufig Kinder.
die Konkremente nachgewiesen werden können,
kommt es im fortgeschrittenen Krankheitsstadium Radiologische Symptomatik
zur intrahepatischen Gangdestruktion und zum Le- Bei der Askariasis findet sich sonographisch im dila-
berausfall. Die Diagnose erfolgt über Sonographie tierten Ductus choledochus oder der Gallenblase ei-
und CT oder MRT mit MRCP bzw. die ERC/PTC ne echoreiche, nicht-schattengebende, fadenförmige
mit sofortiger Gallenwegsdrainage. Zu differenzieren Struktur als Korrelat des Wurms. Gelegentlich lässt
sind insbesondere die blande Cholelithiasis und die sich eine echofreie Linie im Inneren des Wurms
chronischen Formen der Cholangitis. nachweisen, die dem Gastrointestinaltrakt des Para-
siten entspricht. Auch mittels MRT mit MRCP kann
der Parasit in T2-Wichtung als hypointense Ausspa-
rung innerhalb der hyperintensen Gallenflüssigkeit
des dilatierten Gangs bzw. der Gallenblase zu erken-
nen sein. Zusätzlich finden sich durch Ödem beding-
498 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.117. 32-jähriger Patient mit mehrjähriger Anamnese


eines parasitären Befalls der Gallenwege mit Opisthorchis feli-
neus (Katzenleberegel). In der MRCP in Projektionstechnik
erhebliche Wandunregelmäßigkeiten von Ductus choledochus
und den großen intrahepatischen Gallengängen (Pfeil) im
Rahmen der chronischen Cholangitis

Abb. 7.116. 35-jähriger Patient mit rechtsseitigen Oberbauch- falls eine Dilatation des betroffenen Gangabschnitts
beschwerden nach längerem Afrikaaufenthalt. In der i. v.-Chol- mit zentraler Füllungsaussparung. Im fortgeschritte-
angiographie Darstellung multipler Askariden in der Gallen- nen Krankheitsstadium zeigen sich in allen Verfah-
blase. Die zentrale Aufhellung innerhalb der Parasiten (Pfeil-
spitze) ist durch aufgenommenes Kontrastmittel im Gastro- ren Stenosierungen durch die postentzündliche Fi-
intestinaltrakt der Würmer bedingt brosierung der befallenen Wände des Gallenwegssys-
tems (Abb. 7.117). Die Abgrenzung einer Übergangs-
form in ein CCC ist nicht in allen Fällen möglich.

te Signalintensitätserhöhungen periduktal als Korre- Differenzialdiagnose


lat der Cholangitis. Computertomographisch doku- Wichtige Differenzialdiagnosen zur parasitären
mentiert sich der Parasit hyperdens innerhalb des Cholangitis sind das CCC, die verschiedenen Formen
hypodensen dilatierten Gallengangs mit hyperden- der akuten und chronischen Cholangitis und das
ser Darstellung der Periduktalregion aufgrund der blande Gallensteinleiden. Insbesondere die Abgren-
lokalen Entzündung. Die direkte Darstellung mittels zung zur RPC ist in vielen Fällen nicht ausreichend
ERC/PTC bzw. intravenöser Cholangiographie bringt sicher möglich.
ebenfalls eine glatt begrenzte Füllungsaussparung
innerhalb der betroffenen Gang- bzw. Organab- Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
schnitte zur Abbildung (Abb. 7.116).Wird die hepato- Neben der Sonographie sollte eine direkte Darstel-
biliäre Funktionsszintigraphie durchgeführt, erkennt lung des Gallenwegssystems mittels MRT mit MRCP
man einen photopenischen Effekt innerhalb des mit ggf. ERC/PTC erfolgen. Ein CCC muss ausgeschlossen
Radiopharmakon gefüllten Gallenwegsabschnitts werden.
bzw. der Gallenblase.
Der Befall der kleinen intrahepatischen Gallen-
gänge bei der Clonorchiasis zeigt sich sonographisch
Merke ! Die Cholangitis ausgelöst durch para-
sitären Befall der Gallengänge ist eine
in einer Dilatation der Gänge mit echoreicher Bin- endemische Erkrankung insbesondere in Südosta-
nenstruktur, erhöhter Echogenität der Gallengangs- sien. Sie manifestiert sich im Falle des Askaridenbe-
wände durch die Cholangitis sowie inhomogener falls intra- und extrahepatisch, bei der Clonorchiasis
Echogenität des Gallenblasenlumens. CT-morpholo- ausschließlich intrahepatisch. Mittels bildgebender
gisch kann neben dem cholangitischen Befall der in- Verfahren werden die Parasiten direkt als intradukta-
trahepatischen Gallengänge vor allem ein peridukta- le Aussparungen dargestellt, zusätzlich werden chol-
les Ödem mit vermehrtem Kontrastmittel-Enhance- angitische Zeichen (Gangerweiterung, Gangsklero-
ment dargestellt werden. Auch in der MRT mit MRCP sierung, periduktales Ödem) dokumentiert. Die
sowie der ERC/PTC finden sich als Korrelat des Be- Clonorchiasis ist eine Präkanzerose des CCC.
7.4 Entzündliche Erkrankungen 499

Chemotherapie-assoziierte Cholangitis zeigen ein hyperintenses Ödem periduktal als Aus-


druck der lokalen Entzündung.
왔 Die Chemotherapie-assoziierte Chol- Intravenöse Cholangiographie und nuklearmedizi-
Definition
angitis ist eine iatrogene, lokal ent- nische Verfahren werden nicht angewendet.
zündliche und fibrosierende Erkrankung der Gallen- Die direkte Darstellung mit ERC/PTC erfolgt heu-
gänge nach lokoregionaler Chemotherapie. te lediglich unter therapeutischen Gesichtspunkten.
Besteht die Notwendigkeit der Gallenwegsdrainage
Pathologisch-anatomische und/oder der Dilatation der stenosierten Gangab-
und ätiologische Grundlagen schnitte kann dies endoskopisch oder perkutan ggf.
Im Rahmen lokoregionaler Chemotherapien pri- ergänzt durch eine Stentimplantation erfolgen.
märer oder sekundärer Lebertumoren kann es
etwa 2 Monate post interventionem zur Fibrosierung Differenzialdiagnose
der benachbarten Gallengangswandstrukturen mit Aufgrund der Anamnese stellt die Diagnose in der
nachfolgender Cholangitis kommen (7–30%). Durch Regel keine differenzialdiagnostische Schwierigkeit
die direkte Wirkung des Chemotherapeutikums mit dar. Abzugrenzen sind vor allem die Kompression
lokaler Entzündung der Wand der Gallengänge oder durch Tumormassen von außen, die aszendierende
nach Thrombosierung intrahepatischer Arterien und Cholangitis und ggf. nach Operation die iatrogene
Arteriolen entsteht ein Verlust der Nutritialgefäße Gallenwegsverletzung.
der zugehörigen Gallengänge. In der Regel sind die
Hepatikusgabel und der Ductus hepaticus commu- Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
nis, gelegentlich auch der Ductus cysticus und die Neben der Sonographie sollte zur genauen Festle-
Gallenblase von der Fibrosierung betroffen. Charak- gung des Ausmaßes der Erkrankung und zum Aus-
teristischerweise ist der distale Ductus choledochus schluss einer fortschreitenden Tumorerkrankung
von der Erkrankung ausgespart. Als Komplikation entweder eine MRT mit MRCP oder eine CT durchge-
gilt die Gallenblasen- oder Gallengangsnekrose. führt werden. Besteht die Notwendigkeit zur Gallen-
Ein vergleichbares Krankheitsbild kann nach Le- wegsdrainage, erfolgt diese mittels ERC/PTC.
berteilresektion mit analogem pathomorphologi-
schen Hintergrund auftreten.
Merke ! Die Chemotherapie-assoziierte Chol-
angitis entsteht nach lokoregionaler
Klinische Symptomatik Tumorbehandlung über einen Verlust der Nutritial-
Neben den Symptomen der Grunderkrankung wer- gefäße der Gallengänge. Bildgebend muss vor allem
den insbesondere rezidivierende starke Zeichen des ein Tumorprogress mit Kompression der Gallenwege
Verschlussikterus beklagt. Therapeutisch steht die ausgeschlossen werden. Dies erfolgt neben der Sono-
operativ oder interventionell angelegte Gallenwegs- graphie durch MRT mit MRCP oder CT. Therapeuti-
drainage zur Verfügung. scher Ansatz ist die operativ oder interventionell
angelegte Gallenwegsdrainage.
Radiologische Symptomatik
Sonographisch erkennt man peripher der Strikturen Aids-assoziierte Cholangitis
eine Dilatation der zugehörigen intrahepatischen
Gallengänge mit Kalibersprung nach zentral. Zudem 왔 Unter Aids-assoziierter Cholangitis
Definition
kann eine Explosion des Tumorwachstums mit Kom- wird eine im Rahmen der Aids-Er-
pression von außen als Ursache der Cholestase ausge- krankung durch opportunistische Infektion ausge-
schlossen werden. löste Cholangitis verstanden.
In der kontrastverstärkten CT werden vor allem
ein exzessiver Tumorprogress und eine Kompression Pathologisch-anatomische
der Gallengänge von außen ausgeschlossen. Lokal und ätiologische Grundlagen
dilatierte Gallengänge mit hypodenser Darstellung Bei fortgeschrittenen Stadien der Aids-Erkrankung
müssen von Metastasen bzw. Tumorbefall unter- kann es im Rahmen opportunistischer Infektionen
schieden werden. Lokale Cholangitiszeichen sind an- mit dem Zytomegalievirus (CMV) oder der Proto-
hand des vermehrten periduktalen Kontrastmittel- zoeninfektion mit Kryptosporidium zu einer lokalen
Enhancements erkennbar. Vaskulitis mit nachfolgender Fibrosierung der Gal-
Mittels MRCP gelingt die direkte Darstellung der lenwege kommen. Dabei entsteht ein interstitielles
stenosierten und dilatierten Gangabschnitte des Gal- Ödem mit interstitieller Fibrose und Nekrose der
lenwegssystems. Ebenso können ein lokaler Tumor- Gallengangsepithelien. Betroffen ist neben dem in-
progress oder hiläre Lymphknotenmassen ausge- tra- und extrahepatischen Gallenwegssystem auch
schlossen werden. Zusätzliche Bilder in T2-Wichtung die Gallenblase. Die morphologische Einteilung rich-
500 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Tabelle 7.10. Klassifikation der Aids-Cholangiopathien Differenzialdiagnose


Von der Aids-assoziierten Cholangiopathie sind ins-
Typ Kriterien Häufigkeit (%)
besondere die steinlose Cholezystitis, die PSC, die
I Stenose des distalen Ductus 15–20 Papillensklerose und die anderen Formen der Chol-
choledochus und der Papille angitiden zu unterscheiden. In der Regel ist jedoch
II Diffuse intrahepatische bei bekannter Grunderkrankung die Diagnose
Gangstenosen 20 schnell zu stellen.
III Kombination von Typ I und II 50
IV Lange segmentale Stenose 15 Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
des Ductus choledochus Neben der primären Sonographie sollten die MRT
V Steinlose Cholezystitis mit Wand- <10 mit MRCP oder die CT durchgeführt werden, um das
verdickung und Pericholezystitis gesamte Ausmaß der Erkrankung einschätzen und
ggf. eine therapeutische Ableitung planen zu können.
Eine Drainage sollte primär mittels ERC/PTC ange-
strebt werden.
tet sich nach der Höhe der Striktur im ableitenden
Gallenwegssystem (Tabelle 7.10)
Merke ! Aids-assoziierte Cholangiopathien sind
sklerosierende Veränderungen am ab-
Klinische Symptomatik leitenden Gallenwegssystem im Rahmen opportunis-
Neben unspezifischen Beschwerden werden die Zei- tischer Infektionen. Sie werden mittels Sonographie
chen der Cholangitis mit Fieber, Ikterus und rechts- und MRT mit MRCP oder CT diagnostiziert. Eine et-
seitigen Oberbauchbeschwerden beobachtet. Häufig waig erforderliche Gallenwegsdrainge erfolgt mittels
steht jedoch das Bild der opportunistischen Infektion ERC/PTC. Zu unterscheiden sind andere Formen der
im Vordergrund. Cholangitis, vor allem die PSC, die Papillensklerose
und die steinlose Cholezystitis.
Radiologische Symptomatik
In der bildgebenden Diagnostik werden, abhängig Primär sklerosierende Cholangitis (PSC)
vom Typ der Aids-assoziierten Cholangiopathie, die
Höhe der Stenose, die vorgeschaltete Dilatation und 왔 Die PSC ist eine chronisch-progres-
Definition
die Zeichen der Cholezystitis mit Pericholezystitis sive fibrosierende Entzündung der
dargestellt. Gallengänge mit deutlichen Cholestasezeichen.
Sonographisch erkennt man neben Dilatation und
Stenose der betroffenen Gangabschnitte, insbesonde- Pathologisch-anatomische
re bei Beteiligung des distalen Ductus choledochus, und ätiologische Grundlagen
eine Verdickung der Wand des Gallengangs und ein- Zur Ätiologie der PSC gibt es bisher lediglich Vermu-
zelne kleine echoreiche intramurale Knoten. Diese tungen. Neben einer idiopathischen Genese werden
sind als Korrelat vor allem einer Kryptosporidium- Autoimmunprozesse sowie ein erhöhter Säuremeta-
Infektion anzusehen. bolismus der Gallenflüssigkeit für ihre Entstehung
Auch mittels CT nach Kontrastmittelgabe las- verantwortlich gemacht. Pathognomonisch für die
sen sich Höhe und Ausmaß von Stenose und Dila- PSC sind der Wechsel von Strikturen einerseits und
tation der befallenen Gallengänge darstellen sowie Dilatationen,Aussackungen und zystenähnlichen Er-
zusätzlich etwaige Verdickungen der Gallenblasen- weiterungen der Gallenwege andererseits. In der Re-
wand bei Cholezystitis und die Zeichen der Pericho- gel kommt es zu einem intra- und extrahepatischen
lezystitis. Befall der Gallengänge, bei je etwa 20% der Fälle liegt
In der MRT mit MRC werden die cholangitischen hauptsächlich ein extra- bzw. intrahepatischer Befall
Veränderungen direkt abgebildet. Insbesondere in vor. Männer erkranken etwa doppelt so häufig wie
den Sequenzen in T2- und in T1-Wichtung nach Kon- Frauen mit einem Altersgipfel in der 3. bis 5. Lebens-
trastmittelgabe können auch die cholezystitischen dekade. Die Inzidenz beträgt in Europa und Nord-
Gallenblasenveränderungen klar diagnostiziert wer- amerika 2 pro 100.000 Einwohner.
den. Eine überdurchschnittlich häufige Koinzidenz von
Werden die direkten Verfahren ERC/PTC primär PSC und entzündlichen Darmerkrankungen in 50–
angewendet, kann das Ausmaß des Gallengangsbe- 70% der Fälle ist bekannt. Dabei handelt es sich in
falls beurteilt werden. In der Regel sind die Verfahren der überwiegenden Zahl der Fälle um ein gemeinsa-
heute jedoch therapeutischen Eingriffen der Gallen- mes Auftreten der PSC mit einer Colitis ulcerosa und
wegsdrainage vorbehalten. Die intravenöse Cholan- lediglich in 6% mit Morbus Crohn. Umgekehrt lassen
giographie wird nicht regelhaft eingesetzt. sich bei 2–6% der Patienten mit Colitis ulcerosa auch
7.4 Entzündliche Erkrankungen 501

Tabelle 7.11. Klassifikation der PSC nach cholangiographi- Zusätzlich werden lokale Wandverdickungen und
schen Gesichtspunkten nach Kontrastmittelgabe ein umschriebenes intra-
Typ Beschreibung murales Enhancement in den betroffenen Gangab-
schnitten beobachtet. Als klassisch gilt das Bild des
I Segmentale Irregularitäten, Verengungen, entlaubten Baums („tree in winter“), das durch die
Rarefizierungen der Gallenwege, stenosierten, dilatierten und perlschnurartig erschei-
keine Dilatationen
nenden Abschnitte des Gallenwegssystems entsteht.
II Verengungen in der Peripherie; Dilatationen Mit hochauflösenden Techniken gelingt auch der
und Divertikelbildungen
Nachweis periportaler Fibrosezonen in Form hypo-
III Vollständige Obliteration der Peripherie
denser Formationen parallel zu den großen Ästen
des Pfortader- und Gallenwegssystems.
Mittels MRCP erfolgt die direkte Darstellung des
Zeichen einer PSC finden. Daneben ist ein gehäuftes charakteristischen Wechsels von Stenose und Dilata-
koinzidentelles Auftreten von PSC und retroperito- tion des intra- und extrahepatischen Gallenwegssys-
nealer Fibrose sowie Riedel-Struma beschrieben. tems (Abb. 7.118 a). In den zusätzlich angefertigten
Die morphologischen Veränderungen werden Messsequenzen erkennt man periportal ein inter-
nach cholangiographischen Kriterien eingeteilt (Ta- mediäres Signal in T1-Wichtung und eine aufgrund
belle 7.11). An Komplikationen sind die Entwicklung der Entzündung nachweisbare Signalerhöhung in
einer biliären Zirrhose, intra- und extrahepatische T2-Wichtung. Letztere sind jedoch nicht charakteris-
Konkremente (etwa 30–40%),Verdickungen der Gal- tisch für die PSC und werden auch bei Cholangitiden
lenblase (etwa 15%), eine bakterielle Cholangitis und anderer Genese beobachtet.
die hohe Inzidenz für die Entwicklung eines CCC zu Eine direkte Darstellung der Gallenwege durch
nennen. ERC/PTC erlaubt eine exakte Beurteilung des Ausma-
ßes und ggf. des Verlaufs einer PSC (Abb. 7.118 b,
Klinische Symptomatik Abb. 7.119 a, b). Wiederum zeigt sich das gemischte
Die PSC zeigt nur in Fällen der akuten Exazerbation Bild von Dilatation und Stenose der intra- und extra-
mit Verschluss ein akutes Krankheitsbild. Dann kla- hepatischen Gallengänge sowie das typische perl-
gen die Patienten über die Symptome des Verschluss- schnurartige Muster. Da allerdings bei fortgeschritte-
ikterus mit Juckreiz, Übelkeit und rechtsseitigem nen Stadien der PSC eine Zunahme der Cholestase
Oberbauchschmerz. In den Phasen des chronischen nach ERC beobachtet wurde, wird zunehmend ein
Verlaufs dominieren ggf. die assoziierten Erkrankun- nichtinvasives Vorgehen mittels MRC zur Diagnostik
gen z. B. in Form von Durchfällen bei entzündlicher angestrebt.
Darmerkrankung. Intravenös cholangiographische und nuklearmedi-
Therapeutisch steht in frühen Stadien die Leber- zinische Verfahren spielen heute keine routinemäßige
transplantation, in fortgeschrittenen Krankheitspha- Rolle mehr bei der Diagnostik der PSC. Wird die
sen die palliative Gallenableitung im Vordergrund. hepatobiliäre Funktionsszintigraphie durchgeführt,
erkennt man eine verzögerte Ausscheidung des Ra-
Radiologische Symptomatik diopharmakons aus der Leber mit zahlreichen Spots
Charakteristisch für die PSC ist in allen bildgebenden als Korrelat der dilatierten Gallengänge sowie in
Verfahren die perlschnurartige Konfiguration des einer Vielzahl der Fälle ein Fehlen der Gallenblasen-
betroffenen Gallenwegsabschnitts, der Wechsel von darstellung.
Stenosen und Dilatationen sowie das Fehlen oder die
allenfalls geringgradig ausgebildete prästenotische Differenzialdiagnose
Dilatation. Im Falle einer begleitenden Cholelithiasis Eine besondere Schwierigkeit stellt mit allen bild-
wird diese mit allen Verfahren erkannt. gebenden Verfahren, einschließlich MRCP und ERC/
Sonographisch lassen sich bei der PSC der Wechsel PTC, die Abgrenzung einer PSC von einem CCC
von Striktur und Dilatation des Gallenwegssystems dar. Dies ist von besonderer Bedeutung, da die PSC
ebenso wie die Verdickung der Gallengangswand auf als Präkanzerose für die Entstehung eines CCC gilt.
bis zu 2,5 mm nachweisen. In Einzelfällen gelingt Eine Klärung ist durch CT und MRT nur im Nachweis
auch der Nachweis der Fibrosierung der Gangstruk- einer Infiltration in umgebende Leitstrukturen mög-
turen durch deren starke Hyperechogenität im Be- lich.
reich der Periportalfelder. Zusätzlich werden grob- Weitere Differenzialdiagnosen sind die akute
schollige punktförmige Verkalkungen entlang der aszendierende Cholangitis, die Cholangitis nach
Pfortaderäste dokumentiert. Chemotherapie und die Aids-assoziierte Cholangio-
Auch in der CT können die Gallenwegsdilatatio- pathie sowie primär extrabiliäre Malignome mit
nen und Wandverdickungen nachgewiesen werden. Kompression des Gallenwegssystems.
502 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

b b

Abb. 7.118 a, b. 72-jährige Patientin mit bekannter und histo- Abb. 7.119 a, b. 42-jährige Patientin mit bekannter gesicherter
logisch gesicherter PSC. a In der MRCP Darstellung typischer PSC. a In der ERCP Nachweis von Dilatationen und Stenosen
Stenosen und Dilatationen intra- und extrahepatisch (Pfeile). sowie Wandunregelmäßigkeiten (Pfeil) intrahepatisch. b Eine
b Die korrespondierende ERCP zeigt einen analogen Befund zur Verlaufskontrolle durchgeführte MRCP nach 2 Jahren zeigt
(Pfeil) einen korrespondierenden Befund zu a ohne Progredienz bei
klinisch stabilem Zustand

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


Neben der initital durchgeführten Sonographie soll- Merke ! Die PSC ist eine chronische Entzün-
dung der intra- und extrahepatischen
te eine MRT mit MRCP durchgeführt werden. Ist das Gallenwege unklarer Ätiologie. Sie ist gekennzeich-
Ausmaß der Erkrankung weiterhin unklar, erfolgt net durch das Bild des entlaubten Baums mit einem
eine ERC/PTC ggf. mit sofortiger therapeutischer Ab- Wechsel von Stenosen und Dilatationen. Dieses Bild
leitung. Ist das Vorliegen eines CCC mit diesen Ver- wird durch die Sonographie und deutlicher mittels
fahren nicht auszuschließen, muss eine ergänzende MRCP erkannt. Dennoch ist häufig die direkte Dar-
Abklärung mittels CT angestrebt werden. stellung durch ERC/PTC erforderlich, bei der dann in
der Regel auch eine therapeutische Ableitung der
Gallenflüssigkeit erfolgt. Wichtigste Differenzialdia-
gnosen sind das CCC und die anderen Formen der
Cholangitis. Auf die hohe Koinzidenz von PSC und
entzündlichen Darmerkrankungen ist zu achten.
7.4 Entzündliche Erkrankungen 503

Primär biliäre Zirrhose (PBC) Radiologische Symptomatik


Sonographisch finden sich bei der PBC die Zeichen
왔 Als PBC wird eine chronische, nicht- der portalen Hypertension mit Hepatosplenomega-
Definition
eitrige destruierende Cholangitis be- lie, Hypertrophie des Lobus caudatus und erweiter-
zeichnet, die durch die Zerstörung interlobulärer ten Leberfissuren. Bei unauffälligem extrahepati-
Gallengänge über die Leberfibrose zur Leberzirrhose schen Gallenwegssystem zeigt sich ein rarefiziertes
führt. intrahepatisches Gangsystem. Zusätzlich werden auf-
tretende Lymphknoten in der Leberpforte und eine
Pathologisch-anatomische mögliche Cholelithiasis nachgewiesen. Eine spezifi-
und ätiologische Grundlagen sche Klassifizierung ist sonographisch in der Regel
Auch die Ätiologie der PBC ist unbekannt. Diskutiert allerdings nicht möglich.
wird ein Autoimmunmechanismus insbesondere auf- In der Nativ-CT lässt sich neben den Zeichen der
grund der in etwa 70% mit der PBC assoziierten wei- portalen Hypertension in annähernd allen Fällen ei-
teren Autoimmunerkrankungen. Beobachtet werden ne Hypertrophie des Lobus caudatus nachweisen.
hierbei rheumatoide Arthritis, Hashimoto-Thyreoidi- Nach Kontrastmittelgabe erscheint der Lobus cauda-
tis, Sklerodermie, Sarkoidose und insbesondere das tus aufgrund des geringeren zirrhotischen Befalls ge-
Sjögren-Syndrom (66–100% aller Patienten mit PBC). legentlich hyperdens und wird vom hypodensen
Eine vermehrte Koinzidenz mit entzündlichen Dar- rechten Leberlappen umgeben (Bild des Pseudotum-
merkrankungen ist hingegen ebenso wenig nachzu- ors). Zusätzlich werden als Ausdruck der Fibrose in
weisen wie eine vermehrte Häufigkeit des Auftretens beiden Leberlappen bandförmige, nativ hypodense
von CCC bei diesen Patienten. und deutlich enhancende Segmentierungen der Le-
Die PBC stellt etwa 1% aller Leberzirrhosefälle. Sie ber nachgewiesen. Sie umgeben die durch die Zirrho-
hat eine Inzidenz von etwa 0,5 pro 100.000 Einwoh- se entstandenen Regeneratknoten, die selbst keine
ner in Europa und Nordamerika und tritt zu etwa pathologische Kontrastmittelaufnahme zeigen. In-
90% bei Frauen im Alter von 35–55 Jahren auf. trahepatische Gallengangskonkremente können in
Im Gegensatz zur PSC sind bei der PBC nur die in- 20% der Fälle nachgewiesen werden (Abb. 7.120 a–c).
trahepatischen Gallengänge betroffen. Das extrahe- Mittels MRT lassen sich die bandförmigen Fibro-
patische Gallenwegssystem wird allerdings häufig sierungen hypointens in T1-, hyperintens in T2-
durch eine Lymphadenopathie in der Leberpforte Wichtung und mit deutlichem Kontrastmittel-En-
komprimiert und verlagert. In den Lymphknoten fin- hancement erkennen. In der T2-Wichtung umgeben
den sich in der Regel keine malignen Anteile. Die PBC zarte hyperintense Fibrosierungen die multiplen
zeigt, ebenso wie die PSC, ein gehäuftes Auftreten <1 cm großen hypointensen Regeneratknoten. Zu-
von Gallenwegskonkrementen (etwa 35%) und Ver- sätzlich werden die Zeichen der portalen Hyperten-
dickungen der Gallenblase. Eine fibröse Verdickung sion und ggf. Lymphknotenvergrößerungen im Le-
der Gallengänge ist hingegen ebenso wenig zu beob- berhilus dokumentiert (Abb. 7.121 a, b). In der MRC
achten wie Gangunregelmäßigkeiten und der für die zeigt sich eine Rarefizierung der intrahepatischen
PSC typische Wechsel von dilatierten und stenosier- Gallenwege („Tree-in-winter-Bild“) bei unauffälli-
ten Gangabschnitten. gem extrahepatischem Gallenwegssystem sowie ggf.
Die Prognose der PBC ist – ohne Lebertransplan- eine Cholelithiasis.
tation – mit einer medianen Überlebenszeit von etwa Die direkten Verfahren ERC/PTC kommen, insbe-
5 Jahren deutlich kürzer als die der PSC mit einer sondere unter therapeutischen Gesichtspunkten wie
medianen Überlebenszeit von etwa 12 Jahren. der Steinextraktion, zum Einsatz. Das Ausmaß des
Befalls der intrahepatischen Gallengänge und eine
Klinische Symptomatik mögliche intrahepatische Cholelithiasis werden,
In der Anfangsphase fallen Patienten mit PBC vor ebenso wie die Differenzierung zur PSC sicher darge-
allem mit einem generalisierten Pruritus (etwa 60%) stellt (Abb. 7.120 c). Die intravenöse Cholangiogra-
und Hyperpigmentierungen (etwa 50%) auf. Mit phie wird bei der PBC heute nur noch in Ausnahme-
fortschreitender Erkrankung kommen allgemeines fällen durchgeführt.
Krankheitsgefühl und Ikterus hinzu. Erst in späteren Auch die hepatobiliäre Funktionsszintigraphie
Krankheitsphasen überwiegen die Zeichen der Le- wird heute nicht mehr routinemäßig zur Diagnostik
berzirrhose und der extrahepatischen Cholestase. einer PBC eingesetzt. Kommt sie zur Anwendung,
Letztere treten allerdings, wegen des ausschließlich erkennt man eine verzögerte Ausscheidung des Ra-
intrahepatischen Befalls, nur bei großen Lymphkno- diopharmakons aus der Leber bei unauffälliger Dar-
tenpaketen im Leberhilus auf. Laborchemisch lassen stellung der Gallenblase und der extrahepatischen
sich meist ein erhöhter IgM-Titer sowie positive Gallenwege.
AMA nachweisen.
504 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.120 a–c. 60-jährige Patientin mit histologisch


gesicherter PBC. a Im transversalen Originalschnitt der
CT Dokumentation einer ausgeprägten PBC mit Regenerat-
knoten (Pfeil) und hyperdensen Septierungen (Pfeilspitzen).
Perihepatischer (A) und perisplenischer Aszites. b Die
koronare Sekundärrekonstruktion aus dem MSCT-Daten-
satz aus a zeigt das gesamte Ausmaß der Erkrankung in der
Leber mit Regeneratknoten, intrahepatischen Septierungen,
perihepatischem Aszites und Kollateralen als Zeichen der
portalen Hypertension (Pfeil). c Eine korrespondierende
ERCP stellt ausgeprägte intrahepatische Gangrarefizierun-
b gen (Pfeil) bei unauffälligem extrahepatischen Gallenwegs-
system dar

Differenzialdiagnose
Als wichtigste Differenzialdiagnose ist die PSC anzu- Merke !
Die PBC ist eine chronisch-entzünd-
liche Erkrankung der intrahepati-
sehen, die anhand des Fehlens eines extrahepati- schen Gallengänge unklarer Ätiologie mit nachfol-
schen Gallenwegsbefalls ausgeschlossen werden gender Ausbildung einer Leberzirrhose. Charakteris-
kann. Zusätzlich müssen andere Ursachen der Le- tisch sind rarefizierte intrahepatische Gallengänge
berzirrhose, akute und chronische Hepatitiden, Lym- bei unauffälligem extrahepatischem Gallenwegssys-
phombefall und diffuse Metastasierung sowie die ten. CT und MRT mit MRCP zeigen neben den Zei-
verschiedenen Formen der diffusen Lebererkran- chen der portalen Hypertension kleinste Regenerat-
kungen mit Ausbildung von Regeneratknoten be- knoten in der Leber, umgebende bandförmige Fibro-
rücksichtigt werden. sierungen, die Rarefizierung der intrahepatischen
Gallengänge und hiläre Lymphknoten. Unterschie-
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie den werden müssen die PSC, Hepatitiden, Lympho-
Neben der primären Sonographie sollte die Abklä- me und die Gruppe der diffusen Lebererkrankungen.
rung einer PBC mittels triphasischer CT (nativ, arte-
riell, portal) oder MRT mit MRCP erfolgen. Die direk-
ten Verfahren ERC/PTC sind fast ausschließlich
therapeutischen Ansätzen (z. B. Konkremententfer-
nung) vorbehalten.
7.4 Entzündliche Erkrankungen 505

Gallenwegsmalignome zur Sklerosierung einzelner


Gangabschnitte führen. Da in der Regel die Erkran-
kung mit cholangitischen Beschwerden früher er-
kannt wird, sind die Spätformen mit Ausprägung
einer SSC selten.

Klinische Symptomatik
An Symptomen werden meist unspezifische Abdomi-
nalbeschwerden beklagt, die erst spät den Verdacht
auf eine Cholangitis lenken.

Radiologische Symptomatik
Das radiologische Bild unterscheidet sich nicht von
dem anderer Cholangitiden bzw. sklerosierenden
a Cholangitiden. So erfolgt die Diagnostik neben der
Sonographie in der Regel zusätzlich mittels MRT mit
MRCP oder CT. ERC/PTC kommen vor allem zur An-
lage einer Gallenwegsdarinage zum Einsatz, während
die intravenöse Cholangiographie und nuklearmedi-
zinische Verfahren nicht routinemäßig angewendet
werden.

Differenzialdiagnose
Wichtigste Differenzialdiagnose ist die PSC. Im Übri-
gen sind die verschiedenen Formen der Cholangiti-
den für die Diagnostik der zugrunde liegenden Er-
krankung zu erwägen.

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


b
Nach der initialen Sonographie erfolgen MRT mit
Abb. 7.121 a, b. 42-jährige Patientin mit gesicherter PBC bei MRCP oder CT, im Falle der Notwendigkeit der Gal-
bekannter und gesicherter langjähriger Autoimmunhepatitis. lenableitung ERC/PTC.
a Im transversalen MRT-Schnitt in T1-Wichtung Nachweis
zahlreicher hypointenser Septen (Pfeile) um die Regenerat-
knoten. Portale Hypertension mit Splenomegalie (S). b Analo-
ge Darstellung zu a in T2-Wichtung fat sat mit Abbildung der
Merke ! Als SSC werden Spätformen verschie-
denster Cholangitiden mit Gang-
hyperintensen Septen (Pfeile) sowie hypointenser Dokumen- sklerosierung bezeichnet. Wichtig sind die Unter-
tation der Regeneratknoten (Pfeilspitze). Splenomegalie (S) scheidung zur PSC und die Diagnose der zugrunde
liegenden Erkrankung. Die Bildgebung erfolgt mit
Sonographie und MRT mit MRCP oder CT.
Sekundär sklerosierende Cholangitis (SSC)
Papillenstenose
왔 Unter dem Begriff SSC werden Spät-
Definition 왔 Als Papillenstenose werden meist
formen der verschiedensten Cholan-
Definition
gitiden zusammengefasst, die im Endstadium der Er- chronische Erkrankungen des präpa-
krankung zu einer Sklerosierung des ableitenden pillären und papillären Abschnitts des Ductus chole-
Gallenwegssystems führen. dochus mit nachfolgender Abflussproblematik be-
zeichnet.
Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen Pathologisch-anatomische
Als Ursachen einer SSC kommen chronische Formen und ätiologische Grundlagen
bakterieller Cholangitiden bei primärer Gallenwegs- Die Ursachen einer Papillenstenose können vielfältig
stenose und Cholelithiasis ebenso infrage wie ischä- sein. So werden primäre und sekundäre Papillenste-
misch bedingte Strikturen nach Gallenwegsverlet- nosen unterschieden. Die primäre Papillenstenose
zung durch Trauma oder therapeutischen Eingriff. (etwa 10% der Fälle) kann durch angeborene Gang-
Auch können Spätformen sämtlicher Infektionen der anomalien, akute und chronische Entzündungen der
Gallenwege, angeborene Gallenwegsanomalien und Papille oder durch gutartige Neoplasien des distalen
506 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Ductus choledochus bedingt sein. Demgegenüber


treten sekundäre Papillenstenosen (etwa 90% der Fäl-
le) vor allem nach natürlicher Steinpassage bei der
Cholelithiasis, nach Papillotomie und mechanischer
Steinextraktion, als funktionale Stenose bei Anoma-
lien des choledochopankreatischen Gangkomplexes,
im Rahmen der Papillendyskinesie, bei der Pankreas-
kopfpankreatitis und bei malignen periampullären
Tumoren auf.
Bei allen länger andauernden lokalen Entzündun-
gen kommt es zunächst zur entzündlichen Schwel-
lung, später zur narbigen Striktur der Papille. Diese
führt in ausgeprägten Fällen zur Gallengangsdilata-
tion oder zu einer chronisch obstruktiven Pankreati-
tis. Das Vorliegen einer Gallengangsdilatation allein ist
jedoch gerade bei Patienten nach vorangegangenen
Steinabgängen oder nach Papillotomie kein sicheres
Kriterium für das Vorliegen einer anatomisch fixierten Abb. 7.122. 54-jährige Patientin mit bekannter Cholelithiasis,
Papillenstenose, sondern kann auch bei funktionell sonographisch erweitertem Ductus choledochus, jedoch ohne
klinische Beschwerden. In der MRCP Nachweis einer röhren-
unbeeinträchtigter Papille beobachtet werden. förmigen Enge im Sinne einer primären Papillensklerose
(Pfeil) ohne Choledocholithiasis. Unauffälliger Pankreasgang
Klinische Symptomatik bis in die Peripherie
Das klinische Beschwerdebild einer entzündlichen
oder postentzündlichen Veränderung der Papille
unterscheidet sich nicht von dem der akuten bzw.
chronischen Gallenwegsentzündung: rechtsseitige wölbung einer in T2-Wichtung oder nach Kontrast-
oder uncharakteristische Oberbauchbeschwerden, mittelgabe signalintensen Raumforderung in das
schmerzhafter oder schmerzloser Ikterus, Gallen- Duodenum (insbesondere bei vorheriger Füllung
koliken. Abhängig von der Ursache der Papillen- des Darms mit negativem oralen Kontrastmittel).
stenose können aber auch die Symptome der Grund- Zusätzlich ist eine Dilatation des Ductus choledochus
erkrankung im Vordergrund stehen wie z. B. bei der in axialen Bildern und der MRCP nachzuweisen.
Pankreatitis. In der direkten Darstellung von ERC/PTC und
auch MRCP oder intravenöser Cholangiographie
Radiologische Symptomatik stellt sich die entzündliche Papillenenge typischer-
Die entzündlich veränderte Papille stellt sich in der weise als glatt begrenzte Röhrenstenose dar
Sonographie indirekt über eine Dilatation des dista- (Abb. 7.122). Eine sichere Unterscheidung der für das
len Choledochusabschnitts dar. Gelegentlich ist eine Pankreaskarzinom typischen Gangkonfiguration des
Schwellung der Papillenregion und eine Vorwölbung „double duct“ mit Abbruch des Pankreasgangs und
in das Duodenum nachweisbar. Ein inkrustierte Kon- des distalen Gallengangs im Pankreaskopf von chro-
krement wird zumeist nachgewiesen. nisch pankreatitischen Gangveränderungen ist nicht
In der kontrastverstärkten CT kommt es regelhaft immer möglich (Abb. 7.123 a, b). Als hinweisend
zu einer solide imponierenden Raumforderung der kann, abhängig von der Mündungsanatomie des
Papillenregion mit Dilatation des Ductus choledo- Gangsystems, die vollständig unauffällige Kontur des
chus und Vorwölbung der Raumforderung in das Ductus pancreaticus und in den axialen Bildern die
Duodenum. Diese Veränderungen sind besonders Unversehrtheit des Pankreaskopfes gelten.
übersichtlich in koronaren oder gekippt-koronaren Mit Hilfe der hepatobiliären Funktionsszintigra-
Sekundärrekonstruktionen nachzuvollziehen. Eine phie kann, neben der Diagnosestellung einer Papil-
Differenzierung zu einem malignen Prozess ist, auch lenstenose, das Ausmaß der Abflussbehinderung
anhand der vermehrten Kontrastmittelaufnahme in quantitativ beurteilt werden. Anhand dynamischer
der Papille, oft nicht möglich. Messungen über 60 min wird der Grad der Funk-
Auch in der MRT kommt es zur Darstellung einer tionseinschränkung quantifiziert. Das Verfahren hat
solide imponierenden Raumforderung. Diese zeigt durch die Fortschritte der MRCP mit dynamischer
eine erhöhte Signalintensität in T2-Wichtung und ein Beurteilung der Duodenalfüllung nach medikamen-
vermehrtes Enhancement nach Kontrastmittelgabe töser Stimulation jedoch erheblich an Bedeutung für
in T1-Wichtung. Morphologisch findet sich eine Vor- den Routineeinsatz verloren.
7.4 Entzündliche Erkrankungen 507

Papillenschwellung bzw. Papillenstenose primär vor


dem Hintergrund eines einzeitigen therapeutischen
Vorgehens eingesetzt.

Merke ! Papillenstenosen haben eine Vielzahl


biliärer und extrabiliärer Ursachen.
Die entzündliche Papillenstenose ist das Endstadium
einer meist chronischen Entzündung mit röhrenför-
miger präpapillärer Choledochusstenose. Zur Abklä-
rung kommen neben der Sonographie die MRT mit
MRCP oder die CT, selten die hepatobiliäre Funk-
tionsszintigraphie zum Einsatz. Eine direkte Darstel-
lung durch ERC/PTC erfolgt nur bei geplanter inter-
a ventioneller Therapie. Abzugrenzen sind vor allem
maligne Tumoren der periampullären Region.

Literatur zu Abschn. 7.4.2

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Clin North Am 32: 1145–1168 werden in Endothelzellen, Sinuswandzellen, Kupffer-
und Ito-Zellen unterteilt.Aber auch aus Fibroblasten,
Muskel- und Nervenzellen können Tumoren der Le-
ber hervorgehen. Nur in sehr seltenen Fällen entartet
ektop in der Leber gelegenes Gewebe maligne.
Die WHO-Klassifikation von 1994 unterscheidet
epitheliale und mesenchymale Tumoren, primäre
Lymphome der Leber und Metastasen (Tabelle 7.12).

Tabelle 7.12. Klassifikation der Tumoren von Leber und intrahepatischen Gallengängen. (Nach Ishak et al. 1994)

Histologischer Ursprung Dignität Entität

Epithelial Benigne Leberzelladenom


Fokal-noduläre Hyperplasie (FNH)
Intrahepatisches biliäres Adenom
Intrahepatisches biliäres Zystadenom
Biliäre Papillomatose
Maligne Hepatozelluläres Karzinom (HCC)
Fibrolamelläres Karzinom
Spindelzellig differenziertes HCC
Intrahepatisches cholangiozelluläres Karzinom (CCC)
Kombiniertes HCC/CCC
Intrahepatisches biliäres Zystadenokarzinom
Hepatoblastom
Plattenepithelkarzinom
Undifferenziertes Karzinom

Nichtepithelial Benigne Angiomyolipom


Lymphangiom und Lymphangiomatose
Hämangiom
Infantiles Hämangioendotheliom
Maligne Angiosarkom
Malignes epitheloides Hämangioendotheliom
Leiomyosarkom
Malignes Schwannom
Fibrosarkom
Rhabdomyosarkom
Undifferenziertes embryonales Sarkom
Malignes fibröses Histiozytom
Sonstige maligne nichtepitheliale Tumoren
7.5 Tumoren 509

Tabelle 7.12. (Fortsetzung)

Histologischer Ursprung Dignität Entität

Gemischt Benigne Solitärer fibröser Tumor


Teratom
Maligne Dottersacktumor
Karzinosarkom
Kaposi-Sarkom
Rhabdoidtumor
Sonstige gemischte Tumoren

Hämatopoetisch und lymphogen Maligne Primäre maligne Lymphome der Leber

Sekundär Maligne Metastasen

Epitheliale Anomalien Benigne Leberzelldysplasie


Dysplastischer Knoten („low grade“,„high grade“)
Gallengangsanomalie (Hyperplasie, Dysplasie, intraepitheliales Karzinom)

Gemischte Läsionen Benigne Mesenchymales Hamartom


Regeneratknoten
Inflammatorischer Pseudotumor

Tabelle 7.13. Altersverteilung der Lebertumoren

Alter Benigne Tumoren Maligne Tumoren

0–6 Jahre Zyste/polyzystische Lebererkrankung Hepatoblastom


Infantiles Hämangioendotheliom HCC
Rhabdomyosarkom
Metastasen
Teratom
Wilms-Tumor
Neuroblastom
Pankreatikoblastom
ALL
7–20 Jahre Adenom Fibrolamelläres Karzinom
FNH Hodgkin-Lymphom
Zyste Metastasen
Hämangiom Pankreatikoblastom
Seminom
Teratom
Mammakarzinom
>21 Jahre Zyste HCC
Hämangiom Non-Hodgkin-Lymphom
FNH Metastasen
Adenom Adenokarzinome (Kolon, Lunge)
Kleinzelliges Bronchialkarzinom
Melanom
Mammakarzinom
Zystadenokarzinome (Ovar, Pankreas)
Zervixkarzinom

Auch anhand altersspezifischer Häufigkeiten einzel- giomyolipome und mesenchymale Hamartome zu


ner Lebertumoren kann eine erste Einordnung vor- nennen. Als semimaligne Übergangsform gilt die
genommen werden (Tabelle 7.13). adenomatöse noduläre Hyperplasie. Tumorähnliche
Läsionen wie primäre und sekundäre Anomalien,
7.5.1.1 Zysten, Abszesse und Infarkte werden in Abschn. 7.2,
Benigne primäre Tumoren der Leber „Fehlbildungen der Leber“, sowie Abschn. 7.4, „Ent-
An benignen Läsionen sind, nach ihrer Häufigkeit, zündliche Erkrankungen der Leber“, behandelt.
vor allem Hämangiome, Hämangioendotheliome, Bei Kindern sind 43% der primären Lebertumo-
Adenome, fokal noduläre Hyperplasien (FNH), An- ren benigne, wovon wiederum die Hälfte Hämangio-
510 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

me und Hämangioendotheliome sind. 22% der gut- Sonderformen der Hämangiome kommen als dif-
artigen kindlichen Lebertumoren fallen auf mesen- fuse, systemische Hämangiomatosen mit kleinen
chymale Hamartome, 6% auf Adenome und 5% auf Herden in Niere, Knochen, Lunge, Haut und Leber
die FNH. Die restlichen 17% sind verschiedenartige, vor. Zu diesen generalisierten Hämangiomatosesyn-
oft zystische Tumoren. dromen zählen Sturge-Weber-Syndrom,Von-Hippel-
Lindau-Syndrom, Klippel-Trénauney-Syndrom, Maf-
Hämangiom fucci-Syndrom, „Blue-rubber-bleb-nevus-Syndrom“
und die infantile Hämangiomatose der Leber.
왔 Hämangiome sind gutartige vasopro- Häufig sind Hämangiome im posterioren Ab-
Definition
liferative Tumoren. schnitt des rechten Leberlappens subkapsulär gele-
gen. Ihre Größe variiert von wenigen Millimetern bis
Häufig verwendete Synonyme sind: kapilläres Häm- zu 20 cm, wobei etwa 90% <4 cm sind. Ab einem
angiom, kavernöses Hämangiom, Angiom, sklero- Durchmesser von 8–10 cm spricht man von Riesen-
siertes Hämangiom oder fibröser Knoten. Diese Be- hämangiomen. In etwa 10–20% der Fälle liegen mul-
zeichnungen beschreiben jedoch die unterschiedli- tiple Hämangiome vor, ein Gefäßstiel findet sich in
chen Entwicklungsstufen des Hämangioms und etwa 20%.
nicht die Entität als solche. Von manchen Autoren
wird auch das im frühen Lebensalter auftretende in- Klinische Symptomatik
fantile Hämangioendotheliom lediglich als Häman- Typischerweise sind Leberhämangiome bei Erwach-
giom bezeichnet. Da dies häufig zu begrifflichen Un- senen nur kleine Läsionen, die zufällig bei einer So-
klarheiten führt, wird das infantile Hämangioendo- nographie oder einer aus anderen Gründen durchge-
theliom separat abgehandelt. führten Schnittbildgebung detektiert werden. Eine
typische klinische Symptomatik besteht dabei nicht.
Pathologisch-anatomische Riesenhämangiome können dagegen aufgrund ihrer
und ätiologische Grundlagen Größe zu abdominellem Druckgefühl und im Rah-
Hämangiome sind mit 78% die häufigsten gutartigen men eines Abdominaltraumas zu Einblutungen, Rup-
Lebertumoren im Erwachsenenalter und neben den turen und ggf. einem Hämatoperitoneum führen.
Lebermetastasen die zweithäufigsten Lebertumoren Kindliche Leberhämangiome werden demgegen-
überhaupt. Sie kommen in einem Geschlechterver- über häufig bereits in den ersten 6 Lebensmonaten
hältnis von Männern zu Frauen von 1:5 vor. Bei Kin- klinisch auffällig. Wegen des hämodynamisch rele-
dern sind sie selten, ein Auftreten konnatal bzw. im vanten Blut-Poolings entsteht eine klinisch relevante
Säuglingsalter ist jedoch bekannt. Herzinsuffizienz. Dabei kann ein tastbarer Ober-
Da sich Hämangiome meist erst im Erwachsenen- bauchtumor vorliegen oder fehlen. Selten kommt es
alter entwickeln, wird neben einer Entwicklung aus zur Ruptur des Hämangioms mit Hämatoperito-
einem konnatal vorhandenen Hamartom der Leber neum.
auch eine echte Neubildung vaskulärer Genese disku-
tiert. Histologisch gesehen handelt es sich bei den Radiologische Symptomatik
kapillären Hämangiomen um gutartige Tumoren aus In der Sonographie sind Hämangiome typischerwei-
gewucherten englumigen erythrozytenhaltigen Ka- se (60–70%) kleine, wenige Zentimeter große,
pillaren, die von einem feinen Retikulinfasernetz gut abgrenzbare echoreiche Herde im gesunden Le-
umgeben sind. Diese häufigste Form der Hämangio- berparenchym (Abb. 7.124). Größere Herde können
me hat ihren Hauptsitz in der Haut oder Schleim- einen Schlagschatten werfen, ein echoarmes Zen-
haut. trum aufweisen, das Fibrose oder Nekrose repräsen-
Die kavernösen Hämangiome hingegen bestehen tiert, oder inhomogen konfiguriert sein (Abb. 7.125).
aus weiten erythrozytenhaltigen Gefäßräumen, die Das Powerdopplerverfahren ermöglicht es, Fluss in-
mit Endothel ausgekleidet sind und nur teilweise von nerhalb der Hämangiome zu detektieren, wobei die
einer muskulären Wand umgeben werden. Sie sind unspezifischen Flussmuster (Flussgeschwindigkeit
besonders in den parenchymatösen Organen wie Le- <50 cm/s) keine Differenzierung von einem HCC
ber, Niere, Milz und Lunge, vor allem aber auch in der oder Metastasen ermöglichen. In der kontrastver-
Haut zu finden. Kavernöse Hämangiome sind fokale, stärkten Untersuchung zeigt sich ein Bild vergleich-
lobulär konfigurierte und scharf abgrenzbare Läsio- bar der dynamischen CT. Als charakteristisch für das
nen, die keine Gallengänge enthalten. In großen For- Hämangiom wird dabei die vermehrte Anreicherung
men werden häufiger Thrombosen und konsekutive des Kontrastmittels in der Spätphase im Sinne eines
Fibrosen, Einblutungen und Verkalkungen (10%) be- Poolings angesehen.
obachtet.
7.5 Tumoren 511

Abb. 7.125. 64-jährige Patientin mit seit Jahren bekanntem


Riesenhämangiom der Leber. Sonographisch glatt begrenzter
Herd (Pfeile) mit inhomogener, gemischt echoarm-echorei-
cher Parenchymechostruktur
Abb. 7.124. 57-jährige Patientin mit zufällig diagnostiziertem
Hämangiom im rechten Leberlappen. Im B-Bild-Sonogramm
glatt begrenzter, gelappt konfigurierter, echoreicher Herd
(+---+) im rechten Leberlappen

Computertomographisch kommen Hämangiome


nativ hypodens mit gelegentlich nachzuweisenden
Verkalkungen zur Darstellung. Führt man eine dyna-
mische oder mehrphasige CT nach Kontrastmittel-
gabe durch, zeigen vor allem kleine Läsionen bereits
arteriell ein homogenes Enhancement mit anhal-
tendem Pooling auch in der portalvenösen Phase
(Abb. 7.126). Bei etwas größeren Läsionen findet sich
eine deutliche randständige, stippchenförmige, no-
duläre oder globuläre Kontrastmittelaufnahme, die
zentripetal fortschreitet („Irisblendenphänomen“;
Abb. 7.127 a–d). Abhängig von der Größe der Läsion
wird in der venösen oder Spätphase eine vollständige Abb. 7.126. 56-jähriger Patient mit kolorektalem Karzinom
und sonographisch nachgewiesenem metachron aufgetrete-
Kontrastmittelauffüllung mit zunächst Kontrastmit- nem Leberherd. In der portalvenösen KM-Perfusionsphase der
tel-Pooling und nachfolgender Isodensität zu den CT kleine randständige Leberläsion im Segment VI mit star-
umgebenden Leberabschnitten erreicht. Dieses typi- kem, homogenem Enhancement (Pfeil). Im Verlauf kapilläres
sche Kontrastverhalten zeigen etwa 80% der Häman- Hämangiom
giome, während etwa 8% ein peripheres Enhance-
ment, ungefähr 8% ein diffuses Enhancement, die
übrigen Fälle keinerlei Enhancement aufweisen. Als In der MRT zeigen Hämangiome in T1-Wichtung
Ursache für das Kontrastverhalten derartiger „atypi- eine Hypointensität, in T2-Wichtung eine sehr deut-
scher Hämangiome“ gelten Thrombosierung und liche Hyperintensität zum benachbarten Leber-
Fibrose. parenchym. Dieses als pathognomonisch anzusehen-
Bei großen Hämangiomen kann ein zentrales Are- de T2-Signal wird als „Glühbirnenphänomen“ oder
al bis zu 30 min nach Kontrastmittelgabe hypodens „light bulb sign“ bezeichnet (Abb. 7.129 a, b). Nach
verbleiben. Im Fall von Riesenhämangiomen finden Applikation von extrazellulärem Kontrastmittel auf
sich bereits nativ stark hypodense Binnenareale als Gadolinium-Basis zeigt sich in der dynamischen
Korrelat einer Fibrosierung oder Narbenbildung. bzw. mehrphasischen MRT ein analoges Enhance-
Diese Areale weisen in der Regel nach Kontrastmit- ment zur CT nach Kontrastmittelgabe (Abb. 7.129 c–g).
telgabe kein Enhancement auf (Abb. 7.128 a, b). Gleiches gilt für die hypointense Darstellung von
512 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

a b

c d

Abb. 7.127 a–d. 74-jährige Patientin mit Zufallsbefund eines Während der arteriellen (b) und portalen (c) KM-Perfusions-
Hämangioms im rechten Leberlappen. In der dynamischen phase zunehmendes stippchenförmiges Enhancement von
CT-Untersuchung in der früharteriellen Phase (a) hypodense peripher her (Pfeile). In der venösen Phase (d) weitgehende
Läsion mit beginnendem randständigen Enhancement (Pfeil). Auffüllung der Läsion

a b

Abb. 7.128 a, b. 45-jährige Patientin mit bekanntem Riesen- durch Fibrosierung. Perihepatischer Aszites (A). b Koronares
hämangiom im rechten Leberlappen. a Koronare Sekundär- MRT-Bild in T1-Wichtung nach KM-Gabe mit Fettsaturation
rekonstruktion aus einem MSCT-Datensatz nach i. v. KM-Gabe (Spätaufnahme nach 15 min). Korrespondierende Darstellung
(portale Phase). Darstellung des Riesenhämangioms im rech- zu a mit randständiger KM-Aufnahme (Pfeil) und fehlendem
ten Leberlappen mit zentral stärker hypodensem Areal (Pfeil) zentralen Enhancement
7.5 Tumoren 513

a b

c d

e f

Abb. 7.129 a–g. 68-jähriger Patient mit neu diagnostiziertem Sequenz in T1-Wichtung nach i. v. Gabe von Gadolinium-
Kolonkarzinom. Sonographisch unklarer Leberherd im Seg- haltigem Kontrastmittel (axiale Schnittführung). Zunächst
ment VI. MRT zur Abklärung der Leberläsion vor geplanter stippchenförmige Kontrastmittelaufnahme peripher in der
Kolonteilresektion. a Axialer Schnitt in T1-Wichtung nativ mit Läsion (Pfeilsspitze). Im Verlauf zunehmende Auffüllung des
Darstellung einer glatt begrenzten, hypointensen Läsion im Herdes von peripher („Irisblendenphänomen“). In der letzten
Segment VI (Pfeil). b Im axialen Schnitt in T2-Wichtung mit Aufnahme der Serie vollständiges Enhancement. (Fortsetzung
Fettsaturation analoge Darstellung zu a mit deutlich hyperin- siehe nächste Seite)
tensem Signal des Herdes („light-bulb-sign“). c–f Dynamische
514 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.129 g. (Fortsetzung) g Spätaufnahme 10 min p. i. in


axialer Schnittführung in T1-Wichtung mit Fettsaturation.
Weiterhin vollständiges KM-Pooling im Hämangiom

Fibrosierungen in Riesenzellhämangiomen in T1-


Wichtung und das fehlende Enhancement nach Kon-
trastmittelapplikation (Abb. 7.130 a–c). Da Häman-
b
giome keine Hepatozyten und Kupffer-Sternzellen
enthalten, kommt es nach Gabe organspezifischer
Kontrastmittel zu keiner Signalintensitätsänderung
innerhalb der Läsionen.
Bei großen Hämangiomen, die sich im Kindesalter
in den ersten 6 Lebensmonaten durch eine Herzin-
suffizienz bei einem hohen Shuntvolumen manifes-
tieren, kann man in allen Schnittbildverfahren eine
deutliche Erweiterung der A. hepatica, gelegentlich
auch eine Erweiterung der drainierenden Leber-
venen sowie eine starke Kaliberabnahme der Aorta
distal des Abgangs der leberversorgenden Arterien c
diagnostizieren. Dies kommt aber auch bei arteriove-
nösen Malformationen und beim infantilen Häman- Abb. 7.130 a–c. 47-jährige Patientin mit bekannter Leberlä-
gioendotheliom vor und ist somit nicht pathogno- sion im linken Leberlappen. Sonographisch im Verlauf Ver-
monisch. dacht auf Größenzunahme. a MRT in axialer Schnittführung in
T1-Wichtung nativ. Dokumentation einer glatt begrenzten,
Katheterangiographisch findet sich bei einem deutlich gelappten Läsion (Pfeil) im SIV der Leber. Zusätzliche
kavernösen Hämangiom im Erwachsenenalter eine Ausläufer mit traubenförmiger Konfiguration im ventralen
starke Kontrastmittelaufnahme der Läsion mit Kon- Anteil des Herdes (Pfeilspitze). b Korrespondierender Schnitt
trastmittel-Pooling („cotton wool appearance“) über zu a in T2-Wichtung mit Fettsättigung. Annähernd homoge-
nes, deutlich hyperintenses Signal in allen Anteilen der Läsion.
die venöse Phase hinaus. Die zuführenden arteriellen c Spätaufnahme 15 min nach i. v. KM-Applikation in T1-Wich-
Gefäße sind normal groß und ohne Zeichen der Neo- tung mit Fettsättigung. Weitgehende KM-Auffüllung des ge-
vaskularisierung. Arteriovenöse Shunts liegen nicht samten Herdes von peripher (Pfeil) einschließlich der ven-
vor. Im Kindesalter variiert die Angioarchitektur der tralen Ausläufer (Pfeilspitze). Zentral verbliebene KM-Aus-
sparung bei Fibrosierung. Die Befunde somit typisch für ein
Hämangiome stark, und es lassen sich arteriovenöse, Riesenhämangiom
arterioportale und portovenöse Shunts darstellen.
Das Verfahren hat heute keine Bedeutung mehr in
der Routinediagnostik und wird lediglich im Rah-
men einer ggf. geplanten Embolisation durchgeführt.
Nuklearmedizinisch kommen Hämangiome in der
Blutpoolszintigraphie (99mTc-RBC-Szintigraphie) in
SPECT-Technik ab einer Größe von 2,5 cm mit einer
Genauigkeit von 95% zur Darstellung. Dabei findet
7.5 Tumoren 515

sich in der Perfusionsphase ein photopenischer De- Juveniles Hämangioendotheliom


fekt im Bereich der Läsion. In den Aufnahmen bis
60 min post injectionem wird eine zunehmende 왔 Das juvenile Hämangioendotheliom
Definition
Aktivitätsaufnahme im Hämangiom mit abschlie- oder infantile hepatische Hämangiom
ßend gering vermehrter Radiopharmakonbelegung ist der häufigste gutartige mesenchymale Leber-
beobachtet. Im Schwefelkolloid-Scan (99mTc-SC-Szin- tumor im Kindesalter.
tigraphie) werden Hämangiome als photopenische
Defekte abgebildet. Beide Verfahren werden heute Pathologisch-anatomische
nicht mehr im klinischen Alltag angewandt. und ätiologische Grundlagen
Der Tumor manifestiert sich in 90% im 1. bis 6. Le-
Differenzialdiagnose bensmonat und betrifft Mädchen etwas häufiger als
Bei Erwachsenen und Kindern ist die Differenzie- Jungen (1,4 :1).
rung der Hämangiome von Lebermetastasen von In je etwa der Hälfte der Fälle tritt das juvenile
grundlegender Bedeutung, auch wenn diese im Kin- Hämangioendotheliom als solitärer Knoten bzw.
desalter sehr viel seltener auftreten. Zusätzlich müs- als multizentrischer Tumor ohne Bindegewebs-
sen hypervaskularisierte primäre Lebertumoren wie kapsel auf. Histologisch werden 2 Typen unterschie-
HCC und CCC unterschieden werden. Diese weisen den.
im Gegensatz zum Hämangiom in der Spätphase
∑ Der häufigere Typ I besteht aus anastomosieren-
meist hypodense/hypointense Dichtewerte und kein
den Gefäßräumen, die mit einem einschichtigen
Kontrastmittel-Pooling auf. Im Kindesalter sind zu-
Endothel ausgekleidet sind. In dem die Hohlräu-
sätzlich infantiles Hämangioendotheliom und Hepa-
me umgebenden mesenchymalen Gewebe finden
toblastom zu differenzieren.
sich Gallengangsproliferate, und es zeigt sich eher
ein lokal verdrängendes als ein infiltrierendes
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
Wachstumsmuster.
Da Hämangiome meist zufällig entdeckt werden, ist
∑ Im Gegensatz dazu zeigt der Typ II ein angiosar-
die Sonographie in der Regel das erste bildgebende
komartiges infiltratives Wachstum und kann auch
Verfahren. Ist eine weitere Abklärung erforderlich
histologisch unter Umständen schwer vom An-
sollte diese primär mittels MRT einschließlich dyna-
giosarkom unterschieden werden. Die über-
mischer Sequenz nach Kontrastmittelgabe erfolgen.
wiegend schmalen Gefäßräume, sind mit einem
Wird bei einem Tumorpatienten eine CT als Staging-
pleomorphen, teilweise mehrschichtigen Endo-
Untersuchung durchgeführt, ist – neben einer bipha-
thel ausgekleidet, das papillär proliferieren kann.
sischen Darstellung der Leber – abhängig von der
Sie sind von einem fibrösen Stroma mit Gallen-
Größe der Läsion ggf. auch eine Spätphase anzu-
gangsproliferaten umgeben.
schließen.
Bei beiden Typen des Tumors bilden sich kavernöse
Merke ! Das Hämangiom ist der häufigste be-
nigne Lebertumor im Erwachsenenal-
Blutseen, die thrombosieren, infarzieren, fibrosieren
und verkalken können. Hepatozyten und Kupffer-
ter und kommt gelegentlich auch beim Kind vor. Das Zellen finden sich nicht.
typische Hämangiom besitzt ein pathognomoni- Die Erkrankung geht gelegentlich mit kardiovas-
sches Erscheinungsbild in der Sonographie und ein kulären Fehlbildungen und mit einem kongenitalen
charakteristisches Kontrastmittelverhalten in CT Hypothyreoidismus einher. Bei 20% der Kinder mit
und MRT mit zentripetaler Auffüllung der Läsion. Bei infantilem Hämangioendotheliom treten Hämangio-
„atypischen Hämangiomen“ ist die Differenzierung me der Haut auf.
eines Hämangioms von Metastasen oder anderen Le-
bertumoren hingegen häufig schwierig. Eine Aufnah- 왔 Finden sich Hämangiome in 3 oder
Definition
me organspezifischen Kontrastmittels in der MRT er- mehr Organen, spricht man von einer
folgt wegen der reinen Gefäßstruktur der Hämangio- disseminierten Hämangiomatose.
me nicht. In der Kindheit manifestieren sich Häman-
giome meist in den ersten 6 Lebensmonaten über Klinische Symptomatik
eine Herzinsuffizienz, die durch ein entsprechend Das infantile Hämangioendotheliom wird mit zu-
großes Shuntvolumen verursacht wird. Im Gegensatz nehmender qualitativer Verbesserung des pränatalen
zu den Hämangiomen des Erwachsenen weisen die Ultraschalls bereits intrauterin diagnostiziert. Post-
juvenilen Hämangiome eine andere Angioarchitek- natal manifestiert sich die Erkrankung fast immer
tur mit arteriovenösen, arterioportalen und portove- durch eine Herzinsuffizienz oder Thrombozytope-
nösen Shunts auf. nie. Die Herzinsuffizienz ist dabei durch eine Hyper-
516 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

zirkulation aufgrund arteriovenöser Shunts im Tu- und der A. hepatica oft leichter zu erkennen als die
mor bedingt. Hieraus resultiert eine Kalibervergrö- multifokalen Läsionen selbst.
ßerung der A. hepatica, die sogar einen größeren In der Nativ-CT zeigen sich eine oder mehrere
Durchmesser als die Pfortader aufweisen kann. Als hypodense rundliche Läsionen, häufig Einblutun-
Ausdruck des hohen Shuntvolumens ist zudem die gen und in etwa 40% kleine Verkalkungen. Nach
Flussgeschwindigkeit in der A. hepatica deutlich er- Kontrastmittelgabe lässt sich, analog den Hämangio-
höht, sie korreliert jedoch nicht mit dem Ausmaß der men, entweder ein sofortiges homogenes Enhance-
Herzinsuffizienz. Konsekutiv nimmt das Kaliber der ment oder ein starkes randständiges Enhancement
Aorta abdominalis distal des Abgangs der leber- mit einer irregulären Aufnahme innerhalb der Lä-
versorgenden Arterien deutlich ab. Kann die Herzin- sion erkennen. Kräftige zuführende arterielle Gefäße
suffizienz nicht medikamentös erfolgreich therapiert in der Frühphase lassen sich vor allem in MIP-Rekon-
werden, sind eine Embolisation und, bei fokalen Lä- struktionen aus MSCT-Datensätzen anschaulich dar-
sionen mit günstiger Lokalisation, eine Operation zu stellen. In der Spätphase nimmt die Kontrastmittel-
erwägen. aufnahme zentral zu, und die Läsion erscheint
Die Thrombozytopenie entsteht durch eine Ver- isodens zum restlichen Lebergewebe. Areale, die in-
brauchskoagulopathie. Als eine gefürchtete Kompli- nerhalb der Läsion keine Kontrastmittelaufnahme
kationen gilt das Kasabach-Merritt-Syndrom (11% zeigen, repräsentieren Nekrosen oder ältere Einblu-
der Fälle), das durch eine disseminierte intravasale tungen.
Gerinnung zunächst im Tumor und später syste- Magnetresonanztomographisch stellen sich die Lä-
misch gekennzeichnet ist. Durch den Verbrauch von sionen in der nativen T1-Wichtung inhomogen, weit-
Thrombozyten und Gerinnungsfaktoren kann es gehend hypointens zum umgebenden Lebergewebe
zum Tod durch Herzversagen kommen. dar. Der Randbereich kann leicht hyperintens sein.
In weniger ausgeprägten Fällen geht das infantile Bei frischeren Einblutungen nimmt der hyperintense
Hämangioendotheliom lediglich mit einer mehr Anteil im Inneren des Tumors zu. In T2-Wichtung
oder weniger ausgeprägten Hepatomegalie einher findet sich zentral eine höhere Signalintensität als im
oder fällt über ein schweres Atemnotsyndrom auf- Randbereich, der wiederum signalreicher als das
grund der Lebervergrößerung auf. umgebende Leberparenchym ist. Mit zunehmendem
Thrombose- bzw. Fibroseanteil des Herdes nimmt
Radiologische Symptomatik die Signalintensität im Inneren ab (Abb. 7.131 c). Im
Konventionelle Übersichtsaufnahmen des Thorax Falle eines großen Shuntvolumens und hoher Fluss-
zeigen ggf. Zeichen der Herzinsuffizienz. In der Ab- geschwindigkeiten im Tumor kommen zusätzlich
domenübersichtsaufnahme dokumentiert sich pri- „Flow-void-Phänomene“ in der Läsion zur Dar-
mär die Hepatomegalie, in etwa 15–20% der Fälle ein stellung. Nach Applikation von extrazellulärem Kon-
feines „Salz-und-Pfeffer-Verkalkungsmuster“. trastmittel findet sich ein der CT vergleichbares
Das sonographische Erscheinungsbild des infan- Enhancement mit über die Zeit zentripetaler Auffül-
tilen Hämangioendothelioms ist variabel und nicht lung des Herdes und fehlendem zentralem Enhance-
spezifisch. Neben gut abgrenzbaren Läsionen beim ment bei Nekrose (Abb. 7.131 d).
singulären Befall (Abb. 7.131 a) zeigen sich beim Die erweiterten großen zuführenden Gefäße las-
multifokalen Typ meist viele homogene und gleich sen sich, ebenso wie der Kalibersprung in der Aorta
große echoarme Herde, die die gesamte Leber durch- abdominalis, auch mit der CE-MRA darstellen. Auf-
setzen und eng nebeneinander liegen. In ausgepräg- grund der hohen Flussgeschwindigkeiten sind sie
ten Fällen ist jedoch auch lediglich eine inhomogene bereits nativ durch die Flow-void-Phänomene zu
Parenchymmusterung möglich, bei der die einzelnen erkennen.
Herde nicht voneinander zu unterscheiden sind. Charakteristischerweise zeigen sich in der arte-
Dann ist eine Diagnosestellung mittels alleiniger riellen Katheterangiographie große zuführende arte-
Sonographie nicht möglich. Daneben werden jedoch rielle Gefäße, ein verlängertes Kontrastmittel-
auch heterogene Muster mit einem Gemisch von Pooling, arteriovenöse Shunts, portovenöse Shunts
echoarmen und echoreichen Herden beobachtet. In und große abführende Venen. Das Verfahren spielt
etwa 50% der Fälle lassen sich Verkalkungen nach- heute diagnostisch keine Rolle mehr und wird nur
weisen. Beim multifokalen Typ zeigt sich im Verlauf noch eingesetzt, wenn eine Embolisation aus thera-
eine Rückbildungstendenz. peutischen Gründen bei Herzinsuffizienz notwendig
Mit Hilfe der farbkodierten Duplexsonographie ist. Sind zusätzlich zu den arteriovenösen Shunts
und des Spektraldopplers werden bei den Patienten auch portovenöse Kurzschlüsse vorhanden, müssen –
die erhöhten Flussgeschwindigkeiten in den zufüh- ggf. in mehreren Sitzungen – erst über einen trans-
renden Gefäßen nachgewiesen (Abb. 7.131 b). Sono- venösen oder transhepatischen Zugang die porto-
graphisch sind die Kaliberveränderungen der Aorta venösen Fisteln embolisiert werden. Eine rein arte-
7.5 Tumoren 517

a b

c d

Abb. 7.131 a–d. Juveniles Hämangioendotheliom. a, b 5 Mo- ling mit multiplen Hämangioendotheliomen. B-Bild-Sono-
nate alter weiblicher Säugling mit Gedeihstörung bei rezi- gramm (c) und CT nach KM-Gabe (d) mit Darstellung mul-
divierendem Erbrechen. B-Bild-Sonogramm (a) und MRT in tipler stark perfundierter Herde (Pfeile) bei klinischem Be-
T1-Wichtung nach KM-Gabe (b) mit Darstellung eines soli- fund der Herzinsuffizienz. Annähernd gleiches Kaliber der
tären Hämangioendothelioms (Pfeil). Deutliche Kompression A. hepatica (A) und der Pfortader (P)
des Magens (Pfeilspitzen). c, d 3 Monate alter weiblicher Säug-

rielle Embolisation beeinflusst bei Vorliegen von Differenzialdiagnose


portovenösen Shunts die Herzinsuffizienz nicht und Differenzialdiagnostisch sind vom juvenilen Häman-
kann zu Lebernekrose, Sepsis und Tod führen. gioendotheliom das Hämangiom und insbesondere
Auch die nuklearmedizinischen Verfahren werden beim Typ II das Angiosarkom abzugrenzen. Eine Un-
heute nicht mehr routinemäßig zur Diagnostik des terscheidung ist mit bildgebenden Verfahren allein
juvenilen Hämangioendothelioms angewandt. Im häufig jedoch nicht möglich. Deshalb sollte – vor al-
Gegensatz zu Hämangiomen findet sich sowohl in lem bei kutaner Beteiligung, atypischem Erschei-
der Blutpoolszintigraphie (99mTc-RBC-Szintigraphie) nungsbild und Auftreten der Läsionen jenseits des
als auch im Schwefelkolloid-Scan (99mTc-SC-Szinti- 1. Lebensjahres – eine bioptische Abklärung erfolgen.
graphie) aufgrund der Hyperperfusion eine hohe Ak- Weitere, zu differenzierende Tumorentitäten sind
tivitätsbelegung in der Frühphase. In den Spätauf- das mesenchymale Hamartom, die FNH, das Hepato-
nahmen erkennt man ein Pooling des Radiopharma- blastom und Lebermetastasen eines Neuroblastoms.
kons im RBC-Scan und einen photopenischen Defekt
im SC-Scan aufgrund des Fehlens von Kupffer-Zellen Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
im Tumor. Damit ist eine Unterscheidung von Häm- Bei Verdacht auf das Vorliegen eines juvenilen Häm-
angiomen einerseits und juvenilen Hämangioendo- angioendothlioms ist zunächst eine Sonographie mit
theliomen andererseits zwar möglich, die Verfahren Farbdopplersonographie durchzuführen. Zur Siche-
haben in der Routinediagnostik jedoch keine Bedeu- rung der Diagnose, als Ausgangspunkt für Verlaufs-
tung mehr. beurteilungen und bei hämodynamisch wirksamen
518 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Läsionen sollte sich eine MRT einschließlich CE- dung. Eine fehlangelegte Arterie mit anormaler arte-
MRA anschließen. Steht diese nicht zur Verfügung, rieller Versorgung führt zu einer zentralen sternför-
kann die Diagnose auch mittels mehrphasiger CT migen fibrösen Formation, die als „zentrale Narbe“
(nativ, arteriell, portalvenös) einschließlich angio- bezeichnet wird.
graphischer Sekundärrekonstruktionen erfolgen. Im Gegensatz zum Leberadenom sind Portalfelder
Beide Verfahren liefern auch die Grundlage für eine und Zentralvenen vorhanden sowie kleine Gallen-
eventuelle operative Therapie. Die Katheterangio- gänge ohne Anschluss an das biliäre System. Die FNH
graphie ist bei Patienten mit Herzinsuffizienz zur enthält Kupffer-Sternzellen und große hyperplasti-
Planung bzw. Durchführung einer interventionellen sche Gefäße mit Intimaverbreiterung. Auch bei der
Therapie indiziert. Gegebenenfalls ist der arterielle FNH enthalten die Hepatozyten erhöhte Mengen an
Zugangsweg durch ein transvenöses bzw. transhepa- Fett, Glykogen und Triglyzeriden.
tisch-portales Vorgehen zu ergänzen. Die Läsion ist meist singulär (über 80%), gut ab-
grenzbar und subkapsulär gelegen. Ihre Größe vari-
Merke ! Das juvenile Hämangioendotheliom
ist ein gutartiger Tumor des 1. Lebens-
iert von 1–10 cm, ist jedoch meist <5 cm (etwa 85%)
und kommt im rechten Leberlappen doppelt so häu-
jahres. Die Herzinsuffizienz ist das führende und fig vor wie im linken. Eine Kapsel wird ebenso wie
behandlungsbedürftige klinische Symptom. Bild- Einblutungen nicht nachgewiesen.
gebend ist mit allen Verfahren eine Unterscheidung
zum Hämangiom nicht immer möglich, das Kon- Klinische Symptomatik
trastmittelverhalten ist häufig vergleichbar. Abzu- Die FNH ist meist asymptomatisch und wird in 50–
grenzen sind neben dem Hämangiom insbesondere 90% der Fälle zufällig entdeckt. Bei großen Läsionen
andere gutartigen Lebertumoren wie mesenchyma- können Oberbauchschmerzen bzw. eine Hepato-
les Hamartom und FNH sowie Angiosarkom, Hepa- megalie auftreten. Komplikationen wie Einblutungen
toblastom und Metastasen. Involutieren die Läsionen oder Verkalkungen sind außerordentlich selten. Ein
im natürlichen Verlauf oder unter medikamentöser operatives Vorgehen ist nur in Ausnahmefällen bei
Therapie nicht, wird eine Embolisation oder bei entsprechender Größe des Tumors erforderlich.
fokalen Läsionen eine Operation angestrebt. Jede
Läsion, die nach dem 1. Lebensjahr auftritt oder ein Radiologische Symptomatik
atypisches Erscheinungsbild aufweist, sollte biopsiert Sonographisch kommt die FNH meist zufällig und in
oder entfernt werden. der Nativuntersuchung als gut abgrenzbare, meist
homogene mit dem Lebergewebe isoechogene Läsion
Fokal noduläre Hyperplasie (FNH) zur Darstellung. Sie kann aber auch echoärmer oder
echoreicher als das gesunde Leberparenchym sein.
왔 Die FNH ist eine benigne Hamartose Durch ihr verdrängendes Wachstum zeigt sich eine
Definition
der Leber. Pseudokapsel, und in 40% ist eine echoarme stern-
förmige zentrale Narbe zu erkennen (Abb. 7.132 a).
Pathologisch-anatomische Mittels Farbkodierung kann die Darstellung eines
und ätiologische Grundlagen zuführenden Gefäßstils sowie radiär verlaufender
Der Tumor macht 3–8% aller benignen Lebertumo- Gefäße innerhalb des Tumors ebenso gelingen wie
ren bei Erwachsenen und etwa 4% im Kindesalter die Darstellung großer drainierender Venen am Tu-
aus. Er ist damit etwa doppelt so häufig wie das morrand. Nach Gabe von Ultraschallkontrastmittel
Leberadenom und nach dem Hämagiom der zweit- wird ein dynamisches Enhancement vergleichbar der
häufigste benigne Tumor der Leber. Frauen sind CT beobachtet. Mittels Powerdopplerverfahren stellt
etwa 2- bis 4-mal häufiger betroffen als Männer, der sich die Läsion hypervaskularisiert mit zentraler
Altersgipfel liegt in der 3. bis 4. Lebensdekade. Ätiolo- Kontrastaussparung und charakteristischem Fahr-
gisch besteht kein Zusammenhang mit der Einnahme radspeichenmuster dar.
von Östrogenen, jedoch können Blutungen unter In der Nativ-CT ist die FNH iso- bis leicht hypo-
Östrogenstimulation (Kontrazeptiva, Schwanger- dens im Vergleich zum umgebenden Leberparen-
schaft) auftreten. chym. Nach Kontrastmittelapplikation (Abb. 7.133)
Die Genese der FNH ist umstritten. Zum einen zeigt sich in der früharteriellen Phase ein starkes En-
wird eine umschriebene Hyperproliferation von zel- hancement des gesamten Tumors mit Ausnahme des
lulären und Matrixbestandteilen der Leber disku- Zentrums. Das umgebende Lebergewebe ist dabei
tiert, die zur Ausbildung von arteriovenösen Anasto- deutlich hypodens im Vergleich zur FNH. Dieser Um-
mosen und Malformationen führt. Andere Autoren stand spiegelt die hauptsächlich arterielle Versor-
sprechen von einer knotigen Hyperplasie der Hepa- gung des Tumors wider, und gelegentlich gelingt der
tozyten als Reaktion auf eine lokale Gefäßmißbil- Nachweis der tumorversorgenden Arterie. Charakte-
7.5 Tumoren 519

Magnetresonanztomographisch bildet sich die


FNH in T2-Wichtung iso- bis leicht hyperintens mit
hyperintenser zentraler Narbe ab (Abb. 7.134 a). Letz-
teres ist ein wichtiges Unterscheidungskriterium
zum fibrolamellären Karzinom, bei dem die zentrale
Narbe in T2-Wichtung hypointens zur Darstellung
kommt. In T1-Wichtung zeigt sich die FNH als iso-
bis leicht hypointense Raumforderung, die Narbe er-
scheint hypointens (Abb. 7.134 b). Nach Applikation
extrazellulären Kontrastmittels findet sich ein zur CT
vergleichbares Enhancement-Muster. Die zentrale
Narbe nimmt Kontrastmittel auf (Abb. 7.134 c).
Wird organspezifisches Kontrastmittel auf Eisen-
oxid-Basis verabreicht, lässt sich wegen des Gehalts
von Kupffer-Sternstellen ein ausgeprägter Signalver-
a lust innerhalb der FNH erkennen. Im Gegensatz zur
Nativuntersuchung ist damit eine Differenzierung
von Tumor und umgebendem Lebergewebe in der
Regel möglich, die zentrale Narbe stellt sich stark hy-
perintens dar. Nach Applikation hepatozytenspezifi-
scher Kontrastmittel zeigt sich eine starke homogene
Kontrastmittelaufnahme, die dank der malformier-
ten Gallengänge prolongiert und daher in der Spät-
phase noch zu erkennen ist. Auch hier zeigt sich eine
Kontrastmittelaufnahme der Narbe.
Die Katheterangiographie spielt heute keine Rolle
mehr in der Diagnostik der FNH. Wird sie aus ande-
ren Gründen durchgeführt, zeigt sich eindrucksvoll
eine große Feeder-Arterie und das Fahrradspeichen-
muster analog der Darstellung in der Farbdopplerso-
b nographie (Abb. 7.135).
Nuklearmedizinische Verfahren sind allenfalls in
Abb. 7.132 a, b. 47-jährige Patientin mit sonographischem Zu- der Abgrenzung der FNH zum Adenom in ausge-
fallsbefund einer FNH. a Im B-Bild-Sonogramm Darstellung suchten Fällen noch von geringer Bedeutung. Die
einer glatt begrenzten, hypoechogenen Läsion im SIV der Le-
ber (+---+). Randständig hypoechogene Pseudokapsel (Pfeil) typischen Bildcharakteristika lassen sich anhand der
und zentrale echoarme Narbe (Pfeilspitze). Unauffällige Gal- Trias aus Hypervaskularität, erhaltener Hepatozyten-
lenblase (GBL). b Axiales Bild aus einem MSCT-Datensatz in funktion und Rarefizierung der Gallengänge (so ge-
portalvenöser KM-Perfusionsphase.Annähernd isodense Dar- nanntes „trapping“ im HIDA-Scan) nachweisen.
stellung der FNH linksseits der Gallenblase (Pfeile). Fehlendes
Enhancement der zentralen Narbe (Pfeilspitze) Wegen des variablen Gehalts an Kupffer-Sternzel-
len findet man im Schwefelkolloid-Scan (99mTc-SC-
Szintigraphie) in etwa 60% der Fälle eine isointense
Darstellung der FNH gegenüber dem umgebenden
ristisch ist die rasche Angleichung der Kontrastie- Lebergewebe sowie in 30% einen photopenischen
rung von FNH und umgebendem Lebergewebe. So Defekt. Lediglich in 10% kommt die FNH hyperin-
stellt sich der Tumor in der portalvenösen Phase an- tens zur Umgebung zur Darstellung. Die vermehrte
nähernd isodens im Vergleich zum restlichen Leber- Aufnahme des Radiopharmakons ist pathognomo-
gewebe dar und ist dann nur aufgrund der Verdrän- nisch, da Adenome keine vermehrte Aktivitätsbele-
gung der Lebervenen und der Pfortaderäste zu er- gung zeigen. Allerdings findet sich bei atypischen
kennen. Die zentrale Narbe ist in der Nativunter- Adenomen, die eine geringe Anzahl funktionstüchti-
suchung meist nur angedeutet abgrenzbar, lässt sich ger Kupffer-Sternzellen enthalten, ebenfalls eine Ak-
nach Kontrastmittelgabe jedoch in der Mehrzahl kumulation des Radiopharmakons, sodass das Ver-
(bei großen FNH in 2/3, bei kleinen FHN in 1/3) fahren dann nicht diagnostisch ist.
der Fälle erkennen und ist dann pathognomonisch Die Blutpoolszintigraphie (99mTc-RBC-Szintigra-
(Abb. 7.132 b). In der Spätphase kommt es bei iso- phie) zeigt der dynamischen CT vergleichbare Akti-
denser Läsion zu einer Kontrastmittelaufnahme in vitätsverläufe über der FNH mit deutlicher Hyper-
der Narbe. perfusion der Läsion.
520 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.133. 45-jährige Patientin mit dem sonographischen arterielles Enhancement mit leichter Hyperdensität portal-
Bild einer FNH. In der dynamischen CT-Untersuchung stark venös und annähernder Isodensität in den Spätaufnahmen.
hypodense Läsion im Nativbild. Nach i. v. KM-Gabe starkes Gut abgrenzbare zentrale Narbe ohne Kontrastenhancement

a b

Abb. 7.134 a–c. 38-jährige Patientin mit sonographisch


vermuteter FNH im S2/S3 der Leber. a Im axialen MRT-Bild
in T2-Wichtung mit Fettsaturation nur leicht hyperintenses
Signal der glatt begrenzten Läsion im linken Leberlappen
lateral (Pfeile). Leicht hypointense Pseudokapsel bei stark
hyperintenser zentraler Narbe (Pfeilspitze). b Analoge Dar-
stellung zu a in T1-Wichtung mit leichter Hypointensität der
FNH gegenüber dem umgebenden Lebergewebe, deutlich
hypointenser Pseudokapsel (Pfeile) und stark hypointenser
zentraler Narbe (Pfeilspitze). c Spätaufnahme nach i. v. Gabe
von Gadolinium-haltigem Kontrastmittel in T1-Wichtung
mit Fettsaturation in analoger Schnittführung zu a und b.
c Dokumentation einer leichten Hyperintensität in der FNH
(Pfeile) gegenüber dem umgebenden Lebergewebe bei star-
ker Hyperintensität der zentralen Narbe (Pfeilspitze)
7.5 Tumoren 521

morpatienten eine CT als Staging-Untersuchung


durchgeführt, empfiehlt es sich, neben einer biphasi-
schen Darstellung der Leber auch eine Spätphase an-
zuschließen.

Merke ! Die FNH ist ein benigner hamartöser


Tumor der Leber, der meist bei Frauen
in der 3. bis 4. Lebensdekade vorkommt. Der Tumor
präsentiert sich bildgebend als zirkumskript, hyper-
vaskularisiert und mit charakteristischem Fahrrad-
speichenmuster. Neben der Sonographie wird die
Diagnose mittels kontrastverstärkter MRT, ggf. auch
CT und heute eher in Ausnahmefällen durch nuklear-
medizinische Verfahren gestellt. Als wichtigste Diffe-
renzialdiagnosen sind das Adenom, das Hämangiom,
das fibrolamelläre HCC sowie hypervaskularisierte
Abb. 7.135. 41-jährige Patientin mit Zustand nach Rektum- Metastasen anzusehen.
resektion wegen Karzinom. Im Rahmen der Nachsorge sono-
graphisch neu aufgetretener Leberherd im linken Lappen. Ar-
terielle Phase der Katheterangiographie mit Darstellung einer Adenom
FNH-typischen Gefäßarchitektur einschließlich zuführendem
Feeder-Gefäß (Pfeil) 왔 Das Leberadenom ist ein von den
Definition
Hepatozyten ausgehender benigner
Tumor. Bei mehr als 10 Adenomen innerhalb ei-
In der hepatobiliären Funktionsszintigraphie (99m ner Leber spricht man von einer Adenomatosis
Tc-HIDA-Szintigraphie) dokumentiert sich eine hepatis.
deutliche Perfusion der FNH, eine rasche Aufnahme
des Radiopharmakons jedoch – aufgrund atypischer Synonyme: hepatozelluläres Adenom und Leberzell-
Gallengänge – eine verzögerte Ausscheidung aus der adenom.
Läsion.
Durch die Fortschritte bei CT und MRT sowie die Pathologisch-anatomische
Entwicklung organspezifischer MRT-Kontrastmittel und ätiologische Grundlagen
haben jedoch alle nuklearmedizinischen Verfahren Hepatozelluläre Adenome sind die dritthäufigsten
im klinischen Alltag keine größere Bedeutung mehr. benignen Lebertumoren und etwa halb so häufig wie
die FNH. Der Tumor tritt annähernd ausschließlich
Differenzialdiagnose bei jungen Frauen im gebärfähigen Alter auf. Lange
Als wichtigste Differenzialdiagnosen zur FNH gelten wurde als auslösender Faktor die Einnahme oraler
das Adenom, das kavernöse Hämangiom und die Kontrazeptiva vermutet. Nach Einführung moderne-
adenomatöse Hyperplasie. Auszuschließen sind ein rer Präparate beobachtete man jedoch eine abneh-
fibrolamelläres HCC ebenso wie ein hoch differen- mende Inzidenz. Heute geht man davon aus, dass die
ziertes trabekuläres HCC oder eine hypervaskulari- Entstehung nicht ausschließlich durch die Pharma-
sierte Metastase. zeutika bedingt ist, jedoch das Wachstum der Herde
gefördert wird. Gleiches gilt bei der Schwangerschaft
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie oder bei langjähriger Steroideinnahme. Männer sind
Die Erstdiagnose erfolgt in der Regel zufällig in der nur nach Einnahme steroidhaltiger Präparate oder
Sonographie. Kann die Diagnose durch Farbdoppler- Anabolika betroffen. Bei Kindern sind Adenome sehr
verfahren und ggf. ergänzende Kontrastmittelgabe selten, wobei sie bei angeborenen Stoffwechselkrank-
nicht gestellt werden, sollte die weitere Abklärung heiten wie der Glykogenose Typ I (60% Inzidenz), III
mittels MRT einschließlich dynamischer Kontrast- und IV, der Fanconi-Anämie und der Galaktosämie
mittelsequenz durchgeführt werden. Eine separate auftreten. Die Klassifikation der Adenome folgt ätio-
Applikation organspezifischer Kontrastmittel ist logischen Kriterien (Tabelle 7.14).
meist nicht erforderlich. Wurde jedoch für die dyna- Adenome treten gewöhnlich einzeln, selten multi-
mische Untersuchung ein Kontrastmittel mit hepato- pel auf und liegen zumeist subkapsulär im rechten
biliärer Ausscheidung und organspezifischer Anrei- Leberlappen (etwa 75%). Allerdings gibt es auch in-
cherung in der Spätphase benutzt, sollten entspre- traparenchymatöse oder gestielte Adenome. Die Lä-
chende Aufnahmen einbezogen werden. Steht die sion ist ein 2–30 cm großer, umschriebener und glatt
MRT nicht zur Verfügung oder wird bei einem Tu- abgrenzbarer, weicher Tumor. Er wird meist von ei-
522 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Tabelle 7.14. Klassifikation von Adenomen nach ätiologischen


Kriterien

Typ Beschreibung

I Mit Östrogeneinnahme assoziierte Adenome


II Spontane Adenome bei Frauen
III Spontane Adenome bei Männern
IV Spontane Adenome bei Kindern
V Mit Stoffwechselerkrankungen assoziierte Adenome
VI Mit Anabolikaeinnahme assoziierte Adenome
VII Adenomatose

a
ner Pseudokapsel umgeben, die durch die Kompres-
sion normalen Lebergewebes und großer funktionel-
ler Gefäße entsteht. Histologisch besteht das Adenom
aus trabekulär angeordneten Leberzellen und weist
weder Portalfelder noch Zentralvenen auf. Kleinste
Gallengänge können ebenso vorhanden sein wie eine
geringe Anzahl meist atypischer Kupffer-Sternzellen.
Der Tumor enthält vermehrt Fett und Glykogen, Ne-
krosen sind häufig. Narben innerhalb der Läsion
werden nicht beobachtet.
Als häufigste Komplikation von Adenomen gelten
Einblutung (etwa 40%) und Ruptur. Die maligne Ent-
artung zum HCC ist möglich. Eine Adenom-Karzi-
nom-Sequenz konnte bisher jedoch nicht bewiesen
werden. Therapeutisch steht bei entsprechender Grö-
ße, Rupturgefahr oder Verdacht auf maligne Entar- b
tung die chirugische Resektion im Vordergrund. Bei
kleineren Adenomen finden sich Spontanremissio- Abb. 7.136 a, b. 28-jährige Patientin mit dem sonographischen
nen nach Absetzen der oralen Kontrazeptiva bzw. Zufallsbefund eines Leberadenoms. a Im B-Bild-Sonogramm
Abbildung einer regelmäßig begrenzten, zentral inhomogenen
nach diätetischer Behandlung bei Stoffwechseler- und annähernd isoechogenen Läsion im rechten dorsalen Le-
krankungen. Eine intraperitoneale Ruptur oder eine berlappen (+---+). b Die Nativ-CT zeigt den Herd aus a annä-
Ruptur während einer Schwangerschaft verschlech- hernd isodens zum umgebenden Leberparenchym mit leicht
tern die Prognose allerdings erheblich. hypodenser Peripherie (Pfeil)

Klinische Symptomatik
Die klinische Präsentation ist mit Hepatomegalie und
rechtseitigem Oberbauchschmerz unspezifisch und venöser Ultraschallkontrastmittel folgt dem aus der
nicht richtungsweisend. Erst die Komplikationen wie CT bekannten Verhalten.
Infarzierungen, spontane Einblutungen oder Tumor- Computertomographisch sind Adenome nativ
ruptur verursachen akute Oberbauchbeschwerden. meist ausreichend gut abgrenzbare runde Raumfor-
derungen, die aufgrund der Fetteinlagerungen und
Radiologische Symptomatik Nekrosen iso- bis hypodens im Vergleich zum Leber-
Sonographisch kommen Adenome als meist scharf parenchym erscheinen (Abb. 7.136 b). Verkalkungen
begrenzte Herde mit inhomogener Binnenstruktur kommen mit typischem hyperdensem Muster zur
zur Darstellung. Abhängig von der Größe und dem Darstellung. Bei Einblutungen weist die Läsion eben-
Gehalt an Fett, Nekrose, Einblutung und Verkalkung falls hyperdense Areale auf. Diese können sowohl in-
können sie iso-, hypo- oder leicht hyperechogen nerhalb des Tumors als auch subkapsulär gelegen
im Vergleich zum gesunden Lebergewebe sein sein.
(Abb. 7.136 a). In der Farbdopplersonographie findet Die mehrphasige kontrastverstärkte CT zeigt früh-
sich ein hypervaskularisierter Tumor mit intratumo- arteriell ein homogenes Enhancement. Neben den
ralen Venen und großen randständigen Arterien und zuführenden bzw. randständigen Gefäßen kommen
Venen. Das Enhancement-Muster nach Gabe intra- lediglich die intratumoralen Venen zur Darstellung.
7.5 Tumoren 523

a b

c d

Abb. 7.137 a–e. 43-jähriger Patient mit sonographischem


Zufallsbefund eines leicht echoreichen Leberherdes im Seg-
ment VI. a Axialer MRT-Schnitt in T1-Wichtung nativ. Dar-
stellung einer glatt begrenzten, leicht hypointensen Läsion im
Segment VI der Leber (Pfeil). b Analoge Darstellung zu a in
T2-Wichtung mit Fettsaturation. Leicht hyperintense Darstel-
lung der Läsion ohne charakteristische Binnenstrukturen
(Pfeil). c, d Nach i. v. Applikation Gadolinium-haltigen Kon-
trastmittels in T1-Wichtung in der arteriellen Phase starkes
und frühes Enhancement (Pfeilspitze). Auch in der portalve-
nösen Perfusionsphase noch deutliche Hyperintensität gegen-
über dem umgebenden Lebergewebe. e Spätaufnahme aus
der dynamischen Sequenz in T1-Wichtung mit annähernder
Isointensität des Leberherdes, jedoch hyperintensem Rand- e
wall (Pfeil). Bildmorphologisch und im Verlauf Leberadenom

In der arteriellen Phase findet sich bei kleinen Her- Verkalkungen und alten Einblutungen finden sich
den ein deutliches, rasches und annähernd vollstän- Bereiche erniedrigter Signalintensität. Frische Ein-
diges Enhancement, das früher als im umgebenden blutungen können an ihrem hyperintensen Signal in
Lebergewebe auftritt. Auf portalvenösen Bildern einer zusätzlichen nativen Sequenz in T1-Wichtung
zeigt sich das Adenom hyper- bis isodens im Ver- mit Fettunterdrückung sicher nachgewiesen werden.
gleich zum übrigen Leberparenchym. In der Spät- Sequenzen in T2-Wichtung bilden Adenome eben-
phase bis 10 min post injectionem erscheint das falls mit heterogener Signalintensität und iso- bis
Adenom hypodens und gelegentlich mit hyperdenser leicht hyperintens mit leicht hypointenser Pseudo-
Abgrenzung der Pseudokapsel. Große Adenome stel- kapsel ab. Im Falle von Nekrosen zeigen sich zusätz-
len sich generell heterogener als kleine Läsionen dar. lich hyperintense, bei frischeren Blutabbauproduk-
In der MRT (Abb. 7.137 a) zeigt sich in der T1- ten stark hypointense Binnensignale (Abb. 7.137 b,
Wichtung eine iso- bis hypointense Raumforderung Abb. 7.138 a). Der Signalverlust auf nativen Sequen-
mit heterogener Signalintensität und ggf. leicht hypo- zen in T2-Wichtung mit Fettsättigung innerhalb des
intenser Begrenzung. Fetteinlagerungen und frische- Adenoms gilt als pathognomonisch.
re Einblutungen führen dabei zu Arealen mit erhöh- Nach Applikation eines extrazellulären Kontrast-
ter Signalintensität. Beim Vorliegen von Nekrosen, mittels weist die dynamische Untersuchung ein ver-
524 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Adenoms hyperintense Pseudokapsel nachweisen


(Abb. 7.137 e). Organspezifisches Kontrastmittel auf
Eisenoxid-Basis wird wegen des Fehlens funktions-
tüchtiger Kupfer-Sternstellen typischerweise von
Adenomen nicht aufgenommen. In etwa 20% enthal-
ten die Adenome jedoch in verminderter Anzahl
funktionstüchtige Kupffer-Sternzellen. Dabei kommt
es zu einer Aufnahme des organspezifischen Kon-
trastmittels mit konsekutivem Signalverlust im Ade-
nom. Eine Unterscheidung zur FNH ist dann mit die-
sem Kriterium der Bildgebung nicht möglich.
Hepatozytenspezifisches Kontrastmittel wird in
Adenomen abhängig vom Hepatozytengehalt aufge-
nommen. Meist stellen sich die Läsionen in den Spät-
aufnahmen nach 60 min allerdings mit nur geringer
Kontrastmittelaufnahme und in T1-Wichtung hypo-
intens zur deutlich hyperintensen Leber dar.
Die Katheterangiographie wird heute nicht mehr
a zur Diagnostik von Adenomen herangezogen, Embo-
lisationsverfahren sind nicht etabliert. Kommt es
zur Mitdarstellung eines Adenoms, zeigt sich eine hy-
pervaskularisierte Leberläsion mit zentripetalem
Kontrastmittelfluss und randständigen erweiterten
Feeder-Gefäßen (Abb. 7.138 b).
Nuklearmedizinisch kommt das typische Adenom
wegen des Fehlens einer ausreichenden Anzahl von
funktionstüchtigen Kupffer-Sternzellen im Schwefel-
kolloid-Scan (99mTc-SC-Szintigraphie) als photopeni-
scher Defekt zur Darstellung. In diesen Fällen ist eine
sichere Unterscheidung zur FNH möglich. Wie be-
reits erwähnt, finden sich jedoch in etwa 20% funk-
tionstüchtige Kupffer-Sternzellen in so genannten
atypischen Adenomen. Diese führen im Kolloid-Scan
zu einer Aktivitätsbelegung des Adenoms und feh-
lenden Abgrenzung gegenüber der FNH. Bei Durch-
führung einer hepatobiliären Funktionsszintigraphie
b
lässt sich bei variabler Perfusion in der Regel keine
Akkumulation des Radiopharmakons dokumentie-
Abb. 7.138 a, b. 43-jährige Patientin mit akut einsetzenden
rechtsseitigen Oberbauchbeschwerden bei Einblutung in ein ren. Ein „trapping“ ist möglich, jedoch nicht in allen
großes Adenom im dorsalen rechten Leberlappen. Zusätzlich Fällen nachweisbar. Beide Verfahren haben allerdings
nichteingeblutetes Adenom in Segment VI. a MRT in T2-Wich- durch die moderne CT- und MRT-Diagnostik fast
tung mit Darstellung einer mehrzeitigen Blutung (Pfeile) in ei- vollständig an Bedeutung verloren.
ner großen Leberläsion sowie einem nichteingebluteten Ade-
nom (Pfeilspitze). b In der Katheterangiographie Hyperper-
fusion (Pfeil) des nichteingebluteten Adenoms sowie der peri- Differenzialdiagnose
pheren Abschnitte des eingebluteten Tumors. Dieser führt zu Wichtige Differenzialdiagnosen zum Adenom sind
einer erheblichen Gefäßverlagerung (Pfeilspitzen)
die adenomatöse Hyperplasie, die FNH, das hoch dif-
ferenzierte trabekuläre HCC und das fibrolamel-
läre HCC. Zusätzlich müssen hypervaskularisierte
Metastasen und isolierte Regeneratknoten bei Le-
gleichbares Enhancement-Muster zur mehrphasi- berzirrhose ausgeschlossen werden. Insbesondere im
schen CT auf (Abb. 7.137 c, d). Auch in der MRT lässt Falle einer Adenomatosis hepatis (Abb. 7.139) ist die
sich in der Spätphase gelegentlich eine im Vergleich Differenzierung allerdings schwierig und in vielen
zum Lebergewebe und zur Binnenstruktur des Fällen auch histologisch nicht immer möglich.
7.5 Tumoren 525

Synonyme: makroregenerativer Knoten, dysplasti-


scher Knoten, multiple noduläre Hyperplasie und
zirrhotischer Pseudotumor.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Die adenomatöse Hyperplasie ist ein dynamischer
Prozess innerhalb des zirrhotischen Umbaus der Le-
ber und nicht als einmaliges regeneratives Gesche-
hen zu betrachten. Ihre Inzidenz liegt bei bis zu 15%
in zirrhotisch veränderten Lebern. Histopathologi-
sach werden 2 Typen unterschieden.
∑ Beim Typ I werden Hepatozyten mit homogenem
Aufbau und ohne Atypien beobachtet.
∑ Der Typ II weist hingegen erhebliche Zeichen der
Atypie insbesondere im Kernbereich der Zellen
Abb. 7.139. 19-jährige Patientin mit bekannter Adenomatosis auf.
hepatis. In der kontrastverstärkten CT Nachweis zahlreicher
hypervaskularisierter Adenome, teils mit hypodensem zen- Ein Übergang des Typ II in ein HCC ist histologisch
tralen Nabel. Verlagerung der großen Abdominalgefäße bei
Hepatomegalie
fließend. Daher ist eine sichere Differenzierung von
adenomatöser Hyperplasie und HCC auch histolo-
gisch oft nur eingeschränkt möglich.Als Auslöser der
Erkrankung gelten die zur Zirrhose führenden Fak-
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie toren.
Nach Stellen der Verdachtsdiagnose in der Sonogra-
phie sollte eine Diagnosesicherung idealerweise mit- Klinische Symptomatik
tels MRT einschließlich fettgesättigter und dynami- Typische klinische Beschwerden sind bei der adeno-
scher kontrastverstärkter Sequenzen erfolgen. Steht matösen Hyperplasie nicht bekannt. Zumeist steht
die MRT nicht zur Verfügung, kann die Diagnose die Leberzirrhose bzw. deren Auslöser im Vorder-
auch mittels mehrphasiger CT (nativ, arteriell, venös) grund der Symptomatik.
gestellt werden. Die Spezifität der CT ist allerdings et-
was geringer als die der MRT. Radiologische Symptomatik
Eine adenomatöse Hyperplasie wird in der Bildge-
Merke ! Adenome sind benigne Lebertumo-
ren, die annähernd ausschließlich bei
bung zumeist zufällig im Rahmen der Abklärung
oder Verlaufskontrolle einer Leberzirrhose entdeckt.
Frauen im gebährfähigen Alter vorkommen. Ihre Dabei stellen sich die Herde in aller Regel echoarm in
Inzidenz ist mit der Einnahme von oralen Kontrazep- der Sonographie, hypodens in der CT sowie hyper-
tiva assoziiert. Typischerweise zeigt sich eine gut intens bzw. hypointens in T1- und T2-Wichtung der
abgrenzbare hypervaskularisierte und heterogene MRT dar. Nach Literaturangaben ist das Erschei-
Leberläsion. Fetteinlagerungen und Nekrosen sind nungsbild der dysplastischen Knoten jedoch bunt
häufig. Als typische Komplikationen gelten Einblu- und in vielen Fällen aufgrund der Inhomogenitäten
tungen und die Ruptur des Tumors. Die Diagnostik nur bedingt diagnostisch auswertbar (Abb. 7.140).
erfolgt günstigerweise mittels MRT. Abzugrenzen Nach Gabe extrazellulärer Kontrastmittel werden
sind insbesondere die adenomatöse Hyperplasie, die vergleichbare Enhancement-Muster in Sonographie,
FNH und das HCC. Die Prognose ist nach Absetzen CT und MRT beobachtet. So zeigen viele dysplasti-
der oralen Kontrazeptiva, nach medikamentöser sche Knoten keine wertbare Kontrastmittelaufnah-
oder operativer Therapie eines großen bzw. sympto- me. Insbesondere im Übergangsbereich zum HCC
matischen Adenoms normalerweise gut. werden jedoch auch deutliche Hyperperfusionen in
der arteriellen Kontrastmittelphase, analog zu klei-
Adenomatöse Hyperplasie nen HCC, beschrieben. Nach Applikation von organ-
spezifischen Kontrastmitteln kommen die Knoten
왔 Als adenomatöse Hyperplasie werden isointens zum umgebenden Lebergewebe zur Dar-
Definition
Knoten >1 cm im Durchmesser in der stellung.
Leber bezeichnet, die, im Rahmen der Regeneration, Katheterangiographie und nuklearmedizinische
in zirrhotisch umgewandelten Organen oder nach Verfahren spielen regelhaft keine Rolle in der Ab-
Leberzellnekrosen vorkommen. klärung dysplastischer Knoten. Wird die 99mTc-SC-
526 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Wichtung) dar. Sie zeigen regelhaft nur ein geringes


Enhancement nach extrazellulärer Kontrastmittel-
gabe. Allerdings sind eine Vielzahl von Übergangs-
formen mit buntem Erscheinungsbild und Kontrast-
verhalten beschrieben. Eine sichere Beurteilung be-
darf der histoloischen Abklärung, welche häufig nur
am Resektat möglich ist. Wegen der Übergangs-
formen ist aber auch die histologische Einordnung
und die Abgrenzung zum HCC oft erschwert. Als
wichtigste Differenzialdiagnosen sind neben dem
HCC vor allem der Regeneratknoten und das Ade-
nom zu unterscheiden.

Angiomyolipom
왔 Das Angiomyolipom der Leber ist ein
Definition
Abb. 7.140. Gut 2,5 Jahre altes Mädchen mit histologisch gesi- sehr seltener benigner hamartöser
cherter adenomatöser Hyperplasie nach Interferoneinnahme Tumor.
bei Hämangioendotheliose. Im B-Bild-Sonogramm Nachweis
eines unscharf begrenzten, iso- bis leicht hyperechogenen
Herdes dorsal im rechten Leberlappen (Pfeilspitze). Buntes Pathologisch-anatomische
Bild der Binnenstrukturen des Tumors und ätiologische Grundlagen
Neben der Niere ist die Leber die zweithäufigste Lo-
kalisation von Angiomyolipomen. Der rechte Leber-
Szintigraphie dennoch eingesetzt, finden sich ver- lappen ist häufiger als der linke betroffen. Ein gehäuf-
gleichbare Bildcharakteristika zur MRT mit organ- tes Auftreten bei Patienten mit tuberöser Sklerose ist
spezifischem Kontrastmittel. Die Akkumulation des beschrieben. Eine maligne Entartung ist nicht be-
Radiopharmakons im Knoten weist auf eine adeno- kannt.
matöse Hyperplasie, die verminderte bzw. fehlende Der mesenchymale Tumor enthält 10–90% fettige
Aktivitätsbelegung auf einen dysplastischen Knoten Anteile, glatte Muskelzellen, proliferierende Gefäß-
hin. strukturen und blutbildendes Mark. Meist ist er sin-
gulär und glatt begrenzt oder lobuliert. Seine Größe
Differenzialdiagnose variiert von wenigen Millimetern bis zu 30 cm.
Als wichtigste Differenzialdiagnose sind das HCC,
der Regeneratknoten in der Zirrhose und das Ade- Klinische Symptomatik
nom zu berücksichtigen. Letzteres weist, im Gegen- Dieser Tumor ist asymptomatisch und wird meist zu-
satz zum dysplastischen Knoten, jedoch in der Regel fällig entdeckt. Als Komplikation gilt die Tumorein-
keine Portalfelder auf und kann so differenziert blutung. Dann kann es zu rechtsseitigen Oberbauch-
werden. beschwerden kommen. Therapeutisch wird lediglich
bei der Einblutung eine Resektion ggf. eine Tumor-
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie embolisation angestrebt.
Dysplastische Knoten lassen sich mit allen bildge-
benden Schnittbildverfahren darstellen. Eine Diffe- Radiologische Symptomatik
renzierung zum HCC ist jedoch in vielen Fällen nur Abhängig vom Fettgehalt stellt sich das Angiomyo-
histologisch und auch da nur eingeschränkt möglich. limpom in der Sonographie homogen oder heterogen
Neben der Sonographie ist – vor allem im Hinblick echoreich dar. Wenn die muskulären oder vaskulären
auf eine Leberzirrhose – die MRT, ggf ergänzt durch Anteile überwiegen bzw. Einblutungen vorhanden
die Applikation von organspezifischen Kontrastmit- sind, kann dieser Tumor heterogen und auch echo-
teln, der CT vorzuziehen. arm sein.
In der CT zeigt sich vor Kontrastmittelgabe eine
Merke ! Die adenomatöse Hyperplasie ist eine
Übergangsform im zirrhotischen
gut abgrenzbare Läsion mit heterogener Binnen-
struktur. Die Fettanteile sind dabei hypodens zum
Umbau der Leber zum HCC. Hinweisend auf die Dia- umgebenden Lebergewebe und weisen fettgewebs-
gnose sind >1 cm große, glatt begrenzte Knoten in- äquivalente Dichtewerte auf. Nach Kontrastmittel-
nerhalb der zirrhotisch veränderten Leber. Dabei gabe kommt es in der arteriellen Phase zu einer deut-
stellen sich die Knoten zumeist echoarm, hypodens lichen Kontrastmittelaufnahme in den Gefäß- und
bzw. hypointens in Sonographie, CT und MRT (T2- Muskelanteilen des Tumors. Dabei ist das Enhance-
7.5 Tumoren 527

Abb. 7.141 a–d. 25-jährige Patientin mit Zufallsbefund eines


intrahepatischen Angiomyolipoms mit hohem Fettanteil.
a Axiales MRT-Bild in T1-Wichtung nativ mit Darstellung ei-
ner glatt begrenzten, gering inhomogenen und deutlich hyper-
intensen Raumforderung zentral in der Leber (Pfeil). Verdrän-
gung der mittleren Lebervene durch den Tumor (Pfeilspitze).
b Analoge Darstellung zu a nach i. v. Applikation von Gadolini-
um-haltigem Kontarstmittel. In T1-Wichtung mit Fettsatura-
tion nur geringes Enhancement in den myomatösen Anteilen
des Hamartoms bei fehlendem Enhancement der fettigen An-
teile. c In der nativen T2-Wichtung geringe Hyperintensität des
Angiomyolipoms (Pfeil). d Die T2-gewichtete Sequenz mit
Fettsaturation zeigt den Herd aufgrund des hohen Fettgehalts
stark hypointens, aufgrund des verbliebenen myomatösen An-
teils jedoch nicht vollständig signalfrei (Pfeil) a

ment in der früharteriellen Phase ausgeprägter als


spätarteriell. Aufgrund der Gefäßproliferationen er-
gibt sich eine prolongierte Kontrastmittelaufnahme.
Mittels CTA können bei größeren Läsionen Gefäße
innerhalb des Angiomyolipoms direkt dargestellt
werden. Dagegen erscheint die Läsion in der portal-
venösen Phase eher homogen hypodens.
Die Fettanteile des Angiomyolipoms bilden sich in
der MRT in T1-Wichtung signalreich gegenüber den
übrigen Tumorkomponeneten und dem umgeben- b
den Lebergewebe ab (Abb. 7.141 a). Auf Opposed-
phase-Aufnahmen kommt es zu einem Signalver-
lust im Vergleich zu den In-phase-Aufnahmen. Nach
Kontrastmittelgabe zeigen, analog zur CT, die
nichtfettigen Anteile ein deutliches Enhancement
(Abb. 7.141 b). Auch in der T2-Wichtung stellen
sich die fetthaltigen Tumoranteile leicht hyperin-
tens gegenüber den muskulären Abschnitten dar
(Abb. 7.141 c). Die vaskulären Anteile zeigen ein
deutlich erhöhtes Signal. Mit Hilfe fettsaturierter
Sequenzen kann der Fettanteil des Tumors durch Sig-
nalverlust angezeigt werden (Abb. 7.141 d).
Eine CE-MRA wird in der Regel nicht durchge- c
führt, kann jedoch, bei entsprechender Größe des
Herdes, im Tumor gelegene Gefäße direkt nachwei-
sen. Organspezifische Kontrastmittel bieten keinen
diagnostischen Vorteil.
Katheterangiographische und nuklearmedizini-
sche Verfahren spielen für die Diagnose des Angio-
myolipoms keine Rolle.

Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnostisch sind alle fokalen Leber-
läsionen, die Fett enthalten können, zu berücksichti-
gen. Wichtig sind dabei vor allem Lipome, die im Ge-
gensatz zu Angiomyolipomen jedoch keinerlei Kon- d
trastmittelaufnahme zeigen. Die fokale Verfettung
der Leber ist meist schlechter abgrenzbar, und die
normalen Lebergefäße verlaufen unauffällig inner-
halb der Verfettungszone. Adenom und FNH stellen
528 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

in der Regel gut abgrenzbare Läsionen, ggf. mit blastenreiche mesenchymale Bindegewebe besteht
Pseudokapsel und charakteristischem Enhancement hauptsächlich aus sauren Mukopolysacchariden. In-
auf kontrastverstärkten Bildern dar. Ausgeschlossen nerhalb des Stromas finden sich Gefäße, daneben di-
werden müssen das HCC, das ebenfalls Fett enthalten latierte, z. T. flüssigkeitgefüllte Lymphspalten, die
kann, und Metastasen von Teratomen oder Lipo- wässeriges oder gelantinöses Material beinhalten.
sarkomen. Erstere enthalten allerdings in der Regel Meist handelt es sich um eine gut abgrenzbare multi-
weniger Fett als Angiomyolipome, letztere weisen zystische Raumforderung, jedoch können mesenchy-
häufig Verkalkungen auf. male Hamartome auch völlig solide sein.

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Klinische Symptomatik


Da der erhöhte Fettanteil innerhalb einer zirkums- Die Patienten werden durch einen palpablen Ober-
kripten Läsion als pathognomonisch für das Angio- bauchtumor, Völlegefühl oder eine schmerzlose Ab-
myolipom anzusehen ist, stellt die MRT einschließ- dominalvergrößerung symptomatisch. Gelegentlich
lich fettsensitiver Sequenzen die Methode der Wahl werden diese Tumoren bereits im pränatalen Ultra-
dar. Dabei können entweder Aufnahmen in T1-Wich- schall diagnostiziert. In Einzelfällen fallen die Kinder
tung „in-phase“ und „opposed-phase“ oder Bilder in durch respiratorische Probleme aufgrund des Ober-
T2-Wichtung mit Fettsaturation akquiriert werden. bauchtumors und Zeichen der unteren Einflussstau-
Eine dynamische Sequenz nach Kontrastmittelgabe ung auf.
ist vor allem zur Beurteilung des nichtfetthaltigen Die primäre Therapie ist konservativ und abwar-
Tumoranteils hilfreich. tend, da die Tumoren eine spontane Tendenz zur Re-
gression zeigen. Allerdings gibt es einige dokumen-
Merke ! Das Angiomyolipom ist ein seltener
benigner Lebertumor, der mit der
tierte Fälle einer malignen Transformation zu einem
undifferenzierten embryonalen Sarkom.
tuberösen Sklerose assoziiert ist. Fettgewebsanteil
und Größenausdehnung sind außerordentlich varia- Radiologische Symptomatik
bel. Der Nachweis von größeren Fettanteilen ist dia- In der Sonographie stellt sich der Tumor im typi-
gnoseführend. Daher stellt die MRT mit fettsensitiven schen Fall als eine multiseptierte zystische Raumfor-
Sequenzen die Methode der Wahl dar. Differenzial- derung dar. Dabei ist häufig eine größere dominante
diagnostisch sollten andere fetthaltige Lebertumoren Zyste zu erkennen. Je nach Differenzierungsgrad
berücksichtigt werden. Dabei müssen vor allem Ma- kann der Tumor homogen sein oder ein ganz buntes
lignome wie das HCC und Metastasen von Liposar- Bild bieten. Gelegentlich ist der Zysteninhalt bedingt
komen und Teratomen ausgeschlossen werden. durch Einblutungen echoreich. Weniger typisch ist
ein solides Erscheinungsbild. Die Farbdopplersono-
Mesenchymales Hamartom graphie gibt Informationen über die zuführenden
Gefäße sowie das Ausmaß der Vaskularisation.
왔 Das mesenchymale Hamartom der Computertomographisch variiert das Erschei-
Definition
Leber ist ein gutartiger Missbildungs- nungsbild von einer multizystischen Raumforderung
tumor im Kindesalter. bis zum soliden Tumor. Die zystische Form weist
hauptsächlich hypodense Areale auf und wird von
Pathologisch-anatomische kontrastmittelaufnehmenden Septen durchzogen.
und ätiologische Grundlagen Beim soliden Tumor können multiple kleine Zysten
Etwa 22% der gutartigen und etwa 6% aller kindli- nachgewiesen werden. In den soliden Tumoranteilen
chen Lebertumoren sind mesenchymale Hamarto- findet sich ein deutliches Kontrastmittel-Enhance-
me. Die tumoröse Missbildung tritt fast ausschließ- ment (Abb. 7.142).
lich bei Säuglingen und Kleinkindern unter 2–3 Jah- Auch in der MRT bietet sich, abhängig von der Tu-
ren auf. Jungen sind doppelt so häufig betroffen wie morzusammensetzung, ein homogenes bis buntes
Mädchen. Seine Größe variiert von 5–30 cm, und et- Bild. Die zystischen Räume innerhalb der Läsion sind
wa 20% weisen einen Stiel auf. Der rechte Leberlap- in der T2-Wichtung signalreich und in der T1-Wich-
pen ist etwa 6-mal häufiger betroffen als der linke. tung signalarm. Nach Kontrastmittelgabe nehmen,
Die Läsion geht aus dem Mesenchym des Portal- analog der CT, die Septen zwischen den zystischen
felds hervor und lässt sich als lokalisierte Fehlbil- Arealen und die soliden Tumoranteile deutlich Kon-
dung der Duktalplatte auffassen. Als gut abgrenzbare trastmittel auf.
Raumforderung ist sie aus einer disorganisierten Mi- Leberspezifische Kontrastmittel, katheterangiogra-
schung von Mesenchym, abnormen Gallengängen phische und nuklearmedizinische Verfahren kommen
und Hepatozyten aufgebaut. Das gefäß- und fibro- nicht zum Einsatz.
7.5 Tumoren 529

Inflammatorischer Pseudotumor
왔 Der inflammatorische Pseudotumor
Definition
der Leber ist eine primär gutartige
Raumforderung entzündlicher Genese, die einen
malignen Tumor innerhalb des Organs und im Be-
reich des Hilus vortäuschen kann.

Synonyme: entzündlicher Pseudotumor, inflammato-


rischer Myofibroblastentumor, postinflammatori-
scher Tumor, Histiozytom und Plasmazellgranulom.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Inflammatorische Pseudotumoren sind in jeder Lo-
kalisation selten und kommen bevorzugt in der Lun-
ge oder der Orbita vor. In der Leber sind bisher etwa
Abb. 7.142. Knapp 2 Jahre alter Junge mit histologisch gesi-
chertem mesenchymalem Hamartom. In der kontrastverstärk- 100 Fälle beschrieben. Männer sind 3-mal häufiger
ten CT Darstellung eines weitgehend hypodensen Tumors, der betroffen als Frauen. Das Prädilektionsalter der Er-
weite Teile des rechten und linken Leberlappens einnimmt. krankung liegt im mittleren Lebensalter. Allerdings
Deutliches Kontrastenhancement in den soliden Tumorantei- wurden auch Einzelfälle bei Kindern beschrieben.
len (Pfeil)
Die Ursache der Erkrankung ist bisher nicht be-
kannt. Neueren Arbeiten zufolge ist eine Mischinfek-
tion von Aktinomyzeten und Bakterien wahrschein-
Differenzialdiagnose lich. Zusätzlich wird eine virale Genese diskutiert.
Abzugrenzen sind vor allem andere primäre Leber- Bisher konnte auch die hauptsächliche Gewebskom-
tumoren des Kindesalters wie Hepatoblastom, undif- ponente nicht eindeutig festgestellt werden. Disku-
ferenziertes embryonales Sarkom und HCC. tiert werden follikuläre Retikulumzellen, Plasma-
zellen und Myofibroblasten.
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Makroskopisch sind die Tumoren in der Regel
Nach der initialen Sonographie einschließlich Farb- umschrieben, jedoch ohne Kapsel und kommen be-
dopplersonographie sollte eine MRT mit dynami- vorzugt im rechten Leberlappen oder im Leberhilus
scher Kontrastmittelapplikation erfolgen. Steht die vor. Das histologische Bild ist variantenreich, weist
MRT nicht zur Verfügung, kann die Abklärung auch jedoch neben polygonalen Plasmazellen typischer-
mittels kontrastverstärkter CT erfolgen. Da jedoch weise Spindelzellen, Makrophagen und eosinophile
durch kein bildgebendes Verfahren die Diagnose Granulozyten auf. Eine Infiltration in das umgebende
sicher gestellt werden kann, erfolgt immer eine Lebergewebe findet nicht statt, sodass mikroskopisch
offene Biopsie. Zeichen der Druckatrophie an benachbarten Zell-
bälkchen und Gefäßen nachweisbar sind.
Merke ! Das mesenchymale Hamartom ist ein
relativ häufiger benigner Lebertumor Klinische Symptomatik
im Kindesalter und tritt vor allem bei Jungen bis zum Die klinische Symptomatik ist unspezifisch, weist je-
3. Lebensjahr auf. Im typischen Fall handelt es sich doch auf einen entzündlichen Prozess der Leber hin.
um eine multizystische septierte Raumforderung mit So werden rezidivierende unklare Fieberschübe, teils
Weichgewebeanteil, wobei eine dominierende Zyste Schüttelfrost, rechtsseitige Oberbauchbeschwerden
vorhanden ist. Neben der Sonographie kommt im und allgemeines Unwohlsein beobachtet. Auch spe-
Rahmen der Abklärung vor allem die MRT mit Kon- zielle laborchemische Veränderungen sind bisher
trastmittelgabe zum Einsatz. Der Übergang in ein nicht beschrieben, eine Erhöhung organspezifischer
undifferenziertes embryonales Sarkom ist in eini- Tumormarker ist nicht festzustellen.
gen wenigen Fällen dokumentiert. Nach Diagnose- Therapeutisch stellt, neben der Steroidbehand-
sicherung durch Biopsie ist die Therapie aufgrund lung, die Resektion die Methode der ersten Wahl dar.
der hohen Spontanremissionsrate konservativ. Abzu- Über antibiotische, chemotherapeutische oder radio-
grenzen sind andere primäre Lebertumoren des Kin- gene Behandlungsverläufe liegen lediglich Einzel-
desalters, insbesondere das Hepatoblastom und das berichte vor. Daneben sind Spontanremissionen be-
undifferenzierte embryonale Sarkom. schrieben.
530 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

rücksichtigen. Im Falle einer im Leberhilus gelegenen


Raumforderung müssen vergrößerte Lymphknoten,
ein peripheres CCC, das Rhabdomyosarkom und der
extrahepatische Abszess ausgeschlossen werden.

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


Neben der Sonographie sollte die weitere Abklärung
immer eine mehrphasige CT, günstigerweise ein-
schließlich Sekundärrekonstruktionen enthalten.
Eine MRT mit MRCP kann das verdrängende Wachs-
tum mit Pelottierung der benachbarten Leitstruktu-
ren der Leber dokumentieren.

Merke ! Der inflammatorische Pseudotumor


der Leber ist selten und seine Ätiolo-
gie bisher nicht vollständig geklärt. Als histologisch
wegweisend gelten neben polygonalen Plasmazel-
len insbesondere Spindelzellen. Typische klinische
Abb. 7.143. 14-jähriges Mädchen mit operativ gesichertem Symptome bestehen nicht, das Beschwerdebild kann
inflammatorischem Pseudotumor. Auf den MRT-Bildern in jedoch auf einen entzündlichen Abdominalprozess
T1-Wichtung nach Applikation von Gadolinium-haltigem hinweisen. In der Bildgebung stellen sich die Tumo-
Kontrastmittel zeigt sich eine hypodense Raumforderung im
Leberhilus (Pfeil). Der Tumor selbst weist nur in seiner Peri-
ren meist schlecht abgrenzbar, gemischt in Echogeni-
pherie ein geringes Kontrastenhancement auf. Zusätzlich tät, Dichte bzw. Signalintensität und mit kraftigem
leichtes Enhancement in den innerhalb der Läsion nachweis- randständigen, ggf. septalen Enhancement dar. Eine
baren Septen histologische Klärung ist fast immer erforderlich. An
Differenzialdiagnosen sind entzündliche sowie ma-
ligne Raumforderungen zu berücksichtigen.

Radiologische Symptomatik 7.5.1.2


Mit allen bildgebenden Verfahren wird die intra- Maligne primäre Tumoren der Leber
hepatische oder im Hilus gelegene Raumforderung Primäre maligne Lebertumoren gehören zu den häu-
nachgewiesen und häufig mit einem malignen Tu- figsten Tumorentitäten mit einer weltweiten Inzidenz
mor verwechselt. Im Gegensatz hierzu weisen Gefäße von etwa 1 Mio./Jahr. Männer sind dabei etwa 4-mal
und Gallengänge beim Pseudotumor jedoch Zeichen häufiger betroffen als Frauen.
der Verdrängung und nicht der Infiltration auf. Dabei ist das von den Hepatozyten ausgehende he-
Sonographisch zeigt sich eine inhomogene oder patozelluläre Karzinom (HCC) der häufigste maligne
gering echoreiche Raumforderung mit unscharfer Lebertumor des Erwachsenenalters in Westeuropa
Begrenzung. Analog hierzu findet sich in der Nativ- (90%). Weitere 5–10% der malignen Tumoren gehen
CT in der Regel eine zur Umgebung unscharf be- von den intrahepatischen Gallengängen aus und wer-
grenzte, hypodense Läsion mit zentraler Septierung. den daher als cholangiozelluläre Karzinome (CCC)
Nach Kontrastmittelgabe zeigt sich zumeist ein kräf- bezeichnet. Einzelne Fälle einer kombinierten Entität
tiges peripheres sowie septales Enhancement. Mittels von HCC und CCC wurden bevorzugt aus Südost-
MRT (Abb. 7.143) erkennt man eine sich in T2-Wich- asien berichtet, ebenso wie das gleichzeitige Auftre-
tung inhomogen bis leicht hyperintens dokumentie- ten eines CCC im linken Leberlappen bei Vorliegen
rende Formation mit analogem Enhancement zur CT eines HCC im rechten Leberlappen.
nach extrazellulärer Kontrastmittelapplikation. Alle übrigen Tumorentitäten wie fibrolamelläre
Andere bildgebende Verfahren haben keine regel- Karzinome, maligne epitheloide Hämangioendo-
hafte Bedeutung. Die letztendliche Klärung erfolgt theliome, Angiosarkome der Leber („Thorotrast-Tu-
annähernd immer histologisch. mor“), biliäre Zystadenokarzinome und embryonale
Sarkome sind sehr selten. Sie machen zusammen um
Differenzialdiagnose 5% der primären malignen Lebertumoren aus.
Als wichtigste Differenzialdiagnosen sind, bei intra- Im Kindesalter ist das Hepatoblastom, das von
hepatischer Lokalisation des Pseudotumors der älte- embryonalen bzw. fetalen Hepatozyten ausgeht, der
re Abszess, das intrahepatische CCC, das HCC und häufigste primäre maligne Lebertumor (54%), ge-
die Metastase unterschiedlicher Primarien zu be- folgt vom HCC (35%).
7.5 Tumoren 531

Hepatozelluläres Karzinom (HCC) Trotz zahlreicher epidemiologischer Studien


scheint auch weiterhin die Rolle des HBV und HCV
왔 Das HCC ist eine maligne epitheliale als direktes Kanzerogen des HCC unklar. So konnte
Definition
Neoplasie der Leberparenchymzellen. einerseits eine strenge Korrelation zwischen HBV-
Trägern und einer erhöhten Inzidenz des HCC nach-
Pathologisch-anatomische gewiesen werden. Andererseits scheinen die klini-
und ätiologische Grundlagen schen Bilder von Patienten mit HCC und chronischer
Das HCC ist der häufigste primäre maligne Leber- HBV-Trägerschaft regional deutlich zu variieren.
tumor im Erwachsenalter, sowie der zweithäufigste Gleiches gilt für Patienten mit HCC und chronischer
primäre maligne Lebertumor im Kindesalter. Welt- HBV- bzw. HCV-Trägerschaft. Der Altersgipfel der
weit betrachtet ist die Häufigkeit des Auftretens eines Entwicklung eines HCC liegt bei chronischen HBV-
HCC jedoch sehr unterschiedlich. Sie wird nach Inzi- Trägern bei etwa 52 Jahren, für chronische HCV-Trä-
denzzonen eingeteilt und hängt u. a. direkt mit dem ger bei etwa 62 Jahren. Demgegenüber liegt das typi-
prozentualen Anteil der Hepatitis-B-Virus- (HBV-) sche Zeitintervall für die Entstehung eines HCC nach
Träger in der Bevölkerung zusammen. Man unter- erfolgter Transfusion mit HBV-infiziertem Blut bei
scheidet eine Hochinzidenzzone (30–120/100.000; 40–50 Jahren, für die HCV-infizierte Blutübertra-
6–14% HBV-Träger), die China, Südostasien und gung bei etwa 30 Jahren.
Afrika (Südsahara) umfasst, von der Mittelinzidenz- Als weitere relevante Kanzerogene neben der
zone (8–25/100.000; 2–5% HBV-Träger) zu der Japan HBV- und HCV-Infektion gelten heute alimentäre
und Südeuropa zählen. Zu der Niederinzidenzzone Faktoren wie Alkohol und Zigarettenkonsum sowie
(1–4/100.000; <0,5% HBV-Träger) gehören die USA die Autoimmunhepatitis. Die Ernährung mit feucht
sowie Nord- und Mitteleuropa. gelagertem Getreide oder Reis, welches das Gift
Das Manifestationsalter liegt in der Hochinzidenz- Aflatoxin des Schimmelpilzes Aspergillus enthält,
zone zwischen dem 30. und 45. Lebensjahr, in der stellt vorwiegend in Afrika und Südostasien ein
Niederinzidenzzone meist nach dem 50. Lebensjahr Problem dar. Medikamenteneinnahme (östrogene
mit einem Altersgipfel in der 6. bis 7. Lebensdekade. Steroide), metabolische Erkrankungen (Hämochro-
Im Kindesalter weist das HCC 2 Erkrankungsgipfel matose, Morbus Wilson, a1-Antitrypsin-Mangel,
auf: zwischen 2 und 4 Jahren und zwischen 12 und Tyrosinämie Typ 1, Galaktosämie, Glykogenose) und
14 Jahren. Bei Kindern unter 3 Jahren tritt das HCC die damit verbundene Leberzirrhose als irreversibler
selten auf. Endzustand sind weitere ätiologische Faktoren. Be-
Männliche Patienten sind generell häufiger be- sondere Bedeutung kommt dabei der kryptogenen
troffen als weibliche, was auch im Kindesalter der Fall Leberzirrhose zu. Die PBC ist hingegen als Prä-
ist. In Niederinzidenzzonen beträgt das Verhältnis kanzerose des CCC und nicht des HCC anzusehen.
von Männern zu Frauen 2,5:1, in Hochinzidenzzonen Morphologisch und makroskopisch präsentiert
8:1. sich das HCC in 4 verschiedenen Wachstumsformen,
Von den HCC treten weltweit etwa 30% post- die für die Bildgebung relevant sind. Man unterschei-
zirrhotisch auf. HCC in nichtzirrhotischen Lebern det
werden vor allem in den Gebieten mit hoher Inzidenz
∑ den infiltrativen (33%),
beobachtet. In Europa und Nordamerika entwickeln
∑ den expansiven (solitärer Knoten oder multiple
sich 80% der HCC auf dem Boden einer posthepati-
Knoten; 18%),
tischen oder nutritiv-toxisch bedingten Zirrhose. Die
∑ den gemischt infiltrativ-expansiven (42%) und
Assoziation mit der Leberzirrhose ist im Kindesalter
∑ den diffusen Typ (5%).
weniger häufig, aber immerhin leiden 50% der
Kinder mit HCC unter chronischen Erkrankungen Histologisch wird das HCC in 4 Malignitätsgrade un-
wie Tyrosinämie, Zystinose, Glykogenose Typ I, Gal- terteilt (G1: hoch differenziert, G4: undifferenziert)
lengangsatresie, Alagille-Syndrom, a1-Antitrypsin- und weist die in Tabelle 7.15 aufgeführten Unter-
Mangel, Wilson-Syndrom oder chronischer Hepati- typen auf. Darüber hinaus tritt das HCC noch in den
tis. zytologischen Varianten des Verfettungstyps, Klar-
Letztlich konnte bisher nicht geklärt werden ob die zelltyps und Riesenzelltyps auf. Die Metastasierung
Zirrhose per se als Präkanzerose des HCC anzusehen des HCC erfolgt je nach Typ lymphogen in die
ist oder die sie auslösenden Faktoren. Ebensowenig Lymphknoten der Leberpforte und hämatogen am
ist bisher nachgewiesen, inwieweit die Limitation der häufigsten in die Lunge, in das Skelettsystem, die
Prognose des Patienten mit HCC vom Tumor selbst Nebennieren und das ZNS.
oder der bereits vorbestehenden Zirrhose bestimmt Die Staging-Einteilung des HCC erfolgt nach den
wird. Kriterien der UICC nach TNM (Tabelle 7.16) und
532 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Tabelle 7.15. Histologische Untergruppen des HCC. (Nach An- Tabelle 7.16. TNM-Klassifikation der Tumoren von Leber und
thony 1994 und Hirohashi et al. 2000) intrahepatischen Gallengängen. (Nach UICC 2002)

Muster Kriterium TNM Beschreibung

Architektonisch Trabekulär-sinusoidal Primärtumor (T)


Pseudoglandulär-azinär Tx Primärtumor nicht beurteilbar
Kompakt/solide T0 Kein Primärtumor nachweisbar
Szirrös T1 Singulärer Tumor ohne Gefäßinfiltration
Zytologisch Pleomorphzellig T2 Singulärer Tumor mit Gefäßinfiltration oder
Klarzellig Multiple Tumoren £5 cm
Sklerosierend T3 Multiple Tumoren >5 cm oder
Sarkomatös Tumoreinbruch in einen Hauptast
Fettig degeneriert der Pfortader oder der Lebervenen
Gallenproduktion T4 Tumor mit Wachstum per continuitatem
Mallory-Körperchen in benachbarte Organe mit Ausnahme
Globuläre Hyalinkörperchen der Gallenblase oder
a1-Antitrypsin-Einschlüsse Mit Perforation des viszeralen Peritoneums
Milchglaseinschlüsse
Regionale Lymphknoten (N)
Histologisch Fibrolamellär Nx Regionale Lymphknoten nicht beurteilbar
Kombiniert hepatozellulär- N0 Keine regionären Lymphknotenmetastasen
cholangiozellulär nachweisbar
Undifferenziert N1 Regionale Lymphknotenmetastasen

Fernmetastasen (M)
Mx Fernmetastasen nicht beurteilbar
M0 Keine Fernmetastasen nachweisbar
M1 Fernmetastasen

hieraus resultierenden Stadien (Tabelle 7.17). Diese


Klassifikation findet für alle intrahepatischen primä- Tabelle 7.17. Stadieneinteilung der Tumoren von Leber und
ren Lebertumoren Anwendung. Eine an klinischen intrahepatischen Gallengängen. (Nach UICC 2002)
Kriterien orientierte und zur Abschätzung der Pro-
Stadium T-Kategorie N-Kategorie M-Kategorie
gnose verwendete Einteilung des HCC beschreibt die
Klassifikation nach Okuda von 1984 (Tabelle 7.18), I T1 N0 M0
die weiterhin in Gebrauch ist. II T2 N0 M0
IIIA T3 N0 M0
Klinische Symptomatik
Bei Kindern fällt das HCC den Eltern oder dem Kin- IIIB T4 N0 M0
derarzt im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen IIIC T0–T4 N1 M0
meist als tastbare Resistenz auf. Anorexie, Gewichts- IV T0–T4 N0–N1 M1
verlust, Erbrechen, Ikterus und Bauchschmerzen
können auftreten und sind häufiger als beim Hepa-
toblastom. Laborchemisch wird das Alphafetoprotein
(AFP) bei Kindern mit HCC in 40–50% der Fälle Tabelle 7.18. Klassifikation des HCC. (Nach Okuda et al. 1984)
erhöht.
Auch beim erwachsenen Patienten stehen un- Parameter Messwert Punkte
charakteristische Beschwerden wie Gewichtsverlust, Tumorgröße >50% der Leber 1
Druck und Schmerzen im rechten Oberbauch, Appe- <50% der Leber 0
titlosigkeit und Abgeschlagenheit im Vordergrund. Aszites Vorhanden 1
Die Symptomatik wird bei schon bestehender Nicht vorhanden 0
Zirrhose wesentlich durch diese geprägt und be- Serumalbuminwert >3 g/dl 1
stimmt. Eine rasche Verschlechterung des allgemei- <3 g/dl 0
nen klinischen Zustands oder das plötzliche zusätz- Serumbilirubinwert >3 mg/dl 1
liche Auftreten der genannten Symptome bei zuvor <3 mg/dl 0
gut kompensierter Zirrhose muss an ein Karzinom Stadium 1 0
denken lassen. Gleiches gilt bei rasch sich ent- Stadium 2 1–2
wickelnder Dekompensation der Zirrhose mit Öso- Stadium 3 3–4
phagusvarizen, Blutungen, Aszites und schließlich
Ikterus.
7.5 Tumoren 533

Auch ohne vorherige Zirrhose treten die unspezi-


fischen Symptome auf. Sie entwickeln sich jedoch
Merke ! Wichtig ist es, auf Tumorthromben in
den Lebervenen und der Pfortader zu
wesentlich langsamer, und die Leberwerte (AP, g-GT, achten, da diese als Hinweis auf eine Gefäßinvasion
GPT und GOT) bleiben lange normal. Die Leber ist anzusehen und damit entscheidend für das Staging
meist groß, sehr derb und mit harten Knoten zu tas- des HCC sind.
ten. Eine Erhöhung der alkalischen Phosphatase gilt
als wichtig. Auch bei Erwachsenen ist das AFP als In der Sonographie ist das HCC meist inhomogen
Tumormarker von großer Bedeutung. Werte >200– aufgrund der Tumornekrosen und Einblutungen,
400 ng/ml gelten als dringend verdächtig auf das Vor- wobei der solide Tumoranteil meist etwas echoärmer
liegen eines HCC und werden von einigen Arbeits- als das normale Leberparenchym ist. Bei fettigem
gruppen auch ohne bildgebend-morphologischen Umbau zeigt die Läsion auch echoreiche Areale und
Tumornachweis als beweisend angesehen. ist damit ggf. mit einem Hämangiom zu verwechseln.
Therapeutisch stehen für Patienten mit HCC Sta- Eine Pseudokapsel kann als echoarmes Band erkenn-
dium I und II abhängig von der Ausprägung der bar sein. In der Farbdopplersonographie zeigt sich
Leberzirrhose die Leberteilresektion, lokal ablative eine hypervaskularisierte Läsion mit Gefäßshunts,
Verfahren (Radiofrequenzablation), die lokale Injek- wobei kleine HCC nicht sicher von Hämangiomen
tionstherapie mit Äthanol oder ggf. die Transplanta- und Metastasen unterschieden werden können. Nach
tion zur Verfügung. Deutlich eingeschränkter und intravenöser Kontrastmittelgabe erkennt man ver-
prognostisch schlechter sind die Therapieoptionen gleichbare Enhancement-Muster wie in der CT.
bei den Stadien III und IV. Lediglich bei Patienten oh- In der Nativ-CT muss zwischen nichtzirrhotischer
ne Zirrhose kommen hier resektive Verfahren wie die und zirrhotischer Leber unterschieden werden. Das
Hemihepatektomie in Betracht. Die am häufigsten HCC in einer nichtzirrhotischen Leber stellt sich je
angewendete Therapieform ist jedoch in diesen nach Wachstumstyp entweder als eine größere, soli-
Stadien die kathetergestützte Chemoembolisation täre, schlecht abgrenzbare hypodense Raumforde-
(TACE) mit einer Kombination von lokal applizierten rung mit Nekrose, Fett oder Verkalkungen dar. Die
Chemotherapeutika (z. B. Cisplatin, Doxorubicin, Form mit multifokalen, gut abgrenzbaren, hypoden-
Mitomycin C) und das zuführende Gefäß verschlie- sen Herden zeigt hingegen selten zentrale Nekrosen.
ßenden Mikropartikeln. Alternativ werden innerhalb Als Mischform ist eine große hypodense Raumforde-
klinischer Studien systemische Chemotherapie- rung mit begleitenden Satellitenherden anzusehen.
ansätze verfolgt. Dennoch ist die Prognose mit einer In einer zirrhotisch umgebauten Leber hingegen
Mortalität von 90%, einer Resektabilitätsrate von können alle beschriebene Wachstumstypen iso-
17%, einer durchschnittlichen Überlebenszeit von hypodens, in Einzelfällen auch hyperdens sein
6 Monaten und einer Fünfjahresüberlebensrate von (Abb. 7.144 a). Sie sind generell schlecht vom umge-
30% schlecht. benden Lebergewebe zu differenzieren. Extrahepa-
tisch zeigen sich Aszites und Varizen.
Radiologische Symptomatik Nach Kontrastmittelgabe erkennt man in der arte-
Im Kindesalter ähneln sich die Erscheinungsbilder riellen Phase der Mehrphasen-CT bei kleinen Herden
von Hepatoblastom und HCC so sehr, dass eine Un- ein starkes und frühes Enhancement im Sinne einer
terscheidung in der Bildgebung nicht sicher möglich Hyperperfusion. Größere Herde zeigen zumeist ein
ist. Ähnlich schwierig ist bei vorhandener Leber- inhomogenes Enhancement, ggf. mit Nachweis im
zirrhose beim Erwachsen die Differenzierung von Rahmen der Zirrhose veränderter Korkenzieherge-
Regeneratknoten und kleinem Tumorknoten. Auf- fäße sowie Perfusionsdefekte der umgebenden Leber-
grund der verschiedenen histologischen Typen und abschnitte durch arterielle Minderperfusion. In der
morphologisch unterschiedlichen Wachstumsfor- portalvenösen Phase signalisieren keilförmige Per-
men ist das Erscheinungsbild des HCC in allen bild- fusionsdefekte Tumorthromben in der Pfortader und
gebenden Verfahren entsprechend vielgestaltig. Soli- die fehlende Lebervenendarstellung ein durch venö-
de oder vornehmlich solide Tumoren mit oder ohne se Thromben ausgelöstes Budd-Chiari-Syndrom. Der
Tumorkapsel, die Einblutungen und Verkalkungen Tumorknoten selbst zeigt meist ein inhomogenes, ge-
oder Narben aufweisen, mit und ohne Satelliten, genüber dem umgebenden Lebergewebe verminder-
kommen neben zystisch-nekrotischen Tumoren mit tes Kontrastmittel-Enhancement (Abb. 7.144 b, c).
intratumoralen Septen und diffus wachsenden Tu- Die früher häufig durchgeführten kombinierten CT-
moren vor. Verfahren in Form der CTHA oder der CTAP haben
heute im Routinebetrieb keine Bedeutung mehr.
534 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.144 a–c. 65-jähriger Patient mit multifokalem HCC auf b


dem Boden einer Hepatitis-induzierten Leberzirrhose. a In der
Nativ-CT inhomogene Parenchymstruktur der Leber. Auf- Abb. 7.145 a, b. 61-jähriger Patient mit bekannter alkohol-
grund der Vorwölbungen der Kapsel dringender Verdacht auf induzierter Leberzirrhose und großer Raumforderung im
maligne fokale Läsion (Pfeil). Keine Verkalkungen. b Während rechten Leberlappen. a In der dynamischen MRT-Sequenz in
der arteriellen KM-Perfusionsphase deutliches Enhancement T1-Wichtung zeigen die Subtraktionsaufnahmen eine Hyper-
zahlreicher Herde in beiden Leberlappen (Pfeilspitzen). Der vaskularisation der Raumforderung (Pfeile). Zusätzlich in den
größte Herd zeigt ein mäßiges Enhancement (Pfeil). c In der frühen Aufnahmen (oben) Nachweis von korkenzieherartigen
portalvenösen KM-Phase erneute Maskierung der hypervas- Gefäßen (Pfeilspitze). In den späten Aufnahmen (unten) Nach-
kularisierten Herde (Pfeilspitzen). Stark hypodense Darstel- weis einer deutlich vermehrten Tumorvitalität in den dorsalen
lung des Hauptbefundes (Pfeil) Abschnitten der Raumforderung. Nur mäßige Abgrenzbarkeit
zum übrigen Lebergewebe. b Nach Applikation von SPIO-hal-
tigem Kontrastmittel annähernd homogene Signalintensität
des Tumors, jedoch sehr gute Abgrenzbarkeit zum umgeben-
den Gewebe (Pfeile)
7.5 Tumoren 535

In der MRT weist das HCC eine variable Signalge-


bung auf, die vom Ausmaß der Verfettung, den fibro-
tischen und nekrotischen Anteilen abhängt. In einer
normalen Leber ist das HCC in T1-Wichtung hypo-
bis isointens und in T2-Wichtung leicht hyperintens.
Bei hohem Fettanteil kann das Signal in T1-Wichtung
auch leicht hyperintens zum umgebenden Leberge-
webe sein. Liegt eine Zirrhose vor, ist die Abgrenzung
des HCC von nodulären Umbauten und Regenerat-
knoten häufig schwierig.Allerdings stellen sich Rege-
neratknoten in T1-Wichtung vermehrt signalreich
und iso- bis hypointens in T2-Wichtung dar. Einen
a
verbesserten Kontrast kann man in zahlreichen Fäl-
len durch fettsaturierte T2-gewichtete Sequenzen er-
reichen, die die Unterscheidung erleichtern. Nach
Applikation von extrazellulärem Kontrastmittel auf
Gadolinium-Basis zeigt sich beim kleinen multifoka-
len HCC, analog der CT, ein deutliches Kontrast-
mittel-Enhancement in der arteriellen Phase. Beim
großen HCC findet sich häufiger eine unspezifische
Kontrastmittelaufnahme, die zentral oder peripher,
homogen oder ringförmig sein kann (Abb. 7.145 a,
Abb. 7.146 a–c).
Insbesondere beim Nachweis eines HCC sind or-
ganspezifische Kontrastmittel auf Eisenbasis („super b
paramagnetic iron oxid“/SPIO) von erheblichem
diagnostischen Nutzen. Der Kontrast zwischen
zirrhotischer Leber und HCC wird dadurch erhöht
und die Detektion verbessert (s. Abschn. 7.1.1.3;
Abb. 7.145 b, Abb. 7.148 a). Weitere organspezifische
Kontrastmittel auf Mangan- oder Gadolinium-Basis
haben sich in der Diagnostik des HCC hingegen in
der täglichen Routine nicht durchgesetzt.
Die Katheterangiographie spielt heute keine
Rolle mehr in der Primärdiagnostik des HCC, son-
dern kommt im Rahmen der Chemoembolisation
(TACE) therapeutisch zum Einsatz (Abb. 7.147,
Abb. 7.148 b). Konventionelle nuklearmedizinische
Verfahren finden ebenfalls keine Anwendung mehr c
beim HCC.
Zur PET-CT beim HCC liegen bisher noch keine Abb. 7.146 a–c. 69-jähriger Patient mit Verdacht auf diffus
ausreichenden klinischen Daten vor.Analog zu ande- infiltrierendes HCC auf dem Boden einer langjährigen Leber-
zirrhose. a In der dynamischen MRT-Untersuchung in der
ren Tumorentitäten scheint jedoch der Ausschluss ei- arteriellen KM-Perfusionsphase in T1-Wichtung deutliches
nes extrahepatischen Tumorbefalls und die Kontrol- Enhancement im Bereich des Tumors mit schlechter Abgrenz-
le interventioneller Therapien erfolgversprechend. barkeit zur Umgebung (Pfeil). b Während der portalvenösen
Von besonderer Bedeutung ist die native CT-Un- KM-Durchströmung nur geringes Enhancement des Tumors
gegenüber dem benachbarten Leberabschnitt. c Nur unzurei-
tersuchung im Rahmen der Beurteilung des postin- chende Abgrenzbarkeit von Tumor und nichtbefallenen Leber-
terventionellen Verlaufs nach TACE. Das applizierte gewebe in der nativen T2-Wichtung (Pfeil). Perihepatischer
Lipiodol akkumuliert sich in den embolisierten Tu- Aszites
morknoten und kann so zur Dokumentation des
Therapieerfolgs verwendet werden. Eine erste Unter-
suchung sollte dazu am Tag nach der ersten TACE zur
Ausgangsbeurteilung durchgeführt werden.
536 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.147. 48-jähriger Patient mit bekanntem HCC bei lang-


jähriger Leberzirrhose. Katheterangiographische Darstellung
der Feeder-Gefäße des Tumors nach superselektiver Sondie-
rung im Rahmen der TACE-Vorbereitung

Abb. 7.148 a, b. 49-jähriger Patient mit zentralem HCC. a Im


axialen MRT-Bild in Protonenwichtung nach Applikation
SPIO-haltigen Kontrastmittels gute Abgrenzbarkeit von zen-
tralem Tumor und umgebendem Lebergewebe. Verdacht auf
Infiltration in den linken Pfortaderast. b Die Katheterangio-
graphie in der portalen Phase zeigt einen Verschluss des linken
Pfortaderhauptstamms unmittelbar in der Pfortadergabel
(Pfeil) durch Tumoreinbruch

Differenzialdiagnose zirrhose. Schnittbildverfahren der ersten Wahl ist


Differenzialdiagnostisch sollten bei Kindern vor al- allerdings die triphasische CT (nativ, arteriell, portal-
lem Hepatoblastom, undifferenziertes embryonales venös), wenn möglich mit Sekundärrekonstruktio-
Sarkom, mesenchymales Hamartom und Rhabdo- nen der Gefäße aus MSCT-Datensätzen. Bei ausge-
myosarkom in Erwägung gezogen werden. Bei Er- prägter Leberzirrhose und unzureichender Abgren-
wachsenen sind CCC, Regeneratknoten im Rahmen zung der Tumorknoten muss eine MRT erfolgen. Die-
der Leberzirrhose, hypervaskularisierte Metastasen, se sollte native und dynamische Sequenzen nach
kleine Hämangiome und Sarkome abzugrenzen. Injektion extrazellulären Kontrastmittels, ggf. auch
Sequenzen nach Applikation organspezifischen Kon-
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie trastmittels auf SPIO-Basis umfassen. Beim Kind
Die Abdomensonographie dient als erste Übersichts- wird primär nach der Sonographie die MRT ange-
untersuchung vor allem auch zur Beurteilung des strebt. Auf SPIO-haltige Kontrastmittel kann hierbei
Ausmaßes und Kompensationsgrades einer Leber- verzichtet werden.
7.5 Tumoren 537

Eine Katheterangiographie wird ausschließlich Klinische Symptomatik


unter therapeutischen Gesichtspunkten zur Durch- Die Patienten werden durch eine Hepatomegalie,
führung einer TACE eingesetzt. Die Kontrolle dieser Schmerzen und durch eine Kachexie, gelegentlich
Therapie erfolgt über die Nativ-CT am Folgetag mit durch einen Ikterus auffällig. Das AFP ist in der Regel
Dokumentation der Lipiodol-Anreicherungen. nicht erhöht. Therapeutisch stehen eine Leberteil-
resektion oder die Lebertransplantation im Vorder-
Merke ! Das HCC ist der häufigste maligne
Tumor der Leber im Erwachsenen-
grund.
Die Prognose des FL-HCC ist deutlich günstiger
alter und kommt auch bei Kindern vor. Neben der als die des klassischen HCC, da es zum expansiven
Durchseuchung mit dem Hepatitis-B-Virus sind eine Typ gehört, abgekapselt und folglich gut resezierbar
Vielzahl kanzerogener Noxen bekannt. Die Leber- ist. Nicht zuletzt aufgrund der fehlenden Leberbe-
zirrhose geht in vielen Fällen dem HCC voraus. Mor- gleiterkrankung und des jüngeren Alters der Patien-
phologisch kann das HCC in vielfältiger Form und ten werden Ein-, Drei- und Fünfjahresüberlebens-
mit sehr variablem Erscheinungsbild auftreten. Bild- raten von 90, 75 und 38% berichtet.
gebend sind neben der orientierenden Sonographie
vor allem die triphasische CT und die MRT ggf. nach Radiologische Symptomatik
Applikation organspezifischen Kontrastmittels auf Sonographisch zeigt sich eine große, solitäre, gut
SPIO-Basis indiziert. Die Prognose ist trotz vielfälti- abgrenzbare und lobulierte Raumforderung mit
ger Therapieansätze (Resektion, lokale Ablationsver- variabler Echogenität und einer zentralen echorei-
fahren, Transplantation, TACE) schlecht. chen Narbe. Mit Hilfe der Farbdopplersonographie
kann eine Differenzierung der zentralen Narbe und
Fibrolamelläres HCC (FL-HCC) damit eine Abgrenzung zur FNH erfolgen. Wird in-
travenös appliziertes Kontrastmittel verwendet, lässt
왔 Das FL-HCC ist eine seltene maligne sich ein vergleichbares Kontrastmittelverhalten zur
Definition
histologische Variante mit einer Häu- CT dokumentieren.
figkeit von etwa 5% aller HCC. In der Nativ-CT findet sich eine gut abgrenzbare
hypodense und heterogene intrahepatische Raum-
Pathologisch-anatomische forderung, die eine hypodense Narbe und Septen auf-
und ätiologische Grundlagen weist. Verkalkungen und Nekrosen sind häufig, Ein-
Der Tumor tritt typischerweise bei Teenagern oder blutungen werden selten beobachtet. Nach Kontrast-
jungen Erwachsenen (Häufigkeitsgipfel bei 23 Jah- mittelgabe nimmt das FL-HCC in der früharteriellen
ren) auf, die nicht unter einer Leberzirrhose oder Phase stark Kontrastmittel auf, in der portalvenösen
einer anderen Lebererkrankung leiden. Männer und Phase ist die Läsion iso- oder hypodens im Vergleich
Frauen sind gleich häufig betroffen. Spezifische Risi- zum Leberparenchym (Abb. 7.149 a). In der Spät-
kofaktoren sind nicht bekannt. phase erscheint der Tumor isodens zum Lebergewe-
FL-HCC kommen etwas häufiger im linken Leber- be, die Narbe und die Septen hyperdens.
lappen vor und weisen histomorphologisch eine Mit der MRT lassen sich die zentrale sternförmige
epitheliale und eine bindegewebige Komponente auf. Narbe und die Septen sowohl in der T1- als auch in
Die epithelialen Zellen besitzen ein eosinophiles, fein T2-Wichtung signalarm nachweisen (Abb. 7.149 b, c).
granuläres Zytoplasma, der bindegewebige Tumor- Dieses Charakteristikum ermöglicht es häufig, den
anteil besteht aus dichtem, relativ azellulärem Kolla- Tumor von der FNH abzugrenzen, bei der die zen-
gen, das lamellenartig angeordnet ist. Die bindegewe- trale Narbe in T2-Wichtung signalreich ist. Das
bigen Anteile strahlen in die epithelialen Tumor- fibrolamelläre Karzinom erscheint in T1-Wichtung
zellformationen ein und sind auch für die zentrale homogen und leicht hypointens, in T2-Wichtung he-
Narbenbildung, die bei größeren Tumoren auftritt, terogener und hyperintens. Nach Kontrastmittelgabe
verantwortlich. zeigt der Tumor, analog zur CT, eine starke heteroge-
Das fibrolamelläre Karzinom liegt in 80% intra- ne Kontrastmittelaufnahme in der arteriellen und
hepatisch und ist in 20% gestielt. In 80–90% der Fäl- portalvenösen Phase. Die Narbe und die Septen
le findet sich eine solitäre, gut abgrenzbare gelegent- nehmen kein Kontrastmittel auf. In der Spätphase
lich lobulierte Masse ohne Kapsel, und in 10–15% erscheint der Tumor dann etwas homogener, wobei
kommen Satellitenherde vor. Häufig sind extrahepa- die Narbe ein partielles Kontrastmittel-Enhance-
tisch vergrößerte Lymphknoten nachweisbar. Das ment aufweist.
Staging erfolgt anhand der TNM-Klassifikation und Liegen Satellitenherde vor, zeigen diese in allen
der Stadieneinteilung der intrahepatischen primären bildgebenden Verfahren der Hauptläsion vergleich-
Lebertumoren (vgl. Tabelle 7.16, Tabelle 7.17). bare bildmorphologische Charakteristika.
538 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Nuklearmedizinische Verfahren und die Katheter-


angiographie spielen in Diagnostik und Therapie des
FL-HCC keine Rolle.

Differenzialdiagnose
Als wichtigste Differenzialdiagnosen sind das HCC,
die FNH, das Riesenhämangiom und das CCC anzu-
sehen.

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


Nach der primär durchzuführenden Sonographie
einschließlich Farbdopplerverfahren zur Abgren-
zung einer FNH sollte die weitere Abklärung durch
die triphasische CT (nativ/arteriell/portalvenös) oder
a die MRT mit dynamischer Sequenz nach Kontrast-
mittelgabe erfolgen.

Merke ! Das FL-HCC ist eine seltene maligne


histologische Variante des HCC, die
weder mit einer Leberzirrhose noch mit Virusinfek-
tionen assoziiert ist, und die bei jüngeren Patienten
auftritt. Größere FL-HCC weisen eine zentrale Narbe
auf und sind meistens solitäre, lobulierte und gut
abgrenzbare Tumoren. Diagnostisch wegweisend ist
die triphasische CT oder die MRT mit dynamischer
Kontrastmittelsequenz. Als relevante Differenzial-
diagnosen müssen das HCC und die FNH beachtet
werden. Therapie der Wahl ist die Leberteilresektion
b oder die Lebertransplantation. Die Prognose ist deut-
lich günstiger als beim HCC.

Hepatoblastom
왔 Das Hepatoblastom ist ein seltener,
Definition
bösartiger embryonaler Lebertumor,
der sich von den Leberstammzellen herleitet.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Trotz seines seltenen Auftretens ist das Hepatoblas-
tom der häufigste maligne Lebertumor und nach
dem Wilms-Tumor und dem Neuroblastom der dritt-
c häufigste intraabdominelle maligne Tumor im Kin-
desalter. Jungen sind etwa 2- bis 3-mal häufiger be-
Abb. 7.149 a–c. 12-jähriger Junge mit fibrolamellärem Karzi-
nom. a In der kontrastverstärkten CT in der portalvenösen troffen als Mädchen. Der Tumor tritt vorwiegend
Phase gute Abgrenzbarkeit des im rechten und linken Leber- unifokal bei Kindern unter 3 Jahren auf. Als Risiko-
lappen gelegenen Tumors. Sternförmige Narbe ohne KM-Auf- faktoren gelten u. a. das Beckwith-Wiedemann-Syn-
nahme (Pfeil). b, c Axiale MRT-Bilder in T1-Wichtung nach drom, die Hemihypertrophie, die Alkoholfetopathie,
KM-Applikation und nativ T2-Wichtung. Gute Abgrenzbarkeit
des Tumors und signalarme Darstellung des Zentrums in T1- das Gardner-Syndrom, die Glykogenose Typ I, die
und T2-Wichung (Pfeile). Hier kein Kontrastenhancement familiäre Polyposis coli und die Gallengangsatresie.
Die genaue Ätiologie der Hepatoblastome ist un-
bekannt. Sie gelten als embryonale, d. h. pränatal de-
terminierte Tumoren. Ihre Entstehung aus primiti-
vem Leberblastem gilt als gesichert. Histologisch ist
das Hepatoblastom aus einer epithelialen und me-
senchymalen Komponente aufgebaut und entspricht
7.5 Tumoren 539

Tabelle 7.19. Stadieneinteilung des Hepatoblastoms nach der Hepatoblastome kommen in etwa 56% der Fälle vor.
Children’s Cancer Study Group Diese Patienten werden primär einer Chemotherapie
Stadium Ausdehnung/Resektabilität unterzogen. Unter Umständen ist eine Lebertrans-
plantation zu erwägen.
I Tumor komplett resezierbar
IIA Tumor komplett resezierbar Radiologische Symptomatik
nach neoadjuvanter Chemo- Auf konventionellen Abdomenübersichtsaufnahmen
oder Strahlentherapie können eine Hepatomegalie und Verkalkungen hin-
IIB Tumor makroskopisch komplett resezierbar, weisend auf ein Hepatoblastom sein.
jedoch lokale mikroskopische Tumorresiduen
In der Sonographie ist der Tumor in der Regel in-
IIIA Großer Primärtumor mit Befall beider Leber- homogen und etwas echoreicher als das umgebende
lappen, keine komplette Tumorresektion
Lebergewebe. Bedingt durch Nekrosen und Einblu-
IIIB Zusätzlich zu IIIA lokoregionale tungen kann es zur Darstellung hypoechogener oder
Lymphknotenmetastasen
echofreier Areale kommen (Abb. 7.150 a). Verkal-
IV Fernmetastasen, unabhängig von der
Ausdehnung des Primärtumors
kungen treten meist infolge einer Chemotherapie
auf und können nur bei entsprechender Größe detek-
tiert werden. Infiltrationen in vaskuläre Leitstruktu-
ren der Leber können anhand veränderter Fluss-
muster in der Farbdopplersonographie erfasst wer-
den. Neben der Primärdiagnostik haben die sonogra-
somit einem embryonalen Lebermischtumor. Die
Metastasierung erfolgt am häufigsten in die Lunge, in
abdominelle Lymphknoten und in das ZNS.
Die Hepatoblastome sind häufiger im rechten als
im linken Leberlappen lokalisiert, kommen aber in
etwa einem Drittel der Fälle auch als multifokale Lä-
sionen in beiden Leberlappen vor. In der Regel han-
delt es sich um einen solitären, gut abgrenzbaren Tu-
mor mit einer Pseudokapsel, der zur Infiltration in
das Pfortadersystem und die Lebervenen neigt und
Verkalkungen aufweisen kann.
Zum Staging findet die Klassifikation der primä-
ren intrahepatischen Lebertumoren analog Anwen-
dung (vgl. Tabelle 7.16, Tabelle 7.17). Eine Stadienein-
a
teilung des Hepatoblastoms nach chirurgischen und
hieraus resultierenden prognostischen Kriterien, die
auf den Studien der „Children’s Cancer Study Group“
basieren, ist in der Tabelle 7.19 dargestellt.

Klinische Symptomatik
Klinisch fallen Hepatoblastome meist als zufällig ge-
tastete Resistenz auf. Beeinträchtigte Leberfunktion
mit Ikterus, erhöhte Transaminasen im Serum und
Blutungsneigung spielen in der Regel keine Rolle.
Bei Patienten mit fortgeschrittenem Tumorleiden
können Anorexie, Gewichtsverlust, Erbrechen und
Bauchschmerzen sowie gelegentlich auch Fieber
beobachtet werden.
Als spezifisch ist eine Erhöhung des Tumormar- b
kers AFP im Serum anzusehen. Typischerweise liegen
Abb. 7.150 a, b. Knapp einjähriger männlicher Säugling mit
die AFP-Werte zwischen 1000 und 100.000 ng/ml. Das unifokalem Hepatoblastom.a Im B-Bild-Sonogramm gemisch-
AFP hat außerdem eine wesentliche Bedeutung als te Binnenstruktur des Tumors bei guter Abgrenzbarkeit zum
Verlaufsparameter im Rahmen der neoadjuvanten umgebenden Lebergewebe. b Die kontrastverstärkte CT in der
Chemotherapie. portalvenösen Phase zeigt einen weitgehend zystischen Tumor
mit paramedian gelegenen soliden Anteilen. Hier Infiltration
Die operative Entfernung des Hepatoblastoms per continuitatem in die mittlere Lebervene und die V. cava
ist die Therapie der Wahl. Primär nicht resezierbare inferior (Pfeil)
540 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

In der MRT weist das Hepatoblastom in T2-Wich-


tung eine inhomogene Signalanhebung mit hyper-
intensen Spots bei Einblutungen und Nekrosen auf.
Vor Kontrastmittelgabe ist der Tumor in der T1-
Wichtung hypointens im Vergleich zum umgebenden
Lebergewebe mit hyperintensen Einlagerungen bei
Blutungsherden.Wie in der CT findet sich auch in der
MRT nur ein geringes inhomogenes Enhancement
nach Applikation extrazellulären Kontrastmittels
(Abb. 7.151 b). Fibroseareale zeigen keine Kontrast-
mittelaufnahme. Auch mit der MRT können in Form
der CE-MRA der arterielle und portale Gefäßstatus
erhoben, eine genaue Segmentzuordnung des Tu-
a mors durchgeführt und eventuelle Gefäßinfiltratio-
nen erfasst werden.
Leberspezifische MRT-Kontrastmittel, die Kathe-
terangiographie und nuklearmedizinische Methoden
spielen keine Rolle in der Diagnostik des Hepatoblas-
toms. Die Diagnose wird immer durch eine Leber-
biopsie histologisch gesichert.

Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnostisch sollten, neben dem HCC,
vor allem das undifferenzierte embryonale Sarkom,
das mesenchymale Hamartom und das embryonale
Rhabdomyosarkom in Betracht gezogen werden.
Vom sehr seltenen hepatischen Teratom sind bislang
24 Fälle in der Literatur beschrieben.
b
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
Abb. 7.151 a, b. 2 1/2-jähriges Mädchen mit bekanntem multi- Die Sonographie einschließlich Farbdopplersono-
fokalen Hepatoblastom. a In der kontrastverstärkten CT
Nachweis zahlreicher, teils konfluierender Herde vor allem im graphie ist die Methode der Wahl zur Erstdiagnose.
rechten Leberlappen. Intratumorale Verkalkungen (Pfeil). Für die Therapieplanung sollte eine MRT einschließ-
b Diffuses und unregelmäßiges Enhancement in den verschie- lich angiographischer Sequenzen für die Beurteilung
denen Tumorarealen in T1-Wichtung nach KM-Gabe
des Gefäßstatus erfolgen. Lässt sich der exakte Bezug
des Tumors zu den Gefäßen aus der MRT nicht er-
schließen, muss eine biphasische CT in arterieller
phischen Verfahren große Bedeutung in der Verlaufs- und portalvenöser Kontrastmittelperfusionsphase
kontrolle einer neoadjuvanten Chemotherapie und angeschlossen werden.
postoperativ.
Mittels Nativ-CT lassen sich Hepatoblastome hy-
podens, selten isodens im Vergleich zum gesunden
Merke ! Das Hepatoblastom ist der häufigste
maligne Lebertumor im Kindesalter
Lebergewebe darstellen. Nekrosen und Einblutungen und tritt meist bei Kindern unter 3 Jahren auf. Neben
führen zu einem inhomogenen Binnenmuster. Etwa der Bildgebung erfolgt immer eine offene bioptische
in der Hälfte der Fälle sind Verkalkungen nachweis- Abklärung. Da die operative Entfernung des Hepa-
bar. Nach Kontrastmittelgabe zeigt sich eine inhomo- toblastoms die Therapie der Wahl ist, muss mittels
gene Kontrastmittelaufnahme mit randständigem bildgebender Verfahren vor allem der komplette Ge-
Kontrastmittel-Enhancement. Der Tumor nimmt fäßstatus und der Bezug des Tumors zu den anatomi-
aufgrund seiner Zusammensetzung in der Regel schen Leitstrukturen evaluiert werden. Dies ge-
weniger Kontrastmittel auf als das umgebende schieht durch Sonographie und MRT mit angiogra-
Lebergewebe. Nur in seltenen Fällen ist ein kräfti- phischen Sequenzen, ggf. ergänzt durch die CT mit
ges Binnen-Enhancement nachweisbar (Abb. 7.150 b, CTA. Primär nicht resezierbare Hepatoblastome
Abb. 7.151 a). Eine für die Operation entscheidende werden einer Chemotherapie unterzogen und wenn
Beurteilung des Gefäßstatus ist mit Hilfe von MIP- möglich anschließend operiert. Eventuell kann eine
Rekonstruktionen aus arteriellen und venösen Lebertransplantation die letzte Option sein.
MSCT-Datensätzen möglich.
7.5 Tumoren 541

Cholangiozelluläres Karzinom (CCC) metastasiert früher als das HCC, und zwar lympho-
gen (70%) und erst zuletzt hämatogen. Daher besteht
왔 Das CCC ist ein maligner Tumor, zum Zeitpunkt der Diagnose meist eine intrahepati-
Definition
der von den intrahepatischen Gallen- sche Cholestase durch Kompression der zentralen
gangsepithelien ausgeht. Gallengänge sowie eine portale Lymphknotenmetas-
tasierung. Laborchemisch ist zumeist das CEA er-
Synonyme: intrahepatisches Cholangiokarzinom und höht, während das AFP keine Rolle spielt.
peripheres Cholangiokarzinom. Therapeutisch wird versucht, den betroffenen Le-
berabschnitt zu resezieren. Gegebenenfalls ist auch
Pathologisch-anatomische eine Lebertransplantation anzustreben. Nur im palli-
und ätiologische Grundlagen ativen Fall erfolgt eine Ableitung per ERC/PTC.
Etwa 20% aller malignen Lebertumoren entfallen auf
das CCC. Außer in Südostasien ist es damit deutlich Radiologische Symptomatik
seltener als das HCC. Hauptmanifestationsalter ist Sonographisch erkennt man das CCC als unregel-
die 6. Lebensdekade. Frauen und Männer sind gleich mäßig begrenzte, meist inhomogene Raumforderung
häufig betroffen. in der Leberperipherie. Sie ist in den meisten Fällen
Die hohe Inzidenz in Südostasien geht vor allem (75%) hyperechogen und nur in wenigen Fällen
auf eine Infestation mit Leberegeln (Clonorchis (15%) hypo- oder isoechogen. Die betroffenen intra-
sinensis) mit nachfolgender parasitärer Cholangitis hepatischen Gallengänge imponieren erweitert und
und Obstruktion der kleinen intrahepatischen Gal- können Steine oder echofreies Muzin enthalten.
lengänge zurück. Diese gilt ebenso als Präkanzerose Computertomographisch stellt sich das CCC nativ
wie die PSC und die PBC. Als weitere Risikofaktoren als weitgehend homogene intrahepatische Raumfor-
gelten Aflatoxin, anabole Steroide, Thorotrast, intra- derung mit lobuliertem Rand, vereinzelten Verkal-
hepatische Gallensteine (besonders in Japan), Chole- kungen (18%) und unter Umständen hypodensen
dochuszysten sowie die Colitis ulcerosa. Im Gegen- Satellitenherden (65%) dar. Nach Kontrastmittelgabe
satz zum HCC besteht kein kausaler Zusammenhang kommt es in der arteriellen Perfusionsphase zu ei-
mit der nutritiv-toxisch oder viral (HBV/HCV) indu- nem deutlichen Enhancement der Randbegrenzung
zierten Leberzirrhose. des Tumors. Seine Hauptmasse nimmt hingegen
Makroskopisch unterscheidet man beim CCC den langsam von innen nach außen Kontrastmittel auf. In
peripheren vom zentralhilären Typ (Klatskin-Tumor). annähernd 75% der Fälle findet sich das maximale
Letzterer wird bei den Gallenwegstumoren behan- Enhancement erst in einer Spätphase und deutlich
delt. Ähnlich wie beim HCC zeigt der Tumor ein kno- verzögert gegenüber dem umgebenden Lebergewe-
tiges oder diffuses Wachstum, wobei die Schnittflä- be. Dies wird auf den erhöhten Gehalt an fibrösen
che durch den großen Bindegewebsgehalt derb-weiß- Strukturen im Stroma des Tumors zurückgeführt. Ei-
lich erscheint. Histologisch handelt es sich in der ne Dilatation der vorgeschalteten Gallengänge findet
Regel um gut differenzierte, stark sklerosierende sich insbesondere beim rein intraluminalen Wachs-
Adenokarzinome. Ausgangszelle des Tumors dürfte tum. Liegt eine hauptsächlich extraduktale Infiltra-
die bipotente Vorläuferzelle der Periportalzone sein. tion vor, so erkennt man eine Kompression der be-
Die kubisch-zylindrischen Tumorzellen ahmen gal- troffenen Gallengänge ohne eigentlichen intralumi-
lengangsartige tubuläre Formationen nach, die in nalen Tumornachweis (Abb. 7.152 a).
einem gefäßarmen Stroma eingebettet sind. Die Tu- In der MRT dokumentiert sich das CCC als hetero-
morzellen können Schleim bilden und exprimieren gene hypointense Formation in T1-Wichtung und
immunhistochemisch im Gegensatz zu den Hepato- randständig hyperintens mit hypointensem Zentrum
zyten das hochmolekulare Zytokeratin CK-19. in T2-Wichtung (Abb. 7.152 b, Abb. 7.153 a). Nach
Zum Staging des intrahepatischen CCC kommen Kontrastmittelgabe mit Gadolinium-Chelaten zeigt
die TNM-Klassifikation und die Stadieneinteilung, sich ein vergleichbares Enhancement zur CT mit
die für alle intrahepatischen primären Lebertumoren vermehrter Kontrastmittelanreicherung in der Spät-
Verwendung findet, analog zur Anwendung (vgl. Ta- phase. Im Falle einer Infiltration in die Umgebung
belle 7.16, Tabelle 7.17). kann die Gabe von SPIO-haltigen Kontrastmitteln
diagnostisch hilfreich sein (Abb. 7.153 b). Mit der
Klinische Symptomatik MRC lässt sich die Lokalisation des Tumors und
Das CCC wächst langsam und ruft wegen seiner der Grad der Einengung der intrahepatischen Gal-
meist peripheren Lokalisation erst spät unspezifische lengänge meist exakt lokalisieren. Der Nachweis
klinische Symptome wie Oberbauchschmerzen, Ap- eines rein intraduktal sich entwickelnden Tumors
petitlosigkeit, Gewichtsabnahme und Ikterus hervor. gelingt aber auch in der MRT mit MRC nur in Aus-
Der Tumor breitet sich zunächst intrahepatisch aus, nahmefällen.
542 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

a
a

Abb. 7.152 a, b. 55-jähriger Patient mit histologisch gesicher-


tem intrahepatischen CCC. a In der kontrastverstärkten CT in b
der späten portalvenösen Phase regelrechte Kontrastierung
der Leber. Perfusionsdefekt im Bereich des Tumors und der Abb. 7.153 a, b. 48-jähriger Patient mit histologisch gesicher-
dem Tumor nachgeschalteten Leberareale (Pfeile). b Das axia- tem, zentral sitzendem intrahepatischen CCC. a Im nativen
le MRT-Bild in T2-Wichtung mit Fettsättigung demarkiert die T2-gewichteten MRT-Schnitt Unregelmäßigkeit des Paren-
knotigen und konfluierenden Tumormassen (Pfeile). Vermin- chyms zentral, jedoch kein sicherer Tumornachweis (Pfeile).
derte Signalintensität in den nachgeschalteten Leberarealen b Nach Applikation von SPIO-haltigem Kontrastmittel in Pro-
tonen-Wichtung gute Abgrenzbarkeit des in die Leber infiltrie-
renden Tumors (Pfeile)

Die Verfahren der direkten Gallenwegsdarstellung Differenzialdiagnose


ERC/PTC lassen auch kleinste intraluminale Tumo- Die wichtigsten Differenzialdiagnosen sind das HCC,
ren direkt erkennen. Ebenso wird das Ausmaß der das FL-HCC, die FNH und hypovaskularisierte
Obstruktion, unabhängig vom Hauptausbreitungs- Metastasen. Als relevantes Unterscheidungskri-
gebiet der Raumforderung, anhand der direkten Tu- terium kann dabei das zentrifugale Kontrastmittel-
mordarstellung bzw. der Kompression von außen Enhancement in der dynamischen Untersuchung
quantifiziert. Eine histologische Sicherung ist in sowie die vermehrte Kontrastmittelanreicherung in
gleicher Sitzung anzustreben. Falls notwendig, kann der Spätphase herangezogen werden.
dabei auch eine Ableitung der obstruierten Gangab-
schnitte erfolgen. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
Katheterangiographie und klassische nuklearme- Mit der Sonographie kann anhand der intrahepati-
dizinische Verfahren spielen heute keine Rolle mehr schen Cholestase sowie dem Nachweis der periphe-
in der Diagnostik des CCC. Zur Wertigkeit des PET- ren intrahepatischen Raumforderung eine erste Ver-
CT liegen bisher noch keine ausreichenden konsis- dachtsdiagnose gestellt werden. Entscheidend sind
tenten Daten vor. die dynamische Kontrastmitteluntersuchung (arte-
7.5 Tumoren 543

riell, portalvenös, spät) entweder in der CT oder in thelzellen austapeziert sind. Das Wachstumsmuster
der MRT. Für die Lokalisation des intraduktalen Tu- des Angiosarkoms kann sowohl solitär, multinodulär,
morbefalls wird neben der MRC in Zweifelsfällen das gemischt in Form einer großen Raumforderung mit
direkte Verfahren der ERC/PTC eingesetzt – dann al- Satelliten oder diffus infiltrierend sein. In der Mehr-
lerdings mit dem Ziel der histologischen Sicherung zahl der Fälle (71%) liegt allerdings der multifokale
und ggf. Ableitung der obstruierten Gallenwegsab- bzw. multinoduläre Wachstumstyp vor. Bei schlechter
schnitte. Prognose kommt es schnell zur Metastasierung in
Milz, Lunge, Knochenmark, Lymphknoten der Leber-
Merke ! Das CCC ist ein von den intrahepati-
schen Gallengangsepithelien ausge-
pforte und Peritoneum. Zusätzlich werden eine Infil-
tration in die Pfortader und blutiger Aszites beobach-
hender maligner Tumor auf dem Boden einer stattge- tet. Im Serum ist die neuronenspezifische Enolase,
habten parasitären Cholangitis, einer PSC oder PBC. nicht aber das AFP erhöht.
Die klinischen Zeichen sind unspezifisch. Bildgebend Das Staging des Angiosarkoms der Leber erfolgt
richtungsweisend ist das vermehrte Kontrastmittel- nach der Klassifikation der Sarkome und in der Regel
Enhancement in der Spätphase der dynamischen nicht nach den Kriterien der intrahepatischen primä-
CT- bzw. MRT-Untersuchung. MRC und ggf. ERC/ ren Lebertumoren.
PTC lokalisieren den befallenen intrahepatischen
Gallengangsabschnitt. Therapeutisch wird die Leber- Klinische Symptomatik
teilresektion angestrebt. Ist diese nicht möglich, muss Die Patienten stellen sich mit Schwäche, Gewichts-
interventionell eine Ableitung des betroffenen Gal- verlust, Bauchschmerzen, Hepatomegalie, Ikterus
lenwegsabschnitts erreicht werden. oder Aszites vor. Im Tumor führen Thrombosen und
Einblutungen zu einem Verbrauch von Gerinnungs-
Angiosarkom faktoren. Daher findet sich in 62% der Fälle eine
Anämie, in 54% eine Thrombozytopenie und in 31%
왔 Das Angiosarkom ist ein sehr seltener eine disseminierte intravaskuläre Koagulopathie. In-
Definition
primärer maligner Lebertumor, der traabdominielle Blutungen stellen eine assoziierte
vom Gefäßendothel ausgeht. Komplikation dar.
Therapeutisch stehen die Resektion oder, bei der
Synonyme: Hämangiosarkom, hämangioendothelia- multifokalen Form, die systemische Chemotherapie
les Sarkom, Lymphangiosarkom und Kupffer-Zell- im Vordergrund.
Sarkom verwendet.
Radiologische Symptomatik
Pathologisch-anatomische Beruht die Entstehung des Angiosarkoms auf einer
und ätiologische Grundlagen Thorotrast-Applikation lassen sich in konventionel-
Das Angiosarkom stellt bis zu 2% aller malignen Le- len Abdomenübersichtsaufnahmen metalldichte Ver-
bertumoren, ist jedoch der häufigste mesenchymale schattungen in Projektion auf den Tumor in der Le-
Lebertumor. Es ist damit 30-mal seltener als das ber, auf die Milz und benachbarte Lymphknoten
HCC. Normalerweise tritt der Tumor zwischen dem nachweisen.
60. und 70 Lebensjahr auf. In seltenen Fällen kann er Sonographisch finden sich einzelne oder multiple
allerdings auch bei jüngeren Patienten und Kindern solide echoreiche Läsionen. Nach Einblutungen bzw.
beobachtet werden. in Nekrosen werden Inhomogenitäten und Auslö-
Als Prädisposition gelten die langjährige Exposi- schungen aufgrund des unterschiedlichen Alters der
tion mit Polyvinylchlorid (45-fach erhöhtes Risiko Veränderungen abgebildet. Die Applikation intra-
mit einer Latenzperiode von 4–28 Jahren) oder Ar- venösen Kontrastmittels lässt ein zur CT vergleich-
sen. Auch die vorausgegangene Applikation des Kon- bares Enhancement-Muster darstellen.
trastmittels Thorotrast (s. Abschn. 7.6.1.3) führt in In der Nativ-CT zeigen sich eine einzelne oder
7–10% mit einer Latenz von 15–24 Jahren zum multiple hypodense Läsionen, die im Falle von Ein-
Angiosarkom. Ebenso sind Kupferexposition, Radi- blutungen hyperdense Areale aufweisen. Thorotrast-
um, Zyklophosphamide und Anabolika sowie eine Ablagerungen sind als retikuläre Strukturen in der
Bestrahlung als Risikofaktoren für die Entstehung Leber, der Milz und in den mesenterialen und zölia-
eines Angiosarkoms. Eine häufige Koinzidenz be- kalen Lymphknoten zu erkennen. Dabei ist eine peri-
steht mit der Hämochromatose und der Neurofibro- phere und randständige Ablagerung des Thorotrasts
matose Typ I. in einem Tumorknoten charakteristisch. Nach intra-
Histologisch ist das Angiosarkom eine unscharfe, venöser Kontrastmittelgabe zeigt sich im typischen
oft schwammartige hämorrhargische Läsion aus ge- Fall ein inhomogenes Enhancement – vergleichbar
wucherten Gefäßspalten, die mit atypischen Endo- dem Hämangiom – mit knotigem Beginn am Rand
544 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

res Enhancement zur mehrphasischen CT. Organspe-


zifische Kontrastmittel erlauben keine weitere Diffe-
renzierung.
Das katheterangiographische Bild eines Angiosar-
koms zeigt eine starke Hypervaskularisation der Tu-
morperipherie in der späten arteriellen Phase mit
Kontrastmittel-Pooling und kein arterielles Enhan-
cement des Tumorzentrums. Nuklearmedizinisch
kann das Angiosarkom nicht vom Hämangiom un-
terschieden werden. Beide Verfahren werden heute
nicht mehr routinemäßig zur Diagnostik eingesetzt.

Differenzialdiagnose
a Differenzialdiagnostisch müssen multiple Häman-
giome, hypervaskularisierte Lebermetastasen, das
multifokale HCC und gelegentlich Adenome bzw.
eine FNH vom Angiosarkom abgegrenzt werden. Bei
einem diffusen Befall kann das Bild auch dem einer
Peliosis hepatis ähnlich sein.

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


Neben der Sonographie ist die triphasische CT (na-
tiv/arteriell/portalvenös) oder die MRT mit dynami-
sche Kontrastmittelsequenz wegweisend für die Dia-
gnose. Die Katheterangiographie wird heute nur
noch in Ausnahmefällen eingesetzt.

Merke ! Das Angiosarkom ist ein seltener ma-


ligner Lebertumor, der in der Regel
b auf die Exposition heute seltener Agenzien (Thoro-
trast, Arsen, Polyvinylchlorid) zurückzuführen ist
Abb. 7.154 a, b. 34-jähriger Afrikaner mit plötzlich einsetzen- und in höherem Lebensalter auftritt. Neben der häu-
dem Fieber und hohen Entzündungszeichen. a In der kontrast-
verstärkten CT Nachweis von 2 hypodensen Leberläsionen mit figen multifokalen Form ist eine singuläre noduläre
angedeutetem Binnenenhancement. Eine Biopsie erbrachte le- Form bekannt. In der Bildgebung ist vor allem das
diglich entzündliches Stromagewebe. Unter Antibiose klini- stetig zunehmende Kontrastmittel-Enhancement von
sche Besserung des Patienten. b 3 Monate nach Erstdiagnose in
der Kontroll-CT neu aufgetretener zusätzlicher Leberherd
peripher nach zentral mit Pooling und gelegentlich
(Pfeil). Histologisch Angiosarkom zusätzlichen zentralen Spots charakteristisch. Thera-
peutisch stehen die Resektion bzw. die Chemothera-
pie zur Verfügung. Die Prognose ist allerdings schlecht.
der Läsion und zentripetaler Zunahme. In den Gefä-
ßen erkennt man ein Kontrastmittel-Pooling mit ste- Malignes epithelioides Hämangioendotheliom
tiger Zunahme in der portalvenösen und späten Pha-
se. Häufig wird, anders als beim Hämangiom, zusätz- 왔 Das maligne epithelioide Hämangio-
Definition
lich bereits in der Frühphase ein zentrales Kontrast- endotheliom zählt zu den niedrig
mittel-Enhancement beobachtet. Auch lassen sich malignen Gefäßtumoren der Leber mesenchymalen
gelegentlich bizarre oder ringförmige Kontrastmittel- Ursprungs.
aufnahmen dokumentieren (Abb. 7.154 a, b).
Mittels MRT kommen die Thorotrast-Ablagerun- Synonyme: epitheliales Hämangioendotheliom und
gen als Suszeptibiliätsartefakte in der Peripherie der epithelioides Hämangioendotheliom.
Tumorknoten des Angiosarkoms zur Darstellung.
Die in der Regel in T1-Wichtung hypointensen und in Pathologisch-anatomische
T2-Wichtung hyperintensen Läsionen können, ab- und ätiologische Grundlagen
hängig von Einblutungen und Nekrosen, auch inho- Die exakte Ätiologie des malignen epithelioiden
mogen oder mit zusätzlichen stark hyperintensen Hämangioendothelioms ist unbekannt. Eine Prädis-
Binnenarealen abgebildet werden. Eine Applikation position durch langjährige Exposition mit Vinylchlo-
extrazellulären Kontrastmittels zeigt ein vergleichba- rid oder nach Einnahme oraler Kontrazeptiva konnte
7.5 Tumoren 545

bisher nicht bewiesen werden. Das weibliche Ge-


schlecht ist etwa doppelt so häufig befallen wie das
männliche. Hauptsächlich sind Patienten in der 2. Le-
benshälfte betroffen (mittleres Erkrankungsalter
45 Jahre), wobei allerdings einzelne Fälle des Tumors
bei Neugeborenen und Kleinkindern beschrieben
sind.
Der Tumor hat seinen Hauptsitz in Lunge, Weich-
teilen und in der Haut. Erst 1982 erfolgte eine Erstbe-
schreibung dieser Entität in der Leber. Die soliden
Tumoren erreichen einen Durchmesser von 3–11 cm,
treten gelegentlich multipel auf und können diffus
infiltrierend wachsen. In über 3/4 der Fälle liegt der
Tumor in der Peripherie der Leber und führt auf-
grund der Tumorfibrose und der Ischämie zu einer
Kapselretraktion. Es handelt sich um einen langsam
wachsenden Tumor, der aus epithelähnlichen Endo-
thelzellen, einer ausgedehnten Fibrose und einer
myxoiden Matrix besteht. Diese Zellformationen in-
filtrieren in die Sinusoide und Gefäße, können diese
okkludieren und damit zu einer Atrophie des den Tu- Abb. 7.155. 46-jährige Patientin mit Zustand nach Operation
eines epithelioiden Hämangioendothelioms. In der Rippen-
mor umgebenden Gewebes führen. Bei Okklusion aufnahme nach Sturz Nachweis multipler Verkalkungen im
von kleinen Lebervenen resultiert eine „veno occlusi- rechten Oberbauch
ve disease“ (VOD), bei Kompromittierung der gro-
ßen Lebervenen ein Budd-Chiari-Syndrom. Blutun-
gen, Nekrosen und daraus resultierende Verkalkun- In der Sonographie zeigen die Tumorknoten,
gen können ebenfalls auftreten. Selten kommt es zur ebenfalls aufgrund des Myxoids, meist ein echoarmes
Tumorruptur und zum Hämatoperitoneum. Eine Signal. Abhängig vom Grad ihrer Degeneration mit
Metastasierung in Milz, Lymphknoten, Mesenterium, Einblutungen und Nekrosen können die Herde auch
Knochen und Lunge wird in 40–50% der Fälle echoreich oder echogleich zum umgebenden Leber-
beobachtet. Der immunhistochemische Nachweis gewebe erscheinen. Dann weisen sie allerdings meist
von Faktor-VIII-Antigen ist differenzialdignostisch einen echoarmen peripheren Randsaum auf. Bei Ap-
wegweisend. plikation intravenösen Kontrastmittels kann ein zur
Eine Staging-Einteilung nach den Kriterien der in- CT vergleichbares Kontrastmittelverhalten beobach-
trahepatischen primären Lebertumoren (vgl. Tabel- tet werden.
le 7.16, Tabelle 7.17) ist beim malignen epitheloiden In der Nativ-CT kommen typischerweise multiple,
Hämangioendotheliom nicht üblich. Die meisten Pa- hypodens zum übrigen Lebergewebe sich abzeich-
tienten überleben 5–10 Jahre nach Diagnosestellung, nende Knoten mit gelegentlich nachweisbaren Ver-
wobei allerdings 20% innerhalb der ersten 2 Jahre kalkungen zur Darstellung. Nach Kontrastmittelgabe
versterben und 20% zwischen 5–28 Jahre überleben. zeigt sich ein schießscheibenartiges Enhancement-
Muster: Tumorzentrum und avaskulärer Rand
Klinische Symptomatik bleiben hypodens, während der periphere innere
Die klinische Symptomatik ist uncharakteristisch Rand aufgrund der erhöhten Durchblutung deutlich
und besteht aus Gewichtsabnahme, unspezifischen Kontrastmittel aufnimmt. und der äußere avaskuläre
Oberbauchbeschwerden, Hyperbilirubinämie und Rand hypodens bleibt. Eine vorhandene Kapsel-
Cholestase. Gelegentlich ist perihepatischer Aszites retraktion und eine kompensatorische Hypertrophie
nachweisbar. Nur selten werden die Patienten durch der gesunden Leberanteile wird mit der CT deutlich
eine Komplikation wie ein Hämatoperitoneum oder übersichtlicher als mit der Sonographie abgebildet.
ein Budd-Chiari-Syndrom symptomatisch. Mit der MRT lassen sich die Läsionen in T1-Wich-
tung vollständig hypointens, in T2-Wichtung zentral
Radiologische Symptomatik hyperintens mit hypointensem peripherem Rand
Gelegentlich kann es beim malignen epithelioiden nachweisen. Nach Applikation extrazellulären Kon-
Hämangioendothliom auf konventionellen Über- trastmittels zeigt sich ein der CT vergleichbares En-
sichtsaufnahmen zum Nachweis von Verkalkungen hancement mit „target sign“. Die Gabe organspezifi-
des myxoiden Stroma des Tumors in der Leber kom- schen Kontrastmittels liefert keine diagnostischen
men (Abb. 7.155). Vorteile. Die Strukturveränderungen der übrigen Le-
546 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

berabschnitte (Retraktion, Hypertrophie) lassen sich Pathologisch-anatomische


mit der MRT ebenfalls vergleichbar zur CT doku- und ätiologische Grundlagen
mentieren. Der Tumor ist der viert- bis fünfthäufigste Lebertu-
Die Katheterangiographie und nuklearmedizini- mor im Kindesalter und kommt bei älteren Kindern
sche Verfahren zeigen ähnliche Enhancement-Muster und jungen Erwachsenen vor. Bis zum 15. Lebensjahr
wie CT und MRT, werden heute jedoch nicht mehr re- sind mehr als 90% der Tumoren manifest. Das Ge-
gelhaft zur diagnostischen Abklärung eingesetzt. schlechterverhältnis ist ausgeglichen.
Der histogenetische Ursprung dieses entdifferen-
Differenzialdiagnose zierten Tumors ist noch nicht entgültig geklärt. Eine
Vom malignen epithelioiden Hämangioendotheliom Beziehung zum mesenchymalen Hamartom wird
sind bildgebend vor allem Lebermetastasen ver- diskutiert, da beide Tumoren gleiche strukturelle
gleichbaren Kontrastmittelverhaltens (z. B. von kolo- Aberrationen von Chromosom 19 zeigen. Histolo-
rektalen Karzinomen), Hämangiome und periphere gisch besteht der Tumor aus primitiven Spindelzellen
CCC abzugrenzen. Weiterhin müssen Leberläsionen in einem myxoiden Stroma, wobei dieses aus sauren
mit resultierender Kapselretraktion wie therapierte Mukopolysacchariden besteht.
HCC, fokal konfluierende Fibrosen und Leberherde Meist handelt es sich um einen solitären, von einer
in einer Zirrhose unterschieden werden. Begrifflich Pseudokapsel umgebenen, gut abgrenzbaren Tumor.
ist vor allem das juvenile Hämangioendotheliom als In 75% liegt die Raumforderung im rechten Leber-
gutartiger Tumor des Kindesalters zu differenzieren. lappen. Sie kann zwischen 7 und 20 cm im Durch-
messer groß sein.
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
Da das Kontrastmittelverhalten in der dynamischen Klinische Symptomatik
Untersuchung mit Nachweis des Target-signs dia- Die Patienten fallen in der Regel mit einer schmerz-
gnostisch wegweisend ist, sollten neben der Sonogra- haften Raumforderung im rechten Ober- bis Mittel-
phie eine mehrphasige CT oder die MRT mit dyna- bauch auf. Zusätzlich können Ikterus, Oberbauch-
mischer Kontrastmittelsequenz durchgeführt wer- beschwerden und Leberenzymveränderungen beob-
den. achtet werden. In seltenen Fällen tritt auch Fieber
auf.
Merke ! Das maligne epithelioide Hämangio-
endotheliom ist ein niedrig maligner
Die Prognose ist mit einer medianen Überlebens-
rate von 12 Monaten schlecht. Die Metastasierung
vaskulärer mesenchymaler Lebertumor mit uni- erfolgt in die Lunge und in das Skelett.
oder multifokalem Auftreten, wobei die einzelnen
Herde zu einem großen Tumor konfluieren können. Radiologische Symptomatik
Charakteristisch sind neben der peripheren Lage des Das Charakteristikum des embryonalen Sarkoms ist
Tumors vor allem die Kapselretraktion aufgrund des eine Diskrepanz des Erscheinungsbildes in Sonogra-
hohen Fibroseanteils. Durch Gefäßinvasion in die phie und CT bzw. MRT. In der Sonographie imponiert
kleinen und großen Lebervenen entstehen eine VOD der Tumor wie eine solide Raumforderung, die iso-
oder ein Budd-Chiari-Syndrom. Diagnostisch ist die oder hyperechogen ist und nur gelegentlich kleine
dynamische Kontrastmitteluntersuchung in der CT flüssigkeitsgefüllte Areale aufweist (Abb. 7.156 a).
oder MRT mit Darstellung schießscheibenartig kon- Dagegen lässt sich sowohl in der CT als auch in der
figurierter Herde die Methode der Wahl. Wichtige MRT eine rein zystische Raumforderung vermuten.
Differenzialdiagnosen sind neben Hämangiomen In der CT finden sich wasseräquivalente Dichtewerte,
vor allem Lebermetastasen sowie das HCC und das und in der MRT erscheint der Tumor in T1-Wichtung
periphere CCC. signalarm und in T2-Wichtung homogen signal-
reich. Dieses Erscheinungsbild wird mutmaßlich
Embryonales Sarkom durch eine erhöhte Wassereinlagerung infolge der
hydrophilen Mukopolysaccharide in der myxoiden
왔 Das embryonale Sarkom ist ein selte- Komponente des Tumors verursacht. Hyperdense
Definition
ner maligner Lebertumor mesenchy- Areale in der CT bzw. hyperintense Areale in T1-
malen Ursprungs. Wichtung repräsentieren Einblutungen. Die Pseudo-
kapsel des Tumors und die solide imponierenden
Synonyme: undifferenziertes Sarkom, mesenchyma- Tumorsepten nehmen in der CT und in der MRT
les Sarkom und undifferenziertes embryonales Sar- stark Kontrastmittel auf (Abb. 7.156 b).
kom.
7.5 Tumoren 547

Merke ! Das undifferenzierte embryonale Sar-


kom ist ein seltener mesenchymaler
maligner Lebertumor, der bei Kindern meist zwi-
schen dem 6. und 10. Lebensjahr auftritt. Fast immer
handelt es sich um eine solitäre Raumforderung, die
sich dadurch auszeichnet, dass sie in der Sonogra-
phie als hauptsächlich solide Raumforderung impo-
niert, CT und MRT jedoch eine rein zystische Raum-
forderung vermuten lassen. Abzugrenzen sind ande-
re zystische Tumoren des Kindesalters, vor allem
aber das mesenchymale Hamartom und das HCC.

a 7.5.1.3
Sekundäre Tumoren der Leber
Unter sekundären Tumoren der Leber werden neben
Metastasen unterschiedlichster maligner Primarien,
der sekundäre Lymphombefall der Leber und das
lymphoproliferative Syndrom (s. Abschn. 7.6.2) sub-
sumiert.

Lebermetastasen
왔 Als Lebermetastasen werden die ma-
Definition
ligne Streuung und Ausbreitung von
extra- und intrahepatischen Primärtumoren in das
b Lebergewebe auf hämatogenem und lymphogenem
Wege bzw. per continuitatem bezeichnet.
Abb. 7.156 a, b. 6-jähriges Mädchen mit gesichertem undiffe-
renzierten Sarkom. a Das B-Bild-Sonogramm stellt eine große, Pathologisch-anatomische
allenfalls partiell zystisch imponierende Raumforderung im
dorsalen rechten Leberlappen dar (Pfeil). b Im kontrastver- und ätiologische Grundlagen
stärkten MRT-Bild in T1-Wichtung deutliches Enhancement Mit >95% Häufigkeit stellen Metastasen die größte
der soliden Anteile und gute Abgrenzbarkeit der vorwiegend Gruppe aller malignen Lebertumoren beim Erwach-
zystischen Areale senen dar und sind damit um ein Vielfaches häufiger
als primäre Lebermalignome. In Sektionsstatistiken
machen Metastasen >20% aller Lebertumoren bei
Tumorpatienten aus. Synchrone Lebermetastasen
finden sich bei 10–20% aller Patienten mit kolorekta-
Organspezifische MRT-Kontrastmittel kommen len Karzinomen. Die Leber ist damit neben den loko-
ebenso wie die Katheterangiographie und nuklear- regionalen Lymphknoten der häufigste Metastasie-
medizinische Verfahren nicht routinemäßig zur An- rungsort aller Malignome. In Europa und Nordame-
wendung. rika sind dabei die häufigsten Primärtumoren der
Metastasen in Kolon und Rektum lokalisiert (42%).
Differenzialdiagnose Etwas seltener sind sekundäre Manifestationen von
Gegenüber dem embryonalen Sarkom müssen ande- Tumoren des Bronchialsystems (13%), der Mamma
re zystische Tumoren des Kindesalters abgegrenzt (14%), endokriner und exokriner Organe (21%), des
werden. Wichtigste Differenzialdiagnosen sind je- Magens (23%) sowie der Leber selbst.
doch das mesenchymale Hamartom, das Hepatoblas- Im Kindesalter überwiegen primäre gegenüber
tom und das HCC. sekundären Lebertumoren. Vor allem im Alter unter
5 Jahren sind Lebermetastasen als Rarität anzusehen.
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Beim Kind stehen als Primärtumoren bei Leber-
Neben der primären Sonographie einschließlich metastasen Neuroblastome und Wilms-Tumoren im
Farbdopplersonographie sollte eine MRT einschließ- Vordergrund. Nur sehr selten kommt es in diesem Le-
lich dynamischer Kontrastmittelsequenzen erfolgen. bensalter zu Lebermetastasen anderer Primärherde.
Steht die MRT nicht zur Verfügung, empfiehlt sich ZNS-Tumoren metastasieren generell nicht in die Le-
alternativ eine biphasische CT in arterieller und ber. Als eine Sonderform des Säuglingsneuroblas-
portalvenöser Kontrastmittelperfusionsphase. toms ist das so genannte Stadium IV-S zu nennen, bei
548 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

dem eine diffuse Metastasierung in die Leber vor- Tabelle 7.20. Morphologische Muster häufiger Lebermetasta-
liegt, die jedoch unter Chemotherapie völlig ver- sen
schwinden kann. Vaskularität/Muster Primärtumor
Metastasen treten in der Regel multipel (>90%)
und nur selten solitär (2%) auf, wobei nach histologi- Hypovaskularisiert Kolon, Rektum, Magen,
schen Aufarbeitungen an Patienten mit gastrointesti- Pankreas (exokrin), Lunge,
Mamma
nalen Tumoren auf eine große Metastase (>1 cm)
durchschnittlich vier kleine Metastasen (<1 cm) ge- Hypervaskularisiert Niere, Karzinoid, Pankreasinsel-
zellen, Melanom, Schilddrüse,
funden werden. In Sammelstatistiken beträgt die Ovar, Sarkom, Nebenniere,
Größe von mehr als einem Drittel der Metastasen Chorion
<2 cm. Zystisch Ovar (muzinös), Kolon, Sarkom,
Betroffen sind zumeist beide Leberlappen (77%). Melanom, Lunge, Karzinoid
Bei isoliertem Befall überwiegen Herde im rechten Verkalkt Gastrointestinaltrakt (muzinös),
Leberlappen (20%) gegenüber dem linken (3%). Die Pankreas (endokrin), Sarkom,
hämatogene Ausbreitung gilt als Hauptursache der Melanom, Lymphom, Pleura-
mesotheliom, Neuroblastom,
Metastasierung maligner extrahepatischer Tumoren Mamma, Schilddrüse (medullär),
in die Leber. Für die gehäufte Metastasierung kolo- Niere, Lunge, Hoden
rektaler Karzinome in die Leber wird die portale Eingeblutet Kolon, Schilddrüse, Mamma,
Durchströmung der Leber mit Blut aus dem mesen- Chorion, Melanom, Niere
terialen Venenstromgebiet als ursächlich angesehen.
Insbesondere bei sehr kurzem Pfortaderhauptstamm
finden sich dabei Absiedelungen von Primärtumoren und hypovaskularisierte Metastasen, verkalkte, zysti-
des linken Hemikolons und Rektums vermehrt im sche und eingeblutete Metastasen unterschieden (Ta-
linken Leberlappen, aus dem Ileum und Colon ascen- belle 7.20). Mit deutlichen Einschränkungen können
dens gehäuft im rechten Leberlappen. Als Grund für hieraus Anhaltspunkte auf den Primärtumor gewon-
die bevorzugte Metastasierung von z. B.Aderhautme- nen werden. So stellen sich Absiedelungen der häufi-
lanomen in die Leber gilt demgegenüber die arteriel- gen Tumoren von Kolon und Rektum in der Regel
le Ausbreitung über die A. hepatica und ihre Äste. hypovaskularisiert dar. Metastasen von malignen
Melanomen, Nierenzellkarzinomen, hormonprodu-
Klinische Symptomatik zierenden Tumoren, Mammakarzinomen und eini-
Die frühzeitige und vollständige Diagnostik von Le- gen Sarkomen sind in der Regel hypervaskularisiert.
bermetastasen ist generell von entscheidender pro- Verkalkungen lassen sich bei 2–3% der Metastasen
gnostischer Bedeutung für den Patienten, unabhän- und insbesondere bei muzinösen und hormonakti-
gig von Lebensalter und Primärtumor. Dabei kann ven Primärtumoren nachweisen. Bei beiden Enti-
die klinische Symptomatik in der Regel nur einge- täten können allerdings auch zystische Metastasen
schränkte Hinweise liefern, da zumeist die Beschwer- beobachtet werden. Sekundärabsiedelungen von
den des Primärtumors im Vordergrund stehen. So Schilddrüsen-, Chorion- und Nierenkarzinomen wei-
klagen die Patienten, neben allgemeinem Krank- sen gelegentlich Einblutungen auf.
heitsgefühl, gelegentlich über unspezifische Ober- Mittels perkutaner Sonographie erscheinen Leber-
bauchbeschwerden. Als hinweisend gilt die zumeist metastasen als meist gut abgrenzbare, unregelmäßig
nachzuweisende Hepatomegalie (70%). Lediglich im begrenzte Herde. Ihr Binnenecho ist, abhängig von
Stadium der Metastasenleber geben der lokale Kap- ihrer Struktur, zystisch, echoarm, gemischt echogen
seldehnungsschmerz und ggf. der Verschlussikterus oder echoreich (Abb. 7.157, Abb. 7.158, Tabelle 7.21).
eindeutige klinische Anzeichen. Erschwert ist die Abgrenzung von Metastasen in
Laborchemisch finden sich zumeist (50–75%) er- einer Leber mit diffuser Schädigung (Verfettung,
höhte Enzymparameter. Der Befund kann aber auch Zirrhose, post Chemotherapie) durch eine Anglei-
bei bildgebendem Nachweis einer Lebermetastasie- chung der Echogenität von Herd und umgebendem
rung weitgehend unauffällig sein. Im Falle spezifi- Lebergewebe. Unter Umständen führt dies auch zu
scher Marker für den Primärtumor gilt ein Anstieg einer vollständigen Maskierung der Läsionen in der
im Verlauf als dringend verdächtig für einen Tumor- nativen Sonographie. Intravenöse Kontrastmittel er-
progress und ggf. eine Lebermetastasierung. lauben neben einer verbesserten Detektion auch eine
exaktere anatomische Zuordnung der Metastasen zu
Radiologische Symptomatik anatomischen Leitstrukturen. Die Beurteilung der
Nach ihrem Erscheinungsbild und ihrem Enhance- Vaskularisation der Läsion erlaubt eine Abgrenzung
ment nach intravenöser Applikation von extrazellu- von benignen Leberherden sowie, mit den genannten
lärem Kontrastmittel werden hypervaskularisierte Einschränkungen, Rückschlüsse auf den Primär-
7.5 Tumoren 549

Tabelle 7.21. Echogenität von Lebermetastasen

Echogenität Häufigkeit (%) Primärtumor

Echoarm 37,5 Lymphom, Pankreas,


Zervix, Lunge, Pharynx
Echoreich 25 Kolon (muzinös), Leber,
Mamma (nach Therapie)
Gemischt 37,5 Mamma, Kolon/Rektum,
Lunge, Magen, Zervix,
Karzinoid

Abb. 7.157. 68-jähriger Patient mit bekanntem Bronchialkar-


zinom. Im Verlauf sonographisch Nachweis einer metachro-
nen, echoarmen Metastase (+---+)

Abb. 7.159. 56-jährige Patientin mit generalisiert metastasier-


tem Mammakarzinom. In der kontrastverstärkten CT Nach-
weis multipler hypervaskularisierter Metastasen (Pfeile). Zu-
sätzlich Verkalkungen nach stattgehabter lokoregionaler Meta-
stasentherapie (Pfeilspitze)

fusionsphase von Bedeutung. Hypervaskularisierte


Metastasen kommen häufig ausschließlich in der
arteriellen Phase zur Darstellung und können in der
portalvenösen Phase durch Maskierung der Detek-
tion entgehen (Abb. 7.159). Hypovaskularisierte Le-
berherde stellen sich portalvenös als unregelmäßig
begrenzte, hypodense, jedoch in der Regel gut ab-
grenzbare Läsionen dar (Abb. 7.160, Abb. 7.161 a, b).
Im Falle einer diffusen Schädigung des umgebenden
Leberparenchyms kann auch in der kontrastver-
stärkten CT die Detektion erheblich eingeschränkt
Abb. 7.158. 51-jähriger Patient 2 Jahre nach Resektion eines sein.
Kolonkarzinoms. Jetzt sonographisch Nachweis von 2 Filiae Als typisch für Metastasen kolorektaler Karzino-
mit hyperechogenem Randwall und echoarmem Zentrum me gelten ein hyperdenses Rand-Enhancement bei
(+---+)
hypodensem Binnenmuster sowie das so genannte
Schießscheibenzeichen oder Target-sign mit stark
hypodensem Zentrum bei insgesamt deutlich hypo-
tumor. Dabei sind die Enhancement-Muster denjeni- denser Leberläsion (Abb. 7.162). Für die anatomische
gen aus der CT bekannten vergleichbar. Zuordnung und die Therapieplanung werden heute
Die Nativ-CT spielt heute lediglich noch im Falle koronare und sagittale Sekundärrekonstruktion
von Verkalkungen eine gewisse Rolle in der Diagnos- möglichst aus MSCT-Datensätzen herangezogen
tik von Lebermetastasen. Methode der Wahl ist die (Abb. 7.163 a, b). Dreidimensionale Sekundärrekon-
mehrphasige CT der Leber. Dabei sind vor allem die struktion spielen eher in der Transplantationschirur-
arterielle und die portalvenöse Kontrastmittelper- gie als in der Resektionschirurgie der Metastasen-
550 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.160. 55-jähriger Patient mit Metastasenleber bei Zu-


stand nach Kolonkarzinom. Die koronare Sekundärrekon-
struktion aus einem MSCT-Datensatz zeigt eine annähernd
vollständige Durchsetzung der Leber (Pfeil). Perihepatischer
Aszites (A). Darmatonie bei Peritonealkarzinose
b

Abb. 7.161 a, b. 73-jährige Patientin mit systemisch metasta-


behandlung eine Rolle und werden nicht routine- sierendem Ovarialkarzinom. a Die kontrastverstärkte CT in
mäßig eingesetzt.Auch die CT-Verfahren mit speziel- portalvenöser Perfusionsphase zeigt in der sagittalen Sekun-
ler Kontrastmittelapplikationsform (CTHA, CTAP) därrekonstruktion zahlreiche verkalkte Lebermetastasen
(Pfeile). b In den zugehörigen Axialschnitten zusätzlich Nach-
sowie mit Spätaufnahmen als Delayed-CT werden weis zahlreicher verkalkter Lymphknoten (Pfeile)
in der Diagnostik von Lebermetastasen nicht mehr
regelhaft eingesetzt.
In der nativen MRT-Untersuchung kommen Me-
tastasen als unregelmäßig begrenzte, in der Regel gut
abgrenzbare, in T1-Wichtung hypo- bis isointense,
in T2-Wichtung hyperintense Läsionen zur Dar-
stellung. Dabei ist in der Regel die wahre Größe
und die Abgrenzbarkeit in T2-Wichtung besser als
in T1-Wichtung zu bewerten. Ein in der T2-Wich-
tung nachweisbarer hyperintenser Randsaum ent-
spricht der Hyperechogenität bzw. der Hyperdensität
in Sonographie bzw. CT und ist auf die Hyperper-
fusion durch Neoangiogenese oder Ödem zurück-
zuführen. Insbesondere bei ausgeprägten diffusen
Gewebsveränderungen der umgebenden Leber kann
die Abgrenzbarkeit durch Anwendung fettgesättig-
ter Sequenzen entscheidend verbessert werden
(Abb. 7.164 a–c). Verkalkte Metastasen weisen in T1-
Abb. 7.162. 56-jährige Patientin mit Lebermetastasen 3 Jahre
und T2-Wichtung stark hypointense Binnenareale nach Operation eines Rektumkarzinoms. In der kontrastver-
auf. Bei eingebluteten Metastasen richtet sich das stärkten CT typische Darstellung mit „Schießscheibenmuster“
Binnensignal nach dem Alter der Einblutung mit ent- und guter Abgrenzbarkeit
7.5 Tumoren 551

b
b

Abb. 7.163 a, b. 53-jährige Patientin mit Metastasenleber nach


Kolonkarzinom. Unter adjuvanter Chemotherapie erheblicher
Tumorprogress. In den Sekundärrekonstruktionen (koronar
und sagittal) exakte anatomische Zuordnung der Herde und
des Progresses

sprechendem Nachweis von Blutabbauprodukten.


Nach intravenöser Gabe von extrazellulärem Kon-
trastmittel auf Gadolinium-Basis und dynamischer
Aufnahmesequenz sind die Enhancement-Muster
vergleichbar zu Sonographie und CT: starke und
frühe Kontrastmittelaufnahme bei hypervaskulari-
sierten Läsionen mit eventueller Maskierung in der c
portalvenösen Phase und hypointense Darstellung
von hypovaskularisierten Metastasen in der portal- Abb. 7.164 a–c. 73-jähriger Patient mit metachromer Leber-
venösen Phase. metastasierung nach Kolonkarzinom. a Im nativen MRT-
Schnitt in T1-Wichtung Darstellung von 2 hypointensen Her-
Die Wertigkeit organspezifischer Kontrastmittel den mit guter Abgrenzbarkeit (Pfeile). b Das korrespondieren-
auf Eisen- oder Manganbasis bzw. von Spätaufnah- de Bild in T2-Wichtung mit Fettsättigung zeigt die beiden Me-
men bei Verwendung eines biliär extrahierbaren tastasen mit hyperintensem Randsaum und hypointensem
Kontrastmittels ist heute zumeist auf Spezialfälle Zentrum (Pfeile). c Nach i. v. Gabe von Gadolinium-haltigem
Kontrastmittel in T1-Wichtung mit Fettsättigung dokumentie-
beschränkt: zum exakten Staging vor Leberteil- ren sich die beiden Herde mit deutlichem Enhancement peri-
resektion, im Rahmen neoadjuvanter bzw. adjuvanter pher bei nur geringer Signalintensität im Zentrum (Pfeile)
552 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.165. 28-jährige Patientin mit metastasiertem Gastri- Abb. 7.166. 54-jähriger Patient mit Lebermetastasen nach Ko-
nom. In der Katheterangiographie über den Truncus coeliacus lonkarzinom. Die Katheterangiographie über den Truncus
Nachweis multipler hypervaskularisierter Metastasen, teils mit coeliacus zeigt in der portalen Phase multiple Herde mit zen-
Einschmelzungen bzw. Nekrosen (Pfeile) traler Aussparung (Pfeile)

Therapiekonzepte, zur Planung bzw. Kontrolle loko- nommen. So stehen heute lokal ablative Verfahren
regionaler Therapieverfahren oder bei deutlich wie die Lasertherapie (LITT), die Radiofrequenzab-
vorgeschädigtem Organ im Rahmen einer diffusen lation und die verschiedensten Verfahren der loko-
Lebererkrankung. regionalen Chemo- und Strahlentherapie für neo-
Die Bedeutung klassischer nuklearmedizinischer adjuvante, adjuvante und palliative Konzepte zur
Verfahren in der Diagnostik von Lebermetastasen Verfügung.
ist heute begrenzt. So spielt die Blutpoolszintigra-
phie (99mTc-RBC-Szintigraphie) keine relevante Rolle Differenzialdiagnose
mehr. Zu den wichtigsten Differenzialdiagnosen sind gut-
Ein wichtiges Anwendungsgebiet ist allerdings die artige fokale Leberläsionen, insbesondere Zysten,
Somatostatinrezeptorszintigraphie im Rahmen von Hämangiome, FNH und Adenome zu zählen. Zusätz-
Diagnostik und Therapie von Lebermetastasen neu- lich müssen kleine primäre Malignome der Leber
roendokriner Tumoren. Vielversprechend sind die und Gallengangserweiterungen berücksichtigt wer-
ersten Ergebnisse der PET-CT in der Diagnostik von den.
Lebermetastasen. Bei weitgehender Verwendung von
FDG können neben der Primärdiagnostik vor allem Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
auch Verlaufsbeurteilungen nach operativen oder Als Untersuchungsmethode der ersten Wahl ist die
lokal ablativen Therapieverfahren zur Bestimmung Sonographie, ggf. ergänzt durch die kontrastver-
von Resttumoren oder Rezidiven erfolgen. In Kombi- stärkte Ultraschalluntersuchung anzusehen. Soll die
nation mit neuen, tumorspezifischen Tracern kann Abklärung der sonographisch diagnostizierten Le-
eine Erhöhung der diagnostischen Wertigkeit erwar- berläsionen im Rahmen des Stagings des Primär-
tet werden. tumors erfolgen, erscheint für die endgültige Charak-
Auch die Katheterangiographie hat ihre Bedeu- terisierung und Therapieplanung eine zweiphasige
tung für Nachweis und Charakterisierung von Leber- CT der Leber in arterieller und portalvenöser Kon-
metastasen weitestgehend verloren. Das Verfahren trastmittelperfusionsphase erforderlich. Diese sollte
findet weiterhin Anwendung im Rahmen der loko- durch Sekundärrekonstruktionen in koronarer und
regionalen Therapie von Lebermetastasen. Dabei sagittaler Schichtführung ergänzt werden. Ist ledig-
lässt sich der Vaskularisationsgrad der Herde direkt lich die Diagnostik der Leber zur Charakterisierung
bestimmen (Abb. 7.165, Abb. 7.166). und Therapieplanung der fokalen Läsionen geplant,
Die Bedeutung minimal-invasiver Verfahren in wird günstigerweise eine MRT nativ und in dynami-
den verschiedenen Phasen der Therapie von Leber- scher Sequenz, in Ausnahmefällen ergänzt durch die
metastasen hat in den letzten Jahren erheblich zuge- Gabe organspezifischen Kontrastmittels, durchge-
7.5 Tumoren 553

führt. Angiographische und nuklearmedizinische Auch die Hepatomegalie ist als alleiniges Kriterium
Verfahren kommen im Rahmen der lokoregionalen nicht ausreichend, da diese auch bei fehlendem se-
Therapie von Lebermetastasen zum Einsatz, spielen kundärem Organbefall auftritt. Ein zunehmender
in der alleinigen Diagnostik jedoch keine Rolle mehr. Milzbefall ist jedoch hinweisend auch auf einen se-
Die Wertigkeit der PET-CT in Diagnostik und Ver- kundären Befall der Leber im Rahmen eines Non-
laufskontrolle von Lebermetastasen erscheint viel- Hodgkin-Lymphoms.
versprechend, kann zum aktuellen Zeitpunkt jedoch
noch nicht abschließend beurteilt werden. Radiologische Symptomatik
Sonographisch lassen sich bei der miliaren und nodu-
Merke ! Lebermetastasen sind die häufigsten
malignen Leberläsionen des Erwach-
lären Form multiple, gut abgrenzbare echoarme Her-
de in der Leber nachweisen. Liegt ein diffuser sekun-
senen und älteren Kindes. Aufgrund ihres Erschei- därer Lymphombefall vor, ist eine Unterscheidung
nungsbildes in der bildgebenden Diagnostik kann von normalem oder durch diffusen Parenchymscha-
nur mit großen Einschränkungen auf den Primär- den verändertem Lebergewebe häufig nicht möglich.
tumor rückgeschlossen werden. Neben der Sono- Auch in der CT finden sich nativ bei der miliaren
graphie sind mehrphasige CT und MRT mit dynami- bzw. nodulären Form multiple gut abgrenzbare
scher Kontrastmittelsequenz die Untersuchungsme- hypodense Läsionen mit Größen von <1 mm bis
thoden der Wahl. Eine Beurteilung kann bei diffus mehrere Zentimeter. Ein diffuser Befall ist von
verändertem Lebergewebe der Umgebung erschwert einer Steatosis hepatis nicht zu unterscheiden. Nach
bis unmöglich sein. Neben fettgesättigten T2-gewich- Kontrastmittelgabe zeigen die fokalen Formen in
teten Sequenzen sind dabei T2*gewichtete Sequen- der portalvenösen Phase nur ein geringes Enhance-
zen nach Applikation von organspezifischem Kon- ment gegenüber dem umgebenden Lebergewebe
trastmittel auf Eisenbasis hilfreich. Lokoregionale (Abb. 7.167).
Therapieverfahren sind von zunehmender Bedeu- Analog zur CT dokumentiert sich der sekundäre
tung und werden in Kombination mit der Katheter- Lymphombefall in der Leber in der MRT bei den fo-
angiographie, CT und/oder MRT durchgeführt. kalen Formen mit gut abgrenzbaren, in T1-Wichtung
hypointensen, in T2-Wichtung hyperintensen Her-
Sekundärer Lymphombefall den. In der dynamischen Sequenz zeigen die Herde
nur ein geringes Enhancement. Insbesondere bei den
왔 Ein sekundärer Lymphombefall ist die diffusen Formen kann durch die Anwendung fettge-
Definition
Ausbreitung von malignem lymphati- sättigter Sequenzen in Einzelfällen eine Unterschei-
schen Gewebe von einem primär extraheptisch gele- dung zur Steatosis hepatis erfolgen.
genen Lymphom in die Leber.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Im Gegensatz zum primären Lymphom der Leber ist
der sekundäre Befall häufig. Aus Autopsiestatistiken
ist bekannt, dass etwa 60% der Hodgkin-Lymphom-
Patienten und etwa 50% der Non-Hodgkin-Lym-
phom-Patienten auch einen Leberbefall aufweisen.
Pathomorphologisch finden sich in der Frühform des
Lymphombefalls der Leber kleinste miliare Herde, in
der späteren Krankheitsphase multiple Knoten bzw.
eine diffuse lymphatische Infiltration. Als Ausgangs-
punkt des sekundären Befalls der Leber gilt der Le-
berhilus aufgrund des erhöhten Gehalts an lymphati-
schem Gewebe.

Klinische Symptomatik
Spezifische Symptome für einen sekundären Lym- Abb. 7.167. 54-jährige Patientin mit sekundärem Befall der
phombefall der Leber lassen sich nicht feststellen. Leber bei zentroblastischem Lymphom. In der arteriellen Pha-
Neben einem Druckgefühl im rechten Oberbauch se der kontrastverstärkten CT aufgespreizte zentrale Leberge-
fäße durch vermehrtes lymphatisches Gewebe (Pfeil). Multiple
durch die Hepatomegalie sind die Beschwerden der randständig hypervaskulariserte Knoten in beiden Leber-
Patienten uncharakteristisch bzw. von der Lokalisa- lappen (weiße Pfeilspitzen). Einzelne Herde auch in der Milz
tion des Primärbefall des Lymphoms dominiert. (schwarze Pfeilspitze)
554 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Erste Ergebnisse von PET-CT-Untersuchungen zei- Literatur zu Abschn. 7.5.1


gen ein analoges Bild zu CT und MRT mit Foci erhöh-
ter Aktivität bei den fokalen Formen und diffuser Anthony PP (1994) Tumors and tumor-like lesions of the liver
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Vom fokalen sekundären Lymphombefall der Leber histopathologic correlation in 13 cases. Radiology 228:
sind insbesondere die verschiedensten Formen der 465–472
Lebermetastasen, der gutartigen fokalen Leberherde Brancatelli G, Federle MP, Grazioli L, Blachar A, Peterson MS,
Thaete L (2001) Focal nodular hyperplasia: CT findings
und kleine primäre Lebermalignome abzugrenzen. with emphasis on multiphasic helical CT in 78 patients.
Beim diffusen Lymphombefall der Leber ist die Radiology 229: 75–79
Steatosis hepatis wichtigste Differenzialdiagnose. Buetow PC, Buck JL, Ros PR, Goodman ZD (1994) Malignant
vascular tumors of the liver: radiologic-pathologic correla-
tion. Radiographics 14: 153–166
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Cassilias VJ, Amendola MA, Gascue A, Pinnar N, Levi JU, Perez
Neben der Sonographie sollten CT oder MRT zur JM (2000) Imaging of nontraumatic hemorrhagic hepatic
Dokumentation des Ausmaßes eines sekundären lesions. Radiographics 20: 367–378
Choi BI, Han JK, Hong SH et al. (1999) Dysplastic nodules of
Lymphombefalls der Leber und als Ausgangsuntersu- the liver: imaging findings. Abdom Imaging 24: 250–257
chung für weitere Verlaufsbeurteilungen nach Thera- Choi J (2006) Imaging of hepatic metastases. Cancer Control
pie durchgeführt werden. Insbesondere bei der diffu- 13: 6–12
sen Form sollte dabei der MRT der Vorzug gegenüber Danet IM, Semelka RC, Braga L, Armao D, Woosley JT (2003)
Giant hemangiomas of the liver: MR imaging characteris-
der CT gegeben werden. Die PET-CT wird heute tics in 24 patients. Magn Reson Imaging 21: 95–101
noch nicht routinemäßig durchgeführt, ist jedoch bei Earnest F 4th, Johnson CD (2006) Case 96: hepatic epithelioid
Durchführung zum Staging des Primärbefalls geeig- hemangioendothelioma. Radiology 240: 295–298.
net, einen Leberbefall initial und im Verlauf zu doku- Emre S, McKenna GJ (2004) Liver tumors in children. Pediatr
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mentieren. Evans AE, Land VJ, Newton WA, Randolph JG, Sather HN, Tefft
M (1982) Combination chemotherapy (vincristine, Adri-
Merke ! Der sekundäre Lymphombefall der
Leber ist häufig und kommt in fokaler
amycin, cyclophosphamide, 5-fluorouracil) in the treat-
ment of children with malignant hepatoma). Cancer 50:
821–826
und diffuser Form vor.Während die fokale Form mit- Grazioli L, Federle MP, Ichikawa T, Balzano E, Nalesnik M,
tels Sonographie, CT, MRT und auch PET-CT gut do- Madariaga J (2000) Liver adenomatosis: clinical, histo-
kumentiert werden kann, ist der diffuse Befall häufig pathological, and imaging findings in 15 patients. Radiolo-
nicht eindeutig erfassbar. In einzelnen Fällen kann gy 216: 395–402
Grazioli L, Morana P, Federle MP et al. (2001) Focal nodular hy-
dann mittels fettsaturierter Sequenzen in der MRT perplasia: morphologic and functional information from
die Diagnose gestellt werden. MR imaging with gadobenate dimeglumine. Radiology 221:
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7.5 Tumoren 555

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556 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

7.5.2 Gallenblasenadenom
Tumoren der Gallenblase und der Gallenwege
왔 Gutartige Neubildungen des Drüsen-
Definition
Auch die Tumoren der Gallenblase und der Gallen- epithels der Gallenblase werden als
wege werden nach pathologischen Kriterien gemäß Adenome bezeichnet.
der WHO-Klassifikation von 1994 beschrieben (Ta-
belle 7.22). Analog dem Vorgehen bei den Lebertu- Synonyme: Gallenblasenpolyp, Gallenblasenpapillom,
moren behandelt das nachfolgende Kapitel benigne adenomatöser Polyp, adenomatöses Papillom.
und maligne Tumoren zunächst der Gallenblase und
dann der Gallenwege entsprechend der Häufigkeiten Pathologisch-anatomische
ihres Auftretens. und ätiologische Grundlagen
Wie alle gutartigen Neubildungen der Gallenblase
7.5.2.1 sind auch Adenome sehr selten. Ihre Prävalenz liegt
Benigne Tumoren der Gallenblase bei 0,01–0,3%. In etwa 30% der untersuchten Fälle
Benigne Tumoren der Gallenblase und Gallenwege werden multiple Adenome beobachtet. Histopatholo-
sind im Vergleich zu Konkrementen sehr selten. Zu gisch werden tubuläre, papilläre und tubulopapilläre
ihnen zählen insbesondere Adenome und benigne Adenome unterschieden, die sich als gestielte oder
Wandhyperplasien der Gallenblase in Form der Ade- sessile Polypen darstellen. Die papilläre Wachstums-
nomyomatose und der Cholesterolose in unter- form wird dabei vermehrt in den Gallengängen
schiedlicher Ausprägung. nachgewiesen. Eine Rarität stellt das Fibroadenom
der Gallenblase dar.

Tabelle 7.22. Klassifikation der Tumoren von Gallenblase und extrahepatischen Gallengängen. (Nach Ishak et al. 1994)

Histologischer Ursprung Dignität Entität

Epithelial Benigne Tubuläres Adenom


Papilläres Adenom
Tubulopapilläres Adenom
Biliäres Zystadenom
Papillomatosis (Adenomatosis)
Intraepitheliale Neoplasie (Dysplasie/Cis)
Maligne Adenokarzinom
Papilläres Adenokarzinom
Adenokarzinom, intestinaler Typ
Adenokarzinom, gastrisch-fovealer Typ
Muzinöses Adenokarzinom
Klarzellkarzinom
Siegelringzellkarzinom
Adenosquamöses Karzinom
Schleimbildendes Karzinom
Kleinzelliges Karzinom
Großzelliges neuroendokrines Karzinom
Undifferenziertes Karzinom
Biliäres Zystadenokarzinom
Karzinoid
Goblet-Zell-Karzinoid[CE33]
Tubuläres Karzinoid
Gemisches Karzinoidkarzinom
Sonstige maligne epitheliale Tumoren

Nichtepithelial Benigne Granularzelltumor


Leiomyom
Maligne Leiomyosarkom
Rhabdomyosarkom
Kaposi-Sarkom
Malignes fibröses Histiozytom
Sonstige maligne nichtepitheliale Tumoren

Hämatopoetisch und lymphogen Maligne Maligne Lymphome

Sekundär Maligne Metastasen


7.5 Tumoren 557

In Analogie zu Kolonpolypen wird über die Be-


deutung einer Adenom-Karzinom-Sequenz auch im
Bereich der Gallenblase und Gallenwege diskutiert.
Nach aktueller Studienlage erscheint diese unwahr-
scheinlich, eine abschließende Bewertung ist jedoch
noch nicht möglich. Allerdings wurden vermehrt
Gallenblasenadenome bei Patienten mit Gardner-
Syndrom und in einzelnen Fällen auch bei Peutz-
Jeghers-Syndrom diagnostiziert. Im Gegensatz zum
Gallenblasenkarzinom, das annähernd immer mit
einer Cholelithiasis verknüpft ist, finden sich in
weniger als der Hälfte aller Gallenblasenadenome
zusätzlich Steine.

Klinische Symptomatik
Die Patienten mit Adenomen der Gallenblase weisen
keine spezifischen klinischen Symptome auf. Meist
schildern die Patienten Beschwerden vergleichbar
zur Cholelithiasis mit rechtsseitigen Oberbauch- Abb. 7.168. 59-jährige Patientin mit rechtsseitigen Oberbauch-
beschwerden, Übelkeit und Brechreiz. In der Mehr- beschwerden. In der B-Bild-Sonographie Darstellung eines
zahl der Fälle wird die Diagnose allerdings zufällig sessilen, wandständigen Gallenblasenpolypen (Pfeil). Kein
Nachweis von Konkrementen
am Gallenblasenpräparat nach Cholezystektomie ge-
stellt.

Radiologische Symptomatik
In der perkutanen Sonographie lassen sich Gallenbla-
senadenome als wandständige, intraluminale, meist
echoreiche Raumforderungen nachweisen. Gegebe-
nenfalls kann durch Umlagerung des Patienten die
Unterscheidung zum singulären Gallenblasenkon-
krement erleichtert werden. Während das Konkre-
ment beim Umlagern seine Position zumeist gemäß
der Schwerkraft verändert, bleibt das Adenom statio-
när in seiner Lokalisation (Abb. 7.168, Abb. 7.169).
Die Unterscheidung zum Gallenblasenkarzinom ge-
lingt nur beim Nachweis der Infiltration in die umge-
bende Leber.
Mittels CT können Adenome als wandständige,
hyper- bis isodens zur umgebenden Gallenblasen-
wand sich darstellende, gut abgrenzbare intralumi-
nale Raumforderungen nachgewiesen werden. Ins-
besondere das Kontrastmittel-Enhancement erlaubt
eine Differenzierung von Konkrementen. Mittels
koronarer Sekundärrekonstruktionen lässt sich die
Diagnose aufgrund der räumlichen Zuordnung er-
härten.
Auch in der MRT erkennt man Gallenblasenade-
nome aufgrund ihrer morphologischen Konfigura-
tion, der Isointensität zur umgebenden Wand und am
Kontrastmittel-Enhancement. Die ergänzende MRC
erlaubt die zusätzliche Beurteilung der ableitenden
Abb. 7.169. 65-jähriger Patient mit Verdacht auf Cholelithia-
Gallenwege. sis. Das B-Bild-Sonogramm zeigt multiple, tubuläre wandstän-
Die intravenöse Cholangiographie spielt heute dige Gallenblasenpolypen (Pfeil). Kein Nachweis von Gallen-
lediglich noch in Ausnahmefällen eine Rolle in der blasenkonkrementen
Gallenblasendiagnostik. Wird sie durchgeführt, er-
558 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

kennt man das Adenom in Form einer wandständi- Synonyme: hyperplastische Cholezystose, Erdbeer-
gen Aussparung, zumeist jedoch nur bei Anwendung gallenblase, Cholesterolpolypose, Cholesteatose, Cho-
der konventionellen Tomographie. lesterinpolypen
Katheterangiographische und nuklearmedizini-
sche Verfahren kommen beim Gallenblasenadenom Pathologisch-anatomische
nicht primär zum Einsatz. Auch in der Unterschei- und ätiologische Grundlagen
dung zum Gallenblasenkarzinom ist der Stellenwert Bei der Adenomyomatose liegt neben den Ausstül-
etwa der PET-CT bisher nicht abschließend zu beur- pungen des Schleimhautepithels in Form intramura-
teilen. ler Divertikel, die als Rokitansky-Aschoff-Sinus be-
zeichnet werden, zusätzlich eine Verdickung der
Differenzialdiagnose Muskularis vor. Die Ätiologie der Erkrankung ist
Neben den Gallenblasenkonkrementen und der Cho- nicht bekannt. Ihre Inzidenz beträgt etwa 5% aller
lezystitis ist das Gallenblasenkarzinom die wichtigste Cholezystektomien. Das Altersmaximum liegt jen-
Differenzialdiagnose zum Adenom der Gallenblase. seits von 35 Jahren mit einer Bevorzugung des weib-
Dabei zeigen Konkremente in der Regel im Gegensatz lichen Geschlechts im Verhältnis 3:1. Zusätzliche
zu Adenomen eine Beweglichkeit innerhalb der Gal- Gallensteine lassen sich bei 25–75% der Patienten
lenblase beim Umlagern. Ein Gallenblasenkarzinom nachweisen. Eine vermehrte Cholesterinablagerung
kann nur histologisch mit Sicherheit ausgeschlossen in Form einer Cholesterolose findet sich bei knapp
werden. einem Drittel. Neben der diffusen Form der Adeno-
myomatose werden segmentale Formen unterschie-
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie den. Diese können gehäuft lokalisiert im Fundus der
Da die Mehrzahl der Gallenblasenadenome zufällig Gallenblase als Adenomyome oder in jedem anderen
entdeckt werden, ist die perkutane Sonographie in Segment auftreten. Als Sonderform gilt die Lokalisa-
der Regel die erste und einzige Untersuchungsme- tion in der Fundusmitte mit Ausbildung der so ge-
thode. Lediglich in Einzelfällen kann eine zusätzliche nannten „Sanduhrgallenblase“.
MRC zur Beurteilung der Gallengänge ergänzende Auch bei der Cholesterolose wird eine seltene ge-
Information bringen. Werden CT und MRT im Rah- neralisierte Form von der mehr lokalisierten, gestiel-
men anderer abdomineller Fragestellungen durchge- ten Variante mit einer Häufigkeit von >90% unter-
führt, lassen sich Gallenblasenadenome zuverlässig schieden. Die generalisierte Form wird nach dem
nachweisen. Eine Indikation zu weiterer Schnittbild- morphologischen Bild der Gallenblase als „Erdbeer-
technik besteht vor allem bei fehlender Unterschei- gallenblase“ oder Lipidcholezystitis bezeichnet. Sie
dungsmöglichkeit zum Gallenblasenkarzinom. ist in der Mehrzahl der Fälle mit Cholesterinsteinen
vergesellschaftet, nicht jedoch mit erhöhten Choles-
Merke ! Das Gallenblasenadenom ist ein selte-
ner, von der Wand ausgehender gut-
terinwerten im peripheren Blut. Die lokalisierte
Form tritt als Cholesterinpolyp insbesondere im
artiger Tumor. Es wird häufig in Anlehnung an seine mittleren Drittel der Gallenblase auf. Dabei können
makroskopische Erscheinungsform als Gallenblasen- die Polypen eine Größe von 5–10 mm erreichen.
polyp oder Gallenblasenpapillom bezeichnet. Die
Mehrzahl der Adenome wird zufällig entdeckt, hin- Klinische Symptomatik
weisende klinische Symptome fehlen. Zur Abklärung Weder die Adenomyomatose noch die Cholesterolose
wird in der Regel die Sonographie herangezogen, zeigen eine typische klinische Symptomatik. Zumeist
lediglich in Zweifelsfällen ergänzt durch CT oder wird die Diagnose zufällig am Cholezystektomieprä-
MRT mit MRCP.Als wichtigste Differenzialdiagnosen parat gestellt. In Einzelfällen werden unspezifische
sind die Gallenkonkremente, die Cholezystitis und Beschwerden wie rechtsseitige Oberbauchschmerzen
das Gallenblasenkarzinom zu nennen. von den Patienten berichtet.

Benigne Wandhyperplasien der Gallenblase Radiologische Symptomatik


Zu den benignen Wandhyperplasien der Gallenblase Sonographisch findet sich bei der Adenomyomatose
zählen die Adenomyomatose und die Cholesterolose. eine Wandverdickung im betroffenen Abschnitt mit
vermehrten Kontraktionen. Als pathognomonisch
왔 Bei der Adenomyomatose liegt eine sind echoreiche Foci mit kometenschweifförmigen
Definition
Proliferation des Schleimhautepithels Reflexionsartefakten anzusehen. Diese entstehen an
mit Aussackungen von der Mukosa bis in die tiefen den Cholesterinkristallen innerhalb der Rokitansky-
Wandschichten vor. Aschoff-Sinus. Bei der polypösen Form der Choles-
Die Cholesterolose ist eine Ablagerung von Cho- terolose erkennt man in der Regel zahlreiche glatt be-
lesterolestern subepithelial in der Gallenblasenwand. grenzte, echoreiche und wandständige intraluminale
7.5 Tumoren 559

Raumforderungen. Eine Unterscheidung zu adeno-


matösen Polypen ist nicht möglich.
Mit der CT lassen sich sowohl bei der Adenomyo-
matose als auch bei der Cholesterolose, abhängig von
der vorliegenden Form, lokalisierte oder generali-
sierte Wandverdickungen der Gallenblase nachwei-
sen. Diese zeigen bei der Adenomyomatose zystische
divertikelartige Ausstülpungen ohne Kontrastmittel-
aufnahme, bei der Cholesterolose in der Regel solide
Formationen mit zumindest mäßigem Kontrastmit-
tel-Enhancement.
In der MRT erkennt man bei der Adenomyomato-
Abb. 7.170. 84-jährige Patientin mit rechtsseitigen Oberbauch-
se in T2-Wichtung hyperintense, zystische Aussa- beschwerden. Sonographisch kein Nachweis von Konkremen-
ckungen der Gallenblasenwand ohne Kontrastmittel- ten. Die MRCP dokumentiert eine lokalisierte Adenomyoma-
Enhancement in T1-Wichtung nach Kontrastmittel- tose der Gallenblase am Fundus (Pfeil). Histologische Bestäti-
applikation. Die MRCP zeigt ein den direkten Verfah- gung nach Cholezystektomie
ren analoges Bild (Abb. 7.170). Die Cholesterolose
stellt sich in T2-Wichtung mit iso- bis hyperintensen
intraluminalen Formationen mit zumeist mäßigem
Enhancement nach Kontrastmittel-Applikation dar.
Vergleichsweise typische Bilder liefert die heute in
der Regel nicht mehr durchgeführte intravenöse
Cholangiographie. Sie zeigt bei der Adenomyomatose
in der generalisierten Form, insbesondere nach Reiz-
mahlzeit, das so genannte Bild der Perlenhalskette
mit punktförmigen extraluminalen Kontrastmittel-
ansammlungen, die einer direkten Darstellung der
Rokitansky-Aschoff-Sinus entsprechen. Gleiches gilt
für die direkte Darstellung der Sanduhrgallenblase
bei der segmentalen Form der Adenomyomatose.
Demgegenüber ist das Bild der gestielten Cholestero-
lose lediglich durch Zahl und Größe von adenoma-
tösen Polypen zu unterscheiden: Glatt begrenzte Fül-
lungsaussparungen zeigen keine Ortsveränderung
nach Umlagerung oder Reizmahlzeit. Analoge Bilder
liefern die direkten Darstellungsformen ERC/PTC
(Abb. 7.171).
Katheterangiographische und nuklearmedizini- Abb. 7.171. 68-jähriger Patient mit Cholelithiasis. ERC wegen
des Verdacht auf Choledocholithiasis. Generalisierte Adeno-
sche Untersuchungsmethoden spielen keine Rolle bei myomatose der Gallenblase mit direkter Darstellung der Roki-
den benignen Wandhyperplasien der Gallenblase. tansky-Aschoff-Sinus (Pfeil)

Differenzialdiagnose
Wichtige Differenzialdiagnosen sind sowohl bei der Enhancement diagnostisch hilfreiche Zusatzinfor-
Adenomyomatose als auch bei der Cholesterolose mationen gewonnen werden. Die intravenöse Chol-
die akute und chronische Cholezystitis, Gallenbla- angiographie wird heute nicht mehr regelhaft durch-
senkonkremente, das Gallenblasenkarzinom und die geführt, weist jedoch klassische und diagnostisch
Gallenblasenadenome in polypöser und papillärer wegweisende Bildkriterien auf.
Form.

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Merke ! Die benignen Hypertrophien der Gal-


lenblasenwand sind selten und wer-
Aufgrund der meist zufällig gestellten Diagnose ist den zumeist zufällig diagnostiziert. Während die
die Sonographie die Methode der Wahl und weist, Adenomyomatose als divertikelähnliche Ausstülpung
zumindest bei der Adenomyomatose, pathognomo- der Schleimhaut ein typisches sonographisches und
nische Bildkriterien auf. Werden CT oder MRT aus konventionell radiologisches Bild aufweist, können
anderen Indikationen durchgeführt, können anhand Cholesterolpolypen als lokalisierte Form der Cho-
von Dichte bzw. Signalintensität und Kontrastmittel- lesterolose häufig nicht von adenomatösen Polypen
560 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

bildgebend unterschieden werden. Differenzialdia- Über 80% aller Gallenblasenkarzinome sind Ade-
gnostisch sind neben den Gallenblasenkonkremen- nokarzinome. Daneben finden sich muzinöse Karzi-
ten vor allem adenomatöse Polypen und das Gallen- nome (5%), undifferenzierte Karzinome (10%) und
blasenkarzinom zu berücksichtigen. sehr selten u. a. Plattenepithelkarzinome, Siegelring-
zellkarzinome und adenosquamöse Karzinome. Bei
7.5.2.2 den Adenokarzinomen werden unterschiedliche his-
Maligne Tumoren der Gallenblase tologische Subgruppen wie tubuläre, papilläre, nodu-
läre und Mischformen unterschieden.
Gallenblasenkarzinom Histologisches Grading und mögliche Zellmeta-
plasie gelten als prognostisch relevant. So zeigen
왔 Primäre maligne Tumoren der Gal- hoch differenzierte Karzinome und Tumoren mit
Definition
lenblase sind fast ausschließlich Kar- nachgewiesener Metaplasie eine bessere Prognose als
zinome. Diese stellen die Mehrzahl aller malignen schlecht differenzierte Neoplasien mit zusätzlichem
Tumoren des biliären Systems dar und sind der fünft- Nachweis einer Cholelithiasis. Letztere Karzinom-
häufigste Tumor des Gastrointestinaltrakts. gruppe zeigt eine erhöhte Inzidenz zur Lymphkno-
tenmetastasierung und direkten Invasion in die Le-
Pathologisch-anatomische ber. Papilläre Karzinome tendieren geringer zur Infil-
und ätiologische Grundlagen tration der Leber per continuitatem oder zur meta-
Die Angaben über die Geschlechtsverteilung männ- statischen Absiedelung in regionäre Lymphknoten.
lich:weiblich beim Gallenblasenkarzinom schwanken Demgegenüber infiltrieren noduläre Adenokarzino-
zwischen 3:2,5 und 1:4. Bei Frauen stehen sie an 7., me frühzeitig in die Leber und die lokalen Lymph-
bei Männern an 10. Stelle der Karzinomhäufigkeit. knoten. Die infiltrative Ausbreitung erfolgt entlang
Gallenblasenkarzinome zeigen eine erhöhtes Auftre- des Ductus cysticus und des Ductus choledochus
ten im höheren Lebensalter mit einem Altersgipfel zum Leberhilus und zu den Lymphknoten nach pan-
bei etwa 70 Jahren. Die Inzidenz weist starke regiona- kreatikoduodenal sowie entlang der großen Gefäße
le Unterschiede mit vermehrtem Auftreten in Israel, nach paraaortal.
Lateinamerika und Nordjapan auf. Neben der Infiltration per continuitatem, die vor
Wichtigster ätiologischer Faktor für die Entste- allem auch auf die häufige Lokalisation des Tumors
hung eines Gallenblasenkarzinoms ist die Chole- im Bereich von Gallenblasenfundus und -infundibu-
zystolithiasis. Bei etwa 90% aller Gallenblasenkar- lum zurückzuführen ist, erfolgt eine metastatische
zinome lassen sich auch Gallenblasensteine finden. Absiedelung in die Leber über die Venen der Gallen-
In etwa 1% unter der Diagnose Cholezystolithiasis blase durch direkten Abstrom des Blutes in die intra-
operierter Patienten wird histologisch im Resek- hepatische Pfortader. Eine Differenzierung von loka-
tionspräparat ein okkultes Gallenblasenkarzinom ler Infiltration und hämatogener Metastasierung ist
nachgewiesen. Dennoch lässt sich bei konservativer jedoch schwierig. In 10–20% der Fälle findet sich
Behandlung des Gallensteinleidens keine erhöhte zum Zeitpunkt der Diagnosestellung eine Metasta-
Inzidenz von Gallenblasenkarzinomen dokumentie- sierung in die Peritonealhöhle, die Lunge oder knö-
ren. cherne Strukturen. Auf hämatogenem Weg werden
Neben der Cholezystolithiasis erscheinen die Nebennieren, Ovar und Milz befallen.
Größe der Gallenblase (>3 cm) mit einem 10-fach Analog anderen malignen Tumoren werden Gal-
höheren Karzinomrisiko, die verkalkte Gallenblasen- lenblasenkarzinome nach der TNM-Klassifikation
wand im Sinne der so genannten Porzellangallen- der UICC von 2002 eingeteilt (Tabelle 7.23). Daneben
blase mit einem Karzinomrisiko von 20–60% sowie findet, vor allem unter therapeutischen Gesichts-
Gallenblasenpolypen (>0,5 cm) als gesicherte Ur- punkten, die Stadieneinteilung der UICC Anwendung
sache für die Entstehung eines Gallenblasenkarzi- (Tabelle 7.24).
noms. Gleiches gilt für adenomatöse Polypen der
Gallenblase beim Peutz-Jeghers-Syndrom. Gesichert Klinische Symptomatik
scheint auch, dass die chronische Einwirkung von Die Patienten mit Gallenblasenkarzinomen zeigen in
Nitrosaminen und Azotulen bei Kautschukpflanzern der Regel lediglich uncharakteristische klinische
zu einer erhöhten Inzidenz von Gallenblasenkarzino- Symptome. Diese sind abdominelle Schmerzen mit
men führt. Über einen ursächlichen Zusammenhang Betonung des rechten oberen Quadranten (etwa
von Gallenblasenkarzinomentstehung und Anoma- 75%), Gallenkolik oder akute Cholezystitis (>50%),
lien des Gallengangs in Form eines so genannten Übelkeit und Erbrechen (>30%) und Gewichts-
„common channel“ bei Kindern wird diskutiert. verlust (>30%). Lediglich bei fortgeschrittenen Kar-
Häufiger entstehen dabei jedoch Gallengangskarzi- zinomen liegt ein Ikterus vor. Wegen der fehlenden
nome. charakteristischen Symptome werden 10–20% der
7.5 Tumoren 561

Tabelle 7.23. TNM-Klassifikation der Gallenblasentumoren. Radiologische Symptomatik


(Nach UICC 2002) Die Anforderungen an die bildgebende Diagnostik
TNM Beschreibung beim Staging von Gallenblasenkarzinomen umfas-
sen:
Primärtumor (T)
Tx Primärtumor nicht beurteilbar ∑ die Ausdehnung des Tumors,
T0 Kein Primärtumor nachweisbar ∑ das Ausmaß der Infiltration in Leber und Gallen-
Tis Carcinoma in situ wege,
T1 Tumor mit Infiltration von Schleimhaut
und/oder Muskulatur ∑ mögliche extrahepatische Tumormanifestationen,
T1a Tumor mit Infiltration der Schleimhaut ∑ Lymphknotenmetastasen und
T1b Tumor mit Infiltration der Muskulatur ∑ den Nachweis von Organmetastasen vor allem in
T2 Tumor mit transmuraler Infiltration Leber und Lunge.
der Gallenblasenwand, jedoch ohne
Serosaperforation oder Leberinfiltration Eine Unterscheidung in die histologischen Typen ist
T3 Tumor mit Perforation der Serosa (viszerales bildgebend nicht möglich.
Peritoneum) und/oder direkter Infiltration
der Leber und/oder einer anderen benachbarten Bei Patienten mit Gallenblasenkarzinomen kann
Organstruktur (Magen, Duodenum, Kolon, die Diagnose mit Hilfe der perkutanen Sonographie
Pankreas, großes Netz, extrahepatisches Gallen- in der Hälfte der Fälle gestellt werden. Eine exakte Be-
wegssystem)
T4 Tumor mit Infiltration des Pfortaderhaupt-
urteilung des Lokalbefundes beim Karzinom gelingt
stamms und der großen Pfortaderäste in 70–100%. Neben Gallenblasensteinen und einer
und/oder der A. hepatica oder Infiltration Verkalkung der Gallenblasenwand zeigt das Tumor-
von 2 extrahepatischen Organstrukturen korrelat eine polypoide, echoreiche Raumforderung
Regionale Lymphknoten (N) mit in der Regel Wandüberschreitung und Infiltra-
Nx Regionale Lymphknoten nicht beurteilbar tion in das Gallenblasenbett und ggf. die umgeben-
N0 Keine regionären Lymphknotenmetastasen den Leberstrukturen (Abb. 7.172). Mittels Farbdopp-
nachweisbar ler lassen sich ab einer Tumorgröße von zumindest
N1 Regionale Lymphknotenmetastasen
2 cm hypervaskularisierte Areale nachweisen. In letz-
Fernmetastasen (M) ter Zeit wird neben dem endoskopischen Ultraschall
Mx Fernmetastasen nicht beurteilbar (EUS) zunehmend auch der intraduktale Ultraschall
M0 Keine Fernmetastasen nachweisbar (IDUS) mit hochfrequenten Schallsonden (20 MHz)
M1 Fernmetastasen
der Gallenwege praktiziert. Neuere Literaturangaben
berichten insbesondere über den Einsatz beim kom-
plizierten Steinleiden in der Abgrenzbarkeit zum
Tabelle 7.24. Stadieneinteilung der Gallenblasentumoren.
(Nach UICC 2002)

Stadium T-Kategorie N-Kategorie M-Kategorie

0 Tis N0 M0
IA T1 N0 M0
IB T2 N0 M0
IIA T3 N0 M0
IIB T1–T3 N1 M0
III T4 N0–N1 M0
IV T0–T4 N0–N1 M1

Gallenblasenkarzinome erst intraoperativ oder nach


Aufarbeitung des Resektionspräparates einer symp-
tomatischen Cholezystolithiasis diagnostiziert. Der
Einsatz von Tumormarkern wie CA 19-9 und CEA
zur Frühdiagnose hat sich nicht bewährt.
Abb. 7.172. 68-jähriger Patient mit Gallenblasenkarzinom bei
langjähriger Cholezystolithiasis. Im B-Bild-Sonogramm Nach-
weis eines verkalkten Konkrements in der Gallenblase mit
dorsaler Schallauslöschung (S). Schlechte Abgrenzbarkeit des
Organs bei Infiltration in die Leber (Pfeil)
562 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

a b

c d

Abb. 7.173 a–e. 85-jähriger Patient mit Gallenblasenkarzinom. c Im transversalen MRT-Schnitt in T2-Wichtung Nachweis
a Koronare Sekundärrekonstruktion aus einem MSCT-Daten- multipler verkalkter Gallenblasenkonkremente (Pfeil) bei aus-
satz mit Dokumentation der Infiltration des Tumors (T) in den gedehnter Infiltration des Tumors (T) in die Leber. d Trans-
Leberhilus (Pfeil). Konsekutive erhebliche intrahepatische hepatisch eingelegte interne Drainage. Verwendung einer so
Cholestase. b Sagittale Rekonstruktion zu a: breite Infiltration genannten „Münchner Drainage“ mit perkutaner Spülmög-
des Tumors in das extrahepatische Gallenwegssystem (Pfeil). lichkeit

Gallenblasenkarzinom mit Sensitivitäten >90%.Vor- Raumforderung mit Infiltration in Gallenblasenbett


teilhaft erscheint in diesem Zusammenhang vor al- und umgebendes Lebergewebe sowie peritumorale
lem die Möglichkeit der intraduktalen bildgesteuer- Lymphknoten. Mit den Möglichkeiten der MSCT und
ten Histologiegewinnung. hochaufgelösten koronaren und parakoronaren Se-
In der Nativ-CT lassen sich sowohl verkalkte Kon- kundärrekonstruktionen konnte die diagnostische
kremente als auch Verkalkungen der Gallenblasen- Sicherheit weiter verbessert werden. Dies gilt vor
wand, z. B. in Form einer Porzellangallenblase zu- allem auch für die Gefäßbeurteilung in Form der
verlässig darstellen. Nach Kontrastmittelgabe findet CTA im arteriellen und portalvenösen Stromgebiet.
sich in der Regel als Tumorkorrelat eine hypodense Mit Hilfe von MIN-Rekonstruktionen können weit-
7.5 Tumoren 563

Die direkte Darstellung der Gallengänge in Form


der ERC/PTC ist beim Gallenblasenkarzinom von
eher untergeordneter Bedeutung. Lediglich im Falle
der therapeutischen Versorgung bei inoperabler Si-
tuation kommen die Verfahren zur Ableitung der
Gallenflüssigkeit zur Anwendung (Abb. 7.173 d, e).
Wird die Gallenblase mit dargestellt, zeigt sich ein
spezifisches Bild mit Kontrastmittelaussparung im
Bereich des Tumors (Abb. 7.174 a). Auch die intra-
venöse Cholangiographie wird nur noch in Ausnah-
mefällen, dann in der Regel kombiniert mit der CT,
durchgeführt.
Die Katheterangiographie spielt keine entschei-
dende Rolle beim Staging des Gallenblasenkarzi-
noms. Der Nachweis pathologischer Gefäße im Rah-
men einer aus anderen Gründen durchgeführten An-
giographie ist jedoch hochspezifisch und hinweisend
auf die Diagnose (Abb. 7.174 b).
Klassische nuklearmedizinische Verfahren kom-
men beim Gallenblasenkarzinom nicht regelhaft zur
Anwendung. In der hepatobiliären Funktionsszinti-
graphie zeigt sich ein photopenischer Defekt in der
Gallenblase als Korrelat sowie ggf. ein verzögerter
Abstrom des Radiopharmakons aus der Leber bei
e durch den Tumor bedingter intrahepatischer Choles-
tase. Zur Bedeutung der PET-CT beim Gallenblasen-
Abb. 7.173 a–e. (Fortsetzung) e Endgültige palliative Versor- karzinom liegen bisher lediglich Einzelberichte vor.
gung zu d mittels transhepatisch eingebrachtem Metallstent
im Ductus hepaticus communis und Ductus choledochus
Differenzialdiagnose
Wichtigste Differenzialdiagnosen zum Gallenblasen-
karzinom sind die Cholezystolithiasis sowie die aku-
gehend vergleichbare Ergebnisse zur MRC erreicht te und chronische Cholezystitis, die häufig in der
und somit, zumindest in vielen Fällen, die Beurtei- bildgebenden Diagnostik nicht unterschieden wer-
lung des Gallenwegssystems in der CT mit durchge- den können. Gelegentlich kann ein primär von der
führt werden. Die diagnostische Genauigkeit der CT Leber ausgehender Tumor mit Infiltration in die
liegt, abhängig von der zur Verfügung stehenden Gallenblase ein Gallenblasenkarzinom vortäuschen.
Technologie, bei 55–100% (Abb. 7.173 a, b). Seltenere Differenzialdiagnosen sind die benignen
Mittels MRT erkennt man, analog zur CT, eine in Tumoren der Gallenblase sowie die als Raritäten zu
das Gallenblasenbett und die umgebende Leber infil- betrachtenden Ektopien von Magen, Darm und Leber
trierende Tumormasse, die sich in T1-Wichtung iso- in die Gallenblase in Form der Choristome.
bis hypointens, in T2-Wichtung leicht hyperintens
und mit allenfalls schwachem Enhancement nach Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
Kontrastmittelgabe darstellt (Abb. 7.173 c). In der Primäre Untersuchungsmodalität ist die perkutane
MRCP zeigt sich entweder eine ausgeschaltete Gal- Sonographie ggf. ergänzt durch die Farbdoppler-
lenblase oder eine Kompression im Bereich des Tu- sonographie zur Abgrenzung einer Infiltration in
morkorrelats. Zusätzlich lässt sich eine Beteiligung umgebende intra- und extrahepatische Gefäßstruk-
der intra- und extrahepatischen Gallenwege beurtei- turen. Zur weiteren Abklärung einschließlich Staging
len. Die MRT liefert bei Verwendung der Kombina- ist entweder eine multiphasische CT, möglichst
tion klassischer Sequenzen in axialer und koronarer mit Sekundärrekonstruktionen zur Beurteilung des
Schichtführung mit der MRCP Treffsicherheiten zwi- Gallenwegssystems, oder eine MRT mit MRCP und
schen 88 und 100%. Seit einiger Zeit verfügbare MRA durchzuführen. Dennoch kann die Diagnose
hepatobiliäre MRT-Kontrastmittel haben sich im häufig erst am Resektionspräparat oder in der Biop-
Routinebetrieb bisher nicht durchgesetzt. Neueste sie histologisch gestellt werden. Die direkte Darstel-
Entwicklungen der intraduktalen MRT mittels einer lung mittels ERC/PTC hat nur unter therapeutischen
in den Gallengang eingebrachten Empfangsspule Gesichtspunkten bei inoperablem Situs eine Bedeu-
sind im Stadium der wissenschaftlichen Evaluation. tung.
564 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Merke ! Das Gallenblasenkarzinom ist der


häufigste Tumor des Gallensystems
mit meist unspezifischer klinischer Symptomatik.
Als prädisponierend gelten insbesondere die Chole-
lithiasis, die chronische Cholezystitis und die Porzel-
langallenblase. Die diagnostische Abklärung erfolgt
mittels Sonographie und CT mit CTA oder MRT mit
MRCP und CE-MRA. Eine Abgrenzung zu akuten
oder chronischen entzündlichen Erkrankungen oder
benignen Neoplasien der Gallenblase ist häufig erst
histologisch möglich.

Seltene primäre maligne Tumoren der Gallenblase


Zur Gruppe der primären malignen Tumoren der
Gallenblase zählen neben dem häufigen Adenokarzi-
nom auch die seltenen Formen des Karzinosarkom,
des malignen Melanoms und des primär malignen
Lymphoms der Gallenblase.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
왔 Das Karzinomsarkom ist ein maligner
Definition
a Tumor der Gallenblase mit histolo-
gisch sowohl Karzinom- als auch Sarkomanteilen.

Die seltene Entität wird vor allem bei Frauen höheren


Lebensalters beobachtet. Zumeist liegt auch eine
Cholezystolithiasis vor. Der Krankheitsverlauf ist
abhängig vom sarkomatösen Tumoranteil, der als
agressiver, tumorbiologisch aktiver und damit pro-
gnostisch ungünstiger einzustufen ist.
Die seltenen primären malignen Melanome der
Gallenblase können singulär oder multipel auftreten.
Makroskopisches Bild, Krankheitsverlauf und Pro-
gnose unterscheiden sich nicht von anderen Lokali-
sationen des malignen Melanoms. Die Unterschei-
dung zum sekundären Befall der Gallenblase in Form
von Melanommetastasen ist ausschließlich histolo-
gisch und nicht in allen Fällen sicher möglich.
Ein primärer Lymphombefall der Gallenblase gilt
als Rarität. In den beschrieben Fällen handelte es sich
um Non-Hodgkin-Lymphome. Ätiologie und Krank-
heitsverlauf entsprechen dem anderer primärer
Lokalisationen im Gastrointestinaltrakt.

Klinische Symptomatik
Alle genannten seltenen Formen der primären malig-
b nen Tumoren der Gallenblase werden in der Regel
zufällig im Rahmen der Cholezystektomie entdeckt.
Abb. 7.174 a, b. 65-jährige Patientin mit Gallenblasenkarzi- Spezifische klinische Symptome sind somit nicht be-
nom. a In der ERCP tumortypische Füllungsaussparung am kannt. Zumeist entspricht das Beschwerdebild dem
Gallenblasenfundus (Pfeil). b Die Katheterangiographie zeigt
zahlreiche pathologische Gefäße am Gallenblasenfundus als einer Cholelithiasis bzw. ist unspezifisch mit Übel-
indirekten Tumorhinweis (Pfeil). Zusätzlich Cholezystolithia- keit, rechtsseitigem Oberbauchschmerz und Krank-
sis heitsgefühl.
7.5 Tumoren 565

Radiologische Symptomatik Nur in seltenen Fällen finden sich Metastasen


Mit bildgebenden Verfahren können Karzinosarkom, extrabiliärer Malignome in der Gallenblase. Als Pri-
malignes Melanom und primäres malignes Lymphom marius stellt sich dabei in mehr als der Hälfte der Fäl-
der Gallenblase nicht von anderen Raumforderungen le ein malignes Melanom heraus. Deutlich seltener
differenziert werden. Es gelten somit die oben ausge- sind Metastasen in der Gallenblase von Mamma-,
führten Kriterien zum Adenokarzinom der Gallen- Nieren-, Ösophagus- und Lungenkarzinomen.
blase.
Klinische Symptomatik
Differenzialdiagnose Das klinische Beschwerdebild ist auch bei den sekun-
Wichtigste Differenzialdiagnose zu den seltenen dären malignen Tumoren der Gallenblase unspezi-
primären malignen Tumoren der Gallenblase ist das fisch. Es wird im Falle des Tumoreinbruchs von
cholezystäre Adenokarzinom. Daneben müssen die außen von der Symptomatik des Primärtumors be-
akute bzw. chronische Cholezystitis, die Cholelithia- stimmt. Unter Umständen wird von den Patienten
sis, primäre Lebertumoren mit Infiltration in die Gal- lediglich über Unwohlsein und rechtsseitigen Ober-
lenblase, Metastasen in der Gallenblase von primär bauchschmerz berichtet. Die Metastasen in der Gal-
extrabiliären Primarien und die benignen Tumoren lenblase stellen Zufallsbefunde bei der Cholezyst-
der Gallenblase berücksichtigt werden. ektomie dar und können nicht anhand klinischer
Parameter erkannt werden.
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
Wie beim primären Adenokarzinom der Gallenblase Radiologische Symptomatik
ist auch bei den seltenen Entitäten die Sonographie Sonographisch kann die Infiltration eines extrabiliä-
das erste diagnostische Verfahren. Im Rahmen des ren Tumors in die Gallenblase häufig nicht von der
Stagings erfolgen zusätzlich, abhängig von der Ver- Infiltration eines Gallenblasenkarzinoms in die um-
fügbarkeit, CT mit CTA bzw. MRT mit MRCP und gebende Leber differenziert werden. Die Berücksich-
MRA. tigung des Verlaufs und relevanter Nebenbefunde
(z. B. Leberzirrhose beim HCC, periphere Cholestase
Merke ! Karzinosarkome, primäre maligne
Melanome und primäre Lymphome
beim CCC, Gallensteine beim primären Gallenbla-
senkarzinom) sind wichtige Hinweise zur differen-
der Gallenblase stellen sehr seltene Entitäten dar. Sie zialdiagnostischen Bewertung. In allen Fällen findet
werden in der Regel zufällig am Cholezystektomie- sich eine zumeist echoarme Raumforderung unter
präparat entdeckt, weisen keine spezifischen klini- Einbeziehung der Gallenblase und umgebender Le-
schen Symptome auf und verhalten sich im Krank- beranteile sowie des Gallenblasenbetts. Auch eine
heitsverlauf analog zu anderen Primärtumorlokali- mögliche Gefäßinfiltration ist bei allen Tumorentitä-
sationen. Mittels bildgebender Diagnostik ist eine ten möglich.
Klassifizierung nicht möglich. Als wichtigste Diffe- In CT und MRT kann die Diagnose ebenfalls be-
renzialdiagnose ist das primäre Adenokarzinom der vorzugt über die Nebenbefunde und weniger über
Gallenblase zu berücksichtigen. die Raumforderung in Gallenblase, Gallenblasenbett
und umgebendem Lebergewebe gestellt werden. Der
Sekundäre maligne Tumoren der Gallenblase Primärtumor zeigt sich hypodens bzw. hypointens
Sekundäre maligne Tumoren der Gallenblase sind mit zumeist nur geringem Kontrastmittel-Enhance-
sehr selten. ment. Mittels CTA bzw. CE-MRA kann eine mögliche
Gefäßinfiltration dokumentiert werden.
왔 Hierzu zählen Tumoreinbrüche primär Alle anderen diagnostischen Verfahren kommen
Definition
extrabiliärer Tumoren in die Gallen- primär nicht zum Einsatz. Im Falle der zusätzlichen
blase per continuitatem oder in Form von Metasta- Cholestase kann primär mit therapeutischem Ansatz
sen. eine ERC/PTC erforderlich sein.
Metastasen in der Gallenblase lassen sich weder
Pathologisch-anatomische sonographisch noch mittels CT oder MRT eindeutig
und ätiologische Grundlagen als solche identifizieren. Die Bildkriterien entspre-
Häufige Tumoreinbrüche von außen in die Gallen- chen denen primärer Gallenblasentumoren.
blase werden bei primären Lebertumoren wie HCC
und CCC beobachtet, seltene bei Pankreas-, Magen- Differenzialdiagnose
und Duodenalkarzinomen. In aller Regel ist der Tu- Von den sekundären malignen Tumoren der Gallen-
moreinbruch mit zusätzlichen Lebermetastasen ver- blase sind vor allem die primären Malignome des Or-
gesellschaftet und Ausdruck eines progredienten und gans und insbesondere das Gallenblasenkarzinom zu
agressiven Verlaufs der Malignomerkrankung. unterscheiden. Zusätzlich sind das Gallensteinleiden,
566 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

die akute und chronische Cholezystitis sowie benig- machen lediglich 1% aller gastrointestinalen Lokali-
ne Tumoren der Gallenblase zu berücksichtigen. sationen aus. Die meisten Karzinoide produzieren
Serotonin, sie können allerdings auch andere Peptid-
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie hormone wie Gastrin und Somatostatin bilden.
Neben der Sonographie ist eine weitere Beurteilung Bei nur langsamem Wachstum der Tumoren selbst
mit CT oder MRT erforderlich. Dabei sollten jeweils kommt es in der Regel früh zu Metastasierungen in
Sekundärrekonstruktionen zur Beurteilung der Ge- lokoregionale Lymphknoten und die Leber (Karzino-
fäßsituation und des Gallenwegssystems mit beur- idsyndrom).
teilt werden.
Klinische Symptomatik
Merke ! Zu den seltenen sekundären malignen
Tumoren der Gallenblase gehören
Analog den Gallenblasenadenomen zeigen auch
papilläre Adenome der Gallenwege in der Regel nur
neben Tumoreinbrüchen extrabiliärer Malignome in unspezifische klinische Symptome. Dies gilt in
die Gallenblase vor allem Metastasen unterschiedlich- gleicher Weise für den Granularzelltumor. Führen die
ster Primarien, jedoch insbesondere maligner Mela- Tumoren allerdings zu einer relevanten Stenosierung
nome. Häufig ist der Ausgangspunkt des infiltrativen des ableitenden Gallenwegssystems, stehen, abhängig
Wachstums erst histologisch festzustellen. Bei fehlen- von der Höhe der Einengung, die intra- bzw. extra-
der typischer klinischer Symptomatik erfolgt die Dia- hepatische Cholestase und der Verschlussikterus im
gnostik mittels Sonographie und CT oder MRT ein- Vordergrund. Bei den Karzinoiden richtet sich die
schließlich der Beurteilung des Gefäß- und Gallen- Symptomatik nach dem produzierten Hormon und
wegsstatus. Wichtigste Differenzialdiagnose ist das dem Vorliegen von Lebermetastasen. Letztere lösen
primäre Adenokarzinom der Gallenblase. häufig die typische Flush-Symptomatik aus.

7.5.2.3 Radiologische Symptomatik


Benigne Tumoren der Gallenwege Alle genannten benignen Tumoren der Gallenwege
lassen sich direkt erst ab einer Größe von 5–8 mm
왔 Zu den benignen Tumoren der Gallen- darstellen. Häufig dokumentieren die bildgebenden
Definition
wege zählen papilläre Adenome, Gra- Verfahren jedoch die auf die intraluminale Raumfor-
nularzelltumoren und endokrine Tumoren in Form derung zurückzuführende Cholestase. Dies kann
der Karzinoide. mittels Sonographie sowie CT oder MRT gleicherma-
ßen geschehen.
Pathologisch-anatomische Kann der Tumor selbst nachgewiesen werden,
und ätiologische Grundlagen stellt er sich generell echoreich in der Sonographie
Alle gutartige Tumoren des Gallenwegssystems sind sowie iso- bis hyperdens in der kontrastverstärkten
sehr selten. Papilläre Adenome werden, im Gegensatz CT bzw. in der MRT hyperintens in T2-Wichtung mit
zu tubulären oder gemischten Adenomformen ge- zumindest mäßigem Enhancement nach Kontrast-
häuft in den Gallenwegen gefunden. Bei papillären mittel-Applikation dar. Mit der MRCP gelingt häufig
Adenomen handelt es sich um Gewebspapillen, die eine direkte Darstellung des Tumors (Abb. 7.175 a).
mit muzinösem Epithel bedeckt sind. Epitheldyspla- Beim Karzinoidsyndrom lassen sich die Leber-
sien sind vorbeschrieben, sodass die papillomatösen metastasen sonographisch als echoreich und in der
Adenome als Präkanzerose von Gallenwegskarzino- CT bzw. MRT mit früharteriellem Kontrastmittel-
men gelten. Besonders zu erwähnen ist die seltene Enhancement erkennen. Der Tumor selbst ist, wenn
Form der Papillomatose mit multiplen papillären erfassbar, ebenfalls hypervaskularisiert und damit
Adenomen. Hierbei sind vermehrt Epitheldysplasien mit deutlichem Enhancement in der arteriellen Kon-
und damit die Vorstufen der Gallenwegskarzinome trastmittelperfusionsphase in CT und MRT verbun-
zu beobachten. den. Zur Lokalisation eines Karzinoids stehen zudem
Beim Granularzelltumor handelt es sich um den nuklearmedizinische Verfahren z. B. in Form der So-
häufigsten gutartigen nichtepithelialen Tumor der matostatinrezeptorszintigraphie zur Verfügung. Noch
Gallenwege. Allerdings befinden sich nur gut 1% al- im Stadium der wissenschaftlichen Evaluation ist die
ler Granularzelltumoren in den Gallenwegen. Etwa PET-CT mit Somatostatin-analogem Tracer. Dabei
50% finden sich dabei im Ductus choledochus, in sel- können in einem Untersuchungsgang Primärtumor
tenen Fällen kann auch die Gallenblase befallen sein. und Metastasen identifiziert und lokalisiert werden.
Besonders von der Krankheit betroffen sind farbige Die Katheterangiographie wird heute in der Karzi-
Frauen höheren Lebensalters. noiddiagnostik nur noch in Ausnahmefällen einge-
Karzinoide als primäre Tumoren des neuroendo- setzt, bei den anderen Tumorentitäten hat sie keiner-
krinen Systems sind in den Gallenwegen selten und lei Bedeutung mehr.
7.5 Tumoren 567

Abb. 7.175 a, b.
67-jährige Patientin
mit schmerzlosem
Ikterus. a Die MRCP
zeigt neben einer in-
tra- und extrahepati-
schen Cholestase
eine querverlaufende
Raumforderung im
distalen Choledochus
(Pfeil). b Analoge Dar-
stellung zu a in der
ERC. Die dabei gewon-
nene Biopsie erbrachte
die Diagnose eines in-
traduktalen Papilloms

a b

Mittels direkter Darstellung der Gallenwege tisch erzwungen werden. Zu Nachweis und Lokalisa-
durch ERC/PTC ist neben der Lokalisation eines in- tion eines Karzinoids sollte, falls verfügbar, die Soma-
traduktalen Tumors in der Regel eines Histologiege- tostatinrezeptorszintigraphie eingesetzt werden.
winnung und ggf. die therapeutische Drainage mög-
lich (Abb. 7.175 b). Insbesondere zum Ausschluss 7.5.2.4
eines Gallenwegsmalignoms sollte die bioptische Maligne Tumoren der Gallenwege
Sicherung erzwungen werden. Bei den malignen Tumoren der Gallenwege werden
neben den primären Tumoren in sehr seltenen Fällen
Differenzialdiagnose sekundäre Tumoren der Gallenwege in Form von Tu-
Als wichtigste Differenzialdiagnose ist die Abgren- moreinbrüchen per continuitatem oder in Form von
zung von den malignen Tumoren der Gallenwege wie Metastasen unterschiedlichster Primarien beobach-
dem cholangiolären Gallenwegskarzinom anzuse- tet.
hen.
Cholangioläres Gallenwegskarzinom
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
Auch bei den benignen Gallenwegstumoren stellt die 왔 Die häufigsten primären malignen
Definition
Sonographie die Ausgangsuntersuchung dar. Im Tumoren der Gallenwege sind chol-
Falle des Verdachts auf einen intraluminalen Tumor angioläre Adenokarzinome. Über Einzelfälle von
sollte die Ergänzung durch eine CT mit Sekundär- primären Leiomyosarkomen des Gallengangs wird
rekonstruktionen des Gallengangs oder MRT mit in der Literatur berichtet.
MRCP erfolgen. Beim Karzinoid ist die nuklearmedi-
zinische Lokalisationsdiagnostik mittels Somatosta- Pathologisch-anatomische
tinrezeptorszintigraphie vielversprechend. und ätiologische Grundlagen
Im Vergleich zu Gallenblasenkarzinomen sind Gal-
Merke !Sämtliche gutartige Gallenwegstumo-
ren sind selten. Papilläre Adenome,
lenwegskarzinome nochmals wesentlich seltener und
zeigen in Autopsien eine Rate von 0,01–0,5% zufällig
Granularzelltumoren und Karzinoide weisen häufig gefundener Tumoren. Anatomisch werden intra-
keine typischen klinischen Symptome auf und kön- hepatische (8–13%), hiläre (10–26%), proximale
nen auch bildgebend in vielen Fällen nur indirekt an- (15–30%) und distale (30–36%) Gallengangskarzi-
hand der Cholestase nachgewiesen werden. Wegen nome unterschieden. Die intrahepatischen chol-
der fehlenden Abgrenzbarkeit zum cholangiolären angiolären Karzinome, die den geringsten Anteil der
Gallenwegskarzinom muss die Diagnose häufig biop- Gallenwegskarzinome darstellen, werden bei den Le-
568 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

bertumoren mit behandelt (s. Abschn. 7.5.1.2). Die zinoms ist die Colitis ulcerosa, mit einer Inzidenz von
häufigste Gruppe der extrahepatischen Gallenwegs- 0,2–1,4%. Beide Patientengruppen weisen deutlich
karzinome stellen die hilären Tumoren mit etwa 70% jüngere Personen mit einem Altersgipfel in der 5. De-
der Fälle dar, gefolgt von den distalen Karzinomen. kade auf, sind also im Durchschnitt ungefähr 20 Jah-
Die früher unter dem Begriff „periampulläre Tu- re jünger als der typische Patient mit Gallenwegskar-
moren“ zusammengefassten Entitäten werden heute zinom.
den distalen Gallenwegskarzinomen, den Duodenal- Ähnlich wie für das HCC wurde auch für Gallen-
karzinomen bzw. den Pankreaskopfkarzinomen zu- wegskarzinome eine vermehrte Inzidenz nach Appli-
geordnet. Eine Klassifizierung ist jedoch häufig erst kation des Röntgenkontrastmittels Thorotrast ermit-
am Resektionspräparat möglich, da eine präoperati- telt. Der Zeitraum zwischen Exposition und Auftre-
ve Bestimmung des Ausgangsortes des Tumors nur ten des Tumors betrug etwa 35 Jahre. Wie auch beim
selten gelingt. Gallenblasenkarzinom gelten Nitrosamine, kanzero-
Ähnlich den Gallenblasenkarzinomen ist auch das gene Chemikalien und auch Östrogene und Proges-
Gallenwegskarzinom eine Erkrankung des höheren teron als prädisponierend für die Ausbildung eines
Lebensalters mit einem Altersgipfel ebenfalls bei Gallenwegskarzinoms.
etwa 70 Jahren. Die Inzidenz beträgt in den USA und Mehr als 95% aller Gallenwegskarzinome sind
Westeuropa etwa 1/100.000 Einwohner mit geringer histologisch Adenokarzinome. Wiederum werden
Bevorzugung des männlichen Geschlechts (Inzidenz- diffuse, noduläre und papilläre Subtypen unterschie-
rate männlich/weiblich 1,3:1). Wiederum finden sich den. Bei den nodulären Neoplasien dominieren dabei
in Israel und in Japan deutlich höhere Inzidenzraten histologisch fibröse Strukturen. Eine Differenzierung
als in Europa und Nordamerika. von benignen und malignen Veränderungen kann
Ätiologisch gesichert erscheint der Zusammen- insbesondere beim Vorliegen cholangitischer Verän-
hang zwischen biliärer Stase (mit und ohne Steinbil- derungen oder eines Steinleidens auch histologisch
dung), Infektion und der Entstehung eines Gallen- erschwert sein. Als Kriterien gelten unterschiedliche
wegskarzinoms. Gesicherte Daten liegen dabei zur Größe der Zellkerne, eine Erweiterung der Intrazyto-
Hepatolithiasis mit einer 5- bis 10%igen Wahrschein- plasmaräume und eine neurale Infiltration.
lichkeit zur Ausbildung eines Gallenwegskarzinoms Bei 15–30% der Patienten mit cholangiolären
vor. Häufige Ursache in Südostasien ist der Leber- Gallenwegskarzinomen finden sich zum Zeitpunkt
egelbefall mit Clonorchis sinensis und Opisthorchis der Diagnosestellung kleine Lebermetastasen oder
viverrini. Dabei führt der Befall mit Clonorchis si- eine Peritonealkarzinose. In Autopsiekollektiven
nensis in der Regel zu einem intrahepatischen Sitz wird über eine bis zu 80%ige Metastasierungsrate bei
des cholangiolären Karzinoms, die Besiedelung mit diesen Neoplasien berichtet.Am häufigsten betroffen
Opisthorchis viverrini zu einer peripheren Lokalisa- sind die regionären Lymphknoten, die Leber und
tion des Tumors. In experimentellen Studien konnte die Peritonealhöhle. Durch intraduktales und intra-
gezeigt werden, dass die Besiedelung mit den Para- murales Wachstum kommt es zu Absiedelungen in
siten zu einer adenomatösen Hyperplasie und dann Pfortader, Pankreas und Duodenum. Im Gegensatz
zum Karzinom der Gallenwege führen. Die beson- zum Gallenblasenkarzinom ist der metastatische Be-
ders hohe Inzidenz von Gallenwegskarzinomen in fall von Lunge und knöchernen Strukturen selten.
Thailand wird mit der Kombination des Leberegel- Auch die Karzinome der ableitenden Gallenwege
befalls mit einer nitrosaminreichen Kost erklärt. Eine werden nach der TNM-Klassifikation (Tabelle 7.25)
weitere Ursache für das gehäufte Auftreten dieses Tu- und der Stadieneinteilung (Tabelle 7.26) der UICC
mors in Südostasien stellt die vermehrte Ausbildung von 2002 eingeteilt. Nach therapeutischen Gesichts-
von Choledochuszysten und die kongenitale oder im punkten haben sich jedoch für die extrahepatischen
Rahmen eines Caroli-Syndroms auftretende Dilata- Gallenwegskarzinome 2 weitere Klassifikationen be-
tion des Gallenwegssystem dar. Wie bereits erwähnt, währt.
wird auch ein so genannter „common channel“ bei
∑ Es werden nach der Höhe der Lokalisation des Tu-
Kindern mit der gehäuften Entstehung von Gallen-
mors Karzinome des proximalen Drittels (Leber-
gangskarzinomen in Zusammenhang gebracht.
hilus- oder Klatskin-Tumoren) sowie
Eine wichtige Prädisposition zur Ausbildung eines
∑ Karzinome des mittleren bzw. distalen Drittels
Gallenwegskarzinoms ist die PSC. So findet sich bei
unterschieden.
etwa 40% der Patienten, die an einer PSC versterben,
in der Autopsie ein Gallenwegskarzinom. Bei 10–35% Dieser Einteilung kommt insbesondere zur Planung
der Patienten, die wegen einer PSC transplantiert des chirurgisch-therapeutischen Vorgehens eine ge-
werden, zeigt das explantierte Organ ebenfalls ein wisse Bedeutung zu. Für die Klassifikation der hilus-
Gallenwegskarzinom. Ein zweites Krankheitsbild mit nahen Tumoren des Gallenwegssystems hat sich nach
Prädisposition zur Ausbildung eines Gallenwegskar- der Erstbeschreibung durch Klatskin heute die Ein-
7.5 Tumoren 569

Tabelle 7.25. TNM-Klassifikation der extrahepatischen Gal- Tabelle 7.26. Stadieneinteilung der extrahepatischen Gallen-
lenwegstumoren. (Nach UICC 2002) wegstumoren. (Nach UICC 2002)

TNM Beschreibung Stadium T-Kategorie N-Kategorie M-Kategorie

Primärtumor (T) 0 Tis N0 M0


Tx Primärtumor nicht beurteilbar IA T1 N0 M0
T0 Kein Primärtumor nachweisbar
Tis Carcinoma in situ IB T2 N0 M0
T1 Tumor auf den Gallengang beschränkt IIA T3 N0 M0
T2 Tumor mit Infiltration über den Gallengang
hinaus IIB T1–T3 N1 M0
T3 Tumor mit Infiltration in Leber, III T4 N0–N1 M0
Pankreas, Gallenblase, Äste der Pfortader
oder A. hepatica einer Seite (rechts oder links) IV T0–T4 N0–N1 M1
T4 Tumor mit Infiltration in Pfortader
oder Pfortaderäste beidseits, den Hauptstamm
der A. hepatica und/oder andere benachbarte
Organstruktur (Kolon, Magen, Dünndarm, Tabelle 7.27. Bismuth-Klassifikation des hilusnahen Gallen-
Bauchwand) wegskarzinoms

Regionale Lymphknoten (N) Stadium Tumorausdehnung


Nx Regionale Lymphknoten nicht beurteilbar
N0 Keine regionären Lymphknotenmetastasen I Tumorbefall des proximalen Ductus hepaticus
nachweisbar ohne Tumorbefall der Hepatikusgabel
N1 Regionale Lymphknotenmetastasen II Zusätzlicher Tumorbefall der Hepatikusgabel
ohne Tumorbefall der Sekundäreinmündungen
Fernmetastasen (M) beidseits
Mx Fernmetastasen nicht beurteilbar
M0 Keine Fernmetastasen nachweisbar IIIa Zusätzlicher Tumorbefall des rechten
M1 Fernmetastasen Ductus hepaticus bis an die Sekundär-
einmündungen
IIIb Zusätzlicher Tumorbefall des linken
Ductus hepaticus bis an die Sekundär-
einmündungen
teilung nach Bismuth durchgesetzt (Tabelle 7.27). IV Zusätzlicher Tumorbefall beider
Abhängig vom Typ des Tumorbefalls ist ein differen- Ductus hepatici bis an die Sekundär-
ziertes therapeutisches Vorgehen erforderlich. einmündungen

Klinische Symptomatik
Über 90% der Patienten mit cholangiolären Gallen- Mit Hilfe der Sonographie kann der resultierende,
wegskarzinomen fallen klinisch mit einem schmerz- zentral der Stenose gelegene Aufstau des ableitenden
losen Ikterus auf. Seltener liegen Gewichtsverlust, ei- Gallenwegssystems sowie die ungefähre Höhe der
ne schmerzhafte Hepatomegalie oder ein Pruritus Obstruktion dokumentiert werden. Dabei ist die
vor. Bei einer hilusnahen Tumorlokalisation besteht Treffsicherheit von der Größe des Tumors und seiner
in aller Regel eine ausgeprägte Cholestase. Zeichen Höhenlokalisation abhängig (Abb. 7.176 a, b). Der zu-
der Cholangitis finden sich, im Gegensatz zum Gal- sätzliche Einsatz der farbkodierten Dopplersonogra-
lenblasenkarzinom, regelhaft jedoch nicht. Tumor- phie dient der Abgrenzung einer möglichen Infiltra-
marker stellen nur ein unsicheres Diagnosekriterium tion in das arterielle bzw. portale Gefäßsystem bzw.
dar, da sie bei ausgeprägter Cholestase in ihrer Aus- das Lig. hepatoduodenale. Neuere Arbeiten berichten
sagekraft limitiert sind. über erste Erfolge mit 3D-Ultraschallverfahren zur
Verbesserung der Detektierbarkeit intraduktaler
Radiologische Symptomatik Karzinome sowie die verbesserte Darstellbarkeit
Beim malignen Gallenwegstumor sollen durch die luminaler Pathologien durch die intraduktale Sono-
bildgebende Diagnostik graphie.
Wie bereits beim Gallenblasenkarzinom beschrie-
∑ die Höhe der Obstruktion,
ben, erhöhen hochauflösende koronare und para-
∑ die Ausdehnung des Tumors entlang der Gallen-
koronare Sekundärrekonstruktionen aus MSCT-Da-
wege insbesondere intrahepatisch,
tensätzen die diagnostische Aussagekraft der CT vor
∑ die mögliche Operabilität und
allem in der Beurteilung der Gallengänge. So ist jetzt
∑ ein möglicher Zugang für die palliative Entlas-
nicht nur bei dilatiertem Gallenwegssystem der di-
tung des Gallenwegssystems
rekte Nachweis der Pathologie in den Gallengängen
dargestellt werden. möglich, da durch die komplette Erfassung mehrerer
570 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.177 a–c. 79-jährige Patientin mit distalem Choledo-


chuskarzinom. a Koronare MIN-Rekonstruktion aus einem
MSCT-Datensatz mit Nachweis einer deutlichen intrahepati-
schen Cholestase. Gangabbruch in der Tumorregion im dista-
len Ductus choledochus (Pfeil). b In der MRCP in Projektions-
technik analoge Darstellung mit Tumorabbruch im distalen
Ductus choledochus (Pfeil). Normalkalibriger präpapillärer
Abschnitt von Ductus choledochus (DCH) und Ductus pancre-
aticus (DP). Zusätzlich Cholezystolithiasis (K). c Dokumenta-
tion der ERC zur Histologiegewinnung mit analoger Choledo-
chus- und Tumordarstellung zu a und b

Mitbetrachtung der originären Schichtbilder, auch


a intraduktale Raumforderungen kleinen Durchmes-
sers direkt sichtbar (Abb. 7.177 b, Abb. 7.178 a). Hoch-
aufgelöste 3D-T1-gewichtete Sequenzen zeigen ein
meist deutliches Enhancement der intraduktalen Tu-
moren. Durch die zusätzliche Rekonstruktion der in
dynamischer Sequenz gewonnenen Kontrastmittel-
daten steht zudem die Beurteilung des arteriellen
und portalvenösen Gefäßsystems zur Verfügung.
Die Katheterangiographie spielt, ebenso wie die
intravenöse Cholangiographie, keine Rolle mehr bei
der Diagnostik maligner Gallenwegstumoren. Auch
klassische nuklearmedizinische Verfahren haben heu-
te keine Bedeutung mehr beim Gallenwegskarzinom,
der Stellenwert der PET-CT ist bisher nicht ausrei-
chend evaluiert.
Die Bedeutung der direkten Darstellung der Gal-
b lenwege hat in den letzten Jahren eine zunehmende
Wandlung erfahren. Galten die Verfahren der ERC
Abb. 7.176 a, b. 45-jährige Patientin mit klinisch schmerzlo- oder PTC, bei speziellen Fragestellungen ergänzt
sem Ikterus. a Im B-Bild-Sonogramm erhebliche intra- und
extrahepatische Cholestase. b Gangabbruch des dilatierten durch Endosonographie und Cholangioskopie, lange
Ductus choledochus präpapillär und Darstellung eines soliden Zeit als Goldstandard, so werden sie heute vor allem
wandüberschreitenden Tumors (Pfeil). Die Histologie ergab im therapeutischen Bereich zur Drainage bzw.
ein distales Choledochuskarzinom zur histologischen Sicherung eines mittels indirek-
ter Verfahren diagnostizierten Tumors eingesetzt
(Abb. 7.177 c, Abb. 7.178 b).
Perfusionsphasen ein arterielles Enhancement als
Hinweis auf das Tumorkorrelat direkt darstellbar ist. Differenzialdiagnose
Mit Hilfe von MIN-Rekonstruktionen können ver- Als wichtigste Differenzialdiagnose des Gallenwegs-
gleichbare Ergebnisse zur MRC erreicht werden karzinoms sind gutartige Tumoren der Gallengänge
(Abb. 7.177 a). In Einzelfällen sind die Applikation wie papillomatöse und polypöse Adenome anzuse-
biliär ausgeschiedenen Kontrastmittels und multi- hen. Gallenblasenkarzinome, HCC und Metastasen
planare Sekundärrekonstruktionen für die Erhöhung kolorektaler Karzinome können durch ihr progre-
der diagnostischen Genauigkeit hilfreich. dientes Wachstum zu einer Kompression bzw. Infil-
Mit der MRC kann der Nachweis einer malignen tration des ableitenden Gallenwegssystems führen
Gallenwegsstenose mit einer Sensitivität von 86% und dadurch ein primäres Gallengangskarzinom
und einer Spezifität von 98% geführt werden, wobei vortäuschen. Eine weitere wichtige Differenzialdiag-
die korrekte Klassifizierung der Läsion als maligne nose stellt der Pseudotumor der Leberpforte mit ver-
in 50–80% der Fälle gelingt. Damit werden, ergänzt größerten Lymphknoten im Leberhilus im Rahmen
durch Dünnschichtaufnahmen in T2-Wichtung oder des Lymphombefalls dar.
7.5 Tumoren 571

Abb. 7.178 a, b. 93-jährige Patientin mit Klatskin-Tumor Typ II.


b a In der MRCP in Projektionstechnik erhebliche intrahepati-
sche Cholestase. Tumortypischer Abbruch des Ductus hepati-
cus communis in seinem proximalen Abschnitt (Pfeil). b Nach
transheptischer Punktion Überwindung der Stenose und Vor-
führen eines Führungsdrahtes bis in das Duodenum. KM-ge-
fülltes vor allem rechtsseitiges intrahepatisches Gallenwegs-
system. Unauffälliger Ductus choledochus (DCH) und Ductus
pancreaticus (DP). Verkalktes Gallenblasenkonkrement (K)

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


Die primäre Abklärung des Ikterus erfolgt mittels
Sonographie ggf. ergänzt durch Farbdopplerverfah-
ren zur Abgrenzung benachbarter Gefäße. Für das
lokale Staging und die Therapieplanung sollte eine
MRT, einschließlich MRCP und CE-MRA, oder eine
CT, einschließlich Sekundärrekonstruktionen zur
Gallenwegsbeurteilung und CTA, durchgeführt wer-
den. Steht die Notwendigkeit der sofortigen Drainage
des Gallensystems im Vordergrund, kann durch
c
ERC/PTC eine vorübergehende oder endgültige Ab-
leitung sowie eine bioptische Sicherung erfolgen.
572 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Merke ! Primäre Gallenwegskarzinome sind


selten, wobei die Häufigkeit von zen-
Tabelle 7.28. TNM-Klassifikation der Tumoren der Ampulla
Vateri. (Nach UICC 2002)
tral (intrahepatisch) nach peripher (papillär) zu- TNM Beschreibung
nimmt. Histologisch handelt es sich fast ausschließ-
lich um Adenokarzinome. Prädispositionen für das Primärtumor (T)
Auftreten des Tumors stellen das Gallensteinleiden Tx Primärtumor nicht beurteilbar
T0 Kein Primärtumor nachweisbar
sowie in Asien der Parasitenbefall der Gallenwege Tis Carcinoma in situ
dar. Differenzialdiagnostisch sind vor allem benigne T1 Tumor auf die Ampulla Vateri
und sekundäre maligne Gallenwegstumoren zu be- oder den Sphincter Oddi beschränkt
rücksichtigen. T2 Tumor mit Infiltration in die Duodenalwand
T3 Tumor mit Infiltration in das Pankreas
Bildgebend erfolgt die diagnostische Aufarbei- T4 Tumor mit Infiltration in peripankreatisches
tung durch die Sonographie und die MRT, einschließ- Fettgewebe und/oder benachbarte
lich MRCP und CE-MRA, oder CT mit CTA und Se- Organstrukturen (Kolon, Magen,
kundärrekonstruktionen der Gallenwege. Ist eine Dünndarm, Bauchwand)
sofortige Drainage des Gallenwegssystems und/oder Regionale Lymphknoten (N)
eine histologische Sicherung erforderlich, wird diese Nx Regionale Lymphknoten nicht beurteilbar
durch ERC/PTC, selten durch eine Cholangioskopie N0 Keine regionären Lymphknotenmetastasen
nachweisbar
erreicht. N1 Regionale Lymphknotenmetastasen

Papillenkarzinom Fernmetastasen (M)


Mx Fernmetastasen nicht beurteilbar
왔 Papillenkarzinome sind maligne Neo- M0 Keine Fernmetastasen nachweisbar
Definition M1 Fernmetastasen
plasien der Papilla Vateri.

Synonyme: ampulläres Karzinom und periampullä-


rer Tumor.
Tabelle 7.29. Stadieneinteilung der Tumoren der Ampulla Va-
teri. (Nach UICC 2002)
Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen Stadium T-Kategorie N-Kategorie M-Kategorie
Ampulläre Karzinome gehen von den Drüsenzellen
der Papilla Vateri aus. Eine Adenom-Karzinom- 0 Tis N0 M0
Sequenz wird diskutiert, da der Tumor aus einer IA T1 N0 M0
Epitheldysplasie über ein villöses Adenom entstehen IB T2 N0 M0
kann. IIA T3 N0 M0
Papillenkarzinome sind sehr selten und stellen IIB T1–T3 N1 M0
0,2% aller malignen Tumoren des Gastrointestinal- III T4 N0–N1 M0
trakts dar. Der Tumor tritt gehäuft in der 6. bis 7. Le-
IV T0–T4 N0–N1 M1
bensdekade auf und bevorzugt das männliche Ge-
schlecht im Verhältnis 2:1. Als Prädispositionen gel-
ten die familiäre Polyposis coli, das Gardner-Syn-
drom und ein vorbestehendes Kolonkarzinom. Zu Klinische Symptomatik
den Risikofaktoren zählen der Nikotinabusus und Als häufigste Symptome klagen die Patienten über
ein manifester Diabetes mellitus. Gewichtsverlust (61%), Ikterus (71%) und Rücken-
Makroskopisch finden sich in der Regel <3 cm schmerzen (46%). Weitere Symptome sind rechts-
große lobulierte Tumoren mit Vorwölbung in das seitige Oberbauchschmerzen, Fieber, Schüttelfrost
Duodenum. Histologisch handelt es sich ausschließ- und selten gastrointestinale Blutungen oder grauge-
lich um Adenokarzinome, wobei ein intestinaler vom färbter Stuhl.
pankreatobiliären Typ unterschieden wird. Die Ein- Die Therapie der Wahl stellt weiterhin die Whip-
teilung nach der TNM-Klassifikation (Tabelle 7.28) ple-Operation dar. Allerdings wird zunehmend über
und der Stadieneinteilung der UICC von 2002 (Tabel- endoskopische Resektionsverfahren berichtet, wobei
le 7.29) tragen der engen Nachbarschaft von distalem die Rezidivrate lokal resektiver Maßnahmen unter-
Gallengang, Papille, Pankreaskopf und Duodenum schiedlich angegeben und beurteilt wird.
Rechnung.
7.5 Tumoren 573

Radiologische Symptomatik Mittels MRT kann sowohl der Tumor selbst als iso-
Sonographisch findet sich beim Papillenkarzinom bis hypointens in T1- und T2-Wichtung mit deut-
eine Dilatation der intra- und extrahepatischen Gal- lichem Enhancement nach extrazellulärer Kontrast-
lenwege sowie des Pankreasgangs in kompletter Län- mittelgabe dokumentiert werden. Die Dilatation der
ge bis zum Duodenum („double duct sign“). Der Tu- Gallengänge und des Pankreasgangs wird in der
mor selbst kann nur bei ausreichender Größe direkt MRCP vollständig dargestellt.
dargestellt werden. Eine Unterscheidung zu einem Pankreaskopfkar-
In der CT lässt sich, insbesondere bei negativer zinom oder einem Duodenalkarzinom ist mit allen
oraler Kontrastmittelgabe im oberen Gastrointesti- Schnittbildverfahren nur bei ausreichender Größe
naltrakt, der Tumor in der Regel auch direkt darstel- des Tumors möglich.
len. Besonders günstig sind hierzu Sekundärrekon- Die direkten Verfahren der Gangdarstellung ERCP/
struktionen aus MSCT-Datensätzen, die zudem die PTC liefern ein Bild der dilatierten Gangsysteme. Al-
Dilatation der Gallenwege und des Pankreasgangs lerdings kann allein aufgrund der Gangbilder in der
zeigen. Insbesondere in der arteriellen Kontrastmit- Regel nicht ausreichend sicher auf den Ausgangsort
telperfusionsphase erkennt man dabei ein deutliches des Tumors geschlossen werden (Abb. 7.179 c). Selbst
Enhancement im Tumor. Zudem erlaubt die CT ein mittels makroskopischer Betrachtung durch das
komplettes Staging einschließlich Leber- und Lymph- Endoskop ist die anatomische Zuordnung häufig
knotenbeurteilung (Abb. 7.179 a, b). schwierig. Die Endosonographie erlaubt hingegen

Abb. 7.179 a–c. 82-jähriger Patient mit Papillenkarzinom.


a Transversale CT-Schicht aus einem MSCT-Datensatz mit
Vorwölbung der Tumormasse in das Duodenum (Pfeil).
Nebenbefundlich große Nierenzyste rechts (Zy).
b Koronare Sekundärrekonstruktion zu a: Direkte Dar-
stellung der gesamten Tumorausdehnung (Pfeil), der
Vorwölbung in das Duodenum sowie der extrahepatischen
Cholestase.
c ERC zur Histologiegewinnung mit Dokumentation
c eines tumortypischen Abbruchs in der Papille (Pfeil)
und erheblicher intra- und extrahepatischer Cholestase
574 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

zumeist eine eindeutige Bestimmung des Tumorur- leitet sich von der traubenförmigen Darstellung des
sprungs und gestattet zudem eine bioptische Siche- sarkomatösen Tumors sowohl in der bildgebenden
rung in gleicher Sitzung. Diagnostik als auch im pathologischen Präparat ab.
In ausgeprägten Fällen kann ein Papillenkarzinom
auch auf Durchleuchtungsaufnahmen des Duode- Pathologisch-anatomische
nums als solches erkannt werden. Allerdings ist auch und ätiologische Grundlagen
dabei eine sichere Differenzierung zu Pankreas- oder Das Sarcoma botryoides ist ein sehr seltener bösarti-
Duodenalkarzinomen zumeist nicht möglich. ger Tumor, der mesenchymalen Ursprungs ist. Er
Katheterangiographische oder nuklearmedizi- geht von der quergestreiften Muskulatur der intrahe-
nische Verfahren haben heute keine Bedeutung patischen Gallenwege, der Gallenblase, des Ductus
mehr beim Papillenkarzinom. Mögliche Vorteile der cysticus, der extrahepatischen Gallewege, der Am-
PET-CT können aktuell noch nicht bewertet werden. pulle oder einer Choledochuszyste aus. Das embryo-
nale Rhabdomyosarkom stellt neben der Choledo-
Differenzialdiagnose chuszyste die häufigste Ursache einer Gallenwegs-
Als wichtigste Differenzialdiagnosen zum Papillen- obstruktion beim Kleinkind dar und weist einen
karzinom sind das Papillenadenom, das Pankreas- Erkrankungsgipfel um das 3. Lebensjahr auf. Ein
karzinom, das Duodenalkarzinom, der mesenchyma- koinzidentales Auftreten mit Lipomen, kongenitalen
le Tumor der Papilla Vateri (z. B. ampulläres Schwan- Teratomen und benignen Teratomen im Rahmen ei-
nom) und das inkrustierte Konkrement mit entzünd- nes Endodermalsinus wird diskutiert, konnte bisher
lichem Pseudotumor zu berücksichtigen. jedoch nicht geklärt werden.
Pathomorphologisch finden sich ein intraduktal
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie gelegener, traubenförmig konfigurierter sarkoma-
Neben der primär durchgeführten Sonographie sollte töser Tumor und eine konsekutive intrahepatische
eine MRT mit MRCP oder eine biphasische MSCT mit Cholestase der leberwärts gerichteten Gallengänge.
Sekundärrekonstruktionen durchgeführt werden.Lässt
sich hiermit der Primärtumor nicht sicher lokalisie- Klinische Symptomatik
ren, erfolgt eine Endosonographie mit EUS-gesteuer- Die Kinder werden beim embryonalen Rhabdomyo-
ter Biopsie. Alternativ kann die histologische Siche- sarkom typischerweise durch einen Ikterus und ein
rung auch im Rahmen einer ERCP erreicht werden. ausladendes Abdomen auffällig. Manchmal stehen
aber auch unspezifische Beschwerden wie Schmer-
Merke ! Das Papillenkarzinom ist ein sehr sel-
tener Tumor ausgehend von der Papil-
zen, Übelkeit, Erbrechen oder Fieber im Vordergrund
der Symptomatik.
la Vateri. Bei meist uncharakteristischem klinischen
Beschwerdebild stehen die Symptome des Verschluss- Radiologische Symptomatik
ikterus im Vordergrund. In allen bildgebenden Ver- Bei allen Lokalisationen des embryonalen Rhabdo-
fahren findet sich das „double duct sign“ als Hinweis myosarkoms der Gallenwege findet sich in der Bild-
auf eine Stenose in der Papilla Vateri. Neben den in- gebung ein intra- bzw. intra- und extrahepatischer
direkten Zeichen stellen CT und MRT den Tumor zu- Ikterus. Während beim extrahepatischen Tumorsitz
meist auch direkt dar. Methode der Wahl ist jedoch der Nachweis der Raumforderung selbst in einem
die Endosonographie mit gleichzeitiger Möglichkeit Großteil der Fälle gelingt, ist dies bei einer intrahepa-
zur bioptischen Sicherung. Wichtigste Differenzial- tischen Lokalisation des Tumors in der Regel nicht
diagnosen sind das Pankreaskarzinom, das Duode- möglich. Zudem kann der Tumor bei intrahepati-
nalkarzinom, benigne Tumoren der Papille und der scher Lokalisation nicht von malignen Lebertumoren
entzündliche Pseudotumor bei inkrustiertem Papil- jeglicher Genese unterschieden werden.
lenkonkrement. Therapeutisch steht nach histologi- In der Sonographie findet sich beim Rhabdomyo-
scher Sicherung aktuell weiterhin die radikale Resek- sarkom der Gallengänge typischerweise eine Gallen-
tion mittels Whipple-Operation im Vordergrund, gangserweiterung und im Großteil der Fälle bei
auch wenn zunehmend über endoskopisch durch- entsprechendem Ausmaß von Cholestase und Tumor
geführte und lokal resektive Maßnahmen berichtet eine echoreiche intraduktale Raumforderung. Grö-
wird. ßere Tumoren zeigen eine traubenförmige Konfigu-
ration und können zystische bzw. nekrotische Antei-
Embryonales Rhabdomyosarkom le aufweisen (Abb. 7.180 a).
Computertomographisch findet sich, neben der
왔 Eine histologische Besonderheit stellt intrahepatischen Cholestase, ebenfalls eine intra-
Definition
das embryonale Rhabdomyosarkom duktale Masse. Diese zeigt eine deutliches, jedoch
der Gallenwege (Sarcoma botryoides) dar. Der Name inhomogenes Kontrastmittel-Enhancement in der
7.5 Tumoren 575

Differenzialdiagnose
Als wichtigste Differenzialdiagnosen sind neben gut-
artigen Gallenwegsveränderungen wie papilloma-
tösen und polypösen Adenomen, insbesondere bei
intrahepatischem Sitz der Raumforderung, Hepato-
blastom und undifferenziertes embryonales Sarkom
anzusehen.

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


Die Primärdiagnostik erfolgt durch Sonographie ein-
schließlich Farbdopplerverfahren zur Gefäßbeurtei-
lung und Abgrenzung der Raumforderung. Zur wei-
a teren Abklärung sollte die MRT einschließlich MRCP
und CE-MRA zum Einsatz kommen. Alternativ und
aufgrund des Alters der Patienten erst bei Nichtver-
fügbarkeit der MRT kann auch die CT in arterieller
und portalvenöser Phase mit Sekundärrekonstruk-
tionen für die Primärdiagnostik genutzt werden.
Die histologische Sicherung erfolgt immer operativ
durch Biopsie.

Merke ! Das embryonale Rhabdomyosarkom


ist ein seltener maligner Tumor des
Gallenwegssystems beim kleinen Kind und fällt kli-
nisch primär durch einen Ikterus auf. In der bild-
b gebenden Diagnostik zeigt sich die leberwärts der
Tumorlokalisation nachweisbare Cholestase sowie,
Abb. 7.180 a, b. 11-jähriges Mädchen mit histologisch gesi- bei extrahepatischem Sitz, häufig eine intraduktale
chertem embryonalen Rhabdomyosarkom. a Im B-Bild-Sono- traubenförmige Raumforderung. Die diagnostische
gramm Nachweis einer großen, in weiten Teilen solide impo-
nierenden Raumforderung im rechten und linken Leber- Aufarbeitung erfolgt mittels Sonographie und MRT
lappen. b Die kontrastverstärkte CT zeigt einen weitgehend einschließlich MRCP und CE-MRA, alternativ durch
hypodensen Tumor mit nur geringem KM-Enhancement. die mehrphasige CT mit Sekundärrekonstruktionen.
Deutliche Verlagerung und Dilatation der intrahepatischen Für die histologische Sicherung ist in der Regel eine
Gallenwege und des Leberhilus (Pfeil)
offene Biopsie erforderlich.

Biliäres Zystadenokarzinom
arteriellen Phse und eine mäßige Hyperdensität ge-
genüber dem umliegenden Lebergewebe in der por- 왔 Das biliäre Zystadenokarzinom ist ein
Definition
talvenösen Phase. Eine Abgrenzung gelingt häufig sehr seltener, niedrig maligner bzw.
durch die umliegende hypodense Gallenflüssigkeit semimaligner Tumor der Gallengänge mit haupt-
im dilatierten Gangsystem (Abb. 7.180 b). sächlich intrahepatischem, äußerst selten extrahepa-
In der MRT zeigt sich ein hohes Signal des Tumors tischem Ausgangspunkt.
in der T2-Wichtung, ein niedriges Signal in der T1-
Wichtung mit einer inhomogenen Kontrastmittel- Pathologisch-anatomische
aufnahme. Mittels der MRCP können die intrahepati- und ätiologische Grundlagen
sche Dilatation und die Höhe der intraduktalen Raum- Der Tumor tritt hauptsächlich bei Frauen mittleren
forderung exakt bestimmt werden. Koronare T2-ge- Alters kaukasischer Rassezugehörigkeit auf. Das
wichtete Bilder in Dünnschichttechnik zeigen die weibliche Geschlecht ist 4-mal häufiger betroffen als
Traubenform der intraluminalen Raumforderung. das männliche.
Geht der Tumor allerdings von den kleinen Gal- Etwa 55% der Tumoren finden sich im rechten
lenwegen aus, kann er nicht von anderen malignen Leberlappen gegenüber etwa 29% im linken. Neben
kindlichen Lebertumoren unterschieden werden. dem in der Regel intrahepatischen Sitz der Läsion
Lediglich die direkte Cholangiographie als ERC/PTC (83%) sind deutlich seltener ein extrahepatisches
weist auch in diesem Fall den Tumor mit hoher Si- Vorkommen (13%) und lediglich als Rarität ein Aus-
cherheit nach. gangspunkt in der Gallenblase (0,02%) beschrieben.
576 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Im Erscheinungsbild ähnelt der Tumor den muzi- Differenzialdiagnose


nösen Parallelentitäten in Ovar und Pankreas. Er Vom biliären Zystadenokarzinom sind alle intrahe-
stellt eine maligne Entartung des benignen biliären patisch gelegenen zystischen Raumforderungen ab-
Zystadenoms dar. Dieses entwickelt sich aus ektopem zugrenzen. Neben der blanden Leberzyste müssen
Gewebe des primitiven Gallengangs. Bei der malig- dabei eingeblutete oder infizierte Zysten, Echino-
nen Transformation lassen sich noduläre Verdickun- kokkuszysten, zystische Metastasen und Abszesse
gen der Zystensepten als Korrelat nachweisen. berücksichtigt werden.
Die Größe variiert von 1,5–25 cm, in seltenen Fäl-
len wird eine mikrozystische Form beschrieben. Nur Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
in Ausnahmefällen kommt es zur Ruptur des Tumors Neben der Sonographie kann die Diagnose in aller
mit Ergießen des muzinösen Inhalts in die freie Regel anhand der kontrastverstärkten CT oder MRT
Bauchhöhle. durch die Septierungen, die Binnenstrukturen und
ggf. die nodulären Verdickungen gestellt werden.
Klinische Symptomatik
Die Patienten mit biliärem Zystadenokarzinom
zeigen meist nur unspezifische klinische Symptome Merke ! Das biliäre Zystadenokarzinom ist
eine seltene semimaligne Tumorenti-
wie Oberbauchbeschwerden, allgemeines Krank- tät mit hauptsächlich intrahepatischem Ausgangs-
heitsgefühl, Übelkeit und ggf. Erbrechen. Eine tastba- punkt von ektopem primitivem Gallengangsepithel.
re Resistenz im Oberbauch ist in etwa 90% der Fälle Betroffen sind insbesondere Frauen. Bei uncharakte-
festzustellen. ristischer klinischer Symptomatik ist meist ein Tu-
Therapeutisch steht die Resektion im Vorder- morkorrelat perkutan tastbar. Bildgebend erfolgt
grund. Die Prognose gilt als gut bei allerdings erheb- die Abklärung vor allem mittels kontrastverstärkter
licher Lokalrezidivrate. CT oder MRT und ggf. dem Nachweis nodulärer Ver-
dickungen. Die Prognose ist nach Resektion gut, das
Radiologische Symptomatik Risiko für ein Lokalrezidiv jedoch hoch.
Sonographisch zeigt sich eine meist große, multilobu-
lierte, glatt begrenzte Raumforderung mit echo- Sekundäre Malignome der Gallenwege
freiem Inhalt und hyperechogenen Septen. Diese Sekundäre Malignome der Gallenwege sind außer-
können zusätzlich knotige Verdickungen aufweisen. ordentlich selten.
Gegebenenfalls werden Verkalkungen in der Zysten-
wand oder den Septen nachgewiesen. Im Falle einer 왔 Es handelt sich dabei vor allem um
Definition
stattgehabten Einblutung finden sich neben echo- den Einbruch primär extrabiliärer
freien auch hyperechogene Binnenareale. Malignome, eines extrabiliären Lymphoms oder
In der CT erkennt man das Bild einer septier- peritonealer Metastasen in das Gallenwegssystem.
ten Zyste bei guter Abgrenzbarkeit mit wasserisoden- Die hämatogene Metastasierung in die Gallengänge
sem Inhalt. Kleinste Verkalkungen können in der ist eine Rarität.
Zystenwand und in den Septen abgegrenzt werden.
Nach Kontrastmittelgabe zeigt sich ein deutliches Pathologisch-anatomische
Enhancement in der Zystenwand, den Septen und und ätiologische Grundlagen
ggf. den in den Septen gelegenen nodulären Ver- Analog der Gallenblase handelt es sich auch bei den
dickungen. sekundären Malignomen der Gallenwege insbeson-
Mit der MRT dokumentiert sich ein vergleichbares dere um Tumoreinbrüche von HCC und CCC per
Bild zur CT: eine gut abgrenzbare, lobulierte in T1- continuitatem aus der Leber. Auch primäre Gallen-
Wichtung hypointense, in T2-Wichtung stark hyper- blasenkarzinome können bei entsprechender Aus-
intense Raumforderung. Nach Kontrastmittelgabe dehnung in das extrahepatische Gallenwegssystem
lässt sich ebenfalls ein Enhancement in der Zysten- infiltrieren. Zusätzlich werden Infiltrationen ausge-
wand, den Septen und ggf. den nodulären Verdickun- dehnter primärer Magenkarzinome und Pankreas-
gen nachweisen, während der Zysteninhalt keine karzinome beobachtet. Der Einbruch peritonealer
Kontrastmittelanreicherung aufweist. Die MRCP Metastasen in das extraheptische Gallenwegssystem
bringt keine zusätzlichen diagnostischen Hinweise, ist selten, da zumeist lediglich eine Kompression von
da eine Dilatation der umgebenden Gallengänge in außen vorliegt.
der Regel nicht vorliegt. Ähnlich den Verhältnissen an der Gallenblase sind
Weitere diagnostische Verfahren spielen in der hämatogene Metastasen in den Gallenwegen selten.
klinischen Routineuntersuchung keine Rolle. Sie stammen zumeist von malignen Melanomen.
7.5 Tumoren 577

Allerdings ist häufiger die Gallenblase als die Gal-


lenwege betroffen. Nur sehr selten kommt es zur
metastatischen Absiedelung von Zystadenokarzino-
men des Pankreas oder Ovars im intra- und extra-
hepatischen Gallengangssystem.
Häufiger als extraheptisch ist jedoch der intra-
hepatische Einbruch in das Gallenwegssystem im
Rahmen der Lebermetastasierung mit konsekutiver
Cholestase der weiter peripher gelegenen Gallenwege.

Klinische Symptomatik
Das klinische Erscheinungsbild sekundärer Maligno- Abb. 7.181. 83-jähriger Patient mit schmerzlosem Ikterus. In
me der Gallenwege ist zumeist unspezifisch und lässt der MRCP in Projektionstechnik ausgeprägte intrahepatische
eine Differenzierung zum primären Gallenwegsma- Cholestase mit Kalibersprung in Höhe der Hepatikusgabel
(Pfeil). Flüssigkeitsgefüllter Magen mit Abbruch der luminalen
lignom oder einer anderen Ursache der malignen Kontinuität im Antrum (Pfeilspitze). Endoskopisch und opera-
Gallenwegsobstruktion in der Regel nicht zu.Von den tiv Magenkarzinom T4 mit Infiltration in den Leberhilus ein-
Patienten werden uncharakteristische rechtsseitige schließlich des Ductus hepaticus communis
Oberbauchbeschwerden, allgemeines Krankheits-
gefühl und Übelkeit beschrieben. In fortgeschrittene-
ren Fällen liegt ein schmerzloser Ikterus vor.
tung der Gallenflüssigkeit in gleicher Sitzung ange-
Radiologische Symptomatik strebt.
Der sekundäre Malignombefall der Gallenwege lässt Andere bildgebende Verfahren spielen beim
sich mit bildgebenden Verfahren allenfalls anhand sekundären Malignombefall der Gallenwege keine
der Nebenbefunde als solcher vermuten. Eine sichere Rolle.
Unterscheidung zum primär von den Gallenwegen
ausgehenden Malignom ist nicht möglich. Differenzialdiagnose
Sonographisch zeigt sich neben der Cholestase Wichtigste Differenzialdiagnose des sekundären Ma-
in der Regel der extrabiliäre Tumor als echoarme lignombefalls der Gallenwege ist das primäre Gallen-
Raumforderung. Eine Differenzierung einer von wegsmalignom. Zusätzlich sind das Gallenblasenkar-
außen wirkenden Kompression und einer Infiltration zinom und benigne Ursachen der Cholestase auszu-
ist jedoch nur bei ausgedehnten Fällen möglich. schließen.
Auch mittels CT und MRT mit MRCP ist häufig
eine Unterscheidung von Ursache und Folge der ex- Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
trahepatischen Cholestase nur eingeschränkt mög- Da die Diagnose eines sekundären Malignombefalls
lich. Liegt allerdings ein ausgedehnter extrabiliärer der Gallenwege in der Regel im Rahmen des Stagings
Tumor mit entsprechender Metastasierung vor, lässt eines extrabiliären Tumors oder zufällig erfolgt, wer-
sich die Diagnose zumindest differenzialdiagnos- den Sonographie und CT oder MRT einschließlich
tisch vermuten (Abb. 7.181). In diesen Fällen findet MRCP gleichermaßen eingesetzt. In jedem Fall sollte
sich, unabhängig von der zugrunde liegenden histo- neben der Sonographie ein weiteres Schnittbildver-
logischen Formation, eine zumeist hypodense/hypo- fahren zur Beurteilung der benachbarten anatomi-
intense extrabiliäre Tumormasse mit deutlichem schen Leitstrukturen durchgeführt werden. Hiermit
Enhancement nach Kontrastmittelgabe. Zudem wer- können meist der exakte Ausgangspunkt des Tumor-
den eine intra- und extrahepatische Cholestase in der leidens bestimmt, ein Staging durchgeführt und die
MRCP und CT-Rekonstruktion sowie zumeist sekun- Prognose abgeschätzt werden. Bei inoperabler Situa-
däre Malignitätskriterien wie Lymphknoten- und tion und Vorliegen eines Verschlussikterus ist die zu-
Organmetastasen lokoregional und systemisch do- sätzliche Darstellung mittels ERC/PTC, in der Regel
kumentiert. mit gleichzeitig erfolgender Drainage, erforderlich.
Aufgrund des häufig fortgeschrittenen Stadiums
der Tumorerkrankung wird vermehrt unter thera-
peutischen Gesichtspunkten eine ERC/PTC durch- Merke !Der sekundäre Malignombefall des
Gallenwegssystems ist selten und in
geführt. Vor allem nach Operationen am oberen der Regel weder klinisch noch bildgebend vom pri-
Gastrointestinaltrakt ist zumeist nur ein transhepati- mären Gallengangsmalignom zu unterscheiden.
scher Zugang möglich. Dabei wird neben der Dia- Häufige Ursachen sind der Einbruch primärer Leber-
gnosesicherung immer eine therapeutische Ablei- malignome oder von Karzinomen des Magens,
578 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Duodenums oder des Pankreas. Sonographie, CT Masui T, Katayama M, Kobayashi S (2006) Magnetic resonance
und/oder MRT mit MRCP liefern einen Hinweis auf cholangiopancreatography: comparison of respiratory-
triggered three-dimensional fast-recovery fast spin-echo
den Primärtumor, dessen Ausdehnung und die Pro- with parallel imaging technique and breath-hold half-
gnose. Unter palliativen Gesichtspunkten ist häufig Fourier two-dimensional single-shot fast spin-echo tech-
die Anlage einer Gallenwegsdrainage mittels ERC/ nique. Radiat Med 24: 202–209
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7.6 Andere Erkrankungen 579

kamente oder nach einer Diät ebenso schnell wieder


7.6
verschwinden. Gleiches gilt bei einer Strahlenthera-
Andere Erkrankungen
pie, deren Bestrahlungsfeld die Leber einschließt.
7.6.1
Diffuse Erkrankungen der Leber CAVE ! Bei konstanter Zufuhr der zur Stea-
tose führenden Noxe tritt eine irrever-
Unter dem Begriff „diffuse Lebererkrankungen“ wird sible Leberzellverfettung ein, die zur Leberzirrhose
eine große Anzahl ätiologisch unterschiedlicher Pa- und zum Leberversagen führen kann.
thologika subsumiert:
Klinische Symptomatik
∑ hepatozelluläre Erkrankungen,
Eine diffuse Steatosis hepatis ist in der überwiegen-
∑ Störungen der Gallenausscheidung sowie
den Zahl der Fälle völlig asymptomatisch. Lediglich
∑ Durchblutungsstörungen der Leber.
eine deutliche Vergrößerung des Organs bei Patien-
Nach dem pathophysiologischen Erscheinungsbild ten mit langjährigem Diabetes mellitus oder ausge-
unterscheidet man: prägter Fettleibigkeit kann zu Dehnungs- und Kap-
selschmerzen führen.
∑ Verfettung,
∑ Zirrhose,
Radiologische Symptomatik
∑ gefäßbedingte Veränderungen,
Sonographisch zeigt die diffus verfettete Leber eine
∑ Ablagerungen von körpereigenen
homogen erhöhte Echogenität. Im Gegensatz zur Le-
und körperfremden Stoffen,
berfibrose findet sich bei der Steatose eine homogene
∑ Speicherkrankheiten und
Schallverstärkung. Ist die Verfettung nicht gleich-
∑ Entzündungen (s. Abschn. 7.4.1.1).
mäßig in der ganzen Leber entwickelt, lassen sich so-
Allen Erkrankungen ist gemeinsam, dass sie zu- nographisch Regionen deutlich erhöhter Echogenität
nächst zu fibrotischen Umbauten der Leber und letzt- von solchen normaler oder verminderter Echogeni-
lich zur Zirrhose führen. tät abgrenzen (Abb. 7.182, Abb. 7.183). Die Differen-
In der bildgebenden Diagnostik werden Verände- zierung einer lokalen Fettverteilungsstörung zu ei-
rungen von Größe, Form, Struktur und Signalverhal- nem malignen Tumor ist dabei im Ultraschall nicht
ten der Leber ebenso wie Kollateralphänomene (z. B.
Aszites, Umgehungskreisläufe) beobachtet. In einzel-
nen Fällen ist dabei neben der qualitativen Abschät-
zung des Ausmaßes der Erkrankung auch eine quan-
titative Analyse des Leberparenchyms möglich.

7.6.1.1
Steatose – portale Hypertension – Zirrhose

Steatosis hepatis

왔 Die Steatosis hepatis ist Ausdruck


Definition
einer generalisierten Stoffwechselstö-
rung und stellt eine diffuse und exzessive Erhöhung
von Triglyzeriden in den Hepatozyten dar. Dabei
wird die fokale von der generalisierten Form unter-
schieden.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Häufige Ursachen einer Steatose sind alimentäre
Fettsucht, Alkoholkonsum, Diabetes mellitus, Korti-
koidtherapie, Schwangerschaft und Aminosäureman-
gel. Ferner führt ein durch Gifte (z. B. Phosphor, Pil-
ze) ausgelöster Sauerstoffmangel in den die Zellen-
Abb. 7.182. 56-jähriger Patient mit bekannter alkoholindu-
ergie liefernden Systemen zur Steatosis hepatis. Eine zierter Steatosis hepatis. Im B-Bild-Sonogramm diffuse Er-
Leberverfettung kann rasch auftreten, wie etwa bei höhung der Echogenität in der gesamten Leber bei deutlichen
einer Chemotherapie, und nach Absetzen der Medi- Inhomogenitäten
580 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.183. 64-jährige Patientin mit diffuser Steatosis hepatis Abb. 7.184. 67-jähriger Patient mit Steatosis hepatis nach Che-
bei Adipositas. Das B-Bild-Sonogramm zeigt neben der diffu- motherapie. In der kontrastverstärkten CT deutliche Dichte-
sen Echogenitätserhöhung der gesamten Leber am Rand des differenz zwischen Leber und Milz
rechten Lappens eine zonale Minderverfettung (+---+) mit
regelrechter Echogenität

immer möglich. So kann bei einer diffusen Ver- veränderten Leber die erhöhte Dichtedifferenz zwi-
fettung der Leber eine Metastasierung aufgrund der schen Leber und Milz bestehen (Abb. 7.184). Im Fall
fehlenden Echogenitätsunterscheide maskiert wer- der fokalen Fettverteilungsstörung ziehen normal
den. kalibrierte Gefäße durch die „Läsion“, die durch die
Computertomographisch dokumentiert sich der Verfettung vorgetäuscht wird. Gegenüber der Nativ-
vermehrte Gehalt von Fett in den Hepatozyten in Untersuchung ist die kontrastverstärkte CT deutlich
einer Dichteminderung des Parenchyms bei oft ver- weniger sensitiv im Nachweis einer diffusen Steatosis
größertem Organ. Besonders deutlich werden die hepatis.
Veränderungen beim Vergleich der Dichtewerte von Der Nachweis einer diffusen Leberverfettung ist in
Leber und Milz. Während beim gesunden Erwachse- der MRT in zweifacher Hinsicht möglich: zum einen
nen die CT-Dichten im Nativ-Scan eine Differenz von durch Einsatz fettsensitiver GRE-Sequenzen „in pha-
etwa 10 HE aufweisen, stellt sich die Fettleber hypo- se“ und „opposed phase“ in T1-Wichtung. Zum ande-
dens im Vergleich zur Milz dar. ren mittels fettgesättigter Sequenzen in T2-Wichtung
(Abb. 7.185 a, b). Mit beiden Verfahren kann durch
왔 Ab einer negativen Dichtedifferenz die Differenz der Signalintensitäten der erhöhte Fett-
Definition
zwischen Leber und Milz spricht man gehalt der Leber dokumentiert werden. Dies gilt für
von einer Fettleber. die diffuse Steatose ebenso wie für die fokale Fettver-
teilungsstörung. Das Verfahren eignet sich vor allem
Die normale Leber besitzt eine homogene Paren- zum raschen Ausschluss einer fokalen Leberläsion
chymstruktur mit Dichtewerten von 60–70 HE, die bzw. der Differenzierung von Steatose und fokaler
über denen von Blut (55 HE) liegen. Somit sind die Läsion. Eine Kontrastmittelgabe ist in aller Regel
Lebergefäße im Vergleich zum Leberparenchym in nicht erforderlich.
der Nativ-CT hypodens. Bei stark ausgeprägter Stea- Bei allen besprochenen bildgebenden Verfahren
tosis hepatis kann es zu einer Kontrastumkehr, der so ist zu beachten, dass die Veränderungen in Echogeni-
genannten Kontrastinversion kommen, bei der sich tät, Dichte und Signalintensität bei der Fettleber
die Lebergefäße gegenüber dem umgebenden Paren- durch den erhöhten Anteil von Triglyzeriden in den
chym hyperdens darstellen. Vereinzelt werden sogar Hepatozyten bedingt ist. Demgegenüber sind die
negative Dichtewerte des Leberparenchyms gemes- Veränderungen bei der Hepatitis auf die ödematöse
sen. Die theoretische Möglichkeit der Abschätzung Schwellung mit Wassereinlagerung zurückzuführen.
des Ausmaßes einer Steatose über den linearen Zu- Hieraus resultiert eine Differenzierungsmöglichkeit
sammenhang von Fettgehalt und CT-Dichte hat sich in der MRT anhand nativer und fettgesättigter Se-
im klinischen Alltag nicht durchgesetzt. Nach intra- quenzen. In der klinischen Routine bisher nicht eta-
venöser Kontrastmittelapplikation bleibt in der diffus bliert ist die MR-Spektroskopie zur Quantifizierung
7.6 Andere Erkrankungen 581

Ein diffuser Lymphombefall ist häufig nur aus


dem Gesamtzusammenhang differenzialdiagnostisch
abzugrenzen. Die diffusen Formen maligner leber-
eigener Tumoren lassen sich vor allem nach Kon-
trastmittelgabe sowohl in der CT als auch MRT von
der Steatose unterscheiden.

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


Bei laborchemisch oder sonographisch vermuteter
Fettleber und der klinischen Notwendigkeit weiterer
Abklärung sollte eine MRT mit nativen T1-gewichte-
a ten GRE-Sequenzen „in phase“ und „opposed phase“
oder T2-gewichteten Sequenzen ohne und mit Fett-
sättigung durchgeführt werden. Diese kann im Falle
differenzialdiagnostischer Schwierigkeiten – wie
dem diffusen Befall der Leber durch einen malignen
Tumor – durch Spezialsequenzen einschließlich Kon-
trastmittelgabe ergänzt werden. Alternativ, jedoch
weniger sensitiv, ist die Abklärung einer Steatosis he-
patis mittels Nativ-CT einschließlich Dichtemessun-
gen in Leber und Milz möglich.

Merke ! Die Steatosis hepatis stellt die häu-


figste diffuse Leberparenchymverän-
b derung dar. Zur Abklärung kommen die Nativ-MRT
mit fettsensitiven Sequenzen oder die Nativ-CT mit
Abb. 7.185 a, b. 47-jähriger Patient mit dem sonographischen Dichtemessungen zum Einsatz. Wichtigste Differen-
Zufallsbefund einer zonalen Fettverteilungsstörung in der Le- zialdiagnosen sind die akute Hepatitis, der diffuse
ber. a Die MRT in T2-Wichtung zeigt eine zonale Erhöhung der
Signalintensität in den ventralen Anteilen von rechtem und Lymphombefall und das diffuse HCC oder CCC. Ab-
linkem Leberlappen (Pfeile). b Das korrespondierende Bild zu zugrenzen sind die fokale Fettverteilungsstörung
a in T2-Wichtung mit Fettsättigung dokumentiert eine annä- und fokale Leberläsionen, die durch die Steatose auch
hernde Isointensiät in der gesamten Leber. Somit kein Hinweis maskiert werden können.
auf fokale Leberläsion

Portale Hypertension
des Fettgehalts der Leber. Dabei lassen sich erhöhte 왔 Als portale Hypertension wird eine
Definition
Peaks der Lipide als direkter Nachweis eines erhöh- Erhöhung des Pfortaderdrucks von
ten Fettgehalts der Hepatozyten darstellen. normal 6–8 mmHg auf >12 mmHg bezeichnet.
Herdförmige Leberverfettungen können Raum-
forderungen in der Leber simulieren.Anhand des Ge- Pathologisch-anatomische
fäßmusters der Leber, das bei einer homogenen Ver- und ätiologische Grundlagen
fettung immer und bei der fokalen Verfettung meist Einer portale Hypertension kann eine Druckerhö-
normal ist, ist in CT und MRT häufig eine Differen- hung durch angeborene oder traumatische bzw. im
zierung möglich. Insbesondere diffuse Infiltrationen Rahmen einer Tumorerkrankung erworbene arterio-
der Leber durch maligne Tumoren weisen in aller portale Fisteln zugrunde liegen. Häufiger ist jedoch
Regel ein pathologisches Gefäßmuster auf. eine Erhöhung des portalvenösen Widerstands prä-,
Nuklearmedizinische und katheterangiographi- intra- oder posthepatisch.
sche Verfahren spielen heute keine Rolle mehr in der Die häufigste Ursache einer prähepatischen
Diagnostik einer Steatosis hepatis. Druckerhöhung ist die Pfortaderthrombose oder die
Kompression der Pfortader durch benigne und ma-
Differenzialdiagnose ligne Raumforderungen (z. B. Pankreaspseudozys-
Die wichtigsten Differenzialdiagnosen der diffusen ten, Lymphknotenmetastasen), Trauma oder Sklero-
Steatose stellen generalisiert die Leber befallende se. Bei der intrahepatischen Druckerhöhung werden
Erkrankungen wie die akute Hepatitis, der diffuse präsinusoidaler, sinusoidaler und postsinusoidaler
Lymphombefall und diffuse Formen des HCC bzw. Block unterschieden.
CCC dar.
582 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

∑ Präsinusoidale Gründe einer intrahepatischen


portalen Hypertension sind sämtliche Formen
der angeborenen Leberfibrose, die PBC, Speicher-
krankheiten sowie Parasitenbefall wie Malaria
und Schistosomiasis.
∑ Zu den sinusoidalen Ursachen werden insbeson-
dere die Hepatitis und die Sichelzellenanämie ge-
zählt.
∑ Einer postsinusoidalen Druckerhöhung liegt häu-
fig die Leberzirrhose als Endstrecke sämtlicher
diffuser Lebererkrankungen, seltener die VOD
der Leber zugrunde.

Zu den Gründen der posthepatischen portalen Hy-


pertension zählen der Lebervenenverschluss (Budd-
Chiari-Syndrom) und die Pericarditis constrictiva
oder der Verschluss der V. cava inferior.
Pathophysiologischer Ausdruck aller Formen der
portalen Hypertension ist die Ausbildung von Kol-
lateralkreisläufen. Dabei kommt es durch Erhöhung
des intrahepatischen Drucks zu einem Absinken
des portalvenösen Durchflusses und zur Ausbildung
extrahepatischer Umgehungskreisläufe über Öso-
phagus- und Fundusvarizen, wiedereröffnete Para-
umbilikalgefäße sowie portorenale und portosyste- a
mische Kollateralen. Abhängig von der Höhe der
Ursache einer portalen Hypertension finden sich Abb. 7.186. 48-jähriger Patient mit ausgeprägter portosyste-
mischer Kollateralisierung bei portaler Hypertension infolge
ausgedehnte Ösophagus- und Fundusvarizen und Hepatitis-induzierter Leberzirrhose. Die MIP-Rekonstruktion
eine Splenomegalie (prä- und intrahepatisch) bzw. aus einem MRA-Datensatz dokumentiert die Kollateralen von
eine Hepatomegalie und nur geringe Ösophagusvari- der Pfortader (Pfeil) zur V. iliaca rechts
zen (posthepatisch).

Klinische Symptomatik Die Diagnose des Pfortaderhochdrucks selbst ge-


Das klinische Bild der portalen Hypertension wird schieht sonographisch einschließlich Duplexsonogra-
zum einen durch die zugrunde liegende Erkrankung phie mit Nachweis eines verminderten hepatischen
geprägt, zum anderen durch die Folgen des Pfort- Durchflusses, hepatofugaler Flussverhältnisse in der
aderhochdrucks. So werden neben den Symptomen Pfortader und der Dokumentation der lokalen und
der prä-, intra- oder posthepatisch gelegenen Er- systemischen Kollateralen. Zusätzlich werden Aszites
krankung lokale und systemische Kollateralkreis- und Splenomegalie klassifiziert.
läufe mit ggf. Blutungskomplikationen, Spleno- bzw. Eine übersichtliche und umfassende Darstellung
Hepatomegalie, Aszites mit Bauchumfangszunahme der gesamten lokalen und systemischen Kollateral-
und periphere Ödeme beobachtet. Im Falle vaskulä- gefäße kann mittels CTA oder MRA (Abb. 7.186 und
rer Verschlüsse kann es zusätzlich zu abdominellen Abb. 7.187) erfolgen. Mit beiden Verfahren werden
Schmerzen kommen. auch das Ausmaß von Aszites und Splenomegalie be-
wertet. Die MRT bietet die zusätzliche Möglichkeit
Radiologische Symptomatik der direkten unblutigen Druckmessung in der Pfort-
Auch bei der bildgebenden Diagnostik der portalen ader und ihren Zuflüssen.
Hypertension steht primär die Abklärung der Ur- Der Stellenwert der Katheterangiographie liegt
sache im Vordergrund. Diese erfolgt, abhängig von heute nicht mehr in der Diagnostik der portalen Hy-
der Höhe der Ursache, sonographisch einschließlich pertension oder der Dokumentation von Kollatera-
Duplexsonographie bzw. mittels CT oder MRT ein- len, sondern in der Therapie. In Form des TIPSS hat
schließlich angiographischer Darstellung der arte- sich eine interventionelle Therapiemöglichkeit ne-
riellen und portalvenösen Gefäßarkaden. ben der portosystemischen Shuntoperation etabliert.
7.6 Andere Erkrankungen 583

Abb. 7.187. Schematische Darstellung der Kollateralwege bei portaler Hypertension


584 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Differenzialdiagnose Verfahren werden primär die Sonographie und CT


Die differenzialdiagnostischen Überlegungen kon- oder MRT einschließlich angiographischer Darstel-
zentrieren sich ebenfalls auf die Ursache der portalen lungen eingesetzt.
Hypertension und nicht auf den Pfortaderhochdruck
selbst, der in der Regel kein diagnostisches Problem Leberzirrhose
darstellt.
왔 Mit Leberzirrhose wird ein irreversib-
Definition
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie ler Endzustand unterschiedlichster
Als grundlegende Untersuchung bei Verdacht auf chronischer Lebererkrankungen mit aufgehobener
portale Hypertension sollte eine Sonographie ein- Struktur der anatomischen Strukturen des Organs
schließlich Dopplersonographie zur Quantifizierung beschrieben.
durchgeführt werden. Beim Vorliegen von ausge-
dehnten lokalen und systemischen Kollateralen so- Pathologisch-anatomische
wie zur Abklärung der Ursache des Pfortaderhoch- und ätiologische Grundlagen
drucks muss eine CT des Abdomens und Beckens Das chronische Fortschreiten der reversiblen Leber-
einschließlich CTA oder eine umfassende MRT des verfettung führt im Sinne einer generalisierten Ant-
Abdomens und Beckens einschließlich CE-MRA ggf. wort auf die hepatogene Schädigung zur Fibrose bzw.
mit Flussquantifizierung in der Pfortader erfolgen. zur Zirrhose. Parenchymverlust und histomorpho-
Die Indikation zur TIPSS-Anlage wird erst in Zusam- logischer Umbau des Organs in einem Zyklus von
menschau aller diagnostischen Parameter interdiszi- Entzündung, Regeneration und Fibrose bedingen
plinär unter Abwägung der Prognose des Patienten letztendlich die Leberinsuffizienz. Ursächlich kom-
gestellt. men dabei neben den Auslösern der Leberverfettung
alle chronisch einwirkenden Lebernoxen infrage.
Merke ! Die portale Hypertension hat eine
Fülle möglicher Ursachen, die prä-,
Die Zirrhose ist somit die gemeinsame Endstrecke
aller parenchymschädigenden Erkrankungen (Ta-
intra- und posthepatisch gelegen sein können. Klini- belle 7.30).
sche Symptomatik und diagnostische Abklärung Morphologisch kann die Leber vergrößert oder
konzentrieren sich insbesondere auf die Ursache des verkleinert sein, wobei die Veränderungen mit Fett-
Pfortaderhochdrucks und erst in zweiter Hinsicht einlagerungen unterschiedlichen Ausmaßes einher-
auf die Folgen der portalen Hypertension in Form gehen. Vaskuläre Veränderungen sind in den fort-
von Aszites, lokalen und systemischen Kollateralen geschrittenen Stadien der Leberzirrhose von großer
sowie Spleno- und Hepatomegalie. Als bildgebende Bedeutung, da sie trotz noch ausreichender Par-

Tabelle 7.30. Ätiologische Faktoren


Pathogenese Ursache für die Entstehung einer Leberzirrhose
Toxisch Alkohol
Drogen
Medikamente
Hämochromatose
Entzündlich Hepatitis
Cholangitis
Schistosomiasis
Biliär Primär biliäre Zirrhose (PBC)
Obstruktion
Zystische Fibrose
Entzündliche Darmerkrankung
Frühkindliche Gallenwegsobstruktion
Vaskulär Stauung (Cirrhose cardiaque)
Budd-Chiari-Syndrom
„Venous occlusive disease“ (VOD)
Nutritiv Steatosis
Hereditär Speicherkrankheiten
Enzymdefekte
Familiäre Zirrhose
Idiopathisch/kryptogen
7.6 Andere Erkrankungen 585

enchymmasse die Leberfunktion limitieren. Bei je 5% der Fälle. Die Erkrankung betrifft Männer
Progredienz der Erkrankung kommt es zu einer häufiger als Frauen und tritt vor allem im mittleren
Herabsetzung des Lebervolumens mit konsekutiver und höheren Lebensalter auf. Als Todesursache gel-
Prominenz der Leberpforte und der intrahepatischen ten der Aszites in etwa 50%, die Varizenblutung in
Fissuren. Typischerweise sind dabei die Segmente IV ungefähr 25%, Nierenversagen und Komplikationen
bis VIII relativ verkleinert bei gleichzeitiger relativer der Aszitestherapie in etwa 10% und bakterielle Peri-
Vergrößerung der Segmente I bis III. Die relative Ver- tonitis in etwa 5%.
größerung des Lobus caudatus und die relative Ver-
kleinerung der Segmente IV bis VIII ist durch die Klinische Symptomatik
spezielle Gefäßversorgung des Segments I erklärlich: Klinische Symptome sind, insbesondere bei der alko-
Zur Versorgung des Lobus caudatus tragen eine gro- holbedingten Leberzirrhose, unspezifisch und treten
ße Anzahl kleinerer Äste aus den proximalen Ver- erst spät auf. Neben Müdigkeit, Abgeschlagenheit
zweigungen der Aa. hepaticae dextra et sinistra und und Inappetenz ist meist der erhöhte intraabdomi-
der V. portae bei. Durch den nur kurzen intrahepati- nelle Druck in Form lokaler Schmerzen erstes Anzei-
schen Verlauf werden die versorgenden Gefäße des chen. Bei den selteneren Formen der Leberzirrhose
Lobus caudatus geringer von der Fibrose in Mitlei- stehen die ehemals zur Zirrhose führenden Ursachen
denschaft gezogen als die in den übrigen Leberseg- in Form diffuser Lebererkrankungen auch in der kli-
menten. So wird der Lobus caudatus besser mit Blut nischen Symptomatik im Vordergrund.
versorgt, und durch die relativ bessere Oxygenierung Abhängig vom Stadium der Zirrhose präsentieren
ist seine Regenerationsfähigkeit besser als die des sich die Patienten mit den Zeichen der portalen
rechten Leberlappens. Hypertension (Aszites, Kollateralen, Varizenblutung),
Wichtigstes pathomorphologisches Merkmal der des partiellen Leberausfalls (Enzephalopathie, Aszi-
Leberzirrhose ist die Knotenbildung im Rahmen der tes, Malnutrition), der Cholestase sowie Gynäkomas-
hyperplastischen Regeneration des Organs zur Ver- tie bzw.Virilisierung. Die klinische Einteilung erfolgt
besserung der eingeschränkten Funktion. Dabei wer- nach der Child-Pugh-Klassifikation (Tabelle 7.31)
den regenerative (1 cm) von hyperplastischen Kno-
ten (>1 cm) unterschieden. Abhängig von ihrer Ätio- Radiologische Symptomatik
logie differenziert man bei den Regeneratknoten die Das Ziel der bildgebenden Diagnostik bei der Le-
mikronoduläre Form (<3 mm) alkoholischer Genese berzirrhose ist es, neben der Sicherung der Diagnose,
von der makronodulären Form (3–10 mm) viral-he- das Ausmaß der Erkrankung zu bestimmen sowie
patischer Genese. Mit Fortschreiten der Erkrankung benigne und maligne Ursachen einer knotigen
und rezidivierenden Zyklen von toxischer Schädi- Durchsetzung der Leber auszuschließen.
gung, Entzündung und regenerativer Knotenbildung
gehen die Nodi in die hyperplastische Form (adeno-
matöse Hyperplasie) über. Dabei lassen sich im Ver- Tabelle 7.31. Klassifikation der Leberzirrhose nach Child-
lauf zunehmend Dysplasien und damit Präkanzero- Pugh
sen zum HCC in den Knoten nachweisen. Parameter Messwert Punkte
Neben den direkten Veränderungen der Leber
finden sich die bereits bei der portalen Hypertension Serumbilirubin [mg/dl] 1,0–1,9 1
erwähnten Kollateralphänomene. Aszites, Spleno- 2,0–2,9 2
>2,9 3
megalie und portosystemische Kollateralkreisläufe
Verlängerung der 1,0–3,0 1
signalisieren die partielle Leberinsuffizienz bei por- Prothrombinzeit [s] 4,0–6,0 2
taler Hypertension. Diese Kollateralen finden sich im >6,0 3
Bereich des distalen Ösophagus und des Magenfun- Serumalbumin [g/dl] >3,5 1
dus als Ausdruck einer Stromumkehr in der V. liena- 2,8–3,4 2
lis und eines Blutabstromes retrograd über die >2,8 3
Vv. gastricae brevis mit konsekutiver variköser Er- Aszites Keiner 1
weiterung. Weitere Umgehungskreisläufe können im Gering 2
Bereich des Milzhilus, des Retroperitoneums, der deutlich/
ausgeprägt 3
Bauchwand und im Lig. teres hepatis als wieder-
Enzephalopathie Keine 0
eröffnete V. paraumbilicalis (Cruveilhier-Baumgar- Grad 1 oder 2 1
ten-Syndrom) mit Ausbildung eines Caput medusae Grad 3 oder 4 2
nachgewiesen werden.
Ätiologisch entscheidend sind nutritiv-toxische Grad A 5–6
Grad B 7–9
Ursachen in etwa 60–70% aller Fälle, Virushepatiti- Grad C 10–15
den in etwa 10%, PBC und Hämochromatose in
586 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

In Sonographie, CT und MRT zeigt sich die zirrho-


tische Leber, insbesondere in den Frühstadien, häufig
nur wenig verändert. Frühe Veränderungen, die mit
der bildgebenden Diagnostik erfasst werden kön-
nen, sind die Hepatomegalie und ein inhomogenes
Parenchymmuster der Leber durch eine irreguläre
Fibrose bzw. Fetteinlagerungen. Später kommen ne-
ben einer zunehmend welligen Außenkontur, tief
einschneidenden Fissuren und einer nodulären Bin-
nenstruktur eine Atrophie des rechten Leberlappens
sowie eine Hypertrophie der Segmente I bis III hinzu
(Abb. 7.188). In fortgeschrittenen Stadien wird das
Bild zusätzlich durch die Veränderungen der porta-
len Hypertension wie Kollateralen, Splenomegalie,
Aszites und Cholestase bestimmt.
Sonographisch präsentiert sich die zirrhotische
Leber mit den beschriebenen Konturveränderungen,
Abb. 7.188. 69-jähriger Patient mit Hepatitis-induzierter Le-
einer erhöhten Echogenität, nodulären Binnenstruk- berzirrhose. In der kontrastverstärkten CT wellige Außenkon-
turen und den Zeichen der portalen Hypertension. tur des Organs, Hepatosplenomegalie, perihepatischer Aszites
Mittels Dopplersonographie kann das Ausmaß der (Pfeil), Vergrößerung des Lobus caudatus (LC) sowie im Ver-
Pfortaderdruckerhöhung abgeschätzt werden. Häu- lauf gesicherter Regeneratknoten (Pfeilspitze)
fig ist jedoch eine ausreichend sichere Differenzie-
rung und Klassifikation der Leberknoten ausschließ-
lich sonographisch nicht möglich.
In der CT lässt sich das Ausmaß einer Zirrhose
zumindest im Hinblick auf extrahepatische Verände-
rungen mit Kollateralisierung, Splenomegalie und
Aszites gut quantifizieren. Die Unterscheidung der
nodulären Binnenareale und ihrer Graduierung ist
auch bei Durchführung mehrphasiger Untersuchun-
gen einschließlich eines Nativ-Scans in der Regel
nicht möglich (Abb. 7.189). Abhängig von Genese
und Hyperplasiegrad der Knoten stellen sich diese
vor Kontrastmittelgabe iso-, hypo- oder hyperdens
dar und zeigen nach Kontrastmittelgabe ein unter-
schiedliches Enhancement. Dabei ist zu berücksichti-
gen, dass auch hypervaskularisierte HCC ein den
dysplastischen Knoten vergleichbares Bild mit arte-
rieller Hyperperfusion und Maskierung in der por- Abb. 7.189. 65-jährige Patientin mit alkoholinduzierter Le-
talvenösen Phase erzeugen können. Die Möglichkeit berzirrhose. Die kontrastverstärkte CT zeigt ein inhomogenes
Enhancement des gesamten Organs ohne Nachweis hypervas-
der quantitativen Abschätzung einer Zirrhose mit kularisierter fokaler Läsionen. Perihepatischer Aszites (A),
Hilfe des so genannten RLC-Quotienten, bei dem die Splenomegalie und Kollateralen im Milzhilus
selektive Vergrößerung des Lobus caudatus rechne-
risch einfließt, hat heute keine klinische Bedeutung
mehr.
Auch mit der MRT werden die anatomischen Ver- mensetzung des Knotens. Dieser Effekt kann durch
änderungen der Leber in Kontur, Binnenstruktur zusätzliche Gabe extrazellulärer und/oder intra-
und umgebenden Leitstrukturen dokumentiert. Al- zellulärer Kontrastmittel weiter verstärkt werden
lerdings gestattet erst die Anwendung modernster (Tabelle 7.32). So lassen sich häufig anhand der
Mehrkanalspulen einschließlich paralleler Bildge- unterschiedlichen Kontrastmittelmuster Regenerat-
bung eine komplette Dokumentation der lokalen knoten von Nodi anderer Genese unterscheiden
und systemischen Kollateralisierung. Deutlich gün- (Abb. 7.190 a, b).
stiger als in der CT gelingt die Differenzierung der Unabhängig von der Wahl des leberspezifischen
nodulären Binnenstrukturen bereits in den Nativ- Kontrastmittels muss das Untersuchungsprotokoll
Sequenzen aufgrund des unterschiedlichen Signals jedoch eine MRA mit extrazellulärem Kontrastmittel
in T1- und T2-Wichtung abhängig von der Zusam- enthalten, um den arteriellen und portalen Gefäß-
7.6 Andere Erkrankungen 587

Tabelle 7.32. Kontrastmittelmuster in der MRT der Leberzirrhose

Läsion T1w T2w T1wGdart T1wGdven T1wSPIO T2*wSPIO

Leber ––– ––– ––– ––– ØØ ØØØ


Regeneratknoten + ––– ––– ––– ØØ ØØØ
Dysplastischer Knoten + (+) ––– (+) ØØ ØØ
HCC (–) (+) +++ –/–– 0 0

–––: isointens; (+): leicht hyperintens (auch partiell); +: hyperintens; +++: sehr stark hyperintens; (––): leicht hypointens;
––: hypointens; ––––: stark hypointens; 0: kein Signalverlust; ØØ: deutlicher Signalverlust; ØØØ: sehr deutlicher Signalverlust

a b

Abb. 7.190 a, b. 56-jährige Patientin mit Hepatitis-induzierter Gewebe. b Die korrespondierenden Bilder zu a in T2-Wichtung
Leberzirrhose. a In der MRT in T1-Wichtung nativ (oben) hy- nativ mit Fettsättigung (oben) zeigen einen hypointensen Kno-
perintense Darstellung eines Regeneratknotens (Pfeil). Nach ten, der nach organspezifischem Kontrastmittel (unten) einen
Applikation von SPIO-haltigem Kontrastmittel (unten) Signal- deutlichen Signalverlust zur Umgebung aufweist
verlust gegenüber dem umgebenden zirrhotisch veränderten

status einschließlich der Kollateralkreisläufe bewer- tenen Stadien lassen sich vermehrt geschlängelt ver-
ten zu können (Abb. 7.191 a, b). laufende intraarterielle Gefäße („Korkenzieherge-
Die Katheterangiographie hat in der Primärdiag- fäße“) und häufig zahlreiche arterioportale Shunts
nostik einer Leberzirrhose heute keine Bedeutung darstellen. Die Parenchymdarstellung ist, analog zu
mehr. Wird sie aus anderem Grunde durchgeführt, CT und MRT, inhomogen, teils marmoriert imponie-
zeigt sich ein pathognomonisches Muster. So finden rend („patchy liver enhancement“). In der venösen
sich in der Frühphase der Erkrankung deutlich ge- Phase kommt es zu einem verzögerten Blutabstrom.
streckt verlaufende arterielle Gefäße. In fortgeschrit- Erst in ausgeprägten Krankheitsstadien lässt sich das
588 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

turgemäß stark mit dem Ausmaß der Leberzirrhose


korreliert, kann eine Punktion perkutan unter sono-
graphischer oder CT-Kontrolle erfolgen. Nur in ein-
zelnen Fällen muss ein transvenöses Vorgehen von
einer Lebervene aus über einen jugulären Zugang
erfolgen.

Differenzialdiagnose
Schwierige Differenzialdiagnosen zur Leberzirrhose
stellen diffuse Lebererkrankungen mit nodulär-dys-
plastischem Umbau der Binnenstruktur dar. Hierzu
a
zählen primär fortgeschrittene Stadien der Sarkoido-
se und die adenomatöse Hyperplasie. Nur selten ist
die Unterscheidung einer diffusen Metastasierung
ein diagnostisches Problem, da hierbei die Zeichen
der portalen Hypertension fehlen.

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


Bei Verdacht auf Leberzirrhose werden mittels Sono-
graphie einschließlich Dopplersonographie die Dia-
gnose bestätigt, das Ausmaß abgeschätzt, Zeichen der
portalen Hypertension quantifiziert und versucht,
das knotige Binnenmuster der Leber zu analysieren.
Idealerweise wird dann eine MRT mit nativen und
kontrastverstärkten Sequenzen unter Einschluss der
MRA und einer leberspezifischen Kontrastmittel-
gabe angeschlossen. Ist die MRT nicht verfügbar,
sollte zumindest eine dreiphasige CT-Untersuchung
(nativ/arteriell/portalvenös) zur weiteren diagnosti-
schen Abklärung erfolgen. Zum Ausschluss eines
Malignoms steht die unter bildgebender Kontrolle
durchzuführende transkutane oder transvenöse
b Punktion zur Verfügung.
Abb. 7.191 a, b. 41-jährige Patientin mit bekannter alkoholto-
xischer Leberzirrhose. a Das axiale MRT-Bild in T2-Wichtung
zeigt eine diffuse Erhöhung der Signalintensität in der gesam-
Merke ! Die Leberzirrhose stellt die gemein-
same Endstrecke aller diffusen Leber-
ten Leber, aufgespannte intrahepatische Gefäße (Pfeil), eine erkrankungen dar und ist irreversibel. Durch die
Splenomegalie sowie perihepatischen Aszites (A). b In der Bildgebung werden das Ausmaß anhand anatomisch-
MIP-Rekonstruktion aus einem CE-MRA-Datensatz Doku-
mentation zahlreicher portosystemischer Kollateralen (Pfeile)
morphologischer und perfusionsbedingter Kriterien
bewertet, Begleiterkrankungen im Rahmen der por-
talen Hypertension erfasst und Komplikation der
malignen Entartung versucht einzuordnen. Neben
Bild des „entlaubten Baums“ mit Rarefizierung der der Sonographie ist die MRT das entscheidende
Segmentäste höherer Ordnung durch Kompression bildgebende Verfahren durch die Möglichkeiten der
der knotigen Binnenstrukturen abgrenzen. Differenzierung in Nativ-Sequenzen und der leber-
Die Möglichkeiten der Bewertung einer Leberzirr- spezifischen Kontrastmittelgabe. Die CT ist, auch
hose mittels PET bzw. PET-CT lassen sich zum gegen- als mehrphasige Untersuchung durchgeführt, der
wärtigen Zeitpunkt noch nicht abschließend beurtei- MRT in Sensitivität und Spezifität der Bewertung
len. nodulärer Binnenstrukturen unterlegen. Der sichere
Insbesondere zum Ausschluss einer malignen Ent- Ausschluss oder die Bestätigung einer malignen Ent-
artung ist trotz eingehender bildgebender Diagnos- artung erfolgt, abhängig vom Gerinnungsstatus,
tik häufig erst die histologische Beurteilung bewei- bioptisch unter bildgebender Kontrolle transkutan
send. Abhängig von der Gerinnungssituation, die na- oder transvenös.
7.6 Andere Erkrankungen 589

7.6.1.2
Vaskuläre Erkrankungen
Stauungsleber
왔 Unter Leberstauung wird ein ver-
Definition
mehrter venöser Blutgehalt der Leber-
venen und des Leberparenchyms durch eine Behin-
derung der venösen Blutableitung verstanden.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Die kardial bedingte Leberstauung ist pathophysiolo-
gisch durch den erhöhten Druck im rechten Vorhof
und den verlangsamten venösen Rückfluss bedingt.
Eine Übertragung des erhöhten Vorhofdruckes auf
Lebervenen und Sinusoide führt zu deren Erweite-
rung und vermehrten Blutfüllung bei deutlicher Abb. 7.192. 74-jähriger Patient mit Stauungsleber durch kar-
Volumenzunahme der gesamten Leber mit dem pa- diale Insuffizienz. Im B-Bild-Sonogramm diffuse Echogeni-
thologischen Bild der so genannten „Muskatnuss- tätserhöhung des Leberparenchyms sowie deutliche Erweite-
rung der Gefäßkaliber von V. cava inferior (VCI) und den Le-
leber“. Nur bei sehr lange bestehender Leberstauung bervenen
entwickelt sich hieraus eine Zirrhose („Cirrhose car-
diaque“).
Ursächlich liegen der kardialen Lebervenenstau- Rückstaus für das Leberparenchym blutäquivalente
ung eine dekompensierte Rechtsherzinsuffizienz, und somit gegenüber der Milz hypodense/hypoin-
Perikarderguss, Pericarditis constrictiva, Kardio- tense Werte gemessen. Die Lebervenen und die V. ca-
myopathien unterschiedlichster Genese oder Beein- va inferior lassen sich bereits nativ und deutlicher
trächtigungen des rechtsseitigen Herzklappensys- nach Applikation von intravenösem Kontrastmittel
tems zugrunde. als im Lumen erweiterte Gefäße abgrenzen. Der dia-
gnostische Zugewinn einer ergänzenden CT/MRT
Klinische Symptomatik liegt in der Möglichkeit der Abschätzung des Ausma-
Bei den klinischen Symptomen sind neben der ur- ßes des venösen Rückstaus, der Leberschädigung und
sächlichen Rechtsherzinsuffizienz insbesondere die der begleitenden Veränderungen (Ergüsse, Kollatera-
Hepatomegalie und ein damit verbundener rechts- len). Idealerweise werden daher bei ausgedehnter Le-
seitiger Oberbauchschmerz (Kapseldehnungschmerz) berstauung mit beiden Verfahren auch angiographi-
zu beobachten. Bei weiterem Fortschreiten der Stau- sche Bilder (CTA/CE-MRA) gewonnen.
ung lässt sich ein venöser Rückstau auch im Bereich
des Halses und der Unterschenkel nachweisen. Erst Differenzialdiagnose
in späten Stadien kommt es zusätzlich zu den Zei- Von der kardial bedingten Leberstauung sind andere
chen der portalen Hypertension mit Splenomegalie, Formen der vermehrten hepatischen Blutfülle wie
Aszites und Kollateralkreisläufen. der Lebervenenverschluss (Budd-Chiari-Syndrom)
und die akute Hepatitis abzugrenzen. Dies gelingt in
Radiologische Symptomatik der Regel anhand der erweiterten Lebervenen bei der
Sonographisch werden die Hepatomegalie ebenso kardialen Stauung, die bei den übrigen genannten
wie die Erweiterung der Lebervenen und sekundäre Formen nicht beobachtet werden. Selten wird durch
Zeichen wie pleurale und perikardiale Ergüsse nach- eine ausgeprägte Steatose das Bild einer Leberstau-
gewiesen. Zusätzlich zeigt sich meist eine diffuse ung vermittelt, wobei auch hierbei die Weite der Le-
Erhöhung der Parenchymechogenität (Abb. 7.192). bervenen als differenzialdiagnostisches Kriterium
Dopplersonographisch erkennt man einen Verlust des angesetzt werden kann.
triphasischen Flussmusters, im Falle der kardial be-
dingten Zirrhose eine vollständig unregelmäßige Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
Darstellung des Flusssignals in den Lebervenen. Die Sonographie einschließlich Dopplersonographie
Auch mittels CT und MRT lassen sich Hepatome- ist die Methode der Wahl zur Diagnose einer Leber-
galie, Dilatation der Gefäße und Begleitveränderun- stauung. Weitere Verfahren wie CT oder MRT ein-
gen problemlos dokumentieren. Quantitativ werden schließlich angiographischer Darstellungen kommen
in der Nativ-Untersuchung aufgrund des venösen nur im Fall der Notwendigkeit der Abschätzung des
590 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Leberschadens oder einer ausführlichen Dokumenta- Klinische Symptomatik


tion der extrahepatischen Veränderungen zum Einsatz. Bei der klinischen Symptomatik der Pfortader-
thrombose stehen die Begleiterscheinungen des Ge-
Merke ! Die kardial bedingte Leberstauung
zeichnet sich durch eine Hepatomega-
fäßverschlusses im Vordergrund. Aufgrund des feh-
lenden portalen Blutabstroms kommt es zum Rück-
lie und eine Erweiterung der Lebervenen und der stau, zur Ausbildung von Kollateralen und Varizen
V. cava superior aus. Zur Abklärung kommt die Sono- mit eventuellen Blutungskomplikationen, zur kaver-
graphie einschließlich Dopplersonographie zum Ein- nösen Transformation, zu Splenomegalie und Aszites
satz. Eine weiterführende Diagnostik mittels CT oder sowie zu einem Druckgefühl im rechten Oberbauch.
MRT ist nur in fortgeschrittenen Fällen zur Beurtei- Durch die fehlende hepatische Filterfunktion ent-
lung begleitender pathologischer Veränderungen wickelt sich rasch eine portal bedingte Enzephalo-
erforderlich. Differenzialdiagnostisch ist die kardial pathie. Zu berücksichtigen sind mögliche Komplika-
bedingte Leberstauung von solcher vaskulärer und tionen wie konsekutive Leber- und Darminfarkte.
entzündlicher Genese zu unterscheiden.
Radiologische Symptomatik
Pfortaderthrombose Das Ziel der bildgebenden Diagnostik ist neben dem
direkten Thrombusnachweis, die Darstellung der
왔 Die Pfortaderthrombose stellt die Begleitveränderungen, insbesondere ausgebildeter
Definition
häufigste Form des Verschlusses der Kollateralkreisläufe, sowie bei Erwachsenen das Aus-
portalen Gefäße dar. maß des ursächlichen Tumorleidens.
Sonographisch lässt sich neben den Begleiterschei-
Pathologisch-anatomische nungen – wie Kollateralisierung, Aszites, Splenome-
und ätiologische Grundlagen galie – in einem Großteil der Fälle auch thromboti-
Eine Pfortaderthrombose kann vollständig oder par- sches Material im Portalgefäß selbst (etwa 70%
tiell, zentral oder peripher, im Hauptstamm oder in der Fälle) bzw. eine Erweiterung des Durchmes-
ihren Zuflüssen lokalisiert sein. Ihre Entstehung ist sers der Pfortader (etwa 60% der Fälle) nachweisen
vielfältig. Generell unterschieden werden eine idio- (Abb. 7.193 a). Dopplersonographisch kann kein Fluss-
pathische und eine sekundäre Form. Bei der idiopa- signal der Pfortader und ggf. ihrer zuführenden Äste
thischen Pfortaderthrombose, die den Großteil der abgeleitet werden.
Fälle darstellt, wird eine neonatale Sepsis mit konse- Mittels mehrphasiger MSCT [(nativ)/arteriell/por-
kutivem Verschluss der Pfortader als Ursache an- tal] gelingt der direkte Nachweis des Thrombus und
genommen. Zu den Gründen für eine sekundäre der Pfortaderkollateralen mit peripherer Kontrast-
Pfortaderthrombose zählen im Säuglingsalter vor al- mittelgabe in annähernd allen Fällen (Abb. 7.193 b)
lem traumatische Veränderungen nach Nabelvenen- und besonders anschaulich in koronaren Sekundär-
katheter mit nachfolgender Sepsis und perinatale rekonstruktionen. Dabei stellt sich der Thrombus
Omphalitiden. Im Erwachsenenalter können neben in der portalen Kontrastmittelphase innerhalb der
einer portalen Hypertension infolge Zirrhose, Tumo- leicht vergrößerten Pfortader hypodens gegenüber
ren von Leber, Pankreas und Magen, Pankreatitiden, den normalen vaskulären Strukturen dar. Ein hyper-
Cholangitiden, intraabdominelle Septitiden und denser Randsaum um den Thrombus ist auf das
postoperative Komplikationen nach Splenektomie Enhancement der Pfortaderwand durch die Vasa
zum Pfortaderverschluss führen. Wichtige Ursache vasorum zurückzuführen. Bei einer kavernösen
sind auch paraneoplastische Veränderungen im Rah- Transformation findet man in der CT in der portalen
men eines fortgeschrittenen Tumorleidens. Phase eine große Anzahl schmalkalibriger, periporta-
Als Folge des Pfortaderverschlusses bilden sich ler Kollateralvenen (Abb. 7.194 a, b).
lokale und systemische Kollateralen aus. Als indirekte computertomographische Zeichen ei-
ner Thrombose der V. portae sind verminderte Dich-
왔 Die lokale Umgehung eines Ver- tewerte des Leberparenchyms in der Nativ-Untersu-
Definition
schlusses des Konfluenz oder des chung, arterioportale Shuntgefäße in der arteriellen
Pfortaderhauptstamms wird als kavernöse Transfor- Phase und der Nachweis periportaler Kollateralvenen
mation oder Kavernom bezeichnet. in der portalen Phase anzusehen. Der Abfall der com-
putertomographischen Leberdichte in der Nativ-Un-
Sie ist in etwa 20% aller Fälle einer Pfortaderthrom- tersuchung ist auf die Leberverfettung infolge der
bose zu beobachten. Eine portosystemische Kollate- Ischämie zurückzuführen. In der portalen Phase zei-
ralisierung, die in ungefähr 50% aller Fälle nach- gen diese Leberregionen ein vermindertes Enhance-
zuweisen ist, folgt den Gesetzmäßigkeiten, die bei ment des Parenchyms bei herabgesetzter lokaler por-
der portalen Hypertension diskutiert wurden (s. taler Perfusion. Demgegenüber kommen in der arte-
Abschn. 7.6.1.1). riellen Phase die arterioportalen Shuntgefäße mit
7.6 Andere Erkrankungen 591

Abb. 7.193 a, b. 14-jähriges Mädchen mit Leberzirrhose nach


Chemotherapie bei ALL. Neu aufgetretene Pfortaderthrombo-
se sowie Milzinfarkt. a Im B-Bild-Sonogramm Nachweis von
echoreichem Thrombusmaterial in der Pfortader im Pfort-
aderhauptstamm (Pfeil). b Das korrespondierende CT-Bild
nach KM-Gabe zeigt die thrombustypische Aussparung im
Pfortaderhauptstamm (Pfeil), eine Minderperfusion der Leber
sowie ein Infarktareal in der Milz (Pfeilspitze)
b

frühzeitigem Enhancement der betroffenen portalen Abb. 7.194 a, b. 64-jähriger Patient mit kavernöser Transfor-
Venenäste zur Darstellung. So entsteht die ungleich- mation bei Pfortaderthrombose auf dem Boden einer langjäh-
rigen Leberzirrhose. In der koronaren Sekundärrekonstruk-
mäßige, landkartenartige Kontrastmittelverteilung tion aus einem MSCT-Datensatz stellt sich in der portalen
in der Leber infolge der veränderten Perfusionsver- KM-Perfusionsphase der Thrombus im Pfortaderhauptstamm
hältnisse. Zusätzlich lassen sich, abhängig vom Grad direkt dar (Pfeil). Lokale und systemische Kollateralen (Pfeil-
der bereits einsetzenden Leberdekompensation Sple- spitzen). Deutlicher Aszites.„Patchy-Enhancement“ der Leber
nomegalie und Aszites nachweisen.
Spezielle Untersuchungsprotokolle mit dynami-
schen CT-Studien in der portalen Phase oder die intensitäten geäußert werden. Mittels Flussmessung
Durchführung einer CTAP über die A. mesenterica kann dieser Verdacht in der Regel bestätigt werden.
superior haben heute im klinischen Alltag keine Be- Das Verfahren hat sich jedoch im klinischen Alltag
deutung mehr. nicht durchgesetzt. Häufiger wird die CE-MRA in
In der MRT können, analog zur CT, direkte und arterieller und portaler Phase eingesetzt, während
indirekte Zeichen der Pfortaderthrombose gleicher- nichtkontrastverstärkte angiographische Verfahren
maßen dokumentiert werden. Dies gilt für die Verän- heute keine größere Bedeutung mehr haben.
derungen des Leberparenchyms in nativen T1- und Die Katheterangiographie wird heute nicht mehr
T2-gewichteten Sequenzen ebenso wie für den direk- primär zur Diagnostik einer Pfortaderthrombose ein-
ten Thrombusnachweis und die Begleitveränderun- gesetzt. Wird sie aus anderen Gründen durchgeführt,
gen. Bereits auf der Nativ-Untersuchung kann der finden sich bei der indirekten Spleno- oder Mesenteri-
Verdacht auf eine Pfortaderthrombose anhand von koportographie ein Gefäßabbruch als direkter Nach-
Flow-void-Phänomenen und veränderten Signal- weis des Verschlusses sowie die ausgebildeten Kollate-
592 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

ralen in Form einer kavernösen Transformation oder ger betroffen sind als Männer. Unterschieden werden
portosystemischer Umgehungskreisläufe. Wird die neben einer angeborenen, primären Form eine er-
Untersuchung mit Position des Katheters im Truncus worbene, sekundäre Form.
coeliacus angefertigt, lassen sich, unter der Vorausset- Der angeborenen Typ des Lebervenenverschlusses
zung normanatomischer Verhältnisse, auch die oben zeichnet sich durch eine kongenitale membranöse
beschriebenen arterioportalen Shuntgefäße nachwei- Obstruktion der venösen Leberblutleiter aus und ist
sen. Zusätzlich finden sich bei Erwachsenen patholo- vor allem in asiatischen Ländern und Südafrika ver-
gische arterielle und/oder portale Gefäße des zugrun- breitet. Seine Genese ist bisher nicht restlos geklärt.
de liegenden Tumorleidens. Vermutet werden neben infektiösen auch traumati-
sche Ursachen.
Differenzialdiagnose Die sekundäre Form des Budd-Chiari-Syndroms
Die ausgeprägte Pfortaderthrombose stellt beim Er- wird in einen thrombotischen und einen deutlich sel-
wachsenen in der Regel kein differenzialdiagnosti- teneren nichtthrombotischen Typ unterteilt. Der
sches Problem dar. Bei der idiopathischen Form des thrombotische Typ wird häufiger in westlichen Län-
Pfortaderverschlusses müssen zusätzlich vor allem dern beobachtet und ist in seiner Genese eng mit Lo-
vaskuläre Normvarianten und portale Fehlbildungen kalisation und Ausmaß des Verschlusses des venösen
ausgeschlossen werden. Blutabstroms aus der Leber verbunden. So werden,
neben teilweiser bzw. vollständiger Störung des venö-
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie sen Leberblutabstroms, nach der Lokalisation des
Untersuchungsmethode der ersten Wahl ist bei allen postsinusoidalen Blocks 3 Gruppen unterschieden:
Formen der Pfortaderthrombose die Sonographie
∑ der Verschluss der V. cava inferior mit oder ohne
einschließlich Dopplersonographie. Eine weitere Ab-
sekundäre Okklusion der Lebervenen (Typ 1),
klärung sollte im Falle der idiopathischen Form im-
∑ der primäre Verschluss der großen Lebervenen
mer, bei den übrigen Formen, falls verfügbar, mittels
mit oder ohne sekundäre Beeinträchtigung der
MRT einschließlich CE-MRA erfolgen. Alternativ
V. cava inferior (Typ 2) sowie
kann die mehrphasige MSCT einschließlich angiogra-
∑ der Verschluss der kleinen zentrolobulären Leber-
phischer Darstellungen erfolgen. Dabei ist allerdings
venen (Typ 3).
die Beurteilung des Leberparenchyms selbst in der
Regel nicht in gleicher Weise wie in der MRT möglich. Typ 3 wird auch als VOD der Leber bezeichnet.
Als Ursachen für den Typ 1 werden Schädigungen
Merke ! Die Pfortaderthrombose ist primär
eine Erkrankung des Neonaten (idio-
der Gefäßwand vor allem durch Chemo- und Strah-
lentherapie verantwortlich gemacht. Beim Typ 2
pathisch) und erst in zweiter Linie des Erwachsenen steht die Hyperkoagulopathie im Vordergrund. Diese
(neoplastisch/zirrhotisch). Durch die Bildgebung kann ausgelöst sein durch Systemerkrankungen mit
werden beim Neugeborenen neben dem direkten Thrombozytämie (z. B. Polycythemia vera), orale
Thrombusnachweis und der lokalen und systemi- Kontrazeptiva sowie erhöhten Thrombozytengehalt
schen Kollateralisierung vor allem vaskuläre Norm- in der Schwangerschaft und post partum. Gründe für
varianten und Fehlbildungen ausgeschlossen. Beim eine VOD (Typ 3) stellen ebenfalls Stadien einer er-
Erwachsenen wird zusätzlich die zugrunde liegende höhten Gerinnungsaktivität, wie nach Chemothera-
Ursache dokumentiert. Zum Einsatz kommen neben pie oder Knochenmarkstransplantation, dar. Dem
der initialen Sonographie mit Dopplersonographie seltenen nichtthrombotischen Typ des Lebervenen-
vor allem die MRT einschließlich der CE-MRA und verschlusses liegen primäre und sekundäre Leber-
erst in zweiter Hinsicht die CT mit CTA. tumoren mit Infiltration oder Kompression des
venösen Blutabstroms aus der Leber zugrunde.
Budd-Chiari-Syndrom
Klinische Symptomatik
왔 Das Budd-Chiari-Syndrom beschreibt Das klinische Erscheinungsbild des Lebervenenver-
Definition
einen partiellen oder vollständigen schlusses ist in der Regel unspezifisch und zeichnet
Verschluss des venösen Blutabstroms aus der Leber sich durch uncharakteristische rechtsseitige Ober-
auf der Ebene der Lebervenen oder des suprahepati- bauchschmerzen sowie Leberschwellung und -ver-
schen Abschnitts der V. cava inferior. größerung aus. Erst bei fortgeschrittenen Stadien
finden sich die Begleiterscheinungen der portalen
Pathologisch-anatomische Hypertension und des beginnenden Leberversagens
und ätiologische Grundlagen mit Hepatosplenomegalie, Aszites, Kollateralkreis-
Der Lebervenenverschluss ist selten (0,1% aller Ob- läufen und Cholestase. Bei den durch Systemerkran-
duktionen in Europa), wobei Frauen deutlich häufi- kungen hervorgerufenen Hyperkoagulopathien kön-
7.6 Andere Erkrankungen 593

nen zudem deren Symptome beobachtet werden.


Auch die VOD zeigt keine pathognomonischen klini-
schen Symptome.

Radiologische Symptomatik
Direkte Zeichen des Lebervenenverschlusses in der
bildgebenden Diagnostik sind der fehlende Nachweis
der Lebervenen in etwa 75% der Fälle und atypische
Verbindungen zwischen den einzelnen Lebervenen.
Als indirekte Zeichen sind eine Vergrößerung des
Lobus caudatus mit erhöhtem Enhancement sowie
die inhomogene, fleckförmige Kontrastmittelanrei-
cherung im Leberparenchym zu werten. Der Lobus Abb. 7.195. 17-jähriger Junge mit VOD nach KMT bei b-
caudatus drainiert das venöse Blut direkt über kleine Thalassämie. In der Duplex-Sonographie pathologisch er-
Lebervenen in die V. cava inferior und ist somit vom niedrigtes Flusssignal in der Pfortader
Verschluss der großen Lebervenen nicht betroffen.
Seine Hypertrophie und das umschriebene Kontrast-
mittel-Enhancement des Segments I haben ihre Ur- bervenen in der CT nach intravenöser Kontrastmittel-
sache im vermehrten Blutanstrom aus den abfluss- applikation stellen vor allem indirekte Zeichen wie
behinderten anderen Leberabschnitten. das „patchy enhancement“ bei regelrechtem Pfort-
Das in der angloamerikanischen Literatur als aderfluss sowie Hypertrophie und Kontrastmittel-
„patchy enhancement“ bezeichnete Parenchymmus- Enhancement des Segments I wichtige diagnostische
ter von rechtem und linkem Leberlappen nach intra- Merkmale dar (Abb. 7.196 a, b). Wird zusätzlich eine
venöser Kontrastmittelgabe beruht auf der veränder- angiographische Darstellung gewählt, kann der feh-
ten intrahepatischen Durchblutung der Leber: Durch lende Blutabstrom aus der Leber einschließlich der
Umkehrung des arteriellen und portalen Blutflusses Kollateralen auch direkt dargestellt werden.
in den betroffenen Leberarealen kommt es zu einer Mittels MRT wird das „pattchy enhancement“ be-
Minderperfusion und zur Atrophie mit anschließen- reits in den Nativ-Sequenzen deutlich. Die nodulären
der Regeneratknotenbildung. Diese atrophischen Be- Binnenstrukturen stellen sich in T1-Wichtung hyper-
zirke und die Leberperipherie kommen in der Bildge- intens, in T2-Wichtung iso- bis hypointens dar
bung mit veränderter Charakteristik gegenüber dem (Abb. 7.196 c). Zusätzlich finden sich in flusssensiti-
übrigen Parenchym zur Darstellung.Als weitere indi- ven Sequenzen intrahepatische Flow-void-Phänome-
rekte Zeichen sind Begleitpathologien wie Aszites ne als Korrelat der Kollateralen. Nach Kontrastmittel-
und Hepatosplenomegalie anzusehen. gabe erkennt man ebenfalls ein vermehrtes Enhance-
In der Sonographie variiert das Bild vom fehlen- ment des Lobus caudatus sowie eine Verstärkung des
den Nachweis der Lebervenen über reduzierte Dia- bereits nativ nachweisbaren „patchy enhancements“.
meter bis zum Nachweis von thrombotischem Mate- Mit der CE-MRA können Höhe und Ausmaß des Le-
rial intravasal. Bei zusätzlichem Einsatz der Doppler- bervenenverschlusses exakt dokumentiert werden.
sonographie kann zum einen der reduzierte bzw. feh- Bei Verfügbarkeit der modernen Schnittbild-
lende Fluss in den Lebervenen selbst und in der verfahren wird die Katheterangiographie heute in
V. cava inferior nachgewiesen werden. Im Farb- der Regel nicht mehr primär zur Diagnose eines
doppler entsteht durch die intrahepatische Kollatera- Budd-Chiari-Syndroms eingesetzt. Wird sie dennoch
lisierung das Bild der so genannten „zweifarbigen“ durchgeführt, kann die exakte Höhe des Lebervenen-
Lebervene. Dieses Kriterium kann mit einer fast verschlusses, ein „spinnwebenartiges“ Muster intra-
90%igen Sensitivität als diagnostisch für ein Budd- hepatischer Kollateralen und der direkte Thrombus-
Chiari-Syndrom angesehen werden. Eine zusätzliche nachweis in der V. cava superior dokumentiert wer-
Pfortaderthrombose wird in etwa 20% der Fälle, ein den.
verminderter hepatopetaler Pfortaderfluss annä-
hernd regelhaft beobachtet. Die VOD ist nur anhand Differenzialdiagnose
indirekter Zeichen wie erniedrigtem bzw. umgekehr- Vom Lebervenenverschluss müssen andere Erkran-
tem Pfortaderfluss, erniedrigtem arteriellen Fluss kung mit ebenfalls knotiger Binnenstruktur differen-
sowie Aszites bei offenen großen Lebervenen zu ver- ziert werden. Dies betrifft alle Formen der Leber-
muten (Abb. 7.195). zirrhose sowie fortgeschrittene Stadien der PSC. In
Computertomographisch gelingt die Diagnose diesen Fällen ist jedoch sowohl sonographisch als
eines Budd-Chiari-Syndroms mit einer Sicherheit auch in CT und MRT der Nachweis intrahepatischer
von >95%. Neben der fehlenden Darstellung der Le- venöser Blutleiter möglich.
594 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.196 a–c. 33-jährige Patientin mit Budd-Chiari-Syn-


drom Typ 2 bei Thrombozytämie im Rahmen einer Poly-
cythaemia vera. a Das axiale CT-Bild in der portalvenösen KM-
Perfusionsphase zeigt extrem schmal kalibrige Lebervenen
(Pfeilspitzen), ein „Patchy-Enhancement“ der Leber bei Hepa-
tomegalie, eine Kompression der hilären Strukturen und peri-
hepatischen Aszites. b In der sagittalen Sekundärrekonstruk-
tion aus dem MSCT-Datensatz von a erkennt man die Verlage-
rung der Leber durch die intrahepatische Raumforderung, die
Minderperfusion des Organs und die schmalkalibrigen Leber-
venen. c Im korrespondierenden MRT-Schnitt in T2-Wichtung
bei Hepatomegalie diffuse Signalintensitätserhöhung der Le-
ber sowie analoge Darstellung der schmalkalibrigen Leber-
venen (Pfeilspitzen). Perihepatischer Aszites

einschließlich CE-MRA oder eine CT möglichst ein-


schließlich angiographischer Darstellungen erfolgen.

Merke ! Das Budd-Chiari-Syndrom ist ein


idiopathischer oder sekundärer Ver-
schluss der Lebervenen und/oder des suprahepati-
schen Abschnitts der V. cava inferior. Dabei besteht
zwischen Genese und Höhe des Verschlusses eine
enge Korrelation. Der fehlende Nachweis der Leber-
venen, intrahepatische Kollateralen mit sonogra-
phisch „zweifarbigen“ Lebervenen und ein „patchy
enhancement“ in CT und MRT gelten als bildgeben-
de Kriterien. Aufgrund des nodulären Erscheinungs-
bildes sind andere noduläre Leberveränderungen
b wie Zirrhose und PSC durch den Nachweis einer
Durchgängigkeit der Lebervenen abzugrenzen.

Peliosis hepatis
왔 Unter Peliosis hepatis (pelioV gr.
Definition
schwarzblau, purpur) wird eine selte-
ne gutartige intrahepatische Gefäßerkrankung mit
multiplen blutgefüllten Hohlräumen im Leberparen-
chym verstanden. Hierdurch entsteht das makrosko-
pische Bild fleckiger purpurroter Zonen auf der Le-
beroberfläche.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
c Die Ursache der Peliosis hepatis ist unklar. Ein
gehäuftes Auftreten wurde bei Patienten mit ge-
schwächter Immunabwehr wie Tumorleiden, fortge-
schrittener Tuberkulose oder Aids beschrieben. In
der Anamnese von Patienten mit Peliosis hepatis fin-
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie den sich häufig langfristige Einnahmen von oralen
Methode der Wahl ist die Sonographie einschließlich Kontrazeptiva, Anabolika und Kortikosteroiden. Die
Dopplersonographie. Zur Quantifizierung des einge- Erkrankung tritt vorzugsweise bei Erwachsenen auf,
tretenen Leberschadens und der lokalen bzw. syste- wird jedoch auch bei Kindern beobachtet. Neben der
mischen Kollateralen sowie weiterer Begleitverände- Leber können in seltenen Fällen auch Milz, Pankreas
rungen der portalen Hypertension sollte eine MRT und Nebenschilddrüse betroffen sein.
7.6 Andere Erkrankungen 595

Histologisch werden ein Parenchymtyp mit primä-


ren, fokalen, zu Einblutungen führenden Parenchym-
zellnekrosen von einem Phlebektasietyp mit primä-
rer Erweiterung der Sinusoide und konsekutiver
Parenchymnekrose unterschieden. Beim Phlebekta-
sietyp entstehen dabei endothelial begrenzte und
blutgefüllte Räume mit aneurysmatischer Erweite-
rung von Zentralvene und Sinusoiden. Demgegen-
über finden sich beim Parenchymtyp keine endo-
thelial begrenzten Räume. Als Ursache der Erkran-
kung werden eine Obstruktion auf dem Niveau der
Sinusoide, eine Nekrose von Hepatozyten, eine Dila-
tation der Zentralvene im Leberläppchen oder eine
direkte traumatische Schädigung der sinusoidalen
Epithelzellen diskutiert.
Abb. 7.197. 44-jährige Patientin mit Peliosis hepatis nach
Klinische Symptomatik langjähriger Einnahme oraler Kontrazeptiva. Die CT in der ar-
Das klinische Bild der Peliosis hepatis ist in der Regel teriellen KM-Perfusionsphase demonstriert ein fleckförmiges
Enhancement der Leber durch multiple blutgefüllte Areale
stumm. Gelegentlich wird über unspezifische rechts-
seitige Oberbauchbeschwerden oder Zeichen der
Hepatomegalie berichtet. Die Diagnosestellung er-
folgt in der Regel zufällig. Analog zur CT lassen sich auch in der MRT die Lä-
sionen in T1-Wichtung hypointens, in T2-Wichtung
Radiologische Symptomatik hyperintens und nach Kontrastmittelgabe mit star-
In der bildgebenden Diagnostik stellt sich die Pelio- kem Enhancement darstellen und ein zentrifugales
sis hepatis als diffuse, partiell noduläre Erkrankung und zentripetales Kontrastmittelverhalten beobach-
mit starkem Enhancement nach Kontrastmittelgabe ten.
dar. Charakteristisch sind blutgefüllte Hohlräume Trotz der vaskulären Genese der Erkrankung wird
mit deutlicher Hyperperfusion in der arteriellen Pha- die Katheterangiographie heute nur selten durchge-
se. Im Falle der endothelialen Auskleidung kommt es führt. Sie erlaubt die direkte Darstellung der blutge-
zusätzlich zu einem arteriellen Rand-Enhancement. füllten sinusoidalen Räume und kann in einzelnen
Sonographisch können sich die nodulären Struk- Fällen diagnostisch hilfreich sein.
turen, abhängig vom übrigen Lebergewebe, hypo-,
iso- oder hyperechogen darstellen. Eine Differenzie- Differenzialdiagnose
rung ist sonographisch nicht möglich. Im Falle aus- Differenzialdiagnostische Schwierigkeiten entstehen
gedehnter Einblutungen werden diese evaluiert. insbesondere bei mehr fokal strukturierten Formen
Die computertomographische Diagnose einer Pe- der Peliosis hepatis. Hier muss die Abgrenzung zu
liosis hepatitis ist problematisch. In der Nativ-CT hypervaskularisierten fokalen Leberläsionen wie
kommt die vergrößerte Leber inhomogen und durch Adenomen, Hämangiomen, FNH und hypervaskula-
die fettige Degeneration infolge des Parenchym- risierten primären und sekundären Lebertumoren
verlustes sowie des vermehrten Blutgehalts primär erfolgen Dies ist häufig nur durch eine ausführliche
hypodens gegenüber der Milz zur Darstellung. Nach MRT einschließlich dynamischer Kontrastmittel-
intravenöser Kontrastmittelgabe entsteht durch die sequenzen möglich.
multiplen blutgefüllten Räume mit einer Größe zwi- Schwieriger ist die Differenzierung einer Peliosis
schen wenigen Millimetern und 4–5 cm ein fleckiges, hepatis von der bildmorphologisch ähnlich in Er-
inhomogenes Enhancement des Leberparenchyms scheinung tretenden periportalen sinusoidalen Dila-
(Abb. 7.197). Als Kriterium gelten in der mehrphasi- tation (PSD). Bei dieser intrahepatischen arterio-
gen Untersuchung das periphere Enhancement der venösen Malformation zeigt sich im Gegensatz zur
Läsionen beim endothelialen Typ, wobei allerdings Peliosis ein von der arteriellen zur portalen Phase
sowohl ein zentrifugales wie auch ein zentripetales deutlich zunehmendes Enhancement innerhalb der
Kontrastverhalten beschrieben wurden. An indirek- über die Leber verteilten Läsionen. Im Gegensatz zur
ten Zeichen werden Aszites und im fortgeschritte- Peliosis hepatis kommt es jedoch bei der PSD nicht
nen Stadium Merkmale der portalen Hypertension zu Einblutungen und Leberrupturen. Ein gehäuftes
beobachtet. Die Komplikationen in Form von Leber- Auftreten der PSD nach langer Einnahme oraler Kon-
rupturen mit Hämatombildungen werden in der CT trazeptiva und unmittelbar post partum ist beschrie-
dokumentiert. ben.
596 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Radiologische Symptomatik


Bei bestehendem Verdacht auf eine Peliosis hepatis Erstes Untersuchungsverfahren beim Verdacht auf
sollte primär eine mehrphasige CT- oder MRT-Unter- einen Leberinfarkt ist die perkutane Sonographie
suchung durchgeführt werden.Angiographische Dar- kombiniert mit der Dopplersonographie. Dabei wird
stellungen aus den Schnittbildern sind nicht erforder- ein Gefäßverschluss direkt erkannt und eine Stenose
lich. In Einzelfällen kann die Katheterangiographie in ihrem Ausmaß klassifiziert. Die minderperfun-
zusätzlichen diagnostischen Aufschluss geben. dierten Areale der Leber kommen dabei im B-Bild
unscharf begrenzt und echoärmer im Vergleich zur
Merke ! Die Peliosis hepatis ist eine seltene
Erkrankung mit Dilatation der Si-
Umgebung zur Darstellung. Insbesondere beim
transplantierten Patienten kann so rasch eine sich
nusoide und Ausbildung blutgefüllter zystischer in- abzeichnende Komplikation erkannt und frühzeitig
traparenchymatöser Hohlräume. Ein gehäuftes Auf- therapeutisch reagiert werden.
treten wurde bei Patienten mit verminderter Immun- In der CT lässt sich mittels zweiphasiger Unter-
antwort beobachtet. In seltenen Fällen kommt es zu suchungstechnik in arterieller und portalvenöser
starken Einblutungen oder Leberrupturen. Die bild- Kontrastmittelperfusionsphase insbesondere an Se-
gebende Diagnostik erfolgt durch mehrphasige CT kundärrekonstruktionen im MIP- oder MPR-Ver-
oder MRT.Wichtigste Differenzialdiagnosen sind das fahren ein Gefäßverschluss direkt darstellen. Die
Adenom, die FNH, das Hämangiom, hypervaskulari- betroffenen Leberareale kommen, vor allem nach
sierte primäre und sekundäre Lebermalignome und Kontrastmittelgabe, scharf begrenzt, hypodens zur
die seltene PSD. Umgebung und in späterem Stadium ggf. mit Gas-
einschlüssen als Hinweis auf eine stattgehabte Nekro-
Leberinfarkt se mit beginnender Abszessbildung zur Abbildung.
Auffällig ist dabei vor allem das fehlende Kontrast-
왔 Als Leberinfarkt wird eine regionale mittel-Enhancement in allen Phasen der Untersu-
Definition
Nekrose des Organs infolge einer zu- chung (vgl. Abb. 7.213 e).
meist embolisch bedingten Unterbrechung des loko- Mittels nativer MRT zeigen die infarzierten Leber-
regionalen Blutzuflusses bezeichnet. areale eine scharfe Berandung, landkartenartige Be-
grenzung und eine verminderte Signalintensität in
Pathologisch-anatomische T1-Wichtung sowie heterogene Signalintensität in
und ätiologische Grundlagen T2-Wichtung. Nach Kontrastmittelgabe gleicht das
Leberinfarkte sind aufgrund der dualen Blutversor- Bild dem Muster der kontrastverstärkten CT mit
gung des Organs über Pfortader und A. hepatica so- deutlicherer Demarkierung der nekrotischen Areale.
wie ein ausgeprägtes Kollateralnetz sehr selten. Sie Wird eine CE-MRA durchgeführt lässt sich, analog
entstehen bevorzugt nach embolischem Verschluss der CTA, ein Gefäßverschluss direkt abgrenzen.
der A. hepatica bei vorbestehender Pfortaderthrom- Katheterangiographische Verfahren kommen an-
bose, im Rahmen einer Leberzirrhose aufgrund von gesichts der Verfügbarkeit von CE-MRA und CTA nur
Hypoperfusion und portaler Hypertension, bei se- noch in Ausnhamefällen unter rein diagnostischen
kundärer Pfortaderthrombose nach Verschluss eines Gesichtspunkten zum Einsatz. Beim Vorliegen einer
arteriellen Gefäßasts oder nach Lebertransplanta- hochgradigen Stenose oder eines kurzstreckigen Ver-
tion. Die Ursache kann dabei traumatisch, im Rah- schlusses kann, vor allem nach Transplantation, ein
men einer seltenen Infektion, einer Vaskulitis oder interventionelles Vorgehen mit Wiederherstellung
iatrogen nach operativem oder interventionellem der Gefäßversorgung vielversprechend sein.
Vorgehen sein. Nuklearmedizinische Verfahren haben heute auf-
Eine Alters- oder Geschlechtsabhängigkeit ist grund der lediglich indirekten Darstellung der
nicht bekannt. nekrotisierten Areale infolge photopenischer Effekte,
jedoch ohne direkte Darstellung des zugehörigen
Klinische Symptomatik Gefäßes, keine Bedeutung mehr in der Routine-
Abhängig vom Ausmaß des Gefäßverschlusses kann diagnostik.
die klinische Symptomatik von blande bis zum
schwersten Leberausfallkoma reichen. Häufig sind Differenzialdiagnose
unspezifische rechtsseitige Oberbauchbeschwerden, Unter bildmorphologischen Kriterien müssen die
Übelkeit, allgemeines Krankheitsgefühl, Ikterus und fokale Steatose, der Leberabszess jeglicher Genese,
Erbrechen. Als Komplikationen gelten der partielle die traumatische Lebergefäßverletzung und das
oder komplette Leberausfall und nach Transplanta- HELLP-Syndrom vom Leberinfarkt unterschieden
tion neben der Abstoßung die biliäre Striktur, das werden.
Biliom und der Abszess.
7.6 Andere Erkrankungen 597

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Klinische Symptomatik


Beim Leberinfarkt ist die Sonographie einschließlich In annähernd allen Fällen wird die Erkrankung
Dopplersonographie das Untersuchungsverfahren durch plötzlich einsetzende epigastrische und rechts-
der ersten Wahl. Insbesondere bei pathologischem seitige Oberbauchbeschwerden klinisch manifest.
Befund sollte ein weiteres Schnittbildverfahren mit Diese entstehen durch die raumfordernde Wirkung
kompletter Darstellung der Gefäßanatomie und der Hämatome im Rahmen der Hämolyse. Zusätzlich
-pathologie in Form der CE-MRA oder CTA erfolgen. werden allgemeines Krankeitsgefühl, Übelkeit, Er-
Dabei können auch exaktere Abschätzungen über brechen, Kopfschmerzen und Ikterus beklagt. Labor-
das Ausmaß der konsekutiven Leberschädigung er- chemisch sind deutlich erniedrigte Hämoglobin-
folgen. Die direkte Darstellung mittels Katheter- und Thrombozytenwerte sowie erhöhte Bilirubin-
angiographie ist Einzelfällen, insbesondere mit an- werte festzustellen.
schließendem therapeutischem Ansatz vorbehalten.
Radiologische Symptomatik
Merke ! Infarkte sind aufgrund der doppelten
Blutversorgung der Leber selten. Sie
Sonographisch zeigen sich neben einer Hepato-
megalie, die insbesondere den rechten Leberlappen
treten bevorzugt traumatisch, infektiös oder iatrogen betrifft, die Zeichen des Leberhämatoms oder des
bedingt auf. Das klinische Erscheinungsbild variiert Leberinfarkts. Beide sind typischerweise peripher
abhängig vom Ausmaß der Infarzierung von gering angeordnet. Als Hinweis auf eine stattgehabte Leber-
bis zum Leberkoma. Als günstigste Untersuchungs- zellnekrose kann ein periportales Halo-Zeichen mit
verfahren stehen heute neben der Sonographie und echoreicher Verdickung der periportalen Strukturen
Dopplersonographie die CE-MRA oder CTA zur Ver- nachgewiesen werden. Abhängig vom Zeitpunkt der
fügung. Die Katheterangiographie wird annähernd Untersuchung im Vergleich zum Auftreten der Er-
ausschließlich unter therapeutischen Gesichtspunk- krankung stellen sich die Hämatome mit gemischter
ten durchgeführt. Echogenität dar. Gelegentlich kann auch Aszites
dokumentiert werden.
HELLP-Syndrom Die CT wird in der Regel nur post partum einge-
setzt. Dabei zeigt sich das Leberhämatom, abhängig
왔 Als HELLP-Syndrom wird eine beson- von der Akuität der Blutung, hyper- bis hypodens zu-
Definition
ders schwere Form der Präeklampsie meist in den peripheren Arealen des Organs. Eine
bezeichnet. Dabei steht das Akronym HELLP für Kontrastmittelaufnahme kann hier in der Regel nicht
Hämolyse, erhöhte Leberenzyme und verminderte nachgewiesen werden. Infarzierte Areale kommen
Thrombozyten („low platelets“). mit scharfen Randkonturen und deutlich hypodens
zur Darstellung.
Pathologisch-anatomische Mittels MRT kann eine im Rahmen der Prä-
und ätiologische Grundlagen eklampsie oder Eklampsie zumeist bestehende
Das HELLP-Syndrom wird bei bis zu 12% der Patien- Steatose in T2-gewichteten Sequenzen ohne und mit
tinnen mit schwerer Präeklampsie oder Eklampie Fettsaturation bzw. in T1-gewichteten Sequenzen
mit Altersmaximum in der 2. und 3. Lebensdekade „in phase“ und „opposed phase“ nachgewiesen wer-
unmittelbar vor oder nach der Geburt beobachtet.Als den. Hämatome stellen sich, abhängig vom Zeitpunkt
prädisponiert gelten junge Erstgebärende, die bereits der Untersuchung, hypo- bis hyperintens in T1- und
unter Bluthochdruck, Diabetes mellitus oder Nieren- T2-Wichtung dar. Umschriebene Infarkte lassen sich,
erkrankungen leiden. Im Plazentabett kommt es da- abhängig vom Nekrosegehalt, vor allem in T2-Wich-
bei über einen arteriellen Vasospasmus zu einer tung als hyperintens abbilden. Nach Kontrastmittel-
Endothelschädigung mit nachfolgender Fibrinabla- gabe zeigt sich annähernd ausschließlich in den
gerung. An diesen Fibrinkonglomeraten lagern sich nichtbetroffenen Leberarealen ein deutliches Enhan-
Thrombozyten an, die damit im übrigen Kreislauf cement.
nicht mehr zur Verfügung stehen. Über eine Zerstö- Weitere bildgebende Untersuchungsverfahren kom-
rung der roten Blutkörperchen durch Fibrin kommt men in der Regel beim HELLP-Syndrom nicht zur
es zusätzlich zu einer Hämolyse. Anwendung.
In der Leber erfolgt durch Mikroembolien eine
Zerstörung der Hepatozyten mit nachfolgenden Le- Differenzialdiagnose
berzellnekrosen. Infolge der Hämolyse entstehen Vom Hämatom beim HELLP-Syndrom sind vor allem
subkapsuläre und intraparenchymatöse Hämatome, traumatische Leberläsionen, Koagulopathien und
die in fortgeschrittenen Krankheitsfällen zur Leber- Leberinfarkte anderer Ursache sowie Einblutungen
ruptur führen können. in fokale Leberläsionen wie Adenome und HCC zu
598 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

differenzieren. Hierbei ist die Anamnese neben der Demgegenüber ist die sekundäre Hämochromato-
Bildanalyse zwingend erforderlich. se oder Hämosiderose eine Erkrankung mit zumeist
reversibler Ablagerung von Eisen in RES-haltigen
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Zellen unterschiedlichster Organe. Eine Organschä-
Die Sonographie ist beim HELLP-Syndrom das Un- digung ist dabei nicht bekannt. Als Ursache gelten
tersuchungsverfahren der ersten Wahl. Dennoch soll- exzessive Eisenzufuhr etwa bei multiplen Bluttrans-
te, insbesondere in fortgeschrittenen Fällen ein wei- fusionen, massiver medikamentöser oder alimen-
teres Schnittbildverfahren angeschlossen werden. tärer Eiseningestion (Bantu-Siderose) oder bei der
Dabei ist der MRT, vor allem aus strahlenhygieni- Porphyria cutanea tarda. Der Gesamteisengehalt ist
schen Gründen, der Vorzug zu geben.Allerdings wird deutlich niedriger als bei der primären Hämochro-
die Diagnose auch mit der CT, in Zusammenhang mit matose und beträgt etwa 10–20 g. Männer sind
der Anamnese, zuverlässig gestellt. von der Erkrankung 10-mal häufiger betroffen als
Frauen.
Merke ! Das HELLP-Syndrom ist eine schwere
Variante der Präeklampsie. Sie wird Klinische Symptomatik
klinisch durch plötzlich einsetzende rechtsseitige Die primäre Hämochromatose wird in der Regel in
Oberbauchbeschwerden infolge subkapsulärer oder der 4. bis 5. Lebensdekade klinisch manifest. Dabei
intraparenchymatöser Hämatome auffällig. Sono- zeigen 90% der Patienten eine Hepatomegalie und
graphie und MRT zeigen neben dem Hämatom und 50% eine Splenomegalie als frühes Symptom. Im Ver-
seinem Alter auch mögliche zentrale Leberzellnekro- lauf entwickeln fast alle Patienten eine kleinknotige
sen. Die CT sollte, aus Strahlenschutzgründen, nur in Leberzirrhose. Als pathognomonisch für die primäre
Ausnahmefällen eingesetzt werden. Hämochromatose gilt die Trias aus mikronodulärer
Zirrhose, Diabetes mellitus und hyperpigmentierter
7.6.1.3 Haut. Zusätzlich werden kardiale Rhythmusstörun-
Speicherkrankheiten gen und Stauung, Arthralgien, Amenorrhö, Libido-
verlust und Impotenz beobachtet. Neben der Leber-
Hämochromatose zirrhose entwickeln 14% der Patienten ein HCC,
왔 Die Hämochromatose ist eine Erkran- 15% ein Leberkoma und 30% eine schwerwiegende
Definition kardiale Funktionsstörung im Sinne einer Kardio-
kung mit erhöhten Eisenablagerun-
gen in den verschiedensten parenchymatösen Orga- myopathie als Spätkomplikation. Im unbehandelten
nen. Dabei werden eine primäre, hereditäte Form Fall beträgt die Prognose weniger als 4,5 Jahre.
und eine sekundäre Form (Hämosiderose) unter- Demgegenüber sind die klinischen Symptome
schieden. der Hämosiderose annähernd unbedeutend, da eine
Organschädigung nicht auftritt. Die Lebenserwar-
tung ist nicht eingeschränkt.
Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen Radiologische Symptomatik
Eine primäre, idiopathische Hämochromatose ist eine Sonographisch lassen sich die indirekten Zeichen
autosomal-rezessive Erkrankung mit einem Gende- der Hämochromatose/Hämosiderose in Form der
fekt am kurzen Arm des Chromosoms 6. Dabei führt Hepato- und Splenomegalie sowie die Spätformen
ein Mukosadefekt des Darms zu einer erhöhten Ab- der mikronodulären Zirrhose einschließlich mögli-
sorption und irreversiblen Speicherung von Nah- cher vaskulärer Komplikationen im Rahmen der
rungseisen. Als Speicherort fungieren vor allem portalen Hypertension nachweisen. Ein sicherer Aus-
nicht-RES-haltige Organe wie Pankreas, Herz, Nieren schluss eines HCC oder eine Differenzierung zwi-
und Nebennieren sowie die Leber. Dies erklärt sich schen primärer und sekundärer Form der Hämo-
durch die Tatsache, dass das resorbierte Eisen annä- chromatose ist sonographisch jedoch nicht möglich.
hernd ausschließlich an Transferrin gebunden und In der Nativ-CT ist neben der Hepatomegalie die
damit für RES-haltige Kupffer-Zellen nicht auf- so genannte „weiße Leber“ pathognomonischer Hin-
nahmefähig ist. Somit erfolgt eine Ablagerung in der weis auf einen vermehrten Eisengehalt der Leber
Leber in den Hepatozyten als Ferritin, nicht jedoch in (Abb. 7.198). Densitometrisch findet sich eine homo-
den RES-haltigen Zellen von Leber, Milz und Kno- gene Dichteanhebung der Leber auf Werte von
chenmark. Der Gesamteisengehalt des Körpers kann 75–130 HE. Auch wenn, ähnlich wie bei der Quantifi-
50–60 g betragen. Nach Studienangaben beträgt die zierung der Steatosis hepatis, ein linearer Zusam-
Rate der Homozygoten etwa 0,25–0,5%, die der hete- menhang zwischen Eisengehalt der Leber und An-
rozygoten Träger >10%. stieg der Leberdichte nachgewiesen werden konnte,
hat sich das Verfahren im klinischen Alltag nicht
7.6 Andere Erkrankungen 599

Abb. 7.199. 61-jährige Patientin mit Hämochromatose. Die


axiale MRT in T2-Wichtung zeigt eine deutlich verminderte
Signalintensität in der Leber durch die Eisenablagerung in den
Abb. 7.198. 78-jähriger Patient mit primärer Hämochromato- Hepatozyten. Regelrechtes Signal in Milz und Nieren
se. In der Nativ-CT hyperdenses Leberparenchym durch die
Eiseneinlagerung („weiße Leber“) bei unauffälliger Dichte der
Milz

durchgesetzt. Gleiches gilt für die Möglichkeiten der


Diagnosesicherung, Quantifizierung und Verlaufs-
beurteilung mittels Zweispektren-CT. Eine Unter-
scheidung von primärer und sekundärer Form ist mit
der CT nur in Einzelfällen möglich.
Nach Kontrastmittelgabe zeigt sich in der CT ein
inhomogenes Enhancement der Leber ohne weite-
ren diagnostischen Zugewinn bezüglich der Grund-
erkrankung. Allerdings ermöglicht die kontrastver-
stärkte Serie den Nachweis eines im Rahmen der
Spätkomplikation ggf. entstandenen HCC. Die Sensi-
tivität der CT bei der Diagnose der Hämochromato-
se der Leber liegt bei 95% mit einer Spezifität von
100%.
Als Methode der Wahl in der Diagnostik der Hä-
mochromatose hat sich, mit Verbesserung der Se-
quenztechnologie, die MRT etabliert. Unter Ausnut-
zung der Empfindlichkeit für Suszeptibiliätsartefakte Abb. 7.200. 5 Wochen alter männlicher Säugling mit Hämo-
siderose bei Hämolyse. Im koronaren MRT-Schnitt in T2-
kommen vor allem GRE-Sequenzen, bevorzugt als Wichtung signalarme Darstellung von Leber und Milz durch
T2*-gewichtete Sequenzen, zur Anwendung. Dabei die Eisenbeladung
erkennt man bei der primären Hämochromatose ei-
nen Signalverlust lediglich in der Leber (Abb. 7.199),
bei der Hämosiderose einen Signalverlust in Leber,
Milz und Knochenmark (Abb. 7.200). Im Vergleich Zur letztendlichen Diagnosesicherung erfolgt zu-
der Signalintensitäten zur Muskulatur ist damit eine meist eine Leberbiopsie.
Quantifizierung des Eisengehalts möglich. Einzelne
Literaturangaben berichten über eine direkte Korre- Differenzialdiagnose
lation von Signalintensitätsrelation zwischen Leber Als relevante Differenzialdiagnosen sind andere For-
und Muskulatur und dem Eisengehalt der Leber. Eine men der Speichererkrankungen wie die Glykogen-
Gabe von Gadolinium-Chelaten ist lediglich bei der speicherkrankheit und die Amiodaron-Leber anzu-
Suche nach einem im Rahmen der Leberzirrhose sehen. Im fortgeschrittenen Stadium müssen sämt-
entstandenen HCC von Bedeutung. liche Differenzialdiagnosen der Leberzirrhose wie
Andere bildgebende Verfahren haben keine Be- fortgeschrittene granulomatöse Erkrankungen und
deutung in der Diagnostik der Hämochromatose. die FNH berücksichtigt werden.
600 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Klinische Symptomatik


Als Untersuchungsmethoden der Wahl sind die Na- Die bereits im frühen Lebensalter einsetzende Er-
tiv-CT oder die native MRT mit T2*-gewichteten krankung tritt klinisch im Kindesalter vor allem
GRE-Sequenzen anzusehen. Mit beiden Verfahren ist durch Ikterus, akute Hepatitisformen und Aszitesbil-
auch eine Quantifizierung der Hämochromatose dung in Erscheinung, während im jungen Erwachse-
möglich. Allerdings hat sich diese in der täglichen nenalter chronische Hepatitisformen vorherrschen.
Routinediagnostik nicht durchgesetzt. Eine Unter- Daneben werden Tremor, Dysarthien, Dysphagie,
scheidung zwischen primärer und sekundärer Form emotionale Instabilität und intellektuelle Retardie-
gelingt diagnostisch lediglich mit der MRT. Soll zu- rung beobachtet. Als pathognomonisch ist der so
sätzlich ein HCC nachgewiesen oder ausgeschlossen genannte Kayser-Fleischer-Ring, eine ringförmige
werden, muss, sowohl in der CT als auch in der MRT, Grünpigmentierung der Hornhaut, anzusehen. Der
eine dynamische Kontrastmittelsequenz angeschlos- weitere Verlauf der Erkrankung ist durch den ra-
sen werden. schen Übergang in die Leberzirrhose gekennzeich-
net. Zudem finden sich schon im frühem Krankheits-
Merke ! Die Hämochromatose ist eine heredi-
täre Erkrankung mit vermehrter Ei-
stadium durch den Basalganglienbefall bedingte
neuropsychiatrische Symptome.
senspeicherung vor allem außerhalb des RES mit
Schädigung der von der Mehrspeicherung betroffe- Radiologische Symptomatik
nen Organe. Demgegenüber ist die Hämosiderose Sonographisch zeigen sich zumeist lediglich eine dif-
oder sekundäre Hämochromatose zumeist reversibel fuse Erhöhung der Echogenität der gesamten Leber
und weist vermehrte Eisenablagerungen im RES auf. sowie in den späteren Stadien die Zeichen der Le-
Aufgrund der Organschädigung kommt es bei der berzirrhose.
Hämochromatose ab der 4. Lebensdekade zu z. T. In der CT ohne intravenöse Kontrastmittelappli-
erheblichen klinischen Beschwerden, während die kation schlägt sich der vermehrte Kupfergehalt der
Hämosiderose meist klinisch stumm verläuft. Bild- Leber in einer diffusen Dichterhöhung des gesamten
gebend erfolgt die Diagnostik am günstigsten mit Organs nieder (Abb. 7.201). Theoretische Überlegun-
der Nativ-CT oder der MRT mit T2*-gewichteten Se- gen, die einen Zusammenhang von Kupfergehalt der
quenzen. Ein im Rahmen der Leberzirrhose gehäuft Leber und Anstieg der Dichte zur Quantifizierung
auftretendes HCC muss ausgeschlossen bzw. frühzei- beschreiben, haben keine Relevanz im klinischen
tig erkannt werden. Alltag gefunden. Auch beim Morbus Wilson ist die
CT-Diagnostik durch das Nebeneinander von ver-
Morbus Wilson mehrtem Kupfergehalt in einer Leberzelle mit Erhö-

왔 Der Morbus Wilson ist eine seltene


Definition
Erkrankung mit erhöhter Kupferspei-
cherung in der Leber und hepatolentikulärer Dege-
neration.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Die Erkrankung wird autosomal-rezessiv vererbt
und hat eine weltweite Inzidenz von 1/30.000. Frauen
sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer.
Pathophysiologisch liegt ein durch eine Beeinträchti-
gung des Chromosoms 13 ausgelöster Defekt der he-
patozellulären Lysosomen vor, was eine verringerte
biliäre Ausscheidung des Kupfers (Cu) mit Ansamm-
lung in der Leber zur Folge hat. Gleichzeitig wird ver-
mehrt Kupfer aus dem Gastrointestinaltrakt resor-
biert bei vermehrter renaler Ausscheidung. Dabei
werden mikroskopisch Werte >250 mg Cu/g Leber-
trockengewicht bestimmt. Neben der Leber lagert
sich das Kupfer vor allem in den Basalganglien ein. Abb. 7.201. 31-jähriger Patient mit Leberzirrhose bei bekann-
tem Morbus Wilson. Das Nativ-CT zeigt neben den Zeichen
der Zirrhose mit Splenomegalie, Kollateralkonvoluten im
Milzhilus und erweiterter V. cava inferior eine diffuse Erhö-
hung der Dichte in der Leber durch die Kupferablagerungen
7.6 Andere Erkrankungen 601

hung der CT-Dichte und reaktiver Verfettung, die die Tabelle 7.33. Klassifikation der Glykogenspeichererkrankun-
CT-Dichte wieder herabsetzt, erschwert. Zusätzlich gen
werden Regeneratknoten beobachtet. Typ Eigennamen Enzymdefekt
Mittels MRT lässt sich der erhöhte Kupfergehalt
der Leber nicht näher klassifizieren oder quantifizie- 0 Glykogen-Synthetase
ren, da Kupfer keine ferromagnetischen Effekte auf- I Van Giercke
weist. So können lediglich die Zeichen der Hepatitis Ia Glukose-6-Phosphatase
bzw. der Leberregeneration und -zirrhose nachge- Ib Glukose-6-Phosphatase-Translokase
wiesen werden. Ic Phosphotranslokase
Weitere bildgebende Verfahren haben keine Be-
Id Glukose-Translokase
deutung in der Diagnostik des Morbus Wilson. In der
Regel erfolgt die Diagnosesicherung durch Leber- II Pompe a-Glukosidase
biopsie und Bestimmung des Kupfergehalts. III Cori 1,6-Glukosidase
IV Andersen branching enzyme
Differenzialdiagnose V McArdle Muskel-Phosphorylase
Wichtige Differenzialdiagnosen des Morbus Wilson VI Hers Leber-Phosphorylase
sind neben der Leberzirrhose anderer Genese die
VII Tarui Phosphorylase-Kinase-System
Steatosis hepatis, die Hepatitis und der diffuse Lym-
VIII Phosphorylase-Kinase-System
phombefall der Leber.
IX Phosphorylase-Kinase-System
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie X Phosphorylase-Kinase-System
Als Methoden der Wahl zur bildgebenden Diagnostik
des Morbus Wilson gelten Nativ-CT und MRT. Den-
noch können beide Methoden keine letztendliche zwischenzeitlich die Untergruppen I bis X sowie die
Diagnose und Abgrenzung gegenüber anderen For- Kategorie 0 unterschieden (Tabelle 7.33). Die Leber
men der Hepatitis, Steatose oder Leberzirrhose lie- ist dabei vor allem beim häufigsten Typ I, dem Typ VI
fern. Zur Diagnosesicherung ist stets zusätzlich die sowie den sehr seltenen Typen III, IV sowie VIII bis X
Leberbiopsie erforderlich. betroffen. Mit Ausnahme von Typ IV und 0 besteht
der Pathomechanismus in einem Defekt der Glyko-
Merke ! Die hepatolentikuläre Degeneration
Morbus Wilson ist eine seltene heredi-
genolyse. Beim Typ IV kommt es über einen Defekt
des „branching enzyme“ zu einer Störung der Glyko-
täre Erkrankung mit vermehrter Kupferablagerung gensynthese, während beim Typ 0 eine fehlende
in Leber und Basalganglien. Klinisch pathognomo- Funktion der Glykogensynthetase in Leber und Mus-
nisch ist der so genannte Kayser-Fleischer-Ring an kel vorliegt. Sowohl die biochemischen Störungen
der Hornhaut. An bildgebender Diagnostik liefern der Glykogenolyse als auch die der Glykogensyn-
Nativ-CT und MRT die aussagekräftigsten Ergebnis- these führen zu einer vermehrten Speicherung von
se ohne erkrankungsspezifische Charakteristika. Dif- Glykogen in den Hepatozyten – im Falle der Typen I,
ferenzialdiagnostisch sind insbesondere die ver- III, IV sowie VIII bis X im Rahmen des fehlenden Ab-
schiedenen Formen der Hepatitis, die Fettleber und baus, beim Typ IV und 0 zum Ausgleich der fehlen-
die Leberzirrhose unterschiedlichster Ursache zu be- den Synthese.
rücksichtigen. Bei der häufigen van-Gierke-Erkrankung ist ein
gleichzeitiger Befall der Nieren mit Rindenverbreite-
Glygogenspeicherkrankheiten rung und Organvergrößerung ebenso beschrieben
wie der Nachweis von Leberadenomen und HCC bei
왔 Als Glykogenspeicherkrankheiten komplizierten Verläufen. Auch über eine Kombina-
Definition
(„glycogen storage disease“/GSD) wird tion einer Glykogenose Typ I mit einer Peliosis hepa-
eine Gruppe von Krankheitsentitäten mit Störungen tis wurde berichtet.
des Glukosestoffwechsels entweder auf der Seite der Demgegenüber bewirkt der gestörte Glykogenauf-
Synthese oder der Glykogenolyse bezeichnet. bau beim Typ IV eine Ablagerung von irregulären
und damit als Fremdkörper wirkenden Molekülen in
Pathologisch-anatomische den Hepatozyten mit nachfolgender Leberverfettung
und ätiologische Grundlagen und späterer Zirrhose.
Die GSD sind eine Gruppe autosomal-rezessiver
Erkrankungen mit unterschiedlich ausgeprägtem Klinische Symptomatik
Schweregrad, Befallsmuster und klinischer Sympto- Die klinische Symptomatik ist bei vielen der GSD
matik. Klinisch und pathophysiologisch werden unspezifisch.
602 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Beim häufigen Typ I werden neben einer Hypo-


glykämie eine Hyperlipidämie, eine Hyperurikämie
sowie eine Laktatazidämie beobachtet. Daneben wer-
den eine Hepatomegalie sowie gelegentlich systemi-
sche Infektionen wie Stomatitis und Crohn-ähnliche
Enteritiden beklagt. Die van-Gierke-GSD wird be-
reits im Säuglingsalter manifest. Die Prognose ist
ohne Therapie schlecht und führt im 1. Lebensjahr
zum Tod der Patienten. Unter Behandlung erreichen
die Patienten jedoch unter Umständen das Erwachse-
nenalter.
Beim Typ II wird zusätzlich eine Kardiomegalie
beobachtet, und die Lebenserwartung ist auch unter
Therapie deutlich geringer. Abb. 7.202. 13-jähriges Mädchen mit bekannter GSD Typ I.
In letzter Zeit wurden zusätzlich muskuläre Beein- Das B-Bild-Sonogramm zeigt ein homogenes, echoreiches
trächtigungen aufgrund des gestörten Glykogen- Leberparenchym bei Hepatomegalie. Keine fokalen Läsionen
stoffwechsels dokumentiert.

Radiologische Symptomatik
Sonographisch findet sich beim Typ I, van-Gierke,
eine generalisierte Erhöhung der Echogenität durch
das gespeicherte Glykogen und in späteren Stadien
die Leberverfettung (Abb. 7.202). Beim Übergang in
die Leberzirrhose kommen die damit vergesellschaf-
teten Zeichen der portalen Hypertension zur Darstel-
lung. Gleiches gilt für den Typ III (Abb. 7.203)
Computertomographisch werden an indirekten
Zeichen für eine Glykogenspeicherkrankheit eine
Hepatosplenomegalie bei den Typen I, IV und VI,
eine isolierte Hepatomegalie beim Typ III und der
frühzeitige Übergang in die Leberzirrhose bei den
Typen III und IV sowie eine Vergrößerung der Nieren
mit kortikaler Hyperdensität beim Typ I beobachtet. Abb. 7.203. 8-jähriger Junge mit bekannter GSD Typ III. Im
Der erhöhte Glykogengehalt der Hepatozyten zeigt B-Bild-Sonogramm diffuse Erhöhung der Echogenität des
sich in der Nativ-CT in einer diffusen Hyperdensität Leberparenchyms im Vergleich zur Niere. Keine fokalen Läsio-
der Leber gegenüber der Milz. Die Diagnose wird nen bei Hepatomegalie
durch das gleichzeitige Vorliegen einer Leberverfet-
tung im Rahmen des reaktiven Parenchymumbaus
erschwert, da die glykogenbedingte Dichteerhöhung
durch die Dichteminderung des vermehrten Fettge-
halts teilweise ausgeglichen wird. Insbesondere beim
Typ IV zeigt sich so das bunte Bild der multiplen,
hypodensen fokalen Verfettungen in der insgesamt
gegenüber dem Normalparenchym hyperdensen Le-
ber (Abb. 7.204).
Beim Typ I auftretende Leberadenome kommen
ebenfalls hypodens im Vergleich zur in der Dichte
erhöhten Leber zur Darstellung. Einen Hinweis auf
die mögliche maligne Entartung stellt die schnelle
Größenzunahme der Adenome und die Strukturver-
änderung mit inhomogenen Dichtewerten dar. Eine
Korrelation zwischen Glykogengehalt der Leber und
Anstieg der optischen Dichte ist nicht zuletzt wegen
Abb. 7.204. 4-jähriger Junge mit gesicherter GSD Typ IV. Das
der häufig gleichzeitig auftretenden Leberverfettung native CT zeigt ein so genanntes „buntes Bild“ mit multiplen,
nicht möglich. hypodensen fokalen Verfettungen im durch die Speicher-
krankheit hyperdensen Leberparenchym
7.6 Andere Erkrankungen 603

Auch mittels MRT können lediglich die indirekten Pathologisch-anatomische


Zeichen der diffusen Leberschädigung mit in T1- und ätiologische Grundlagen
und T2-Wichtung erhöhter Signalintensität nachge- Das Medikament Amiodaron ist ein Benzofuran-
wiesen werden.Wichtig ist die Beobachtung der beim Derivat zur Behandlung von Tachyarrhythmien und
Typ I auftretenden Leberadenome, ihres Kontrast- enthält etwa 40% Jod. Bei einer Langzeittherapie
mittel-Enhancements und einer möglichen Ände- wird neben dem Medikament selbst insbesondere
rung beim Übergang in eine HCC. Eine Quantifizie- sein Hauptmetabolit Desäthylamiodaron aufgrund
rung des Glykogengehalts ist auch mit der MRT in der erhöhten Leberaffinität vermehrt in der Leber,
der klinischen Routine bisher nicht möglich. aber auch in der Milz und in der Skelettmuskulatur
Andere bildgebende Verfahren spielen keine Rolle eingelagert.
in der Diagnostik der Glykogenspeicherkrankheiten.
Klinische Symptomatik
Differenzialdiagnose Bei den Patienten mit Amiodaron-Therapie stehen
Als wichtigste Differenzialdiagnosen sind neben den die klinischen Beschwerden der Herzerkrankung
anderen Formen der diffusen Lebererkrankungen und damit ggf. verbundener kardialer Entgleisungen
insbesondere die Adenomatose der Leber, die Hepati- im Vordergrund. Von Seiten der Leber werden von
tis, die diffuse kleinknotige Zirrhose, die diffuse den Patienten allenfalls unspezifische rechtsseitige
kleinkalibrige Metastasierung und der diffuse Lym- Oberbauchbeschwerden und allgemeines Krank-
phombefall der Leber zu berücksichtigen. heitsgefühl berichtet. Trotz teils erheblicher Verände-
rungen in der bildgebenden Diagnostik, werden
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie meist keine Auffälligkeiten der leberspezifischen
Die bildgebenden Verfahren haben, auch bei den Gly- Laborparameter beobachtet.
kogenspeicherkrankheiten, insbesondere die Aufga-
be, zusätzliche Erkrankungen bzw. Komplikationen Radiologische Symptomatik
wie die Entwicklung einer Leberzirrhose oder eines Sonographisch zeigt sich bei der Amiodaron-Leber
HCC auszuschließen oder frühzeitig zu erkennen. eine diffuse Erhöhung der Echogenität des gesamten
Daher ist neben der Sonographie im Kinder- und Organs. Eine Unterscheidung zu anderen Speicher-
Jugendalter eine mehrphasige MRT zur Beurteilung krankheiten ist nicht möglich. Kommt es im Verlauf
des Ausmaßes der Erkrankung erforderlich. zum Übergang in eine Leberzirrhose, sind deren
Komplikationen wie Aszites, Kollateralkreisläufe und
Merke ! Alle Glykogenspeicherkrankheiten sind
selten und werden autosomal-rezessiv
ggf. Entwicklung eines HCC sonographisch erfass-
bar.
vererbt. Der häufigste Typ I (van-Gierke-Erkran- Der erhöhte Gehalt jodhaltiger Amiodaron-Spalt-
kung) zeigt neben der Störung der Glykogenolyse produkte führt in der nativ durchgeführten CT zu
auch einen Befall der Nieren und das Auftreten mul- einem diffusen Dichteanstieg der Leber (Abb. 7.205).
tipler Leberadenome. Mittels bildgebender Verfahren
kann weder eine Unterscheidung der verschiedenen
Formen der Glykogenspeicherkrankheiten noch
eine sichere Abgrenzung zu anderen diffusen Leber-
erkrankungen erreicht werden. Neben der Sono-
graphie sollte im Kinder- und Jugendalter eine
mehrphasige MRT durchgeführt werden, um die Ent-
wicklung einer Leberzirrhose und eines HCC früh-
zeitig zu erkennen. Abzugrenzen sind andere For-
men der Leberzirrhose sowie die verschiedenen
Formen der benignen und malignen fokalen Leber-
läsionen.

Amiodaron-Leber
왔 Eine diffuse Lebererkrankung mit
Definition
vermehrter Speicherung der Abbau-
produkte des Medikaments Amiodaron wird als
Abb. 7.205. 69-jähriger Patient mit langjähriger Einnahme
Amiodaron-Leber bezeichnet. von Amiodarone. Die Nativ-CT dokumentiert eine hyperdense
Parenchymstruktur sowie eine zentrale Verfettungszone im
Rahmen der Degeneration (Pfeil)
604 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Eine densitometrische Differenzierung z. B. von der zirrhose muss die stattgehabte Entstehung eines HCC
Hämochromatose gelingt nicht, eine Unterscheidung mittels kontrastverstärkter Untersuchung in CT oder
ist lediglich laborchemisch möglich. Die Durchfüh- MRT ausgeschlossen werden.
rung einer CT zur Dosiseinstellung einer Amioda-
ron-Therapie hat sich, trotz ausreichender Korre- Thorotrast-Leber
lation zwischen Dichteanstieg in der Leber und
Plasmakonzentration des Desäthylamiodaron, nicht 왔 Als Thorotrast-Leber werden Verän-
Definition
durchgesetzt. Eine zusätzliche Kontrastmittelgabe ist derungen des Organs in Zusammen-
lediglich zum Ausschluss eines HCC bei bereits fort- hang mit Speicherungen des Röntgenkontrastmittels
geschrittenem Stadium und erfolgter Ausbildung Thoriumdioxid (Thorotrast) im RES bezeichnet.
einer Leberzirrhose diagnostisch relevant.
Auch in der MRT führt der erhöhte Jodgehalt der Pathologisch-anatomische
Leber über die Verkürzung der T1-Relaxationszeit zu und ätiologische Grundlagen
einem erhöhten Signal in T1-gewichteten Sequenzen, Das in den Jahren 1928 bis 1950 vor allem für die
geringer auch in T2-gewichteten Sequenzen. Da- zerebrale Angiographie verwendete Röntgenkon-
neben kann über die Möglichkeiten der Fettsatura- trastmittel Thorotrast emittiert Alpha-, Beta- und
tion in T2-gewichteten Sequenzen das Ausmaß der Gammastrahlung (232Th) mit einer biologischen
Leberverfettung abgeschätzt werden. In fortgeschrit- Halbwertszeit von 400 Jahren. Thorotrast wird im
tenen Krankheitsstadien sind zusätzliche dynami- RES von Leber, Milz und Knochenmark phagozytiert
sche Kontrastmittelsequenzen zur Beurteilung einer und langsam an das umgebende Gewebe abgegeben.
Leberzirrhose bzw. zum Ausschluss eines HCC erfor- Etwa 60% der Organakkumulation erfolgt in der Le-
derlich. ber, knapp 30% in der Milz, 9% im Knochenmark
Andere bildgebende Verfahren kommen bei der und ein geringer Anteil im Knochenskelett.
Amiodaron-Leber nicht regelhaft zum Einsatz. Die kanzerogene Wirkung von Thorotrast ist be-
reits früh beschrieben worden. In der Deutschen
Differenzialdiagnose Thorotrast-Studie wurde bisher ein signifikant er-
Als wichtigste Differenzialdiagnose sind die übri- höhter Anteil von intra- und extrahepatischen Gal-
gen Speicherkrankheiten mit erhöhter Echogenität, lenwegskarzinomen sowie Hämangiosarkomen der
Dichte bzw. Signalintensität in den bildgebenden Ver- Leber in der Langzeitbeobachtung nach Applikation
fahren zu berücksichtigen. Hierzu zählen insbeson- von Thorotrast dokumentiert. Die Erkrankung wird
dere die Hämochromatose, der Morbus Wilson und zunehmend seltener beobachtet und vor allem an-
die Glykogenspeichererkrankungen. hand der Spätkomplikationen mit Entwicklung der
beschriebenen Malignome klinisch auffällig.
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
Die Diagnose einer Amiodaron-Leber wird in der Re- Klinische Symptomatik
gel zufällig gestellt und nicht gezielt mittels bildge- Das klinische Bild der Thorotrast-Leber wird von den
bender Verfahren erhoben. Als zielführend können, Veränderungen des Organs im Sinne der Zirrhose
bei bekannter Medikamentenanamnese, die native und ggf. dem sich entwickelnden Malignom be-
CT und die native MRT mit T1- und T2-gewichteten stimmt. Hierbei werden neben allgemeinem Krank-
Sequenzen eingesetzt werden. Eine Kontrastmittelga- heitsgefühl, rechtsseitige Oberbauchbeschwerden,
be ist nur bei fortgeschrittenen Krankheitsstadien Übelkeit und Erbrechen sowie Zunahme des Leibum-
zur Abschätzung des Ausmaßes einer Leberzirrhose fangs beklagt. Der ursächliche Zusammenhang mit
oder zum Ausschluss eines HCC erforderlich. dem applizierten Kontrastmittel lässt sich nur anam-
nestisch klären.
Merke ! Die Amiodaron-Leber entsteht nach
Langzeittherapie mit dem gleichna- Radiologische Symptomatik
migen Antiarrhythmikum durch Ablagerung des Me- Die bildgebende Diagnostik wird bei der Thorotrast-
dikaments und seiner Metaboliten. Spezifische klini- Leber in der Regel weniger zur Erstdiagnose als viel-
sche Symptome sind nicht vorhanden. Die Diagnose mehr im Verlauf zum Ausschluss der Entwicklung
wird in der Bildgebung zumeist zufällig gestellt. In eines Malignoms von Leber und Gallenwegen durch-
CT und MRT (T1-gewichtete Sequenz) zeigt die Le- geführt. Die Bildcharakteristika sind dabei von de-
ber eine diffuse Dichte- bzw. Signalintensitätserhö- nen nicht unter Thorotrast entstandener Leber- und
hung. Eine Unterscheidung zu anderen Speicherer- Gallenwegsmalignome nicht zu differenzieren.
krankungen der Leber ist nur in Zusammenhang mit Die Speicherung von Thorotrast führt in konven-
der Medikamentenanamnese möglich. In fortge- tionellen Abdomenübersichtsaufnahmen zur Darstel-
schrittenen Stadien mit Entwicklung einer Leber- lung fleckförmiger Verdichtungen in Projektion auf
7.6 Andere Erkrankungen 605

Differenzialdiagnose
Bei bekannter Anamnese stellen sich zur Thorotras-
tose keine relevanten Differenzialdiagnosen. Kommt
es bei Thorotrast-Anamnese zur Entwicklung eines
primären Leber- oder Gallenwegstumors, sind in der
Leber das Hämangiosarkom und das intrahepatische
CCC sowie extrahepatisch das Gallenwegskarzinom
zu berücksichtigen.

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


Die primäre Diagnose einer Thorotrastose erfolgt
anamnestisch und nicht über die Bildgebung. Als
günstigstes Verfahren zum Nachweis von Thorotrast-
Ablagerungen gilt die Nativ-CT. Beim Verdacht
auf die Entwicklung eines Malignoms von Leber
und Gallenwegen sollten kontrastverstärkte Unter-
suchungen mittels MSCT bzw. mehrphasiger MRT
erfolgen.

Merke ! Die Thorotrastose ist ein zunehmend


seltener werdendes Krankheitsbild
Abb. 7.206. 57-jähriger Patient, der über 30 Jahre nach zere- nach Applikation des bis zur Mitte des 20. Jahrhun-
braler Angiographie mit Thorotrast computertomographisch
untersucht wurde. Im Nativ-Scan inhomogene, landkartenarti- derts verwendeten Kontrastmittels Thorotrast. Erst-
ge Struktur des Parenchyms mit diffuser Durchsetzung der diagnosen erfolgen heute annähernd ausschließlich
stark hyperdensen Thorotrast-KM-Reste sowie betroffener über im Rahmen der Spätfolgen entstehende Leber-
Lymphknoten (Pfeile) und Gallenwegsmalignome. Deren Diagnostik ge-
lingt über mehrphasige MSCT- bzw. MRT-Unter-
suchungen. Der Nachweis und die Quantifizierung
die Leberkapsel, die Milz und parapankreatische der Thorotrast-Ablagerungen werden am günstigs-
Lymphknoten. Sonographisch finden sich multiple ten mit der Nativ-CT durchgeführt.
echoreiche Rundherde in der Leber, die jedoch histo-
logisch zumeist zirrhotischen Umbauten der Leber
und nicht den metallischen Ablagerungen des Kon- Literatur zu Abschn. 7.6.1
trastmittels selbst entsprechen.
Als am besten geeignetes Verfahren zum Nachweis Akpinar E, Akhan O (2007) Liver imaging findings of Wilson’s
disease. Eur J Radiol 61: 25–32
der Thorotrast-Ablagerungen in der Leber wird in Bargelló X, Gilabert R, Nicolau C, García-Pagán JC, Ayuso JR,
der Literatur übereinstimmend die CT benannt. Da- Brú C (2006) Sonography of Budd-Chiari syndrome. AJR
bei zeigt ein Nativ-Scan meist eine diffuse Erhöhung Am J Roentgenol 187: 33–41
der Dichte. Allerdings kann, vor allem bei fortge- Barton JR, Sibai BM (1996) Hepatic imaging in HELLP syn-
drome. Am J Obstet Gynecol 174: 1820–1825
schrittenen Stadien, ein unregelmäßiger, landkarten- Brancatelli G, Federle MP, Grazioli L, Golfieri R, Lencioni R
ähnlicher Befall beobachtet werden (Abb. 7.206). In (2002) Benign regenerative nodules in Budd-Chiari syn-
Phantommessungen konnte der lineare Zusammen- drome and other vascular disorders of the liver: radiologic-
hang zwischen der CT-Dichte und der direkten Mes- pathologic and clinical correlation. Radiographics 22:
847–862
sung der Thorotrast-Konzentration in der Leber mit Brancatelli G, Federle MP, Ambrosini R, Lagalla R, Carriero A,
einem Gamma-Counter gezeigt werden. Die Mess- Midiri M, Vilgrain V (2007) Cirrhosis: CT and MR imaging
methode bietet eine Möglichkeit der Quantifizierung evaluation. Eur J Radiol 61: 57–69
der Schädigung von Leber, Milz und Lymphknoten Casillas VJ, Amendola MA, Gascue A, Pinnar N, Levi JU, Perez
JM (2000) Imaging of nontraumatic hemorrhagic hepatic
eines Patienten nach Thorotrast-Applikation. lesions. Radiographics 20: 367–378
Die MRT ist der CT im Nachweis der Thorotrast- Dodd GD, Baron RL, Oliver JH, Federle MP (1999) Spectrum of
Ablagerungen in der Leber nach Literaturangaben imaging findings of the liver in end-stage cirrhosis: Part I,
unterlegen. Nuklearmedizinische Verfahren haben gross morphology and diffuse abnormalities. AJR Am J
Roentgenol 173: 1031–1036
heute, trotz der deutlichen Aktivitätsmehrbelegung Dodd GD, Baron RL, Oliver JH, Federle MP (1999) Spectrum of
in den Regionen der Thorotrast-Ablagerungen, keine imaging findings of the liver in end-stage cirrhosis: Part II,
entscheidende diagnostische Wertigkeit mehr. focal abnormalities. AJR Am J Roentgenol 173: 1185–1192
606 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

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7.6 Andere Erkrankungen 607

7.6.2 in 2 Ebenen und bei Kindern zumeist eine Thorax-


Transplantationsradiologie aufnahme p.-a. angefertigt. Ergeben sich hierbei
Auffälligkeiten ist, unabhängig vom Alter, eine CT des
Die Lebertransplantation gilt seit der Konsensuskon- Thorax indiziert.
ferenz zur Transplantationsmedizin in Philadelphia Das Ziel der lokoregionalen Bildgebung im Rah-
1988 als etablierte Behandlungsmethode von irrever- men der Operationsvorbereitung ist die Identifika-
siblen Lebererkrankungen im Endstadium. Im Be- tion einer Leberzirrhose und der Folgen einer porta-
reich des europäischen EuroTransplant-Registers len Hypertension sowie die Quantifizierung des er-
wurden zwischen Anfang 1988 und Ende 2001 unge- krankten Leberanteils. Zudem müssen vaskuläre
fähr 45.000 Lebertransplantationen durchgeführt. und biliäre Anatomie und die Durchgängigkeit der
Man unterscheidet zwischen der Post-mortem-Spen- Gefäße eingeschätzt und intrahepatische Malignome
de hirntoter Spender („cadaveric liver donor trans- erfasst werden. Von besonderer Bedeutung ist der
plantation“) und der Lebendspende („living donor Ausschluss einer extrahepatischen Tumoraussaat, da
liver transplantation“ oder „living related trans- diese eine Kontraindikation für eine Lebertransplan-
plantation“). Bei der Post-mortem-Spende können tation darstellt.
ganze Organe („full-size liver“) orthotop (OLTX) ei- Die Sonographie einschließlich farbkodierter
nem Empfänger oder die beiden Leberlappen („split Duplexsonographie stellt den ersten diagnostischen
liver“) bzw. Lebersegmente mehreren Empfängern Schritt dar. Hierbei werden Form, Größe, Kontur, Pa-
transplantiert werden. Im Rahmen der Lebendspen- renchymstruktur, evtl. vorhandene Tumoren der Le-
de werden Lebersegmente oder maximal ein Leber- ber und die anatomischen Verhältnisse des Gallen-
lappen verpflanzt. Dabei erhalten Kinder in der Regel wegssystems festgehalten. Dopplersonographisch do-
den gesamten oder Teile des linken Leberlappens kumentiert man die Anatomie der Gefäße sowie die
(bevorzugt die Segmente II und III). Im erwachse- vollständige Durchgängigkeit von Pfortader, Leber-
nen Alter wird, aufgrund des größeren Parenchym- arterien, Lebervenen und V. cava. Die Durchgängig-
bedarfs, der größere rechte Leberlappen transplan- keit und das Kaliber der V. porta entscheiden
tiert. darüber, ob eine Lebertransplantation möglich ist
oder nicht. Wenn der Durchmesser der extrahepati-
Indikation schen Pfortader z. B. bei Kindern <4 mm beträgt,
Die Indikationen für eine Lebertransplantation sind: werden die Anastomosemöglichkeiten mit der Pfort-
ader der Transplantatleber mitunter problematisch.
∑ die angeborene Gallengangsatresie,
Ist keine anastomosierbare Pfortader wie z. B. bei
∑ angeborene Stoffwechselerkrankungen,
einer kavernösen Transformation der V. portae vor-
∑ die Leberzirrhose,
handen, muss gesichert sein, dass die Durchgängig-
∑ das fulminante Leberversagen und
keit eines entsprechend kaliberstarkern Confluens
∑ die primären malignen Lebertumoren.
portae und der V. mesenterica superior gewährleistet
Im Alter unter 2 Jahren erfolgen fast 75% aller Leber- sind.
transplantationen aufgrund einer neonatalen Cho- Die Untersuchung der Milzgröße und vor allem
lestase. Dabei liegen, in absteigender Häufigkeit, eine die Erfassung von portalen Umgehungskreisläufen
Gallengangsatresie, eine neonatale Riesenzellhepati- ist wesentlich, da diese nach der Transplantation un-
tis, eine Gallengangshypoplasie, ein Alagille-Syn- ter Umständen ein so großes Blutvolumen aufneh-
drom oder eine Cholestase bei totaler parenteraler men können, dass die für die Transplantatperfusion
Ernährung zugrunde. Bei Erwachsenen werden die nötigen Druckverhältnisse beeinträchtigt werden.
meisten Transplantationen wegen einer Leberzirrho- Daher ist insbesondere der Nachweis von Ösopha-
se oder hieraus resultierender Malignome durchge- gusvarizen, die präoperativ sklerosiert werden kön-
führt. Als Ursache der Zirrhose sind vor allem die nen, von Bedeutung. Des Weiteren muss die Durch-
PSC, die PBC, die Virus-induzierten Zirrhoseformen gängigkeit der V. cava geprüft werden, da, bei Vorlie-
und die alkoholtoxische Zirrhose zu nennen. gen eines malignen Lebertumors oder eines Budd-
Chiari-Syndroms, ein eventueller Thrombus bzw.
Präoperative Diagnostik Thrombuszapfen präoperativ bekannt sein muss. Auf
des Transplantatempfängers arterieller Seite ist vor allem die genaue Kenntnis
Bei allen Transplantationen erfolgt eine ausführliche möglicher anatomischer Varianten von Wichtigkeit.
präoperative Diagnostik des voraussichtlichen Emp- Da während der Transplantation die Aorta und die
fängers. Diese beinhaltet eine internistische bzw. V. cava abgeklemmt werden und somit ein Risiko für
pädiatrische und kardiopulmonale Abklärung. Zur die Nierenfunktion besteht, müssen evtl. behand-
allgemeinen Operationsvorbereitung werden dabei lungsbedürftige Nierenveränderungen präoperativ
beim Erwachsenen regelhaft eine Thoraxaufnahme abgeklärt werden. Hierzu zählen z. B. die dekompen-
608 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

sierte Ureterabgangsstenose im Kindesalter oder Schließlich ist neben dem Ausschluss von Leber-
Nierenarterienstenosen des Erwachsenen. läsionen die Beschaffenheit des Spenderleberparen-
Bei Kindern ist vor der Transplantation der Ultra- chyms bezüglich degenerativer und diffuser Verän-
schall meist ausreichend und wird lediglich bei derungen zu dokumentieren. Dies stellt sicher, dass
komplexeren anatomischen Verhältnissen durch genügend funktionsfähiges Leberparenchym trans-
eine MRT mit MRCP und CE-MRA ergänzt. Dies plantiert werden kann.
ist etwa beim im Rahmen der Gallengangsatresie Zur Zeit wird in den meisten Transplantationszen-
auftretenden nichtkardialen Polyspleniesyndrom (s. tren eine MSCT einschließlich CTA durchgeführt.
Abschn. 7.2.3.4) der Fall. Demgegenüber werden bei Hieraus werden die Gefäßanatomie beurteilt und die
Erwachsenen grundsätzlich eine CT mit CTA oder Volumina errechnet. Zur Bewertung der Gallenwegs-
eine MRT mit MRCP und CE-MRA durchgeführt. anatomie kommen alternativ die MRCP, die CT nach
Zusätzlich kommen 3D- und volumetrische Sekun- Applikation gallengängigen Kontrastmittels oder in
därverfahren, vor allem aus den MSCT-Datensätzen, seltenen Fällen die ERCP zum Einsatz. Alternativ fa-
zur exakten Operationsplanung zur Anwendung. vorisieren einige Zentren ein ausführliches MRT-Pro-
Nur in wenigen Fällen ist heute noch die Katheter- tokoll einschließlich CE-MRA und MRCP. Allerdings
angiographie erforderlich. können nur mit Geräten neuester Generation iso-
In den letzten Jahren haben PET und PET-CT zu- trope 3D-Datensätze für eine verlässliche Volumetrie
nehmend Bedeutung in der präoperativen Diagnos- aus den MR-Sequenzen gewonnen werden. Die digi-
tik vor Lebertransplantation gewonnen. So wird das tale Substraktionsangiographie wird aufgrund der
Verfahren heute bei Erwachsenen vor allem zum Verbesserungen der CTA aus MSCT-Datensätzen
Ausschluss einer extrahepatischen Tumormanifesta- bzw. der CE-MRA zunehmend seltener zu reinen
tion beim HCC eingesetzt. Bei Kindern spielt die PET Diagnostikzwecken eingesetzt.
im Rahmen der Abklärung präoperativer Fieber- Ergibt sich aus diesen Untersuchungen keine Kon-
schübe und postoperativ im Rahmen des lymphopro- traindikation zur Lebertransplantation, erfolgt in der
liferativen Syndroms eine Rolle. Regel eine Leberbiopsie, bei der auch das Ausmaß
einer evtl. vorhandenen Verfettung untersucht wird.
Präoperative Diagnostik des Lebendspenders
Da es sich bei der Lebendspende um gesunde und zu- Intraoperative Diagnostik
meist jüngere Menschen handelt, muss die präopera- Der Umfang und die Durchführung der intraoperati-
tive Diagnostik des potenziellen Spenders besonders ven Diagnostik sind von Zentrum zu Zentrum unter-
sorgfältig und ausführlich erfolgen. Dabei ist zu be- schiedlich ausgeprägt. Dabei kommen neben dem
rücksichtigen, ob der Empfänger ein Kind oder ein intraoperativen Ultraschall des Leberparenchyms
Erwachsener ist. ggf. auch der Spektraldoppler und die farbkodierten
Um intraoperativen Risiken und postoperativen Duplexsonographie zur Untersuchung der Gefäße zur
Komplikationen vorzubeugen, muss beim Spender Anwendung. Auf Seiten des Lebenspenders werden
eine detaillierte Untersuchung der Anatomie der le- dabei die verbleibenden vaskulären Strukturen, auf
berversorgenden Gefäße und der Gallenwege bezüg- Transplantatseite die Durchgängigkeit der anasto-
lich eventueller Normvarianten erfolgen. mosierten Gefäße vor dem Bauchdeckenverschluss
Weiterhin ist eine Abschätzung der Transplantat- überprüft. Eine ggf. eingelegte T-Drainage an der
volumina erforderlich. Diese ist von grundlegender Gallengangsanastomose sollte ebenfalls intraopera-
Bedeutung, da einerseits dem Spender mindestens tiv dargestellt werden.
35–40% seines ursprünglichen Lebervolumens er-
halten bleiben, und andererseits dem Empfänger sein Postoperative Diagnostik
individueller Mindestbedarf an funktionstüchtigem Die Sonographie inklusive farbkodierter Duplexsono-
Leberparenchym transplantiert werden muss. Das graphie ist das diagnostische Verfahren der Wahl in
Mindestvolumen kann aus verschiedenen Parame- der postoperativen Phase. Dies ist zum einen durch
tern zur Beschreibung des Körpervolumens und des die jederzeit problemlose Verfügbarkeit bei hoher
Stoffwechsels berechnet werden. Bei der Umsetzung Aussagekraft, zum anderen durch die zumeist unspe-
spielt die volumetrische Berechnung aus dreidimen- zifischen klinischen und laborchemischen Befunde
sionalen MSCT- und neuerdings, jedoch deutlich sel- auch im Falle postoperativer Komplikationen be-
tener auch aus MRT-Datensätzen eine entscheidende gründet. In den meisten Zentren werden in den er-
Rolle. Mit Hilfe weitgehend automatisierter Algorith- sten 24 Stunden nach Transplantation alle 6 Stunden,
men werden sowohl zu transplantierendes als auch in den ersten 7 Tagen täglich und dann 2-mal wö-
verbleibendes Volumen mit hoher Genauigkeit prä- chentlich Ultraschallkontrollen durchgeführt und
operativ kalkuliert. die Durchgängigkeit der transplantatversorgenden
Gefäße kontrolliert.
7.6 Andere Erkrankungen 609

Bei diesem Verfahren wird das kaudale Ende der in-


frahepatischen V. cava des Spenders zugenäht und
entweder direkt mit der V. cava des Empfängers oder
mit einer aus den Lebervenen des Empfängers ge-
formten Kloake an die Vorderfläche der V. cava ana-
stomosiert. Diese Form der „Huckepackanastomose“
wird entweder bei kongenitalem Fehlen der retro-
hepatischen oder infrahepatischen V. cava inferior,
die z. B. bei der biliären Atresie vorkommt, oder bei
einer starken Größendifferenz zwischen Spender
und Empfänger angewendet. Bei einer „full-size
a liver“ sind der Regel 3 und bei einer „split liver“ eine
oder 2 Lebervenen zu untersuchen.
Die Form der arteriellen Anastomose hängt von
der arteriellen Anatomie des Spenders ab. In der
überwiegenden Mehrheit der Fälle (65–80%) gehen
die Leberarterien direkt aus dem Truncus coeliacus
ab. In diesem Fall wird der Truncus coeliacus mit
einer Manschette aus der Aorta entnommen („carrel
patch“) und meist mit der A. hepatica des Empfän-
gers an der Stelle des Abgangs der A. gastroduodena-
lis verbunden. Wenn die Spenderleber über 2 Arte-
rien gespeist wird, also von einer rechtseitigen Leber-
arterie, die aus der A. mesenterica superior abgeht,
b und einer linken Leberarterie, die aus dem Truncus
coelicus abgeht, wird ein gemeinsamer arterieller
Abb. 7.207 a, b. 7 Tage alter weiblicher Säugling mit Zustand Truncus für die Anastomose mit dem Empfänger
nach Split-liver-Transplantation nach Gallengangsatresie und gebildet.
Kasai-Operation. a Im B-Bild-Sonogramm typische anatomi-
sche Darstellung der portalen Anastomose (A). b In der Farb- Wenn die End-zu-End-Anastomose zwischen den
doppleruntersuchung regelrechte portale Perfusionsverhält- beiden Ductus hepatocholedochus nicht möglich ist,
nisse weil z. B. der Gallengang des Empfängers nicht vor-
handen ist, wird eine biliodigestive Anastomose in
Y-Roux-Form angelegt.
Ohne genaue Kenntnis der verschiedenen Anasto- Als regelrechter Befund gilt der Nachweis eines
mosetechniken und ohne die Information des Opera- hepatopetalen Flusses in der Pfortader, die Ableitung
teurs für den speziellen Patienten, kann es sehr eines „Resistive Index“ (RI) von >0,5 in der A. hepa-
schwierig sein, eine diagnostisch aussagekräftige Un- tica und der Nachweis der Durchgängigkeit sämt-
tersuchung durchzuführen. Im Falle einer OLTX mit licher Lebervenen und der V. cava (Abb. 7.208 a–c).
einer „full-size liver“ liegt im Idealfall eine „Normal- Ein erniedrigter RI von <0,5 in der A. hepatica kann
anatomie“ mit End-zu-End-Anastomosen der A. he- das erste Anzeichen einer Stenosierung der Arterie
patica, der Pfortader, des Ductus hepatocholedochus sein. Typischerweise zeigt das Lebertransplantat eine
und der V. cava inferior vor. Die Gallenblase ist ent- vorübergehende periportale Echogenitätserhöhung
fernt, es sei denn, sie wird für ein biliäres Konduit be- (Abb. 7.209), die durch einen Lymphstau verursacht
nötigt. Bei einer „split liver“ verlaufen die A. hepatica wird. Aufgrund des Umgebungsödems kann es auch
und die Pfortader zunächst normal von der Mittel- zu einer Verschmälerung der Pfortader kommen.
linie nach rechts und beschreiben dann eine Kurve Weitere häufige Befunde sind der Nachweis gerin-
wieder zurück zur Mittellinie, da die Schnittfläche ger Mengen freier Flüssigkeit, eines rechtseitigen
des Transplantats gegen die rechte Patientenseite ge- Pleuraergusses, schmaler perihepatischer Serom-
richtet ist (Abb. 7.207 a, b). bzw. Hämatombildungen und von Luft in den Gallen-
Sowohl bei einer Full-size- als auch bei Split-liver- wegen, wenn eine biliodigestive Anastomose ange-
Transplantation kann aber auch eine „Piggy-back- legt wurde. Diese sind in aller Regel jedoch ohne
Anastomose“ der V. cava durchgeführt worden sein. wesentliche pathologische Bedeutung.
610 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Abb. 7.209. 6-jähriger Junge nach Split-liver-Transplantation


bei unklaren Virushepatitiden. Die kontrastverstärkte CT do-
kumentiert, analog zur Sonographie, eine periportale Dichte-
minderung (Pfeil). V. portae und A. hepatica mit regelrechter
Perfusion. Postoperativ etwas freie Flüssigkeit im Operations-
gebiet (F)

Tabelle 7.34. Komplikationen nach Lebertransplantation

Vaskuläre Thrombose oder Stenose


Komplikationen von A. hepatica, Pfortader,
b V. cava, Lebervenen
Pseudoaneurysma
Biliäre Komplikationen Gallengangsstenose
Gallenleck
Biliom
Blutung Postoperativ
Nach Biopsie
Infektion
Lymphoproliferatives
Syndrom
Sonstige Primäres Transplantatversagen
Abstoßung
Gastrointestinale Komplikationen
Neurologische Komplikationen
Renale Komplikationen
c Rezidiv eines primären Leber-
tumors
Abb. 7.208 a–c. Knapp 4-jähriges Mädchen mit Zustand nach Graft-versus-host disease
Lebertransplantation bei GSD Typ IV. Unauffällige Farb- Thorakale/pulmonale
doppleruntersuchung der arteriellen (a), portalen (b) und Komplikationen
venösen (c) Strombahn postoperativ

Postoperative Komplikationen Die Thrombose der A. hepatica, die gewöhnlich in-


nach Lebertransplantation nerhalb der ersten 4 Wochen nach der Transplanta-
tion auftritt, ist die häufigste Ursache des Transplan-
쐍 Komplikationen der Gefäße. Zahlreiche postoperati- tatverlustes. Bei Kindern tritt diese Komplikation in
ve Komplikationen nach Lebertransplantation sind bis zu 10% der Fälle und damit häufiger als bei Er-
beschrieben (Tabelle 7.34), wobei die Infektion davon wachsenen auf. Ein nicht nachweisbarer Fluss in der
am häufigsten ist. A. hepatica, ein RI <0,5 in der A. hepatica und eine
7.6 Andere Erkrankungen 611

Abb. 7.211. 20-jährige Patientin 10 Tage nach erfolgter OLTX


wegen Virushepatitis. Sonographisch Verdacht auf Stenose an
der portalen Anastomose. Die CE-MRA zeigt eine Stenosie-
rung der portalen Anastomose (Pfeil), die nachfolgend trans-
hepatisch sondiert und dilatiert wurde

oder arteriovenösen Fisteln dar. Nur in seltenen Fäl-


len ist die Katheterangiographie aus rein diagnosti-
schen Gründen erforderlich. Sie wird in der Regel bei
geplanter nachfolgender Intervention zur Komplika-
b tionsbeseitigung durchgeführt (Abb. 7.210 a, b).
Venöse Komplikationen mit Thrombosierungen
Abb. 7.210 a, b. 3-jähriges Mädchen mit Zustand nach Split- der Pfortader, der Lebervenen und der V. cava sind re-
liver-Transplantation wegen Tyrosämie. a In der CT periporta- lativ selten. Trotzdem macht der Nachweis eines
le Dichteminderung (Pfeil), etwas freie Flüssigkeit und fehlen-
de Darstellung der A. hepatica propria bei regelrechter Kontra- Thrombus in der Pfortader eine Thrombektomie und
stierung der Pfortader (Pfeilspitze). b Die Katheterangiogra- Revision der Pfortaderanastomose erforderlich. Eine
phie zeigt einen Verschlusses der A. hepatica propria (Pfeil) Thrombose der V. cava kann in Höhe der Anastomo-
mit Ausbildung zahlreicher intrahepatischer Kollateralen se auftreten, wird aber, wenn der Abfluss der Leber-
(Pfeilspitze)
venen nicht kompromittiert ist, nicht angegangen.
Zu einer Thrombosierung der Lebervenen kann es
z. B. durch die postoperative Schwellung der Leber
Verlängerung der systolischen Akzelerationszeit auf kommen. Auch diese Komplikation kann zu einer
>0,08 s sind verdächtig auf eine arterielle Throm- Teilnekrose oder zu einem Transplantatsverlust füh-
bose oder eine signifikante Stenose. Allerdings kann ren. Selten kommt es zu einer Anastomosenstenose
es trotz durchgängigem Gefäß bei einer schweren der V. cava, die interventionell mit Ballondilatation
Abstoßungsreaktion, einer massiven Transplantat- angegangen werden kann. Etwas häufiger ist hinge-
nekrose oder einer systemischen Hypotonie unmög- gen eine Stenosierung an der Pfortaderanastomose
lich sein, einen Fluss in der A. hepatica nachzuweisen. (Abb. 7.211). Diese kann interventionell durch trans-
Daher ist in Zweifelsfällen eine MRT mit CE-MRA hepatischen Zugang dilatiert und beseitigt werden.
oder eine CT mit CTA indiziert, um eine rechtzeitige
Revision oder eine interventionelle Maßnahme 쐍 Komplikationen an den Gallewegen. Komplikationen
durchführen zu können. Andere arterielle Komplika- an den Gallenwegen treten in etwa 15% der Fälle auf
tionen stellen die Bildung von Pseudoaneurysmen und gehören damit zu den häufigen Komplikationen.
612 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Die Hauptursache der Bildung einer Gallengangs-


stenose oder eines Gallenganglecks ist die Ischämie
bei arterieller Thrombose oder Stenosierung der
A. hepatica. Diese Komplikation ist häufig, da norma-
lerweise die arterielle Versorgung der Gallenblase
und der Gallenwege nicht ausschließlich über die
A. hepatica sondern auch über Äste der A. gastro-
duodenalis erfolgt, die bei einer Transplantation
ligiert werden. Bei Kindern ist es allerdings möglich,
dass sich später derartige Kollateralen wieder bilden.
Zudem werden Gallenlecks an der Stelle, an der die
T-Drainage lag, an der Gallengangsanastomose aber
auch fern der Anastomose beobachtet. Strikturen der
Gallenwege können Folge der Nahttechnik oder einer
Abstoßungsreaktion sein.
Auch die Obstruktion der Gallenwege durch
Sludge ohne Stenosierung ist beschrieben. Ungefähr a
ein Drittel der lebertransplantierten Patienten ent-
wickelt direkt nach der Transplantation oder im Ver-
lauf Sludge bzw. Konkremente aus dem Gallensekret
und den abgeschilferten Gallengangsepithelien. Die
genauen pathophysiologischen Zusammenhänge hier-
für sind bisher nicht bekannt.
Die diagnostische Abklärung einer Gallen-
gangserweiterung bzw. -striktur, von Sludge in den
Gallenwegen, eines Gallenlecks und von Biliomen
erfolgt dabei mittels Ultraschall, MRT mit MRCP
(Abb. 7.212 a, b) oder CT, vorzugsweise unter Einsatz
gallengängiger Kontrastmittel. Nur noch in seltenen
Fällen wird heute die hepatobiliäre Funktionsszinti-
graphie zum Nachweis eines Gallenlecks eingesetzt.
Unter therapeutischen Aspekten kann bei der biliä-
ren Komplikation nach Transplantation auch eine
PTC, in der Regel ergänzt zur PTCD erforderlich wer-
den (Abb. 7.213 a–e). Dabei werden Steneosen dila-
tiert und Leckagen durch Stents überbrückt. Auf-
grund der erhöhten Infektionsgefahr wird anfangs
stets eine externe-interne Ableitung angelegt, die
später umgewandelt wird. Nur gelegentlich ist eine
operative Revision nötig. Komplikationen an den
Gallenwegen führen in der Regel nicht zu einer Re-
transplantation. b

쐍 Blutung. Die postoperative Nachblutung ist eine Abb. 7.212 a, b. 50-jährige Patientin nach OLTX. Sonogra-
nicht seltene Komplikation, die entweder aus der phisch Verdacht auf Stenosierung an der biliären Anastomose.
a In der MRCP deutliche Stenosierung mit Kalibersprung in
arteriellen Anastomose selbst oder durch eine unzu- Höhe der biliären Anastomose (Pfeil). Deutliche intrahepati-
reichende Gerinnungssituation bedingt sein kann. sche Cholestase (Pfeilspitze). b In der T-Drain-Darstellung vor
Ihre Überwachung erfolgt mittels klinischer Beob- Intervention analoge Darstellung der Anastomosenverhältnis-
achtung, Blutbild- und Gerinnungskontrollen sowie se zu a
genauer Beobachtung der täglichen Drainagemen-
gen. Kleinere Nachblutungen und Hämatome sind
unproblematisch und bedürfen keinerlei Therapie. zuschließen. Ist es zur Ausbildung eines Pseudoaneu-
Dennoch sollte bei jeder Flüssigkeitansammlung in rymas gekommen, sollte versucht werden, dieses
der Nähe der arteriellen Anastomose auch eine farb- interventionell auszuschalten.
kodierte Duplexsonographie durchgeführt werden, Größere Nachblutungen erfordern demgegenüber
um ein rupturgefährdetes Pseudoaneurysma aus- eine operative Revision.
7.6 Andere Erkrankungen 613

a b

c d

Abb. 7.213 a–e. 5-jähriger Junge 2 Wochen nach Lebertrans-


plantation wegen Carbamylphosphatsynthetase-Mangel.
a Die kontrastverstärkte CT zeigt eine regelrechte Perfusion
von Pfortader (Pfeil) und A. hepatica. Verdacht auf Gallen-
leck und intrahepatische Cholestase (Pfeilspitze). Thrombose
der V. cava inferior. b In der PTC deutliche Dilatation der
intrahepatischen Gallengänge und Striktur (Pfeil). Nachweis
eines anastomosennahen Gallenlecks (Pfeilspitze). c Nach
Sondierung der Anastomose deutlichere Darstellung der
Relevanz der Striktur und des Gallenlecks (Pfeilspitze).
d Schienung der Anastomose sowie der Leckage mittels
Intern-extern-Drainage als PTCD. e Die Kontroll-CT am Tag
nach der PTCD dokumentiert eine beginnende Teilnekrose
des Transplantats (Pfeil), mutmaßlich auf dem Boden einer
Lebervenensegmentthrombose nach PTCD. Weiterhin e
Zeichen der Kavathrombose (Pfeilspitze)

쐍 Infektion. Wie bereits erwähnt, stellen Infektio- Komplikationen wie die Thrombose der A. hepatica,
nen, nicht zuletzt aufgrund der Immunsuppression, Katheterinfektionen oder nosokomiale Infektionen
die häufigste Komplikation nach einer Lebertrans- anzusehen. Virale und opportunistische Infektionen
plantation dar. Im ersten postoperativen Monat treten häufig zwischen dem 30. und 180. postoperati-
sind bakterielle Infektionen oder Pilzinfektionen am ven Tag auf.
häufigsten. Als Risikofaktoren sind dabei technische
614 Kapitel 7 Erkrankungen von Leber und Gallenwegen

Die diagnostische Abklärung erfolgt mit Hilfe von biopsie zur Abschätzung des Parenchymzustands gilt
Ultraschall und CT. Bei Vorliegen einer Cholangitis als obligat.
kann eine MRCP, unter therapeutischen Gesichts- Für die Bewertung des postopeartiven Verlaufs
punkten auch eine ERC/PTC notwendig werden. Klei- und die Frühdiagnose eventueller Komplikationen
ne Abszesse werden mittels Einmalpunktion, größere sind gute Kenntnisse der Operationstechniken und
durch perkutane Drainage versorgt. der vorgenommenen Anastomosierungen im zu
untersuchenden Fall erforderlich. Als häufigste Kom-
쐍 Maligne Komplikationen. Lebertranplantantierte Pa- plikation gilt die postoperative Infektion. Strikturen
tienten haben auch aufgrund der Immunsuppression und Leckagen werden an den Anastomosen der
ein erhöhtes Risiko, eine maligne Tumorerkrankung verschiedenen Gefäßsysteme beobachtet. Neben
zu entwickeln. Die häufigste Form stellt das lympho- dem Ultraschall werden, vor allem bei Verdacht auf
proliferative Syndrom (LPS) dar, das sich bei 2–3% schwerwiegende Komplikation, auch CT, MRT mit
der Patienten meist innerhalb des ersten postoperati- MRCP und ggf. die PTC eingesetzt. Zur Beseitigung
ven Jahres entwickelt. Durch eine Infektion mit dem der Komplikationen wird primär ein interventionel-
Epstein-Barr-Virus wird ein unkontrolliertes expo- les Vorgehen angestrebt. Nur in Einzelfällen sind eine
nentielles Wachstum von meist B-Lymphozyten aus- operative Revision oder eine Retransplantation er-
gelöst. Die häufigste Manifestation sind Lymphkno- forderlich. Neben der Abstoßung stellt die maligne
tenvergrößerungen. Es können aber auch Organe wie Komplikation des LPS eine der schwerwiegendsten
z. B. Leber, Lunge, Gehirn und der Gastrointestinal- Komplikationen nach Lebertransplantation dar.
trakt mit Darmwandverdickungen und polypösen
Veränderungen betroffen sein. Eine schlechtere Pro-
gnose ist bei einem disseminierten bzw. einem Mul- Literatur zu Abschn. 7.6.2
tiorganbefall gegeben. Die Therapie ist die Reduktion
der Immunsuppression. Die Diagnose wird in der Re- Berrocal T, Parron M, Alvarez-Luque A, Prieto C, Santamaria
ML (2006) Pediatric liver transplantation: a pictorial essay
gel mittels CT oder MRT gestellt und mit einer Biop- of early and late complications. Radiographics 26: 1187–
sie gesichert. 1209
Boraschi P, Donati F, Cossu MC et al. (2005) Multi-detector
쐍 Abstoßung. Der primäre Funktionsausfall des computed tomography angiography of the hepatic artery in
liver transplant recipients. Acta Radiol 46: 455–461
Transplantats stellt den Hauptgrund für eine erneute Bowen AD, Towbin RB (2004) Liver transplantation. In: Kuhn
Transplantation dar. Abstoßungsreaktionen lassen JP, Slovis TL, Haller JO (eds) Caffey’s pediatric diagnostic
sich mittels bildgebender Verfahren mit hoher Wahr- imaging, 10th edn. Mosby, Philadelphia, pp 1509–1518
scheinlichkeit vermuten, jedoch nicht beweisen. Braga L, Guller U, Semelka RC (2006) Modern hepatic imaging.
Surg Clin North Am 84: 375–400
Daher muss die Diagnose immer mit einer Biopsie Chu WC, Yeung DT, Lee KH, Lam WW, Yeung CK (2005) Feasi-
gesichert werden. bility of morphologic assessment of vascular and biliary
anatomy in pediatric liver transplantation: all-in-one pro-
쐍 Weitere Komplikationen. Weitere abdominelle Kom- tocol with breath-hold magnetic resonance. J Pediatr Surg
40: 1605–1611
plikationen sind Darmperforation, Ileus und gastro- Ferris JG, Holbert BL, Baron RL (1998) Pre- and postoperative
intestinale Blutungen. Zu den neurologischen Kom- liver imaging. In: Gazelle GS, Saini S, Mueller PR (eds) He-
plikationen zählen die Hirnblutung, Infarkte oder die patobiliary and pancreatic radiology. Thieme, New York
Ausbildung einer entzündlichen Hirnerkrankung bei Stuttgart, S 205–239
Guiney MJ, Kruskal JB, Sosna J, Hanto DW, Goldberg SN, Rap-
Immunsuppression. Schließlich sind die medika- topoulos V (2003) Multi-detector row CT of relevant vascu-
menteninduzierten Veränderungen wie die immun- lar anatomy of the surgical plane in split-liver transplanta-
supressionsassoziierte Nephrotoxizität zu erwähnen. tion. Radiology 229: 401–407
Hoeffel C, Azizi L, Lewin M, Laurent V, Aube C, Arrive L,
Tubiana JM (2006) Normal and pathological features of the
Merke ! Die Lebertransplantation ist die eta-
blierte Behandlungsmethode fortge-
postoperative biliary tract at 3D MR cholangiopancreato-
graphy and MR imaging. Radiographics 26: 1603–1620
schrittener irreversibler Lebererkrankungen. Dabei Kubo T, Shibata T, Itoh K et al. (2006) Outcome of percutaneous
transhepatic venoplasty for hepatic venous outflow ob-
werden post mortem und Lebendspende unter- struction after living donor liver transplantation. Radiolo-
schieden. Zur Vorbereitung sind insbesondere bei gy 239: 285–290
der Lebendspende umfangreiche Untersuchungen Kurtovic J, van der Wall H, Riordan SM (2005) FDG PET for
des Organparenchyms, der arteriellen, venösen, discrimination between tumor extension and blood throm-
bus as a cause for portal vein thrombosis in hepatocellular
portalen und biliären Gefäßstrukturen erforderlich. carcinoma: important role in exclusion of transplant candi-
Dabei kommen neben der Sonographie die MSCT dacy. Clin Nucl Med 30: 408–410
einschließlich volumetrischer Kalkulationen, die Macdonald DB, Haider MA, Khalili K et al. (2005) Relationship
MRT mit CE-MRA und in Einzelfällen Katheter- between vascular and biliary anatomy in living liver
donors. AJR Am J Roentgenol 185: 247–252
angiographie und ERCP zum Einsatz. Eine Leber-
7.6 Andere Erkrankungen 615

McCormack L, Hany TI, Hubner M et al. (2006) How useful is Schroeder T, Radtke A, Kuehl H, Debatin JF, Malago M, Ruehm
PET/CT imaging in the management of post-transplant SG (2006) Evaluation of living liver donors with an all-in-
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Erkrankungen des Pankreas 8
H.-J. Brambs

8.1 Bildgebende Diagnostik 617 8.6 Verletzungen des Pankreas 681


8.1.1 Abdomenübersicht und Thoraxaufnahmen 617 8.7 Pankreastransplantation 683
8.1.2 Magen-Darm-Passage und hypotone Duodeno- Literatur 684
graphie 618
8.1.3 Angiographie 618
8.1.4 Endoskopische retrograde Cholangiopankreato-
graphie (ERCP) 618 8.1
8.1.5 Ultraschall 619
8.1.6 Endoskopischer Ultraschall (EUS) 620
Bildgebende Diagnostik
8.1.7 Intraduktaler Ultraschall 621
8.1.8 Spiral-Computertomographie 621 8.1.1
8.1.9 Magnetresonanztomographie 621 Abdomenübersicht und Thoraxaufnahmen
8.1.10 Magnetresonanzcholangiopankreatographie
(MRCP) 624 Abdomenübersicht und Thoraxaufnahmen verlieren
8.1.11 Magnetresonanzangiographie 626 bei akuten Erkrankungen des Abdomens zuneh-
8.1.12 Methodenvergleich 626 mend ihre Bedeutung und spielen bei der Diagnostik
8.2 Anatomie und Funktion 627 von Pankreaserkrankungen praktisch keine Rolle
8.2.1 Pankreasparenchym 627 mehr. Ausgedehnte Verkalkungen können zwar bei
8.2.2 Pankreasgang und Gallengang 628
8.2.3 Gefäßversorgung 629 chronischer Pankreatitis gut abgebildet werden, im
8.2.4 Nervenversorgung 629 Vergleich zu den Schnittbildverfahren ergeben sich
8.3 Normvarianten, Entwicklungsanomalien aber keine zusätzlichen Informationen (Abb. 8.1).
und angeborene Erkrankungen des Pankreas 629 Thoraxaufnahmen werden insbesondere bei inten-
8.3.1 Entwicklungsanomalien 629 sivpflichtigen Erkrankungen in der Routine eingesetzt
8.3.2 Angeborene Pankreaserkrankungen 634
und zeigen bei akuter Pankreatitis in wechselndem
8.4 Entzündliche Pankreaserkrankungen 636 Ausmaß Dystelektasen und Atelektasen. Mehrere Stu-
8.4.1 Akute Pankreatitis 636
8.4.2 Chronische Pankreatitis 644 dien haben gezeigt, dass das Volumen von Pleuraer-
Sonderformen der chronischen Pankreatitis 653 güssen mit der Schwere der Erkrankung korreliert.
Differenzialdiagnose zwischen chronischer
Pankreatitis und Pankreaskarzinom 655
8.5 Pankreastumoren 656
8.5.1 Solide exokrine Pankreastumoren 656
Duktales Adenokarzinom des Pankreas 656
Azinuszelltumor des Pankreas 665
Lymphom des Pankreas 666
Pankreatoblastom 666
Metastasen im Pankreas 667
8.5.2 Zystische Pankreastumoren 667
Seröses Zystadenom 668
Intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie
(IPMN) 669
Muzinöses Zystadenom und Zystadenokarzinom 672
Solid pseudopapillärer Tumor
(solid und zystischer Tumor) des Pankreas 673
Lymphoepitheliale Zysten 674
Differenzialdiagnose zystischer Veränderungen
des Pankreas 674
Punktion (Histologie, Saftanalyse und Bestimmung
von Tumormarkern) 675
8.5.3 Endokrine Pankreastumoren 675
Abb. 8.1. Abdomenübersicht (Ausschnitt) mit ausgedehnten
scholligen Verkalkungen im gesamten Pankreas
618 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

8.1.2 und Duodenums, die endoskopisch nicht passiert


Magen-Darm-Passage werden können, sind diese Untersuchungen gelegent-
und hypotone Duodenographie lich noch angezeigt (Abb. 8.2).

Magen-Darm-Passage und hypotone Duodenogra-


phie haben ebenfalls weitgehend an Bedeutung ein- 8.1.3
gebüßt und sind im Wesentlichen durch die Endos- Angiographie
kopie ersetzt worden. Bei sehr ausgeprägten entzün-
dungs- oder tumorbedingten Stenosen des Magens Die Angiographie hat nur noch bei Blutungen im
Zusammenhang mit der Diagnostik und interven-
tionellen Therapie von Pankreaserkrankungen eine
Bedeutung. Sie ist heute vollständig von den nicht-
invasiven Schnittbildverfahren CT und MRT abge-löst
worden.Diese Techniken stellen die arteriellen und ve-
nösen Gefäße ausreichend gut dar, um Beteiligungen
dieser Gefäße an entzündlichen oder tumorösen Er-
krankungen des Pankreas zu zeigen (Abb. 8.3 a, b).

8.1.4
Endoskopische retrograde Cholangio-
pankreatographie (ERCP)

Nach Einführung der ERCP durch McCune 1968 er-


fuhr diese Methode eine rasche Verbreitung, da viele
Erkrankungen des Pankreas von den Gangstruktu-
ren ausgehen und dadurch eine frühe und relativ prä-
zise Diagnostik von entzündlichen und tumorösen
Pankreaserkrankungen möglich ist. Nach Einfüh-
rung der Papillotomie im Jahre 1974 eröffnete sich
ein weites Spektrum diagnostischer und therapeuti-
scher Interventionen.
Pankreashauptgang und -seitenäste werden nach
Weite, Kontur und homogener Kontrastierung beur-
teilt. Dabei ist zu bedenken, dass im Gegensatz zu den
Abb. 8.2. Doppelkontrastdarstellung des Duodenums. Einen-
gung des proximalen Abschnitts der C-Schlinge durch ein Pan- Schnittbildverfahren durch die Kontrastmittelinstil-
kreaskopfkarzinom lation eine Aufweitung und dadurch auch bessere Ab-

Abb. 8.3 a, b. CT des Oberbauchs


mit Rekonstruktion a der
Arterien und b der Venen
8.1 Bildgebende Diagnostik 619

bildung der Gänge erzwungen wird. Die Kontur des


Hauptgangs ist glatt, und das Kaliber verjüngt sich
Merke !Die ERCP ist immer dann indiziert,
wenn therapeutische Eingriffe wie Pa-
ebenmäßig zur Cauda hin. Kontrastmittelaussparun- pillotomie, Steinentfernung oder Stentimplantation
gen können durch Konkremente, Tumoren, Schleim vorgesehen sind oder spezielle diagnostische Verfah-
oder Proteinpfröpfe verursacht, aber auch durch ein- ren wie Zytologie, Biopsie, Bestimmung von Tumor-
gebrachte Luftblasen vorgetäuscht sein. Die Zahl der markern oder ein intraduktaler Ultraschall geplant
Seitenäste kann bei bestimmten Erkrankungen fokal, sind.
segmentär oder diffus vermindert sein.
Zur Beurteilung von Pankreaserkrankungen ge-
hört auch die Darstellung der Gallenwege, die durch 8.1.5
Pankreaskopfprozesse eingeengt, verlagert oder ver- Ultraschall
legt werden können.
Die Kontrastierung des Pankreasgangs gelingt in Die Sonographie hat sich fraglos zu der bedeutend-
über 90% und ist auch in über 50% der Fälle nach sten Untersuchungsmethode des Pankreas und der
Billroth-II-Operationen erfolgreich. Gallenwege entwickelt, zumal die Methode bis heute
Die Komplikationsrate hängt von der Erfahrung zahlreiche technische Verfeinerungen erfahren hat.
des Untersuchers ab und bewegt sich bei Erfahrenen Insbesondere das „harmonic imaging“ und der Ein-
um 2–3%, wobei die Mortalitätsrate zwischen 0,1– satz von Ultraschallkontrastmitteln erlauben die
0,2% beträgt. Zu den schwersten Komplikationen Darstellung sehr feiner Gefäße im Pankreas und
zählen die Induktion einer akuten Pankreatitis und scheinen beim Nachweis und der Differenzialdiag-
die Einschleppung einer Infektion in das Pankreas- nostik von Pankreaserkrankungen mit CT und MRT
gangsystem mit nachfolgender Sepsis. Eine Hypera- konkurrieren zu können (Kitano et al. 2004).
mylasämie wird relativ häufig nach einer ERCP Der transabdominelle Ultraschall ist nur teilweise
beobachtet und lässt sich allein durch Manipulatio- von der Kooperation des Patienten abhängig und
nen an der Papille induzieren. Ansonsten scheint das kann jederzeit schnell und risikofrei durchgeführt
Ausmaß der Hyperamylasämie mit dem Grad der werden.Am nüchternen Patienten sind meist alle Ab-
Kontrastierung zu korrelieren. schnitte des Pankreas gut bis ausreichend einsehbar.
Die Inzidenz einer ERCP-induzierten Pankreatitis Wenn es der Patientenhabitus erlaubt, sind für die
liegt bei etwa 1%. Patienten mit vorbestehender Pan- Untersuchung höherfrequente Schallköpfe (5 MHz)
kreaserkrankung sind stärker gefährdet. zu bevorzugen, die eine bessere räumliche Auflösung
bieten. In der Regel muss man sich aber mit 3,5 MHz
CAVE ! Wiederholte Injektionen von Kon-
trastmittel in den Pankreasgang erhö-
begnügen, um das in der Tiefe gelegene Organ ausrei-
chend beurteilen zu können. Gelegentlich stören Gas
hen das Risiko einer Pankreatitis. im Magen und Dickdarm die Einsehbarkeit erheb-
lich. In diesem Fall kann nach Trinken von ausrei-
Klinisch relevante Pankreatitiden treten häufiger auf, chend Flüssigkeit oder durch eine Untersuchung im
wenn eine Pankreasparenchymanfärbung zu erken- Stehen eine bessere Sicht auf das Organ erreicht wer-
nen ist oder wenn als Ausdruck einer intensiven Kon- den. Insbesondere bei Kindern und schlanken Indivi-
trastmittelinjektion radiologisch eine Ausscheidung duen lässt sich der Pankreasschwanz über die Milz
über die Nieren zu beobachten ist. als Schallfenster sehr gut darstellen (Abb. 8.4).
Kontrastmittelreaktionen sind seltener als bei Die Kriterien, nach denen das Pankreas beurteilt
intravasalen Applikationen, kommen aber auch vor, wird, sind Größe, Form und Echostruktur. Form und
da das Kontrastmittel offensichtlich absorbiert wird. Größe variieren in beträchtlichem Maß. Das gesunde
Eine weitere Quelle von Komplikationen ist die Ver- Pankreas ist meist homogen echoarm und zeigt drü-
abreichung von Schmerzmitteln und Sedativa. sig gelappte Konturen (Abb. 8.5). Mit zunehmender
Die Strahlenexposition ist für den Untersucher Verfettung gewinnt das Parenchym an Echodichte,
und das Assistenzpersonal relativ hoch. Bei 1200 Un- ohne dass dies mit einer Funktionseinbuße einherge-
tersuchungen wurde eine mittlere jährliche Strahlen- hen muss. Bisweilen kann sich der Processus uncina-
dosis von 16,5 mSv in Kopfhöhe des Untersuchers tus aufgrund eines verminderten Fettgehalts echoär-
und von 5,5 mSv in Kopfhöhe der Assistenz berech- mer als das Restpankreas darstellen, was gelegentlich
net (Selmaier et al. 1994). zu Verwechslungen mit entzündlichen oder tumorö-
Die Bedeutung der ERCP als diagnostisches Ver- sen Veränderungen Anlass geben kann (Abb. 8.6 a, b).
fahren hat mit der Entwicklung der Sonographie und Der Pankreasgang kann in den meisten Fällen im
insbesondere der Magnetresonanzcholangiopankre- Bereich von Kopf und Korpus identifiziert werden
atographie (MRCP) stark abgenommen. und sollte bei Gesunden die Weite von 2 mm nicht
überschreiten. Mit Hilfe einer Stimulation mit Sekre-
620 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

Abb. 8.4. Sonographischer Blick auf den Pankreasschwanz


entlang der Milzvene

Abb. 8.6 a, b. Fettärmerer Processus uncinatus im Ultraschall


im a Transversalschnitt und b Längsschnitt

8.1.6
Endoskopischer Ultraschall (EUS)

Abb. 8.5. Normales Pankreas im Ultraschall (Leitlinie Milz- Der EUS hat sich in vielen gastroenterologischen
vene bis zum Konfluens) Zentren zu einem wichtigen diagnostischen Instru-
ment entwickelt, mit dem hochauflösende Aufnah-
men des Pankreas angefertigt und gezielte Punktio-
tin kann die Darstellung des Pankreasgangs verbes- nen durchgeführt werden können.
sert werden, da dadurch die Flüssigkeitssekretion des Die hohe Auflösung findet ihren Niederschlag in
Pankreas angeregt und der Papillentonus gesteigert der Beobachtung, dass mit dieser Methode bei gesun-
wird. Jedoch hat sich dieses Manöver allein aus Kos- den Personen in mehr als der Hälfte der Untersu-
tengründen nicht breit durchgesetzt. chungen eine unterschiedliche Echodichte zwischen
Die umgebenden arteriellen und venösen Gefäße der ventralen und der dorsalen Pankreasanlage be-
des Pankreas sind wichtige Landmarken, die zur obachtet werden kann. Daher wird das Verfahren
Orientierung dienen und bei entzündlichen und tumo- auch zum Nachweis früher Veränderungen bei chro-
rösen Prozessen in Mitleidenschaft gezogen werden nischer Pankreatitis eingesetzt, wobei hier aber die
können und daher besondere Beachtung verdienen. Gefahr einer Überdiagnose besteht.
Mit Hilfe des Ultraschalls werden die meisten inter- Der EUS bietet eine hohe Treffsicherheit in der
ventionellen Eingriffe am Pankreas, wie Punktionen Diagnostik und im Staging gastroenterologischer
und Drainagen durchgeführt. Prinzipiell kann unter Tumoren und konzentriert sich bei der Bauchspei-
sonographischer Sicht auch ein erweiterter Pankreas- cheldrüse auf die Abklärung von Neoplasien der Am-
gang punktiert und mit Kontrastmittel gefüllt werden. pulle und des Pankreas einschließlich der endokri-
8.1 Bildgebende Diagnostik 621

nen und zystischen Tumoren. Wegen der begrenzten


Eindringtiefe ist im Tumorstaging nur eine Aussage
über die lokale Tumorausdehnung und den lokalen
Lymphknotenbefall möglich.

8.1.7
Intraduktaler Ultraschall

Mit Hilfe miniaturisierter Ultraschallköpfe können


Gallenwege und Pankreasgang intraduktal sonogra-
phisch betrachtet werden. Diese Technik ist zwar auf-
Abb. 8.7. Rekonstruktion der gesamten Bauchspeicheldrüse
wändig und kostspielig, die Ultraschallfrequenzen, die entlang des Pankreashauptgangs
mit diesen Modifikationen erreicht werden (12,5–
30 MHz), ermöglichen aber ein sehr hohes Auflö-
sungsvermögen.Dieses wird allerdings mit dem Nach- oder bei bestimmten zystischen Tumoren die Verbin-
teil einer sehr begrenzten Untersuchungstiefe erkauft. dung zum Pankreasgang detailliert abbilden.
Entscheidend für eine qualitative Untersuchung
ist, dass der Patient unmittelbar vor der Untersu-
8.1.8 chung reichlich Wasser trinkt, um Magen und Duo-
Spiral-Computertomographie denum gut vom Pankreas abgrenzen zu können bzw.
um eine entzündliche oder tumoröse Infiltration ein-
Die Spiral-CT und insbesondere die neuentwickelten deutig erkennen zu können. Eine zusätzliche intra-
Multidetektor- (MD-) Geräte haben am Pankreas zu venöse Gabe von N-Butylhyosciamin (Buscopan) ist
einer verbesserten Diagnostik geführt, da vor allem hilfreich, das Duodenum aufzuweiten, da kollabierte
die Aufnahme in speziellen Kontrastierungsphasen Duodenumabschnitte nur schwer vom Pankreaspar-
präziser planbar ist. Abhängig von der verfügbaren enchym abgegrenzt werden können.
Technologie und der klinischen Fragestellung kön- Hohe räumliche Auflösung mit Darstellung der
nen differenzierte Untersuchungsprotokolle entwor- Gangstrukturen, die Fähigkeit, sehr schnell angiogra-
fen werden, die die räumliche Auflösung, die Kon- phieähnliche Rekonstruktionen der arteriellen und
trastierungsphase und evtl. auch mehrere Kontras- venösen Gefäße anfertigen zu können und die Mög-
tierungsphasen variieren. lichkeit, Leber und Lunge in einem Untersuchungs-
Ein weiterer Vorteil der MD-Technologie ergibt gang zu erfassen, prädestiniert dieses Verfahren zur
sich aus der Möglichkeit, die Bilddaten in verschiede- Diagnostik und zum Staging von Tumoren. Ohne
nen Ebenen zu rekonstruieren, sodass topographi- weitere Untersuchungen können entscheidende Aus-
sche Übersichten möglich werden, die vor allem für sagen zur Resektabilität gemacht werden.
den Chirurgen sehr hilfreich sind. Besonders ein- Das Untersuchungsdesign wird einerseits von der
drucksvoll sind Rekonstruktionen (perpendikuläre klinischen Fragestellung, andererseits ganz entschei-
Rekonstruktionen und „slab viewing“) entlang von dend von den technischen Möglichkeiten bestimmt,
Gefäßen oder Gangstrukturen (Abb. 8.7), die bei Tu- die im Wesentlichen von der Zahl der Detektoren der
moren die Infiltration von Gefäßen besser zeigen modernen CT-Geräte abhängig sind (Tabelle 8.1).

Tabelle 8.1. Untersuchungsprotokoll bei MDCT

4 Detektoren 16 und mehr Detektoren

Parenchymatöse Phase
Kollimation 4¥1 mm 16¥0,75 mm
Schichtdicke 1,25 mm 0,75 mm
Inkrement 1 mm 0,7 mm
Portalvenöse KM-Phase
Kollimation 4¥2,5 mm 16¥0,75 mm
Schichtdicke 3 mm 0,75 mm
Inkrement 2,5 mm 0,7 mm
Kontrastmittelmenge 100–150 ml 80–120 ml
Injektionsrate 3–4 ml/s 3–5 ml/s
Kontrastmittelkonzentration 300–370 370–400
622 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

Die so genannte arterielle Phase (20–25 s nach


Beginn der Kontrastmittelinjektion) kommt häufig
zu früh, um eine ausreichende Differenzierung
zwischen gesundem und krankem Parenchym zu
erhalten und wird überwiegend dann empfohlen,
wenn nach endokrinen Tumoren gesucht wird
oder angiographische Rekonstruktionen gefragt sind
(Abb. 8.8 a).
Den höchsten Kontrastunterschied zwischen nor-
malem und pathologischem Pankreasgewebe findet
man in der so genannten pankreatischen Phase
(30–70 s nach Beginn der Kontrastmittelinjektion,
Maximum nach 40 s), abhängig von der Kontrastmit-
telmenge und von der Flussgeschwindigkeit: je grö-
ßer das Volumen, desto länger dauert diese Phase
und je höher die Flussrate, desto intensiver ist die
Kontrastanreicherung (Abb. 8.8 b).
In der portalvenösen Phase (Maximum nach
60–90 s) findet sich eine optimale Kontrastierung der
Pfortader und der Mesenterialvenen (Abb. 8.8 c).
Darüber hinaus ist diese Phase am besten geeignet,
um hypovaskuläre Metastasen der Leber zu ent-
decken.

8.1.9
Magnetresonanztomographie

Die MRT erfreut sich zunehmender Beliebtheit


bei der Diagnostik von Pankreaserkrankungen und
besitzt bei bestimmten Erkrankungen wie den
zystischen Tumoren deutliche Vorteile. Da neben
der Schnittbilddiagnostik eine MRCP durchgeführt
werden kann und schließlich auch angiographische
Sequenzen angeschlossen werden können, ist eine
abgerundete Diagnostik möglich, die sich insbe-
sondere auch bei der Diagnostik und dem Staging
von Tumoren anbietet. Technische Innovationen
wie „Phased-array-Spulen“ haben zu einer Verbesse-
rung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses und der
räumlichen Auflösung geführt und ermöglichen
Abb. 8.8 a–c. Kontrastphasen in der CT. a Arterielle Phase, die Abbildung des oberen Abdomens mit schnelleren
b parenchymatöse Phase und c portalvenöse Phase
T1- und T2-gewichteten Sequenzen in Atemstill-
stand.
Um die Abgrenzung des Organs zu den umge-
Während die Kontrastmittelmenge mit neuer MD- benden Darmschlingen und zum Magen zu ver-
Technologie gesenkt werden kann, ist es vorteilhaft, bessern, wird wie bei der CT vor der Untersuchung
die Kontrastmittelkonzentration anzuheben (Fen- reichlich Wasser oral verabreicht. Andere positive
chel et al. 2004). In der Regel wird ein Kontrastmittel- und negative Kontrastmittel sind zwar wiederholt
fluss von 3–4 ml/s empfohlen. in der wissenschaftlichen Literatur angepriesen
Mit der technischen Verfeinerung entwickelte sich worden, haben sich aber nicht breit durchsetzen kön-
eine anhaltende Diskussion darüber, wie viele Kon- nen.
trastphasen für die Beurteilung von Pankreaserkran- Für die Darstellung des Parenchyms werden
kungen notwendig sind und welche Phase eine opti- unterschiedliche T1- und T2-gewichtete Sequen-
male Differenzierung zwischen normalem und er- zen in axialer und koronarer Schnittführung ange-
kranktem Pankreasgewebe erlaubt. wandt.
8.1 Bildgebende Diagnostik 623

Die T1-gewichteten Sequenzen umfassen Turbo-


Spinecho- (TSE-)Sequenzen mit Fettunterdrückung
oder Gradientenecho- (GRE-)Sequenzen in Atem-
stillstand. Die Fettunterdrückung verbessert die Dar-
stellung von Organen, die wie das Pankreas von Fett
umgeben sind und einen hohen Proteingehalt haben.
Zudem werden Bewegungsartefakte reduziert und
„Chemical-shift-Artefakte“, die am Fett-Wasser-
Übergang entstehen, vermindert. Fettsupprimierte,
T1-gewichtete Aufnahmen eignen sich besonders
zum Nachweis subtiler fokaler und diffuser Pankreas-
veränderungen und sind umgekehrt in der Lage,
Pankreaserkrankungen auszuschließen.
Auf T1-gewichteten Sequenzen zeigt das normale
Pankreas eine mittlere Signalintensität, die höher
ist als die Signalintensität von Leber oder Milz
(Abb. 8.9 a). Dies wird auf den hohen Anteil an Pro-
teinen im Drüsengewebe, auf das stark ausgebildete
retikuloendotheliale System (RES) und die hohe
Konzentration an paramagnetischen Ionen wie Man-
gan zurückgeführt. Selbst bei starker Verfettung des
Organs bleibt diese hohe Signalintensität erhalten. In
höherem Alter nimmt die Signalintensität durch zu-
nehmende Fibrosierung der Drüse allmählich ab. Bei
Tumoren, Pankreatitis und Atrophie ist die Signal-
intensität vermindert.
In der Regel wird bei der Diagnostik von Pankre-
aserkrankungen intravenöses Kontrastmittel benö-
tigt, das über MR-kompatible Hochleistungsinjekto-
ren gegeben werden sollte (Abb. 8.9 b). Dynamische
Gadolinium-verstärkte Sequenzen in verschiedenen
Perfusionsphasen verbessern den Nachweis und
die Charakterisierung von Pankreasläsionen <1 cm
Durchmesser. Zusätzlich erlauben sie die Beurteilung
einer vaskulären Beteiligung von Pankreastumoren
und ermöglichen den Nachweis und die Charakteri-
sierung von evtl. gleichzeitig vorhandenen Leberher-
den.
Die T2-gewichteten Sequenzen werden atemge-
triggert oder in Atemstillstand in Dünnschnitttech-
nik mit kurzen und langen Echozeiten gefahren und
ebenfalls in axialer und koronarer Schnittführung Abb. 8.9 a–c. Unauffälliges Pankreas. T1-gewichtet a nativ,
b nach i. v. Gabe von Gadolinium und c T2-gewichtet
akquiriert. Da auf diesen Sequenzen Gallengänge
und Pankreasgang abgebildet sind, dienen sie auch
als Leitlinien für die MRCP (Abb. 8.9 c).
Bei Verwendung Mangan-haltiger Kontrastmittel, sen eine T1-gewichtete Darstellung der Gallen-
die ursprünglich als hepatobiliäre Kontrastmittel wege und der Gallenblase. Die anfänglich an die
konzipiert waren, wird ein signifikanter Signal- Mangan-Verbindungen geknüpfte Hoffnung, bes-
anstieg im gesunden Pankreasparenchym beobach- ser zwischen Pankreaskarzinomen und chroni-
tet (Abb. 8.10 a, b). Während mit den Mangan- scher Pankreatitis differenzieren zu können, hat sich
Verbindungen dynamische Untersuchungen nicht aber nicht erfüllt, da in beiden Fällen eine vermin-
möglich waren, erlauben neuere hepatobiliäre derte Anreicherung resultiert (Rieber et al. 2000).
Kontrastmittel auf Gadolinium-Basis zum einen Andererseits können bestimmte Tumoren wie das
eine dynamische Untersuchung von Pankreas und Azinuszellkarzinom dieses Kontrastmittel anrei-
Leber und gestatten zum anderen in späteren Pha- chern.
624 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

Abb. 8.11. Abbruch des Pankreasgangs bei duktalem Adeno-


karzinom (MRCP in RARE-Technik)

Abb. 8.10 a, b. Normales Pankreas. a Nativ und b nach Gabe


von Mangan-DPDP

8.1.10
Magnetresonanzcholangiopankreatographie (MRCP)

Eine umfassende Diagnostik von Pankreaserkrankun-


gen schließt die Darstellung von Gallengang und Pan-
kreasgang mit ein. Dies ist mittels einer MRCP rasch
und mit ausreichender Qualität möglich.Viele Studien
haben gezeigt, dass die MRCP der ERCP im Nachweis
von duktalen Veränderungen am Pankreas und bei ex-
trapankreatischen Veränderungen der Gallenwege Abb. 8.12. Abbruch des Pankreasgangs bei duktalem Adeno-
ebenbürtig ist.Die Untersuchung kann ohne Probleme karzinom (MRCP in HASTE-Technik)
bei Stenosen im Magen und Duodenum, bei großen
Duodenaldivertikeln und nach Operationen am Ma-
gen sowie nach biliodigestiven Anastomosen durch-
geführt werden, wenn die ERCP unmöglich oder mit Single-slice-Aufnahmen werden in kurzen Atem-
einer sehr hohen Misserfolgsrate belastet ist. anhaltephasen in dicken Schichten (20–50 mm) ak-
Die MRCP basiert auf sehr stark T2-gewichteten quiriert, bei denen Bewegungsartefakte durch Peri-
Sequenzen, die stehende oder sehr langsam fließende staltik und Atmung praktisch zu vernachlässigen
Flüssigkeit signalintensiv abbilden. Ideal sind sehr sind. Eine zusätzliche Fettunterdrückung erhöht den
schnelle Sequenzen, die aber den Nachteil einer Kontrast zwischen Gangstrukturen und dem Hinter-
schlechteren räumlichen Auflösung mit sich bringen. grund, sodass ohne spezielle Nachbearbeitung Auf-
In der Regel werden „Single-slice-“ und „Multi-slice- nahmen erzielt werden, die sehr stark den ERCP-Auf-
Techniken“ kombiniert, da sie sich sehr gut ergänzen. nahmen ähneln (Abb. 8.11).
8.1 Bildgebende Diagnostik 625

Ein wesentlicher Vorteil dieser Technik ist die kurze


Akquisitionszeit, die eine dynamische Beurteilung er-
möglicht. Diese wird bei der Diagnostik von Dysfunk-
tionen des Papillensphinkters und bei der Beurteilung
der Sekretionsleistung des Pankreas nach intravenö-
ser Gabe von Sekretin eingesetzt. Der Nachteil dieser
Technik liegt darin, dass die Darstellung der Gang-
strukturen durch andere flüssigkeitsgefüllte Struk-
turen und durch Aszites störend überlagert sein
kann. Um derlei Artefakte aus dem Magen oder
Duodenum zu reduzieren, müssen die Patienten nüch-
tern sein oder kurz vor der Untersuchung eisenoxid-
haltige Kontrastmittel zu sich nehmen, die Magen-
und Duodenalsaft für die Bildgebung gleichsam neu-
tralisieren.
Bei Multi-slice-Techniken werden in der Regel
Serien von 3–5 mm dicken Schichten in einer kürze-
ren Echozeit als bei den Single-slice-Techniken (100–
300 ms) angefertigt (Abb. 8.12). Dabei können neben
den signalreichen Flüssigkeiten auch periduktale
Strukturen noch erkannt werden, was insbesondere
bei maligner Obstruktion von Bedeutung ist. Dies ist
hilfreich, wenn bei der Single-slice-Technik Artefakte
durch Flüssigkeitsüberlagerungen die Diagnostik
stören. Da die Schnitte in weniger als einer Sekunde
akquiriert werden, entstehen keine Artefakte durch
Bewegungen. Zudem ist die Bildqualität weniger
durch Chemical-shift- oder Suszeptibilitäts-Artefak-
te beeinträchtigt.

Sekretinstimulierte dynamische MRCP


Die intravenöse Gabe von Sekretin (1 ml/10 kg Kör-
pergewicht) führt zu einer Stimulation der Wasser-
und Bikarbonatsekretion und dadurch zu einer bes-
seren Füllung der Pankreasgänge, die durch eine
anfängliche, etwa 5 min anhaltende Kontraktion des
Papillensphinkters noch gesteigert wird. Durch diese
endogene „Kontrastierung“ lässt sich zumindest
der Pankreashauptgang klarer abgrenzen, und bis-
weilen sind auch die Seitenäste im Pankreaskopfab-
schnitt darstellbar. Dabei ist darauf zu achten, dass
bei guter zeitlicher Auflösung Duodenum und der
Pankreasgang in der gesamten Länge abgebildet
sind. Eine gute Indikation ist insbesondere der Nach-
weis eines Pancreas divisum und anderer Gangvaria-
tionen.
Daneben erlaubt diese Methode eine dynamische
Untersuchung des Pankreas (Abb. 8.13 a–c), um die
Sekretionsleistung des Organs semiquantitativ ab-
schätzen und damit Aussagen zur exokrinen Funk-
tion machen zu können (Cappeliez et al. 2000).

Abb. 8.13 a–c. MRCP a vor und b,c nach i. v. Sekretingabe


626 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

Abb. 8.14 a, b. MR-Angiographie a


des Truncus coeliacus und
der A. mesenterica superior und
b der großen Venen

8.1.11 Spiral-Computertomographie
Magnetresonanzangiographie Im Gegensatz zum Ultraschall ist die CT eine vom
Untersucher unabhängige und objektive Methode,
um Erkrankungen des Pankreas zu entdecken und zu
Für die Frage einer Beteiligung der arteriellen und charakterisieren. Insbesondere mit modernen MD-
venösen Gefäße bei Pankreastumoren werden die CTs wird eine Untersuchung in sehr kurzer Zeit und
dynamischen Sequenzen nach intravenöser Gabe mit sehr hoher Auflösung durchgeführt, und es sind
von Gadolinium herangezogen (Abb. 8.14 a, b). Zu- fast beliebige Rekonstruktionen ohne großen Zeit-
sätzlich kann nach Gadolinium-Gabe eine 3D-GRE- aufwand möglich, die eine sehr übersichtliche topo-
Sequenz verwandt werden, um die Gefäßsituation zu graphische Abbildung liefern. Überdies werden be-
eruieren. Eine neuartige Variante dieser Technik ist gleitende Veränderungen an der Lunge, der Leber,
die VIBE-Sequenz („volume interpolated breath-hold den umgebenden Darmschlingen, den arteriellen
examination“), die mit einer hohen Auflösung auf- und venösen Gefäßen und den Lymphknoten mit
wartet und sich für die hepatobiliäre Bildgebung hoher Auflösung sichtbar.
bewährt hat (Rofsky et al. 1999).
Magnetresonanztomographie
In der Regel ist die MRT nicht die primäre Methode,
8.1.12 um Erkrankungen des Pankreas zu diagnostizieren.
Methodenvergleich Dies ist überwiegend durch die relativ lange Untersu-
chungszeit, die geringere Verfügbarkeit und die im
Ultraschall und endoskopischer Ultraschall Vergleich zur CT relativ hohen Kosten der Methode
Von Internisten werden der transabdominelle Ultra- bedingt. Im Vergleich zu neueren CT-Technologien
schall und die EUS für die Diagnostik von Pankreas- bietet die MRT eine schlechtere Auflösung, und die
erkrankungen stark in den Vordergrund geschoben. bisher angeführten Vorteile der multiplanaren Dar-
Zweifelsohne ist die transabdominelle Sonographie stellungen werden in mindestens ebenbürtigem Maß
eine hervorragende Suchmethode, um eine Patholo- von der MD-CT geleistet.
gie des Pankreas zu entdecken. Daneben eignet sich Dennoch ergeben sich einige Indikationen für die
dieses Verfahren bei vielen Erkrankungen zur Ver- MRT:
laufskontrolle. Sind schwerwiegende therapeutische
∑ ungenügende oder fragliche CT-Untersuchungen,
Konsequenzen abzusehen, wird in der Regel der EUS
wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit einer Pankre-
eingesetzt.
aserkrankung besteht,
8.2 Anatomie und Funktion 627

∑ Kontraindikationen für jodhaltige Kontrastmit-


tel,
∑ wenn eine Strahlenexposition auf alle Fälle ver-
mieden werden soll (Schwangerschaft, Kinder).
Besondere Stärken ergeben sich für die MRT im Ver-
gleich zu anderen Schnittbildverfahren:
∑ Nachweis kleiner endokriner Tumoren,
∑ Charakterisierung von fraglichen Parenchymin-
homogenitäten im Ultraschall oder in der CT
(Fettverteilungsstörungen),
∑ zystische Raumforderungen des Pankreas.

8.2
Anatomie und Funktion

8.2.1
Pankreasparenchym Abb. 8.15. Lipomatose in der CT mit nur noch spärlicher Drü-
senstruktur

Die Bauchspeicheldrüse ist ein Organ, das exokrine


und endokrine Funktionen erfüllt.
∑ Der eher dreieckige Pankreaskorpus schließt sich
∑ Das exokrine Organ spielt in der Verdauung und in Höhe der Mesenterialgefäße an den Pankreas-
Absorption von Speisen eine wichtige Rolle und kopf an, lagert sich um die obere Lumbalwirbel-
entfaltet seine Wirkung über die Sekretion von säule und hat keine eindeutige Grenze zum Pan-
digestiven Enzymen und Bikarbonat ins Duode- kreasschwanz.
num. ∑ Als Pankreascauda wird der Teil der Drüse be-
∑ Das endokrine Pankreas schüttet Hormone aus, zeichnet, welcher ventral vom vorderen Blatt
die den Metabolismus und die Verteilung der des Lig. phrenicosplenicum und der Milz bedeckt
Abbauprodukte der Nahrung im Körper regulie- ist. Mit seinem linken Ende stößt der intraperito-
ren. neale Teil des Pankreasschwanzes an den Milz-
hilus.
Diese Kombination aus exokriner und endokriner
Leistung macht die Drüse zu einem entscheidenden Größe, Form, Struktur und Lage des Pankreas sind
Organ in der Assimilation der Nahrung. sehr variantenreich. Am häufigsten wird ein S-förmi-
Die Drüse ist durch Bindegewebe in Läppchen un- ges Organ gefunden, das schräg nach links zum Milz-
terteilt und von einer zarten Bindegewebekapsel um- hilus ansteigt. Die Größe des Pankreas wird am ent-
hüllt. Im Parenchym von Korpus und Cauda und nur nommenen Präparat mit 14,5–23 cm und bei der
ganz vereinzelt im Pankreaskopf finden sich ver- Auswertung von Röntgenbildern mit 14–27 cm ange-
streute endokrine Zellansammlungen (Langerhans- geben. Die Parenchymdicke (sagittaler Durchmes-
Inseln) mit einem Durchmesser zwischen 75– ser) beträgt 2–3 cm im Pankreaskopf, 1,5–2,5 cm im
500 mm, die in ihrer Gesamtheit das Inselorgan dar- Korpus und 1–2 cm in der Cauda.
stellen und insgesamt etwa 1–2% des Organvolu- Im Verlauf des Alters wird eine zunehmende Lipo-
mens ausmachen. matose des Pankreas beobachtet, die besonders
Das Organ wird in Kopf, Korpus und Cauda einge- bei adipösen Patienten sehr ausgeprägt sein kann,
teilt. aber nicht mit einem Funktionsverlust korre-
liert (Abb. 8.15). In der ventralen Pankreasanlage
∑ Der relativ platte Pankreaskopf wird vom duode-
(im Wesentlichen Processus uncinatus) findet sich
nalen „C“ eingefasst und reicht nach links bis zur
weniger interlobäres Fett, sodass dieser Organab-
V. mesenterica superior und deren Mündung in
schnitt insbesondere im transabdominellen und
die Pfortader. Der Processus uncinatus geht als
endoskopischen Ultraschall weniger fetthaltig wir-
hakenförmiger Fortsatz vom Pankreaskopf aus
ken kann, was bisweilen einen Tumor vortäuscht
und reicht in der Regel bis hinter die V. mesenter-
(vgl. Abb. 8.6 a, b).
ica superior.
628 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

Abb. 8.17. ERCP. Kurze gemeinsame Endstrecke (KM-Füllung


über eine T-Drainage)

Abb. 8.16. ERCP. Pankreasgang mit Ductus Santorini

8.2.2
Pankreasgang und Gallengang

In der Regel hat das Pankreas 2 Ausführungsgänge:


∑ den Pankreashauptgang oder Ductus pancreati-
cus major (Ductus Wirsungianus) und
∑ den Ductus pancreaticus minor (Ductus Santorini),
die üblicherweise im Pankreaskopf miteinander
kommunizieren (Abb. 8.16). Der Pankreashauptgang
drainiert das Sekret von Cauda, Korpus und kauda-
lem Abschnitt des Pankreaskopfes über die Papilla
major in das Duodenum. Der Ductus Santorini leitet
das Sekret in etwa 60% aus dem kranioventralen Ab-
schnitt des Pankreaskopfes über die Papilla minor in
das Duodenum, in etwa 30% wird das Sekret über
den Pankreashauptgang geleitet.
Das Kaliber des Pankreasgangs wird im Pankreas-
kopf mit 2,1–4,8 mm angegeben, wobei der Durch-
messer in höherem Alter zunimmt. Im Korpus-
bereich werden 2–4 mm (mittleres Kaliber 3 mm)
und in der Cauda 0,9–2,4 mm (mittleres Kaliber 1,7– Abb. 8.18. ERCP. Getrennte Mündung von Gallengang und
2 mm) angegeben. Pankreasgang in der Papille
Der Gallengang nähert sich dem Pankreaskopf,
nachdem er dorsal den ersten Abschnitt des Duode-
nums passiert hat. Eingebettet am oder im hinteren beide Gänge getrennt in der Papille (Abb. 8.18). We-
Abschnitt des Pankreaskopfes verläuft er nach kau- gen der engen topographischen Beziehungen wird
dal, um mit dem Pankreasgang zusammenzulaufen der distale Gang bei entzündlichen oder tumorösen
und über eine gemeinsame Endstrecke in der Papille Erkrankungen des Pankreaskopfes früh in das patho-
zu münden (Abb. 8.17). In einigen Fällen münden logische Geschehen involviert.
8.3 Normvarianten, Entwicklungsanomalien und angeborene Erkrankungen des Pankreas 629

Nerven wird der Schmerz übermittelt. Sie durchque-


ren die Zwerchfellschenkel und laufen auf den Plexus
coeliacus zu, der den Truncus coeliacus umgreift. Die
chemische Verödung des Ganglion coeliacum unter-
bricht die afferenten Schmerzfasern des sympathi-
schen und parasympathischen Systems.

8.3
Normvarianten, Entwicklungsanomalien
und angeborene Erkrankungen des Pankreas

Form, Größe und Struktur des Pankreas sind sehr


variationsreich. Auch der Verlauf und die Aufzwei-
gungen des Pankreasgangsystems sind sehr vielfäl-
tig. Mit Ausnahme des Pancreas divisum und des
Pancreas anulare sind diese Variationen in der Regel
klinisch irrelevant.
Abb. 8.19. Angiographisches Bild des Pankreaskopfes mit
pankreatikoduodenalen Arkaden aus der A. gastroduodenalis
8.3.1
Entwicklungsanomalien

8.2.3 Das Pankreas entsteht aus 2 gegenüberliegenden An-


Gefäßversorgung lagen, der ventralen und der dorsalen Anlage, die sich
im Verlauf der Entwicklung nähern und miteinander
Das Pankreas verfügt wegen seiner exokrinen und verschmelzen (Abb. 8.20). Die Aufteilung des Pan-
endokrinen Funktion über eine sehr reiche Blutver- kreaskopfes in 2 Lappen lässt sich bisweilen an einer
sorgung, die aus dem Stromgebiet des Truncus coeli- Bindegewebespalte erkennen, die vom Duodenum
acus und der A. mesenterica superior kommt. Zwi- bis zur Vereinigung der beiden Anlagen reicht. In
schen beiden Gefäßsystemen bestehen reichliche dieser Fusionslinie sind die meisten iuxtapapillären
Anastomosen, und die Gefäßversorgung ist insge- Divertikel lokalisiert.
samt sehr variantenreich (Abb. 8.19).
Die Venen von Korpus und Cauda des Pankreas
drainieren das Blut in Richtung Pfortader in die Merke ! Störungen in der Rotation des Organs
führen zum Pancreas anulare, Störun-
V. lienalis und die Vv. mesentericae. Das Blut aus dem gen in der Fusion zum Pancreas divisum.
Pankreaskopf findet über die ventrale Venenarka-
de (Vv. pancreaticoduodenales) Anschluss an die
V. gastropancreatica und schließlich an die V. mes- Pancreas divisum
enterica superior. Das Pancreas divisum ist die häufigste Anomalie des
Die Lymphe des Pankreasparenchyms fließt aus Pankreas, die in einer Frequenz von 1–7% in der
den perilobulären Lymphgeflechten zu den regionä- ERCP gefunden wird. Bei Patienten, die wegen einer
ren Lymphknoten an Vorder- und Rückseite sowie Pankreaserkrankung einer ERCP unterzogen wer-
Oberrand und Unterrand des Pankreas. Insgesamt ist den, findet sich diese Anomalie häufiger, was als Hin-
das Lymphabflussgebiet des Pankreas sehr komplex, weis für eine klinische Relevanz gewertet werden
was dazu führt, dass z. B. beim Pankreaskarzinom der kann (Morgan et al. 1999).
Lymphknotenbefall mit den derzeit verwendeten Bleibt die Verschmelzung der ventralen und dor-
Methoden nur unzureichend erfasst wird. salen Pankreasanlage aus, entsteht die eigentümliche
Situation, dass das große dorsale Pankreas über die
Minorpapille drainiert wird, während das kleine ven-
8.2.4 trale Pankreas zusammen mit dem Gallengang über
Nervenversorgung die große Papille drainiert wird (Abb. 8.21). Neben
einer kompletten Trennung beider Gangsysteme fin-
Das Pankreas erhält die sympathische Innervation det sich bisweilen eine inkomplette Fusion, bei der
über den N. splanchnicus und die parasympathische beide Anlagen über einen dünnen Seitenast verbun-
Innervation über den N. vagus. In den sympathischen den sind (Abb. 8.22).
630 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

Abb. 8.20. Schemazeichnung Entwick-


lungsgeschichte des Pankreas. Die ven-
trale Pankreasanlage rotiert dorsal um
den Darm und vereinigt sich mit der
dorsalen Anlage. Das ventrale Pankreas
bildet den Processus uncinatus und
Teile des Pankreaskopfes

Stimulation zu einem Obstruktionsschmerz und


schließlich zu rezidivierenden Pankreatitiden führen
kann.
Unter klinischen Gesichtspunkten lassen sich
mehrere Gruppen unterscheiden:
∑ Normvariante ohne klinische Relevanz (wahr-
scheinlich größte Gruppe),
∑ Patienten mit rezidivierenden Oberbauchbe-
schwerden,
∑ Patienten mit erhöhter Empfindlichkeit bezüglich
einer Pankreatitis bei Alkoholgenuss,
∑ Patienten mit rezidivierenden Pankreatitiden, die
morphologisch meist auf das dorsale Pankreas
Abb. 8.21. ERCP. Pancreas divisum. Der große Gang (dorsales beschränkt sind (Morgan et al. 1999).
Pankreas) wird über die kleine Papille kontrastiert, der kleine
Gang (ventrales Pankreas) wird über die große Papille dargestellt Um diese Anomalie zu sichern, muss eine ausrei-
chende Gangdarstellung mittels ERCP, MRCP oder
Dünnschnitt-CT erfolgen. Bei Kontrastmittelinjek-
tion in die große Papille füllt sich ein kurzer Pankre-
asgang, der wie eine „Bonsai-Variante“ des Organs
wirkt.

CAVE ! Bei Unkenntnis droht das Risiko der


Überspritzung oder die Gefahr einer
Verwechslung mit einem entzündlichen oder tumo-
rösen Gangverschluss (Abb. 8.23).

Der dorsale Gang kann bei der ERCP nur über die
Sondierung der Minorpapille dargestellt werden.
Zum Nachweis eines Pancreas divisum ist heute
die MRCP vollständig ausreichend (Abb. 8.24), die
insbesondere nach intravenöser Sekretingabe die
Anomalie zweifelsfrei zeigt (Manfredi et al. 2002). Bei
Verwendung hochauflösender MD-CT kann mit Re-
konstruktionstechniken (Abb. 8.25 a, b) die fehlende
Abb. 8.22. Inkomplettes Pancreas divisum. Bei Kontrastierung
über die große Papille füllt sich primär das ventrale Pankreas, Fusion der beiden Gänge ebenfalls dargestellt werden
das über einen dünnen Seitenast Verbindung zum Hauptgang (Itoh et al. 2003).
hat
Pancreas anulare
Das Pancreas anulare ist eine sehr seltene Missbil-
Die Frage nach der klinischen Bedeutung wird dung, bei der ein vom Pankreaskopf ausgehender
kontrovers diskutiert. Es ist vorstellbar, dass die Drüsenring das Duodenum unterschiedlich stark
Minorpapille zu eng ist, um das Pankreassekret des einschnürt. Je ausgeprägter die Obstruktion ist, desto
dorsalen Pankreas ausreichend zu drainieren, sodass früher treten Symptome auf. In weniger ausgepräg-
eine relative Stenose resultiert, die bei übermäßiger ten Fällen finden sich in der Duodenalwand verstreu-
8.3 Normvarianten, Entwicklungsanomalien und angeborene Erkrankungen des Pankreas 631

Abb. 8.23. Überspritzung mit Parenchymographie bei Pancre-


as divisum

Abb. 8.25 a, b. Pancreas divisum in der MD-CT. a Der kleine


ventrale Gang (Pfeil) mündet zusammen mit dem Gallengang
in der großen Papille. b Der dorsale Pankreasgang (Pfeile)
mündet etwa 0,5 cm oberhalb in der kleinen Papille
Abb. 8.24. Pancreas divisum in der MRCP. Der Pankreasgang
überkreuzt den Gallengang und mündet oberhalb der großen
Papille

te Drüseninseln, die in der Regel keine Stenose verur- Beim Neugeborenen reicht diagnostisch meist die
sachen. Abdomenübersicht im Stehen aus, die aufgrund
Klinisch lassen sich 2 Formen unterscheiden. der Luftüberblähung von Magen und Duodenum
das charakteristische „Double-bubble-Zeichen“ zeigt
∑ Die kindliche Form, bei der meist in den ersten
(Abb. 8.26).
7 Lebenstagen Symptome einer Duodenalob-
Beim Erwachsenen zeigt sich im Duodenum eine
struktion auftreten. Etwa 10% der Duodenal-
exzentrische glatt konturierte Einschnürung. Im Ge-
stenosen im Kindesalter sind durch ein Pancreas
gensatz zu einem Tumor sind die Schleimhautfalten
anulare bedingt.
regulär, wenn auch meist abgeflacht oder verstrichen
∑ Die Erwachsenenform, die sich meist im Alter
(Abb. 8.27).
zwischen 20–50 Jahren manifestiert. Durch eine
Eine sichere Diagnose gelingt auch hier nur durch
chronische Pankreatitis im Drüsenring oder
eine Gangdarstellung über eine MRP bzw. ERP. Bei
durch duodenale Ulzerationen treten klinische
der ERP ist allerdings nur in etwa der Hälfte der Fälle
Beschwerden wie Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen
der anuläre Gang darstellbar (Abb. 8.28). In den meis-
und Hämatemesis auf.
632 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

Abb. 8.28. ERCP. Pancreas anulare. Vom Pankreashauptgang


geht ein Ast ab, der das Duodenum umschnürt

Abb. 8.26. Double-bubble-Zeichen in der Abdomenübersicht


bei einem Säugling

Abb. 8.29. MRCP. Chronische Pankreatitis bei Pancreas anula-


re mit erheblich erweitertem Gangabschnitt, der das Duode-
num einengt

ten Fällen mündet der anuläre Gang in den Pankreas-


hauptgang, aber auch eigenständige Formen mit eige-
ner Mündung werden beobachtet. In seltenen Fällen
entwickelt sich im anulären Gangabschnitt eine chro-
nisch obstruktive Pankreatitis, die in der MRCP oder
in Schnittbildverfahren zu erkennen ist (Abb. 8.29).
Nach oraler Gabe von Kontrastmittel oder Wasser
kann insbesondere in der Dünnschnitt-CT das den
Zwölffingerdarm umschnürende und einengende
Pankreasgewebe gut differenziert und von einem Tu-
Abb. 8.27. Einengung des distalen Abschnitts der C-Schlinge mor des Duodenums oder Pankreas unterschieden
ohne Destruktion der Schleimhautfalten bei Pancreas anulare werden (Jadvar u. Mindelzun 1999; Abb. 8.30).
8.3 Normvarianten, Entwicklungsanomalien und angeborene Erkrankungen des Pankreas 633

Abb. 8.32. Heterotopes Pankreas in der MDP. (Die Abbildung


wurde freundlicherweise von Prof. Mödder, Düsseldorf, zur
Verfügung gestellt)

Ektopes Pankreas
Abb. 8.30. Pancreas anulare in der CT. Einschnürung des Duo- Das ektope (heterotope oder aberrierende) Pankreas
denums durch Pankreasparenchym
zeigt keine anatomische Kontinuität zum eigentli-
chen Pankreas. Es entsteht möglicherweise dadurch,
dass im Verlauf der entwicklungsgeschichtlichen
Wanderung Fragmente in den primitiven Geweben
von Duodenum und Magen implantiert werden.
Diese in der Regel kleinen Veränderungen sind
meist klinisch stumm und werden häufig nur zufällig
entdeckt. Einige Patienten haben Symptome wie
Schmerzen, Blutungen und Magenentleerungsstö-
rungen. In seltenen Fällen treten im heterotopen Ge-
webe Komplikationen wie Pankreatitis und Pseudo-
zystenbildung auf. Da im ektopen Pankreas alle Ele-
mente einer normalen Bauchspeicheldrüse vorkom-
men, können in diesen Geweben sehr selten auch
exokrine oder endokrine Tumoren des Pankreas ent-
stehen.
Die bevorzugte Lokalisation des wenige Millime-
ter bis 3–4 cm großen akzessorischen Pankreas fin-
det sich an der großen Kurvatur des Antrums
(Abb. 8.32), seltener im Duodenum oder oberen Ab-
schnitt des Jejunums. Das ektope Pankreas liegt meist
submukös und verursacht eine glatte Schleimhaut-
vorwölbung, manchmal mit zentraler Delle, in die ein
rudimentäres Gangsystem münden kann.
Auf Kontrastdarstellungen des Magens erscheint
das heterotope Pankreas als glatt begrenzte, runde
Abb. 8.31. Pancreas anulare im Ultraschall. Nach Wasserfül- oder ovale Raumforderung, die wie ein submuköser
lung erkennt man den Pankreasabschnitt, der das Duodenum Tumor imponiert und meist als solcher interpretiert
umfasst
wird. In einigen Fällen haben diese Ektopien eine
polypöse Ausprägung, die an ein Karzinom denken
In Einzelfällen gelingt die Darstellung des Pan- lässt.
kreasrings auch im Ultraschall, wenn der Patient vor Auch in der CT lässt sich das heterotope Pankreas
der Untersuchung reichlich Wasser trinkt und in nach Wasserfüllung des Magens gut darstellen, aber
Rechtsseitenlage oder im Stehen untersucht wird in der Regel nicht von andersartigen submukösen
(Brambs et al. 1986; Abb. 8.31). Raumforderungen differenzieren (Cho et al. 2000). Da
634 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

Zur Diagnostik wurde früher überwiegend die


ERCP eingesetzt, die mittlerweile durch die MRCP
abgelöst wird. Mit der Dünnschnitt-Spiral-CT und
der Hilfe von Rekonstruktionstechniken lassen sich
diese Anomalien ebenfalls nachweisen (Sugiyama
et al. 2003).

8.3.2
Angeborene Pankreaserkrankungen

Die angeborenen Erkrankungen des Pankreas (zysti-


sche Pankreasfibrose, Hippel-Lindau-Syndrom, Hä-
mochromatose, Shwachman-Bodian-Syndrom u. a.)
führen im früheren oder späteren Verlauf des Lebens
zu Veränderungen am Pankreasparenchym, sind von
einer Beeinträchtigung der exokrinen und endokri-
nen Funktion begleitet und können oft im Schnitt-
Abb. 8.33. Lange gemeinsame Mündung von Gallengang und bildverfahren erkannt werden.
Pankreasgang und Choledochuszyste

Zystische Fibrose
Die zystische Fibrose ist eine angeborene Stoffwech-
histologisch bisweilen auch eine Ausbreitung in die selerkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang.
Muskularis beobachtet werden kann, ist verständlich, Die Erkrankung ist durch eine Eindickung aller exo-
dass diese Veränderungen sowohl in der CT als auch krinen Sekrete im bronchopulmonalen System, im
im EUS mit einem infiltrierenden Tumor verwechselt Gastrointestinaltrakt und in der Haut charakteri-
werden kann. Zur Abklärung wird bei asymptomati- siert, wobei eine progressive pulmonale Erkrankung
schen Patienten eine ausgiebige Biopsie empfohlen. meist im Vordergrund steht. Im Pankreasgang führt
Bei symptomatischen Patienten wird eher die Indika- eine Eindickung des Pankreassafts zu einer fettigen
tion zu einem operativen Eingriff gestellt werden. Degeneration und Atrophie der Drüse.
Bei Geburt besteht in etwa der Hälfte der Fälle
Aplasie und Hypoplasie eine exokrine Pankreasinsuffizienz, und bis zum
Die Agenesie des Pankreas ist mit multiplen Anoma- Alter von 9 Jahren haben die meisten Kinder eine
lien assoziiert, die nicht mit dem Leben vereinbar Pankreasinsuffizienz entwickelt.
sind. Die Hypoplasie des Pankreas kann das dorsale In den fortgeschrittenen Stadien ist das exokrine
oder das ventrale Pankreas betreffen. Je nach Aus- Pankreasgewebe durch Fett und Bindegewebe er-
maß der Hypoplasie besteht eine exokrine und endo- setzt. Dementsprechend findet sich sonogra-
krine Insuffizienz. Die Diagnose kann mittels Schnitt- phisch nach dem 2. Lebensjahr eine Zunahme der
bildverfahren und ERCP gestellt werden. Echostruktur des Parenchyms mit zunehmender
Schrumpfung. Die Verfettung des Organs lässt sich
Anomale pankreatikobiliäre Verschmelzung gleichermaßen in der CT und in der MRT erkennen
Die Verbindung von Pankreasgang und Gallengang (Abb. 8.34).
ist sehr variantenreich. In den meisten Fällen vereini- Die Entwicklung von Zysten ist eher selten. Dabei
gen sich Pankreasgang und Gallengang zu einem handelt es sich um echte Zysten, die mit einem Epi-
kurzen gemeinsamen Gangabschnitt, in wenigen Fäl- thel ausgekleidet sind.
len besteht eine getrennte Mündung in der Papille.
Bei einer anomalen Verschmelzung vereinigen Shwachman-Bodian-Syndrom
sich Pankreasgang und Gallengang weit von der Das Shwachman-Bodian-Syndrom ist die zweit-
Papillenregion entfernt und bilden einen langen häufigste hereditäre Erkrankung des exokrinen Pan-
(>15 mm) gemeinsamen Kanal. Folgen der anomalen kreas. Klinisch unterscheidet sich dieses Syndrom
Kreuzung sind Reflux von Pankreassekret in den von der zystischen Fibrose durch einen normalen
Gallengang und umgekehrt Reflux von Galle in den Schweißtest und hämatologische Auffälligkeiten
Pankreasgang. wie Neutropenie, Thrombozytopenie und Anämie.
Diese Anomalie kann Pankreatitiden induzieren Daneben finden sich multiple Skelettanomalitäten,
und ist häufig mit einer Choledochuszyste oder ei- unter denen metaphysäre Dyschondroplasien am
nem Gallengangskarzinom assoziiert (Abb. 8.33). häufigsten zu finden sind.
8.3 Normvarianten, Entwicklungsanomalien und angeborene Erkrankungen des Pankreas 635

Abb. 8.34. Komplett durch Fettgewebe ersetztes Pankreas bei Abb. 8.35. Zysten bei Hippel-Lindau-Syndrom
Mukoviszidose

Ursache der unterschiedlich stark ausgeprägten sehr selten sind, sollte beim Nachweis von derartigen
Pankreasinsuffizienz ist der Ersatz des exokrinen Zysten an ein Hippel-Lindau-Syndrom gedacht wer-
Drüsengewebes durch Fettgewebe, während Gang- den.
strukturen und Inselzellen intakt bleiben. Mit Hilfe Mit den Schnittbildverfahren können die Zysten
von Sonographie, CT und MRT lässt sich der Fett- gut abgegrenzt werden. Im Nachweis von serösen
gewebeersatz gut darstellen und abschätzen. Zystadenomen sind CT und MRT dem Ultraschall
überlegen (Abb. 8.35).
Kongenitale Zysten
Idiopathische kongenitale Zysten sind sehr selten. Sie Gefäßmissbildungen
können einzeln oder multipel auftreten und gehen Angeborenen Gefäßmissbildungen am Pankreas sind
wahrscheinlich auf eine Fehlentwicklung des Pan- sehr selten. Im Gegensatz zu Pseudoaneurysmen, die
kreasgangs zurück. Die Erkrankung wird meist be- im Gefolge einer chronischen Pankreatitis auftreten,
reits bei Neugeborenen oder schon intrauterin mit- besteht offensichtlich keine Neigung zu spontanen
tels Ultraschall entdeckt. Mikrozystische Verände- Blutungen. Der Morbus Osler, der durch Gefäß-
rungen in Kombination mit multiplen Zysten in Milz anomalien wie Angiome, Aneurysmen und arterio-
und Nieren sind ein charakteristisches Zeichen der venöse Malformationen charakterisiert ist, kann
Trisomie 13. selten auch am Pankreas manifest werden.
Im Zusammenhang mit der polyzystischen Nie- Arteriovenöse Malformationen können auch un-
rendegeneration können auch Zysten im Pankreas abhängig von einem Morbus Osler in der Bauchspei-
auftreten, die sich meist erst im jugendlichen Alter cheldrüse gefunden werden und haben das charak-
entwickeln. teristische Aussehen mit kräftigen zuführenden
Das Hippel-Lindau-Syndrom ist eine autosomal- Arterien, einem Knäuel ektatischer Gefäße und er-
dominante Phakomatose, bei der retinale Angiome, weiterten drainierenden Venen. Patienten mit dieser
Hämangioblastome des ZNS, Nierenkarzinome und Malformation können eine portale Hypertonie mit
Phäochromozytome im Vordergrund stehen. Pan- Varizen des Ösophagus und Magens entwickeln und
kreasveränderungen wie Zysten, seröse Zystadenome dementsprechend mit starken Blutungen klinisch
und Inselzelltumoren können die einzige abdominel- apparent werden.
le Manifestation der Erkrankung sein. Die Häufigkeit Die Periarteriitis kann sich ebenfalls an den Pan-
dieser zystischen Veränderungen beträgt bis zu 30%, kreasgefäßen manifestieren, ischämische Infarkte
wobei einfache Zysten überwiegen. Neben einzelnen infolge der Arteriitis sind aber ungewöhnlich.
Zysten findet sich auch eine zystische Transforma-
tion des gesamten Organs. Diese Veränderungen sind
meist asymptomatisch oder mit nur geringen klini-
schen Symptomen vergesellschaftet (Neumann et al.
1991). Da dysontogenetische Zysten des Pankreas
636 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

Tabelle 8.2. Ursachen einer akuten Pankreatitis


8.4
Entzündliche Pankreaserkrankungen ∑ Alkoholisch
∑ Obstruktiv
8.4.1 – Gallensteine
– Gangstrikturen nach akuter Pankreatitis
Akute Pankreatitis oder Verletzung
– Stenose des Oddi-Sphinkter
왔 Die akute Pankreatitis ist eine mit – Pancreas divisum
Definition
Schmerzen einhergehende akute Er- – Maligne Obstruktion
krankung des Abdomens mit Erhöhung der Pan- (Pankreas-, Papillen- oder Duodenalkarzinom)
kreasenzyme im Blut und Urin. ∑ Idiopathisch
∑ Nach ERCP
Nach klinischen Gesichtspunkten wird zwischen ei- ∑ Genetisch
ner leichten und schweren Form dieser Erkrankung – Hereditäre Pankreatitis
unterschieden. – Zystische Fibröse
∑ Metabolisch
Ätiologie und Pathogenese – Hyperkalzämie
– Hypertriglyzeridämie
Eine übermäßige Aktivierung des proteolytischen
Enzyms Trypsin gilt als initialer Schritt in der Entste- ∑ Tropische Form
hung einer akuten Pankreatitis und scheint bei allen
Formen unabhängig von der Ätiologie dieser Erkran-
kung vorzuliegen.
Eine Reihe von Faktoren können eine akute Pan- Rahmen einer Immuninsuffizienz. Das klinische Bild
kreatitis initiieren, unter denen die Obstruktion bzw. ist sehr vielfältig und reicht von akuter oder chroni-
Überdehnung des Pankreasgangs und die toxische scher Pankreatitis bis zu gastrointestinalen Blutun-
Schädigung die größte Rolle spielen (Tabelle 8.2). gen und obstruktivem Ikterus. Die meist umschrie-
Dementsprechend sind übermäßiger Alkoholgenuss bene Vergrößerung des Pankreas kann wie ein Tu-
und Gallensteinleiden die häufigsten Ursachen. Ob- mor oder wie ein Abszess imponieren (De Backer et
wohl die Ätiologie den Verlauf und die Prognose der al. 2005).
akuten Pankreatitis nicht entscheidend beeinflusst,
kann in schweren Fällen der Nachweis einer biliär Klinik
induzierten Pankreatitis zu therapeutischen Konse- Die Erkrankung setzt meist abrupt ein und präsen-
quenzen wie ERCP und Papillotomie führen. tiert sich mit akuten Bauchschmerzen, Übelkeit und
Die idiopathische Pankreatitis ist die nächst häufi- Erbrechen, Fieber, Leukozytose und erhöhten Werten
ge Form der akuten Pankreatitis. Jüngst publizierte der Pankreasenzyme im Blut und Urin. Da die
prospektive Studien legen den Verdacht nahe, dass Schmerzsymptomatik unspezifisch ist und der Ver-
2/3 bis 3/4 der Patienten eine Mikrolithiasis als wahr- lauf mitunter fulminant ist, kann klinisch die Dia-
scheinliche Ursache haben. Diese sehr kleinen Kon- gnose verfehlt werden. Durch die Kombination aus
kremente bzw. Kristalle sind mit bildgebenden Ver- der Bestimmung der Amylasewerte und den Ergeb-
fahren nicht nachweisbar. nissen von CT und Ultraschall wird eine korrekte
Der Anteil der ERCP-induzierten Pankreatitiden Diagnose in 80–95% erreicht.
liegt bei etwa 4%. Diese zeigen meist einen milden Die Letalität der akuten Pankreatitis liegt nach
Verlauf, können aber auch zu einer nekrotisierenden neueren Daten zwischen 2–9%, steigt jedoch bei
Form ausarten. Die Nekrosen scheinen bei dieser schwerer akuter Pankreatitis auf etwa 30% an. In der
Form der Pankreatitis ein erhöhtes Infektionsrisiko frühen Phase ist das Multiorganversagen die häufig-
zu besitzen, da das Pankreas bereits zum Zeitpunkt ste Todesursache, in der späteren Phase sind meist
der ERCP über die Kontrastinjektion bakteriell kon- septische Komplikationen für den letalen Verlauf ver-
taminiert wird. antwortlich.
Ob ein Pancreas divisum, das bei 1–7% der Bevöl-
kerung zu finden ist, als Ursache einer akuten Pan- Schweregrad der akuten Pankreatitis
kreatitis in Frage kommt, ist bislang noch strittig. Die Klinisch unterscheidet man eine leichte und eine
Diagnose eines Pancreas divisum ist im akuten Stadi- schwere Pankreatitis. In etwa 80% der Erkrankungen
um ohne Belang und kann auf später, nach Abklingen liegt eine leichte Form der Pankreatitis vor, die sich
des akuten Schubes, verschoben werden. Als Dia- meist innerhalb von 2–3 Tagen klinisch und labor-
gnostik der Wahl bietet sich heute die MRCP an. chemisch bessert. In etwa 20% wird eine schwere
Der tuberkulöse Befall des Pankreas erfolgt in Form beobachtet, die durch unterschiedliche Kom-
der Regel im Gefolge einer miliaren Aussaat oder im plikationen gefährdet ist.
8.4 Entzündliche Pankreaserkrankungen 637

Tabelle 8.3. Pathomorphologie der leichten und schweren Form einer akuten Pankreatitis

Pathomorphologie CT-Zeichen

Leichte Form Interstitielles Ödem Leichte Vergrößerung des Pankreas


Intrapankreatische Fettgewebenekrosen Fleckige Heterogenität des Parenchyms
Peripankreatische Fettgewebenekrosen Unscharfe Organkontur, Dichtezunahme im
und Exsudationen Fettgewebe,„verdickte“ Faszien
Schwere From Peripankreatische Fettgewebenekrosen Peripankreatische Flüssigkeitsansammlungen
und Exsudationen
Parenchymnekrosen Keine KM-Anreicherung im Parenchym
Infizierte Nekrosen Gasblasen (in etwa 20%), breitflächiger Kontakt
der Nekrosen zum Darm

Therapeutische Entscheidungen basieren im We- und die Feststellung des Schweregrades sowie im
sentlichen auf dem initialen Schweregrad der Er- weiteren Krankheitsverlauf der Nachweis von Kom-
krankung, aus dem prognostische Schlüsse gezogen plikationen.
werden. In erster Linie werden hierzu klinische und
laborchemische Daten in verschiedenen Score-Syste- 쐍 Abdomenübersicht und Thoraxaufnahmen. Die klas-
men zusammengefasst, von denen der Ranson-Score sischen radiologischen Verfahren wie Abdomenüber-
und der APACHE-II-Score die bekanntesten sind. sicht und Kontrastdarstellungen des Gastrointesti-
Diese werden aber meist nur in Studien verwendet. naltrakts spielen bei dieser Erkrankung praktisch
Für den klinischen Alltag ist die Bestimmung des keine Rolle mehr.
C-reaktiven Proteins (CRP) ein geeigneter Parame- Die oft bei akuten Erkrankungen durchgeführte
ter. In ähnlicher Weise wird versucht, mit Hilfe mor- Röntgenuntersuchung der Thoraxorgane kann pul-
phologischer Daten der CT-Bildgebung den Schwere- monale Infiltrate, basale Belüftungsstörungen und
grad zu beschreiben und die Prognose abzuschätzen Pleuraergüsse zeigen. Letztere werden bei schwerer
(Balthazar 2002). Pankreatitis deutlich häufiger beobachtet und korre-
Bei der leichten Form der akuten Pankreatitis fin- lieren in ihrer Ausdehnung mit dem Schweregrad der
den sich morphologisch neben einem interstitiellen akuten Pankreatitis.
Ödem disseminierte oder umschriebene Fettgewebe-
nekrosen. Relevante Parenchymnekrosen fehlen bei 쐍 Ultraschall. Die Sonographie ist bei akuten Erkran-
dieser Form (Tabelle 8.3). Bei schweren Formen neh- kungen des Abdomens aufgrund ihrer breiten Verfüg-
men die peripankreatischen Fettgewebenekrosen zu, barkeit meist die Untersuchung der ersten Wahl. In
und es treten im Pankreasparenchym interlobuläre der initialen Phase der Erkrankung besteht häufig
Fettgewebenekrosen und schließlich azinäre Nekro- ein paralytischer Ileus mit luftüberblähten Darm-
sen auf. Die Nekrosen können sich auf die Gefäße schlingen, sodass eine übersichtliche Darstellung des
ausdehnen und zu Thrombosen oder Hämorrhagien Abdomens und Retroperitoneums meist erheblich
führen. Wenn arterielle Thrombosen auftreten, kön- erschwert ist. Dagegen ist diese Methode im weiteren
nen diese ischämische Störungen des Pankreas- Verlauf nach Rückgang des anfänglichen Beschwer-
parenchyms hervorrufen. Zuletzt werden auch die debildes ein ausgezeichnetes Verfahren, um kurzfris-
Pankreasgänge destruiert, was zu Extravasationen tige Verlaufskontrollen durchzuführen. Bei Patienten,
von Pankreassekret führt. die auf Intensivstationen überwacht werden müssen
Man kann davon ausgehen, dass das morphologi- oder beatmet werden, ist die Möglichkeit der bett-
sche Erscheinungsbild einer akuten Pankreatitis sich seitigen Untersuchung sehr hilfreich. Häufig gelingt
innerhalb von 3–4 Tagen manifestiert hat. Die Schä- mit dieser Methode auch eine Differenzierung einer
den können entweder lokalisiert oder diffus auftre- leichten Pankreatitis von einer schweren Form mit
ten. Bei einer milden Form der akuten Pankreatitis ausgedehnten Nekrosen. Diese Methode ist auch aus-
kommt es im weiteren Verlauf nur in etwa 10% zu reichend, wenn es um die gezielte Punktion von ober-
einer Umwandlung in eine schwere nekrotisierende flächlich gelegenen Flüssigkeitsansammlungen geht.
Form (Lankisch et al. 2001). Im Nachweis von biliären Erkrankungen ist die
Sonographie mit einer Sensitivität und Spezifität
Bildgebende Diagnostik von über 95% das Untersuchungsverfahren mit der
Die primäre Aufgabe bildgebender Verfahren ist der höchsten diagnostischen Aussagekraft und ist im
Nachweis bzw. Ausschluss einer akuten Pankreatitis, Nachweis von Gallenblasen- und Gallengangskon-
die Suche nach der Ursache der akuten Erkrankung krementen der CT überlegen.
638 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

Abb. 8.36 a, b. Ausbreitung der


peripankreatischen Flüssigkeits-
ansammlungen im rechten Ober-
bauch und retroperitoneal

Die Endosonographie hat bislang keine Bedeu- Ein frühes Zeichen einer akuten Pankreatitis sind
tung bei der Diagnose der akuten Pankreatitis, ob- peripankreatische Flüssigkeitsansammlungen, die sich
wohl sie eine gute Darstellung und hohe Auflösung im Wesentlichen aus Exsudat und Fettgewebenekro-
im Bereich der pankreatikobiliären Region erlaubt. sen und zu einem geringeren Teil aus Hämorrhagien
Im Nachweis von Gallensteinen übertrifft die Endo- zusammensetzen. Ein Nachteil der CT ist, dass
sonographie den perkutanen Ultraschall, jedoch ist die einzelnen Komponenten der peripankreatischen
die Invasivität der Methode hier von Nachteil. Die Flüssigkeitsansammlungen nicht quantifiziert wer-
Beurteilung ausgedehnter retroperitonealer Flüssig- den können. Diese Flüssigkeitsansammlungen fin-
keitsansammlungen ist durch die limitierte Ein- den sich in unmittelbarer Nachbarschaft des Pankre-
dringtiefe beschränkt. as und breiten sich zumeist in der Bursa omentalis
und im vorderen Pararenalraum aus (Abb. 8.36 a, b),
쐍 Spiral-CT. Die CT hat entscheidend zum Verständ- können sich aber auch in die Peritonealhöhle und bis
nis des Krankheitsbildes der akuten Pankreatitis bei- ins Mediastinum fortsetzen. Sie dehnen sich anfangs
getragen und auch die neuere Nomenklatur be- eher diffus aus und sind zunächst nur durch die ana-
einflusst. Die Entwicklung der Spiral-CT und der tomischen Grenzen in ihrer Ausbreitung beschränkt,
MD-CT ermöglicht eine hervorragende Auflösung werden aber im weiteren Verlauf durch Granulations-
des Pankreasparenchyms und selbst kleiner arteriel- gewebe abgegrenzt, das eine Art fibröse Kapsel aus-
ler und venöser Gefäße. Nach intravenöser Kontrast- bildet (Abb. 8.37 a–c).
mittelgabe kann die Perfusion des Pankreaspar- Die parenchymatösen Veränderungen variieren
enchyms sehr genau erfasst werden. stark mit dem Schweregrad der Erkrankung. Bei der
Obwohl vereinzelte Tierversuche den Verdacht milden Form der Erkrankung ist das Organ in der
nahegelegt haben, dass intravenös verabreichtes Regel leicht- bis mittelgradig vergrößert und kann
Kontrastmittel in frühen Stadien der Erkrankung die in wenigen Fällen sogar ganz unauffällig wirken
Mikrozirkulation des Pankreas beeinträchtigen und (Abb. 8.38). In etwa 20% der Fälle stellt sich das Or-
dadurch eine Verschlechterung der akuten Pankrea- gan nur fokal vergrößert dar. Fokale oder diffuse
titis eintreten könnte, hat sich diese Befürchtung im Areale der Drüse, die nach intravenöser Kontrastmit-
klinischen Alltag nicht bewahrheitet. telgabe keine Anreicherung zeigen, können zuverläs-
sig als Nekrosen interpretiert werden (Abb. 8.39 a–d).
Merke ! Unverändert gilt daher die kontrast-
verstärkte CT als Methode der Wahl
Beträgt das Ausmaß der Nekrose mehr als 30%,
erreicht die Spezifität der CT 100%.
zum Nachweis und zum Staging einer schweren aku- Eine bakterielle Infektion der pankreatischen und
ten Pankreatitis (Lankisch et al. 2001). peripankreatischen Nekrosen tritt in bis zu 20%
der Fälle auf und ist mit einer hohen Mortalität ver-
Bis in die jüngste Literatur gibt es aber Empfehlun- gesellschaftet. Je ausgedehnter die Nekrosen sind,
gen, die Untersuchung zumindest bei leichteren For- desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer In-
men einer akuten Pankreatitis und in der Frühphase fektion. Die Keime kommen mit hoher Wahrschein-
(erste 72 Stunden) ohne Kontrastmittel durchzufüh- lichkeit aus dem Gastrointestinaltrakt, und es gibt
ren (Casas et al. 2004). Hinweise, dass das Ausmaß der Kontaktfläche der
8.4 Entzündliche Pankreaserkrankungen 639

Abb. 8.38. Unauffälliges Pankreasparenchym bei akuter Pan-


kreatitis mit ausschließlich peripankreatischen Flüssigkeits-
ansammlungen

peripankreatischen Flüssigkeitsansammlungen bzw.


peripankreatischen Nekrosen mit dem Dickdarm
(Abb. 8.40) mit der Wahrscheinlichkeit des Auf-
tretens von bakteriellen Infektionen korreliert
(Friedrich et al. 1994).
Gaseinschlüsse, die durch Anaerobier hervorgeru-
fen werden, sind in bis zu 20% der Fälle zu beobach-
ten und sind ein relativ zuverlässiger Hinweis für
eine bakterielle Besiedlung (Abb. 8.41 a, b). Nur in
seltenen Fällen werden sie durch Fisteln zum Magen-
Darm-Trakt verursacht. Insgesamt ist die Diagnostik
einer Infektion sehr schwierig und kann mit ausrei-
chender Sicherheit nur durch eine Punktion objekti-
viert werden.
Abszesse treten im Verlauf einer nekrotisierenden
Pankreatitis noch später auf und sind durch um-
schriebene Ansammlungen von Eiter im Pankreas
oder der unmittelbaren Umgebung des Organs cha-
rakterisiert, die keine oder nur noch geringfügige
Mengen von nekrotischen Debris enthalten. Im com-
putertomographischen Bild sind diese meist rundli-
chen, flüssigkeitsdichten, gut abgrenzbaren Areale in
der Regel gut zu differenzieren (Abb. 8.42 a–c). Aber
auch hier gelingt die sichere Diagnose häufig nur
durch eine Punktion.
Peripankreatische Flüssigkeitsansammlungen kön-
Abb. 8.37 a–c. Beginnende Ausbildung von Granulationsge-
nen über lange Zeit persistieren und sich frühestens
webe um die Flüssigkeitsansammlungen, die dadurch eine nach 4 Wochen zu Pseudozysten entwickeln. In der
scharfe Grenze zum umgebenden Fettgewebe bekommen CT erscheinen sie als umkapselte Flüssigkeitsräume
mit unterschiedlicher Wanddicke, wobei die Wand
nach Kontrastmittelgabe variabel kontrastiert er-
scheint (Abb. 8.43).
640 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

Abb. 8.39. Während die überwiegenden Anteile von Pankreaskorpus und Pankreasschwanz gut durchblutet sind (a), stehen nur
noch kleine Reste von Pankreaskopf und proximalem Pankreaskorpus (b,c). d Die perfundierte bogenförmige Struktur ent-
spricht dem unteren Duodenalknie (Pfeile)

Staging der akuten Pankreatitis. Verschiedene Klassifi-


kationen zur Bestimmung des Schweregrades der aku-
ten Pankreatitis wurden entwickelt, um rechtzeitig die
Patienten mit einem erhöhten Risiko für Komplikatio-
nen zu identifizieren.Während Ranson- und APACHE-
II-Score im Wesentlichen auf physiologischen Reaktio-
nen aufbauen und systemische Komplikationen wider-
spiegeln, ist die CT in der Lage, Morphologie und Aus-
dehnung der pankreatischen und peripankreatischen
Prozesse sowie die Entwicklung von Komplikationen
vor Augen zu führen. In der neuesten Version der Klas-
sifizierung nach Balthazar (2002) wird neben den peri-
pankreatischen Veränderungen auch das Ausmaß der
Pankreasparenchymnekrosen in die Beurteilung mit
einbezogen (Tabelle 8.4).
Während Patienten ohne Parenchymnekrosen
eher eine geringe Morbidität aufweisen, steigt die
Morbiditätsrate mit zunehmendem Ausmaß der Ne-
Abb. 8.40. Kontakt der peripankreatischen Fettgewebenekro- krosen deutlich an. Balthazar entwickelte einen
sen mit dem Kolon
Schweregradindex, den er in 3 Kategorien einteilte.
Die Patienten der niedrigsten Kategorie hatten eine
8.4 Entzündliche Pankreaserkrankungen 641

Abb. 8.41. a Nekrose des Parenchyms im Pankreaskopfbe-


reich. b 3 Wochen später Lufteinschlüsse als Hinweis für eine
Infektion

Mortalitätsrate von 3% und eine Morbiditätsrate von


8%, Patienten der höchsten Kategorie hatten eine
Morbiditätsrate von 92% und eine Mortalitätsrate
von 17% (Balthazar 2002).
Im Gegensatz zu Balthazar fanden andere Unter-
sucher keine derartige Korrelation von CT-Index und
den Ranson-Kriterien. Überdies konnte auch keine
signifikante Korrelation zwischen dem Ausmaß der
Parenchymnekrosen und dem endgültigen klini-
schen Verlauf hergestellt werden.
Abb. 8.42 a–c. Entwicklung eines Pankreasabszesses. a Un-
In neuester Zeit sind auch vereinfachte Klassifika- mittelbar nach ERCP wegen biliärer Pankreatitis Nachweis von
tionen vorgestellt worden, die auf dem Index von Bal- Kontrastmittel im Pankreasparenchym als Hinweis auf eine
thazar aufbauen und im Wesentlichen auf die Aus- Gangschädigung. b Etwa eine Woche später klar markierte Ne-
dehnung der intra- und extrapankreatischen Verän- krose des Pankreaskopfes. c Weitere 10 Tage später zystische
Läsion, die bei der Feinnadelpunktion Eiter ergab
derungen abheben (Casas et al. 2004; Mortelé et al.
2004). Im klinischen Alltag spielen diese Klassifika-
tionen bisher keine große Rolle, und die bislang ge-
bräuchliche Einteilung in eine interstitiell ödematöse
und eine hämorrhagisch nekrotisierende Pankreati-
tis wird in der Regel beibehalten.
642 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

∑ bei schwerer Pankreatitis nach etwa 7–10 Tagen, wobei


die klinische Besserung vor Rückgang der morphologischen
Veränderungen einsetzt,
∑ nach operativen oder interventionellen Eingriffen,
∑ vor Entlassung nach schwerer Pankreatitis, um Spätkompli-
kationen wie die Ausbildung von Pseudozysten zu erkennen.

쐍 MRT. Die MRT ist wie die CT in der Lage, die Dia-
gnose einer akuten Pankreatitis zu stellen und er-
laubt ebenfalls präzise Aussagen zur Schwere des
Krankheitsbildes. Bei Verwendung T2-gewichteter
Sequenzen und kontrastverstärkter T1-gewichteter
Sequenzen sind die Ergebnisse der CT vergleichbar,
und die Terminologie kann entsprechend übernom-
men werden (Arvanitakis et al. 2004; Lecesne et al.
Abb. 8.43. Postpankreatitische Pseudozyste ventral und apikal 1999).
des Pankreas und um die Milz Ein wichtiger Vorteil der MRT ist, dass das ver-
wendete Kontrastmittel weniger toxisch ist, so-
dass diese Untersuchung insbesondere bei Nieren-
insuffizienz die CT ersetzen kann. T2-gewichtete
Indikation und Zeitpunkt der CT-Untersuchung Sequenzen erlauben in komplexen peripankreati-
bei akuter Pankreatitis
schen Flüssigkeitsansammlungen offensichtlich eine
Im Frühstadium ist eine CT- Untersuchung angezeigt
∑ bei klinisch schwerer Pankreatitis, frühestens 2–3 Tage nach bessere Differenzierung von Flüssigkeit und nek-
Beginn der klinischen Symptomatik,um rechtzeitig therapie- rotischen Debris als die CT (Abb. 8.44 a, b). Da-
pflichtige Komplikationen zu erkennen, durch sind zuverlässigere Aussagen möglich, ob
∑ bei unklarer klinischer Diagnose, da das computertomogra- infizierte Nekrosen, Abszesse oder infizierte Pseu-
phische Bild einer akuten Pankreatitis eindeutig ist und dozysten vorliegen und drainagefähig sind. Aber
viele andere akute abdominelle Erkrankungen mit dieser auch hier kann letztlich nur die Punktion die Kom-
Methode zu erkennen sind. plikation einer Infektion sichern (Morgan et al.
2003).
Im Verlauf der Erkrankung ist eine CT-Untersuchung indiziert Es ist prinzipiell zu erwarten, dass durch eine
∑ bei plötzlicher und unerwarteter Änderung im klinischen MRCP auch der Nachweis von Gallensteinen oder die
Verlauf, Diagnose eines Pancreas divisum als Ursache einer

Tabelle 8.4. Schweregradindex der akuten Pankreatitis. (Nach Balthazar 2002)

Stadium Score Definition

A 0 Normales Pankreas
B 1 Umschriebene oder diffuse Organvergrößerung und Heterogenität
des Parenchyms
C 2 Veränderungen im Parenchym und Verdichtungen im Fettgewebe
D 3 Einzelne Flüssigkeitsansammlungen
E 4 Mehrere Flüssigkeitsansammlungen oder Gasansammlungen
Parenchymnekrosen
Keine 0 Homogene KM-Anreicherung
<30% 2 Fehlende KM-Anreicherung (<30%)
30–50% 4 Fehlende KM-Anreicherung (30–50%)
>50% 6 Fehlende KM-Anreicherung (>50%)
Schweregradindex Score des Stadiums +
Score des Nekrosegrades
0–4 Leichte Pankreatitis
5–10 Schwere Pankreatitis
8.4 Entzündliche Pankreaserkrankungen 643

im Wesentlichen durch die hohen Kosten, die unzu-


reichende Verfügbarkeit und die bislang unbefriedi-
gende Praktikabilität bedingt. Die Untersuchung
dauert im Vergleich zur CT relativ lange, und die Un-
tersuchung eines intensivpflichtigen Patienten ist mit
erheblichem Aufwand verbunden.

쐍 ERCP. Die ERCP ist zu diagnostischen Zwecken nur


in seltenen, schweren Fällen indiziert, wenn bei biliä-
rer Genese durch eine Sphinkterotomie eine entschei-
dende Verbesserung des Krankheitsverlaufes zu er-
warten ist. Dabei wird in der Regel vermieden, das
Pankreasgangsystem zu kontrastieren. Die Verände-
rung an den Pankreasgängen spiegeln nur unzurei-
chend den Schweregrad der Erkrankung wider und
rechtfertigen den Einsatz der ERCP aus diagnosti-
schen Gründen im akuten Schub nicht (Brambs 1991).

쐍 Angiographie. Eine Angiographie ist nur bei aku-


ten Blutungen indiziert, die nicht durch Ulzerationen
aus Magen und Duodenum bedingt sind. Sie ist daher
im akuten Schub der Erkrankung nur sehr selten an-
gezeigt. Arterielle Pseudoaneurysmen, die als Spät-
komplikationen einer akuten Pankreatitis auftreten
können, lassen sich meist in der CT gut darstellen
und lokalisieren. Über eine selektive Katheterisie-
rung können diese Pseudoaneurysmen embolisiert
und ausgeschaltet werden.

Interventionelle Eingriffe bei akuter Pankreatitis

쐍 Diagnostische Feinnadelaspiration. Es kann sowohl


Abb. 8.44 a, b. Klinisch leichte Form einer Pankreatitis. a In
der MRT (T2) zeigt sich eine umschriebene Exsudation ohne klinisch als auch mit Hilfe der Schnittbilddiagnostik
Nekrosen in der Bursa omentalis. b Zum Vergleich entspre- schwierig sein, eine sterile von einer infizierten Ne-
chende CT, bei der nicht zu entscheiden ist, ob nur eine Exsu- krose zu unterscheiden. Beide Formen können mit
dation oder auch eine Fettgewebenekrose vorliegt Fieber, Leukozytose und heftigen Bauchschmerzen
einhergehen. Da der rechtzeitige Nachweis einer In-
fektion für das Überleben des Patienten von kriti-
akuten Pankreatitis gestellt werden kann. Jedoch ist scher Bedeutung ist, ist in diesen Fällen eine bakte-
wenig wahrscheinlich, dass in der Papilla einge- riologische Untersuchung des nekrotischen Materi-
klemmte Steine oder sehr kleine Konkremente, die als anzustreben. Der Nachweis von Keimen durch
eine Pankreatitis auslösen können, mit hinreichen- eine Nadelaspiration ermöglicht die Wahl eines adä-
der Genauigkeit erkannt werden. Lediglich größere quaten Antibiotikums und erleichtert die Entschei-
Konkremente im Gallengang sind mit ausreichender dung zu einem operativen oder radiologisch inter-
Sicherheit zu erkennen. ventionellen Vorgehen.
Im akuten Schub einer Pankreatitis sind die Dabei ist ein sicherer Zugang entscheidend, um
Pankreasgänge durch das interstitielle Ödem eher aus Nekrosen oder Flüssigkeitsansammlungen einen
komprimiert und daher mittels MRCP ungenügend bakteriologischen Status zu gewinnen. Um ein falsch-
darstellbar, sodass auch Normvarianten wie das Pan- positives Ergebnis zu vermeiden, sollte ein trans-
creas divisum nicht zu erkennen sind. Diese Informa- enterischer Zugang vermieden werden.
tion ist im akuten Schub therapeutisch nicht relevant
und kann nach Abklingen der akuten Symptomatik
geklärt werden.
Merke ! Die sicherste und zuverlässigste Me-
thode ist die CT-gesteuerte Punktion,
Insgesamt existieren noch unzureichende Erfah- die eine Sensitivität von 96% und eine Spezifität von
rungen mit der MRT bei akuter Pankreatitis. Dies ist 99% erreicht.
644 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

Insbesondere bei ausgedehnten und oberflächlich


gelegenen Flüssigkeitsansammlungen ist auch die
ultraschallgeführte Punktion ergiebig, wenn auch die
Sensitivität und Spezifität dieses Zugangs nicht an
die CT-geführte Technik heranreichen. Ein großer
Vorteil der sonographisch gesteuerten Punktion ist
aber, dass sie bettseitig durchgeführt werden kann.
Die Punktion erfolgt nach Lokalanästhesie mit
einer 20- oder 22-gg.-Nadel. In der Regel reicht ein
einmaliger Punktionsvorgang aus. Wenn sich in der
Bildgebung mehrere getrennt von einander liegende
Areale zeigen, ist auch eine Punktion an mehreren
Orten indiziert. Meist werden nur wenige Tropfen
Flüssigkeit gewonnen, die unmittelbar an das bakte-
riologische Labor weitergegeben werden. Im Verlauf
der Erkrankung kann es notwendig werden, derarti-
ge Punktionen zu wiederholen, falls die Klinik für Abb. 8.45. Drainage eines Pankreasabszesses
eine Infektion spricht. Dabei scheint es für das Er-
gebnis der Punktion keine Rolle zu spielen, ob der
Patient vorher antibiotisch behandelt wurde.
8.4.2
쐍 Perkutane Drainage. Die erfolgreiche Punktion und Chronische Pankreatitis
Drainage von Flüssigkeitsansammlungen infolge ei-
ner akuten Pankreatitis hängt wesentlich von der
Beschaffenheit dieser Veränderungen ab. So sind um- 왔 Die chronische Pankreatitis ist als
Definition
schriebene dünnflüssige Ansammlungen leicht und eine persistierende entzündliche Er-
effektiv zu drainieren (Abb. 8.45), während bei soli- krankung des Pankreas mit progredientem Paren-
dem nekrotischen Material eine Drainage als frag- chymverlust und Destruktion des Gangsystems defi-
würdig gilt. Da in den meisten Publikationen zu niert.
dieser Thematik nicht streng zwischen infizierten
Nekrosen, Abszessen und infizierten Pseudozysten Ätiologie und Pathogenese
unterschieden wurde, werden sehr unterschiedliche Derzeit wandeln sich die Ansichten zur Pathogenese
Erfolgsraten angegeben. der chronischen Pankreatitis. Die Erkrankung wird
Infizierte pankreatische und peripankreatische zunehmend als multifaktorieller Prozess verstanden,
Nekrosen sind in der Regel eine spezifische Indika- bei dem unterschiedliche genetische und nichtgene-
tion für die operative Sanierung. Neuerdings wurde tische (z. B. Alkohol und Nikotin) Riskofaktoren
über die radiologisch-interventionelle Drainage von interagieren und im Zusammenspiel zur Manifesta-
infizierten Nekrosen als einer sicheren und effekti- tion und Ausprägung der Erkrankung beitragen.
ven Maßnahme berichtet (Ferrucci u. Mueller 2003).
Im Gegensatz zur Drainage von Pankreasabszes-
sen, die in einem hohen Prozentsatz therapeutisch Merke !In Europa sind etwa 70–90% der chro-
nischen Pankreatitiden mit langjähri-
erfolgreich ist, liegt die Heilungsrate bei infizierten gem Alkoholabusus assoziiert.
Nekrosen nur bei etwa 50% (Freeny et al. 1998; van
Sonnenberg et al. 1997). Jedoch kann bei etwa 3/4 der Seltenere Ursachen umfassen Autoimmunerkran-
Patienten zumindest eine Sepsis unter Kontrolle ge- kungen, Hypertriglyzeridämie, Hyperparathyreoi-
bracht werden. dismus, tropische Pankreatitis, das Pancreas divisum,
Die perkutane Drainage ist sehr zeitaufwändig tumorbedingte Obstruktionen und genetische De-
und verlangt ein hohes Maß an Engagement von Sei- fekte. Der Rest wird als idiopathische Pankreatitis
ten des interventionellen Radiologen sowie eine in- (10–30%) klassifiziert.
tensive Kooperation mit dem chirurgischen Partner. Die chronische alkoholische Pankreatitis manifes-
tiert sich meist zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr,
nachdem in der Regel über 10–20 Jahre ein Alkohol-
abusus betrieben wurde. Zusätzlicher Nikotinabusus
führt offensichtlich zu einer rascheren Entwicklung
der Erkrankung mit Verkalkungen. Viele Patienten
mit alkoholischer Pankreatitis zeigen in der Früh-
8.4 Entzündliche Pankreaserkrankungen 645

phase rezidivierende Schübe einer akuten Pankreati- lobuläre Fibrose vor, während in späteren Stadien
tis, die nach mehreren Jahren in eine chronische Pan- duktale Veränderungen mit Strikturen und Dilatatio-
kreatitis übergeht. In einer großen Studie zum natür- nen, Eindickung des Sekrets zu Proteinpfröpfen und
lichen Verlauf der chronischen Pankreatitis ent- schließlich Verkalkungen auftreten. Lediglich bei der
wickelte sich eine exokrine Insuffizienz bei 48% der obstruktiven Pankreatitis sind die Veränderungen
Patienten nach einem durchschnittlichen Verlauf von auf den Teil des Pankreas beschränkt, der hinter der
etwa 13 Jahren, während sich eine endokrine Insuffi- Obstruktion liegt. Proteinpfröpfe und Steinbildun-
zienz bei 38% der Patienten nach durchschnittlich gen werden hierbei in der Regel nicht beobachtet.
etwa 20 Jahren ausbildete (Layer et al. 1994).
Etwa 10–30% der chronischen Pankreatitiden Klinik
werden als idiopathisch eingestuft. Es wird hierbei Das hervorstechende Symptom ist der Schmerz, der
zwischen einer Form, die in frühen Jahren beginnt, wahrscheinlich überwiegend durch eine perineurale
und einer Form, die im fortgeschrittenen Alter ein- Entzündung und durch einen erhöhten intraduktalen
setzt, unterschieden. Bei der juvenilen Form ist der Druck verursacht wird. Der Schmerz unterdrückt
Verlauf meist durch rezidivierende schmerzhafte den Appetit, führt daher zu reduzierter Nahrungszu-
Pankreatitisschübe gekennzeichnet. Morphologisch fuhr und schließlich zu Malnutrition und Gewichts-
fassbare Veränderungen treten im Vergleich zur alko- verlust. Dieser Schmerz ist häufig auch die Indikation
holischen Pankreatitis erst sehr spät auf, sodass die zur chirurgischen Therapie.
Diagnosestellung mangels genau festgelegter Krite- Der Beginn der Erkrankung ist oft durch rezi-
rien erschwert ist. Bei der Altersform stehen dagegen divierende schmerzhafte Schübe einer akuten Pan-
die Schmerzen nicht im Vordergrund. Neuere Stu- kreatitis gekennzeichnet, später entwickelt sich das
dien deckten bei idiopathischer chronischer Pan- Bild einer exokrinen und endokrinen Insuffizienz.
kreatitis in bis zu 30% der Fälle Genmutationen auf.
Die hereditäre Pankreatitis ist eine seltene autoso- Diagnostik
mal-dominante Erkrankung, die etwa 1% der chroni- Es gibt keine Einteilung nach klinischen Schweregra-
schen Pankreatitis ausmacht. Die Erkrankung tritt in den, da es nahezu unmöglich ist, die Schmerzsymp-
der Kindheit bis zum frühem Erwachsenenalter auf tomatik zu quantifizieren. Die Einteilung nach funk-
und ist durch schmerzhafte, rezidivierende Schübe tionellen Gesichtspunkten ist relativ zuverlässig, aber
einer Pankreatitis gekennzeichnet. aufwändig und daher Spezialabteilungen vorbehal-
Die Autoimmunpankreatitis ist durch den Nach- ten.
weis von Antikörpern und eine Erhöhung von Im- Aufgaben der bildgebenden Diagnostik sind:
munglobulinen charakterisiert. In etwa 60% ist die
∑ Diagnosestellung,
Erkrankung mit anderen Autoimmunerkrankungen
∑ Bestimmung des Schweregrades bzw. Stadiums
assoziiert. Immunologische Mechanismen spielen
der Erkrankung,
auch bei der Form der chronischen Pankreatitis
∑ Nachweis von Komplikationen,
eine Rolle, die bei Patienten mit chronischen Darm-
∑ Hilfestellung bei Interventionen.
erkrankungen beobachtet werden kann.
Die obstruktive chronische Pankreatitis ist durch In frühen Stadien der Erkrankung sind sowohl die
eine Stenosierung des Pankreasgangs durch Tumo- morphologische Diagnostik als auch die Funktions-
ren, Pseudozysten oder Narben bedingt. In diesen tests wenig aussagekräftig, während sie mit fort-
Kreis kann auch die chronische Pankreatitis bei den schreitender Erkrankung zunehmend an Zuverläs-
Fällen von Pancreas divisum gezählt werden, bei de- sigkeit gewinnen. Die bildgebenden Verfahren zeigen
nen die Minorpapille so eng ist, dass eine chronische im frühen Verlauf der Erkrankung eine unbefriedi-
Druckerhöhung resultieren kann. gende Korrelation mit Funktionsstörungen. Außer-
Die tropische Pankreatitis kommt überwiegend dem kann mit Hilfe der Bildgebung nur begrenzt zwi-
in bestimmten Gebieten Indiens vor und befällt fast schen den verschiedenen ätiologischen Formen einer
ausschließlich Jugendliche und junge Erwachsene. chronischen Pankreatitis differenziert werden.
Die Ursache der Erkrankung ist noch nicht geklärt In fortgeschrittenen Stadien besteht die Drüse fast
und wird häufig mit der Einnahme von Cassava in ausschließlich aus fibrösem Gewebe mit Zerstörung
Zusammenhang gebracht. und Verminderung des exokrinen Drüsengewebes.
Patienten mit einer zystischen Fibrose entwickeln Häufig sind der Pankreasgang und seine Seitenäste
meist eine chronische Pankreasinsuffizienz und fallen erweitert. Die Ursache der Dilatation ist nicht immer
nicht durch rezidivierende Pankreatitisschübe auf. erkennbar und ist z. T. durch Strikturen, Proteinprä-
Die unterschiedlichen Formen der chronischen zipitate oder Gangsteine bedingt und z. T. durch
Pankreatitis führen letztlich zu gleichen pathologi- narbigen Zug bei periduktaler Fibrose verursacht.
schen Befunden. In der frühen Phase liegt eine inter- Ödem, Entzündung und Nekrosen werden in unter-
646 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

Tabelle 8.5. Stadieneinteilung der chronischen Pankreatitis (Ultraschall, CT und MRT)

Normal Keine Auffälligkeiten bei guter Darstellung des Organs

Fraglich Eines der folgenden Kriterien:


Geringe Erweiterung des Pankreasgangs
Leichte Vergrößerung des Organs (bis zum Zweifachen)
Leicht bis mittelgradig Zusätzlich mindestens eines der folgenden Kriterien:
Gangirregularitäten
Zysten <1 cm Durchmesser
Heterogenes Parenchym
Irreguläre Kontur des Organs
Fokale Parenchymnekrosen
Schwer Zusätzlich mindestens eines der folgenden Zeichen:
Deutliche Erweiterung oder Irregularitäten des Pankreasgangs
Zysten >l cm Durchmesser
Intraduktale Füllungsdefekte
Verkalkungen
Strikturen

schiedlichem Maße gefunden. Im Gegensatz zum


exokrinen Drüsengewebe sind die Langerhans-In-
seln über lange Zeit gut erhalten.
Eine Definition der Erkrankung, die auf histologi-
schen Veränderungen basiert, ist klinisch wenig
hilfreich, da in der Regel keine Biopsien gewonnen
werden, um die Diagnose zu sichern oder ihren
Schweregrad zu bestimmen. Stattdessen ist es unter
klinischen Gesichtspunkten praktikabler, sich auf
morphologische Daten zu stützen, die Schnittbild-
verfahren wie Ultraschall und CT und die Gangdar-
stellung mittels MRCP oder ERCP ergeben (Tabel-
le 8.5).

쐍 ERCP und MRCP (einschließlich MRT). Da die morpho-


logischen Veränderungen bei der chronischen Pan-
kreatitis an den Gangstrukturen beginnen und dort
sehr gut zu quantifizieren sind (Abb. 8.46), war die
ERCP lange Zeit die bevorzugte Methode zur Dia-
gnostik der chronischen Pankreatitis. Die ERCP ist
unverändert das sensitivste Verfahren im Nachweis
von diskreten Gangveränderungen, wird aber wegen
der Komplikationsrisiken zunehmend zurückhal-
tend eingesetzt. Heute haben die Schnittbildverfah-
ren diese Rolle übernommen, und es besteht weitge-
hend Übereinstimmung, dass die ERCP nur noch Abb. 8.46. Schematische Darstellung der Pankreasgangverän-
derungen mit zunehmender Vemarbung des exokrinen Pan-
dann indiziert ist, wenn mit diesem Verfahren auch kreasgewebes. (Nach Stolte et al. 1981; mit freundlicher Geneh-
interventionelle Maßnahmen vorgesehen sind. Die migung des Autors)
Kenntnis der Veränderungen ist nach wie vor wich-
tig, da die diagnostischen Kriterien auf die MRCP
übertragen werden können, wenn auch die Auflösung
dieser Methode derzeit noch nicht die Qualität der mittels Stimulation durch Sekretin erreicht werden,
ERCP erreicht. solange das Pankreas noch nicht schwer funktionsge-
Mit Hilfe der MRCP wird das Pankreasgangsystem stört ist. Die intravenöse Gabe von Sekretin ist in der
gleichsam nativ dargestellt, während bei der ERCP Regel risikolos. Lediglich bei obstruktiven Formen
ein bestimmtes Kontrastmittelvolumen in die Gänge einer Pankreatitis (einschließlich Pancreas divisum)
injiziert und dadurch eine Dilatation provoziert kann nach Stimulation ein passagerer Obstruktions-
wird. Ein vergleichbarer Effekt kann bei der MRCP schmerz auftreten.
8.4 Entzündliche Pankreaserkrankungen 647

Abb. 8.47. Leichte chronische Pankreatitis im Caudabereich

Abb. 8.49. KM-Aussparungen im erweiterten Pankreasgang


(Konkremente)

Abb. 8.48. Leichte Erweiterung und irreguläre Kontur des


Pankreasgangs

Abb. 8.50. Pseudozyste lateral des eingeengten Gallengangs


Die morphologischen Veränderungen beginnen an und Pankreashauptgangs. Kleines Konkrement im Uncinatus-
ast (Pfeile)
den Seitenästen, die zunehmend kürzer und plumper
werden und z. T. verlegt sind, sodass eine Rarefizie-
rung dieser Seitenäste resultiert (Abb. 8.47). Im weite-
ren Verlauf bekommt der Pankreashauptgang eine kontur des Pankreashauptgangs werden in der MRCP
irreguläre Kontur und wird weiter (Abb. 8.48). Es ent- zuverlässig erfasst und auch Aussparungen (Steine,
wickeln sich kurz- oder langstreckige Strikturen, und Proteinpfröpfe und Debris) sind im erweiterten Pan-
in den erweiterten Gängen treten Kontrastmittelaus- kreasgang ab einem Durchmesser von 2 mm sicher
sparungen auf, die durch verkalkte Proteinpräzipitate zu erkennen. Bei einem Nebeneinander von erweiter-
bedingt sind (Abb. 8.49). Schließlich treten Pseudo- ten und stenosierten Gangabschnitten entsteht ein
zysten unterschiedlicher Größe auf, die mit den Pan- charakteristisches, perlschnurartiges Bild. Auch die
kreasgängen kommunizieren können (Abb. 8.50). Erweiterung des Gallengangs kann problemlos dar-
Beginnende Veränderungen der Seitenäste lie- gestellt werden.
gen meist unterhalb der räumlichen Auflösung der Im Nachweis von Pseudozysten ist die MRCP der
MRCP, jedoch können zystische Verplumpungen gut ERCP überlegen, da auch die Pseudozysten, die kei-
dargestellt werden (Abb. 8.51 a,b, Abb. 8.52 a, b). Er- nen Anschluss an das Pankreasgangsystem haben,
weiterungen und Unregelmäßigkeiten in der Gang- abgebildet werden.
648 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

Abb. 8.52 a, b. Erweiterter Pankreasgang und Pseudozysten


im Pankreaskopf und in der Pankreascauda

denum erscheinende signalintense Flüssigkeit fast


ausschließlich aus dem Pankreas stammt. Von Cap-
peliez et al. (2000) wurde je nach Flüssigkeitsfüllung
des Duodenums eine Gradeinteilung vorgeschlagen:

Abb. 8.51 a, b. Erweiterte und verplumpte Pankreasgänge in Grad 1 Füllung des Bulbus duodeni,
der MRCP Grad 2 Füllung des Bulbus und des Duodenums bis
zum unteren Knie,
Grad 3 Füllung über das untere Duodenalknie hin-
aus.
Nach Stimulation mit Sekretin kann bei frühen For-
men der chronischen Pankreatitis, die noch eine gute Mit ausreichender Sensitivität und Spezifität ergibt sich
bis ausreichende Sekretionsleistung zeigen, eine ver- eine Korrelation zur eingeschränkten exokrinen Funk-
besserte Gangfüllung mit Pankreassekret und damit tion der Drüse. Daneben eignet sich das Verfahren auch
eine verbesserte Darstellung des Pankreasgangs erzielt zum besseren Nachweis und zur Verlaufsbeobachtung
werden. Bei ausgebrannten Formen einer chronischen einer chronisch idiopathischen Pankreatitis bei Kin-
Pankreatitis bleibt die Sekretion aus, und die Dehn- dern und Jugendlichen (Manfredi et al. 2002).
barkeit des Pankreasgangs geht verloren. In der Regel werden im Rahmen einer MRCP auch
Wenn vor der Sekretinstimulation eisenhaltiges Schnittbilder des Pankreas gewonnen, die eine Atro-
Kontrastmittel getrunken wird und dadurch die Flüs- phie des Pankreasgewebes, Gangerweiterungen und
sigkeit im Magen und Duodenum im T2-gewichteten Pseudozysten ebenso wie andere Schnittbildverfah-
Bild gleichsam abgepuffert wird, kann eine semi- ren zeigen können. Lediglich Verkalkungen können
quantitative Abschätzung der Sekretionsleistung des schlechter als mit anderen Schnittbildverfahren wie
Pankreas erfolgen, da die nach Stimulation im Duo- Ultraschall und CT dargestellt werden.
8.4 Entzündliche Pankreaserkrankungen 649

Abb. 8.53. Inhomogener Pankreaskopf im Ultraschall mit


kleinen echoarmen Arealen

Abb. 8.55 a, b. In der CT (axial und koronar) ist das gesamte


Pankreas von Verkalkungen durchsetzt

Die charakteristischen Zeichen sind Pankreas-


gangerweiterung, intraduktale Verkalkungen und
Pseudozysten, die bei weit fortgeschrittener Erkran-
kung nachzuweisen sind (Abb. 8.54).
Die gegenüber dem transabdominellen Ultra-
Abb. 8.54. Deutlich erweiterter Pankreashauptgang mit intra- schall deutlich höhere Auflösung des EUS lässt die
duktalem Konkrement (Schallschatten). Das periduktale Pan- morphologischen Veränderungen merklich detail-
kreasgewebe ist durch Atrophie nur noch dünn und echoreich lierter erkennen. Allerdings sind die oft minimalen
Veränderungen der Echostruktur schwer zu deuten,
da ein zuverlässiger Goldstandard fehlt. Es ist aller-
쐍 Ultraschall. Die Sonographie ist die am häufigsten dings weitgehend akzeptiert, dass bei Fehlen von
eingesetzte Methode, um Veränderungen einer chro- Auffälligkeiten eine chronische Pankreatitis unwahr-
nischen Pankreatitis nachzuweisen. Die Wertigkeit scheinlich ist. So ist beispielsweise bisher unklar, ob
des Verfahrens hängt ganz entscheidend davon ab, der EUS frühe Veränderungen einer chronischen
wie weit fortgeschritten die Erkrankung ist. Pankreatitis sensitiver auf- deckt als die ERCP oder
Größe und Struktur des Organs können bereits bei Funktionsuntersuchungen oder ob mit dieser Metho-
mittelgradig ausgeprägten Veränderungen auffällig de eine Überdiagnostik droht.
sein. Dabei kann das Parenchym echoreich, schmal
und atrophisch sein oder umschrieben echoarm oder 쐍 Spiral-CT. Die Spiral-CT wird bei der chronischen
diffus vergrößert erscheinen (Abb. 8.53). Echoarme Pankreatitis im Wesentlichen zum Nachweis von
Veränderungen sind meist Ausdruck einer Entzün- Komplikationen eingesetzt. Neben der Größe und
dungsaktivität, während schmale echoreiche Paren- der Struktur des Organs, dem Ausmaß der Gang-
chymreste fibrotischen Veränderungen entsprechen. erweiterung und der Verkalkungen können Zahl
Bei Verkalkungen in den kleinen Seitenästen kann die und Größe von Pseudozysten genau erfasst werden
Struktur inhomogen und wie gesprenkelt imponieren. (Abb. 8.55 a, b).
650 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

Schübe einer akuten Pankreatitis auf dem Boden


chronischer Veränderungen können insbesondere
an peripankreatischen Flüssigkeitsansammlungen
gut erkannt werden (Abb. 8.56). Mit hochauflösenden
Untersuchungsprogrammen gelingt meist auch die
Unterscheidung von Pseudozysten und frischen Par-
enchymnekrosen.
Komplikationen wie Einblutungen in Zysten, die
Ausbildung von vaskulären Komplikationen wie Ver-
schluss der Pfortader oder Milzvene sind zweifelsfrei
darzustellen, und Komplikationen wie die Entwick-
lung von Pseudoaneurysmen sind in der Regel auch
präzise einem arteriellen Gefäß zuzuordnen.
Eine weitere Indikation besteht in der Differen-
zialdiagnose zum Pankreaskarzinom, wobei in den
meisten Fällen eine Unterscheidung problemlos Abb. 8.56. Ödematös aufgetriebener Pankreaskopf mit Verkal-
möglich ist. Wenn es aber durch umschriebene Ent- kungen bei akutem Pankreatitisschub bei chronischer Pankre-
zündungen zu einer Größenzunahme und zu Form- atitis
veränderungen des Organs kommt und diese von ei-
ner Erweiterung des Pankreasgangs und des Gallen-
gangs begleitet sind, kann eine sichere Differenzie-
rung schwierig werden (Abb. 8.57).

Komplikationen
Komplikationen, die sich im Verlauf einer chroni-
schen Pankreatitis einstellen können, sind
∑ Pseudozysten, gelegentlich mit Infektion oder
Einblutung,
∑ Pankreasgangobstruktionen durch narbige Strik-
turen oder Steine,
∑ Gallengangstenose,
∑ Duodenalstenose,
∑ portale Hypertonie mit gastrointestinalen Vari-
zen.
Abb. 8.57. Hypodense Zone im Pankreaskopf, erweiterter
Darüber hinaus besteht ein erhöhtes Risiko für die Pankreasgang und nekrotisches Areal im Pankreasschwanz bei
Entwicklung eines Pankreaskarzinoms und extra- Pankreaskopfkarzinom (primär in der ERCP als Pankreatitis
pankreatischer Malignome im Oropharynx, Ösopha- diagnostiziert)
gus und Bronchialsystem.

쐍 Pseudozysten. Bei etwa 25% der Patienten mit die Pseudozysten sind dann eher einer Operation
chronischer Pankreatitis werden Pseudozysten beob- oder einem interventionellen Eingriff zugänglich.
achtet. Die meisten Pseudozysten entwickeln sich in- Retentionszysten weisen üblicherweise eine Gang-
folge einer alkoholischen Pankreatitis, seltener nach kommunikation und eine vorgeschaltete Gangste-
einer biliären Pankreatitis oder nach einem Trauma. nose auf, die durch narbige Strikturen oder durch Tu-
Das häufigste Symptom ist der abdominelle Schmerz, moren bedingt sein kann. Sie sind wahrscheinlich
weniger häufig werden Übelkeit und Erbrechen, Folge einer Gangruptur (Abb. 8.58 a, b).
Ikterus oder Blutungen gesehen. Komplikationen im Rahmen von Pseudozysten
In den meisten Fällen entstehen diese Pseudozys- (Infektion, Größenzunahme mit Kompression, Rup-
ten aus Nekrosehöhlen im umgebenden Fettgewebe tur und Blutung) werden in etwa 5–40% der Fälle an-
(postnekrotische Pseudozysten). Daher werden gegeben, wobei etwa die Hälfte dieser Komplikatio-
Kommunikationen zum Pankreasgangsystem eher nen konservativ behandelt werden kann. Das wich-
selten gesehen. In der frühen Phase der Ausbildung tigste Kriterium, das die Notwendigkeit einer Inter-
einer postnekrotischen Pseudozyste besteht die vention anzeigt, scheint die Zystengröße zu sein. Je
Wand aus Granulationsgewebe und ist noch dünn, größer die Zysten werden, desto wahrscheinlicher
mit zunehmender Dauer wird die Wand dicker, und wird die Notwendigkeit einer Therapie. Eine Größe
8.4 Entzündliche Pankreaserkrankungen 651

Abb. 8.58. a Punktion einer Retentionszyste, über die sich der


Pankreasgang bis in Korpusmitte füllen lässt. b Verschluss
durch intraduktale Konkremente

Abb. 8.59. a Im Farbdoppler zeigt sich eine sehr intensive


Durchblutung in der zystischen Pankreasläsion, die sich da-
von 6 cm gilt als kritische Größe. Symptomatische, durch als Pseudoaneurysma entlarvt. b Nach Embolisation sis-
tierender Blutfluss im Pseudoaneurysma
komplizierte oder wachsende Zysten bedürfen einer
Therapie, die chirurgisch, endoskopisch oder radio-
logisch erfolgen kann.

쐍 Blutung. Blutungen können durch Wandverlet- sinistra (5%), der A. hepatica (5%) und seltener der
zungen einer Pseudozyste, durch Pseudoaneurysmen A. mesenterica superior, der jejunalen und ileozöka-
oder durch eine portale Hypertonie verursacht sein. len Arterien und der Aorta (1–3%).
Durch Größenzunahme der Pseudozyste können Während früher die Angiographie die bevorzugte
kleine Gefäße in der Zystenwand reißen. Diese Form diagnostische Methode war, um derartige Komplika-
der Hämorrhagie bleibt aber meist begrenzt. tionen nachzuweisen und zu lokalisieren, gelten heu-
Pseudoaneurysmen entstehen durch eine druckbe- te der Farbdoppler (Abb. 8.59 a, b) und die Spiral-CT
dingte und enzymatische Andauung einer arteriellen als Methoden der Wahl. Insbesondere mit schnellen
Gefäßwand. Dabei kann das Gefäß in die Pseudozys- und hochauflösenden MD-Geräten kann eine Blu-
te, in die Bauchhöhle oder in den Gastrointestinal- tung rasch geortet und die Möglichkeit einer inter-
trakt rupturieren. Über eine Verbindung zum Pan- ventionellen Therapie gut abgeschätzt werden. Nach
kreasgang kann sich die Blutung in das Gangsystem intravenöser Kontrastmittelgabe zeigt sich das Pseu-
und weiter in das Duodenum ausbreiten (Hämosuc- doaneurysma als intensiv kontrastierende Höhle im
cus pancreaticus oder Wirsungorrhagie). Diese Blu- Bereich der Pseudozyste (Abb. 8.60). Im Blutungs-
tungen können schwach sein und intermittierend intervall kann frisches Blut in einer Pseudozyste, in
auftreten, aber auch massiv und lebensbedrohlich der Abdominalhöhle oder in einem Darmabschnitt
werden. Die Mortalität dieser Blutungen ist hoch erkannt werden.
(40–60%), wenn Diagnose und Therapie verschleppt
werden.
Am häufigsten ist die Milzarterie (40%) betroffen,
Merke ! Die angiographische Embolisation
hat sich mittlerweile zur bevorzugten
gefolgt von der A. gastroduodenalis (30%), den pan- Therapie entwickelt und ist in 67–100% erfolgreich
kreatikoduodenalen Arterien (20%), der A. gastrica (Gambiez et al. 1997).
652 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

Abb. 8.60. Chronische Pankreatitis mit Pseudoaneurysma ne-


ben einer Pankreaspseudozyste

Insbesondere durch die Entwicklung von Mikro-


kathetern und geeigneten Embolisationsmaterialien
konnte die Erfolgsrate in den letzten Jahren deutlich
verbessert werden. Wegen der guten Kollateralisie-
rung der peripankreatischen Arterien ist unbedingt
ein Gefäßverschluss proximal und distal des Pseudo-
aneurysmas anzustreben (Abb. 8.61 a, b).
Bei hämodynamisch instabilen Patienten und bei
rezidivierenden Blutungen muss chirurgisch vorge-
gangen werden. Hierbei wird eine Erfolgsrate von
70–85% bei einer Mortalität von 20–25% angegeben.

쐍 Gallengangobstruktion. Entzündliche oder narbige


Veränderungen im Pankreaskopf und große Pankre-
aspseudozysten können den distalen Gallengangab-
schnitt einengen oder komprimieren, sodass Ikterus
oder eine Cholangitis resultieren. Mittels Schnittbild- Abb. 8.61. a Angiographische Darstellung des Pseudoaneurys-
mas, das aus der A. gastroduodenalis gespeist wird. b Nach
diagnostik oder ERCP/MRCP kann die typische Embolisation mit Coils kein Blutfluss mehr im Aneurysma
langstreckige Stenose des Choledochus und die Auf-
stauung der Gallenwege gut dargestellt werden
(Abb. 8.62).
Während die alleinige Aufweitung der Gallenwege gentlich eine konventionelle Röntgenuntersuchung
nicht ausreicht, um eine Therapie zu veranlassen, ist indiziert. Häufig kann aber auch anhand einer CT-
eine Cholangitis eine eindeutige Indikation für ein Untersuchung die Ausdehnung einer Duodenalste-
aktives Vorgehen. In diesen Fällen wird primär zu- nose gut erkannt werden.
meist die endoskopische Einlage einer passageren
Prothese vorgenommen. Nur wenn die endoskopi- 쐍 Pankreasfisteln. Fisteln des Pankreas sind durch
sche Therapie nicht möglich ist, wird ein perkutan- eine Verletzung oder Zerstörung des Pankreasgangs
transhepatischer Zugang angestrebt. oder seiner Seitenäste bedingt, wobei die auslösen-
den Mechanismen ganz unterschiedlich sein können:
쐍 Duodenalobstruktion. Etwa 5% der Patienten mit Traumen, chirurgische Eingriffe, eine nekrotisieren-
chronischer Pankreatitis entwickeln eine Duodenal- de Pankreatitis, Abszesse, Pseudozysten oder eine
stenose mit den entsprechenden Symptomen wie akute Exazerbation einer chronischen Pankreatitis.
Übelkeit, Erbrechen, Gewichtsverlust und Gewichts- Die Fistel kann mit dem Peritoneum, dem Retroperi-
abnahme. Da das Ausmaß der Stenose endoskopisch toneum, den Hohlorganen oder mit der Haut kom-
oft nicht ausreichend beurteilt werden kann, ist gele- munizieren. Bei internen Fisteln ist eine Gangdarstel-
8.4 Entzündliche Pankreaserkrankungen 653

Abb. 8.63. Sondierung einer Hautfistel, die vom Pankreasgang


ausgeht

Abb. 8.62. Einengung des distalen Gallengangs bei chronisch


kalzifizierender Pankreatitis

Rinnenpankreatitis
Diese Variante einer segmentalen Pankreatitis spielt
lung über eine ERCP oder eine MRCP nötig, um das sich im Wesentlichen in der Rinne zwischen Pankre-
Ausmaß und den Verlauf der Fistelbildung darzustel- askopf, Duodenum und Gallengang ab, während das
len. Bei externen Fisteln ist die direkte Fistulographie restliche Pankreas nicht oder nur geringfügig invol-
geeignet, den oft fuchsbauartigen Verlauf derartiger viert ist. Eine Verwechslung mit einem Pankreaskar-
Fisteln abzubilden (Abb. 8.63). zinom ist häufig (Yamaguchi u. Tanaka 1992).
In dieser Rinne kommt es zu einer ausgeprägten,
Sonderformen der chronischen Pankreatitis bisweilen tumorähnlichen Narbenbildung, die von
Einige Formen der chronischen Pankreatitis weisen einer deutlichen Verdickung der Duodenalwand
eine charakteristische Klinik auf oder zeigen mor- begleitet ist. Damit geht eine Einschnürung des
phologische Besonderheiten, die eine diagnostische Pankreasgangs im präpapillären Abschnitt ein-
Abgrenzung erlauben und daher eine besondere her, die zu Verwechslungen mit einem Tumor führen
Erwähnung verdienen. kann (Abb. 8.64). In der verdickten Duodenal-
wand entwickeln sich häufig intramurale Pseudo-
Obstruktive chronische Pankreatitis zysten.
Die häufigsten Ursachen einer Gangobstruktion sind Das sonographische Zeichen der Rinnenpankreati-
das Pankreaskarzinom und Tumoren an der Papille. tis ist eine sichelförmige, echoarme Schicht zwischen
Seltenere Ursachen sind intraduktale Tumoren, zysti- der verdickten Duodenalwand und dem Pankreas.
sche und endokrine Tumoren, erworbene oder ange- In der CT kommen die Verdickung der Duodenal-
borene Strikturen des Pankreasgangs. Auch das wand, die breite Narbenplatte und die Duodenal-
Pancreas divisum gehört in diese Gruppe. Infolge der wandzysten insbesondere bei ausreichender Wasser-
Obstruktion kommt es zu einer Erweiterung des füllung des Duodenums und nach intravenöser
Gangsystems proximal der Stenose und schließlich Gabe von Buscopan gut zur Darstellung (Abb. 8.65,
zur Atrophie des Pankreasparenchyms. Steinbildun- Abb. 8.66). Die Narbe nimmt nur geringfügig Kon-
gen sind bei obstruktiver Pankreatitis selten. trastmittel auf.
654 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

Abb. 8.64. Einengung des papillennahen Pankreasgangs bei


Rinnenpankreatitis

Abb. 8.66. Wandverdickung des Duodenums mit wandständi-


gen Pseudozysten

Abb. 8.65. In der CT tumorartige Wandverdickung zwischen


Duodenalwand und Pankreaskopf

In der MRT ist diese dicke Narbenschicht auf


T1-gewichteten Sequenzen hypointens und zeigt
nach Kontrastmittelgabe eine geringe und verzöger-
te Anreicherung. Auf T2-gewichteten Aufnahmen er-
scheint diese Narbenplatte isointens oder gering hy-
perintens, während die Pseudozysten in der Rinne
und in der Duodenalwand signalreich zur Darstel-
lung kommen (Irie et al. 1998). Sehr gut kommen na-
türlich auch in der MRCP die Duodenalwandzysten
und die Beziehung zum Pankreasgang und Gallen-
gang zur Darstellung (Abb. 8.67 a, b). Im intrapankre-
atischen Abschnitt ist der Gallengang relativ lang-
streckig mit glatten Konturen eingeengt, während
beim Pankreaskarzinom die Stenosierung abrupt Abb. 8.67. a Leichte Einengung des Pankreasgangs im Kopfbe-
und mit irregulären Konturen imponiert. reich. b Kleine zystische Areale in der Duodenalwand
8.4 Entzündliche Pankreaserkrankungen 655

Autoimmunpankreatitis
Die Autoimmunpankreatitis (primär sklerosierende
Pankreatitis, lymphoplasmazelluläre sklerosierende
Pankreatitis, nichtalkoholische gangdestruktive chro-
nische Pankreatitis) wird häufiger bei Männern
beobachtet und in den letzten Jahren zunehmend be-
schrieben. Sie kommt in allen Altersstufen vor. Wäh-
rend nach europäischen und amerikanischen Publi-
kationen eher jüngere Individuen betroffen sind, tritt
die Erkrankung nach asiatischen Veröffentlichungen
überwiegend in höherem Alter auf. In etwa der Hälf-
te der Fälle ist diese Form der Pankreatitis mit Er-
krankungen wie der primär sklerosierenden Chol-
angitis, der primär biliären Zirrhose, dem Sjögren-
Syndrom, dem Lupus erythematodes und chronisch
Abb. 8.68. Verminderte KM-Aufnahme im Pankreaskopfab-
entzündlichen Darmerkrankungen assoziiert. Viele schnitt bei einer fokalen Form einer Autoimmunpankreatitis
Patienten zeigen im Serum Marker einer Autoim- (Pfeile)
munerkrankung wie erhöhte IgG-Werte und anti-
nukleäre Antikörper. Histopathologisch lässt sich die
Autoimmunpankreatitis gut von der alkoholischen
Form der Pankreatitis abgrenzen und ist durch peri-
duktale, lymphoplasmazelluläre Infiltrate charakteri-
siert, die schließlich zu Gangstrikturen und Fibrose
führen (Ectors et al. 1997).
Die Klinik ist unspezifisch mit Oberbauchbe-
schwerden, Müdigkeit und in manchen Fällen Ikte-
rus. Wiederholte Attacken einer akuten Pankreatitis
sind eher selten. Nach Therapie mit Kortikoiden
kann es zu einem Rückgang der morphologischen
Veränderungen und zu einer Verbesserung der Funk-
tion kommen, was auch differenzialdiagnostisch be-
deutsam sein kann.
Auch die Bildgebung zeigt Unterschiede im Ver- Abb. 8.69. Im T2-gewichteten Bild erscheint der segmentale
Abschnitt mit Autoimmunpankreatitis im Vergleich zum rest-
gleich zur chronischen, alkoholinduzierten Pankrea- lichen Pankreasgewebe hyperintens
titis (Sahani et al. 2004). Ein typisches Erscheinungs-
bild ist eine umschriebene oder diffuse Raumforde-
rung, die mit einem Karzinom verwechselt werden Im Vergleich zu einer karzinombedingten Ob-
kann (Kawamoto et al. 2004). Im Pankreaskopf kön- struktion sind die Erweiterungen der Pankreasgänge
nen diese entzündlichen oder fibrotischen Verände- nur gering ausgeprägt oder fehlen. Charakteristi-
rungen auch einen schmerzlosen Ikterus auslösen. In scher sind Gangstrikturen, die sich meist besser in
der Dünnschnitt-CT kann sich nach Kontrastmittel- der ERCP als in der MRCP nachweisen lassen (Abb.
gabe eine auffällige Kontrastanreicherung der Gal- 8.70). Vereinzelt finden sich Verschlüsse der V. liena-
lengang- und Gallenblasenwand zeigen. lis, die durch eine begleitende Venulitis verursacht
Die diffusen Formen nehmen gleichmäßig Kon- sind. Bisweilen werden vergrößerte peripankreati-
trastmittel auf, bei umschriebenen Formen können sche Lymphknoten gefunden.
die befallenen Zonen weniger Kontrastmittel anrei-
chern (Abb. 8.68). Im Gegensatz zur alkoholischen Differenzialdiagnose zwischen chronischer
Pankreatitis kommen bei dieser Form der Pankreati- Pankreatitis und Pankreaskarzinom
tis keine Verkalkungen vor. Manchmal lässt sich com- Die Differenzialdiagnose zwischen einer chronischen
putertomographisch eine charakteristische schmale Pankreatitis und einem Pankreaskarzinom stellt in
hypodense Rindenzone erkennen, peripankreatische den meisten Fällen kein Problem dar. In etwa 10–15%
Flüssigkeitsansammlungen finden sich jedoch nicht. ist die Unterscheidung allein aufgrund bildgebender
In der MRT zeigen diese Veränderungen auf T2- Kriterien nahezu unmöglich. Das liegt daran, dass
gewichteten Sequenzen vereinzelt ein auffallend beide Erkrankungen überlappende Phänomene wie
hohes Signal, was auf die umschriebene Entzün- überschießende Fibrosierungen mit eingesprengten
dungsaktivität zurückgeführt wird (Abb. 8.69). Entzündungsherden u. a. aufweisen können.
656 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

krankungen unter 40 Jahren sind sehr selten. Männer


sind häufiger betroffen als Frauen.
Eine erhöhtes Risiko für diesen Tumor wird bei
chronischer Pankreatitis, Nikotinabusus und Dia-
betes mellitus angegeben. Daneben existieren einige
seltene Syndrome wie HNPCC („hereditary nonpoly-
posis colorectal cancer“), die hereditäre Pankreatitis
und das Peutz-Jeghers-Syndrom, die mit einer erhöh-
ten Inzidenz von Pankreaskarzinomen einhergehen.
Etwa 3–10% der duktalen Adenokarzinome sind
familiären Ursprungs.

Klinik
Die Symptomatik ist unspezifisch mit Schmerzen im
Rücken oder Abdomen, Appetitlosigkeit und Ge-
Abb. 8.70. Langstreckige Gangstriktur im Pankreaskopf bei
Autoimmunpankreatitis
wichtsabnahme. Da die meisten Tumoren im Pankre-
askopf wachsen, tritt relativ früh ein schmerzloser
Ikterus auf. Die Gewichtsabnahme ist in der Regel ein
Bei einer chronischen Pankreatitis können Ab- Spätsymptom. Selten kann auch eine akute Pankrea-
schnitte des Organs vergrößert und irregulär kontu- titis oder das Auftreten einer Pankreaspseudozyste
riert sein und dadurch das Aussehen eines Tumors (Retentionszyste) durch ein Pankreaskarzinom ver-
annehmen. Je ausgedehnter die fibrotischen und ent- ursacht sein. Ein metastasierender Tumor unklarer
zündlichen Veränderungen einer chronischen Pan- Provenienz kann die Suche nach einem Pankreaskar-
kreatitis sind, desto weniger ist eine Differenzierung zinom initiieren.
von einem Malignom möglich (Kim et al. 2001) Wenn die Patienten zur Untersuchung kommen,
ist in der Regel bereits eine Infiltration des Retrope-
ritoneums und der Gefäße oder eine Metastasierung
8.5 in die umgebenden Lymphknoten oder in die Leber
Pankreastumoren vorhanden. Trotz der markanten Fortschritte in der
Bildgebung hat sich die Prognose nicht entscheidend
8.5.1 geändert. Ein wesentliches Ziel der Diagnostik ist da-
Solide exokrine Pankreastumoren her, präzise Aussagen zur Resektabilität zu machen,
um unnötige Laparotomien zu vermeiden.
Duktales Adenokarzinom des Pankreas
Pathologie
Das duktale Adenokarzinom des Pankreas, das mit Als Ausgang der Tumorentstehung gilt die Gangzelle.
etwa 90% den Hauptanteil der Pankreastumoren Für die Vorläufer des Tumors wurde in den letzten
ausmacht, ist unverändert der gastrointestinale Tu- Jahren eine einheitliche Nomenklatur festgelegt,
mor mit der schlechtesten Prognose. Wegen der sehr wobei vor allem PanIN-III-Läsionen (pankreatische
niedrigen Überlebensrate sind Inzidenz- und Morta- intraepitheliale Neoplasie) als Hochrisikobefunde
litätsrate annähernd gleich. 80–90% der Patienten aufgefasst werden. Der Zeitrahmen, in dem sich ein
weisen zum Zeitpunkt der Diagnose ein weit fortge- Karzinom aus einer Vorstufe entwickelt, ist nicht be-
schrittenes Tumorstadium auf, das eine Resektion kannt. Serologische Marker für eine Frühdiagnose
nicht mehr erlaubt. Die meisten Patienten sterben von PanIN-III-Läsionen (entspricht Carcinoma in
1–2 Jahre nach Diagnosestellung, und die Fünfjahres- situ) gibt es zur Zeit noch nicht. Auch hat sich die
überlebensraten liegen in den meisten Publikationen Hoffnung, den Nachweis einer K-Ras-Mutation zur
nicht höher als 2–3%. Der Tumor hat vermutlich eine Frühdiagnostik einzusetzen, bislang nicht erfüllt.
kurze klinische Latenzzeit, und dementsprechend Etwa 70% der Tumoren des Pankreas sind im
werden Pankreaskarzinome nur sehr selten als Zu- Pankreaskopf lokalisiert, am häufigsten zwischen
fallsbefunde entdeckt. Auch die Möglichkeit, Tumo- Gallengang und Pankreasgang. Tumoren im Pro-
ren mit modernen diagnostischen Verfahren früh cessus uncinatus sind selten. Resezierte Karzinome
aufzuspüren, hat die Prognose nicht entscheidend sind zwischen 2–4 cm groß, die wenigsten Tumoren
beeinflusst. haben einen Durchmesser unter 1,5 cm. Die Tumoren
In Deutschland erkranken jährlich etwa 12.000 sind meist von fester Konsistenz, was durch eine aus-
Menschen an einem Pankreaskarzinom. Der Erkran- geprägte desmoplastische Stromareaktion bedingt
kungsgipfel liegt jenseits des 60. Lebensjahres. Er- ist.
8.5 Pankreastumoren 657

Histologisch sind die Tumoren überwiegend gut des Pankreas und die Gangstrukturen gut beurteilen,
differenziert, nur 10–20% der Karzinome zeigen eine und es sind Aussagen zur Beziehung zu den wichtigen
niedrige Differenzierung. Da am Pankreas eine ei- Gefäßen möglich. Geht es um die Frage der Resektabi-
gentliche Kapsel fehlt und nur eine dünne seröse lität, sind in der Regel verfeinerte Methoden wie
Schicht das Organ umkleidet, wird der Tumoraus- Dünnschicht-Spiral-CT, MRT einschließlich MR-An-
breitung in die Umgebung kein Widerstand entge- giographie und häufig auch die Endosonographie
gengesetzt. Dementsprechend wachsen die Tumoren konkurrierende Techniken. Während die Endosono-
auf direktem Weg in das pankreatische Fettgewebe graphie in geübten Händen ein hervorragendes loka-
und zeigen häufig eine perineurale Invasion. les Tumor-Staging ermöglicht, kann mit Hilfe von Spi-
ral-CT und MRT ein umfassendes Staging in guter bis
Diagnostik hervorragender Qualität geliefert werden.
Die Diagnostik des Pankreaskarzinoms stützt sich
auf klinische Daten, Laborbefunde einschließlich be- 쐍 Spiral-CT. Für die Diagnostik und das Staging mit
stimmter Tumormarker und bildgebende Verfahren. Hilfe der CT ist eine ausgefeilte Technik entschei-
Die präoperative Punktion zur Gewinnung von histo- dend, die am besten mit modernen Mehrschichtde-
logischem oder zytologischem Material spielt nur tektor-Geräten möglich ist (Fletcher et al. 2003; Valls
eine untergeordnete Rolle. et al. 2002). Um Magen und Duodenum gut vom Pan-
Die Bildgebung hat 3 wesentliche Ziele: kreas abgrenzen zu können, ist eine vorherige orale
Gabe von ausreichend Wasser empfehlenswert. Die
∑ den Nachweis oder den Ausschluss eines Tumors,
intravenöse Gabe von spasmolytischen Substanzen
∑ die Beurteilung der Resektabilität bzw. Irresekta-
führt zu einer Aufweitung des Duodenums, sodass
bilität eines Karzinoms,
bis zur Papille eine gute Beurteilung möglich wird.
∑ die Abgrenzung eines duktalen Adenokarzinoms
Durch eine leichte Rechtsseitenlage wird erreicht,
von anderen Tumorformen oder von einer chro-
dass sich das Duodenum gut mit Flüssigkeit füllt
nischen Pankreatitis.
(Abb. 8.71).
Obwohl die verbesserte Diagnostik mittels hochent- Der Oberbauch wird zunächst nativ untersucht,
wickelter Schnittbildverfahren keine spektakuläre anschließend wird eine zweiphasige Kontrastmittel-
Verbesserung der Prognose bewirkt hat, scheint eine untersuchung in Dünnschnitttechnik angeschlossen,
frühe Diagnose mit einer höheren Rate an Resektabi-
lität verknüpft zu sein. Damit eröffnet sich für eine
selektionierte Gruppe von Patienten die Chance auf
eine Verbesserung der Überlebensrate. Nicht zu un-
terschätzen ist auch die sichere Ausschlussdiagnostik
bei Patienten, bei denen klinisch oder mit bildgeben-
den Verfahren ein Verdacht auf ein Pankreaskarzi-
nom erhoben wurde. Patienten, die als nichtresekta-
bel eingestuft werden müssen, kann zumindestens
eine schwerwiegende Operation erspart werden und
von vornherein ein adäquates palliatives Manage-
ment geplant werden.

Merke ! Mit Hilfe moderner Schnittbildtech-


niken (Ultraschall, CT und MRT) ist
es nicht nur möglich, duktale Karzinome des Pan-
kreas zu diagnostizieren, in den meisten Fällen ge-
lingt es auch, diese Malignome von anderen Tumor-
formen oder von entzündungsbedingten Verände-
rungen zu unterscheiden.

Eine Fülle von diagnostischen Verfahren stehen zu Ge-


bote, um Pankreaskarzinome zu diagnostizieren und
zur Frage der Resektabilität Stellung zu nehmen. Inva-
sive Methoden wie ERCP und Angiographie sind weit-
gehend durch Schnittbildtechniken verdrängt worden. Abb. 8.71. Tumor des Pankreaskopfes mit Erweiterung des
Mit Hilfe moderner Schnittbildverfahren (Ultraschall, Pankreasgangs und Atrophie des Parenchyms. Gute Abgren-
CT und MRT) lassen sich Größe, Kontur und Struktur zung vom wassergefüllten Duodenum
658 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

bei der die parenchymatöse (35–50 s) und die portal- fettsupprimierten Sequenzen nachweisen. Im Nach-
venöse Phase (60–70 s) erfasst werden. Dies führt zu weis von Lebermetastasen scheint die kontrastver-
einer verbesserten Detektion von Tumoren und er- stärkte MRT der Spiral-CT zumindest ebenbürtig zu
laubt eine präzisere Aussage zur Frage der Infiltra- sein. Auch im Nachweis von peritonealen Metastasen
tion arterieller und venöser Gefäße des Oberbauchs gelten fettunterdrückte T1-gewichtete Sequenzen als
und eine Beurteilung der Leber. Überdies ermöglicht ebenso aussagekräftig wie die Spiral-CT.
die Kontrastierung der Gefäße eine angiographie-
ähnliche Rekonstruktion des jeweiligen Gefäßab- 쐍 EUS. Der EUS gilt bei kleinen Karzinomen der CT
schnitts. und der MRT als überlegen. Regionale Lymphknoten
Adenokarzinome des Pankreas zeigen sowohl in und die Gefäße in unmittelbarer Nachbarschaft des
der parenchymatösen als auch in der portalvenösen Pankreas können mit hoher Präzision beurteilt wer-
Phase eine verminderte Kontrastierung und heben den. Ein Nachteil der Methode ist allerdings die be-
sich dadurch vom umgebenden Pankreasgewebe ab. grenzte Eindringtiefe mit eingeschränkter Möglich-
Zumeist ist die Form und Größe des Organs um- keit eines Stagings bezüglich Leber und Peritoneum.
schrieben verändert. Eine diffuse Vergrößerung des Überdies ist dieses Verfahren sehr stark von der Er-
Organs ist ungewöhnlich und wird in nur etwa 5% fahrung des Untersuchers abhängig.
beobachtet. Da die meisten Tumoren im Pankreas-
kopf wachsen und duktalen Ursprungs sind, wird in
der Regel eine Erweiterung des Pankreasgangs und Zeichen des Pankreaskarzinoms
häufig auch des Gallengangs gesehen („double duct
sign“). Je nach Dauer der Obstruktion können Zei- 쐍 Pankreasgangdilatation und Gangverschluss. Da Pan-
chen einer obstruktionsbedingten Atrophie des kreastumoren vom Gangepithel ausgehen, sind die
Pankreasgewebes bestehen. Obstruktion und die Gangerweiterung die frühesten
Zeichen eines Tumors. Frühe dysplastische Verände-
쐍 MRT. Wegen ihres hohen Anteils an fibrotischem rungen führen noch zu keiner Gangobstruktion und
Gewebe erscheinen Pankreaskarzinome auf T2-ge- sind daher in der Schnittbildgebung nicht zu erken-
wichteten Aufnahmen leicht hypointens und sind nen. Kleine Tumoren <1 cm Größe zeigen in etwa
erst bei ausgedehnten Nekrosen scharf vom umge- 60% ausschließlich eine Gangerweiterung ohne eine
benden Parenchym abzugrenzen. Die meist hypovas- sichtbare Raumforderung in CT oder Ultraschall,
kulären Karzinome nehmen weniger Kontrastmittel und nur maximal 15% dieser Tumoren lassen einen
auf als das umgebende Gewebe, können aber einen Tumorherd erkennen.
schmalen Saum von stärker kontrastierendem Gewe- Eine abrupte Pankreasgangerweiterung ohne
be aufweisen. Gadolinium-verstärkte T1-gewichtete begleitende Atrophie des Parenchyms ist ein Früh-
GRE-Sequenzen bilden die arteriellen und venösen zeichen eines Pankreaskarzinoms (Abb. 8.72). Bei
Gefäße gut ab, und mit Hilfe einer 3D-kontrastver-
stärkten dynamischen MR-Angiographie mit Fett-
suppression kann die regionale Gefäßanatomie
dargestellt und eine vaskuläre Infiltration bzw. ein
Gefäßverschluss gut erkannt werden.
Ob der Einsatz von Mangan-haltigen Kontrastmit-
teln den Nachweis und das Staging von Pankreas-
tumoren verbessert, ist umstritten. Zumindest wenn
Ultraschall und CT keinen eindeutigen Befund erlau-
ben, kann die Verwendung dieses Kontrastmittels
hilfreich sein.
Die MRCP kann zusätzlich eingesetzt werden, um
eine Einengung oder einen Verschluss von Pankreas-
gang und Gallengang darzustellen. Für die Frage der
Resektabilität liefert diese Untersuchung aber keinen
Gewinn. Außerdem lässt sich bereits auf den T1- und
T2-gewichteten Aufnahmen die Erweiterung von
Pankreas- und Gallengang ausreichend gut erken-
nen.
Ein Lymphknotenbefall lässt sich mit T2-gewich-
teten, fettunterdrückten Spinecho- (SE-)Sequenzen Abb. 8.72. Erweiterter Pankreasgang bei kleinem Tumor im
und mit Gadolinium-verstärkten T1-gewichteten Pankreaskopf (Pfeile)
8.5 Pankreastumoren 659

Abb. 8.73. Deutliche Atrophie des Pankreasparenchyms Abb. 8.74. Große Retentionszyste durch ein Karzinom am
(Pfeile) bei Gangobstruktion durch einen Pankreaskopftumor Übergang vom Pankreaskopf zum Pankreaskorpus

länger bestehendem Verschluss des Pankreasgangs


bildet sich eine obstruktionsbedingte Atrophie des
Pankreasgewebes aus, die um den prominenten Gang
nur noch eine dünne Parenchymschicht übrig lässt
(Abb. 8.73). In seltenen Fällen führt der Verschluss
des Pankreasgangs zu Retentionszysten, die zu Ver-
wechslungen mit einer chronischen Pankreatitis
Anlass geben können (Abb. 8.74).

쐍 Gallengangobstruktion. Da die meisten Karzinome


im Pankreaskopf wachsen, tritt relativ häufig und
früh ein Verschluss des distalen Gallengangs auf. Ein
typisches Phänomen ist das so genannte „double
duct sign“ mit gleichzeitiger Erweiterung des Pan-
kreasgangs und des Gallengangs. Dieses Zeichen
kann aber auch bei narbigen Veränderungen im Pan-
kreaskopf im Rahmen einer chronischen Pankreatitis
und bei distalen Gallengangtumoren beobachtet
werden.

쐍 Raumforderung und Strukturauffälligkeiten des Pan-


kreasparenchyms. Das Pankreas zeigt in der Regel ei-
ne gleichmäßige Struktur mit leicht lobulierten Kon-
turen. Auch bei Verfettungen sind die Fettinseln rela-
tiv gleichmäßig über das Organ verteilt. Tumorbe-
dingte Strukturunterschiede sind häufig am besten
im Ultraschall oder EUS zu erkennen und können
Abb. 8.75. a Duktales Adenokarzinom des Pankreas am Über-
gang vom Korpus zum Schwanz des Pankreas, der als solide auch in der CT und MRT bisweilen bereits nativ
Raumforderung mit Gangobstruktion bei ansonsten komplett erkannt werden. Durch Kontrastmittelgabe werden
lipomatösem Parenchym auffällt. b Zugehörige MRCP diese Strukturunterschiede akzentuiert. Bei starker
660 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

Abb. 8.76 a, b. CT in arterieller


und portalvenöser Phase. In
beiden Phasen erscheint der
Tumor weniger perfundiert
als das umgebende Gewebe

Verfettung eines Organs fällt der Tumor oft als ein so-
lideres nicht von Fettinseln durchsetztes Areal auf,
das im Bereich eines Gangs lokalisiert ist und diesen
verlegt (Abb. 8.75 a, b).
Die Form des Pankreas ist sehr variantenreich.
Kongenitale Fusionsstörungen wie das Pancreas divi-
sum können zu Konturänderungen und Verplum-
pungen führen, die einen Tumor simulieren können.
Bei Verwendung zweiphasiger Kontrastprotokolle in
der CT bzw. dynamischen Sequenzen in der MRT zei-
gen diese Areale die gleichen Perfusionseigenschaf-
ten wie das restliche Pankreas. Außerdem kann mit-
tels Rekonstruktionstechniken oder mit Hilfe der
MRCP ein Pancreas divisum meist problemlos er-
kannt und die Formänderung damit in Zusammen-
hang gebracht werden.
Die durch eine Raumforderung bedingte Kontur-
änderung führt in der Regel zu einer umschriebenen
Vergrößerung des Organs. Eine diffuse Organvergrö-
ßerung ist eher selten. Im Bereich der Raumforde-
rungen ist auch auf die Kontur zu achten, die das
typische lobulierte Aussehen einer Drüse verliert.
Zudem zeigen Tumoren sehr früh eine direkte Infil-
tration ins umgebende Fettgewebe.
Nach Kontrastmittelgabe zeigen sich Pankreas-
karzinome in der Regel weniger perfundiert als das
umgebende Gewebe, wobei die Differenz der Kon-
trastmittelanreicherung in der so genannten pan-
kreatischen Phase am stärksten ausgeprägt ist
(Abb. 8.76 a,b, Abb. 8.77 a, b).
Abb. 8.77 a, b. In der MRT grenzt sich nach i. v. KM-Gabe ein
kleines, weniger perfündiertes Karzinom ab (Pfeil)
Merke ! Bis zu 10% der Pankreaskarzinome
lassen sich auch bei ausgefeilter Tech-
nik nicht vom umgebenden Parenchym abgrenzen,
sodass hier Sekundärzeichen zum Nachweis dieser 쐍 Vaskuläre Infiltration. Das Pankreaskarzinom brei-
Tumoren entscheidend sind. tet sich auf lymphatischem und perineuralem Weg
rasch in das retroperitoneale Fettgewebe aus und
umwächst die mesenterialen Gefäße und den Trun-
8.5 Pankreastumoren 661

Abb. 8.78 a, b. Ummauerung


des Truncus coeliacus durch ein
Pankreaskarzinom

cus coeliacus. Während die arteriellen Gefäße von Tabelle 8.6. Klassifikation der Gefäßinfiltration. (Nach Loyer
einer mehr oder weniger dünnen Fettgewebeschicht et al. 1996)
umgeben sind, liegen die Venen dem Drüsenpar- Typ Beschreibung Resek-
enchym direkt an und sind daher früh infiltriert. tabilität
Nachdem einige Studien gezeigt haben, dass die
Beurteilung einer vaskulären Infiltration mittels CT A Fettgewebe zwischen Tumor und Gefäß
95%
B Parenchym zwischen Tumor und Gefäß
der Angiographie ebenbürtig ist, hat dieses Verfahren
an Bedeutung verloren. Insbesondere mit Dünn- C Fraglicher Tumorkontakt
47%
D Partielle Ummauerung
schnitttechniken werden hervorragende Ergebnisse
E Komplette Ummauerung
mit einer Sensitivität von 91% und einer Spezifität F Gefäßverschluss
0%
von 94% berichtet (Vargas et al. 2004; Abb. 8.78 a, b).
Früher wurde jeder Kontakt eines Tumors zu ei-
nem Gefäß als Zeichen einer Infiltration gewertet.
Mittlerweile wurden jedoch vorwiegend in der CT-
Literatur Kriterien entwickelt, die die Wahrschein- 쐍 Metastasen. Pankreastumoren neigen zu einer
lichkeit einer Gefäßinfiltration angeben und die sich frühen Aussaat in die Leber, die umgebenden Lymph-
im Wesentlichen auf die räumlichen Beziehungen knoten und das Peritoneum.
zwischen Tumor und arteriellen und venösen Gefä- Metastasen der Leber sind meist relativ klein,
ßen stützen (Loyer et al. 1996; Lu et al. 1997). sodass sie mit bildgebenden Verfahren häufig nicht
Das Modell von Loyer beschreibt 6 Typen, deren erkannt werden können. Selbst in neueren Publika-
Klassifizierung aber relativ komplex und subjektiv tionen mit zweiphasigen Protokollen wurden in bis
und damit mit einer hohen Interobserver-Variabili- zu 55% falsch-negative Befunde beschrieben. Bei der
tät belastet ist. Außerdem wird keine klare Grenze CT-Diagnostik kann die diagnostische Sicherheit
zwischen Resektabilität und Irresektabilität gezogen wahrscheinlich durch geringere Schichtdicken und
(Tabelle 8.6). mehrphasige Untersuchungsprotokolle verbessert
Das Schema von Lu stützt sich auf das Ausmaß der werden (Abb. 8.80). In der MRT scheint die Verwen-
Tumorzirkumferenz zu den Gefäßen. Als Schwellen- dung eisenhaltiger Kontrastmittel die diagnostische
wert wird 50% angegeben, wobei sich anhand dieses Genauigkeit zu erhöhen.
Kriteriums für die Beurteilung der Irresektabilität ei- Die Schnittbildverfahren zeigen bezüglich der
ne Sensitivität von 84%, ein positiver Vorhersagewert Diagnostik von Lymphknotenmetastasen ungenügen-
von 95% und ein negativer Vorhersagewert von 93% de Resultate,da im Wesentlichen die Größe der Lymph-
errechnet. Man muss allerdings einschränkend er- knoten als Maßstab für einen Befall herangezogen
wähnen, dass diese Daten an einer relativ kleinen wird. Normal große Lymphknoten können Mikrome-
Population gewonnen wurden und dass sich die tastasen enthalten und vergrößerte Lymphknoten kön-
Beurteilung im Wesentlichen auf venöse Gefäße nen lediglich reaktiv verändert sein. Die unterschiedli-
beschränkt hat (Abb. 8.79). chen Resultate in der Literatur beruhen vor allem dar-
662 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

Abb. 8.79. Klassifikation


der Gefäßinfiltration.
(Nach Lu et al. 1997)

Abb. 8.80. Lebermetastasen und Lymphknotenmetastasen bei Abb. 8.81. Peritoneale Aussaat, die das subperitoneale Fett-
Pankreaskarzinom gewebe mit zahlreichen kleinen Knoten durchsetzt

auf, dass unterschiedliche Größen (zwischen 5 und tabilität durch die Kombination von CT und Lapa-
15 mm) als Schwellenwerte angesetzt wurden. Eine roskopie effizient beurteilt werden kann.
neuere CT-Studie, die eine morphologisch-pathologi-
sche Korrelation versucht hat, kommt zu einer Sensiti- Staging und Beurteilung der Resektabilität
vität von 14%, einer Spezifität von 85% und einem po- Die operative Entfernung ist das einzige Verfahren,
sitiven Vorhersagewert von 17% (Roche et al. 2003). das eine wenn auch geringe Chance einer Heilung
Daraus ergibt sich, dass die präoperative Beurtei- bietet. Nachdem mit Hilfe bildgebender Verfahren
lung von Lymphknoten eine untergeordnete Rolle die Diagnose eines Pankreaskarzinoms gestellt wur-
spielt. Bei einem nachgewiesenen Pankreaskarzi- de, ist die nächste entscheidende Frage, ob der Tumor
nom, das anderweitig als resektabel eingeschätzt resektabel bzw. der Patient operabel ist.
werden kann, sollten vergrößerte Lymphknoten Das durchschnittliche Alter bei der Diagnose eines
nicht als Kontraindikation zur Resektion gewertet Pankreaskarzinoms liegt um 70 Jahre. Junge Patien-
werden, auch wenn die vergrößerten Lymphknoten ten scheinen aggressivere Tumorformen aufzuwei-
außerhalb des Operationsfeldes liegen. Die Beurtei- sen, und diese werden oft erst in einem fortgeschrit-
lung von vergrößerten und in Clustern liegenden, pe- teneren Stadium diagnostiziert, sodass die Rate der
ripheren Lymphknoten wird kontrovers diskutiert. Resektabilität sinkt.
Peritoneale Metastasen werden in etwa 25–30% Etwa 2/3 der exokrinen Pankreastumoren wach-
bei Pankreastumoren gefunden, die primär als resek- sen im Pankreaskopfbereich. Tumoren in den übri-
tabel eingestuft werden. Diese Metastasen sind meist gen Pankreasabschnitten werden meist später dia-
nur wenige Millimeter groß und entgehen daher oft gnostiziert, sind zum Zeitpunkt der primären Dia-
der Schnittbildgebung (Abb. 8.81). Neueste Untersu- gnose relativ groß und eine Resektabilität ist daher
chungen zur Kosteneffizienz zeigen, dass die Resek- weniger wahrscheinlich. Die meisten Studien zeigen,
8.5 Pankreastumoren 663

dass bei Resektion von Tumoren <2–2,5 cm die Fünf- Organe zu infiltrieren. Besonders die Infiltration in
jahresüberlebensrate deutlich besser ist als bei grö- das retropankreatische Fettgewebe ist gefürchtet, da
ßeren Tumoren. hier tumorfreie Resektionsränder operativ schwierig
Ein TNM-System ist die Basis für das Staging von zu erhalten sind und die Überlebensrate deutlich
Pankreastumoren (Tabelle 8.7) und bestimmt das sinkt, wenn im Resektionspräparat kein tumorfreier
therapeutische Vorgehen (Tabelle 8.8). Eine Tumor- Rand zu erzielen ist.
entfernung wird nicht mehr durchgeführt, wenn Eine Ausdehnung des malignen Tumors in den
Fernmetastasen nachweisbar sind. Im Wesentlichen Magen, das Duodenum und das Mesokolon bedeutet
wird die Resektabilität von der Infiltration der größe- keine Kontraindikation für eine Operation, da hier-
ren arteriellen Gefäße (Truncus coeliacus und A. bei eine Resektion en bloc möglich ist
mesenterica superior) und der größeren Venen be-
stimmt. Da die Tumoren makroskopisch schlecht ab- 쐍 Gefäßinfiltration. Bei Karzinomen des Pankreas-
gegrenzt erscheinen und oft eine ausgeprägte desmo- kopfes ist eine Infiltration der Pfortader und der
plastische Reaktion zeigen, die wie eine tumoröse V. mesenterica superior sehr häufig. Zwar ist eine
Infiltration imponieren kann, kann die Beurteilung Resektion der venösen Gefäße mit anschließender
des vaskulären Befall sehr schwierig sein. Rekonstruktion technisch machbar, aber dieses Vor-
gehen scheint mit einer höheren Morbidität und
Merke !Die wichtigsten Fragen, die an die
bildgebenden Verfahren bezüglich
Mortalität einherzugehen, ohne dass dadurch die
Überlebenswahrscheinlichkeit verbessert wird.
der Resektabilität gestellt werden, sind die lokale
Tumorausbreitung, die Infiltration von Gefäßen, der 쐍 Lymphknotenbefall. Obwohl bei tumorös befallenen
Nachweis von Fernmetastasen und die Metastasie- Lymphknoten die Überlebenswahrscheinlichkeit
rung in Lymphknoten. deutlich sinkt, spielt die präoperative Beurteilung von
Lymphknoten eine untergeordnete Rolle. Zum einen
쐍 Lokale Tumorausdehnung. Da das Pankreas keine ist es sehr schwierig, einen Lymphknotenbefall sicher
eigentliche Kapsel besitzt, neigen Karzinome dieser zu diagnostizieren, zum anderen wird bei einer Pan-
Drüse dazu, früh in die benachbarten Strukturen und kreasresektion ohnehin eine sorgfältige Lymphkno-
tendissektion vorgenommen. Finden sich allerdings
vergrößerte Lymphknoten jenseits des Operationsfel-
Tabelle 8.7. TNM-Klassifikation des Pankreaskarzinoms des, z. B. periaortal oder entlang des Mesenteriums des
Dünndarms, bekommt dieser Befund wieder eine Be-
Klassi- deutung. Zwar sind Vergrößerung und Clusterbildun-
fikation Beschreibung
gen von Lymphknoten ein Hinweis auf einen malig-
T1 <2 cm und beschränkt auf das Pankreas nen Befall, aber dennoch erlauben diese Beobachtun-
T2 >2 cm und beschränkt auf das Pankreas gen keine ausreichende Sicherheit der Beurteilung.
T3 Tumor überschreitet das Pankreas, infiltriert
aber weder den Truncus coeliacus noch die 쐍 Fernmetastasen. Beim Nachweis von Metastasen
A. mesenterica superior der Leber und des Peritoneums ist von einer verblei-
T4 Tumor infiltriert den Truncus coeliacus benden Lebensspanne von durchschnittlich 4 Mona-
oder die A. mesenterica superior ten auszugehen, sodass operative Eingriffe kontra-
N0 Kein Befall der regionären Lymphknoten indiziert sind. Nur in sehr seltenen Fällen handelt
N1 Befall der regionären Lymphknoten es sich dabei um singuläre Metastasen, und selbst in
M0 Keine Fernmetastasen diesen Fällen ist bei kombinierter Pankreas- und
Metastasenresektion ein verlängertes Überleben ver-
M1 Fernmetastasen
mutlich nicht zu erreichen.

Tabelle 8.8. Tumorstadium und Resektabilität

Stadium Beschreibung TNM Kommentar

I Resektabel T1–2 NO MO Keine extrapankreatische Ausdehnung


II Häufig resektabel T3 N1 MO Regionäre Lymphknoten können befallen sein, keine Infiltration
des Truncus coeliacus oder der A. mesenterica superior
III Nicht resektabel T4 N0–1 MO Extrapankreatische Ausdehnung
IV Nicht resektabel T1.–4 N0–1 Ml Fernmetastasen (Leber, Lunge , Peritoneum)
664 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

Peritoneale Metastasen sind insbesondere bei


fortgeschrittenen Pankreaskarzinomen sehr häufig.
Selbst bei Tumoren, die resektabel erscheinen, wird
intraoperativ in etwa 1/3 der Fälle eine peritoneale
Aussaat gefunden. Peritoneale Metastasen sind häu-
fig nur bei einer präoperativen Laparaskopie oder
während der Operation zu erkennen. Aber auch ohne
makroskopisch sichtbare Metastasen kann eine zyto-
logische Untersuchung des Peritoneums in bis zu
30% positiv sein.

Differenzierung des Pankreaskarzinoms


von benignen Erkrankungen
Die Unterscheidung einer chronischen Pankreatitis
von einem Pankreaskarzinom ist in der Regel pro-
blemlos möglich. Einzelne Fälle mit einer chroni- Abb. 8.82. Umschriebene Auftreibung des Pankreaskopfes mit
schen Pankreatitis allerdings, die umschriebene Ver- Kompression der Pfortader und Atrophie des Restpankreas
änderungen der Größe und Struktur des Parenchyms (operativ: segmentale Pankreatitis)
aufweisen, sind praktisch nicht von einem Karzinom
zu differenzieren. Dies ist vor allem dann der Fall,
wenn Erweiterungen der Gallenwege und der Pan- Flüssigkeitsansammlungen, Abszesse, Gallelecks
kreasgänge vorliegen, eine Einengung des Duode- oder Aufstauung der intrahepatischen Gallenwege
nums besteht und die mesenterialen Gefäße in den werden mittels Spiral-CT sicher erfasst, während
entzündlichen und vernarbenden Prozess miteinbe- die Ultraschalluntersuchung bei frisch operierten Pa-
zogen sind (Abb. 8.82). Auch mit Hilfe der kontrast- tienten erschwert ist.
verstärkten MRT lässt sich keine sichere Differen- Abszesse werden in bis zu 10% beobachtet. Sie
zierung erreichen. Das Muster der Kontrastmittel- können sich im retroperitonealen Operationsgebiet,
anreicherung ist bei chronischer Pankreatitis und aber auch intraperitoneal entwickeln. Bisweilen ist es
malignen Tumoren ähnlich. Histologisch lässt sich in schwierig, derartige Abszesse von der anastomosier-
beiden Fällen eine ausgeprägte Fibrose des Pankreas- ten Jejunumschlinge abzugrenzen. Die Abszesse kön-
gewebes nachweisen, die vermutlich diesem Phäno- nen unter sonographischer oder computertomogra-
men zugrunde liegt. phischer Führung punktiert und drainiert werden. Es
Ein besonders schwieriges Problem ist dabei das empfiehlt sich, vor Ziehen von Drainagekathetern
Karzinom auf dem Boden einer chronischen Pankre- eine Kontrastierung der punktierten Höhle vorzu-
atitis. Ein Anstieg in der Frequenz oder der Intensität nehmen, um persistierende Verbindungen zu einem
des Schmerzes, eine Veränderung des Schmerzcha- Fistelsystem oder zum Pankreasgang nachzuweisen
rakters oder die Entwicklung eines Diabetes mellitus oder auszuschließen.
sollten in dieser Situation den Verdacht auf ein Karzi- Gallengangobstruktionen können durch eine Ver-
nom erwecken. letzung des Gallengangs, durch narbige Strikturen an
Eine ultraschall- oder CT-gezielte Feinnadelpunk- der biliodigestiven Anastomose oder durch ein Tu-
tion hat zwar eine hohe Spezifität, jedoch schließt morrezidiv bedingt sein. Da der endoskopische Zu-
eine negative Histologie ein Karzinom nicht aus. gang zu dieser Anastomose meist nicht möglich ist,
ist zur weiteren Therapie in der Regel eine perkutan-
Postoperative Diagnostik transhepatische Intervention angezeigt.
Die Pankreatoduodenektomie hatte früher eine hohe Neben dem Nachweis von postoperativen Kompli-
Mortalitätsrate, die in chirurgischen Zentren mit kationen ist es die Aufgabe der Bildgebung, die Frage
hoher Operationsfrequenz bis auf 1,0–1,5% gesenkt nach Lokalrezidiven und Fernmetastasen zu beant-
werden konnte. Unverändert besteht eine relativ ho- worten. Da postoperativ narbige Veränderungen um
he Morbidität, sodass häufig Schnittbildverfahren, die Gefäße üblich sind (Abb. 8.83), empfehlen sich
insbesondere die CT eingesetzt werden, um Kompli- kurzfristige Kontrollen mittels Dünnschnitt-CT,
kationen zu erkennen und entsprechende therapeu- die wie bei der primären Diagnostik mit zweiphasi-
tische Konsequenzen zu ziehen. Die wichtigsten gem Kontrast durchgeführt werden sollte. Gerade
Komplikationen sind Störungen der Magenentlee- bei dem duktalen Adenokarzinom des Pankreas ist
rung,Ausbildung von Pankreasfisteln,Wundinfektio- zu erwarten, dass die Kombination aus CT und PET
nen und Abszesse, Blutungen, Pankreatitis und biliä- für die Rezidivdiagnostik zuverlässige Ergebnisse
re Komplikationen. bringt.
8.5 Pankreastumoren 665

Abb. 8.84. Großer teils solider, teils zystisch zerfallener Azi-


nuszelltumor mit Thrombus in der Pfortader

Abb. 8.83. Weichteildichte Struktur in unmittelbarer Nach-


barschaft der intensiv kontrastierten A. mesenterica superior, klinische Zeichen ist ein tastbarer Tumor. Ikterus ist
bedingt durch Narbengewebe, das nicht von einem Tumorrezi- eher selten, obwohl die Tumoren den Pankreaskopf
div zu unterscheiden ist bevorzugen. Etwa 10% der Tumoren zeigen eine ver-
mehrte Sekretion von Pankreasenzymen, was zu sub-
kutanen Fettnekrosen und Polyarthritiden führen
kann. Die Gelenkbeschwerden sind durch periartiku-
Azinuszelltumor des Pankreas läre Fettgewebenekrosen verursacht. Im Röntgenbild
können im Knochen lytische Areale zu sehen sein, die
왔 Azinuszelltumoren sind seltene epi- mit Metastasen verwechselt werden können.
Definition
theliale Tumoren des Pankreas, die ge-
legentlich neben der azinären Differenzierung eine Diagnostik
endokrine Komponente aufweisen. Macht der endo- Etwa die Hälfte der gut abgrenzbaren und teilweise
krine Anteil mehr als 25% aus, spricht man von ge- oder ganz exophytisch wachsenden Tumoren wächst
mischt azinär-endokrinen Karzinomen. im Pankreaskopf (Abb. 8.84). Tumoren <5 cm Durch-
messer erscheinen meist homogen und solide, wäh-
Die Tumoren treten im 5. bis 7. Lebensjahrzehnt auf rend größere Tumoren zystische Degenerationen
und kommen bei Kindern und jungen Erwachsenen aufweisen. Die Relation zwischen soliden und zysti-
nicht vor. Eine leichte Bevorzugung des männlichen schen Anteilen ist sehr unterschiedlich. Vereinzelt
Geschlechts scheint zu bestehen. In ihrem aggressi- werden Verkalkungen beobachtet. In der CT und
ven Verhalten liegen sie zwischen dem duktalen Ade- MRT nehmen die soliden Tumoren gleichmäßig, aber
nokarzinom und den endokrinen Tumoren. etwas weniger als das umgebende Parenchym, Kon-
Bei Diagnosestellung sind die Tumoren meist trastmittel auf. In Einzelfällen wurde bei Untersu-
zwischen 7–10 cm groß. Eine Metastasierung in die chungen in der arteriellen Phase eine vermehrte
Leber wird in bis zu 50% der Patienten gefunden, Vaskularisation beobachtet (Mustert et al. 1998).
weitere Lokalisationen sind sehr selten. Die Tumoren Ebenso wurde in Einzelfällen eine Infiltration in die
können chirurgisch entfernt werden. Jedoch sind benachbarten Organe und Strukturen und eine
sehr große Tumoren, hohes Alter der Patienten, die Beteiligung der arteriellen und venösen Gefäße be-
Lage im Pankreaskopf und die Existenz von Metasta- schrieben (Tatli et al. 2005).
sen mit einer verminderten Überlebenschance verge-
sellschaftet. Differenzialdiagnose
Die Differenzialdiagnose beinhaltet das duktale Ade-
Klinik nokarzinom, neuroendokrine Tumoren, den solid
Die Symptome sind meist unspezifisch und durch die papillären Tumor, das Pankreatoblastom und muzi-
Tumormasse bedingt. Abdominelle Schmerzen, Ap- nöse zystische Tumoren. Das duktale Adenokarzi-
petitverlust, Gewichtsabnahme, Übelkeit und Erbre- nom ist zum Zeitpunkt der Diagnosestellung meist
chen sind die häufigsten Beschwerden. Das häufigste kleiner und weist nur selten zystische Degenera-
666 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

tionen oder Verkalkungen auf. Zudem wächst dieser


Tumor invasiv und lässt sich meist nicht so gut wie
das azinäre Karzinom abgrenzen. Neuroendokrine
Tumoren sind in der Regel deutlich hypervaskulär
und von einer abnormen Hormonausschüttung be-
gleitet. Lediglich die nichthormonaktiven Tumoren,
die ebenfalls groß werden können und hämorrha-
gisch-nekrotische Areale aufweisen, können sehr
ähnlich aussehen. Der solid papilläre Tumor weist
ebenfalls hämorrhagisch-nekrotische Komponenten
auf, kommt aber in der Regel bei jungen Frauen vor.
Das extrem seltene Pankreatoblastom zeigt zwar his-
tologisch Ähnlichkeiten mit dem Azinuszelltumor,
kommt aber fast ausschließlich bei Kindern vor und
zeigt sich sehr aggressiv mit Lebermetastasen. Muzi-
nöse Zystadenome und Zystadenokarzinome kom-
men fast ausschließlich bei Frauen vor, können aber Abb. 8.85. Diffuse tumoröse Infiltration des Pankreas durch
ebenfalls ein vergleichbares morphologisches Muster ein Lymphom, das typischerweise die Gefäße ausspannt
bieten.

Sonographisch werden die Tumoren als homogen


Lymphom des Pankreas und sehr echoarm beschrieben. Sie sind oft von ver-
größerten Lymphknoten umgeben.
Primäre Lymphome des Pankreas sind extrem selten, In der CT und MRT erscheinen die Tumoren ho-
und weniger als 2% der extranodalen Non-Hodgin- mogen und nehmen meist nur wenig Kontrastmittel
Lymphome entstehen in der Bauchspeicheldrüse. auf.
Häufiger findet sich ein Befall des Organs bei einer
disseminierten Form eines Lymphoms.
Primäre Lymphome sind meist durch eine um-
Merke ! Zur Sicherung der Diagnose wird eine
perkutane oder eine endoskopisch-
schriebene Raumforderung, seltener durch eine dif- sonographische Biopsie empfohlen, da die Patien-
fuse Vergrößerung des Organs gekennzeichnet. Sie ten mittels Chemotherapie behandelt werden kön-
sind in der Regel relativ groß (5–7 cm im Durchmes- nen.
ser).

Klinik Pankreatoblastom
Das klinische Bild besteht aus Schmerzen, Gewichts-
verlust, Ikterus und Übelkeit. Müdigkeit, Fieber und Das Pankreatoblastom ist ein seltener maligner Tu-
Nachtschweiß sind seltener anzutreffen. mor, der überwiegend bei Kindern (Durchschnitts-
alter 1–8 Jahre) vorkommt, selten auch bei Erwachse-
Diagnostik nen beobachtet wird. Die Tumoren wachsen meist
Im Wesentlichen lassen sich 2 Tumorformen diffe- langsam und sind wenig symptomatisch. Große Tu-
renzieren: moren verursachen abdominelle Beschwerden und
lassen sich tasten.
∑ ein umschriebenes Tumorwachstum und
Der Tumor enthält Gewebe, das an fetales Pan-
∑ eine diffuse tumoröse Infiltration des Paren-
kreas erinnert und aus einem Gemisch von primiti-
chyms (Abb. 8.85).
ven azinären, endokrinen und duktalen Elementen
Die diffuse Tumorausbreitung kann zu Verwechslun- besteht. Die Tumoren sind meist groß und lobuliert.
gen mit einer akuten Pankreatitis Anlass geben, wäh- Da der Tumor eine kräftige Kapsel besitzt, lässt er
rend die umschriebenen Tumoren mit duktalen sich vom umgebenden Gewebe gut abgrenzen.
Adenokarzinomen verwechselt werden können. Die Struktur ist inhomogen, häufig finden sich
Lymphome führen im Gegensatz zu Adenokarzino- zystische oder nekrotische Anteile, und nach Kon-
men weniger zu markanten Aufweitungen des Pan- trastmittelgabe wird in der CT und MRT eine inho-
kreasgangs, dafür sind die begleitenden Lymphkno- mogene Anreicherung gesehen. Im Ultraschall wir-
tenschwellungen meist deutlicher ausgeprägt.Verkal- ken die Tumoren echoarm oder zeigen eine gemisch-
kungen und Nekrosen kommen bei unbehandelten te Echotextur. In der MRT zeigen die Tumoren im T1-
Lymphomen praktisch nicht vor. gewichteten Bild ein niedriges bis mittleres Signal, im
8.5 Pankreastumoren 667

T2-gewichteten Bild zeigen sie ein hohes Signal


(Montemarano et al. 2000). Selten werden Verkalkun- 8.5.2
gen, Erweiterungen des Gallengangs und des Pankre- Zystische Pankreastumoren
asgangs sowie Metastasen in der Leber beobachtet. Zystische Veränderungen des Pankreas gehören zu
den großen diagnostischen Herausforderungen, da
sowohl akute und chronische Pankreatitis, praktisch
Metastasen im Pankreas alle Tumoren, aber auch parasitäre Erkrankungen in
ähnlicher Form auftreten können.
Die häufigsten Primärtumoren, die Metastasen in das Zystische Tumoren des Pankreas sind relativ
Pankreas absiedeln, sind: selten und machen insgesamt nur etwa 5% der pan-
kreatischen Tumoren aus (Tabelle 8.9). Unter ihnen
∑ Bronchialkarzinome,
sind die muzinösen Zystadenome und Zystadeno-
∑ Nierenzellkarzinome,
karzinome, die serösen Zystadenome und die intra-
∑ Mammakarzinome,
duktalen papillären muzinösen Neoplasien (IPMN)
∑ malignes Melanom und
am häufigsten und stellen mehr als 90% dieser
∑ Karzinome des Gastrointestinaltrakts.
Tumorformen (Tabelle 8.10). Diese Tumoren weisen
Über die Häufigkeit derartiger Metastasen gehen die eine hohe Heilungsrate nach Resektion auf, werden
Mitteilungen weit auseinander. In Autopsiestudien aber leicht mit Pseudozysten verwechselt, sodass
wird über eine Häufigkeit von 3–12% berichtet. dadurch die primär günstige Prognose Einbuße erlei-
Die Symptomatik besteht aus Abdominal- und den kann.
Rückenbeschwerden, Gewichtsverlust, Inappetenz
und Ikterus und entspricht damit dem klinischen
Bild primärer Pankreastumoren. Tabelle 8.9. Klassifikation der häufigsten zystischen Pankre-
astumoren. (Nach Kosmahl et al. 2004)
Metastasen können als singuläre Herde oder in
Form einer diffusen Durchsetzung auftreten (Abb. Exokrines Pankreas
8.86). Das Aussehen der Metastasen wird vom Typ ∑ Gutartig
des Primärtumors mitbestimmt. In der Regel sind die Seröses Zystadenom
Muzinöses Zystadenom
Tumoren hypointens in der CT und signalarm in der Intraduktaler papillärer muzinöser Tumor
T1-gewichteten MRT und nehmen nach Gadolinium- Reifes zystisches Teratom
Gabe weniger Kontrastmittel auf als das umgebende ∑ Borderline (unklares malignes Potenzial)
Gewebe. Lediglich die Metastasen von Nierenzellkar- Muzinös zystischer Tumor mit mittelgradiger
Dysplasie
zinomen und Melanomen zeigen eine Kontrastanrei- Intraduktaler papillärer muzinöser Tumor
cherung (Ferrozzi et al. 1997). Im Ultraschall sind die mit mittelgradiger Dysplasie
Metastasen in der Regel echoarm im Vergleich zum Solid-pseudopapillärer Tumor
Pankreasparenchym. ∑ Maligne
Duktales Adenokarzinom
Metastasen, die im Pankreaskopf lokalisiert sind, Seröses Zystadenokarzinom
können eine Gallenobstruktion und einen Aufstau Muzinöses Zystadenokarzinom
des Ductus Wirsungianus hervorrufen. Intraduktales papilläres muzinöses Karzinom
Azinuszell-Zystadenokarzinom
Solid-pseudopapilläres Karzinom
Endokrines Pankreas
Hormonaktive und nicht-hormonaktive
Inselzelltumoren

Tabelle 8.10. Häufigkeit zystischer Pankreastumoren. (Nach


Brugge et al. 2004 a und Fernandez del-Castillo et al. 2003)

Muzinöses Zystadenom/Zystadenokarzinom 10–45%


Seröses Zystadenom 30–40%
Intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie 20–35%
Solid-pseudopapillärer Tumor <10%
Zystische endokrine Tumoren <10%
Duktales Adenokarzinom mit zystischer <l%
Degeneration
Abb. 8.86. MRT nach Gabe von Kontrastmittel. Das Pankreas Azinäres Zystadenokarzinom <l%
ist von Metastasen eines Ewing-Sarkoms durchsetzt
668 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

Tabelle 8.11. Charakteristika der häufigsten zystischen Pankreastumoren

Typ Morphologie (Schnittbildgebung) ERCP/MRCP

Seröses Zystadenom Mikrozystisch (etwa 5% makrozystisch), honigwabenartiges Verlagerung des Gangs


Bild, dünnwandig, bis 30% zentrale Verkalkung dünnflüssig, ohne Komunikation
klar mit dem Gangsystem
Muzinöser zystischer Makrozystisch, dicke Wand, Septierungen, manchmal Verlagerung des Gangs
Tumor periphere Verkalkungen, schleimig, klar ohne Kommunikation
mit dem Gangsystem
IPMN Kann mikrozystisch imponieren, intraduktale Polypen, Erweiterte Gänge mit intraduktalen
schleimig, klar Aussparungen
Solid-pseudopapilläre Teils solide, teils zystische Tumoren, manchmal mit Verlagerung des Gangs
Neoplasie Verkalkungen, nekrotisch mit Hämorrhagien ohne Kommunikation
mit dem Gangsystem
Zystische endokrine Variables Aussehen, Flüssigkeit nicht schleimig Verlagerung des Gangs
Tumoren ohne Kommunikation
mit dem Gangsystem
Pseudozysten Unilokulär, dickwandig, Zeichen einer Pankreatitis Kann Gangsystem komprimieren,
dünnflüssig, nicht schleimig manchmal Kommunikation

Mit zunehmender Verbreitung der Schnittbild- Korpus und Schwanz des Pankreas angetroffen. Auch
diagnostik wie Ultraschall, CT und MRT werden im- wenn diese Tumoren im Pankreaskopf lokalisiert
mer häufiger zufällig zystische Veränderungen des sind, führen sie nur sehr selten zu einem Ikterus.
Pankreas gesehen, die bislang keine klinischen Eine maligne Transformation wurde nur in sehr
Symptome hervorgerufen haben. In einem großen wenigen Fällen beschrieben.
chirurgischen Krankengut der jüngsten Vergangen- Wie die muzinöse Variante kommen diese Raum-
heit (Fernandez-del Castillo et al. 2003) waren mehr forderungen meist bei Frauen mit einem mittleren
als 1/3 der pankreatischen Zysten zufällig entdeckt Alter um 60 Jahre vor. Eine Assoziation mit einem
worden. Dabei machten Pseudozysten nur einen ge- Hippel-Lindau-Syndrom wurde wiederholt beschrie-
ringen Anteil aus. Mehr als die Hälfte dieser Raum- ben. In diesem Fall imponieren die zystischen Verän-
forderungen entsprachen malignen oder prämalig- derungen diffus oder multifokal (Neumann et al.
nen Erkrankungen, wobei der Anteil der IPMN auf- 1991).
fällig hoch war. Seröse und muzinöse zystische Tu- Makroskopisch bestehen diese gut abgrenzbaren
moren sind häufiger asymptomatisch, während Tumoren, die bis zu 25 cm groß werden können, aus
IPMN und Pankreaspseudozysten eher mit klini- zahllosen kleinen Zysten (1–20 mm Durchmesser),
schen Beschwerden einhergehen. die durch dünne Septen voneinander getrennt sind,
Diese Tumoren zeigen eine Reihe von klinischen sodass die Schnittfläche an eine Honigwabe erinnert.
Charakteristika und von morphologischen Eigenhei- Die Zysten sind mit einer klaren wässrigen (serösen)
ten (Tabelle 8.11), die in den meisten Fällen eine Dif- Flüssigkeit gefüllt und gruppieren sich häufig um
ferenzierung ermöglichen. Dennoch ist die Gefahr ei- eine zentrale sternförmige Narbe, die Verkalkungen
ner Fehldiagnose und damit einer falschen Therapie aufweisen kann.
relativ hoch, sodass bei diesen prognostisch meist Die bildmorphologische Darstellung dieser Tumo-
günstigen Tumoren durch Zeitverlust maligne Trans- ren hängt zum einen von der Architektur der Tumo-
formation und metastatische Aussaat auftreten kön- ren, z. B. der Größe der einzelnen Zysten, und der
nen. räumlichen Auflösung der verwendeten Technik ab.
Da die Zysten häufig sehr klein und die Septen sehr
zart sind, werden diese nur bei hoher Auflösung
Seröses Zystadenom hinreichend abgebildet. Sind die Zysten >5 mm,
können sie sonographisch identifiziert werden, und
Die serösen Zystadenome wurden früher als mikro- die Tumoren imponieren dann als polyzystische
zystische Adenome bezeichnet. Diese in der Regel Raumforderungen. Bei schlechter räumlicher Auflö-
kleinzystischen Tumoren werden relativ häufig (etwa sung können diese Tumoren durchaus einen soliden
30%) als Zufallsbefunde entdeckt, können aber ab Aspekt gewinnen.
einer bestimmten Größe auch unspezifische abdomi- Die oft diskreten Verkalkungen werden am besten
nelle Beschwerden hervorrufen. Sie werden meist im mit der CT erfasst, während nach Kontrastmittelgabe
8.5 Pankreastumoren 669

Abb. 8.87. Seröses (mikrozystisches) Zystadenom. In der CT Abb. 8.89. Makrozystisches seröses Zystadenom, das teils aus
kommen die lobulierte Struktur und die Zystenwände nach kleinen, teils aus größeren Zysten zusammengesetzt ist
Gabe von Kontrastmittel gut zur Darstellung

sowohl CT als auch MRT die Kontrastierung der Sep-


ten und das oft sternförmig angeordnete Bindegewe-
be erkennen lassen (Abb. 8.87). Die MRT hat in den
T2-gewichteten Sequenzen den überragenden Vor-
teil, dass sie die traubenartig angeordnete zystische
Struktur der Tumoren und deren glatte Abgrenzung
am schärfsten zeigt (Abb. 8.88 a, b).
Neben der charakteristischen mikrozystischen
Form wurde neuerdings ein makrozystischer bzw.
oligozystischer Typ beschrieben, bei dem der Tumor
aus einer einzigen oder aus wenigen großen Zysten
besteht, die bis zu 2–6 cm messen können (Cohen-
Scali et al. 2003, Khurana et al. 2003). Bei dieser Vari-
ante fehlen die zentrale Narbe und die Verkalkungen.
In seltenen Fällen kommen auch gemischte Formen
vor (Abb. 8.89).

Intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie (IPMN)

Die IPMN ist eine Tumorform, deren makroskopi-


sche Eigenschaften und deren biologisches Verhalten
erst kürzlich definiert wurden. In der bisherigen Lite-
ratur kursierte dieser Tumor unter vielfältigen Syno-
nymen, die ihn in die Nähe zum muzinösen Zystade-
nom brachten, von dem er sich aber eindeutig unter-
scheidet. Histologisch liegt dem Krankheitsbild eine
intraduktale, epitheliale Proliferation von Zellen
zugrunde, die polypenartig oder in flachen Rasen
wachsen und meist mit einer übermäßigen Bildung
von Schleim einhergehen. Es wird zwischen gutarti-
gen Tumoren, Borderline-Formen und malignen Tu-
moren unterschieden. Ein Carcinoma in situ wird in
bis zu 27%, ein invasives Karzinom in bis zu 40% der
Abb. 8.88 a, b. In der T2-gewichteten Sequenz und in der
Fälle gefunden (Klöppel 1998). Patienten mit nicht-
MRCP kommt die traubenartige Struktur gut zum Vorschein invasiven Formen dieses Tumors haben nach einer
(seröses Zystadenom) Resektion eine lange Überlebenszeit. Aber auch Pa-
670 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

tienten mit malignen Tumoren und Lymphknoten-


metastasen scheinen eine weit bessere Prognose als
Patienten mit einem duktalen Adenokarzinom des
Pankreas zu haben. Diese Tumorform wurde bislang
häufig fälschlich als muzinöses Zystadenom bzw. als
chronische Pankreatitis fehlgedeutet.
Die IPMN kommt bei Männern etwas häufiger als
bei Frauen vor und tritt meist im Alter von 60–80 Jah-
ren auf. Kleine Tumoren verursachen keine Sympto-
me, während mit zunehmender Obstruktion die kli-
nischen Zeichen einer Pankreatitis in den Vorder-
grund treten, die häufig auch in akuten Schüben ver-
laufen kann (Azar et al. 1996). Tatsächlich finden sich
pathomorphologisch auch ausgedehnte Fibrosen und
Parenchymatrophien wie bei chronischer Pankreati-
tis, sodass bisweilen eine Differenzierung von einer
Pankreatitis schwer fallen kann. Möglicherweise ver-
bergen sich hinter einem Teil von chronisch rezidivie-
renden Pankreatitiden, die nicht durch Alkohol oder
die seltene hereditäre Pankreatitis ausgelöst sind,
Fälle von bislang nicht diagnostizierter IPMN.
Der übermäßig gebildete zähe Schleim verlegt die
Pankreasgänge und führt letztendlich zu einer Dila-
tation der Gangstrukturen. Daraufhin kommt es zu
einer chronisch obstruktiven Pankreatitis, die sich
laborchemisch und klinisch in entsprechenden Abb. 8.90. Umschriebene zystische Erweiterung des Pankre-
Symptomen äußert. asgangs mit KM-Ausparung im erweiterten Gangabschnitt
Die IPMN werden nach ihrer Lokalisation und (Schleim) bei IPMN
Wuchsform in
∑ Hauptgangtypen,
Der transabdominelle Ultraschall gilt als wenig
∑ Seitenasttypen und
aussagekräftig, um diese Tumoren zu entdecken und
∑ kombinierte Typen
gegen eine chronische Pankreatitis oder andersartige
unterteilt. Der Hauptgangtyp kann sich segmental zystische Tumoren des Pankreas abzugrenzen. Der
oder diffus ausbreiten, der Seitenasttyp kann ein eher endoskopische Ultraschall ist in dieser Hinsicht deut-
mikrozystisches oder ein eher makrozystisches Aus- lich überlegen (Brugge et al. 2004 b).
sehen annehmen (Procacci et al. 1999). Der Seitenast- Abhängig vom Tumortyp sind folgende Verände-
typ findet sich typischerweise im Pankreaskopf und rungen charakteristisch:
hier bevorzugt im Processus uncinatus und kommt
∑ multizystische Dilatation der Seitenäste,
seltener auch im Korpus- und Caudaabschnitt vor.
∑ umschriebene oder diffuse Erweiterung
Für den Endoskopiker ergibt sich eine Blickdiagno-
des Hauptgangs,
se, wenn er eine stark prominente Papille sieht, über
∑ kleine intraduktale papilläre Tumoren,
die sich spontan oder nach Manipulation mit einer
∑ Schleimpfröpfe in den Gängen und
Sonde reichlich zähflüssiger Schleim entleert. Bei der
∑ eine prominente Papille.
Kontrastierung stellen sich die befallenen Gangab-
schnitte zystisch erweitert dar, und der zähe Schleim
führt zu länglichen oder nodulären Kontrastmitte- Seitenasttyp
laussparungen (Abb. 8.90). Gelegentlich ist es wegen Selten imponiert der Tumor als einzelne Zyste, wenn
der ausgedehnten Schleimpfröpfe nicht möglich, den nur ein Seitenast befallen ist. Meist bildet sich ein
kompletten Gang zu füllen, sodass das Ausmaß der Er- kommunizierendes System von zystisch erweiterten
krankung nicht in jedem Fall dargestellt werden kann. Gängen aus, die in der Schnittbildgebung wie Zysten
Anfänglich galt die ERCP als die Methode der aussehen können, sich aber vom Bild der enggepack-
Wahl in der Diagnostik dieser Tumorform. Inzwi- ten Zysten beim serösen Zystadenom deutlich unter-
schen hat sich gezeigt, dass dieser Tumor mindestens scheiden. Insbesondere die Kombination verschiede-
ebenso gut mittels Dünnschnitt-CT und MRT ein- ner Schnittebenen und die Rekonstruktionen entlang
schließlich MRCP zu erkennen ist. des Pankreashauptgangs in der Dünnschnitt-CT sind
8.5 Pankreastumoren 671

Abb. 8.91 a, b. In der CT zystisch imponierende Raumforde-


rung im Processus uncinatus mit leichter Erweiterung des
Hauptgangs bei IPMN

hilfreich, diese zystischen Gangerweiterungen von


serösen oder muzinösen zystischen Tumoren zu un-
terscheiden (Abb. 8.91 a, b).
Da die Tumoren klein und flach sind, ist eine
eigentliche Tumormasse meist nicht zu erkennen.
Lediglich die papillären Wucherungen können wie
kleine Polypen erscheinen und sind ab etwa 3 mm
Größe, insbesondere nach Kontrastmittelgabe, als
solche zu differenzieren (Abb. 8.92 a). Abb. 8.92. a IPMN mit erweitertem Pankreasgang, in dem sich
nach i. v. KM-Gabe eine polypöse Struktur (Markierung) ab-
Hauptgangtyp grenzen lässt. b IPMN im Pankreaskopf. In der MRCP erkennt
In der Regel ist bei diesem Tumortyp der gesamte man, dass es sich um Anschnitte von erweiterten Seitenästen
handelt, die kleine papilläre Aussparungen erkennen lassen
Hauptgang durch den obstruierenden Schleim aufge-
weitet und daher dem Bild einer chronischen Pan-
kreatitis zum Verwechseln ähnlich. Eine eigentliche
Tumormasse ist meist nicht auszumachen, lediglich T2-gewichteten Bild wie Pankreassekret und damit
in der MRCP (Abb. 8.92 b) und in den Schnittbild- gleichsam transparent erscheint. Somit ist die MRT
verfahren erkennt man gelegentlich die polypösen inklusive MRCP der CT und der ERCP im Nachweis
duktalen Veränderungen, die in der CT oder der MRT und insbesondere in der Gesamtdarstellung der Pan-
meist erst nach Gabe von Kontrastmittel sichtbar kreasveränderungen überlegen (Procacci et al. 1999)
werden (Fukukura et al. 2003). Im Gegensatz zur Vereinzelt wird in der Literatur versucht, zwischen
ERCP, bei der Schleim und papilläre Projektionen in benignen und malignen Formen zu unterscheiden.
gleicher Weise zu Kontrastmittelaussparungen füh- So wurden stark vorwölbende Polypen und eine
ren, lassen sich in der MRCP Schleim und papilläre hochgradige Erweiterung des Pankreasgangs sowie
Veränderungen gut differenzieren, da der Schleim im papilläre Projektionen häufiger bei malignen Varian-
672 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

ten angetroffen (Irie et al. 2000). Der Seitenasttyp ist


häufiger bei jüngeren Patienten anzutreffen und
scheint mit weniger aggressiven histologischen Ver-
änderungen vergesellschaftet zu sein.
Lokale Rezidive dieser Tumoren können sich ex-
trapankreatisch (meist solide) oder intrapankrea-
tisch (meist zystisch) manifestieren (Christensen et
al. 2004).

Muzinöses Zystadenom und Zystadenokarzinom

Die muzinös zystischen Tumoren des Pankreas, frü-


her als makrozystische Adenome bezeichnet, machen
etwa 2% der exokrinen Pankreastumoren aus. Diese
Tumoren finden sich fast ausschließlich bei älteren
Frauen. Es wird angenommen, dass ein großer Teil
der bisher bei Männern diagnostizierten muzinös
zystischen Tumoren Fehlbefunde waren und wahr-
scheinlich eher den intraduktalen papillären muzi-
nösen Tumoren zuzurechnen sind.
Kleine Tumoren werden meist zufällig entdeckt.
Häufig sind die Tumoren aber relativ voluminös und
verursachen dadurch Symptome durch Druck auf
benachbarte Strukturen. Im Gegensatz zu serösen
Zystadenomen hat dieser Tumortyp eine Neigung
zur malignen Entartung. Es wird angegeben, dass bis
zu 2/3 der Tumoren zum Zeitpunkt der Diagnostik
bereits maligne sind. In diesen Fällen wird meist
auch ein deutlicher Anstieg von Tumormarkern wie Abb. 8.93. a Septierter zystischer Tumor (muzinöses Zystade-
CEA und CA 19-9 beobachtet. Als wichtigster pro- nom) mit Kontrastierung der dünnen Zystenwände. b In der
gnostischer Faktor wird die Ausdehnung des invasi- MRT vergleichbare Darstellung im T1-gewichteten Bild
ven Karzinoms in die Kapsel und die benachbarten
Strukturen gesehen.
Muzinös zystische Tumoren bestehen aus einzelnen In T1-gewichteten MRT-Sequenzen fällt dann
oder wenigen Zysten bzw. gekammerten Zysten, die eine hohe Signalintensität auf, die durch Einblutun-
von einem schleimbildenden Epithel ausgekleidet sind gen und proteinreichen Schleim verursacht ist.
und ein Stroma enthalten, das histologisch stark an Im T2-gewichteten Bild ist der Zysteninhalt hyper-
ovarielles Gewebe erinnert. Verbindungen mit den intens und selbst dünne Zystenwände heben
Pankreasgängen bestehen nicht. Die meisten Tumoren sich scharf in der Flüssigkeit ab. Dicke Zysten-
wachsen im Korpus und Schwanz des Pankreas. Die wände und Septen nehmen sichtbar Kontrastmittel
Tumoren sind rund und haben eine glatte Oberfläche auf.
mit einer fibrösen Pseudokapsel, die Verkalkungen In der CT sind zwar Verkalkungen besser zu
enthalten kann. Die Zysten, die zwischen wenigen Mil- erkennen, jedoch sind die Septierungen meist nicht
limetern bis 30 cm groß sind, enthalten schleimiges, ausreichend abzugrenzen (Abb. 8.94). Ebenso wie in
hämorrhagisches und nekrotisches Material. Knotige der MRT zeigt sich die Anreicherung von Kontrast-
Veränderungen in der Wand und so genannte papil- mittel in den verdickten Zystenwänden.
läre Projektionen können bereits Hinweise auf eine Fehlen eindeutige Zeichen einer Infiltration be-
maligne Umwandlung sein. Muzinöse Zystadenome nachbarter Strukturen, ist es nicht möglich, zuver-
im Pankreaskopfbereich sind häufiger maligne. lässig zwischen bösartigen und gutartigen Tumoren
zu differenzieren. Gekammerte Zysten, eine dicke
Diagnostik Zystenwand und Verkalkungen sollen als Hinweis auf
Die Bildgebung ist sehr stark von der Architektur eine maligne Entartung gelten.
der Tumoren und dem Zysteninhalt abhängig (Abb. Differenzialdiagnostisch ist insbesondere bei Tu-
8.93 a, b). Insbesondere ist der Nachweis einer moren, die nur eine einzelne Zyste ausgebildet haben,
Hämorrhagie ein starkes Indiz für diesen Tumortyp. die Abgrenzung von Pseudozysten schwierig.
8.5 Pankreastumoren 673

ultrastrukturell Hinweise sowohl auf eine neuro-


endokrine als auch eine azinär-duktale Differenzie-
rung finden.
Dieser Tumor kommt fast ausschließlich bei
jungen Frauen vor (mittleres Alter um 24–39 Jahre),
und vereinzelt wird er auch bei Kindern beobachtet
(Cantisani et al. 2003). Selten werden diese Tumoren
bei älteren Patienten angetroffen und scheinen dann
ein höheres malignes Potenzial zu besitzen. In der
Regel wird diese Raumforderung jedoch als benigne
oder mit geringem malignem Potenzial eingestuft.
Eine Metastasierung wird sehr selten gefunden,
und dementsprechend hat der Tumor nach Resektion
eine sehr günstige Prognose.
Diese Tumoren sind bei Diagnosestellung meist
relativ groß (durchschnittlicher Durchmesser 9–
Abb. 8.94. Muzinöses Zystadenom des Pankreaskopfes mit 12 cm) und führen zu entsprechenden klinischen
Verkalkung in der Tumorwand Symptomen. In früheren Arbeiten wurde ein bevor-
zugtes Wachsen im Pankreasschwanzabschnitt be-
schrieben, neuere Daten zeigen aber keine bevorzug-
te Lokalisation. Die Tumoren sind weich und führen
selbst bei sehr großer Ausdehnung nicht zu einer
Aufweitung der Gallenwege oder des Pankreashaupt-
gangs.
Makroskopisch zeigen die Tumoren eine solide
periphere Zone und sind in sehr unterschiedlicher
Ausprägung aus zystischen, soliden und hämorrha-
gischen Anteilen zusammengesetzt, wobei sowohl die
zystischen als auch die soliden Komponenten deut-
lich überwiegen können. Relativ zuverlässig werden
Einblutungen gefunden, die die Differenzialdiagnose
zu anderen zystischen Raumforderungen erleichtern
können.
Der sonographische Aspekt ist stark von der Zu-
Abb. 8.95. Überwiegend solide imponierendes muzinöses sammensetzung der Tumoren abhängig, wobei ins-
Zystadenokarzinom, bei dem vor etwa 5–6 Jahren unter der
Diagnose einer Pseudozyste eine Zystojejunostomie angelegt
besondere die zystischen Anteile gut darzustellen
wurde sind. Gelegentlich können die Einblutungen echo-
reich imponieren (Buetow et al. 1996).
In der CT sind die Tumoren gut abgrenzbar und
CAVE ! Selbst intraoperativ besteht die Ge-
fahr, dass diese zystischen Tumoren
bieten abhängig von ihrer Architektur ein sehr ge-
mischtes Bild (Abb. 8.96). In der Regel lässt sich eine
fehlgedeutet werden und statt einer radikalen Resek- dicke Kapsel erkennen, die Kontrastmittel anrei-
tion eine Zystojejunostomie angelegt wird, sodass chert.Verkalkungen werden in bis zu 30% der Tumo-
der maligne Charakter erst viel später entdeckt wird ren beschrieben und finden sich vorwiegend in der
(Abb. 8.95). Peripherie (Buetow et al. 1996). Da die zystischen
Anteile meist hämorrhagisches Material beinhalten,
liegen sie in ihrer Dichte um 40–50 HE.
Solid pseudopapillärer Tumor Die Literatur zum magnetresonanztomographi-
(solid und zystischer Tumor) des Pankreas schen Aspekt dieser Tumoren ist wegen der Seltenheit
relativ spärlich. Areale hoher Signalintensität in den
Dieser sehr seltene Tumor wurde erstmals 1959 von T1-gewichteten Sequenzen entsprechen hämorrhagi-
Virginia K. Frantz als „papillärer Tumor des Pan- schen Nekrosen. Im T2-gewichteten Bild bieten diese
kreas“ beschrieben, weswegen gelegentlich auch der Zonen, bedingt durch Hämoglobinmetaboliten, ein
Name Frantz-Tumor zu finden ist (Frantz 1959). Die niedriges Signal. Während in früheren Arbeiten alle
Tumoren entstammen wahrscheinlich pluripoten- Tumoren in T1-gewichteten Serien Material mit
ten Stammzellen, da sich immunhistochemisch und hoher Signalintensität aufwiesen, zeigen neuere Ar-
674 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

pheren und inhomogenen Aufnahme in der arteriel-


len Phase mit zunehmender Kontrastierung in späte-
ren Phasen (Abb. 8.97 b). Insgesamt ist die Kontra-
staufnahme aber schwächer als im umgebenden Pan-
kreasgewebe.
Da der Tumor selten und wenig bekannt ist, sind
Fehldeutungen häufig. Häufig wird dieser Tumor
als traumatische Pseudozyste fehlinterpretiert. Aber
auch Verwechslungen mit serösen und muzinösen
Zystadenomen, zystischen Inselzelltumoren und bei
Kindern mit Pankreatoblastomen sind möglich.

Abb. 8.96. In der CT überwiegend zystisch imponierender, so-


lider und zystischer Tumor des Pankreaskopfes mit dicken Lymphoepitheliale Zysten
Schalen von Verkalkungen in der Zystenwand
Bei lymphoepithelialen Zysten handelt es sich um
sehr seltene gutartige Raumforderungen, die keine
maligne Entartung zeigen und klinisch stumm sind.
Sie bestehen aus einer oder mehreren Zysten, die
4–5 cm groß und in der Regel an der Pankreasober-
fläche zu finden sind. Die Zystenwand ist dünn und
wird von einem dünnen Hornhautepithel ausgeklei-
det. Der Zysteninhalt ist flüssig und kann Keratin ent-
halten. Diese Form der Zysten ist von lymphoidem
Gewebe umgeben.
Sonographisch können die Zysten echofrei wie
Zysten oder als solide Tumoren imponieren. In der
CT können die Raumforderungen nach Kontrastmit-
telgabe einen hypervaskulären Ring aufweisen. Auf
T2-gewichteten MRT-Sequenzen wirken die Zysten
hyperintens. In allen bildgebenden Verfahren können
sich Einschlüsse finden, die kein Kontrastmittel auf-
nehmen und die Keratinbällchen entsprechen (Koga
et al. 1995).
Zur Abgrenzung gegenüber anderen Zysten bzw.
zystischen Tumoren hilft die oberflächliche Lage,
die das Pankreasgangsystems nicht tangiert und
der Nachweis von intrazystischen Komponenten aus
Keratin.

Abb. 8.97. a Solider und zystischer Tumor in der Pankreascau- Differenzialdiagnose zystischer Veränderungen
da. In der T2-gewichteten Sequenz stellen sich die zystischen des Pankreas
Anteile signalintensiv dar. b Nach KM-Gabe zeigen die soliden
Anteile eine intensive Kontrastierung. (Die Abbildungen wur-
den freundlicherweise von Frau Prof. Rieber, München/Neu- Die zunehmend häufiger zufällig entdeckten und
Perlach, zur Verfügung gestellt) daher eher kleinen pankreatischen Zysten finden
sich meist bei älteren Individuen und sind mit großer
Wahrscheinlichkeit nicht durch Pseudozysten be-
beiten, dass dieses Phänomen auch fehlen kann und dingt, sondern entsprechen in mehr als 50% malig-
daher nicht zum Ausschluss der Diagnose taugt nen oder prämalignen Neoplasien (Fernandez-del
(Cantisani et al. 2003). Auf T2-gewichteten Sequen- Castillo et al. 2003). Lediglich zystische Veränderun-
zen sind die Tumoren meist heterogen, wobei in gen, die <2 cm messen, sind nur selten durch Malig-
fast allen Fällen hyperintense Areale dominieren nome verursacht und können ohne Risiko durch
(Abb. 8.97 a). Gelegentlich können Schichtungsphä- regelmäßige bildgebende Verfahren beobachtet wer-
nomene beobachtet werden (Merkle et al. 1996). Nach den. Insgesamt ist bei zystischen Tumoren die Ent-
Kontrastmittelgabe kommt es zu einer frühen, peri- scheidung sehr stark vom klinischen Umfeld und
8.5 Pankreastumoren 675

vom operativen Risiko abhängig, sodass man im Ein- der endoskopische Blick auf eine aufgeweitete Papille,
zelfall die Entscheidung abwägen muss (Brugge et al. aus der sich schleimige Massen entleeren, gilt als
2004 a). pathognomonisch für das Vorliegen einer IPMN. Ob
aber in allen Fällen eine ERCP notwendig ist, um die-
CAVE ! Insgesamt besteht die große Gefahr
einer Fehldiagnose, zum einen die
se Erkrankung zu diagnostizieren, wird kontrovers
diskutiert.
Verwechslung mit Pseudozysten bei chronischer
Pankreatitis, zum anderen die falsche Klassifikation
innerhalb der zystischen Tumoren, was zu therapeu- Punktion (Histologie, Saftanalyse
tischen Verzögerungen führen kann. und Bestimmung von Tumormarkern)

Pseudozysten bei chronischer Pankreatitis und Da Klinik bisweilen trügerisch und die morphologi-
Abszesse als Folge einer akuten Pankreatitis sind oft schen Erscheinungsformen zystischer Raumforde-
allein durch die Anamnese wahrscheinlich. rungen des Pankreas schwer zu differenzieren sein
Seröse und muzinöse zystische Tumoren des Pan- können, wird als zusätzliche diagnostische Hilfe eine
kreas haben in der Regel keine Verbindung zu den Punktion mit Histologie bzw. Zytologie, Saftanalyse
Pankreasgängen, sondern verlagern diese oder kön- und Bestimmung von Tumormarkern im Aspirat
nen bei größeren Ausmaßen auch eine Einengung empfohlen (Brugge et al. 2004 b). So finden sich hohe
hervorrufen. Bei den serösen (meist mikrozysti- Amylasewerte in Pseudozysten und bei der IPMN.
schen) Tumoren sind die Zysten meist traubenförmig CA 19-9 wird bei den verschiedenen zystischen Tu-
angeordnet, und bei den muzinösen (meist makro- moren in variabler Menge gefunden. CEA ist bei
zystischen) Tumoren ist meist eine verdickte Wand serösen Zystadenomen und bei Pankreaspseudozys-
sichtbar. Fließende morphologische Übergänge zwi- ten niedrig, dagegen bei muzinösen Zystadenomen
schen den beiden Tumortypen können eine sichere und IPMN hoch.
Differenzierung aber schwierig machen.
Die IPMN führt zum Bild einer kommunizieren-
den zystischen Gangerweiterung, die sich vom trau- 8.5.3
benartigen Wachstum der serösen Zystadenome Endokrine Pankreastumoren
deutlich unterscheidet. Die IPMN ist immer mit mehr
oder weniger ausgeprägten chronisch entzündlichen Klassifikation
bzw. fibrosierenden Veränderungen vergesellschaftet, Die seltenen endokrinen Pankreastumoren umfassen
weswegen eine Unterscheidung von der chronischen eine heterogene Gruppe von Erkrankungen mit un-
Pankreatitis anderer Genese allein aufgrund morpho- terschiedlicher Morphologie und klinischer Ausprä-
logischer Charakteristika sehr schwierig sein kann. gung sowie unterschiedlicher maligner Potenz. Sie
Die sehr seltenen solid pseudopapillären Tumoren werden in
kommen überwiegend bei jungen Frauen und Mäd-
∑ hormonaktive und
chen vor und weisen häufig eine dicke Kapsel und
∑ nichthormonaktive Tumoren
hämorrhagische Nekrosen auf.
In seltenen Fällen können entdifferenzierte Pan- klassifiziert. Hormonaktive Tumoren haben auf-
kreaskarzinome durch ausgedehnte Nekrosen ein grund der Hormonausschüttung eine spezifische kli-
zystisches Aussehen bekommen und mit zystischen nische Symptomatik, die bei nichthormonaktiven
Tumorformen verwechselt werden. Etwa 10% der Tumoren fehlt (Tabelle 8.12). Die übermäßige Hor-
endokrinen Tumoren können ebenfalls durch aus- monausschüttung ist in der Regel für die initialen
gedehnte Nekrosen zystisch imponieren. Seltene tu- Symptome der Erkrankung verantwortlich. Erst spä-
morähnliche Veränderungen wie lymphoepitheliale ter treten tumorbedingte Symptome wie Schmerz
Zysten, parasitäre Zysten, enterogene Zysten und oder Ikterus in den Vordergrund.
endometriale Zysten sind in der Regel erst durch die Auf der Grundlage morphologischer, immunhis-
Histologie zu diagnostizieren. tologischer und biologischer Kriterien unterscheidet
Unter den Schnittbildverfahren bietet die MRT ein- die WHO-Klassifikation zwischen
schließlich der MRCP die besten Voraussetzungen, die
∑ gut differenzierten Tumoren mit gutartigem oder
Architektur der Raumforderungen und die Gang-
unsicherem Verhalten,
strukturen darzustellen und damit eine diagnostische
∑ gut differenzierten (niedriggradig malignen)
Annäherung zu erreichen. Häufig wird man bei dieser
Karzinomen und
schwierigen Differenzialdiagnose aber verschiedene
∑ schlecht differenzierten (hochgradig malignen)
Verfahren einsetzen, wobei auch Endoskopie und EUS
Karzinomen.
wertvolle Zusatzinformationen liefern können. Allein
676 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

Tabelle 8.12. Charakteristika der häufigsten endokrinen Pankreastumoren

Tumortyp Lokalisation Größe Maligne Klinik

Insulinom Pankreas >99% 1–80 mm <10% Hypoglykämie, Tachykardie, Obesitas,


neuropsychiatrische Symptome
Gastrinom Pankreas 85% 1–180 mm 70% (Pankreas) Zollinger-Ellison-Syndrom (peptische Ulzera,
Diarrhö, Gewichtsverlust)
Duodenum 13% 40% (Duodenum)
Andere 2%
VIPoma Pankreas 80–90% 6–200 mm 50–75% Verner-Morrison-Syndrom (Diarrhö,
Elektrolytstörungen, Hyperglykämie, Flush)
Extrapankreatisch
10–20%
Glukagonom Pankreaskopf 12% 20–400 mm 65–70% Diabetes mellitus, nekrolytisches Erythem,
Diarrhö
Korpus 38%
Cauda 50%
Somatostatinom Pankreas 35% 20–100 mm 70% (Pankreas) Diabetes mellitus, Gallensteine, Diarrhö,
Steatorrhö
Duodenum 52% 50% (Duodenum)
Andere 13%

Die endokrinen Pankreastumoren sind sehr seltene Die durch die Insulinausschüttung provozierte
Tumoren und die beiden häufigsten Tumoren, das Hypoglykämie ruft neurologische Symptome wie
Insulinom und das Gastrinom, haben eine jährliche Schwäche, kurzfristige Bewusstlosigkeit und Anfälle
Inzidenz von 0,3–3 pro 1 Mio. Einwohner, während hervor. Begleitet werden diese Zustände von Tachy-
die anderen Tumoren wesentlich seltener sind. kardien.
Die Diagnose von hormonaktiven Pankreastumo-
ren basiert in der Regel auf der Kombination einer 쐍 Gastrinom. Gastrinome sind die zweithäufigste
spezifischen klinischen Symptomatik und laborche- Tumorgruppe und machen insgesamt etwa 20% aus.
mischen Befunden. So kommt der bildgebenden Dia- Die meisten Patienten sind um die 40 Jahre alt, und es
gnostik vor allem die Aufgabe zu, die Tumoren zu besteht eine leichte Bevorzugung des männlichen
lokalisieren und Metastasen nachzuweisen. Eine er- Geschlechts. Die vermehrte Ausschüttung von Gas-
folgreiche chirurgische Therapie wird durch eine trin führt zum Zollinger-Ellison-Syndrom mit pepti-
präoperative Bildgebung erleichtert, wenn Zahl und schen Magengeschwüren und Diarrhö. 90% der Tu-
Lokalisation der Tumoren exakt wiedergeben wer- moren liegen im so genannten Gastrinomdreieck,
den. das durch Pankreaskopf, das duodenale C und durch
die Kommunikation von Ductus cysticus und Gallen-
쐍 Insulinom. Das Insulinom ist der häufigste endo- gang begrenzt ist. Intrapankreatische Tumoren sind
krine Pankreastumor und macht etwa 50% dieser häufiger maligne als Tumoren im Duodenum. Etwa
Tumorgruppe aus. Der Tumor ist bei beiden Ge- 20–25% dieser Tumoren sind mit MEN I assoziiert.
schlechtern etwa gleich verbreitet und tritt in einem Da diese Tumoren multipel und häufig extrapankre-
Alter zwischen 30–60 Jahren auf. Die meisten Insulin- atisch auftreten, sind sie schwerer als Insulinome zu
ome (90%) sind <2 cm, wachsen solitär, und der weit lokalisieren.
überwiegende Teil findet sich intrapankreatisch mit
etwa gleicher Verteilung in Kopf, Korpus und Cauda. 쐍 Vipom. Vipome machen etwa 3% der endokrinen
Bis zu 10% der Insulinome sind maligne mit Infiltra- Pankreastumoren aus. Diese Tumoren sezernieren
tion des umgebenden Gewebes, Lymphknotenbefall große Mengen an vasoaktivem intestinalem Peptid
und Metastasierung in die Leber. Multiple Tumoren (VIP) und führen zum Verner-Morrison-Syndrom,
werden in etwa 10% gefunden, insbesondere bei Pa- das durch wässrige Durchfälle, Hypokaliämie und
tienten mit Wermer-Syndrom (Insulinome plus Ade- Achlorhydrie gekennzeichnet ist. 10–20% der Tumo-
nome der Nebenschilddrüse plus Hypophysenadeno- ren wachsen extrahepatisch im retroperitonealen
me). In seltenen Fällen, bei Kindern häufiger als bei sympathischen Geflecht oder im medullären Ab-
Erwachsenen, findet sich eine Nesidioblastose, eine schnitt der Nebennieren. 50–75% der Tumoren sind
Hyperplasie der Langerhans-Zellen. maligne und metastasieren.
8.5 Pankreastumoren 677

쐍 Glukagonom. Das noch seltenere Glukagonom


(1% der endokrinen Pankreastumoren) führt durch
die vermehrte Ausschüttung von Glukagon zu einem
Diabetes mellitus. Daneben sind Glossitis und nekro-
lytisches Erythem charakteristisch. Etwa 70% der
Tumoren, die überwiegend in Korpus und Cauda des
Pankreas anzutreffen sind, sind maligne und haben
in Leber und Knochen metastasiert. Die langsam
wachsenden Tumoren sind meist relativ groß und
daher gut zu erkennen und zu lokalisieren.

쐍 Somatostatinom und andere sehr seltene Tumoren.


Das Somatostatinom führt ebenfalls zum klinischen
Bild eines Diabetes mellitus. 50–70% der Tumoren,
die überwiegend im Pankreas und Duodenum lokali-
siert sind, sind maligne.
Weitere extrem seltene Tumoren sind das PPoma,
das ACTHoma, das Pankreaskarzinoid und das pan-
kreatische Kortikotrophinom, deren malignes Poten-
zial etwa dem der anderen seltenen Pankreastumo-
ren gleicht.

쐍 Nichthormonell aktive Tumoren. Die nichthormon-


aktiven Tumoren machen etwa 14–30% aller endo-
krinen Tumoren des Pankreas aus. Nichthormonell
aktive Tumoren rufen meist durch ihre Größe und
Lokalisation Symptome wie Schmerz, Ikterus, Darm-
obstruktion oder Gewichtsverlust hervor und glei-
chen dadurch dem duktalen Adenokarzinom. Diese
meist langsam wachsenden Tumoren sind bei Dia-
gnosestellung häufig relativ groß und in der überwie-
genden Mehrzahl maligne. Wie bei den hormonakti-
ven Tumoren des Pankreas, wird die maligne Ent-
artung durch Lymphknotenbefall, Infiltration des
umgebenden Gewebes und durch Fernmetastasen
diagnostiziert (Abb. 8.98 a, b). Abb. 8.98 a, b. Ausgedehnter, nichthormonaktiver Tumor des
Pankreas mit Infiltration des Magens und Lebermetastasen

Bildgebende Diagnostik
쐍 Ultraschall. In der Regel ist bei Verdacht auf endo-
krine Pankreastumoren der Ultraschall die erste
Methode, um diese Tumoren zu diagnostizieren und
zu lokalisieren. Da die Qualität dieser Methode von
vielen Faktoren abhängig ist, schwanken die Zahlen
zur Sensitivität in einem sehr weiten Bereich von
20–86%. Bei endokrinen Pankreastumoren spielt
naturgemäß die oft geringe Größe die entscheidende
Rolle.
Das typische Ultraschallbild eines endokrinen
Pankreastumors ist der rundliche, gut abgrenzbare
Knoten mit glatter Oberfläche, der sich im Vergleich
zum umgebenden Pankreasparenchym echoarm
darstellt (Abb. 8.99). Bis zu 10% der Tumoren haben
eine ähnliche Echostruktur wie das umgebende Pan-
kreas und fallen dann nur durch Konturunregelmä- Abb. 8.99. Inselzelltumor, der sich im Ultraschall als echoar-
ßigkeiten auf. Die Echotextur wird als feiner als die me Raumforderung gut vom umgebenden Parenchym abhebt
678 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

des umgebenden Pankreas angegeben, was aber nur 쐍 Spiral-CT. Die CT ist nach dem Ultraschall das am
mit sehr hochauflösenden Geräten zu erkennen ist. häufigsten eingesetzte Verfahren, um endokrine Pan-
Je größer die Tumoren werden, desto inhomoge- kreastumoren zu diagnostizieren und zu lokalisieren
ner wird die Echoarchitektur. Große Tumoren mit und ein umfassendes Staging zu erhalten. Insbeson-
zentralen Nekrosen zeigen echofreie, zystisch impo- dere die Entwicklung der MD-Technologie erlaubt
nierende Areale. Kleine extrapankreatische Tumoren eine zunehmend höhere Auflösung und die Untersu-
wie beim Gastrinom sind in der Regel sonographisch chung in mehreren Kontrastmittelphasen, was insbe-
nicht zu erfassen (London et al. 1991). sondere bei kleinen und hypervaskulären Tumoren
Durch die Einführung neuer Technologien wie von Bedeutung ist.
„harmonic imaging“ oder die Verwendung von Ul- Ganz entscheidend ist hierbei eine gute Vorberei-
traschallkontrastmitteln ist eine Verbesserung der tung mit flüssigkeitsgefülltem Magen und Duode-
diagnostischen Ausbeute zu erwarten. num, ggf. leichter Körperdrehung nach rechts und
intravenöser Gabe von Spasmolytika.
쐍 EUS. Der überwältigende Vorteil des EUS ist, dass Mit MD-Geräten sollte eine möglichst geringe Kol-
ein hochfrequenter Schallkopf (7,5–12 MHz) über limation und Schichtdicke gewählt werden. Hoch-
dem Magen oder das Duodenum in unmittelbare konzentriertes Kontrastmittel sollte abhängig von
Nachbarschaft des Pankreas gebracht werden kann. Körpergewicht in einer Menge von 90–140 ml mit ei-
Dadurch kann die Sensitivität im Nachweis von end- ner Flussrate von 3–4 ml/s injiziert werden. Die Un-
okrinen Pankreastumoren im Vergleich zum trans- tersuchung sollte zunächst in der arteriellen Phase
abdominellen Ultraschall deutlich gesteigert werden. (25–30 s) Leber und Pankreas abdecken, um auch hy-
Die Untersuchung dauert etwa 10–30 min, und die pervaskuläre Metastasen zu erfassen. In der anschlie-
Komplikationsrate wird durch die zusätzliche Ultra- ßenden venösen Phase (50–60 s) werden ebenfalls
schalluntersuchung nicht gesteigert. Leber und Pankreas untersucht. Einige Untersucher
sind der Auffassung, dass die so genannte pankreati-
Merke ! Der EUS ist insbesondere bei kleinen
Tumoren als das sensitivste Verfahren
sche Phase (40 s) am besten geeignet ist, um endokri-
ne Tumoren zu erkennen (Fidler et al. 2003).
anzusehen und hat sich auch bei multiplen Tumoren In der Regel nehmen die endokrinen Tumoren
bewährt (Zimmer et al. 2000). Ebenso ist die Metho- stark Kontrastmittel auf und demarkieren sich
de geeignet, um peripankreatische Lymphknoten meistens in der arteriellen Phase sehr deutlich
nachzuweisen. Ein weiterer Vorteil der Methode ist (Abb. 8.100, Abb. 8.101). Manche Tumoren zeigen erst
die Möglichkeit, gezielt Biopsien entnehmen zu kön- in der portalvenösen Phase eine sichtbare Kontrast-
nen. mittelaufnahme (Sheth et al. 2002). Kleine Tumoren
erscheinen homogen, größere Tumoren können durch
Die Methode erfordert eine spezielle Erfahrung im zentrale Nekrosen zystisch oder inhomogen wirken.
Umgang mit Endoskopie und Ultraschall und ist
nicht allgemein verfügbar. Schwachpunkte sind Tu-
moren im Pankreasschwanz, extraintestinale Tumo-
ren im Duodenum und in der Magenwand, wobei
hier die Sensitivität auf etwa 50% sinkt (Zimmer et
al. 2000). Wegen der hochfrequenten Schallköpfe ist
die Beurteilung auf das Nahfeld von etwa 6 cm Dis-
tanz eingeschränkt.

쐍 Intraoperativer Ultraschall. In Kombination mit In-


spektion und Palpation ist der intraoperative Ultra-
schall ein hervorragendes Verfahren, da hochfre-
quente Ultraschall-Transducer direkt auf das Pankre-
as aufgesetzt werden können. So kann eine Sensitivi-
tät erzielt werden, die nahe an 100% heranreicht.
Diese Methode kann auch die Umgebung des Pan-
kreas und die Leber einschließen, sodass ein relativ
umfassendes Staging möglich ist. Allerdings ist es
erforderlich, das Organ freizupräparieren, um einen
umfassenden Zugang zu gewinnen. Im Prinzip kann
dieses Verfahren auch im Rahmen eines laparosko- Abb. 8.100. Kleines, intensiv KM-aufnehmendes Insulinom im
pischen Eingriffs eingesetzt werden. Pankreaskopf
8.5 Pankreastumoren 679

Abb. 8.101. Gastrinom im Pankreaskopf

Abb. 8.103. a Großer nichthormonaktiver Tumor im Pankre-


asschwanz, der bereits im T2-gewichteten Bild diskret zysti-
sche Degenerationen erkennen lässt. b Nach KM-Gabe inho-
mogenes Anreicherungsmuster

Abb. 8.102. Maligner, nichthormonaktiver Tumor im Pankre-


askopf. Hypodense Raumforderung mit Verkalkungen im Pan- gewichteten Sequenzen ein erhöhtes Signal im Ver-
kreaskopf gleich zum umgebenden Pankreasgewebe. Vereinzelt
zeigen diese Tumoren im T2-gewichteten Bild ein
vermindertes Signal, was auf einen erhöhten Kolla-
Große Tumoren (>5 cm) sind häufig maligne. gengehalt zurückgeführt wird (Thoeni et al. 2000).
Auch Verkalkungen in den Tumoren sind bei nicht- Die meist hypervaskulären Tumoren nehmen homo-
hormonell aktiven Tumoren ein Hinweis auf Malig- gen, ringförmig oder heterogen Gadolinium auf
nität (Abb. 8.102). Mittels MD-CT ist es meist pro- (Semelka et al. 2000). In den seltenen Fällen mit zys-
blemlos möglich, die Beziehung zu den arteriellen tischer Degeneration zeigt sich lediglich eine mar-
und venösen Gefäßen aufzuzeigen. Auch Leberme- kante Kontrastmittelanreicherung im Randbereich
tastasen sind als hypervaskuläre Raumforderungen (Abb. 8.103 a, b).
in der arteriellen Phase besser als in der venösen Neuere Entwicklungen wie Fettsuppression, Auf-
Phase zu erkennen. Befallene Lymphknoten erschei- nahmen in Atemstillstand und schnelle SE-Sequen-
nen ebenfalls in der frühen Phase häufig hypervasku- zen haben eine verbesserte Ausbeute ergeben, wobei
lär. für pankreatische Tumoren Sensitivitäten bis 94%
berichtet wurden (Owen et al. 2001). Dagegen ist die
쐍 MRT. Zwar wird die MRT zunehmend häufig bei Detektionsrate für extrapankreatische Tumoren eher
Tumoren des Pankreas eingesetzt, aber gerade zu der enttäuschend (Thoeni et al. 2000).
Diagnostik von endokrinen Pankreastumoren mit- Bevorzugte Techniken sind fettunterdrückte T1-
tels MRT gibt es relativ wenige Daten in der Literatur. gewichtete SE- und GRE-Sequenzen, die T2-gewich-
Endokrine Pankreastumoren zeigen in der Regel auf tete Fast-Spinecho- (FSE-) und dynamische kontrast-
T1-gewichteten Sequenzen ein erniedrigtes, auf T2- verstärkte Sequenzen.
680 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

쐍 Nuklearmedizinische Methoden. Die Somatostatin-


Rezeptor-Szintigraphie basiert auf der Beobachtung,
dass die neuroendokrinen Tumoren in wechselndem
Ausmaß Rezeptoren für Somatostatin besitzen.
Octreotid kann als synthetisches Analogon des So-
matostatin mit Radioisotopen besetzt werden, um
Tumoren und Metastasen zu erkennen und zu lokali-
sieren. Da diese Form der Bildgebung eine funktio-
nelle Methode darstellt, können bisweilen auch sehr
kleine Tumoren erfasst werden, die der morphologi-
schen Bildgebung entgehen. Mit Hilfe der SPECT
kann die Sensitivität dieser Methode noch erhöht
werden. Dieses Verfahren ist wegen der unterschied-
lichen Ausprägung von Rezeptoren bei Gastrinomen
sensitiver als bei Insulinomen.
Die Methode ist aber nicht empfindlich genug, um
als erste Wahl eingesetzt zu werden. Sie bietet aber
als Ganzkörperuntersuchung Vorzüge bei der Suche
nach Metastasen und nach multiplen Tumoren wie
beim MEN I. Darüber hinaus erlaubt die Methode
Abb. 8.104. Superselektive Angiographie von Pankreasgefä-
eine Aussage zur Möglichkeit einer Octreotid-Thera- ßen. Kleiner hypervaskulärer Tumor am Übergang vom Pan-
pie dieser Tumoren. kreaskopf zum Pankreaskorpus
Die PET wird bei onkologischen Fragestellungen
zunehmend eingesetzt, hat aber bei den endokrinen
Pankreastumoren bislang keine Bedeutung. FDG
wird überwiegend in undifferenzierten neurendokri- Tumoren, die nur intermittierend Hormone aus-
nen Tumoren aufgenommen, sodass ein positiver schütten, können der Diagnostik entgehen. Da diese
Nachweis in der Regel mit einer Malignität korreliert. Intervention zudem mit einem beträchtlichen Risiko
Ob diese Methode in Kombination mit MD-CT-Gerä- behaftet ist, hat sie ihr Bedeutung weitgehend ver-
ten (PET-CT) eine Bedeutung erlangt, bleibt abzu- loren.
warten. Bei der arteriellen Stimulation und dem venösen
Sampling werden selektive arterielle Injektionen von
쐍 Interventionelle Techniken. Obwohl die Angiogra- Kalziumglukonat für den Nachweis von Insulinomen
phie lange Zeit die bevorzugte Methode war und von Sekretin für den Nachweis von Gastrinomen
(Abb. 8.104), hypervaskuläre Tumoren im Pankreas vorgenommen und simultan Blutproben aus der
zu zeigen und zu lokalisieren, ist die Bedeutung ins- Lebervene entnommen (Doppman et al. 1991). Ein
besondere durch die Schnittbildverfahren geschwun- 3 facher Anstieg des Hormonspiegels gilt als Hinweis,
den. Angiographisch stellen sich die Tumoren als dass die Substanz in die Arterie injiziert wurde, die
starke umschriebene Anfärbung („blush“) in der frü- den Tumor versorgt. Die arterielle Blutversorgung ist
hen Phase dar, die bis in die venöse Phase anhalten nicht so variantenreich wie das venöse Gefäßnetz,
kann. Im gleichen Untersuchungsgang können hy- sodass diese Methode schon aus diesem Grund dem
pervaskuläre Metastasen der Leber erkannt werden. portalvenösen Sampling überlegen ist. Aber auch mit
Das transhepatische portalvenöse Sampling ist ein diesem Verfahren werden die Tumoren eher grob
invasives Verfahren, das die perkutan-transhepati- einer Region zugeordnet: Ein Hormonanstieg nach
sche Punktion der Pfortader und das Einbringen ei- Injektion der Substanz in die A. gastroduodenalis
nes 4- bis 5 French-Katheters erfordert, mit dessen ordnet den Tumor dem Pankreaskopf zu, bei der In-
Hilfe aus verschiedenen Regionen (Milzvene, V. me- jektion der Substanz in die A. mesenterica superior
senterica superior und inferior, pankreatische Venen ist der Processus uncinatus die tumortragende Re-
und Pfortader) Blut zur Bestimmung von Hormonen gion und bei Injektion in die Milzarterien wird die
entnommen wird. Es handelt sich also eher um einen Region des Korpus und der Cauda des Pankreas un-
Funktionstest, mit dem endokrine Tumoren des tersucht. Ein Hormonanstieg nach Stimulation über
Pankreas und des Duodenums regionalisiert werden die A. hepatica spricht für Lebermetastasen.
können. Für die Detektion von Insulinomen wird eine Diese Methode wurde insbesondere bei Tumoren
Sensitivität bis 77% beschrieben (Doherty et al. 1991), empfohlen, die weder angiographisch noch in der
für den Nachweis von Gastrinomen ist dieses Vorge- Schnittbilddiagnostik zu erkennen waren (Doppman
hen weniger geeignet. Auch multiple Tumoren oder et al. 1991).
8.6 Verletzungen des Pankreas 681

Untersuchungsstrategie kompletten Abriss des Pankreas führen kann. Dem-


Insgesamt sind die Empfehlungen, die in Übersichts- entsprechend finden sich die meisten Schäden im
arbeiten zur Diagnostik und Lokalisation von endo- Pankreaskorpus, während der Rest gleichmäßig auf
krinen Pankreastumoren gegeben werden, sehr indi- Kopf und Cauda verteilt ist. Verletzungen im Pan-
viduell und von den lokalen Gegebenheiten abhän- kreaskopfbereich sind deutlich gefährlicher, da sie
gig (Pereira u. Wiskirchen 2003; Power u. Reznek häufiger mit Verletzungen von V. cava, V. mesenterica
2002). Mit neuen Operationstechniken – insbeson- superior und Pfortader vergesellschaftet sind (Wong
dere endoskopischen chirurgischen Eingriffen – be- et al. 1997).
steht zunehmend Bedarf nach exakter Lokalisierung
der Tumoren, nach klaren Aussagen, ob ein solitärer Klinik
Knoten vorliegt und ob Hinweise auf Malignität Das klinische Bild ist unspezifisch und durch abdo-
bestehen. minelle Schmerzen, begleitet von einer Leukozytose
Keine einzige Methode ist eindeutig im Nachweis und erhöhten Amylasewerten im Serum gekenn-
von endokrinen Pankreastumoren überlegen, jede zeichnet. Während erhöhte Amylasewerte bei Kin-
hat ihre speziellen Vorzüge und Nachteile. Die techni- dern ein zuverlässiger Parameter sind, kann dieses
sche Entwicklung schreitet im gesamten Bereich der Zeichen bei Erwachsenen in der Hälfte der Fälle
Bildgebung rasch fort, sodass ständig neue Erkennt- fehlen (Bigattini et al. 1999). Die Mortalität ist mit
nisse beachtet werden müssen. Zweiphasiges Dünn- 12–20% relativ hoch, insbesondere wenn die Diagno-
schnitt-CT und EUS haben in neueren Studien Sensi- se verschleppt wird und keine adäquate Therapie
tivitäten, die knapp an 95% heranreichen, und wenn erfolgt.
beide Verfahren kombiniert werden, ergibt sich eine In der Frühphase sind die Patienten durch Schock
diagnostische Genauigkeit von 100% (Gouya et al. und Hämorrhagie gefährdet, während in späteren
2003). Phasen die größte Gefährdung durch Infektionen be-
steht. In 6–10% der Fälle entwickelt sich eine akute
Merke ! Mehrphasige Dünnschnitt-CT und
MRT gelten als etwa gleichwertig. Da-
Pankreatitis, die ebenfalls eine hohe Morbidität und
Mortalität aufweist. Die häufigsten Spätkomplikatio-
her empfiehlt sich als Vorgehensweise derzeit die nen sind Fisteln, Pseudozysten und Abszesse. Der
Kombination des transabdominellen Ultraschalls Nachweis eines Risses des Pankreashauptgangs ist
mit CT oder MRT oder die Kombination von en- ein wichtiger prognostischer Parameter, da diese Ver-
doskopischem Ultraschall und CT oder MRT. Szinti- letzungsart die Hauptursache für eine spätere Morbi-
graphische Verfahren oder interventionelle Verfah- dität und Mortalität ist.
ren sind Einzelfällen vorbehalten.
Diagnostik
In früheren Jahren galt die ERCP als die sicherste
8.6 Methode, um Verletzungen des Pankreasgangs zu
Verletzungen des Pankreas diagnostizieren (Abb. 8.105 a). Allerdings ist der Ein-
satz dieser invasiven Methode bei frisch Verletzten
Häufigkeit umstritten. Bei partiellen Rupturen eröffnet sich
Verletzungen des Pankreas sind im Vergleich zu Ver- hierbei die Möglichkeit einer duktalen Stentimplan-
letzungen der Leber, Milz und Nieren selten und tation.
kommen meist im Rahmen multipler Traumen nach Als effektivste Methode, um frische Traumen des
stumpfem Bauchtrauma und bei Stichverletzungen Pankreas zu diagnostizieren und das Ausmaß der
vor. Isolierte Schädigungen des Pankreas sind eher Schädigung abzuschätzen, gilt derzeit die Spiral-CT
selten, und meist sind Duodenum, Mesokolon, Milz, (Abb. 8.105 b). Bei stumpfem Bauchtrauma werden
Leber oder Nieren in Mitleidenschaft gezogen. In die Aufnahmen in der Regel in der pankreatischen
etwa 30% finden sich knöcherne Verletzungen der (30–40 s nach Beginn der Kontrastmittelinjektion)
Wirbelsäule. Beim stumpfen Bauchtrauma werden in bis portalvenösen Phase (60–90 s) angefertigt. Frühe-
0,5–2% Verletzungen des Pankreas beobachtet. Häu- re Studien mit Einzeilern und einer Kollimation
fig betroffen sind Motorradfahrer und Kinder nach von 10 mm haben ergeben, dass Sensitivität und Spe-
Fahrradunfällen. zifität dabei nicht über 80% liegen (Fischer et al.
1996). Es ist aber davon auszugehen, dass mit MD-
Verletzungsmechanismus Technologie, dünnerer Kollimation und intravenöser
Der typische Verletzungsmechanismus ist eine Kom- Kontrastmittelgabe bessere Ergebnisse zu erzielen
pression des Pankreas gegen die Wirbelsäule, was je sind.
nach Gewalteinwirkung zu einer Pankreaskontusion, Bei Kindern ist als primäre Untersuchung eine So-
zu einem Hämatom, zu einem Einriss oder zu einem nographie (Abb. 8.106) oder eine MRT vorzuziehen.
682 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

Tabelle 8.13. Stadieneinteilung der Pankreasverletzungen

Grad Art der


Verletzung Beschreibung

I Hämatom Geringe Kontusion ohne


Gangverletzung
Einriss Oberflächlicher Einriss ohne
Gangverletzung
II Hämatom Stärkere Kontusion ohne
Gangverletzung oder Gewebeverlust
Einriss Stärkerer Einriss ohne
Gangverletzung oder Gewebeverlust
III Einriss Distale Durchtrennung oder
Parenchym-/Gangverletzung
IV Einriss Proximale Durchtrennung oder
Parenchymschaden einschließlich
Papille
V Einriss Ausgedehnte Zerreißung
des Pankreaskopfes

Die Zeichen einer Verletzung sind Lazeration oder


Durchtrennung der Drüse, ein Ödem des peripan-
kreatischen Fettes bzw. retroperitoneale Flüssigkeit
und eine Verdickung der perirenalen Faszie. Aktive
Blutungen sind seltener zu beobachten. Gangverlet-
zungen können mittels CT meist nicht adäquat dar-
gestellt werden, es sei denn, das Organ ist weitgehend
oder komplett durchtrennt. In unsicheren Fällen ist
eine Wiederholung der Untersuchung nach 12–24
Abb. 8.105. a Sistierende KM-Füllung im Pankreaskorpus nach Stunden angezeigt (Bigattini et al. 1999).
Trauma. b Abriss des gesamten Pankreas am Korpus-Cauda- Die Einteilung der Schädigung nach einem Sco-
Übergang mit begleitenden Flüssigkeitsansammlungen ring-System (Tabelle 8.13) hat sich bewährt (Kao et
al. 2003), um daraus therapeutische Konsequenzen
ziehen zu können. Eine Resektion ist bei komplettem
Gangabriss indiziert, während Débridement und ei-
ne Drainagetherapie bei Grad-I- und Grad-II-Verlet-
zungen ausreichend sind (Mayer et al. 2001).
Die MRP ist in der Lage, rasch den Zustand des
Pankreasgangs zu beschreiben und die Lokalisation
bzw. das Ausmaß einer Gangruptur darzustellen. Im
Vergleich zur ERCP können auch die Abschnitte
jenseits einer Gangruptur gesehen werden (Fulcher
et al. 2000; Soto et al. 2001). Somit ist die MRCP geeig-
net, wenn es um die Entscheidung zu einem operati-
ven Eingriff geht.

Abb. 8.106. Kleiner Einriss im Pankreasparenchym bei einem


Merke !
Zusammenfassend ist die Spiral-CT
die sensitivste Methode, um eine Kon-
5-jährigen Mädchen nach Sturz über den Fahrradlenker tusion bzw. eine Lazeration des Pankreas zu erken-
nen und das Ausmaß der posttraumatischen Pan-
kreatitis abzuschätzen. Die MRCP ist die bevorzugte
Methode, um Gangverletzungen, insbesondere kom-
plette Abrisse des Gangs zu erkennen und den Zu-
stand des Pankreas distal einer Ruptur zu beurteilen.
8.7 Pankreastransplantation 683

Eine dynamische kontrastverstärkte MRT hat sich


8.7
als sehr sensitiv im Nachweis einer akuten Absto-
Pankreastransplantation
ßungsreaktion erwiesen (Krebs et al. 1999). Funk-
Indikation tionstüchtiges Pankreasgewebe zeichnet sich durch
Eine Pankreastransplantation wird bei Patienten eine sehr kräftige Kontrastmittelaufnahme aus
durchgeführt, die unter schweren Komplikationen (Abb. 8.107 a–c), während bei Abstoßungsreaktio-
eines Diabetes mellitus Typ 1 leiden. Mit diesem Ver- nen die Kontrastierung deutlich geringer wird. Die
fahren kann eine Normoglykämie erreicht werden, prozentual angegebene Kontrastmittelanreicherung
weitere Komplikationen des Diabetes mellitus kön- korreliert gut mit dem Ausmaß der Abstoßung bzw.
nen verhindert und die Lebensqualität kann deutlich Infarzierung. Erklärt wird dieses Phänomen durch
verbessert werden. eine Immunvaskulitis, die über eine Einengung oder
einen Verschluss kleiner Gefäße zu einer Minderper-
Abstoßung fusion führt.
Trotz zunehmend besserer chirurgischer Techniken
und qualifiziertem postoperativen Management wer- Thrombose
den in bis zu 60% Episoden einer akuten Abstoßung Eine weitere Ursache einer Infarzierung eines Pan-
beobachtet. Klinische und laborchemische Untersu- kreastransplantats findet sich in 2–19% in einer
chungen sind nicht ausreichend zuverlässig, um eine Thrombose, die sowohl früh als auch spät nach
Abstoßung zu erkennen. Die Ergebnisse von Ultra- Transplantation einsetzen kann. Während Absto-
schall und CT sind eher enttäuschend. Da viele Pa- ßungsepisoden medikamentös behandelt werden,
tienten gleichzeitig noch Nierentransplantate erhal- müssen Organe, die infolge einer Thrombose infar-
ten haben, ist die Gabe von jodhaltigen Kontrastmit- ziert sind, chirurgisch entfernt werden.
teln mit einer erhöhten Gefahr einer Nephrotoxizität Die Verwendung mehrphasiger Gadolinium-ver-
verbunden. stärkter 3D-GRE-Sequenzen erlaubt die Beurteilung
Bei simultaner Transplantation von Pankreas und der arteriellen Versorgung und des venösen Abflus-
Niere kann der Zustand der Niere als Maßstab für ses des Transplantats und somit eine spezifische Dia-
die Beurteilung des Pankreas herangezogen werden, gnose einer Thrombose (Eubank et al. 2000). Eine
allerdings laufen die Abstoßungsreaktionen nicht weitere Verfeinerung der Diagnostik besteht in einer
grundsätzlich parallel. Bei alleiniger Pankreastrans- Kombination aus Perfusionsmessung nach Gadolini-
plantation fehlt dieser Indikator der Nierenfunktion. um-Gabe und einer Bestimmung der Sekretionsleis-
Die ultraschallgezielte Punktion des Transplantats tung des transplantierten Organs nach Sekretinin-
ermöglicht eine Diagnose einer Abstoßung oder ei- jektion im Rahmen einer MRCP (Heverhagen et al.
ner Funktionseinschränkung, ist aber in bis zu 3% 2004).
mit Komplikationen wie Blutungen und Auslösung
einer Pankreatitis belastet.

Abb. 8.107 a–c. 4 Jahre nach Pankreastransplantation. a Regel- nahme im transplantierten Organ. (Die Abbildungen wurden
rechte Darstellung des transplantierten Pankreas im T2- freundlicherweise von Prof. Heuser, Bochum, zur Verfügung
gewichteten Bild. b,c Regelrechte und homogene KM-Auf- gestellt)
684 Kapitel 8 Erkrankungen des Pankreas

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Erkrankungen der Milz 9
M. Völk, K. Schlottmann, M. Strotzer

9.1 Fehlbildungen 689 menschlichen Blutkreislauf integriert und besteht


9.1.1 Embryologie 689 anatomisch aus einer bindegewebigen Kapsel, die mit
9.1.2 Normvarianten in Lage und Form 690
9.1.3 Kongenitale Zysten 690 glatter Muskulatur versehen ist (Abb. 9.1). Davon
9.2 Traumatische Milzläsionen 691
ausgehend durchziehen Trabekel das Organ und for-
men Hohlräume, in welche das eigentliche Milzgewe-
9.3 Entzündliche Erkrankungen 692
9.3.1 Bakterielle Abszesse 692 be, die weiße und rote Pulpa, eingebettet ist. Die wei-
9.3.2 Mykotische Abszesse 693 ße Pulpa besteht histologisch aus den Malpighi-Kör-
9.3.3 Tuberkulose 694 perchen, die den Lymphfollikeln der Lymphknoten
9.3.4 Echinokokkose 694 entsprechen. In erster Linie enthält die weiße Pulpa
9.3.5 Pneumocystis-carinii-Infektion 695
9.3.6 Histoplasmose 696 B- und T-Lymphozyten, aber auch Thrombozyten
und Granulozyten. In der roten Pulpa befinden sich
9.4 Tumoren 696
9.4.1 Benigne Tumoren 696 etwa 20–30 ml Erythrozyten.
9.4.2 Maligne Milztumoren 698 Die Milz nimmt mindestens 4 große physiologi-
9.5 Hämatologische Erkrankungen 701 sche Aufgaben wahr. Zunächst ist sie ein Organ des
9.5.1 Myeloische Leukämie 701 Immunsystems und sowohl Hauptort der Entfernung
9.5.2 Sichelzellenanämie 701 von Mikroorganismen und bestimmten Antigenen
9.5.3 Thalassämie 701
9.5.4 Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie 702 aus dem Blutstrom als auch der Bildung der humora-
9.5.5 Polycytaemia vera 702 len und zellulären Antwort auf Fremdantigene. Des
9.5.6 Idiopathische thrombozytopenische Purpura 702 Weiteren ist die Milz das Instrument, mit dem nor-
9.5.7 Osteomyelofibrose 702 male und abnormale Blutzellen sequestriert und
9.6 Milzbeteiligung entfernt werden. Drittens spielt das lienale Gefäß-
bei systemischen Erkrankungen 703 system eine Rolle bei der Regulation des portalen
9.6.1 Milzbeteiligung
bei rheumatologischen Systemerkrankungen 703 Blutflusses. Schließlich kann in der Milz unter patho-
9.6.2 Milzbeteiligung bei Speicherkrankheiten 703 logischen Bedingungen, wenn das Knochenmark
9.6.3 Sarkoidose 705 verdrängt oder überstimuliert wird, ein beträchtli-
9.7 Andere Erkrankungen 706 cher Teil der extramedullären Hämatopoese statt-
9.7.1 Milzinfarkt 706 finden. Diese wichtigen, wenn auch nicht vitalen Auf-
9.7.2 Splenose 707
9.7.3 Entzündlicher Pseudotumor 709
gaben erklären, dass die Milz bei vielen Krankheits-
prozessen mitbetroffen ist (z. B. Splenomegalie).
9.8 Diagnostisches und interventionelles Vorgehen
bei inzidentellen oder unklaren Milzläsionen 709 Primäre Erkrankungen der Milz sind dagegen relativ
selten.
Literatur 711
Die Ultraschalluntersuchung und die CT werden
als erste bildgebende Verfahren eingesetzt. Diese
Die Milz ist das größte lymphatische Organ des Methoden werden in erster Linie durch die MRT un-
menschlichen Körpers. Sie befindet sich beim Er- terstützt. Konventionelle Röntgenaufnahmen, intra-
wachsenen im linken Oberbauch etwa auf Höhe der arterielle Angiographie sowie nuklearmedizinische
10. Rippe und liegt intraperitoneal. Die größte Längs- Verfahren spielen in der Beurteilung der Milz eine
ausdehnung der Milz verläuft von dorsoapikal nach nur untergeordnete Rolle. Das Erscheinungsbild der
venterokaudal. Die Länge beträgt etwa 10–12 cm, die Milz in den Schnittbildverfahren (CT, MRT) ist ab-
Breite etwa 6–8 cm und die Dicke etwa 3–5 cm. Der hängig von der gewählten Kontrastmittelphase. So
Milzindex (Länge ¥ Breite ¥ Dicke) sollte <480 sein. zeigt sich in der arteriellen Phase eine so genannte
Mit Hilfe des Milzindex lässt sich das Milzgewicht „Tigermilz“ (Abb. 9.2), während in der parenchyma-
(Milzindex ¥ 0,55) abschätzen, es liegt bei etwa 100– tösen Phase eine homogene Kontrastierung zu
265 g (Mittelwert etwa 150 g). Die Milz ist in den beobachten ist.
688 Kapitel 9 Erkrankungen der Milz

Abb. 9.1. Horizontalschnitt durch die Milz in Höhe des Hilus. Anschnitt des Recessus splenicus (lienalis) der Bursa omentalis,
Peritioneum grün, Ansicht der unteren Schnittfläche von oben. (Aus Tillmann 2005, S. 309, Abb. 5.108)

Klinische Symptomatik
Klinische Symptome, die einen Patienten zum Arzt
führen, sind ein Spannungsgefühl im linken Ober-
bauch, am häufigsten bedingt durch eine Spleno-
megalie (Abb. 9.3) unterschiedlicher Genese, z. B. bei
portaler Hypertension, entzündlichen und myelo-
proliferativen Erkrankungen, neoplastischen und
immunologischen/hämatologischen Krankheiten.
Tabelle 9.1 listet verschiedene Ursachen der Spleno-
megalie auf.
Plötzliche einsetzende Schmerzen im linken Ober-
bauch, eine mäßige Spannung der Bauchdecke im
linken Epigastrium mit Einschränkung der Atem-
exkursion und Schulterschmerzen (N. phrenicus)
werden beim Milzinfarkt beobachtet. Die Milzruptur,
z. B. bei Malaria, Thyphus abdominalis oder nach
Trauma, manifestiert sich ebenfalls durch heftigen
Oberbauchschmerz; hier ist die Anamnese richtungs-
weisend.
Insgesamt sind es selten die von der Milz ausge-
henden Beschwerden, die den Patienten veranlassen,
Abb. 9.2. Inhomogen fleckige Darstellung der Milz („Tiger-
den Arzt aufzusuchen. Die klinische Untersuchung
milz“) in der arteriellen Phase, CT mit i. v. Kontrastmittel und die Anamnese liefern erste Hinweise, insbe-
sondere auf eine Splenomegalie. Der Ultraschall und
die CT dienen in erster Linie der genauen Größen-
9.1 Fehlbildungen 689

bestimmung, der Morphologiebeschreibung (z. B.


Zysten) und der Aufdeckung der möglichen Grund-
erkrankung (z. B. Lymphom).

Merke ! Von der Milz ausgehende klinische


Beschwerden sind sehr selten.

9.1
Fehlbildungen

9.1.1
Embryologie

Die Milz entsteht in der 5. Fetalwoche durch Prolife-


ration von mesenchymalen Zellen im dorsalen Meso-
gastrium. In der fetalen Lebensphase hat die Milz
Abb. 9.3. Splenomegalie, CT mit i. v. Kontrastmittel. Massive eine lobulierte Form, tiefe Kerben differenzieren die
Splenomegalie ohne Nachweis nodulärer Infiltrate, diskret ver- einzelnen lobulierten Anteile. Dies erklärt die hin
größerte Lymphknoten paraaortal, Grunderkrankung akute
myeloische Leukämie und wieder gefundene lobulierte Form der Milz im
postpartalen Leben (Abb. 9.4). Während der weiteren
Tabelle 9.1. Differenzialdiagnostik der Splenomegalie. (Nach Entwicklung des Fetus und im 1. Lebensjahr ver-
Siegenthaler 1988) schmelzen die einzelnen Anteile, und die normale
Milz entwickelt eine glatte Oberfläche. Oft persistie-
1. Entzündliche Splenomegalie ren einige residuale Kerben bevorzugt an der oberen
Sepsis
Typhus Begrenzung der Milz und verursachen so eine pseu-
Mononucleosis infectiosa dotumorale Raumforderung der Milz. Aufgrund
Zytomegalie dieser komplexen Entwicklungsgeschichte der Milz
Brucellose
Bakterielle Endokarditis
ist die große Variationsbreite der Milzgröße, Form
Hepatitis und Lage gut nachvollziehbar.
Malaria
Mumps
Leptospirose
Bilharziose
Tularämie
2. Splenomegalie bei myeloproliferativen Erkrankungen
Polycythaemia vera
Myelofibrose
Primäre Thrombozythämie
3. Neoplastische Splenomegalie
Morbus Hodgkin
Non-Hodgkin Lymphome
Akute lymphatische Leukämie
Chronische lymphatische Leukämie
Akute myeloische Leukämie
Chronische myeloische Leukämie
Haarzellleukämie
4. Splenomegalie bei portaler Hypertension
5. Splenomegalie bei immunologischen
und hämatologischen Erkrankungen
Amyloidose
Morbus Felty
Idiopathische thrombozytopenische Purpura
Hämolytische Anämie
6. Splenomegalie bei Speicherkrankheiten
Morbus Gaucher
Morbus Niemann-Pick
7. Splenomegalie bei Histiozytosen
Eosinophiles Granulom
Morbus Hand-Schüller-Christian
Morbus Abt-Letterer-Siwe
8. Hypersplenismus Abb. 9.4. Persistierende lobulierte Milz beim Erwachsenen als
Normvariante, CT mit i. v. Kontrastmittel
690 Kapitel 9 Erkrankungen der Milz

9.1.2
Normvarianten in Lage und Form
Eine in etwa 10–20% aller Individuen anzutreffende
Normvariante ist die Nebenmilz/Nebenmilzen (Syno-
nym: akzessorische Milz).

왔 Bei einer Nebenmilz handelt es sich


Definition
um nichtfusioniertes Milzgewebe im
hinteren Mesogastrium.

Typischerweise sind Nebenmilzen rund bzw. ovoid


und können bis zu 2–3 cm groß sein (Abb. 9.5). Meist
liegen sie im Milzhilus, gefolgt von den ligamentären
Strukturen und dem Pankreasschwanz. Klinisch sind
sie asymptomatisch. Bedeutung haben diese Neben- Abb. 9.5. Nebenmilzen, Ultraschall. Zwei etwa 1 cm große, im
milzen bei Patienten nach Splenektomie bei Hyper- Vergleich zur Milz echogleiche Raumforderungen im Milz-
splenismus, da in diesen Fällen die Nebenmilzen hilus, entsprechend Nebenmilzen
wachsen können und so die ursprünglichen klini-
schen Symptome wieder auftreten können.
Unter normalen Entwicklungsbedingungen ver- Erwähnt sei an dieser Stelle das so genannte kon-
läuft beim Erwachsenen die Milzarterie nach links, genitale Asplenie- (Synonym: Ivemark-Syndrom)
hinter dem Peritoneum entlang, bis sie dorsal in das oder Polyspleniesyndrom. Dieses seltene Syndrome
Lig. phrenicolienale eintritt. Die Milzarterie verläuft ist mit anderen angeborenen Fehlbildungen in Abdo-
entlang des hinteren Anteils von Pankreaskorpus und men und Thorax vergesellschaftet und zeigt viele
-schwanz und tritt anschließend in den Milzhilus ein, kleine Milzherde in der rechten oder linken Regio
dieser ist anteriomedial im Abdomen ausgerichtet. hypochondrica (Gayer et al. 1999; Rose et al. 1975).
Eine seltene Normvariante ist die superiore Ausrich- Eine weitere, sehr seltene kongenitale Anomalie ist
tung des Milzhilus. Hierdurch kann eine Neben- die splenogonadale Fusion, diese ist charakterisiert
nierenraumforderung vorgetäuscht werden, da der durch eine Verschmelzung von Milzgewebe und einer
konvexe Anteil dem Nierenoberpol anliegt bzw. nahe Gonade. Diese Entität ist assoziiert mit entwicklungs-
kommt. Diese Normvariante nennt man „upside- bedingten orofazialen und/oder Extremitätenfehlbil-
down“ Milz (D’Altorio u. Canno 1978). dungen (Bearss 1989).
Eine relativ häufige und für von dorsal durchge-
führte Nierenpunktionen wichtige kongenitale Ano-
malie ist die ausgeprägte posteriore Lage der Milz 9.1.3
hinter der Niere (Dodds et al. 1990). Kongenitale Zysten
Eine weitere Normvariante ist die Wandermilz.
Angeborene Zysten der Milz sind „echte“ Zysten,
왔 Hierunter versteht man eine ungenü- sie besitzen ein Epithel und sind flüssigkeitsgefüllt
Definition
gende ligamentäre Fixation der Milz (Synonyme: Epidermoid-, primäre, mesotheliale
im linken Oberbauch und eine dadurch erhöhte Zyste). Sie werden meist zufällig in der 2. oder 3. Le-
Mobilität. bensdekade entdeckt, sind in der Mehrzahl der Fälle
singulär und klinisch asymptomatisch. Die Herkunft
Vorzugslokalisationen der Wandermilz sind obere dieser Zysten ist unklar. Buring (1988) vermuten,
und untere Bauchhöhle sowie das Becken (Allen et al. dass diese Zysten während der Embryogenese durch
1992). Aufgrund der Wanderung und der damit ver- Einfaltung von peritoneal gelegenen Mesothelzellen
bundenen möglichen Rotation der Milz kann es zu in das Milzparenchym entstehen. Dachman et al.
Milzinfarkten kommen, die deutliche klinische (1986) führen diese Zysten u. a. auf das embryologi-
Symptome verursachen. Die Mehrzahl der Fälle ist sche Entrapment von mesothelialen Zellen in die
jedoch klinisch stumm und fällt in der Bildgebung Milzsulci oder auf ihre Herkunft von normalen lym-
durch Fehlen (cave: Splenektomie) der Milz an typi- phatischen Orten zurück. Sowohl im Ultraschall
scher Stelle auf. In diesen Fällen wird eine Raumfor- (Abb. 9.6) als auch in der CT und der MRT (Abb. 9.7,
derung an anderer Stelle gefunden. In schwierigen Abb. 9.8) gleichen sie einfachen Zysten und können
Fällen kann eine MRT hilfreich sein, um das charak- meist nicht von anderen Zystenformen wie intrasple-
teristische Signalverhalten der Milz nachzuweisen. nischen Pseudozysten, (alten) posttraumatischen
9.2 Traumatische Milzläsionen 691

Zysten oder degenerativen Zysten (z. B. nach Milz-


infarkt) unterschieden werden. Es zeigt sich keine
Kontrastmittelaufnahme. Eine MRT kann bei zweifel-
haften CT- und Ultraschallbefunden hilfreich sein
(Labruzzo et al. 2002).

9.2
Traumatische Milzläsionen

Die Milz ist bei stumpfen und spitzen Bauchverlet-


zungen ein sehr häufig alteriertes Organ. Aufgrund
der geringen Größe ist die Milz bei spitzen bzw. pene-
trierenden Bauchtraumen seltener als bei stumpfen
Bauchtraumen mitbetroffen. Die Milz ist das am häu-
figsten verletzte parenchymatöse Organ bei stump-
Abb. 9.6. Milzzyste, Ultraschall. 10 cm große, runde, echoarme fen Bauchtraumen. In etwa einem Viertel der Fälle
Läsion ohne Binnenstruktur und dorsaler Schallverstärkung,
Eintritts- und Austrittsecho: typische Zyste mit abdomineller Organbeteiligung ist die Milz in-
volviert (Doody et al. 2005). Die häufigsten Trauma-
mechanismen sind direkte Kompression, Abriss von
vaskulären Strukturen durch Dezelerationstraumen
oder Lazerationen durch frakturierte Skelettanteile.
Abhängig vom Ausmaß der Verletzung unterschei-
det man
∑ subkapsuläre Einblutungen,
∑ einen Parenchymeinriss mit und ohne Kapselver-
letzung und
∑ eine komplette Organruptur (Tabelle 9.2).
Der Nachweis einer subkapsulären Blutung ist von
Bedeutung im Hinblick auf eine Kapselruptur und
daraus resultierenden lebensbedrohlichen Blutun-
gen (Boioli et al. 1994).
Im Ultraschall zeigt sich abhängig vom Alter der
Blutung eine unterschiedliche Echogenität. Frische
Abb. 9.7. „Rucksackzyste“, MRT. Kleine, wasserdichte Läsion
am medialen Milzrand, typisch hohe Signalintensität in der Blutungen sind echoreich, mit zunehmendem Alter
T2-Wichtung wird die Blutung echoärmer.Vorteile der Ultraschall-
untersuchung liegen in den geringen Kosten, der
hohen Verfügbarkeit, der „bedside“ Durchführbar-
keit und der hohen Sensitivität beim Nachweis von
freier Flüssigkeit im Peritoneum. Die Nachteile dieser
Methode liegen in der hohen Artefaktanfälligkeit
(z. B. Darmluft), der schlechten Visualisierung des
Retroperitonealraums und der möglichen Überlage-
rung des Recessus costodiaphragmaticus mit man-
gelhafter Einsehbarkeit von Teilen der Milz.
Findet sich sonographisch kein Hinweis für eine
Milzruptur (sofortige Operation!) bietet die CT die
Möglichkeit, in einer einzigen Untersuchung das
gesamte Abdomen inklusive Retroperitonealraum
und der knöchernen Strukturen zu untersuchen. In
der CT stellen sich Lazerationen des Parenchyms
durch eine Unterbrechung der normalerweise glatten
Abb 9.8. Milzzyste, MRT. In T1-Wichtung zeigt sich eine 3 cm Oberfläche dar (Abb. 9.9). Begleitend lässt sich ein
große, hypointense Milzläsion, zusätzlich Leber- und Nieren- perisplenischer, hämorrhagischer Flüssigkeitssaum
zysten, Aortendissektion nachweisen. Die intravenöse Kontrastmittelgabe
692 Kapitel 9 Erkrankungen der Milz

Tabelle 9.2. Einteilung der traumatischen Milzläsionen. (Nach Moore et al. 1995)

Grad Verletzungstyp Verletzungsbeschreibung

I Hämatom Subkapsulär; <10% der Oberfläche


Lazeration Kapseleinriss mit <1 cm tiefem Parenchymschaden
II Hämatom Subkapsulär; 10–50% der Oberfläche
Intraparenchymal; <5 cm im Durchmesser
Lazeration 1–3 cm tiefer Parenchymschaden ohne Mitbeteiligung der trabekulären Gefäße
III Hämatom Subkapsulär; >50% der Oberfläche oder zunehmend
Subkapsuläre oder parenchymatöse Ruptur
Intraparenchymal; >5 cm oder zunehmend
Lazeration >3 cm tiefer Parenchymschaden oder Mitbeteiligung der trabekulären Gefäße
IV Lazeration Lazeration mit Beteiligung der segmentalen oder hilären Gefäße,
mit daraus resultierender großer Devaskularisation von >25%
V Lazeration Vollständig zerstörte Milz
Gefäße Hiläre Gefäßverletzung mit vollständiger Unterbrechung der Blutversorgung

Merke ! Die Milz ist das am häufigsten verletz-


te parenchymatöse Organ bei stump-
fen Bauchtraumen. Der Ultraschall steht meist als
erste Untersuchungsmodalität zur Verfügung. Bei
Nachweis von Blut im Abdomen (Zunahme des
Bauchumfangs, Ultarschall, Lavage) ist – in Abhän-
gigkeit der Klinik – die sofortige Operation ohne wei-
tere Diagnostik indiziert. Den derzeitigen Goldstan-
dard zur Detektion von Milztraumen stellt die CT
dar.

9.3
Entzündliche Erkrankungen

Abb. 9.9. Milzruptur, CT mit i. v. Kontrastmittel. Diskontinui- 9.3.1


tät des noch perfundierten (kontrastierten) Milzparenchyms Bakterielle Abszesse
als Korrelat der Fragmentierung, ausgeprägtes (hypodenses)
Hämatom, perihepatische Flüssigkeitsansammlung
Der insgesamt seltene Milzabszess ist meist Folge
einer hämatogenen Streuung, posttraumatisch oder
nach Infarkt. Die häufigsten Erreger sind Strepto-
kokken, Staphylokokken und Salmonellen. Die Häu-
ermöglicht eine Differenzierung zwischen Hämatom figkeit von Milzabszessen hat in den letzten Jahren
und noch perfundierten Milzanteilen. Aufgrund zugenommen. Dies ist auf die zunehmende Zahl von
dieser Vorteile ist die CT derzeit der Goldstandard immuninkompetenten Patienten zurückzuführen.
bei der Untersuchung von stumpfen Bauchtraumen Gründe hierfür sind die Chemotherapie, Aids und
(Becker et al. 1998; Doody et al. 2005). Drogenabusus (Rabushka et al. 1994).
Die Angiographie ist Fällen vorbehalten, bei de- Die Untersuchungsmethode der Wahl ist die
nen eine Embolisation eines Blutgefäßes zur Blutstil- kontrastmittelgestützte CT. Abszesse stellen sich
lung in Erwägung gezogen wird. hypodens zum umgebenden Milzgewebe dar und
Mögliche Komplikationen des stumpfen Bauch- zeigen fakultativ nach Kontrastmittelapplikation ei-
traumas sind die Entstehung von Kalzifikationen und ne Anreicherung der Abszesswand, diese ist jedoch
die Entwicklung einer Pseudozyste, diese Komplika- weniger ausgeprägt als bei Leberabszessen (Abb.
tionen sind in der Mehrzahl der Fälle klinisch asymp- 9.10 a, b).
tomatisch. Zur Therapie einer symptomatischen Die Mehrzahl der Milzabszesse zeigt keine Gasein-
posttraumatischen Pseudozyste bietet sich eine per- schlüsse. Findet sich jedoch Gas in der Formation,
kutane Sklerotherapie mit Ethanol an (Völk et al. so ist dies von hoher diagnostischer Aussagekraft.
1999). Nelken et al. (1987) zeigten in einer Multizenterstudie
9.3 Entzündliche Erkrankungen 693

Abb. 9.11. Milzabszess, Ultraschall. Auftreibung des kaudalen


Milzpols durch eine echoarme, irregulär begrenzte Läsion,
klinisches Bild einer Sepsis

Für einzelne Abszesse bietet sich die perkutane Drai-


nageanlage oder die Einmalpunktion mit anschlie-
ßender Abszessspülung und systemischer Antibiose
als Therapie an (Tasar et al. 2004; Thanos et al. 2001).
Bei multiplen Abszessen stellt die Splenektomie die
Therapie der Wahl dar (Ng et al. 2002).

9.3.2
Mykotische Abszesse

Die Häufigkeit mykotischer Abszesse durch die Im-


munsuppression hat deutlich zugenommen (Green
2001). Der häufigste Erreger ist Candida, gefolgt von
Aspergillus und Kryptokokkus. Häufig findet man
eine Splenomegalie. Im Ultraschall zeigen sich Pilz-
abszesse als echoarme, kleine über die Milz verteilte
Läsionen. In der CT treten die Abszesse als multiple,
Abb. 9.10 a, b. Milzabszesse, CT mit i. v. Kontrastmittel. Multi- hypodense Bezirke in Erscheinung. In manchen
ple, irregulär begrenzte und z. T. konfluierende hypodense
Areale mit z. T. sehr diskretem randständigen Enhancement, Fällen zeigt sich ein zentral gelegener hyperdenser
bakterielle Milzabszesse bei Sepsis Bereich, dieser wird als Rad-im-Rad-Phänomen
bezeichnet (Mostbeck et al. 1989). Die Kombination
aus Ultraschall, nativer und kontrastverstärkter CT
(Abb. 9.12) zeigt eine hohe Sensitivität bei der Detek-
tion von pilzbedingten Mikroabszessen (Pastakia et
die höhere Sensitivität der kontrastgestützten CT ge- al. 1988). Der Einsatz von dynamischen Sequenzen in
genüber dem Ultraschall (Abb. 9.11). der MRT kann bei der Detektion der oft sehr kleinen
Läsionen Zusatzinformationen liefern. Ein ringför-
CAVE !Auch wenn Milzabszesse selten sind,
haben sie eine hohe Mortalitätsrate,
miges Kontrastmittelenhancement der hypoden-
sen/hypointensen kleinen Läsionen (<1 cm) kann in
wenn es zu Verzögerungen bei Diagnosestellung und beiden Schnittbildverfahren gesehen werden (Semel-
Therapieeinleitung kommt. ka et al. 1992, 1997).
694 Kapitel 9 Erkrankungen der Milz

Abb. 9.12. Mykotischer Milzabszess, CT mit i. v. Kontrastmit-


tel. Multiple hypodense Läsionen in Leber und Milz, Mikro-
abszesse durch Candida albicans. (Aus De Schepper u. Van-
hoenacker 2000, S. 71, Abb. 7.11)

9.3.3
Tuberkulose

Das krankheitsauslösende Bakterium für die Tuber- b


kulose ist meist das Mycobacterium tuberculosis, in
seltenen Fällen kann es auch durch atypische Myko- Abb. 9.13 a, b. Tuberkulose der Milz, CT mit und ohne i. v.
bakterien (z. B. Mycobacterium avium, intracellulare) Kontrastmittel. Makronoduläre Tuberkulose der Milz mit mul-
tiplen Verkalkungen, die zentral in Läsionen ohne Enhance-
ausgelöst werden. Atypische Mykobakterien sind in ment lokalisiert sind. (Aus De Schepper u.Vanhoenacker 2000,
der Regel mit Aids assoziiert. In den Entwicklungs- S. 74, Abb. 7.15 a, b)
ländern ist die Tuberkulose nach wie vor endemisch,
aber auch in den Industrienationen gewinnt diese
Krankheit wieder an Bedeutung. Dies liegt in erster
Linie an der Immigration, an Aids und der immun-
suppressiven Therapie (Raviglione et al. 1995). Ein 9.3.4
Befall der Milz ist selten und tritt gewöhnlich bei der Echinokokkose
Miliartuberkulose auf (Topal et al. 1994). Es kommen
mikronoduläre oder makronoduläre Formen vor Die Erkrankung wird in den meisten Fällen durch
(Abb. 9.13 a, b). das Larvenstadium von Echinococcus granulosus
Die mikronoduläre Form wird bei der Miliartuber- oder multilocularis verursacht. Die Echinokokkose
kulose der Lunge gesehen. Die radiologischen Zei- ist endemisch in den Mittelmeerländern und tritt
chen sind sowohl im Ultraschall als auch in der CT häufig in Ländern mit Schafzucht wie z. B. Asien,
unspezifisch und zeigen eine diffuse Signalheteroge- Australien, Südamerika, Naher Osten und Südeuropa
nität und eine Organvergrößerung, diese Zeichen auf. Die Krankheit kann in allen Organen oder Gewe-
können aber auch fehlen. Multiple winzige Verkal- ben des Körpers auftreten. In 75% der Fälle ist die
kungen mit dem Bild einer „Sternenhimmelmilz“ Leber betroffen, in 15% die Lunge. Eine primäre
können gelegentlich sonographisch nachgewiesen Milzbeteiligung wird in etwa 2% beobachtet (Kellner
werden. et al. 1990). Eine sekundäre Milzbeteiligung kann
Die makronoduläre Form ist eine seltene Mani- durch Ruptur einer abdominellen Zyste mit Dissemi-
festation der Milztuberkulose. Die Läsionen können nation in die Milz auftreten.
singulär oder multipel auftreten. Multilokuläre Lä- Eine singuläre echofreie Raumforderung mit dor-
sionen sind häufig echoarm im Ultraschall und saler Schallverstärkung ist ein typisches sonographi-
hypodens in der CT, sie können aber als disseminier- sches Erscheinungsbild. Eine Differenzierung zu ech-
te, berandete kleine Areale über das Organ verteilt ten oder Pseudozysten ist nicht möglich. Septen,
sein (Topal et al. 1994). Membranen, Binnenechos und Verkalkungen ermög-
9.3 Entzündliche Erkrankungen 695

Abb. 9.14. Die konventionelle Abdomenübersichtsaufnahme Abb. 9.15. Echinokokkuszyste der Milz mit randständigen
zeigt eine rundliche Verkalkung im linken Oberbauch (Pfeile) Verkalkungen ohne Tochterzysten in anderen Organen bei
positiver Serologie (ELISA), CT mit i. v. Kontrastmittel (Patient
aus Abb. 9.14). (Aus Völk u. Danz 2005)

re Dichtewerte liefern. Mögliche Wandverkalkungen


(Abb. 9.15) sowie multiple Tochterzysten in weite-
ren Organen wie z. B. der Lunge oder der Leber
(Abb. 9.16) werden durch die CT zuverlässig erkannt
(Gossios et al. 1997; v. Sinner u. Stridbeck 1992).
Da das Erscheinungsbild der Milzbeteiligung bei
der Echinokokkose in allen Untersuchungsmodalitä-
ten relativ unspezifisch ist, helfen das Vorhandensein
von Tochterzysten, eine Leberbeteiligung und positi-
ve serologische Tests bei der Differenzialdiagnose.

9.3.5
Pneumocystis-carinii-Infektion
Abb. 9.16. Echinococcus cysticus der Milz, CT ohne Kontrast-
mittel. Große, septierte, zystische Milzläsion, große Echino- Pneumocystis carinii ist ein opportunistischer
kokkuszyste auch in der Leber, serologisch positiv (ELISA). Krankheitserreger, dessen natürlicher Lebensraum
(Aus De Schepper u. Vanhoenacker 2000, S. 76, Abb. 7.18 a) die Lunge ist. Häufig verursacht er Pneumonien
bei immunsupprimierten Patienten. Pneumocystis
carinii ist der häufigste opportunistische Krankheits-
erreger bei Patienten mit Aids. Ein extrapulmonaler
lichen eine Unterscheidung zu anderen Zysten (v. Befall ist selten. Unter Annahme einer primär lym-
Sinner u. Stridbeck 1992). Eine Ablösung der inneren phatischen Ausbreitung sind die Lymphknoten und
Germinalschicht der Membran resultiert im so ge- die Milz die am häufigsten betroffenen Organe. Meist
nannten „Wasserlilienzeichen“ (Beggs 1983). In kon- wird eine hypodense Läsion in der Milz als Zufalls-
ventionellen Aufnahmen können mögliche Ver- befund im Rahmen einer Fokussuche bei unklarem
kalkungen beobachtet werden (Abb. 9.14). In der CT Fieber gefunden.
zeigen die Zysten flüssigkeitsäquivalente Dichtewer- Im Ultraschall zeigen sich diffuse, winzige echo-
te. Innerhalb der Zyste gelegener Detritus kann höhe- gene Strukturen ohne Schallschatten. Bei deutliche-
696 Kapitel 9 Erkrankungen der Milz

9.4
Tumoren
9.4.1
Benigne Tumoren

Hämangiom
Hämangiome sind die häufigsten primär gutartigen
Tumoren der Milz, im Gegensatz zu Leberhämangio-
men aber selten (Vilanova et al. 2004). Da Milz-
hämangiome gewöhnlich asymptomatisch sind,
werden sie meist als Zufallsbefund im Rahmen einer
radiologischen Untersuchung entdeckt. Milzhäm-
angiome können multipel auftreten, dann meist
im Zusammenhang mit einer generalisierten Angio-
matose (Klippel-Trenaunay-Weber-Syndrom). Von
Abb. 9.17. Pneumocystis-carinii-Infektion der Milz, CT mit einer Hämangiomatose spricht man, wenn das ge-
i. v. Kontrastmittel. In der Spätphase finden sich randständige samte Organ durch Hämangiome ersetzt ist. Häm-
Verkalkungen bei Mikroabszessen der Milz. (Aus De Schepper angiome können eine Größe von wenigen Millime-
u. Vanhoenacker 2000, S. 78, Abb. 7.20 a)
tern bis einigen Zentimetern erreichen (Freeman et
al. 1993).

ren Kalzifikationen wird der Schall vollständig re-


flektiert. Die CT zeigt wie der Ultraschall eine ver- CAVE ! Eine mögliche lebensbedrohliche
Komplikation dieser primär gutarti-
größerte Milz mit fokalen hypodensen Läsionen, gen Tumoren ist die Spontanruptur (Husni 1961).
diese können über die Zeit zunehmend verkalken
(Abb. 9.17). Dabei können die Verkalkungen rand- Im Ultraschall stellen sich Hämangiome der Milz
ständig oder punktförmig sein (Rabushka et al. identisch zu Hämangiomen der Leber dar. Es
1994). In seltenen Fällen kann die Milz vollständig zeigt sich eine runde, echoreiche, solide Formation
verkalken (Radin et al. 1990). Zusätzliche Verkalkun- (Abb. 9.18). Zystische Anteile können vorkommen.
gen der Leber, Nieren, Schilddrüse und Nebennieren In der CT ist das Kontrastverhalten der Häman-
können vorkommen (Rabushka et al. 1994). Diffuse giome gleich dem der Leberhämangiome (Ros et al.
punktförmige Verkalkungen der Leber, Nieren und 1987; Abb. 9.19). Es können stark vaskularisierte und
der Milz können auf konventionellen Röntgenauf- weniger vaskularisierte Formen vorkommen, ent-
nahmen sichtbar sein. sprechend ist das Anflutungsverhalten.Verkalkungen
sind möglich (Ros et al. 1987).
In der MRT zeigen Hämangiome ein hypo- bis iso-
9.3.6 intenses Signalverhalten in T1- und ein hyperinten-
Histoplasmose ses Signal in T2-Wichtung im Vergleich zum norma-
len Milzgewebe (Ramani et al. 1997). Ein hyperinten-
Merke ! Die Histoplasmose wird bei immun-
kompetenten Patienten, aber deut-
ses Signal in T1-Wichtung kann bei Einblutungen
gesehen werden. Ein heterogenes Signal in T1- und
lich häufiger bei immuninkompetenten Patienten T2-gewichteten Aufnahmen kann für zystische,
beobachtet. In der CT lassen sich alte verkalkte Gra- nekrotische, fibrotische und solide Anteile des Häm-
nulome darstellen (Radin 1991). In der akuten und angioms sprechen oder für das Vorliegen einer
subakuten Phase zeigen sich in der MRT in T1- und Hämangiomatose und dem sehr seltenen Litoral-
T2-gewichteten Bildern disseminierte hypointense zellangiom (Ramani et al. 1997; Vilanova et al. 1994).
Läsionen (Elsayes et al. 2005). In dynamischen Sequenzen nach Kontrastmittel-
Infektiöse Milzerkrankungen sind ingesamt sel- bolusgabe zeigen Hämangiome meist ein iris-
ten, nehmen jedoch in den letzten Jahren aufgrund blendenförmiges Enhancement. Auf Spätaufnahmen
der steigenden Zahl immuninkompetenter Patienten sind sie hyperintens zum umgebenden Milzgewebe
(z. B. Chemotherapie, Aids) zu. (Ohtomo et al. 1992).
9.4 Tumoren 697

Lymphangiom
Das Lymphangiom ähnelt vom histologischen Auf-
bau dem Hämangiom. Es enthält mit Epithelzellen
ausgekleidete Räume, die anstelle von roten Blutkör-
pern Lymphe enthalten (Urrutia et al. 1996). Die ge-
wöhnlich asymptomatischen Läsionen können ein-
zeln oder multipel vorkommen. Das Lymphangiom
kann auf die Milz beschränkt sein oder im Sinne
einer systemischen zystischen Angiomatose mit
Hämangiomen und Lymphangiomen in anderen
Organen vergesellschaftet sein.
Im Ultraschall zeigen sich scharf abgrenzbare
echoarme Raumforderungen, gelegentlich mit echo-
genem Detritus und Septen (Pearl u. Nassar 1979).
Die CT ist die bevorzugte diagnostische Methode, da
Abb. 9.18. Milzhämangiom, Ultraschall. 4 cm große, runde, sie diskrete, einzelne oder multiple hypodense Läsio-
echoreiche Region, typisches Bild eines Hämangioms, histolo- nen zeigt und mögliche Verkalkungen aufdeckt. Die-
gisch nach Splenektomie verifiziert
se Läsionen nehmen kein Kontrastmittel auf (Komat-
suda et al. 1999). In der MRT entspricht die Signal-
gebung der von Zysten mit proteinreichem Inhalt
(Urrutia et al. 1996). Ein hohes T1-Signal kann so-
wohl auf eine intrazystische Blutung als auch einen
erhöhten Proteingehalt hindeuten. T2-gewichtete Bil-
der zeigen multilokuläre hyperintense Areale, die mit
den ausgedehnten lymphatischen Räumen korres-
pondieren (Ito et al. 1995).

Hamartom (Splenom)
Hamartome der Milz sind seltene, gutartige Tumo-
ren. Sie werden gewöhnlich zufällig entdeckt, da sie
in den meisten Fällen asymptomatisch bleiben. Sie
entsprechen einer atypischen Zusammensetzung von
Zellen der roten Pulpa mit und ohne Zellen der wei-
ßen Pulpa. Sonographisch erscheint die Läsion nor-
Abb. 9.19. Milzhämangiom, CT mit i. v. Kontrastmittel. Die malerweise als solide, echoreiche, homogene Raum-
kontrastverstärkte CT in der portalvenösen Phase zeigt eine
annähernd runde, homogen kontrastmittelanreichernde Lä-
forderung sehr ähnlich dem Hämangiom oder mit
sion. Dieses Kontrastverhalten beruht auf der für diese Läsion unterschiedlicher Echogenität im Vergleich zum nor-
typischen Hypervaskularisierung malen Milzgewebe (Goerg u. Schwerk 1994). In selte-
nen Fällen können Hamartome Verkalkungen und
zystische Veränderungen enthalten (Komaki u. Gom-
bas 1976; Zissin et al. 1992). Tang et al. (2000) berich-
ten über eine erhöhte Vaskularisation im farbgestütz-
ten Dopplersonogramm.
Die CT zeigt gewöhnlich hypodense Läsionen,
die Kontrastmittel anreichern (Ohtomo et al. 1992;
Abb. 9.20). In einzelnen Fällen sind die Läsionen vor
und nach Kontrastmittelapplikation isodens zum
normalen Milzgewebe und können in seltenen Fällen
zystische Veränderungen (Abb. 9.21) oder Verkal-
kungen aufweisen (Tang et al. 2000; Zissin et al. 1992).
In der MRT sind Hamartome im T1-gewichteten Bild
isointens zum umliegenden Milzgewebe, im T2-ge-
wichteten Bild meist deutlich hyperintens. Die Bin-
Abb. 9.20. Hamartom (Pfeile) mit geringer Kontrastmittelauf-
nenstruktur ist inhomogen. Nach Gabe von intra-
nahme in der kontrastunterstützten CT. (Aus Völk u. Strotzer venösem Kontrastmittel kommt es zu einem protra-
2006) hierten (Abb. 9.22), auf Spätaufnahmen jedoch deut-
698 Kapitel 9 Erkrankungen der Milz

9.4.2
Maligne Milztumoren
Maligne Lymphome
(Morbus Hodgkin, Non-Hodgkin-Lymphom)
Der häufigste maligne Tumor der Milz ist das
Lymphom. Die Milz kann primär befallen sein oder
sekundär im Rahmen einer disseminierten Er-
krankung (Rabushka et al. 1994). Zum Zeitpunkt
der Erstdiagnose findet sich ein Milzbefall in etwa
23–40% der Patienten mit Morbus Hodgkin oder
Non-Hodgkin Lymphom (Castellino 1991; Strijk et
al. 1987).
Die Ann-Arbor-Klassifikation wird sowohl für die
Beschreibung der anatomischen Ausbreitung des
Morbus Hodgkin als auch des Non-Hodgkin-Lym-
phoms angewendet. Die Milzbeteiligung ist beim
Morbus Hodgkin von größerer Bedeutung als beim
Abb. 9.21. Hamartom der Milz mit zystischen Arealen, CT mit Non-Hodgkin-Lymphom; beim Non-Hodgkin-Lym-
i. v. Kontrastmittel. Solide Läsion im dorsalen Anteil der Milz phom ist die histopathologische Klassifikation ein
mit zentral hypodensen Läsionen mit flüssigkeitsäquivalenten wichtiger Vorhersagewert für die Prognose der Pa-
Dichtewerten
tienten (Castellino 1991).
Lymphomnekrosen sind selten und können wie
Zysten imponieren, hier ist eine Unterscheidung zu
Abszessen schwierig. Milzverkalkungen vor bzw.
nach Therapie werden ebenfalls selten beobachtet.
Häufiger hingegen sind Milzinfarkte zu beobachten.
Nach Goerg et al. (1997) lassen sich, neben der unspe-
zifischen Splenomegalie, 4 unterschiedliche sonogra-
phische Muster beobachten:
∑ diffuser Befall,
∑ fokal kleinnoduläres Muster,
∑ fokal großnoduläres Muster und
∑ „bulky-disease“.
Aufgrund des Befallsmusters lassen sich in vielen
Fällen Rückschlüsse auf die histologische Lympho-
mentität ziehen. Ein diffuser bzw. kleinnodulärer
Abb. 9.22. Hamartom (Pfeile) mit protrahierter, inhomogener
Kontrastmittelaufnahme in der T1-gewichteten MRT. (Aus Befall ist typisch für niedrig maligne Lymphome,
Völk u. Strotzer 2006) fokale großnoduläre Veränderungen sprechen in
der Regel für hochmaligne Lymphome. Der Morbus
Hodgkin zeigt kein typisches Befallsmuster. Das Er-
licheren Signalanstieg, der inhomogen sein kann scheinungsbild eines Milzbefalls in der CT korreliert
(Ohtomo et al. 1992; Ramani et al. 1997). ebenfalls gut mit den histologisch gefundenen
Differenzialdiagnostisch muss ein Hämangiom in Typen. Die Befunde reichen, wie im Ultraschall
Betracht gezogen werden. (Abb. 9.23), von einer Splenomegalie über einen
kleinnodulären Befall bis hin zu einem makronodu-
Merke !
Gutartige Milztumoren sind sehr sel-
ten und werden zumeist zufällig ent-
lären Muster (Urrutia et al. 1996).

deckt. Das Hämangiom ist der häufigste gutartige


Milztumor.
9.4 Tumoren 699

Abb. 9.23. Milzbefall bei Morbus Hodgkin, Ultraschall. Die


vergrößerte Milz ist durchsetzt mit multiplen kleinen, un-
scharf begrenzten, echoarmen Läsionen. Der Befund wird bei
histologisch gesicherter Grunderkrankung als Lymphominfil-
tration der Milz gewertet
Abb. 9.25. Metastasen eines Ovarialkarzinoms, CT mit i. v.
Kontrastmittel. Die CT zeigt mehrere hypodense Milzherde,
die im Vergleich zum umgebenden Milzgewebe geringer Kon-
trastmittel anreichern

Deutlich besser demarkieren sich fokale Lymphom-


herde in der dynamischen kontrastverstärkten MRT
(Hahn et al. 1988). Erste klinische Beobachtungen
legen nahe, dass eine Kombination aus SPIO-ver-
stärkten T2-gewichteten Sequenzen und Gadopente-
tate-dimeglumin-verstärkten T1-gewichteten dyna-
mischen Sequenzen Vorteile bei der Detektion foka-
ler Lymphommanifestationen in der Milz bieten
(Gaffke et al. 2004; Hamm et al. 1994).

Abb. 9.24. Milzbefall bei Morbus Hodgkin, CT mit i. v. Kon-


Metastasen
trastmittel. Diskrete Splenomegalie, multiple hypodense Lä- Ein metastatischer Milzbefall findet sich bei etwa 7%
sionen, z. T. konfluierend, als Korrelat für den Milzbefall der Patienten mit metastasierten Tumoren. In etwa
50% handelt es sich um Melanommetastasen, in
ungefähr 21% um Metastasen eines Mammakarzi-
In der CT lassen sich Läsionen erst ab einer Größe noms, in etwa 18% um Metastasen eines Bronchial-
von 1 cm Durchmesser aufdecken. Sie sind dann ge- karzinoms, weniger häufig sind Milzmetastasen des
wöhnlich hypodens (Strijk et al. 1987). Das typische Kolon-, Ovarial-, Endometrium- und Prostatakarzi-
Erscheinungsbild einer Lymphominfiltration in der noms (Berge 1974).
CT ist eine diffuse hypodense Milz oder eine diffuses Aufgrund vorhandener Nekrosen innerhalb der
irreguläres Enhancement (Abb. 9.24). Läsion erscheinen Milzmetastasen im Ultraschall in
den allermeisten Fällen als echoarme Raumforde-
Merke ! Lymphome reichern gewöhnlich kein
Kontrastmittel an, aufgrund dieser
rung (Goerg et al. 1991). Der für Malignität typische
echoarme Randsaum (Halo) ist in der Milz seltener
Tatsache werden Milzläsionen am besten nach Kon- als in der Leber nachweisbar.
trastmittelbolus differenziert (Rabushka et al. 1994). In der CT stellen sich Milzmetastasen nativ als
hypodense Läsionen dar. Nach Kontrastmittelgabe
Die MRT ist aufgrund des gleichen Signalverhaltens stellen sich die Metastasen hypodens zum umgeben-
in allen Wichtungen wenig geeignet, normale Milz den Milzgewebe dar (Abb. 9.25), zystische oder ne-
und Lymphom zu unterscheiden (Hahn et al. 1988). krotische Herde zeigen ein peripheres oder septales
700 Kapitel 9 Erkrankungen der Milz

Abb. 9.28. Angiosarkom (histologisch gesichert) der Milz mit


inhomogner, stark vergrößerter hypervaskularisierter Raum-
forderung mit Nekrosezonen (Pfeil), CT mit i. v. Kontrastmit-
tel. In der Leber zeigen sich Metastasen (Pfeilspitzen)

Enhancement, dies findet sich vor allem bei Mela-


nommetastasen (Silverman et al. 1984).
In der MRT zeigen Milzmetastasen in T1-gewich-
teten Bildern eine niedrige, in T2-gewichteten eine
erhöhte Signalintensität (Hahn et al. 1988). Nach
Kontrastmittelapplikation lassen sich Milzmetasta-
sen besser als vor Kontrastmittelgabe abgrenzen
(Abb. 9.26 a, b). Melanommetastasen können bei ho-
hem Pigmentgehalt in T1-gewichteten Bildern hyper-
intens, in T2-gewichteten Bildern hypointens zum
Milzparenchym erscheinen (Premkumar et al. 1992).
Abb. 9.26 a, b. Milzmetastase, MRT. In T1-Wichtung nach i. v. Amelanotische Metastasen zeigen in der MRT jedoch
Kontrastmittel 3 cm große, hypointense Läsion, histologisch
verifizierte Milzmetastase bei Blasenkarzinom in a axialer und ein identisches Signalverhalten wie herkömmliche
b koronarer Ebene Milzmetastasen (Abb. 9.27).

Angiosarkom
Das seltene Angiosarkom ist der häufigste nicht-
lymphoide maligne Tumor der Milz. Es ist gekenn-
zeichnet durch eine sehr schlechte Prognose mit frü-
her Metastasierung, vor allem in die Leber (Sondenaa
et al. 1993). Das Angiosarkom neigt zur Spontanrup-
tur (Mahony et al. 1982). Thorotrast ist als Ursache
von Lebertumoren bekannt; eine Assoziation mit
dem Angiosarkom der Milz ist selten (Levy et al.
1986). Das Angiosarkom tritt uni- oder multifokal auf
und kann zystische und solide Anteile haben.
Die CT zeigt eine inhomogene, stark hypervasku-
larisierte Raumforderung. Stark hyperdense Bezirke
sprechen für eine akute Einblutung oder Hämoside-
rinablagerungen. Das gesamte Organ kann nahezu
vollständig von Tumor durchsetzt sein. Hypodense
Abb. 9.27. Metastasen eines amelanotischen malignen Mela- Bereiche entsprechen am ehesten Tumornekrosen
noms, MRT. In T2-gewichteter koronarer Schichtführung zei- (Thompson et al. 2005; Abb. 9.28). Das Kontrastver-
gen sich multiple hyperintense Milzherde
9.5 Hämatologische Erkrankungen 701

halten entspricht dem von Angiosarkomen der Leber, genannte Sichelzellen). Dies führt durch Erhöhung
obwohl das Anflutungsverhalten variabel ist (Ma- der Blutviskosität zur Stase des Blutes mit daraus fol-
hony et al. 1982). In der MRT zeigen sich in Abhän- gender Infarzierung, u. a. von Niere Knochen, Lunge
gigkeit vom Alter der Einblutung und vom Ausmaß und Milz. Die klinische Symptomatik umfasst kolik-
der Nekrose sehr unterschiedliche Signalintensitäten artige abdominelle Schmerzanfälle, Knochen- und
in den T1- und T2-gewichteten Bildern. Der Tumor Gelenkschmerzen, Ulcus cruris, neurologische Aus-
ist gewöhnlich stark vaskularisiert und reichert in- fälle und Niereninfarkte. Häufig treten mit Fieber
tensiv Kontrastmittel an (Imaoka et al. 1999). einhergehende hämolytische und aplastische Krisen
auf.
Merke ! Primär maligne Milztumoren sind
selten. Das Lymphom ist der häufigste
Bei der homozygoten Form erscheint die Milz ver-
kleinert mit Verkalkungen (McCall et al. 1981). Die
maligne Primärtumor der Milz. Eine Metastasierung heterozygote Form zeigt meist eine Splenomegalie
in die Milz zeigt sich selten. mit subkapsulären Verkalkungen (Adler et al. 1986).
Der Ultraschall und die CT zeigen eine Milzver-
größerung oder -verkleinerung und ggf. Verkalkun-
9.5 gen. Die MRT zeigt geringe Signalintensitäten auf
Hämatologische Erkrankungen den T2- und T2*-gewichteten Bildern. Das Signal-
muster bei der Sichelzellenanämie ist abhängig von
9.5.1 den Eisendepots vorausgegangener Bluttransfusio-
Myeloische Leukämie nen und/oder Fibrosen zurückliegender Infarkte
(Siegelman et al. 1994). Das Eisen erzeugt lokale Feld-
Im Rahmen einer myeloischen Leukämie ist die Milz inhomogenitäten mit einer Reduktion des T2-Sig-
häufig beteiligt. Eine ausgeprägte Splenomegalie nals.
findet sich in bis zu 90% der unbehandelten Fälle.
Klinisch imponieren die Patienten meist mit einer
deutlichen Splenomegalie, Nachtschweiß, Gewichts- 9.5.3
verlust und einer Anämie. Mikroskopisch zeigt die Thalassämie
leukämische Milz eine diffuse oder fokale Infiltration
mit leukämischen Zellen. Es können sich multiple 왔 Die Thalassämie oder auch Mittel-
Definition
kleine Infarkte über das gesamte Milzparenchym meeranämie umfasst eine Gruppe von
zeigen. angeborenen Erkrankungen, die durch eine quanti-
tative Störung der Globinsynthese gekennzeichnet
Merke ! Die Milzgröße ist bei der chronisch
myeloischen Leukämie ein Zeichen
sind.

für Krankheitsaktivität und von größter Bedeutung Die Thalassämie kann in 2 Untergruppen unterteilt
für die Beurteilung des Krankheitsverlaufs (Ito u. werden:
Mitchell 2000).
∑ a-Thalassämie (minor) und
∑ b-Thalassämie (major).
Alle radiologischen Bildgebungsverfahren können
die Milzvergrößerung zuverlässig darstellen und als Bei der a-Thalassämie findet sich eine gering aus-
Verlaufsuntersuchung herangezogen werden. Das geprägte Anämie, diese wird meist kompensiert.
Bild der Splenomegalie gleicht in allen Modalitäten Bei der b-Thalassämie wird die schwere Anämie
dem der normalen Milz. begleitet von einer Hämolyse, systemischer Eisen-
überladung und einer aktiven Erythropoese. Die
Eisenüberladung wird aggraviert durch die bei der
9.5.2 b-Thalassämie notwendigen Bluttransfusionen. Die
Sichelzellenanämie betroffenen Patienten entwickeln aufgrund der ge-
steigerten Erythropoese eine Kardiomegalie, Hepato-
Die Sichelzellenanämie ist eine häufige, fast aus- splenomegalie und Skelettveränderungen.
schließlich bei Schwarzen vorkommende, autosomal- Die CT zeigt eine hyperdense Milz infolge der
rezessiv vererbte Erkrankung. Die Sichelzellenanä- Eisenablagerungen (Mitnick et al. 1981). Die CT kann
mie ist eine Hämoglobinämie, die sich nur bei Homo- Eisen von Kupfer nicht unterscheiden. Die MRT hin-
zygotie oder doppelter Heterozygotie klinisch mani- gegen ist aufgrund der paramagnetischen Effekte
festiert. Die das abnorme Hämoglobin enthaltenden eine sehr sensitive Methode bei der Detektion von
Erythrozyten nehmen bei absinkender Sauerstoff- Eisen. Wie bei der Sichelzellenanämie eignen sich
spannung eine sichelförmige Konfiguration an (so T2- und T2*-gewichtete Bilder sehr gut zur Quantifi-
702 Kapitel 9 Erkrankungen der Milz

zierung der Eisenkonzentration in der Milz (Ernst 9.5.6


et al. 1999). Bei der a-Thalassämie zeigt sich meist Idiopathische thrombozytopenische Purpura
nur eine gering ausgeprägte Splenomegalie. Diese
wird mit allen Modalitäten zuverlässig erkannt. Synonym: Morbus Werlhof.

왔 Die idiopathische thrombozytopeni-


Definition
9.5.4 sche Purpura (ITP) ist eine hämor-
Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie rhagische Erkrankung mit isolierter Thrombozyto-
penie infolge verkürzter Thrombozytenlebensdauer
Die paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH) durch antithrombozytäre Autoantikörper.
gehört zu den hämolytischen Anämien.
In der Bildgebung gibt es keine charakteristischen
왔 Es handelt sich um einen erworbenen Veränderungen. Die Bildgebung hat aber eine große
Definition
Erythrozytenmembrandefekt, bei dem Bedeutung in der Verlaufbeurteilung nach Splen-
die roten Blutkörperchen vermehrt sensitiv ge- ektomie zum Ausschluss von Nebenmilzen. Eine
genüber Komplementfaktoren werden. Splenomegalie wird gewöhnlich nicht beobachtet,
dies unterscheidet die ITP von anderen Erkrankun-
Die PNH resultiert in einer intravaskulären Hämo- gen, die die Milz betreffen, da diese normalerweise
lyse mit Freisetzung von Hämoglobin in das Blut. Die eine Splenomegalie verursachen. Dennoch wird auch
MRT kann die Eisenüberladung und die möglichen in 5% der Patienten mit ITP eine Splenomegalie ge-
Komplikationen wie Thrombosen der abdominellen funden (Doan et al. 1960).
Venen darstellen (Mathieu et al. 1995). Bei der PNH
ist die Milz typischerweise frei von Eisen. Dennoch
kann eine diffuse Signalminderung der Milz im Rah- 9.5.7
men einer transfusionsbedingten Hämosiderose auf- Osteomyelofibrose
treten. Siderotische Herde oder Gandy-Gamna-Kör-
per sind zumeist diffus in der Milz verteilt. Sie mes- 왔 Die Osteomyelofibrose (OMF) ist eine
Definition
sen wenige Millimeter und sind besonders deutlich myeloproliferative Erkrankung mit
auf GRE–Sequenzen bei hoher Feldstärke als signal- Fibrose und Sklerose des Knochenmarks und extra-
arme Herde sichtbar (Roubidoux 1997). Nach Kon- medullärer Blutbildung.
trastmittelgabe demarkieren sich die Läsionen im
T1-gewichteten Bild besser als in der nativen Unter- Klinisch manifestiert sich die OMF meist zwischen
suchung. dem 50. bis 60. Lebensjahr mit ausgeprägter Spleno-
megalie und häufig mit einer Hepatomegalie. Im
Ultraschall erscheint die Milz echoreich, ähnlich der
9.5.5 Leber. In den Schnittbildverfahren lässt sich eine ver-
Polycytaemia vera größerte Milz von normaler Morphologie erkennen.
Mitunter lassen sich Hämosideroseherde nach wie-
왔 Bei der Polycytaemia vera handelt es derholter Bluttransfusion zusammen mit Milzinfark-
Definition
sich um eine myeloproliferative Er- ten erkennen.
krankung mit deutlicher Vermehrung der Erythro-
zyten im Blut und meist auch einer Vermehrung der
Leuko- und Thrombozyten. Merke ! Die Splenomegalie stellt in den meis-
ten Fällen das Leitsymptom bei der
Milzbeteiligung im Rahmen hämatologischer Er-
Die Ätiologie dieser Erkrankung ist unklar. Eine krankungen dar. Die CT und MRT können bei eini-
leichte bis mittelmäßige Splenomegalie wird in 75% gen Entitäten wichtige Zusatzinformationen liefern.
der Patienten zum Zeitpunkt der Diagnosestellung Der Ultraschall spielt in der Verlaufsbeurteilung der
gefunden. In einem späteren Stadium der Erkran- Milzgröße die wichtigste Rolle.
kung zeigt sich eine ausgeprägte Splenomegalie mit
Milzinfarkten. Das Erscheinungsbild eines Milz-
infarkts ist an anderer Stelle beschrieben. Wird ein 9.6
ausgeprägter Milzinfarkt von einer liquiden Nekrose Milzbeteiligung bei systemischen Erkrankungen
mit intraparenchymen Gaseinschlüssen begleitet, ist
die Differenzierung von einem Milzabszess schwierig Die Milz ist das größte lymphoretikuläre Organ me-
(Downer u. Peterson 1993). sodermaler Herkunft. Schematisch besteht die Milz
aus 2 Systemen: der weißen Pulpa, diese wird umge-
ben von Arealen der roten Pulpa.
9.6 Milzbeteiligung bei systemischen Erkrankungen 703

Merke ! Die weiße Pulpa erfüllt die Funktion


eines Lymphknotens, während die
Im Ultraschall können sich ein heterogenes Par-
enchym oder multiple, echoarme, intrasplenische
rote Pulpa Bestandteil des retikuloendothelialen Knoten zeigen mit freier Durchgängigkeit der Milz-
Systems ist. Die rote Pulpa hat die Funktion der arterie- und vene (Gregorini et al. 1990; McHugh
Phagozytose und des Abbaus von überalterten, in et al. 1991). In der CT kann sich das Bild eines In-
ihrer Verformbarkeit veränderten oder durch Mem- farkts zeigen, und nach Kontrastmittelgabe kann ein
bran- oder Enzymdefekte geschädigten Blutzellen schmaler kontrastaufnehmender Rand mit zentraler
(vor allem Erythrozyten), Mikroorganismen, Im- Hypodensität zur Darstellung kommen (Fonner et al.
munkomplexen, Fibrinmonomeren und anderen 1995). Hier muss differenzialdiagnostisch an einen
Partikeln. Abszess, einen Tumor oder ein Hämatom gedacht
werden. In der MRT findet sich eine diffuse Signal-
Aufgrund dieser komplexen Funktionen kann die abschwächung in den T1- gewichteten Bildern und
Milz auch bei verschiedenen systemischen Erkran- eine Signalerhöhung in den T2-gewichteten Aufnah-
kungen mit beteiligt sein. Meist jedoch ist das Er- men. Diese entspricht Nekrosen, wie man sie bei
scheinungsbild einer Milzbeteiligung im Rahmen diffusen Infarkten sieht (Kalaitzoglou et al. 1998).
systemischer Krankheitsbilder unspezifisch und
zeigt eine Splenomegalie und/oder fokale Milzläsio- Polyarteriitis nodosa
nen. Dennoch sollte man bei bekannter System-
erkrankung auf eine Milzbeteiligung und deren Er- 왔 Die Polyarteriitis nodosa ist eine sys-
Definition
scheinungsbild achten. temische entzündliche Erkrankung,
die eine nekrotisierende Vaskulitis der mittelgroßen
Arterien verursacht.
9.6.1
Milzbeteiligung bei rheumatologischen Im Rahmen der Erkrankung kommt es auch zur An-
Systemerkrankungen eurysmabildung. In der Angiographie sind die Aneu-
rysmen gut darstellbar. Im Ultraschall und in der CT
Eine Milzbeteiligung im Rahmen rheumatologischer lassen sich mögliche Milzrupturen oder Abszesse
Systemerkrankungen wird gefunden bei der rheu- darstellen.
matoiden Arthritis, dem Felty-Syndrom, beim syste-
mischen Lupus erythematodes, der Wegener-Granu-
lomatose, der Polyarteriitis nodosa, der chronischen 9.6.2
juvenilen Arteriitis, dem Sjögren-Syndrom, dem Milzbeteiligung bei Speicherkrankheiten
Churg-Strauss-Syndrom, dem Morbus Behçet und
der Lyme-Borreliose. 왔 Unter Speicherkrankeiten versteht man
Definition
die Ablagerung abnormaler Substan-
Rheumatoide Arthritis zen in das retikuloendotheliale System (rote Pulpa)
Die rheumatoide Arthritis ist eine chronische Sys- der Milz.
temerkrankung unbekannter Ätiologie. Die häufige
Splenomegalie wird mit den Schnittbildverfahren und Hieraus resultieren Funktionsstörungen und anato-
dem Ultraschall zuverlässig diagnostiziert. Ultraschall mische Formveränderungen der Milz. Im Folgenden
und CT sind gut zur Aufdeckung möglicher Kompli- wird auf einige Speicherkrankheiten exemplarisch
kationen wie Milzruptur oder Abszesse geeignet. eingegangen: lysosomale Speicherkrankheiten (Mor-
bus Gaucher, Morbus Niemann-Pick), Amyloidose
Systemischer Lupus erythematodes und Eisenspeicherkrankheiten (Hämochromatose,
Auch der systemische Lupus erythematodes ist eine Hämosiderose). Insgesamt muss beachtet werden,
multisystemische Autoimmunerkrankung unklarer dass aufgrund der Seltenheit der Erkrankungen nur
Herkunft. Frauen sind in 90% der Fälle betroffen. Der wenige Erfahrungen mit bildgebenden Verfahren,
Ultraschall und die CT eignen sich gut zur Beurtei- insbesondere mit Schnittbildverfahren, vorliegen.
lung einer Splenomegalie, einer Milzatrophie oder
von Milzverkalkungen. Morbus Gaucher
Wegener-Granulomatose 왔 Der Morbus Gaucher ist die häufigs-
Definition
Wie bei den beiden vorgenannten Erkrankungen ist te lysosomale Speicherkrankheit, die
auch bei der Wegener-Granulomatose die Ätiologie durch eine progressive Akkumulation von Gluko-
unbekannt. Die Erkrankung ist charakterisiert durch zerebrosiden im retikuloendothelialen System ge-
eine die Arterien und Venen betreffende nekrotisie- kennzeichnet ist.
rende, granulomatöse Vaskulitis.
704 Kapitel 9 Erkrankungen der Milz

Eine mögliche Splenomegalie wird sowohl im Ultra- Eine Milzbeteiligung ist aufgrund der Funktion der
schall als auch mit den Schnittbildverfahren zuver- Zellen des retikuloendothelialen Systems bei der
lässig erkannt. Im Ultraschall zeigen sich typischer- Amyloidbildung häufig. In allen bildgebenden Ver-
weise fokale, echoarme Raumforderungen, es können fahren lassen sich außer einer Splenomegalie keine
sich aber auch echoreiche Läsionen zeigen. Diese ent- spezifischen Veränderungen nachweisen. Im Falle
sprechen am ehesten Fibroseherden oder Infarkten einer spontanen Milzruptur sind der Ultraschall oder
(McLennan u. Withers 1992). Die CT zeigt ähnliche die CT die Methoden der Wahl zum Nachweis eines
Veränderungen, wobei die Läsionen nach Kontrast- Hämatoms.
mittelapplikation ein geringeres Enhancement zei-
gen als das umgebende Milzparenchym (Aspestrand Eisenspeicherkrankheiten
et al. 1989). In der MRT finden sich ebenfalls fokale (Hämochromatose, Hämosiderose)
Milzläsionen. Diese sind in T1-gewichteten Bildern Die Eisenspeicherkrankheiten lassen sich in 2 Grup-
isointens, in T2-gewichteten Bildern hypointens zum pen, in Abhängigkeit vom Ort der Eisenspeicherung,
umgebenden Milzgewebe (Poll et al. 2000). Es lassen unterteilen.
sich auch eine mögliche Fibrose und Infarkte darstel-
len (Hill et al. 1992). 왔 Die Hämochromatose bezeichnet die
Definition
abnormale Ablagerung von Eisen vor
Morbus Niemann-Pick allem im Leberparenchym (Hepatozyten).
Die Hämosiderose bezeichnet die vermehrte Ei-
왔 Der Morbus Niemann-Pick ist eine senablagerung im retikuloendothelialen System.
Definition
Sphingomyelinlipose.
Bei der Hämochromatose kommt es zu keiner Ein-
Bei der Erkrankung vom Typ A und B liegt ein Sphin- lagerung von Eisen in der Milz, während die Milz bei
gomyelinasemangel vor. Beim Typ C der Erkrankung der Hämosiderose häufig mitbetroffen ist. Die häu-
liegt kein Sphingomyelinasemangel vor, sie ist durch figste Ursache der gesteigerten lienalen Eisenspei-
eine massive, lysosomale Akkumulation von Choles- cherung ist die vermehrte Sequestrierung von Er-
terin gekennzeichnet. ythrozyten in der Milz, z. B. im Rahmen multipler
Mit allen bildgebenden Verfahren lässt sich die Bluttransfusionen, bei portaler Hypertension und in
meist vorhandene mäßige Splenomegalie nachwei- selteneren Fällen bei Rhabdomyolyse.
sen. Im Ultraschall zeigen sich multiple, glatt be- Der Ultraschall zeigt keine spezifischen Verän-
grenzte echoreiche Raumforderungen, die auf den derungen der Milz bei der Hämosiderose, ist aber
hohen Lipidgehalt zurückgeführt werden. In der hilfreich bei der Diagnosestellung einer sekundären
kontrastgestützten CT sind hypodense, noduläre Lä- Leberzirrhose und eines hepatozellulären Karzi-
sionen nachweisbar. Die MRT scheint aufgrund ihrer noms. Da die CT eine vermehrte Eisenspeicherung
hohen Sensitivität im Nachweis von Fett eine sehr gut erst bei einem 4-fach erhöhten Normwert nachweist,
geeignete Methode zu sein. In einem berichteten Fall ist sie von geringem klinischen Nutzen. Sie kann aber
fand sich eine Signalzunahme in T1- und T2-gewich- wie der Ultraschall Komplikationen aufdecken.
teten Bildern bei einem Morbus Niemann-Pick Typ C Die MRT ist aufgrund der durch die Eisenüber-
(Omarini et al. 1995). ladung bedingten Suszeptibilitätsartefakte eine sen-
sitivere und spezifischere Methode. Die sensitivste
Amyloidose Technik für den Nachweis einer diffusen Signalmin-
derung als Ausdruck der Eisenablagerung sind pro-
왔 Die Amyloidose ist eine extrazelluläre tonendichte- und T2*-gewichtete GRE-Sequenzen
Definition
Ablagerung des fibrillären Proteins (Adler et al. 1986). In T1- und T2-gewichteten Bildern
Amyloid in einem oder mehreren Geweben des Kör- zeigt sich eine diffuse Signalminderung der Milz im
pers. Verhältnis zur Muskulatur aufgrund der Hämosider-
ineinlagerungen (sekundäre Hämochromatose) und
Generell werden klinisch 2 Typen der Amyoloidose der Verkalkungen (Adler et al. 1986). Besteht eine
unterschieden: Hämochromatose, so zeigt das T2-gewichtete Bild
der zirrhotischen Leber eine Signalminderung, wäh-
∑ die primäre Amyloidose (ohne Begleiterkrankun-
rend die möglicherweise vergrößerte Milz eine nor-
gen) und
male Signalgebung aufweist (Siegelman et al. 1991).
∑ die sekundäre Amyloidose (Assoziation mit
Die Tabellen 9.3 und 9.4 fassen das Erscheinungs-
chronischen Infektionen, rheumatoider Arthritis,
bild einer möglichen Milzbeteiligung und deren Ver-
Hämodialyse).
änderungen im Rahmen hämatologischer und syste-
mischer Krankheitsbilder zusammen und zeigen die
9.6 Milzbeteiligung bei systemischen Erkrankungen 705

Tabelle 9.3. Zusammenfassung der Milzveränderungen bei hämatologischen Erkrankungen mit Wertigkeit der einzelnen Unter-
suchungsmodalitäten

Hämatologische Erkrankung Milzveränderung US CT MRT

Myeloische Leukämie Splenomegalie ++ ++ ++


Sichelzellenanämie Infarkte/Verkalkungen +/+ ++/++ +/+
Thalassämie Splenomegalie/Eisenablagerungen ++/– ++/– ++/++ (Eisen)
Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie Eisenüberladung – – ++ (Eisen)
Polycytaemia vera Splenomegalie/Infarkte ++/++ ++/++ ++/++
Idiopathische thrombozytopenische Purpura Keine typischen Veränderungen,
selten Splenomegalie + + +
Osteomyelofibrose Splenomegalie, selten Infarkte ++ ++ ++
++ = sehr gut geeignet, + = gut geeignet, – = nicht geeignet.

Tabelle 9.4. Zusammenfassung der Milzveränderungen bei systemischen Erkrankungen mit Wertigkeit der einzelnen Untersu-
chungsmodalitäten

Systemische Erkrankung Milzveränderung US CT MRT

Rheumatoide Arthritis Splenomegalie ++ ++ ++


Systemischer Lupus erythematodes Splenomegalie, Milzatrophie, Verkalkungen ++ ++ +
Wegener-Granulomatose Infarkte ++ ++ ++
Polyarteriitis nodosa Aneurysmen, Ruptur, Abszesse ++ ++ +
Morbus Gaucher Splenomegalie, Infarkte, Fibrose ++ ++ ++
Morbus Niemann-Pick Splenomegalie/hoher Lipidgehalt ++/+ ++/+ ++/++ (Fett)
Amyloidose Splenomegalie, Ruptur ++ ++ ++
Hämosiderose Eiseneinlagerung – – ++ (Eisen)
++ = sehr gut geeignet, + = gut geeignet, – = nicht geeignet.

Wertigkeit der unterschiedlichen Untersuchungsmo-


dalitäten bezüglich der möglichen Milzveränderun-
gen (Völk u. Strotzer 2006).

9.6.3
Sarkoidose

Bei der Sarkoidose der Milz liegt vermutlich eine gra-


nulomatöse Entzündung von Bereichen der weißen
Pulpa vor. Zumeist sind die Lunge, das Mediastinum
und die hilären Lymphknoten betroffen. Ein abdomi-
neller Befall bei der Sarkoidose ist häufig. Eine
mikroskopische Milzbeteiligung findet sich in 24– Abb. 9.29. Sarkoidose der Milz, Ultraschall. Winzige, echo-
59% der Patienten. Die klinische Bedeutung ist unsi- arme Läsionen in der Milz bei bekannter Sarkoidose, die Inter-
cher, und eine Milzfunktionsstörung ist selten (Scott pretation als Milzbefall beruht auf der Grunderkrankung
et al. 1997).
Differenzialdiagnostisch muss die Sarkoidose ge-
genüber anderen Erkrankungen mit dem gleichen Im Ultraschall zeigen sich nur gelegentlich diskre-
klinischen und radiologischen Erscheinungsbild ab- te echoarme Knoten. Häufiger findet man eine diffu-
gegrenzt werden. Hierunter fallen Erkrankungen wie se homogene oder heterogene Echovermehrung
Lymphome, Infektionen und Metastasen (Warshauer (Abb. 9.29) und eine Splenomegalie.
et al. 1995).
706 Kapitel 9 Erkrankungen der Milz

Abb. 9.31. Milzinfarkt, Ultraschall. Scharf demarkierte, echo-


arme bis echoinhomogene Läsion am kaudalen Milzpol,
Abb. 9.30. Sarkoidose der Milz, CT mit i. v. Kontrastmittel. powerdopplersonographisch kein Nachweis von Gefäßen in
Multiple fokale, hypodense Läsionen bis zu 2 cm Größe, histo- dieser Region. Hämatologische Grunderkrankung bekannt,
logisch verifizierter Milzbefall bei Sarkoidose Ultraschall nach plötzlich aufgetretenem linksseitigen Flan-
kenschmerz. Differenzialdiagnostisch ist ein Milzhämatom zu
erwägen

In der abdominellen CT wird die Sarkoidose selteneren Ursachen zählen Thrombosen bei häma-
gewöhnlich nicht entdeckt oder zeigt sich in einer tologischen Erkrankungen (Myelofibrose, Sichel-
unspezifischen (Hepato-) Splenomegalie und retro- zellenanämie, Lymphome) und Vaskulitiden sowie
peritonealen Lymphadenopathie. Dennoch kann sich eine Beteiligung der Milzarterie bei Pankreatitis. Ge-
die Milzsarkoidose in seltenen Fällen mit multiplen, nerell verändert sich die Ursache eines Milzinfarkts
fokalen hypodensen Läsionen von bis zu einigen mit dem Alter: Bei älteren Patienten ist ein emboli-
Zentimetern Größe manifestieren (Scott et al. 1997; sches Ereignis am häufigsten, während bei Patienten
Abb. 9.30). Die MRT zeigt eine uneinheitliche Signal- <40 Jahren eine assoziierte hämatologische Erkran-
minderung in den T1- und T2-gewichteten Bildern, kung am häufigsten ist (Jaroch et al. 1986). Ein Milz-
nach Kontrastmittelgabe kommt es zu einer geringen infarkt kann auch als Komplikation oder als thera-
und verzögerten Anreicherung (Kessler et al. 1993; peutisches Ergebnis einer intraarteriellen Katheteri-
Koyama et al. 2004). sierung auftreten (Takayasu et al. 1984).

Merke !Eine Milzbeteiligung bei Systemer-


krankungen ist meist Teil einer Multi- CAVE ! Milzinfarktbezirke prädisponieren zur
Milzruptur und Superinfektionen.
organbeteiligung, eine isolierte Milzbeteiligung ist
sehr selten. Das radiologische Erscheinungsbild ist Subkapsuläre Hämatome aufgrund eines Milzin-
meist unspezifisch und zeigt eine Splenomegalie farkts können auftreten. Es kommen Milzteilinfarkte
und/oder fokale Läsionen wie bei anderen Entitäten und vollständige Milzinfarkte vor. Klinisch treten
auch. Hier sind klinische Angaben und die Anamne- Milzinfarkte gewöhnlich durch plötzlich einsetzende
se von großer Bedeutung. linksseitige Oberbauchschmerzen in Erscheinung,
sie können aber auch stumm sein.
Im Ultraschall zeigen sich meist keilförmige echo-
9.7 arme Bezirke, die im Querschnitt rund bis oval sein
Andere Erkrankungen können (Abb. 9.31). Das große Spektrum der sono-
graphischen Erscheinungsformen des Milzinfarkts
9.7.1 ist auf die unterschiedlichen pathomorphologischen
Milzinfarkt Prozesse wie Ödembildung, Nekrose, Einschmel-
zung, Narbenbildung oder Fibrose zurückzuführen
Die wichtigste Ursache eines Milzinfarkts beim (Goerg et al. 1991).
Erwachsenen ist eine Thromboembolie bei Endo- Das typische Erscheinungsbild des Milzinfarkts
karditis oder Vorhofflimmern und Thromben aus in der CT gleicht dem des Ultraschalls. So zeigt sich
dem linken Vorhof (ischämischer Infarkt). Zu den eine scharfbegrenzte, hypodense Läsion, die sich
9.7 Andere Erkrankungen 707

Nekrose und von der Verteilung der unterschied-


lichen Blutabbauprodukte ab, nach Kontrastmittel-
gabe zeigen sich keine Anreicherungen in den infar-
zierten Gebieten (Emery 1997; Rabushka et al. 1994).
In der chronischen Phase können Milzinfarkte voll-
ständig verschwinden. In Kontrolluntersuchungen
zeigt sich jedoch, dass chronische Milzinfarkte häufi-
ger ihre Größe, Konfiguration und Echogenität, Dich-
tewerte oder ihr Signalverhalten verändern. Dies
hängt in erster Linie vom Grad der Einblutung und
der Fibrose ab.

Merke ! Als typisches Erscheinungsbild des


Milzinfarkts gilt für alle Modalitäten
eine scharf begrenzte, keilförmige bis an die Periphe-
rie reichende Läsion. In bis zu 50% der Fälle zeigt
sich jedoch eine atypische Morphologie.

9.7.2
Splenose

왔 Unter Splenose versteht man hetero-


Definition
topes Milzgewebe, das durch Auto-
transplantation lienalen Gewebes verursacht wird.

Die Autotransplantation wird meist durch eine trau-


matische Milzruptur verursacht, seltener iatrogen
durch Aussaat im Rahmen einer Splenektomie. Sie ist
in den meisten Fällen klinisch asymptomatisch. Die
Splenose wird zumeist intraabdominell gefunden.
In absteigender Häufigkeit wird die Splenose in der
Serosa des Dünndarms, Omentum majus, Perito-
neum parietale, Serosa des Dickdarms und Unter-
seite des Zwerchfells angetroffen. Seltene extraperi-
toneale Lokalisationen sind Zerebrum, Pleuraraum,
Perikard, Retroperitoneum und subkutanes Gewebe.
Diese Lokalisationen sind in Form von Fallbeschrei-
Abb. 9.32 a, b. Milzinfarkt, CT mit i. v. Kontrastmittel. Scharf bungen dokumentiert (O’Connor et al. 1998; Ovnata-
begrenzte, hypodense Läsion in a axialer und b koronarer nian 1966; Rickert et al. 1998; Zeebregts et al. 1998). In
Ebene am unteren Milzpol
allen beschriebenen Fällen war ein Trauma oder eine
Operation der Grund für eine Aussaat von Milzgewe-
be. Das Zeitintervall zwischen Milzruptur und der
nach Kontrastmittelgabe besser demarkiert (Balcar Diagnosestellung reicht von wenigen Monaten bis zu
et al. 1984; Abb. 9.32 a, b). Dieses typische Erschei- 36 Jahren (Zeebregts et al. 1998).
nungsbild zeigt sich aber in weniger als der Hälfte der Das Wiederauftreten von hämatologischen Er-
Fälle bei akuten Milzinfarkten (Goerg u. Schwerk krankungen nach Splenektomie ist zumeist auf das
1990). Milzinfarkte imponieren häufiger als runde Vorhandensein von Nebenmilzen, selten auf eine
oder unregelmäßige Läsionen. Sie zeigen häufig Splenose zurückzuführen (Fleming et al. 1976).
Dichtewerte, die die Läsion von anderen Milzläsio- Die Differenzialdiagnosen einer Splenose beinhal-
nen wie Abszessen, Hämatomen oder Neoplasien ten u. a. primäre Tumoren z. B. der Niere, Metastasen
nicht unterscheiden lässt (Balcar et al. 1984). aber auch Nebenmilzen.
Das typische Erscheinungsbild des akuten Milz- Splenose und Nebenmilz sind 2 unterschiedliche
infarkts in der MRT ist eine keilförmige Formation Entitäten (Tabelle 9.5). In der Diagnosestellung einer
von unterschiedlicher Signalintensität. Die Signal- Splenose spielt die Milzszintigraphie eine entschei-
intensität hängt vom Grad der hämorrhagischen dende Rolle. Die Szintigraphie ist aber nicht in der
708 Kapitel 9 Erkrankungen der Milz

Tabelle 9.5. Differenzialdiagnostische Abgrenzung von Splenose und Nebenmilz. (Nach De Backer u. De Schepper 2000)

Nebenmilz Splenose

Häufigkeit 10–44% aller Autopsien 26–67% nach Milzruptur


Äthiologie Entwicklungsbedingt Erworben; Trauma oder Operation in der Anamnese
Anzahl Normalerweise <6 In einzelnen Bezirken bis zu 400
Lokalisation Im Bereich der splenopankreatischen Intra- und extraperitoneal
oder gastrosplenischen Ligamente
Blutversorgung Über Äste der Milzarterie Mehrere kleine Arterien, die die Kapsel durchdringen
Aussehen Ähnelt einer Milz mit Hilus Kein charakteristisches Aussehen, kein Hilus
Aussehen Ähnelt einer Milz mit Hilus Kein charakteristisches Aussehen, kein Hilus
Größe Kann nach Splenektomie die Größe Selten >3 cm
der originären Milz annehmen

Abb. 9.33 a–d. Splenose, CT mit i. v. Kontrastmittel. Zustand nach traumatisch bedingter Splenektomie. a, b Nachweis von Milz-
gewebe in der Milzloge. c, d Pararektal versprengtes Milzgewebe
9.8 Diagnostisches und interventionelles Vorgehen bei inzidentellen oder unklaren Milzläsionen 709

Lage, zwischen Splenose und Nebenmilz zu differen- te Läsionen, die in seltenen Fällen lobuliert sein
zieren. Die 99mTechnetium- (Tc-) Schwefelkolloid- können. Die Ätiologie dieser Erkrankung ist unklar
Szintigraphie ist in der Lage, Milzherde von >2 cm (Safran et al. 1991). Klinisch asymptomatisch sind
aufzudecken. Da die normale Leber den größten Teil etwa 50% der Patienten, die andere Hälfte zeigt
des Schwefelkolloids aufnimmt, können Splenose- Fieber, epigastrische Schmerzen, Erbrechen und Ge-
herde im Oberbauch durch das Leber-Uptake mas- wichtsverlust.
kiert werden. Eine sensitivere und spezifischere Das sonographische Erscheinungsbild des ent-
Methode stellt die Milzszintigraphie mit 99mTc-mar- zündlichen Pseudotumors ist gewöhnlich echoarm,
kierten, wärmealterierten Erythrozyten dar. Hier- in seltenen Fällen auch echoreich. Die native CT zeigt
bei macht man sich die Aufgabe der Milz zunutze, eine leicht hypodense Raumforderung, die nach Kon-
lädierte Erythrozyten zu eliminieren (Gunes et al. trastmittelapplikation eine schwache zunehmende
1994). Anreicherung aufweist. Zentrale sternförmige hypo-
Konventionell radiologische Untersuchungen wie dense Bereiche entsprechen histologisch Fibroseare-
Thoraxübersichtsaufnahmen, Bariumuntersuchun- alen (Dalal et al. 1991; Franquet et al. 1989). Die MRT
gen und i. v.-Pyelogramme können Raumforderun- kann die Raumforderung unter Umständen besser
gen darstellen, sind aber wenig spezifisch. Der Ultra- zeigen als die CT. In T1-gewichteten Bildern zeigt der
schall und die CT sind ebenfalls nicht sehr spezifisch. entzündliche Pseudotumor eine isointense Signal-
Beide Modalitäten zeigen eine oder mehrere solide, intensität. Auf T2-gewichteten Bildern kann der
homogene, nichtverkalkte, weichteildichte Raumfor- entzündliche Pseudotumor sowohl hypointens als
derungen. Da sich die Splenose in ein anderes Gewe- auch hyperintens zum umgebenden Milzgewebe sein
be implantiert, zeigt sie eine schlechte Abgrenz- (Glazer et al. 1992).
barkeit zum benachbarten Gewebe. Die native CT Differenzialdiagnosen zum entzündlichen Pseudo-
zeigt gewöhnlich eine hypo- bis isodense Läsion, die tumor sind das Lymphom, das Hämangiom, Metasta-
nach Kontrastmittelapplikation homogen anreichert sen und das Hamartom.
(Gruen u. Gollub 1996; Abb. 9.33 a–d).
Die MRT zeigt eine Raumforderung, die auf T1-ge-
wichteten Bildern eine intermediäre Signalintensität, 9.8
auf Protonendichte- und T2-gewichteten Bildern ei- Diagnostisches und interventionelles Vorgehen
ne hyperintense Signalintensität aufweist. Nach Kon- bei inzidentellen oder unklaren Milzläsionen
trastmittelgabe zeigt sich ein homogenes Enhance-
ment, das dem des normalen Milzgewebes gleicht Ein häufiges Problem in der bildgebenden Diagnos-
(Bordlee et al. 1995). Die Signalintensitäten sind tik stellen zufällig entdeckte Milzläsionen dar. Hier
sowohl vor als auch nach Kontrastmittelgabe nicht stellt sich die Frage, wie mit diesen Veränderungen
spezifisch für eine Splenose. verfahren werden soll. Leider besitzen die unter-
schiedlichen Untersuchungsmodalitäten eine relativ
Merke ! Die Splenose muss von der Nebenmilz
unterschieden werden. In der Dia-
geringe Spezifität bei hoher Sensitivität bezüglich
vieler Milzläsionen. Einfach verhält es sich mit un-
gnostik spielt die Nuklearmedizin eine zentrale komplizierten Zysten (Ultraschall: echofrei mit dor-
Rolle. saler Schallverstärkung, CT: flüssigkeitsisodense
glattwandige Raumforderung ohne Kontrastmittel-
anreicherung, MRT: in T1-Wichtung hypointens, in
9.7.3 T2-Wichtung hyperintens) und mit Verkalkungen, da
Entzündlicher Pseudotumor diese bei asymptomatischen Patienten nicht tumor-
verdächtig sind oder auf eine Entzündung hinweisen.
Der entzündliche Pseudotumor der Milz ist eine sel- Diese bedürfen weder einer weiteren Abklärung
tene Entität. noch einer Verlaufskontrolle. Bei dieser Art der Lä-
sionen spielt es auch keine Rolle, ob diese singulär
왔 Beientzündlichen Pseudotumoren oder multipel auftreten.
Definition
handelt es sich um benigne Raumfor- Blande Zysten mit beweglichen und schwirrenden
derungen, die sich aus einem Bezirk mit entzündli- Echos können vorkommen und sprechen nicht gegen
chen und reparativen fibroblastischen Veränderun- eine unkomplizierte Zyste. Atypische Zysten z. B.
gen mit granulomatösen Bestandteilen zusammen- mit Septen oder möglichen Einblutungen sollten in
setzen. einem Intervall von etwa 3–6 Monaten kontrolliert
werden bzw. bei entsprechendem Verdacht (z. B. auf
Im Allgemeinen entstehen entzündliche Pseudotu- eine Echinokokkose) serologisch weiter abgeklärt
moren im Milzparenchym als diskrete glattberande- werden.
710 Kapitel 9 Erkrankungen der Milz

Ebenso verhält es sich mit inzidentellen Verkal-


kungen (Abb. 9.34), diese treten z. B. nach Trauma
(z. B. verkalktes Hämatom) oder Entzündungen (z. B.
Pneumozystis carinii, Echinokokkose, Tuberkulose
oder Brucellose) auf. Diese Läsionen bedürfen bei
entsprechender Anamnese auch keiner weiteren Ab-
klärung, da diese Veränderungen keiner spezifischen
Therapie bedürfen und meist Ausdruck einer gene-
ralisierten Erkrankung sind. Auch gutartige Milz-
tumoren wie Hämangiome, Lymphangiome und
Hamartome können in seltenen Fällen Verkalkungen
zeigen, hier kann eine weitere Abklärung mittels CT
und/oder MRT hilfreich sein, da diese Läsionen z. T.
charakteristische Veränderungen in den Schnittbild-
methoden aufweisen.
In sehr seltenen Fällen können aber auch Milz-
metastasen Verkalkungen aufweisen (Abb. 9.35), hier
ist jedoch in den allermeisten Fällen eine entspre-
chende Grunderkrankung bekannt, und eine Inter-
pretation dieser Veränderungen sollte differenzial-
diagnostisch keine Probleme bereiten. Abb. 9.34. Zufällig entdeckte Milzverkalkung bei anamnes-
Verkalkungen können jedoch auch bei Sichelzel- tisch bekanntem altem Milztrauma mit Hämatom, CT mit i. v.
Kontrastmittel
lenanämie oder dem systemischen Lupus erythema-
todes auftreten, in diesen Verdachtsfällen können La-
boruntersuchungen bei der Differenzierung helfen.
Die weitere Abklärung sowohl von Zysten als auch
von Verkalkungen mittels zusätzlicher Modalitäten
z. B. CT und/oder MRT sollte den Fällen vorbehalten
bleiben, bei welchen der dringende Verdacht auf eine
primäre Milzerkrankung bzw. eine klinisch relevante
sekundäre Milzbeteiligung besteht. Invasive Maß-
nahmen wie Stanzbiopsien oder Feinnadelaspiratio-
nen spielen bei diesen inzidentellen Läsionen keine
Rolle.
Wird eine atypische solide Milzläsion ohne zu-
grunde liegende maligne Grunderkrankung ent-
deckt, muss diese mittels CT und/oder MRT (nativ
und mit Kontrastmittel) weiter abgeklärt bzw. im
Verlauf beobachtet werden, um eine möglichst zu-
verlässige bildmorphologische Differenzierung zwi-
schen einer behandlungsbedürftigen und einer
nichtbehandlungsbedürftigen Milzveränderung tref-
fen zu können (Abbott et al. 2004). In seltenen Fällen
können auch Stanzbiopsien oder eine Feinnadelaspi-
rationen gerechtfertigt sein.
Die häufigsten Indikationen zur perkutanen Ge-
webegewinnung sind singuläre oder multiple Milz-
läsionen bei Patienten mit unbekanntem Primärtu-
mor oder normalem Immunstatus, die nicht durch
bildgebende Verfahren allein charakterisiert werden Abb. 9.35. Milzmetastase mit Verkalkungen bei bekanntem
Karzinoid der Appendix, CT mit i. v. Kontrastmittel. Histolo-
können. Eine weitere mögliche Indikation zur Biop- gisch gesicherte verkalkte Milzmetastase mit liquiden Anteilen
sie stellen Milzläsionen bei bekanntem Primärtumor
dar, in diesen Fällen zum genauen Staging sowie zur
Behandlungsplanung (O’Malley et al. 1999).
Um das Blutungsrisiko zu minimieren, sollten im
Vorfeld der Intervention Blutgerinnungstests durch-
9.8 Diagnostisches und interventionelles Vorgehen bei inzidentellen oder unklaren Milzläsionen 711

geführt werden und dünne Nadeln (20–22 Gauge/ Doan CA, Bouroncle BA, Wiseman BK (1960) Idiopathic and
0,90–0,72 mm) zur Anwendung kommen (Robertson secondary thrombocytopenic purpura: clinical study and
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et al. 2001). Die Intervention sollte in der CT oder mit Med 53: 861–876
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Originäre Erkrankungen des Peritoneums 10
J.H. Pullwitt, J. Freyschmidt

10.1 Entzündliche Erkrankungen 719 gebaut ist. Die Serosa entwickelt sich aus dem Meso-
10.1.1 Bakterielle Peritonitis 719 thel, die Subserosa aus dem Mesenchym. Unterschie-
10.1.2 Sterile Peritonitis 722
10.1.3 Folgen entzündlicher Peritonealerkrankungen – den wird das Peritonaeum parietale vom Perito-
Peritonitis adhaesiva, Verwachsungsbauch 723 naeum viscerale. Das Peritonaeum parietale definiert
Literatur 724 die äußere Begrenzung der Peritonealhöhle, indem es
10.2 Nekrose 724 innen die angrenzenden Weichteile (Zwerchfelle,
10.2.1 Segmentaler Infarkt des Omentum majus 724 Bauchwand, Retroperitoneum, Subperitoneum, Be-
10.2.2 Appendicitis epiploica 726
Literatur 727 ckenboden) überzieht. Das Peritonaeum viscerale
bedeckt die intraperitonealen Organe und bildet
10.3 Tumoren und tumorähnliche Veränderungen 728
10.3.1 Peritonealkarzinose 728 band- oder tuchförmige Duplikaturen aus. Dies sind
10.3.2 Pseudomyxoma peritonei 730 Ligamente, das Mesenterium und Mesokolon, das
10.3.3 Malignes Lymphom 731 Omentum minus und Omentum majus. Sie dienen
10.3.4 Malignes Mesotheliom 732 der Fixation der intraperitonealen Organe an den
10.3.5 Mesenteriale und omentale Zysten 733
10.3.6 Liposarkom 735 Nachbarkompartimenten sowie untereinander. In
10.3.7 Leiomyosarkom 736 diesen Duplikaturen verlaufen Blutgefäße und Ner-
10.3.8 Aggressive Fibromatose 739 ven. Zudem sind darin das Lymphsystem, duktale
10.3.9 Sklerosierende Mesenteritis 740 Strukturen und Fettgewebe eingebettet.
Literatur 744
Mesenterium und Mesokolon haften bandförmig
dem vorderen Perirenalraum des Retroperitoneums
an und sind nicht von diesem getrennt, werden aber
In diesem Kapitel werden Erkrankungen des Perito- aufgrund der Topographie den intraperitonealen
neums selbst und der in seinen Duplikaturen einge- Strukturen zugerechnet. Im Gegensatz hierzu zählt
betteten Gewebe beschrieben. Erkrankungen der in- der Leistenkanal nicht zur Peritonealhöhle, obwohl
traperitonealen Organe und zugehöriger intraperito- das Peritoneum mit dem Processus vaginalis perito-
nealer Strukturen wie z. B. Ductus choledochus und nei in diesen hineinreicht.
Ductus cysticus, Urachus und Bänder des inneren Die Peritonealhöhle ist ein kommunizierendes
weiblichen Genitale sind in anderen Kapiteln dieses Spaltensystem, welches im Zusammenhang mit der
Bandes abgehandelt. Flüssigkeitsproduktion der Serosa die gegenseitige
Mit den verschiedenen bildgebenden Untersu- Verschieblichkeit intraperitonealer Organe und Ge-
chungsverfahren konnten und können Informatio- webe ermöglicht.
nen über die Peritonealhöhle gewonnen werden.Auf- Bei weiblichen Individuen steht diese über die
grund der Möglichkeit der direkten Darstellung, der innere Tubenöffnung mit der Außenwelt in Verbin-
allenfalls geringen Invasivität und der hierzulande dung.
guten Verfügbarkeit werden heute zur radiologischen Die Peritonealhöhle ist ursprünglich paarig ange-
Abklärung krankhafter peritonealer Prozesse die So- legt und wird durch das Mesogastrium getrennt.In der
nographie, die CT und die MRT bevorzugt eingesetzt. frühen Embryogenese konfluieren die beiden Anteile
Diese Verfahren werden deshalb in diesem Kapitel durch fehlende Mitentwicklung des vorderen unteren
berücksichtigt. Abschnitts (Abb. 10.1). Der hintere untere Anteil wird
zu den Mesenterien weiterentwickelt. Aus dem vorde-
Embryologie, Anatomie ren oberen Mesogastrium entwickeln sich u. a. das
und Physiologie des Peritoneums Lig. falciforme, in seinem Rand das Lig. teres hepatis
Das Peritoneum ist eine dünne seröse Haut, die zwei- sowie das Omentum minus. Dieses besteht aus dem
schichtig aus der mit Deckzellen bekleideten Lamina Lig. hepatogastricum und dem Lig. hepatoduodenale.
propria serosa und der tragenden Tela subserosa auf- Aus dem hinteren oberen Mesogastrium entstehen u. a.
716 Kapitel 10 Originäre Erkrankungen des Peritoneums

Abb. 10.1. Schemazeichnung


einer axialen Schicht des
Abdomens eines Embryos in der
frühen Phase der Rotation des
Magen-Darm-Kanals. 4 der
Duplikaturen des Peritonaeum
viscerale des Oberbauchs sind
abgebildet. Während das spleno-
renale Ligament (L.R.L.) weit-
gehend mit dem Retroperito-
neum verschmilzt, persistieren
die übrigen 3 dargestellten
Duplikaturen üblicherweise.
Das Lig. falciforme hepatis (F.L.)
bildet eine Barriere zwischen
dem rechten und linken
subphrenischen Raum. Das
Lig. hepatogastricum (G.H.L.)
ist Teil des Omentum minus.
Das Lig. gastrolienale (G.S.L.)
wird Teil der Begrenzung der
Bursa omentalis

Abb. 10.2. Schemazeichnung


der Peritonealhöhle eines
Erwachsenen. Die intraperito-
nealen Anteile des Magen-
Darm-Trakts (Magen, Dünn-
darm bis auf proximale Anteile
des Duodenum, Colon trans-
versum und sigmoideum)
wurden entfernt. Die Appendix
vermiformis samt Meso liegt
zumeist auch intraperitoneal,
wurde in der Schemazeichnung
allerdings belassen

das Lig. gastrocolicum, das Lig. gastrolienale, das Colon transversum und Colon sigmoideum ein-
Lig. phrenicolienale sowie das Omentum majus. schließlich ihrer Mesenterien. Auch die Appendix
Die Umformung geht mit der Rotation des Magen- vermiformis liegt zumeist intraperitoneal und hat
Darm-Kanals einher, in dessen Folge neben dem Pan- ein eigenes freies Meso. Das Rektum liegt subperito-
kreas auch Pars II bis IV des Duodenums, das Zökum neal (Abb. 10.2).
und Colon ascendens sowie das Colon descendens Die oben beschriebenen Peritonealduplikaturen
üblicherweise ihre sekundär retroperitoneale Lage bilden einerseits Barrieren in der kommunizieren-
erreichen. Durch breitflächiges Konfluieren mit dem den Peritonealhöhle, andererseits stellen sie Brücken
Retroperitoneum erlangen auch das Mesocolon as- zwischen den verbundenen Organen dar. Sie präfor-
cendens und das Mesocolon descendens eine sekun- mieren damit mögliche Ausbreitungswege von pa-
där retroperitoneale Lage. Intraperitoneal liegen der thologischen Prozessen mit oft charakteristischem
Magen, Pars I des Duodenums, Jejunum, Ileum, radiologischen Muster.
10.1 Entzündliche Erkrankungen 717

Die von der Serosa produzierte Flüssigkeit unter-


liegt einem intraperitonealen Fluss, der hauptsäch-
lich durch die Topik der Peritonealhöhle, die Schwer-
kraft sowie die Pumpwirkung der Atemexkursionen
bestimmt wird. Die Rückresorption erfolgt im We-
sentlichen im Bereich der Zwerchfelle und des
Omentum majus. Ist die Relation zwischen Flüssig-
keitsproduktion und Resorption zugunsten der Pro-
duktion verschoben, resultiert Aszites. Neben der
serösen Funktion besitzt das Peritoneum durch die
Potenz der Trans- und Exsudation wichtige Eigen-
schaften zur Infektabwehr und Defektdeckung.

Normale Schnittbildanatomie und ihre Varianten


Das Peritoneum ist aufgrund seiner geringen Dicke
beim Gesunden im Gegensatz zu vielen retroperi-
tonealen Faszien weder computer- noch magnetreso-
nanztomographisch direkt darstellbar. Die peritone- Abb. 10.3. Zufallsbefund. Variante eines Sigma elongatum,
kein Relaxanzienabusus. Proximaler (Pfeil) und distaler (Dop-
alen Duplikaturen sind anhand der eingelagerten Ge- pelpfeil) Anteil des Colon sigmoideum sind im axialen Quer-
webe zu lokalisieren, wobei insbesondere Blutgefäße schnitt in Höhe des Duodenums abgebildet, der obere Sigma-
als Leitstrukturen dienen. Ihre Grenzen sind jedoch pol liegt in Höhe des Magens (nicht gezeigt). Eine innere Her-
nicht zu definieren. Sonographisch ist das Perito- nie besteht nicht
neum durch Grenzschichtreflexe anliegender Perito-
nealblätter sowie die gegenseitige Verschieblichkeit
lokalisierbar. Durch pathologische Prozesse, insbe- des Zökums ist mitunter anhand der atypischen To-
sondere durch Aszites oder durch die invasive CT-Pe- pographie, sicherer aber durch die Lagevariabilität
ritoneographie, ist die ursprünglich spaltförmige erkennbar, die klinisch als Coecum mobile imponie-
Peritonealhöhle flüssigkeitsgefüllt erweitert und die ren kann. Die Appendix vermiformis liegt in etwa
intraperitonealen Strukturen sind voneinander diffe- 18% retroperitoneal. Dies ist durch eine retrozökale
renzierbar. Position jedoch nicht bewiesen, wenn man berück-
sichtigt, dass ein intraperitonealer Recessus retro-
Merke ! Peritoneale Verdickungen erlauben ab
einer Breite von 1–2 mm eine direkte
coecalis als Variante vorkommen kann. Eine verläss-
liche Positionsanalyse für die retrozökale Appendix
Darstellung. vermiformis ist beim Gesunden also nicht möglich.
Weitere Varianten betreffen Fixationsanomalien.
Die Ausbildung der intraperitonealen Gewebe unter- Häufig ist die Fehlanheftung der rechten Kolonflexur
liegt wie z. B. auch die Form des Magens oder die mit konsekutiver Interposition des Kolon zwischen
Länge einzelner Darmabschnitte einer großen Varia- Leber und Bauchwand im Sinne eines Chilaiditi-Syn-
tionsbreite (Abb. 10.3). droms. Milzanomalien wie Asplenie oder Hypersple-
Anomalien und Varianten der Peritonealhöhle tre- nie sind konsekutiv mit Fixationsanomalien behaftet
ten häufig im Zusammenhang mit Rotationsfehlern und häufigster Grund für einen gastralen Volvulus.
des Magen-Darm-Kanals auf. So ist der Situs inversus Eine inkomplette Fixation der Milz selbst kann zur
oder die Malrotation mit Duodenalatresie anhand Wandermilz führen.
der veränderten Darmstrukturen unschwer radio- Über die schwerkraftabhängigen Lageverände-
logisch darstellbar. Auch weniger ausgeprägte Rota- rungen der peritonealen Gewebe bei Wechsel der
tions- und damit assoziierte Peritonealanomalien Körperhaltung oder auch bei unterschiedlicher
sind durch die Topographie der Darmabschnitte so- Zwerchfellposition ist in der Literatur relativ wenig
wie der als Leitstrukturen dienenden Blutgefäße er- bekannt. Als Beispiel seien das Lig.-arcuatum-media-
kennbar. Liegt im axialen Querschnitt die V. mesent- le-Syndrom mit Einengung von Truncus coeliacus
erica superior links der A. mesenterica superior, gilt oder die Duodenalkompression durch das arterio-
dies als Zeichen einer Malrotation (Abb. 10.4 a–c). mesenteriale Syndrom an der „Schnittstelle“ zwi-
Varianten der Lateralisierung und Retroperitone- schen Retroperitoneum und Mesenterium genannt.
alisierung von Colon ascendens und descendens und Enterale Duplikaturen (Abb. 10.5) sind zwangsläu-
damit der entsprechenden Mesenterien sind gleich- fig mit peritonealen Anomalien vergesellschaftet. Die
falls erkennbar. Das Extrem stellt das persistierende radiologische Symptomatik wird allerdings von den
Mesocolon commune dar. Eine intraperitoneale Lage zusätzlichen Darmstrukturen dominiert.
718 Kapitel 10 Originäre Erkrankungen des Peritoneums

Abb. 10.5. Duplikationszyste mit Volvulus und konsekutiver


Nekrose. Axialer CT-Scan eines einen Tag alten Säuglings.
Große zystoide Struktur im rechten Mittelbauch mit 2–4 mm
breiter Berandung und intraluminaler Spiegelbildung flüssiger
Phasen.Angrenzend Darmstrukturen, ebenfalls ohne Kontrast-
mittelaufnahme. Nachweis von Aszites. Die zur Dünndarmdu-
plikatur gehörigen akzessorischen Peritonealduplikaturen sind
kaum auszumachen und für die Bildinterpretation nebensäch-
lich (Anmerkung: verrauschter Bildcharakter durch minimale
Dosis und starke Vergrößerung). Bei zunächst durchgeführter
Sonographie konnte die Diagnose nicht gestellt werden

Anomalien des großen Netzes wie z. B. das Omen-


tum bipartitum sind ebenfalls selten und beim Ge-
sunden nicht verlässlich darstellbar.
Im fortgeschrittenen Alter sind Lockerungen und
Elongationen der Peritonealanheftungen häufig und
führen mitunter zu kuriosen peritonealen topogra-
phischen Situationen.

Literatur

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variants, and pathologic conditions. Radiographics 22:
161–172
Abb. 10.4 a–c. Malrotation. b, c Die Dünndarmschlingen sind Meyers MA, Oliphant M, Berne AS, Feldberg MA (1987) The
fast ausschließlich im rechten Hemiabdomen lokalisiert. a Es peritoneal ligaments and mesenteries: pathways of intra-
besteht ein eben angedeutetes V.-mesenterica-superior-Zei- abdominal spread of disease. Radiology 163: 593–604
chen (die Vene liegt vor der Arterie, aber nicht komplett links Okino Y, Kiyosue H, Mori H et al. (2001) Root of the small-bow-
davon). Differenzialdiagnostisch wäre ein Coecum mobile mit el mesentery: correlative anatomy and CT features of
freiem Mesocolon ascendens oder auch eine sehr große rechts pathologic conditions. Radiographics 21: 1475–1490
paraduodenale Hernie zu erwägen. Das Fehlen der Pars hori- Oliphant M, Berne AS, Meyers MA (1996) The subperitoneal
zontalis des Duodenums in typischer Lokalisation beweist je- space of the abdomen and pelvis: planes of continuity. AJR
doch die Malrotation (a, b) Am J Roentgenol 167: 1433–1439
Schuler A, Dirks K, Claussnitzer R, Blank W, Braun B (1998)
Das Ligamentum arcuatum-Syndrom: Farbdopplersono-
graphische Diagnose bei unklaren Abdominalbechwerden
junger Patienten. Ultraschall Med 19: 157–163
10.1 Entzündliche Erkrankungen 719

10.1 der parakolischen Rinne im rechten Unterbauch, am


Entzündliche Erkrankungen Mesocolon sigmoideum im linken Unterbauch sowie
im Becken, da diese Lokalisationen sowohl in auf-
Entzündliche Veränderungen der Peritonealhöhle rechter als auch in liegender Position abhängige
gehen mit einer Hyperämie des Peritoneums, mit Kompartimente darstellen.
vermehrter Flüssigkeitsabsonderung mit konsekuti-
ver Aszitesbildung sowie der Trans- und Exsudation Klinische Symptomatik
entzündungshemmender Stoffe aus der Subserosa Neben perforierenden Verletzungen des Magen-
einher. Die resultierende Peritonitis kann nach ver- Darm-Trakts sind postoperative Komplikationen
schiedenen Kriterien eingeteilt werden: (z. B. Nahtinsuffizienzen) häufig ursächlich für eine
∑ ätiologisch wird zwischen erregerbedingter und Peritonitis.Während eine perforierende Appendizitis
steriler Peritonitis unterschieden, mit perikolitischem Abszess heute eine relativ gute
∑ im zeitlichen Ablauf zwischen akut, subakut und Prognose hat, weisen diffuse bakterielle Peritoniti-
chronisch, den insbesondere im Rahmen einer nekrotisierenden
∑ pathogenetisch zwischen primärer, sekundärer Pankreatitis oder eines Mesenterialinfarkts trotz ag-
und tertiärer Peritonitis, gressiver chirurgischer Therapie weiterhin eine hohe
∑ bei der Ausdehnung zwischen lokaler, regionaler Mortalität auf. Holzheimer u. Gathof (2003) berich-
(klinisch unter Berücksichtigung der 4 abdomi- ten in einer Arbeit über 145 Patienten mit diffuser
nellen Quadranten und des Beckens) und diffuser Peritonitis, die mit geplanter Relaparotomie behan-
Peritonitis differenziert. delt wurden, von einer Gesamtmortalität von 29,7%.
In einer etwas älteren Arbeit wird von Reith (1997)
Weitere Einteilungen erfolgen nach Art des Aszites für Patienten mit sekundärer Peritonitis eine Morta-
(exsudativ, transsudativ, chylös, sanguilent) oder der lität von 50–80% genannt. Pathophysiologisch spie-
auslösenden Noxe (biliär, pankreatogen). len dabei die Endotoxine mit oftmals resultierendem
Multiorganversagen eine entscheidende Rolle.

10.1.1
Bakterielle Peritonitis Merke ! Der Schweregrad der Peritonitis und
der resultierenden Sepsis korreliert
nicht zwangsläufig mit dem radiologischen peritone-
왔 Bei der bakteriellen Peritonitis han- alen Befund oder der Aszitesmenge.
Definition
delt es sich um eine durch Bakterien
hervorgerufene Entzündung des Peritoneums. Die Peritonitis geht mit einer umschriebenen oder
diffusen Schmerzsymptomatik einher. Es besteht
Pathologisch-anatomische meist das Bild eines akuten Abdomens mit Abwehr-
und ätiologische Grundlagen spannung, Loslassschmerz und bretthartem Bauch
Der Erreger kann hämatogen, lymphogen, per conti- mit Ausbildung eines paralytischen Ileus. Die Ent-
nuitatem bei Perforation, Mikroperforation oder zündungsparameter sind meist deutlich erhöht. Eine
Durchwanderung und bei Frauen aszendierend das sofortige chirurgische Intervention ist regelhaft er-
Peritoneum und damit die Peritonealhöhle errei- forderlich.
chen. Je nach Lokalisation und Art der Erstbesiede-
lung kann die Immunabwehr eine lokale Eingren- Radiologische Symptomatik
zung der Entzündung erzielen, wobei die barriere- Projektionsradiographisch lässt sich weder eine
bildenden peritonealen Duplikaturen eine wichtige umschriebene noch eine diffuse Peritonitis verläss-
Rolle spielen. Bei lokalisierten Prozessen lässt die lich darstellen. Indirekte Zeichen der Peritonitis
Topographie zumeist Rückschlüsse auf Ursprungsort werden im einleitenden Kapitel über das akute Abdo-
und Ursache der Peritonitis zu. men beschrieben. In der CT stellt sich der Aszites
Gelingt keine Eingrenzung der Entzündung, brei- als umschriebene oder disseminierte flüssigkeits-
tet diese sich per continuitatem bzw. mit dem intra- äquivalente Formation mit Dichtewerten um 10–
peritonealen Flüssigkeitsstrom in der Peritoneal- 20 HE dar. Fibrinbeimengungen mit Septenbildung
höhle zur diffusen Peritonitis aus. Dabei stellen die können das uniforme Aszitesbild verändern. Sie sind
Recessus in Abhängigkeit ihrer topographischen La- allerdings mit Ultraschall sicherer und vor allem
ge Prädilektionsstellen für die Keimansammlung häufiger darstellbar. Infolge peritonealer Hyperämie
und damit die Ausbildung von Empyemen bzw. imponieren die Peritonealblätter verdickt. Das intra-
Abszessen dar. Am häufigsten finden sich umschrie- peritoneale Fettgewebe ist computertomographisch
bene Eiteransammlungen im rechten subhepatischen diffus verdichtet, zusätzlich finden sich darin weich-
Raum (Morison-Pouch), in der Parazökalregion und teildichte streifenförmige oder retikuläre Verschat-
720 Kapitel 10 Originäre Erkrankungen des Peritoneums

Abb. 10.6. Regionale Peritonitis. Axialer CT-Scan des Ober-


bauchs nach oraler und rektaler Kontrastmittelapplikation, be-
wegungsunscharf, bei einer 85-jährigen fieberfreien Patientin
mit heftigen Oberbauchschmerzen seit 24 Stunden. Labor-
chemisch fand sich keine Entzündungkonstellation. Der sono-
graphische Befund war nicht weiterführend. Es besteht eine
irregulär konfigurierte Flüssigkeitsansammlung ohne kon-
trastmittelaufnehmenden Randsaum retrogastral in der Bursa
omentalis mit kleinem Gaseinschluss (Pfeil). Die dorsale
Magenwand imponiert bei suboptimaler Magendistension ge-
ring verdickt. Operativ wurde die Diagnose einer regionalen
Peritonitis mit „unreifem Abszess“ (genauer: überwiegend
Empyem) nach Magenperforation bestätigt

Abb. 10.8 a, b. Abszess im Omentum majus. Notfalluntersu-


chung eines Patienten mit heftigem Abdominalschmerz. Sono-
graphisch war ambulant der Verdacht auf eine Aortenaneurys-
maruptur geäußert worden. a In der CT-Darstellung eines
2,5 cm großen Tumors mit weichteiläquivalenten Dichtewer-
ten im Omentum majus mit haloartiger Dichteanhebung des
angrenzenden Fettgewebes und verdickt imponierendem be-
nachbarten ventralen Peritonaeum parietale (Pfeile). b In der
kontrastmittelgestützten Studie (arterielle Phase) angedeute-
tes randständiges Enhancement sowie Abbildung eines infra-
renalen Aortenaneurysmas ohne Hinweis auf Akuität. Opera-
tive Bestätigung eines Abszesses im Omentum majus (Strepto-
coccus viridans) mit lokaler Peritonitis. Das weiter distal über
5 cm durchmessende asymptomatische Aortenaneurysma
wurde elektiv zweizeitig erfolgreich operiert
Abb. 10.7. Diffuse Peritonitis mit feinen intraperitonealen
mesenterialen Lufteinschlüssen bei Zustand nach Cholezys-
tektomie 5 Tage zuvor. Die Lufteinschlüsse (Pfeile) können
nicht von der Drainage kommen, da sie sich inmitten der
mesenterialen Strukturen befinden. Andernfalls wären sie tungen. Lufteinschlüsse, sofern sie nicht iatrogen
nach ventral „aufgestiegen“. Operative Bestätigung einer erklärt sind, gelten als beweisend für eine Perfora-
Dünndarmperforation bei fixierter Hernie im Bereich der
Fußpunktanastomose nach Magenresektion 12 Jahre vorher. tion oder Besiedelung mit gasbildenden Bakterien
Nebenbefundlich extraperitoneales Bauchdeckenhämatom (Abb. 10.6, Abb. 10.7). Abszesse und Empyeme stellen
(Stern) sich durch lokalisierte Flüssigkeitsansammlungen
unterschiedlicher Dichte mit dickem Randsaum mit
Weichteilcharakter dar, in der CT praktisch stets Kon-
trastmittel aufnehmend (Abb. 10.8 a, b, Abb. 10.9 a, b).
10.1 Entzündliche Erkrankungen 721

Abb. 10.9 a, b. Typisches Randenhancement von größeren in-


traperitonealen Abszessen bzw. Empyemen (Sterne). Beachte
in b die typische kaudale Lokalisation am Mesocolon sigmoi-
deum

Eine Differenzierungsmöglichkeit hinsichtlich des


Erregers besteht in der Regel nicht. Einen Sonderfall Abb. 10.10 a, b. Tuberkulöse Peritonitis (und Enterokolitis)
stellt die peritoneale Tuberkulose dar, deren radio- mit den klassischen Ringstrukturen im Bereich der mesenter-
logisches Leitsymptom „zentral hypodenser Lymph- ialen Lymphknoten (Pfeile), die durch Verkäsung in den ent-
knoten“ (einschmelzend bzw. verkäsend) neben sprechenden Lymphknoten bedingt sind
Aszites und zumeist Zeichen einer Enterokolitis den
Erreger vermuten lassen (Abb. 10.10 a, b).
Die Differenzialdiagnose der peritonealen Tuber-
Differenzialdiagnose kulose umfasst besonders die Amyloidose, den Mor-
In vielen Fällen ist die Diagnose einer bakteriellen bus Whipple sowie lymphogen metastasierte, solide
Peritonitis unter Berücksichtigung der klinischen Karzinome mit zentral hypodensen Lymphknoten
Symptome eindeutig zu stellen, da oftmals auch die (vgl. Abb. 10.10 a, b). Dabei ist zu berücksichtigen,
zugrunde liegende Hohlorganerkrankung radiolo- dass zum Zeitpunkt der Diagnose einer Peritoneal-
gisch darstellbar ist. tuberkulose in der Mehrzahl der Fälle keine miliare
CT-morphologisch allein ist die Differenzierung Lungentuberkulose nachzuweisen ist.
einer bakteriellen Peritonitis gegenüber Erkrankun- Multiple weitere Mikroorganismen (Viren, Pilze
gen mit Aszites anderweitiger Genese in vielen Fällen u. a.) können ebenfalls eine erregerbedingte Perito-
nicht möglich. Diese Problematik stellt sich gerade nitis hervorrufen. Die Differenzierung von den häu-
bei Patienten mit Aszites bei Leberzirrhose und dem figeren bakteriellen Peritonitiden gelingt nur mikro-
Verdacht einer spontanen bakteriellen Peritonitis. biologisch und/oder histologisch.
Auch die Abgrenzung abgeklebter, steriler Flüssig-
keitsverhalte von Empyemen oder Abszessen ist ge- Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
rade nach Laparotomie bildgebend nicht möglich Bei Verdacht auf bakterielle Peritonitis und klinisch
(Abb. 10.11 a–c). Die gelegentlich schwierige Unter- erforderlicher bildgebender Untersuchung ist diese
scheidung zwischen Abszess und Empyem ist ohne als Notfall unverzüglich durchzuführen. Die Modali-
praktische Relevanz. tät ist für den Einzelfall festzulegen, orientiert an den
722 Kapitel 10 Originäre Erkrankungen des Peritoneums

klinischen Fragen sowie der Patientenkonstitution.


Für die häufig nach Laparotomie gewählte CT ist
je nach Dringlichkeit und Fragestellung eine Kon-
trastierung des Magen-Darm-Trakts günstig, ggf.
auch rektal. Die Entscheidung zur Verwendung intra-
venöser Kontrastmittel bei (beginnender) Sepsis ist
aufgrund der möglichen zusätzlichen Nierenbelas-
tung besonders kritisch zu treffen.

Merke ! Auch bei fehlenden typischen Zeichen


einer bakteriellen Peritonitis ist diese
nicht auszuschließen. Im Zweifelsfall ist die invasive
Abklärung dringlich erforderlich.

10.1.2
Sterile Peritonitis

왔 Unter steriler Peritonitis versteht man


Definition
eine nicht durch Mikroorganismen
hervorgerufene Entzündung des Peritoneums.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Die peritoneale Reizung erfolgt chemisch, physika-
lisch oder autoimmun vermittelt. Häufig ist Pankre-
assekret im Rahmen einer nekrotisierenden Pankrea-
titis das auslösende Agens. Auch andere Körperflüs-
sigkeiten wie Galle oder Urin, die durch perforieren-
de Verletzungen in die Peritonealhöhle gelangen,
lösen Peritonitiden aus. Nicht selten ist die Ursache
iatrogen, etwa nach Leberpunktion oder instrumen-
teller Harnblasenperforation. Neben strahlenthera-
peutischen Behandlungen sind Gefäßalterationen im
Rahmen einer Vaskulitis oder auch das Mittelmeer-
fieber weitere Ursachen für eine sterile Peritonitis.
Eine Sonderform stellt die sklerosierende Peritoni-
tis dar, die in Assoziation mit chronisch-ambulanter
Peritonealdialyse (CAPD; bis zu etwa 4%), einem lu-
teinisierenden Thekom des Ovars oder im Rahmen
einer Mekoneumperitonitis beobachtet wird. Patien-
ten unter CAPD entwickeln selten auch allergische
Peritonitiden als Reaktion auf Dialysat oder Katheter.
Die sklerosierende Mesenteritis wird unter den
tumorähnlichen Erkrankungen in diesem Kapitel
Abb. 10.11 a–c. Diffuser peritonealer Prozess (Aszites bei abgehandelt.
Leberzirrhose?/bakterielle Peritonitis?). Der ältere Patient hat
eine bekannte Leberzirrhose und wurde eine Woche zuvor we- Klinische Symptomatik
gen eines Karzinoms am Sigma operativ behandelt. Mit der CT Sterile Peritonitiden sind wie die erregerbedingten
ist eine verbindliche Unterscheidung zwischen umschriebe-
nem Aszites und eitrigem Exsudat nicht möglich, deshalb lässt sehr schmerzhaft, können ebenfalls zur Ausbildung
sich die Frage nur durch eine Punktion (a) klären. Im vorlie- eines paralytischen Ileus führen und klinisch als aku-
genden Fall lag eine seröse Peritonitis vor tes Abdomen imponieren. Morbidität und Mortalität
sind gegenüber den erregerbedingten Peritonitiden
deutlich geringer. Mischformen kommen vor, z. B. bei
bakterieller Cholezystitis mit Perforation.
10.1 Entzündliche Erkrankungen 723

Primär sterile Peritonitiden können auch sekun-


där superinfiziert werden. Dies wird einerseits da-
durch begünstigt, dass durch Aszites die Granulo-
zyten- und Makrophagenfunktion gehemmt ist und
schlechtere Bedingungen zur Einkapselung von Kei-
men bestehen. Andererseits stellt blut- oder eiweiß-
reicher Aszites ein gutes Nährmedium für Keime dar.

Radiologische Symptomatik
Leitsymptome sind der Aszites sowie die verdickten
Peritonealblätter bei der akuten diffusen Form. Oft-
mals findet sich auch ein umschriebener Flüssig-
keitsverhalt, beispielsweise bei galliger Peritonitis
nach Leberpunktion oder -operation. Die pankreato-
gene Peritonitis ist anhand der typischen Kriterien
der zugrunde liegenden meist nekrotisierenden Pan-
kreatitis zu diagnostizieren. Hierbei kommt es im
Verlauf oft zur Ausbildung von dickwandigen pan-
kreatitischen Pseudozysten.

Differenzialdiagnose
Eine verlässliche bildmorphologische Unterschei-
dung der sterilen Peritonitis gegenüber einer erre-
gerbedingten oder superinfizierten Peritonitis ist
nicht möglich.

10.1.3
Folgen entzündlicher Peritonealerkrankungen –
Peritonitis adhaesiva, Verwachsungsbauch

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Sowohl erregerbedingte als auch sterile Peritonitiden
können zu narbigen, keloidalen Veränderungen des
Peritoneums führen. Unproblematisch sind einfache
peritoneale Verdickungen durch narbiges Gewebe.
Problematischer sind neue narbengewebige Verbin-
dungen zwischen Peritonaeum parietale und viscera-
le oder zwischen 2 Regionen des üblicherweise be-
weglicheren Peritonaeum viscerale. Diese narbigen
Brücken sind entweder strangförmig als Bride oder
flächig als Adhäsion ausgebildet und kommen häufig Abb. 10.12 a–c. Typische CT-Serie eines so genannten Ver-
multipel vor. wachsungsbauches. Zwischen a (10/02) und b (05/03) sowie
c (12/03) keine Lageänderung der mit Gastrografin kontra-
stierten Dünndarmschlingen, was normalerweise zwischen
CAVE ! Durch Adhäsionen wird insbesondere
die Motilität des Magen-Darm-Trakts 2 um etwa 10 min versetzten CT-Serien nicht vorkommt. Man
beachte die zunehmende Wandverdickung in b und c. Patien-
beeinträchtigt. Die ständige mechanische Beanspru- tin mit Zustand nach Operation und Nachbestrahlung eines
chung dieser Verklebungen durch die Peristaltik Zervixkarzinoms
kann zu fortlaufend neuen Einrissen des Perito-
neums und chronischen Schmerzen führen.
Briden bergen insbesondere die Gefahr einer Ein- Klinische Symptomatik
klemmung intraperitonealer Gewebe mit Ausbildung Die klinische Symptomatologie ist breit gefächert und
eines mechanischen obstruierenden oder strangulie- reicht von mäßigen Beschwerden z. B. nach reichhalti-
renden Ileus. gen Mahlzeiten bis zu chronischen Subileusbildern
oder gar einem akuten mechanischen Ileus.
724 Kapitel 10 Originäre Erkrankungen des Peritoneums

Radiologische Symptomatik
10.2
Bei der chronischen Form ist sonographisch je
Nekrose
nach Schweregrad eine disharmonische, irreguläre
Peristaltik nachweisbar, gelegentlich auch geringer Zahlreiche entzündliche oder tumoröse Prozesse ge-
Aszites. Meist finden sich umschriebene diskrete hen mit umschriebenen Nekrosen intraperitonealen
Peritonealverdickungen. In MRT und CT ist häufig Gewebes einher. Als typische Beispiele seien Abszes-
kein eindeutiger Befund feststellbar. Als indirekte se, Gewebenekrosen bei schwerer Pankreatitis oder
Zeichen für Adhäsionen können Lumenschwankun- nekrotisch zerfallende Tumoren genannt. Die Nekro-
gen des Dünndarms oder eine diskontinuierliche sen stellen also lediglich ein Begleitphänomen dar.
orale Kontrastierung des Magen-Darm-Trakts er- Von diesen sind die im Folgenden dargestellten
kennbar sein. Relativ typisch sind konstant gruppier- fokalen peritonealen Fettgewebenekrosen ohne ur-
te Dünndarmschlingen (Abb. 10.12 a–c). Briden sind sächliche Hernie abzugrenzen, bei denen klinisch
nicht direkt darstellbar. In Funktionsuntersuchungen und therapeutisch die Nekrose selbst im Vorder-
sind auch mittels MRT Adhäsionen durch die fehlen- grund steht.
de Verschieblichkeit zu diagnostizieren.

Differenzialdiagnose 10.2.1
Neben akuten Peritonitiden stellt die beetartige Peri- Segmentaler Infarkt des Omentum majus
tonealkarzinose die wichtigste Differenzialdiagnose
dar. Radiologisch ist diese Differenzialdiagnose Synonyme: primäre (segmentale) Netznekrose, seg-
meist nicht sicher zu lösen. mentale Nekrose des Omentum majus, idiopathi-
scher Netzinfarkt, fokale intraperitoneale Fettgewe-
benekrose.
Literatur
왔 Hierbei handelt es sich um eine seg-
Adam U, Ledwon D, Hopt UT (1997) Etappenlavage als Grund- Definition
mentale Nekrose des Omentum majus
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Arch Chir 382: 18–21
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omentum, and mesentery: diagnosis with CT. Radiograph- einer Rechtsherzinsuffizienz) wird als sekundäre
ics 12: 1051–1068 Netznekrose oder sekundärer Netzinfarkt bezeich-
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agement und adjuvante Therapiestrategien. Langenbecks sekutiver Ischämie und Nekrose. Netzanomalien,
Arch Chir 382: 14–17 Adipositas, stumpfe Traumen und heftige Bewegun-
gen begünstigen die Entstehung primärer segmenta-
ler Infarkte des Omentum. Als weitere Ursache wer-
den spontane venöse Thrombosen diskutiert, die
durch atypische omentale Gefäßverläufe begünstigt
werden.
Das Krankheitsbild ist relativ selten. Männer wer-
den bis zu 2-mal häufiger betroffen als Frauen. Auch
bei Kindern kann eine Netznekrose auftreten.
10.2 Nekrose 725

Klinische Symptomatik
Die häufigste Lokalisation ist der rechte Ober- und
Mittelbauch. Typischerweise findet sich ein akut ein-
setzender heftiger Schmerz mit lokaler Peritonitis.
Laborchemische Entzündungsparameter sind in der
Regel gering erhöht. Dies führt meist zur klinischen
Fehldiagnose einer akuten Cholezystitis oder Appen-
dicitis vermiformis. Im natürlichen Verlauf sistieren
die Schmerzen nach durchschnittlich 10–14 Tagen.

Radiologische Symptomatik
Sonographisch besteht eine nichtkomprimierbare
plattenförmige Auftreibung des betroffenen Netzab-
schnittes, der breitflächig dem vorderen oder latera-
len Peritonaeum parietale anliegt. Die Schallintensi-
tät ist gegenüber dem normalen Fettgewebe erhöht,
es findet sich häufig ein echoarmer Randsaum
(Abb. 10.13 a–c). Computertomographisch stellt sich
der Infarkt als umschriebene, inhomogene Verdich-
tung und Verdickung des Fettgewebes von durch-
schnittlich 3,5–5 cm dar. Benachbarter Darm (im All-
gemeinen das rechte Hemikolon) kann gering impri-
miert sein. Die angrenzenden Wandstrukturen kön-
nen durch Exsudation und Fibrinauflagerungen
diskret verdickt imponieren.

Differenzialdiagnose
Die typische, dem Peritonaeum parietale anliegende
Fettgewebeverdichtung mit der Konfiguration eines
peripheren Netzanteils ist in Zusammenschau mit
der typischen klinischen Symptomatik hochcharak-
teristisch für den segmentalen Netzinfarkt. Extrem
seltene Netztumoren oder erregerbedingte entzünd-
liche Veränderungen sind deshalb regelhaft auszu-
schließen.
Die wichtigste Differenzialdiagnose stellt lokalisa-
tionsabhängig die Appendicitis epiploica dar. Die
Klärung dieser Differenzialdiagnose besitzt aller-
dings keine praktische Relevanz. Primärer und se-
kundärer segmentaler Infarkt sind durch Bildanalyse
meistens nicht differenzierbar.

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


Bei entsprechender Klinik ist sonographisch gezielt
nach den typischen Zeichen zu suchen, insbesondere
nach Hinweisen auf eine Adhärenz. Größere Nekro-
sen sind mit 3,5 MHz-Sektorschallkopf häufig besser
zu detektieren. Bei sonographisch unklarem Befund, c
z. B. auch infolge zu großer lokaler Schmerzhaftig-
keit, kann die CT mit entsprechender Schichtdicke Abb. 10.13 a–c. Kleiner segmentaler Infarkt des Omentum
majus. 55 Jahre alte Frau mit umschriebenem hochgradigen
die Diagnose sichern. Hilfreich ist es, das Zentrum Schmerz unterhalb des Nabels rechts paramedian, 8 Stunden
der Schmerzlokalisation in entsprechender Atemlage nach intensivem Sport. a Im Ultraschall findet sich eine um-
zu markieren oder mit der Tisch- und somit der Bild- schriebene erhöhte Echogenität (Pfeile). b, c In der CT stellt sich
position zu korrelieren. Eine Kontrastmittelinjektion der Infarkt (Pfeile) als umschriebene inhomogene Verdichtung
mit Verdickung des Fettgewebes in ringförmiger Konfiguration
ist nicht erforderlich, kann aber besonders bei un- dar. Die hyperdense Struktur auf der vorderen Bauchhaut (b)
typischem Verlauf zentrale Einschmelzungen deutli- entspricht dem auf den umschriebenen Schmerzpunkt weisen-
cher demarkieren. den Zeigefinger der schmerzgeplagten Patientin
726 Kapitel 10 Originäre Erkrankungen des Peritoneums

10.2.2 Radiologische Symptomatik


Appendicitis epiploica Sonographisch findet sich eine 1–4 cm messende
ovoide echogene Fettgewebeformation mit schma-
Synonyme: primäre Appendicitis epiploica, fokale in- lem hypodensem Saum, die ventral des Kolon lokali-
traperitoneale Fettgewebenekrose,„primary epiploic siert ist (Abb. 10.14 a). Sie ist nicht komprimierbar.
appendagitis“ (PEA). Durch Adhärenz fehlt in der Mehrzahl der Fälle eine
Atemverschieblichkeit gegenüber dem ventrolatera-
왔 Der irreführende Begriff der Appen- len Peritonaeum parietale, das in mindestens 30%
Definition
dicitis epiploica bezeichnet eine asep- der Fälle umschrieben verdickt ist. Seltener trifft dies
tische Ischämie mit nachfolgender entzündlicher auch für die Darmwand zu. Farbdopplersonogra-
Reaktion und Nekrose einer Appendix epiploica. phisch können nach Hollerweger et al. (2002) in der
Peripherie vermehrte Flusssignale ableitbar sein,
Pathologisch-anatomische während sie im Zentrum der Appendix fehlen.
und ätiologische Grundlagen Computertomographisch stellt sich die Appendi-
Die Pathogenese entspricht dem des primären seg- citis epiploica durch eine diskrete Dichteanhebung
mentalen Infarkts des Omentum majus. Eine Torsion des Fettgewebes in typischer ovoider Form dar, um-
der stielförmig oder breitbasig dem Kolon anheften- geben von einem 1–3 mm schmalen, annähernd
den Appendix epiploica oder auch eine spontane ve- weichteildichten streifenförmigen Saum („hyperatte-
nöse Thrombose führen zu einer Ischämie mit ent- nuating ring sign“) und einer diffusen angrenzenden
zündlicher Reaktion und schließlich Nekrose. Der Fettgewebeverdichtung (Abb. 10.14 b, c). Streifenför-
natürliche Verlauf umfasst eine Exsudation von Fi- mige Verdichtungen gewinnen meist Kontakt zum
brin und Leukozyten und mündet in der Ausheilung, Peritonaeum parietale. Häufig beobachtet man auch
die gelegentlich mit einer Autoamputation und frei in eine zentrale tubuläre annähernd weichteildichte
der Bauchhöhle liegender kalzifizierter Appendix Struktur, die ein thrombotisches Gefäß mit umge-
epiploica einhergehen kann. Die Appendicitis epiplo- bender Fibrose repräsentiert.
ica wird radiologisch häufiger diagnostiziert als der In MRT-Aufnahmen besteht bei T1-gewichte-
segmentale Netzinfarkt und ist nicht ganz selten. ten Sequenzen eine Signalintensitätsminderung, bei
Molla et al. (1998) berichten eine Häufigkeit von T2-gewichteten eine Signalintensitätserhöhung der
7,1% für Patienten, die unter dem Verdacht einer betroffenen Fettgewebeanteile. Magnetresonanzto-
akuten Sigmadivertikulitis zur radiologischen Ab- mographisch ist die Appendicitis epiploica am be-
klärung überwiesen wurden. Eigene nicht statistisch sten in kontrastmittelverstärkten Sequenzen mit
ausgewertete Beobachtungen decken sich damit gut. Fettsuppression abgrenzbar (Sirvanci et al. 2002).
Männer sind häufiger betroffen als Frauen; auch bei
Kindern kommt dieses Krankheitsbild vor. Differenzialdiagnose
Klinisch wird meist eine Sigmadivertikulitis vermu-
Klinische Symptomatik tet. Radiologisch muss die primäre Appendicitis epi-
Wie für die segmentale Netznekrose ist ein plötzlich ploica von der sekundären im Rahmen einer Diverti-
auftretender heftiger, streng umschriebener und vom kulitis oder anderweitigen entzündlichen oder tu-
Patienten genau lokalisierbarer Schmerz charakte- morösen Darmerkrankung differenziert werden. Der
ristisch, der durch Bewegung (Überstrecken, tiefes Befund einer Appendicitis epiploica ist in der Regel
Atmen) verstärkt wird. Oft ist eine körperliche An- hochcharakteristisch, insbesondere bei fehlendem
strengung (Heben von Lasten, Sport) dem Einsetzen Nachweis von Divertikeln im angrenzenden Kolon-
der Schmerzsymptomatik einige Stunden vorausge- abschnitt.
gangen. Laborchemisch findet sich oft eine Entzün-
dungskonstellation, auch subfebrile Temperaturen Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
können auftreten. Übelkeit besteht sehr selten, der Wie bei dem segmentalen Netzinfarkt ist bei entspre-
Stuhlgang ist in der Regel normal. chender Klinik sonographisch gezielt nach der oft
Die mit Abstand häufigste Lokalisation ist der kleinen Fettgewebenekrose zu suchen. Die Echodiffe-
linke Unterbauch (Sigma). Klinisch wird meist die renz gegenüber dem normalen peritonealen Fettge-
Verdachtsdiagnose einer Sigmadivertikulitis oder webe ist oft nur gering. Je nach Patientenkonstitution
Appendicitis vermiformis gestellt. Bei spontanem bietet sich die Verwendung von 5- oder 7,5 MHz-
Verlauf sistiert die klinische Symptomatik nach 5–7 Schallköpfen mit dosierter Kompression des subku-
Tagen. tanen Fettgewebes an.
10.2 Nekrose 727

Abb. 10.14 a–c. Bildbeispiele


für eine Appendicitis epiploica
(so genannte Appendagitis/PEA).
In allen Fällen umschriebener
Druckschmerz über dem patho-
logischem Ultraschall- bzw. CT-
Befund. a Sonographisch um-
schriebene erhöhte Echogenität
mit fehlender Verschieblichkeit
gegenüber der Bauchdecke
(Pfeile). b, c (Zwei andere Patien-
ten) Umschriebene Dichteer-
höhung des peritonealen Fett-
gewebes direkt ventral (b) bzw.
lateral (c) des Sigmas (Pfeile)

Die CT soll mit entsprechend dünnen Schichten Literatur


und bei Spiraltechnik mit überlappender Rekon-
struktion erfolgen (5 mm Schichtdicke im Maximum Ghahremani GG, White EM, Hoff FL, Gore RM, Miller JW,
zur Abgrenzung gegenüber Partialvolumeneffekten Christ ML (1992) Appendices epiploicae of the colon: radio-
bei geschlängeltem Darmverlauf). Nach eigenen Be- logic and pathologic features. Radiographics 12: 59–77
Grattan-Smith JD, Blews DE, Brand T (2002) Omental infarc-
obachtungen verbessert die Darmdistension durch tion in pediatric patients: sonographic and CT findings.
rektale Kontrastmittelfüllung oftmals die Abgrenz- AJR Am J Roentgenol 178: 1537–1539
barkeit, zudem auch die Sicherheit der Darstellung Hollerweger A, Macheiner P, Hübner E, Rettenbacher T, Gritz-
etwa vorhandener Divertikel. Demgegenüber bringt mann N (2002) Spontane Nekrose einer Appendix epi-
ploica: Sonographische Zeichen in 28 Fällen. Ultraschall
eine intravenöse Kontrastmittelinjektion keinen re- Med 23: 239–244
levanten diagnostischen Zugewinn. Eine spezielle Molla E, Ripollés T, Martínez MJ, Morote V, Roselló-Sastre E
Fenstereinstellung, die individuell differiert – mit (1998) Primary epiploic appendagitis: US and CT findings.
Eur Radiol 8: 435–438
Zentrum bei 0 oder im niedrigen negativen Bereich Puylaert JBCM (1992) Right-sided segmental infarction of the
und schmaler Fensterbreite – verbessert die Visuali- omentum: clinical, US, and CT findings. Radiology 185:
sierung. Dies gilt übertragen auch für die MRT. 169–172
Rao PM, Wittenberg J, Lawrason JN (1997) Primary epiploic
appendagitis: evolutionary changes in CT appearance.
Merke ! Die Appendicitis epiploica tritt häufi-
ger auf als im Allgemeinen vermutet.
Radiology 204: 713–717
Rioux M, Langis P (1994) Primary epiploic appendagitis:
Mit entsprechender Untersuchungstechnik ist der clinical, US, and CT findings in 14 cases. Radiology 191:
hochcharakteristische Befund radiologisch darstell- 523–526
Sirvanci M, Balci NC, Karaman K, Duran C, Karakas E (2002)
bar. Dadurch können unnötige Laparotomien bei Primary epiploic appendagitis: MRI findings. Magn Reson
dieser selbstlimitierenden Erkrankung vermieden Imaging 20: 137–139
werden. Van Breda Vriesman AC (2003) The hyperattenuating ring
sign. Radiology 226: 556–557
Van Breda Vriesman AC, Lohle PNM, Coerkamp EG, Puylaert
JBCM (1999) Infarction of omentum and epiploic ap-
pendage: diagnosis, epidemiology and natural history. Eur
Radiol 9: 1886–1892
Wiesner W, Kaplan V, Bongartz G (2000) Omental infarction
associated with right-sided heart failure. Eur Radiol 10:
1130–1132
728 Kapitel 10 Originäre Erkrankungen des Peritoneums

10.3 10.3.1
Tumoren und tumorähnliche Veränderungen Peritonealkarzinose

Während die Peritonealkarzinose und die Beteili-


gung intraperitonealer Lymphknoten im Rahmen 왔 Eine Peritonealkarzinose besteht bei
Definition
von malignen Lymphomerkrankungen relativ häufig Besiedelung des Peritoneums durch
sind, weisen primäre Tumoren des Peritoneums oder Metastasen anderweitiger Karzinome oder durch
der darin eingebetteten Gewebe auch im Vergleich zu direkte Infiltration.
primär retroperitonealen Tumoren eine sehr niedri-
ge Prävalenz auf. Die klinische Symptomatik ist in Pathologisch-anatomische
aller Regel uncharakteristisch und setzt auch bei ma- und ätiologische Grundlagen
lignen Tumoren häufig erst spät ein. Die folgenden Die metastatische Besiedelung des Peritoneums folgt
besprochenen Entitäten sind annähernd entspre- den gleichen Mustern wie sie für die bakterielle Peri-
chend ihrer Häufigkeit aufgeführt. tonitis in diesem Kapitel beschrieben sind.
Prinzipien der intraperitonealen Ausbreitung las-
sen sich besonders bei Patientinnen mit Peritoneal-
karzinose bei Ovarialkarzinomen gut erkennen. Die
Serosa sich bewegender Strukturen wie die des

Abb. 10.15 a–d. Peritonealkarzinose bei einer Patientin mit zeichnet. Die größere Masse in c wurde mit Sternen gekenn-
Ovarialkarzinom. Ausgeprägter Aszites in Kombination mit zeichnet. Sie entspricht dem, was man als „omental cake“ be-
nodulären und flächigen Verdichtungen. Die umschriebenen zeichnet
peritonealen Verdickungen sind mit kleinen Pfeilen gekenn-
10.3 Tumoren und tumorähnliche Veränderungen 729

Dünndarms und des Mesenteriums wird seltener


oder später befallen als ruhende Oberflächen, zumal
in abhängiger Lage. Der durch die perilienalen Liga-
mente vor dem Aszitesstrom „geschützte“ linke sub-
phrenische Raum ist seltener betroffen als der rechte,
zumal er von diesem durch das Lig. falciforme ge-
trennt ist. Im resorbierenden Omentum majus finden
sich oft große Tumoren.
Häufigste Primärtumoren bei Peritonealkarzinose
sind Karzinome des Magens, des Kolons und des
Ovars neben vielen anderen, insbesondere in fortge-
schrittenen Tumorstadien.
Makroskopisch ist die diffuse oder beetartige peri-
toneale Metastasierung von einer oligo- oder multi-
nodalen Peritonealkarzinose zu unterscheiden.
Bei fortgeschrittenen Mammakarzinomen ist die
Peritonealkarzinose durch eine hämatogene Metasta-
sierung häufig. Im klinischen Alltag ist die Peritoneal-
karzinose als Erstmanifestation einer (Fern-) Metasta-
sierung von vorbekannten Mammakarzinomen nicht
ganz selten, auch ohne Nachweis extraabdomineller
Metastasen. Klinisch wird in diesen Fällen in der Regel
ein intraperitoneales Zweitkarzinom vermutet.

Klinische Symptomatik
Die Symptomatologie ist weit gefächert. Insbesonde-
re für Ovarialkarzinome gilt, dass bei Erstdiagnose
bereits eine Peritonealkarzinose bestehen kann und
lediglich eine abdominelle Umfangsvermehrung,
evtl. ohne Allgemeinsymptomatik, bemerkt wurde.
Häufig ist ein Primärtumor vorbekannt (z. B. ein
Mammakarzinom), und die Patienten präsentieren
sich mit paradoxer Diarrhö oder Subileussymptoma-
tik.

Radiologische Symptomatik
Klassische Zeichen einer Peritonealkarzinose sind
multiple noduläre Tumoren des Peritoneums (oligo-
oder multinodale Form) und meist Aszites (Abb.
10.15 a–d). Bei gastrointestinalen Primärtumoren fin-
den sich zudem pathologisch vergrößerte loko-
regionäre Lymphknoten. Eine Differenzierung von
lokoregionären Lymphknotenmetastasen gegenüber
peritonealen Absiedelungen sollte erfolgen. Häufig
finden sich die größten konfluierten Tumormassen
im großen Netz („omental cake“, vgl.Abb. 10.15 c), das
dann platten- oder brettartig verdickt und weichteil-
dicht imponiert mit Enhancement nach Kontrastmit-
telinjektion bei aufgebrauchten Fettgewebeanteilen.
Die diffuse oder beetartige Form der Peritoneal- Abb. 10.16 a–c. Beetartige peritoneale Karzinose bei einem
karzinose geht mit einer zumeist hyperämischen Patienten mit Ileussymptomatik. Die CT-Aufnahmen (s. vor al-
lem c) zeigen einen großen Ileozökaltumor. Der Ileus ist nicht
Verdickung des Peritoneums und Aszites einher nur durch den großen Ileozökaltumor, sondern auch durch die
(Abb. 10.16 a–c). Umschriebene noduläre Verdickun- peritoneale Karzinose bedingt, erkennbar an den ausgespro-
gen lassen sich computertomographisch verlässlich chenen Kaliberschwankungen des Dünndarms. Diffuse Fettge-
webeverdichtung des Netzes (a). Die nodulären Strukturen me-
ab 5 mm Durchmesser darstellen (vgl. Abb. 10.15 a), dial des Zökums (b) entsprechen entweder dickkalibrigen (hy-
in Abhängigkeit der Patientenkonstitution ist die perämischen) Gefäßen oder Lymphknotenmetastasen. Die ver-
Sonographie hierbei der CT überlegen. schiedenen nodulären Verdickungen sind mit Pfeilen markiert
730 Kapitel 10 Originäre Erkrankungen des Peritoneums

typischen Kontrastmittelenhancements erkennen,


zudem fehlt Aszites ebenso wie auch bei der Sarko-
matose.
Für die diffuse oder frühe Form der Peritonealkar-
zinose ohne umschriebene nodale Metastasen ist die
Differenzialdiagnose breit und umfasst anderweitige
entzündliche und nichtentzündliche Erkrankungen
mit Aszites und peritonealer Verdickung. Sonogra-
phisch ist die metastatische peritoneale Verdickung
oft irregulärer abgrenzbar. Die diffuse Form der
Peritonealkarzinose ist radiologisch auch nicht ge-
genüber primären diffusen Malignomen der Perito-
nealhöhle zu unterscheiden.

10.3.2
Pseudomyxoma peritonei

Synonym: Gallertbauch.

왔 Das Pseudomyxoma peritonei ist durch


Definition
intraperitoneale Gallertmassen bei
zumeist diffuser Aussaat schleimproduzierender Tu-
morzellen definiert.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Das Pseudomyxoma peritonei wird durch den perito-
Abb. 10.17 a, b. Kalzifizierte Metastasen eines Ovarialkarzi-
noms. Die metastatischen Formationen reichen am Lig. hepa-
nealen Befall zumeist niedrigmaligner muzinöser
toduodenale und falciforme weit in die Leberpforte und sind Adenokarzinome hervorgerufen. Die Primärtumo-
auch in der Bursa omentalis nachzuweisen (Pfeile).Auf der Be- ren sind überwiegend in der Appendix vermiformis
ckenaufnahme sind mit Kontrastmittel gefüllte Darmschlin- oder im Ovar lokalisiert. Andere schleimproduzie-
gen (kleine Sterne) schwer von den Kalzifikationen zu differen-
zieren. Eine Differenzierung lässt sich allerdings durch eine rende Karzinome des Gastrointestinaltrakts sind we-
weite Fenstereinstellung erreichen (a) sentlich seltener der Ausgangspunkt. Die Peritoneal-
höhle wird durch den nichtadäquat abbaubaren
Schleim ausgefüllt, mit entsprechender Auftreibung
des Abdomens. Auch benigne Adenome führen gele-
Bei Ovarialkarzinomen bestehen häufig im rechten gentlich zu einem Pseudomyxoma.
Oberbauch sub- und perihepatisch die meisten noda-
len Absiedlungen. Dabei können der Leber aufsitzen- Radiologische Symptomatik
de Metastasen durch Impression und Infiltration hä- Computertomographisch finden sich inhomogene
matogene Lebermetastasen vortäuschen. Metastasen hypodense Massen in der Peritonealhöhle, die die
muzinöser Ovarialkarzinome können kalzifizieren Darmlumina einengen und auch Eindellungen („sca-
(Abb. 10.17 a, b). Den Ovarien aufsitzende Abtropf- lopping“) der Leber- und Milzkonturen bewirken
metastasen (Krukenberg-Tumoren) sind meist nicht können (Abb. 10.18 a, b). Infiltrationen sind nicht sel-
von primären Ovarialtumoren zu unterscheiden. ten. Eine Kontrastmittelaufnahme ist meist nur im
Bereich verdickter Peritonealblätter nachzuweisen.
Differenzialdiagose Die Darmschlingen werden in Rückenlage nach dor-
Für die oligo- oder multinodale Form der Peritoneal- sal verdrängt, sie schwimmen nicht wie bei serösem
karzinose ist die Diagnose meist eindeutig zu stellen. Aszites auf (vgl. Abb. 10.18 b, Abb. 10.19). Auch sono-
Multinodale Mesotheliome können ähnliche Bild- graphisch können die Gallertmassen mit Aszites ver-
charakteristika aufweisen. Die seltene gutartige wechselt werden. Freier Aszites findet sich oft nur we-
Leiomyomatosis peritonealis disseminata junger nig. Eine weitere Manifestationsform ist das Bild
Frauen geht mit submesothelialen Tumoren einher, multipler Pseudozysten (vgl. Abb. 10.19). Seltener
die eher zur Bauchdecke als zur Peritonealhöhle aus- werden mehr lokalisierte Formen mit nur begrenzter
gerichtet sind. Eine Splenose lässt sich aufgrund des intraperitonealer Ausdehnung beobachtet.
10.3 Tumoren und tumorähnliche Veränderungen 731

Abb. 10.19. Pseudomyxoma peritonei in pseudozystischer


Form. Ohne die septenartigen Strukturen könnte man die
große hypodense Masse im Bauch auch für einen Aszites
halten, obwohl in diesem Falle die Darmschlingen auf dem
Aszites „schwimmen“ müssten

10.3.3
Malignes Lymphom

왔 Das maligne Lymphom ist eine vom


Definition
lymphatischen Gewebe ausgehende
Neoplasie.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Intraperitoneale, d. h. überwiegend mesenteriale
Lymphknoten können allein oder in Kombination
mit anderen Lymphknotenstationen und Organen,
Abb. 10.18 a, b. Pseudomyxoma peritonei. a Die inhomogenen
hypodensen Massen nehmen kaum Kontrastmittel auf, die
wie auch das Peritoneum selbst, durch maligne Lym-
Leber ist von außen pelottiert (Pfeile). b Die Darmschlingen phome betroffen sein. Intraperitoneale Manifestatio-
sind nach dorsal verdrängt, sie schwimmen nicht wie bei nen kommen beim Non-Hodgkin-Lymphom häufi-
serösem Aszites auf. Man beachte die kleinen Kalzifikationen ger als beim Morbus Hodgkin vor.
in (Pfeile)
Radiologische Symptomatik
Es bestehen noduläre oder nodale Tumoren im Mes-
Differenzialdiagnose enterium oder anderen ligamentären Peritoneal-
Bereits die Bezeichnung verdeutlicht, dass echte strukturen, die auch zu irregulären Massen konfluie-
myxoide Tumoren mit identischen klinischen und ren können. Werden in der axialen CT-Aufnahme die
radiologischen Symptomen einhergehen können. A. mesenterica-superior-Gefäße durch davor und
Eine Unterscheidung gegenüber fortgeschrittenen dahinter liegende Tumoren eingeschlossen, spricht
Mesotheliomen oder malignen Lymphomen des man vom „sandwich sign“ (Abb. 10.20 a, b). Die Tu-
Darms und der Serosa ist in der Regel durch die feh- moren stellen sich in aller Regel sehr homogen dar.
lende Kontrastmittelaufnahme möglich. Ähnliche Computertomographisch ist eine meist uniforme
Bilder können auch bei infektiöser Peritonitis und Kontrastmittelaufnahme nachweisbar. Oft bestehen
eiweißreichem Aszites oder Peritonealkarzinose be- auch retroperitoneale Lymphknotenvergrößerungen.
stehen. Bei überwiegend pseudozystischem Aspekt Bei Beteiligung des Peritoneums imponiert dies dif-
sind differenzialdiagnostisch metastasierte zystische fus verdickt.
Ovarialkarzinome zu erwägen.
732 Kapitel 10 Originäre Erkrankungen des Peritoneums

patitis oder Aids, können auch deutlich größere


Lymphknoten entzündlich bedingt sein.
Kürzlich wurde durch Hardy (2003) erstmals ein
„sandwich sign“ bei PTLD („posttransplantation lym-
phoproliferativ disorder“) beschrieben, einer durch
das Epstein-Barr-Virus induzierten B-Zell-Lympho-
proliferation mit Adenopathie. Bei alleiniger peritone-
aler Manifestation ist die Differenzierung gegenüber
einem primären Lymphom des Darms oder einem dif-
fusen Mesotheliom im Allgemeinen nicht möglich.

10.3.4
Malignes Mesotheliom

왔 Das maligne Mesotheliom ist ein pri-


Definition
märer maligner Tumor des Mesothels.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Bei diesem Tumor handelt es sich um den klassischen
bzw. originären Tumor des Peritoneums. Peritoneal
ist er wesentlich seltener als pleural, tritt aber ebenso
wie dieser zumeist im Zusammenhang mit einer As-
bestexposition auf. Neumann et al (2001) berichten in
einer Arbeit des Deutschen Mesotheliomregister aus
den Jahren 1987–1999 über 1605 Patienten, von denen
94,5% männlich waren. 96,4% der Tumoren gingen
von der Pleura, nur 3,3% vom Peritoneum aus. Im
fortgeschrittenen Tumorstadium bestehen nicht sel-
ten sowohl pleurale als auch peritoneale Manifestatio-
nen. Der Tumor wird zumeist in der 6. und 7. Lebens-
Abb. 10.20 a, b. Beispiele für Non-Hodgkin-Lymphome. a Sand- dekade diagnostiziert. Makroskopisch findet sich ein
wich-Zeichen bei einem Patienten mit hochmalignem NHL. oligo- oder multifokales bzw. ein diffuses oder beetar-
Ausgedehnte retroperitoneale Tumormassen (Sterne), denen tiges Verteilungsmuster. Die 3 häufigsten histologi-
von ventral mesenteriale Lymphompakete (Pfeile) aufsitzen.
Letztere schließen Sandwich-artig die Bauchgefäße ein. Man schen Typen sind das epitheloidzellige und das bipha-
beachte die relative Homogenität der Tumormassen trotz ihrer sische vor dem sarkomatösen Mesotheliom.
volumenmäßig grotesken Ausdehnung. b Ein anderer Patient
mit Progression eines niedrigmalignen NHL 5 Jahre nach
letzter Therapie. Man sieht eine diffuse Dichteanhebung (Pfei-
Radiologische Symptomatik
le) vor der Haupttumormasse im retroperitonealen Bereich Bei der oligonodalen Manifestation finden sich Tu-
(Sterne). Diese Dichteanhebung liegt im mesenterialen Fett- moren vor allem des Beckenperitoneums sowie im
gewebe und imponiert wie eine mesenteriale Pannikulitis Omentum majus. Die Tumoren können je nach histo-
logischem Subtyp solide und inhomogen oder auch
multizystisch imponieren (Abb. 10.21). Sie sind bei
Diagnosestellung in der Regel bereits groß. Bei diffu-
Differenzialdiagnose ser Manifestation besteht eine manschettenartige re-
Die Homogenität und Multiplizität spricht für ein lativ gleichförmige Verdickung des Peritoneums bis
malignes Lymphom und gegen anderweitige maligne zu mehreren Zentimetern (Abb. 10.22). Häufig beste-
Tumoren. Gegenüber benignen Lymphadenopathien hen neben Kompressionen auch Infiltrationen von
erfolgt die Differenzierung anhand der Größe, der Darmschlingen. Das Duodenum bleibt hiervon zu-
Form und der Anzahl der Tumoren. Während längli- meist ausgespart, während die ebenfalls retroperito-
che Formationen für Benignität sprechen, ist eine neal gelegenen Kolonabschnitte Verdickungen auch
rundliche Form und ein Durchmesser ab 1 cm zumal dorsaler Wandanteile aufweisen. Lymphknoten- oder
bei multiplen Tumoren ein Indiz für Malignität. Die Lebermetastasen finden sich nur jeweils in etwa 10%
Differenzierung ist allerdings unsicher. Bei immu- der Fälle. Aszites besteht meistens, nicht selten aller-
ninkompetenten Individuen, z. B. bei chronischer He- dings nur in geringer Menge.
10.3 Tumoren und tumorähnliche Veränderungen 733

sarkomen erinnern. Die bestehende Inhomogenität


unterscheidet maligne Mesotheliome zumeist von
malignen Lymphomen.
Die diffuse Form bietet bildmorphologisch keine
Differenzierungskriterien gegenüber peritonealen
malignen Lymphomen und weist auch Überschnei-
dungen mit Lymphomen des Darms auf. Die diffuse
Peritonealkarzinose kann ähnlich imponieren, unter-
scheidet sich häufig aber durch ungleichmäßigere
Peritonealverdickungen. Sehr selten diagnostizierte
unilokale maligne Mesotheliome sind radiologisch
nicht von gutartigen fibrösen Tumoren des Perito-
neums zu unterscheiden. Benigne zystische Mesothe-
liome (auch „peritoneale Einschlusszysten“) präsen-
Abb. 10.21. Malignes Mesotheliom mit polyzystischem CT- tieren sich häufig typisch (vgl. Abb. 10.24 a, b). Die
Aspekt mit Tumorknoten im kleinen Becken und begleiten- Diagnosesicherung erfolgt ausschließlich auf histo-
dem Aszites logischem Weg.

10.3.5
Mesenteriale und omentale Zysten

왔 Unter mesenterialen und omentalen


Definition
Zysten versteht man Hamartome mit
epithelialer Auskleidung und flüssigem Inhalt.

Pathologisch-anatomische, ätiologische
und klinische Grundlagen
Intraperitoneale Zysten sind zumeist im Mesenteri-
um lokalisiert, selten groß, in diesem Fall mit mehre-
ren Kammern und durch Masseneffekt symptoma-
tisch. Wesentlich häufiger sind kleinere zystische Tu-
moren, die asymptomatisch sind und zufällig detek-
tiert werden. In aller Regel sind sie unilokulär und
stellen einen Befund ohne Krankheitswert dar, wes-
Abb. 10.22. Malignes Mesotheliom mit diffuser Manifestation. halb oftmals eine histologische Klärung unterbleibt.
Manschettenartige Verdickung des Peritoneums ubiquitär. Nur
wenig Aszites
Radiologische Symptomatik
Charakteristisch ist ein rundlicher Tumor mit dün-
ner weichteildichter Wand, wässerigem Inhalt und
Differenzialdiagnose normalem angrenzenden Fettgewebe (Abb. 10.23 a–c).
Die oligonodale Form des malignen Mesothelioms ist Der Inhalt kann auch chylös sein. Mitunter gibt es
gegenüber einer oligonodalen Peritonealkarzinose Phasen mit Spiegelbildung (wässrig/fettig) und gele-
recht zuverlässig abzugrenzen, da letztere meist gentlich Kalzifikationen der Wand.
homogenere, wenngleich auch zentral hypodense Tu-
morknoten oft von kleinerem Einzeldurchmesser Differenzialdiagnose
aufweist. Die Differenzierung von anderen primären Eine radiologische Differenzierung zystischer Ham-
Tumoren des Peritoneums ist schwierig. Zu diesen artome gegenüber reizlosen Pseudozysten durch
zählen neben extrem seltenen primären Karzinomen liquifizierte Hämatome oder vormals entzündliche
auch klein- und rundzellige Tumoren unterschiedli- Prozesse ist nicht möglich. Die Mehrzahl zufällig ent-
cher Differenzierung, die ganz überwiegend im Kin- deckter kleiner zystoider Tumoren dürfte solchen
des-, Jugend- und frühen Erwachsenenalter diagnos- Pseudozysten entsprechen. Auch unizystische For-
tiziert werden und radiologisch mit Infiltrationszei- men von Lymphangiomen können radiologisch nicht
chen, Inhomogenität, Einblutungen oder Nekrosen von zystischen Hamartomen unterschieden werden.
aggressiv imponieren und an Metastasen primitiver Klinisch wichtig ist die Abgrenzung gegenüber Ab-
neuroektodermaler Tumoren oder von Rhabdomyo- szessen, die in der Regel einen dickeren Randsaum
734 Kapitel 10 Originäre Erkrankungen des Peritoneums

Abb. 10.23 a–c. Kleine omentale (Pseudo-?) Zyste als Zufalls-


befund dargestellt in der MRT (a, b) und in der CT (c; Pfeile).
Der Befund stellt sich als dünnwandige rundliche Struktur
mit zentraler flüssigkeitsäquivalenter Signalintensität in der
MRT und als Struktur mit muskelähnlicher Dichte in der CT
dar. Keine Umgebungsreaktion. Da es sich um einen reinen
Zufallsbefund handelt, braucht diesem keine weitere Beach-
tung geschenkt zu werden

mit deutlicher Kontrastmittelaufnahme aufweisen derweitige zystische Tumoren wie das Dermoid oder
(vgl. Abb. 10.6, Abb. 10.8 a, b). Letzteres trifft auch für die Echinokokkuszyste sind meist durch ihre charak-
pankreatitisch induzierte Pseudozysten und enterale teristischen Binnenstrukturen durch CT oder MRT
Duplikationszysten zu. Diese Entitäten sind häufig zu identifizieren. Kalzifikationen können die sono-
klinisch symptomatisch. graphische Beurteilbarkeit erschweren. Multizysti-
Peritoneale Einschlusszysten (auch „benigne zysti- sche Strukturen sprechen im Kindesalter am ehesten
sche Mesotheliome“) liegen nicht intramesenterial, für ein Lymphangiom, im fortgeschrittenen Erwach-
treten in der Regel multifokal nach Operationen der senenalter für ein metastasiertes zystisches Ovarial-
Ovarien oder anderweitigen Laparotomien auf und karzinom oder zystisches Mesotheliom. Insbesonde-
sind in typischer Lokalisation im Becken zu beobach- re im rechten Unterbauch muss differenzialdiagnos-
ten (Abb. 10.24 a, b). Lymphozelen werden intraperi- tisch eine Mukozele der Appendix vermiformis, im
toneal im Gegensatz zum Retro- und Subperitoneal- Bereich des Lig. hepatoduodenale eine Choledocho-
raum nicht beobachtet. Mutmaßlich ist dies darauf zele ausgeschlossen werden.
zurückzuführen, dass die intramesenteriale Lymphe
beispielsweise nach operativem Verschluss von Lym-
phangien transperitoneal abgeleitet wird. Zentral ne-
Merke ! Die Annahme einer Mesenterial- oder
Omentumzyste bzw. Pseudozyste oh-
krotische oder eingeblutete Tumoren sind meist ne Krankheitswert ist nur dann gerechtfertigt, wenn
dickwandig und zudem irregulär konfiguriert. An- differenzialdiagnostisch anderweitige zystische Er-
10.3 Tumoren und tumorähnliche Veränderungen 735

10.3.6
Liposarkom
왔 Unter einem Liposarkom versteht
Definition
man einen malignen Geschwulstpro-
zess des Fettgewebes.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Liposarkome sind intraperitoneal wesentlich seltener
als retroperitoneal. Da sie spät Symptome verursa-
chen, sind sie bei Diagnosestellung zumeist sehr
groß. Nicht selten wird bei verdrängendem Wachs-
tum primär retroperitonealer Tumoren eine perito-
neale Lage vorgetäuscht. Bei infiltrierendem Wachs-
tum sind häufig beide Kompartimente betroffen.
Liposarkome weisen unterschiedliche histologische
Differenzierungen auf. Hochdifferenzierte, myxoide,
rundzellige (myxoid mit hyperzellulärer Komponen-
te), pleomorphe oder entdifferenzierte Liposarkome
werden unterschieden.

Radiologische Symptomatik
Leitsymptom ist neben der Raumforderung eine
Fettgewebekomponente des Tumors. Hochdifferen-
zierte Liposarkome unterscheiden sich lediglich
durch ihren raumfordernden Charakter, nicht aller-
dings durch die tumoreigene Bildmorphologie, von
normalem Fettgewebe (Abb. 10.25). Sie sind radio-
logisch nicht von gutartigen Lipomen zu differen-
zieren. In dem sich normal darstellenden Fettge-

Abb. 10.24 a, b. Peritoneale Einschlusszysten. Diagnostische


Kriterien sind: typische Lokalisation im Becken, Multilokulari-
tät, dünne Wand, Einschluss des rechten Ovars (kleiner Stern),
Vorgeschichte mit mehrfachen Bauchoperationen bei Morbus
Crohn

krankungen ausgeschlossen sind. Insbesondere ist


abzuklären, ob ein („unreifer“) Abszess oder Em-
pyem mit nur dünnem Randsaum vorliegt und eine
sofortige Therapie erforderlich ist. Zur Abklärungs-
diagnostik gehört neben einer genauen Wertung der
klinischen Symptomatik einschließlich etwaiger La-
borkontrollen, dass die gesamte Peritonealhöhle ge-
eignet dargestellt wird und anderweitige pathologi-
sche Veränderungen ausgeschlossen werden. Für die
CT bedeutet dies, eine dünne Schichttechnik (bis ma- Abb. 10.25. Hochdifferenziertes Liposarkom. Die ausgedehn-
ximal 5 mm) nach peroraler und ggf. auch rektaler ten fettigen Formationen im Bauch sind raumfordernd und
Kontrastmittelapplikation zu verwenden. Gegebe- liegen zumindest ganz überwiegend retroperitoneal. Die intra-
nenfalls müssen auch mehrere Modalitäten einge- peritonealen Strukturen werden ohne erkennbare Infiltration
relativ harmonisch verlagert. Dieser Befund lässt eine Abgren-
setzt werden. Im Einzelfall ist zu entscheiden, ob eine zung von einer alleinigen Vermehrung des Fettgewebes im
histologische Klärung erforderlich ist, oder ob eine Sinne einer Adipositas zu. Eine Abgrenzung von einem Lipom
Verlaufsbeobachtung zunächst genügt. ist bildmorphologisch nicht möglich
736 Kapitel 10 Originäre Erkrankungen des Peritoneums

webe sind physiologisch anmutende Gefäßstruk-


turen eingebettet. Bei Liposarkomen niedrigerer
Differenzierung finden sich neben Fettgewebean-
teilen weichteildichte, kalzifizierte oder auch flüssi-
ge Areale durch anderweitige Tumorkomponenten,
desmoplastische Reaktionen, Einblutungen und
Nekrosen. Neben dem zumeist im Vordergrund
stehenden verdrängendem Aspekt finden sich
häufig Infiltrationen von Nachbarstrukturen. Nicht
selten sind die histologischen Fettgewebeanteile
allerdings radiologisch nicht erkennbar (Abb.
10.26 a–c).

Differenzialdiagnose
Für das hochdifferenzierte Liposarkom stellt neben
dem Lipom die sklerosierende Mesenteritis eine
Differenzialdiagnose dar, die aber aufgrund ihres
typischen CT-Aspektes zumeist auszuschließen ist
(s. S. 742).
Für weniger differenzierte Liposarkome ist die
Differenzialdiagnose breiter. Sie betrifft insbesonde-
re Fibrosarkome. Eine Differenzierung ist in der Re-
gel nicht möglich. Auch die aggressive Fibromatose
ist häufig nicht verlässlich zu unterscheiden.

10.3.7
Leiomyosarkom

왔 Das Leiomyosarkom ist ein maligner


Definition
spindelzelliger Tumor, der histolo-
gisch Differenzierungsmerkmale von glatten Mus-
kelzellen aufweist.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Das Leiomyosarkom manifestiert sich intraperitoneal
zumeist im Magen-Darm-Trakt. Primäre Lokalisatio-
nen in den Mesenterien oder anderen Peritonealdu-
plikaturen kommen vor. Die Peritonealhöhle ist nach
der Leber die zweithäufigste Lokalisation von Meta-
stasen gastrointestinaler Leiomyosarkome. Nicht sel-
ten finden sich dann multiple Metastasen im Sinne ei-
ner peritonealen Sarkomatose, die dann praktisch im-
mer oligonodal und nicht disseminiert ist.

Radiologische Symptomatik
Leiomyosarkome bleiben, wie die meisten peritonea-
len Tumoren, lange Zeit asymptomatisch und sind
Abb. 10.26 a–c. Myxoides Liposarkom. Diese Diagnose ist nur bei Diagnosestellung deshalb zumeist 5 cm oder grö-
histologisch zu stellen, denn die großen Tumormassen weisen
keine Fettwerte auf. In ihrer Dichte liegen sie allerdings unter ßer (Abb. 10.27 a, b). Sie weisen bildmorphologisch
der Dichte der Muskulatur, was gewisse Hinweise auf ihre oft einen definierten Rand auf, erscheinen inhomo-
myxomatöse Formation gibt gen mit inhomogener Kontrastmittelaufnahme. Oft
finden sich zentral liquide (nekrotische oder einge-
blutete) Areale. Kalzifikationen können bestehen.
Kleinere Tumoren imponieren häufig relativ homo-
10.3 Tumoren und tumorähnliche Veränderungen 737

Abb. 10.28. a Peritoneale Sarkomatose nach Operation eines


gastrointestinalen Leiomyosarkoms mit multiplen Tumoren
im linken Unterbauch (Sterne). Kein Aszites. b Nach Resektion
der gleiche Patient mit neuerlicher Tumormanifestation (Ster-
ne), jetzt auch parazökal (Pfeile) und mit Lebermetastasen
(nicht gezeigt) 22 Monate später
Abb. 10.27 a, b. Typisches Leiomyosarkom. a Großer inhomo-
gener Oberbauchtumor links (Stern) mit fehlender Abgren-
zung zur großkurvaturseitigen Wand des komprimierten auf. Darunter fallen gastrointestinale Stromatumoren
Magens (Pfeile). Sonst weist der Tumor eine definierte Grenze (GIST), das Schwannom u. a. Die spindelzelligen Tu-
auf. Die zentral hypodensen Areale repräsentieren Einblutun-
gen oder Nekrosen. Beachte: keine Metastasen, kein Aszites.
moren besitzen oftmals einen stegartigen Bezug zu an-
Inzidentalom der linken Nebenniere. b Der gleiche Patient grenzenden gastrointestinalen Wandstrukturen. Diffe-
8 Monate nach inkompletter Resektion mit Progression des renzialdiagnostisch können in diesen Fällen primär
Resttumors und multiplen Metastasen im Sinne einer perito- gastrointestinale Tumoren mit exophytischem Wachs-
nealen Sarkomatose. Weiterhin kein Aszites. Die Metastasen
erscheinen bei geringerer Größe in der CT nativ relativ homo- tum gegenüber primär peritonealen Tumoren favori-
gen (Sterne) siert werden, da gleichartig nach intraluminal wach-
sende exophytische spindelzellige Tumoren (Leiomyo-
sarkome) der Magendarmwand häufig sind. Im Be-
gen (Abb. 10.28 a, b). Die MRT kann bezüglich der reich des proximalen Duodenums ist dann oft nicht
Darstellung etwaiger Inhomogenitäten der CT über- verlässlich zwischen intraperitonealer (Pars I) oder ret-
legen sein. roperitonealer Lokalisation (Pars II) zu differenzieren.
Paraduodenal sind auch Ganglioneurome relativ
Differenzialdiagnose häufig, diese zeichnen sich oft durch ein radiär an-
Bildmorphologisch ist das Leiomyosarkom nicht ver- mutendes Verkalkungsmuster aus. Kleinzellige Tu-
lässlich vom gutartigen Leiomyom zu unterscheiden. moren wie peritoneale Metastasen von Rhabdomyo-
Größere Nekroseareale sprechen für ein schnelle- sarkomen oder sehr seltene klein- und rundzellige
res Wachstum und machen einen malignen Tumor primär peritoneale Tumoren betreffen ganz überwie-
wahrscheinlicher. Nahezu identische Bildcharakteristi- gend junge Patienten und wachsen oft infiltrativ
ka weisen insbesondere andere spindelzellige Tumoren (Abb. 10.29 a–d).
738 Kapitel 10 Originäre Erkrankungen des Peritoneums

Abb. 10.29 a–d. Bildbeispiele zur Differenzialdiagnose des CT-Scan eines 32-jährigen Patienten mit inhomogenen Ober-
Leiomyosarkoms. a, b Die CT eines Patienten mit Erstdiagnose bauchtumoren (Pfeile), die partiell auch Hyperdensitäten im
eines Prostatakarzinoms weist einen solitären retroperitonea- Sinne von Kalzifikationen oder frischen Einblutungen auf-
len Tumor (Stern) mit stegförmigem Bezug zum Duodenum weisen. d Die koronare CT-Rekonstruktion dokumentiert
nach. Sowohl die Homogenität als auch die Unilokalität spre- neben einer weiteren Tumormanifestation im kleinen Becken
chen gegen die Annahme einer lymphogenen Metastase. (Stern) deutlicher die Infiltration der Milz (Pfeile) als weiteres
Histologisch erwies sich der Tumor als spindelzellig mit Posi- untypisches Charakteristikum für ein Leimyosarkom. Histolo-
vität für KIT (CD 117) als diagnostisches Kriterium für einen gisch fand sich ein klein- und rundzelliger Tumor des Perito-
gastrointestinalen Stromatumor (GIST). c Kontrastverstärkter neums, hier mit Differenzierung eines Ewing-Sarkoms

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie renzialdiagnose insbesondere zu malignen Lympho-


Primär unklare Tumoren wie das Leiomyosarkom men verspricht.
sollten in der CT vor der kontrastmittelgestützten Se-
rie stets auch nativ dargestellt werden, um etwaige
Verkalkungen nicht zu maskieren. Eine Gefäßdarstel-
Merke !Verlässliche Kriterien einer Unter-
scheidung zwischen spindelzelligen
lung (mittels Farbdoppler, CT- oder MR-Angiogra- und anderen primären intraperitonealen Tumoren
phie) ist empfehlenswert, da sie Informationen über bestehen nicht. Der typische Aspekt, insbesondere
die Operabilität, Organzugehörigkeit oder die Diffe- bei exophytischem Wachstum, mit Dichteinhomoge-
10.3 Tumoren und tumorähnliche Veränderungen 739

nität und die Unilokalität lässt aber eine radiologi-


sche Differenzierung der spindelzelligen Tumoren
von Lymphomen zu. Während maligne Lymphome
möglichst minimal-invasiv histologisch gesichert
werden sollten, sind andere Tumoren wie das Leio-
myosarkom in der Regel einer primären Resektion
zuzuführen.

10.3.8
Aggressive Fibromatose

Synonym: Desmoid.

왔 Die aggressive Fibromatose ist ein Ge-


Definition
schwulstprozess, der histologisch eine
niedrige Mitoserate und eine spindelförmige myofi-
broblastische Differenzierung aufweist.

Pathologisch-anatomische und ätiologische


Grundlagen, klinische Symptomatik
Die abdominelle aggressive Fibromatose tritt häufi-
ger bei Frauen als bei Männern auf, während bei son-
stiger extraabdomineller Manifestation Männer häu-
figer betroffen sind. Eine genetische Disposition ma-
nifestiert sich durch das relativ häufige Vorkommen
bei Patienten mit familiärer Polyposis coli bzw. einem
Gardner-Syndrom in 3 bis zu 27% der Fälle. Es finden
sich Hinweise einer hormonellen Modulation. Dafür
spricht der große Anteil von Frauen während der
Schwangerschaft oder im gebährfähigen Alter unter
den betroffenen Patienten. Zudem wird bei sponta-
nen Fällen über einen positiven Effekt einer Anti-
östrogen-Therapie berichtet, und es werden Spont-
anremissionen bei Frauen in der Menopause beob-
achtet. Der Tumor tritt auch posttraumatisch auf.
Er wird als semimaligne eingestuft, da neben ei-
nem infiltrierenden Wachstum eine hohe Rate von
lokalen Rezidiven nach chirurgischer Exzision be-
steht, insbesondere bei Patienten mit Gardner-Syn-
drom. Eine hämatogene oder lymphogene Metasta-
sierung erfolgt nicht. Die Tumoren können isoliert
intraperitoneal – dann überwiegend im Mesenteri-
um und im Omentum majus – lokalisiert sein, eben-
so in der Bauchdeckenmuskulatur. Bei infiltrierender
Beteiligung dieser beiden Lokalisationen ist im Ein-
zelfall der Ursprungsort nicht sicher zu benennen.

Radiologische Symptomatik Abb. 10.30 a–c. Typischer Aspekt einer abdominellen aggres-
siven Fibromatose. Sowohl sonographisch (a, links paramedia-
In frühen Phasen kann der Tumor in der CT eine dif- ner Längsschnitt) als auch in der CT (b, c) unilokulärer inho-
fuse streifige Verdichtung des peritonealen Fettgewe- mogener Tumor mit transperitonealer Ausbreitung unter Be-
bes ohne größere zusammenhängende Weichteil- teiligung der Bauchdecke, des Omentum majus und des Me-
komponenten hervorrufen. Später imponiert die senteriums. Neben Abschnitten mit glatter Begrenzung finden
sich Anteile ohne definierten Rand, Darmwandstrukturen sind
aggressive Fibromatose als inhomogener, partiell involviert. In c ein peripheres Areal (Stern) mit diffuser ödem-
Kontrastmittel aufnehmender und nur teilweise glatt artiger Dichteanhebung des Fettgewebes, wie es für früh darge-
begrenzter Tumor (Abb. 10.30 a–c). Meist bestehen stellte Tumoren als alleiniges CT-Symptom beschrieben wurde
740 Kapitel 10 Originäre Erkrankungen des Peritoneums

Areale mit Zeichen der Infiltration und ohne defi- 10.3.9


nierbare Tumorgrenze. Darmwandinfiltrationen bis Sklerosierende Mesenteritis
in die Submukosa mit entsprechenden radiologi-
schen Zeichen kommen vor. Sehr charakteristisch ist Synonyme: primäre oder idiopathische sklerosierende
die transperitoneale infiltrierende Ausbreitung bei Mesenteritis, retraktile Mesenteritis, mesenteriale Pan-
unilokulären Tumoren. Computer- und magnetreso- nikulitis, mesenteriale Lipogranulomatose, mesenteri-
nanztomographisch weisen die fibrösen Partien ein ale Lipodystrophie, fibrosierende Mesenteritis u. a.
vermehrtes Kontrastmittelenhancement in der spä-
ten, interstitiellen Phase–etwa 5–10 min post injec- 왔 Die sklerosierende Mesenteritis ist ein
Definition
tionem – auf. Spontane Fälle gleichen in ihrer radio- tumorsimulierender steriler Entzün-
logischen Symptomatik den Gardner-assoziierten dungsprozess des intraperitonealen Fettgewebes mit
aggressiven Fibromatosen. Fibrose.

Differenzialdiagnose Histologisch ist die Mesenteritis durch gleichzeitiges


Frühe aggressive Fibromatosen mit überwiegend Bestehen einer Entzündung mit PAS-negativen
diffuser Ausbreitung ohne wesentliche solide Kom- Schaumzellen, von Nekrosen und Fibrosen in unter-
ponente können schlecht von entzündlichen oder schiedlichen Anteilen charakterisiert. Histologisch
vaskulären Prozessen mit umschriebener diffuser gleichartige Mesenteritiden werden auch postopera-
Fettgewebeverdichtung unterschieden werden (vgl. tiv beobachtet, diese genügen dann streng genom-
Abb. 10.30 c). Das CT-Symptom der diffusen Dichte- men nicht der Definition einer primären oder idio-
anhebung des intraperitonealen Fettgewebes wird im pathischen sklerosierenden Mesenteritis. Die Unter-
angloamerikanischen Sprachraum gern mit dem Ter- scheidung wird im jüngeren Schrifttum wechselnd
minus „misty mesentery“ (auf deutsch etwa „nebu- eingehalten.
löses Mesenterium“) belegt, eine Unterscheidung der
Ursache (ödematös, entzündlich, blutig oder tumo- Pathologisch-anatomische
rös) wird damit nicht vorgenommen. Frühe aggressi- und ätiologische Grundlagen
ve Fibromatosen können diesen CT-Aspekt aufwei- Die Erstbeschreibung der primären sklerosierenden
sen. Solide imponierende Tumoren sind meist nicht Mesenteritis erfolgte durch Jura 1924. Die Genese ist
verlässlich von multiplen anderen Tumoren zu unter- bis heute unklar. Die klassische und häufigste Lokali-
scheiden, wenn keine transperitoneale Infiltration sation der sklerosierenden Mesenteritis ist das (jeju-
besteht. Bei infiltrierender Darmwandbeteiligung nale) Mesenterium, häufig unter Beteiligung der Me-
sind differenzialdiagnostisch akute oder chronisch- senterialwurzel und nicht selten unter Mitbeteiligung
entzündliche Darmerkrankungen abzugrenzen. Bild- des Retroperitoneums. Manifestationen in verschie-
morphologisch gibt es in diesen Fällen auch eine denen Lokalisationen des Mesokolon sind seltener,
Überschneidung mit der retraktilen Mesenteritis, bei auch im Mesoappendix und im Lig. hepatoduodena-
der ebenfalls ein spätes Enhancement bestehen kann le wurde die Mesenteritis beobachtet. Makroskopisch
(s. S. 740 ff.). finden sich diffuse, oligonoduläre oder nodale For-
men stets in einer Lokalisation.
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Die Synonyme sind durch Beschreibungen der
Wie alle unklaren Tumoren sollte auch die aggressive vorherrschenden Histologie entstanden.
Fibromatose in CT und MRT im Hinblick auf die
Kontrastmittelaffinität abgeklärt werden. Zusätzlich 왔 Von der mesenterialen Pannikulitis
Definition
empfiehlt sich die Darstellung in der interstitiellen spricht man, wenn der Anteil der Fibro-
Phase etwa 5–10 min post injectionem, da die fibrö- se weniger als 25% beträgt.Ist der Fibroseanteil größer,
sen Tumoranteile ein typisches spätes Enhancement wird der Terminus retraktile Mesenteritis gewählt.
aufweisen.
Es ist bislang noch nicht beschrieben, dass eine pri-
Merke ! Typische Zeichen der aggressiven
Fibromatose sind die transperitoneale
märe mesenteriale Pannikulitis in eine retraktile
Mesenteritis oder umgekehrt übergegangen wäre.
Infiltration sowie das zumindest partielle späte
Enhancement in der interstitiellen Kontrastmittel-
phase.
Merke ! Neuerdings setzt sich ein Vorschlag
durch, „sklerosierende Mesenteritis“
als den am besten passenden Oberbegriff zu wählen
und die unterschiedlichen histologischen Bilder als
Spielart der gleichen Erkrankung aufzufassen.
10.3 Tumoren und tumorähnliche Veränderungen 741

Abb. 10.31 a, b. Mesenteriale Pannikulitis. Zufallsbefund bei Abb. 10.32 a, b. Verlaufsbeobachtung einer mesenterialen
einer Patientin mit Glomerulonephritis. Charakteristische Zei- Pannikulitis. a Typische mesenteriale Verdichtungen in der CT
chen sind die Lokalisation mit Auftreibung der Mesenterial- eines Patienten mit bekanntem Urothelkarzinom präoperativ.
wurzel, die diffuse Dichteanhebung des Fettgewebes (Stern) b 5 Jahre nach Ureteronephrektomie links Restaging ohne
unter Aussparung ringförmiger Areale um die Gefäße und Rezidivnachweis. Der weiterhin asymptomatische Mesen-
bandförmiger betonter Verdichtung der Mesenterialperipherie terialbefund weist keine eindeutige Änderung auf
unter Ausbildung eines Pseudokapselaspekts (Pfeile). a Vor,
b nach Kontrastmittelinjektion ohne eindeutiges Enhancement

Histologisch gibt es breite Überschneidungen mit Vergleich zur Pannikulitis klinisch aggressiver. Die
der aggressiven Fibromatose. Die sklerosierende Mes- retraktile Mesenteritis geht meist mit erheblichen
enteritis ist nicht ganz selten. Kuhrmeier (1985) fand Abdominalschmerzen einher, die Anamnese ist oft
in 9 von 712 konsekutiven Autopsien (1,26%) ent- lang. Febrile Temperaturen, Gewichtsverlust und
sprechende histologische Veränderungen, Daskalogi- auch Nachtschweiß werden beobachtet. Schleimige
annaki et al. (2000) beobachteten in 7620 konsekuti- oder blutige Stuhlauflagerungen kommen vor. Män-
ven Abdomen-CT 49 Patienten (0,6%) mit CT-Krite- ner sind häufiger als Frauen betroffen, auch bei Kin-
rien einer mesenterialen Pannikulitis. dern wird die Mesenteritis beobachtet. Sie wird in
Assoziation mit multiplen Erkrankungen beobach-
Klinische Symptomatik tet, darunter maligne Lymphome, die Pannikulitis
Die mesenteriale Pannikulitis wird in aller Regel als der Subkutis und die retroperitoneale Fibrose.
Zufallsbefund beobachtet. Obwohl die retraktile Mes- Die zur Therapie vorgenommenen chirurgische
enteritis histologisch weniger akute und geringere Resektionen bleiben in aller Regel inkomplett. Zu-
Entzündungsaktivität aufweist, verhält sie sich im nehmend werden in Kasuistiken und kleinen Kohor-
742 Kapitel 10 Originäre Erkrankungen des Peritoneums

Abb. 10.33 a–d. Retraktile Mesenteritis. a 9 Jahre nach Erst- fund, jetzt durch Peristaltik weiter kranial im Becken (Pfeile).
diagnose mit mehrfachen Laparotomien zeigt die CT eine in- c In der Spätphase nach Kontrastmittelinjektion (in Schrägla-
homogene Verdichtung des distalen Mesenteriums mit Beteili- ge zur Verbesserung der Darstellung von Adhäsionen) inho-
gung der angrenzenden Darmwände (Stern) bei deutlichen mogenes Enhancement der tumorösen Formation (Pfeile).
Beschwerden trotz immunsuppressiver Therapie. b Weitere d Nach Intensivierung der Therapie weist die Kontrolluntersu-
7 Jahre später Reevaluation bei erneut zunehmenden Abdomi- chung ein weiteres Jahr später bei deutlich gebessertem Befin-
nalschmerzen. Nativ CT-Nachweis einer tumorförmigen den eine Regression der mesenterialen Verdichtungen nach
Struktur in gleicher mesenterialer Lokalisation wie der Vorbe- (Pfeile)

ten über Erfolge mit Immunsuppressiva berichtet, 3–8 mm Breite mit dem Bild einer Pseudokapsel. Das
auch wir konnten dies in einigen Fällen beobachten. Mesenterium imponiert insgesamt verdickt. Häufig
Kontrollierte Studien liegen allerdings bislang nicht finden sich einzelne „eingestreute“ weichteildichte
vor. Noduli bis 1 cm, selten bis 1,5 cm, gelegentlich auch
paraaortal, die in der Regel reaktiv vergrößerten
Radiologische Symptomatik Lymphknoten, gelegentlich wohl auch „Fibrose-
Die mesenteriale Pannikulitis ist sonographisch im inseln“, entsprechen.
Allgemeinen schlecht abgrenzbar und in aller Regel Die retraktile Mesenteritis manifestiert sich weni-
nur von besonders geübten Untersuchern darzustel- ger uniform durch teils strangförmige, teils tumor-
len. Sie zeigt sich computertomographisch durch ei- förmige heterogene weichteildichte mesenteriale
ne diffuse Dichteanhebung des mesenterialen Fettge- Massen (Abb. 10.33 a–d, Abb. 10.34 a–c). Mitunter
webes, wobei typischerweise die den größeren Gefä- finden sich zentral rundliche Hypodensitäten mit
ßen direkt anliegenden Fettgewebeanteile manschet- dem CT-Aspekt von Pseudozysten. Diese Massen
tenartig oder im Querschnitt ringförmig im Sinne scheiden die gestreckt verlaufenden Gefäße ein, ver-
des „fat ring sign“ ausgespart bleiben (Abb. 10.31 a,b, engen sie (im Unterschied zur Pannikulitis) teilweise
Abb. 10.32 a, b). Peripher entlang des Peritonaeum und weisen mitunter fingerförmige Ausläufer nach
viscerale besteht klassischerweise eine bandför- peripher bis an die Darmwand auf. Die Darmwand
mige Dichteanhebung auf meist um 30 HE von etwa kann mesenterialseitig verdickt sein, das Faltenrelief
10.3 Tumoren und tumorähnliche Veränderungen 743

vergröbert – dies ist häufig in Abhängigkeit der To-


pographie in koronaren MR-Aufnahmen oder CT-
Rekonstruktionen deutlicher erkennbar. Die betrof-
fene Darmschlinge ist nicht selten bogig verlagert
oder verläuft disharmonisch abknickend und weist
ein irreguläres, teils erweitertes starr imponierendes
Lumen auf. Kontinuierlich kann das Retroperito-
neum beteiligt sein. Aszites ist selten zu beobachten.

Differenzialdiagnose
Der CT-Aspekt der mesenterialen Pannikulitis ist
hochcharakteristisch, eine Differenzierung gegenü-
ber lipomatösen Tumoren ist in aller Regel durch das
„fat-ring-sign“ und den typischen Pseudokapsel-
aspekt möglich. Wie andere Autoren konnten auch
wir einige asymptomatische Pannikulitiden im spon-
tanen Verlauf über Jahre ohne CT-Änderung beob-
achten. Vergleichbare Befunde können bei Patienten
mit therapierten mesenterialen malignen Lympho-
men in kompletter Remission beobachtet werden.
Dieser Umstand klärt sich durch die Anamnese
(Abb. 10.31 a, b, Abb. 10.32 a,b, vgl. Abb. 10.20 b). In
diesem Patientenkollektiv unterbleibt ebenfalls re-
gelhaft eine histologische Abklärung des radiologi-
schen Restbefundes.
Die Differenzialdiagnose der retraktilen Mesenter-
itis ist wesentlich umfassender. Bei Darmwandinfil-
trationen sind neben akuten und chronischen ent-
zündlichen Darmerkrankungen auch infiltrierende
Darmkarzinome auszuschließen, z. B. durch Entero-
klysma nach Sellink, letztendlich jedoch histologisch.
Gegenüber einer aggressiven Fibromatose beste-
hen keine sicheren Differenzierungskriterien, wenn-
gleich die Mesenteritis das angrenzende viszerale
Peritoneum respektiert.
Auch die histologische Unterscheidung kann an-
spruchsvoll sein. Maligne Lymphome sind regelhaft
homogener, aber auch hierzu gibt es Überschneidun-
gen (Abb. 10.35 a–d). Die finger- oder sternförmigen
Ausläufer sowie die Retraktionsphänomene können
der Symptomatologie eines Karzinoid bzw. einer Kar-
zinoidmetastase ähneln. Die zusätzlichen Befunde
lassen eine Unterscheidung allerdings meistens zu.

Merke ! Die CT-Morphologie der mesenteria-


len Pannikulitis ist hochcharakteris-
tisch. Insbesondere bei asymptomatischen Patienten
ist eine histologische Sicherung nicht zwingend er-
forderlich und ein abwartendes Vorgehen anzustre-
Abb. 10.34 a–c. Tumorsimulierende sklerosierende (retrak- ben.
tile) Mesenteritis der Mesenterialwurzel mit grober Aufweitung Die retraktile Mesenteritis ist histologisch zu
des duodenalen C in der MRT (Stern). Beachte die retroperito-
neale interaortokavale und paraaortale Mitbeteiligung (b), die sichern. Dabei sind minimal-invasive Verfahren bei
Einbeziehung multipler Dünndarmschlingen (c), die Einschei- bereits radiologisch bestehender Inoperabilität zu
dung der gestreckten A.-mesenterica-superior-Gefäße und die bevorzugen.
Respektierung des Mesenterialrands. Gegen die Annahme eines
malignen Lymphoms spricht die Inhomogenität. Der im vorlie-
genden Falle bestehende Aszites ist ungewöhnlich
744 Kapitel 10 Originäre Erkrankungen des Peritoneums

Abb. 10.35 a–d. Das maligne Lymphom als Differenzialdiag- besteht nicht mehr. c Abbildung eines in der CT ähnlichen,
nose der retraktilen Mesenteritis. a, b CT-Aufnahmen der relativ homogenen Mesenterialtumors ohne retroperitoneale
Patientin aus Abb. 10.34 a–c dokumentieren eine Regression Tumoren bei einer anderen Patientin. d Die entscheidende
der mesenterialen und retroperitonealen Weichgewebeforma- Biopsie wurde minimal-invasiv durchgeführt mit histolo-
tionen nach Einleitung einer immunsuppressiven Therapie. gischer Sicherung eines malignen Lymphoms
Inhomogenitäten sind auch nativ noch erkennbar, Aszites

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Sachverzeichnis

A Alphafetoprotein (AFP) 532 – operative Verfahren 89


Abdomen 1 Amiodaron-Leber 603 – – Laryngo-Hyoido-Mento-
– akutes 719 Amöbenabszess 462 Pexie 85
– – Anamnese 12 Amöbenruhr 304, 462 – – laterale Larynxfixation 89
– – Computertomographie 16 Amsterdam-Kriterien 322 – Pathomechanismus 80
– – Definition 11 Amyloidose 187, 268, 704, 721 – postdeglutitive 79, 85
– – diagnostische Empfehlungen 16 – Kolon 341 – – myogene Dilatation 86
– – Durchleuchtungsunter- Angiodysplasie 309, 333 – – Pharyngozele 86
suchung 15 Angiographie des Pankreas 618 – – Pharynxstraffung 86
– – klinische Untersuchung 13 Angiomyolipom der Leber 527 – – supra-supraglottisches
– – Röntgenaufnahme 14 Anisakiasis 229 Schlucken 86
– – Sonographie 15 Anismus 369 – – Trompetenbläserkrankheit 86
– – Symptome 12 Ankylostomiasis 229 – prädeglutitive 79, 82
– – Ursachen 12 Antrektomie 173 – – Thermosondenstimulation 83
– Drainagewege 5 Antrumhyperplasie 145 – Schweregrad 80, 81
– radiologische Diagnostik 7, 14 Aorta tapering 430 Aspirationspneumomie
– Recessus 5 Aphagie 27 – intradeglutitive 79
– unklares 11 Aplasie – postdeglutitive 79
Abdomenübersichtsaufnahme, – der Bauchwandmuskulatur 142 – prädeglutitive 79
s. auch Abdomen, Röntgenaufnahme – der Leber 396 Asplenie 142, 717
– pathologische Befunde 18 Appendix, Mukozele 354 Aszites 543, 593, 719, 729, 730
Abdominaltrauma Appendizitis 352 – perihepatischer 466, 588
– penetrierendes 439 – CT 353 Atemnotsyndrom 516
– stumpfes 439 – epiploica 725–727 Äthanol 533
Abernethy-Malformation 396, 433, 434 – Sonographie 353 Autoimmunhepatitis 453, 531
Abszess – vermiformis 717, 725, 726 Autoimmunpankreatitis 645, 655
– biliärer 451 Apple-core-Zeichen 327 autosomal dominant polycystic liver
– extrahepatischer 530 – Sigmakarzinom 327 disease (ADPLD) 399
– perityphlitischer 354 APUD-Zelltumor 240 Azinuszellkarzinom 623
– pharyngealer 55 Arsen 544
– pyogener 460 Arteria B
– tuberkuliner 465 – colica Back-wash-Ileitis 232
Achalasie – – media 312 Bandwurminfektion 229, 466
– amotile 70, 71 – – sinistra 313 Bantu-Siderose 598
– Anisoperistaltik 72 – cystica 483 Bariumphase 193
– etagenförmiger Spasmus 72 – hepatica 385, 463, 514, 596 Barrett-Karzinom 62
– hypermotile 71, 73 – – Pseudoaneurysma 440 Barrett-Ösophagus 57, 62
– hypomotile 70, 71 – – Thrombose 610 Bauchtrauma 445
– pharmakoradiologische – mesenterica – scharfes (penetrierendes) 288
Testung 72 – – inferior 309, 312 – stumpfes 287, 436, 681
– Pulsionsdivertikel 72 – – superior 309, 312 Bauchwandhämatom 180
– segmentaler Spasmus 72 Arteria-mesenterica-superior- Bauchwandhernie 216
Adenomatosis hepatis 520 Syndrom 255 Beckenboden
Adenom-Karzinom-Sequenz 557 Arthritis, rheumatoide 703 – funktionelle cine-MRT 356
Adenomyomatose 408, 412, 558 Ascaris lumbricoides 305, 496, 497 – – pathologischer Organdes-
ADPLD, siehe autosomal dominant Askariasis, biliäre 497 zensus 365
polycystic liver disease Askaridiasis 229 – – pubokokzygeale Referenz-
Aerobilie 24, 483 Aspiration linie 363, 364
Aids-Kolitis 304 – Differenzialdiagnose 80 Beckenbodenbruch 284
– Zytomegalievirus (CMV) 304 – Differenzialtherapie 80 Beckwith-Wiedemann-Syndrom 538
Akerlund-Pseudodivertikel 154 – intradeglutitive 79, 83 Behçet-Krankheit 66, 67
Aktinomykose 303 – – Mendelsohn-Manöver 84 Benzimidazol 466
Akzelerations-Dezelerations- – – Sphinktermyotomie 85 Benzofuran-Derivat 603
Trauma 443 – – supraglottischer Schluck 84 Bike-tire-Phänomen 223
Alagille-Syndrom 422, 423, 607 – laryngeale Penetration 80 Biliom 445, 449
Alkoholfetopathie 538 – Mischformen 87 Bilirubinsteine 472
748 Sachverzeichnis

Bindegewebskompartiment 29 Cholangitis 402, 416, 449, 478, 541 Darmverschluss, siehe auch Ileus
– viszerales 29 – Aids-assoziierte 499 – paralytischer 17
Blastomykose 303 – akute 494 Defäkographie 356, 357
Blue-rubber-bleb-Nävus-Syndrom 155, – Chemotherapie-assoziierte 499 Dehnungs- und Verschiebungs-
166, 432, 433, 510 – parasitäre 497 räume 29
Blutpoolszintigraphie 378 – primär sklerosierende (PSC) 419, Desäthylamiodaron 603
Blutung, gastrointestinale 258 453, 500 Desmoid 739
– akute untere 309 – primäre 496 Diabetes mellitus 186, 483, 579
– Aortographie 309 – rezidivierende pyogene 496 Diaphragma (Zwerchfell) 1
– chronische Pankreatitis 154 – sekundär sklerosierende 505 Dickdarm
– chronische untere 309 Choledocholithiasis 380, 423, 472 – Angiodysplasie 333
– CT-Angiographie 259 Choledochozele 416 – – Angiographie 333
– Duodenalvarizen 154 Choledochusdivertikel 416 – – Spiral-CT 333
– Embolisation, Onyx 310 Choledochuszyste 141, 414, 472, 574, – Atresie 274
– Endosonographie 154 634 – Bestrahlungsfolgen 292
– Fundusvarizen 154 – Abdomenübersichtsaufnahme 416 – Divertikel 309
– intermittierende 259 Cholelithiasis 397, 411, 413, 418, 494, – Duplikatur 274
– Kapselendoskopie 259 503, 506, 557 – Embolie
– Kontrastmittelaustritt 309, 310 – blande 471 – – akute arterielle 311
– Magenvarizen 154 Cholestase 380, 418, 456, 577, 607 – – chronisch mesenteriale
– okkulte 259 – bei Kindern 422 (CMI) 312
– Ösophagusvarizen 154 – intrahepatische 542 – – interventionelle Therapie 313
– Portographie 154 Cholesterinsteine 472 – – Mehrzeilen-CT 311
– selektive Mesenterikographie 309 – 5-F-Regel 472 – – MR-Angiographie 311, 313
– Sigma 309 Cholesterolose 558 – – periphere 311
– Szintigraphie 259 – gestielte 559 – Fehllagen
– TIPS 154 Cholezystektomie 407, 445, 446, 480 – – Colon ascendens 278
Bochdalek-Dreieck 283 Cholezystitis 384, 406, 411, 444, 500, – – Colon descendens 279
Bochdalek-Hernie 1 563, 722, 725 – – linke Flexur 279
Boerhaave-Syndrom 55 – akute 480, 560 – – Sigma 279
Bouveret-Syndrom 154, 485, 492, 493 – chronische 488 – – Zökum 278
Brachyösophagus 52 – emphysematöse 483 – Ganglioneurom 333
– kongenitaler 52 – gangränöse 484 – Hernie 273
– sekundärer 52, 63 – infektiöse 492 – – äußere abdominelle 282
branching enzyme 601 Cholezystokinin 383, 384 – – Bochdalek-Dreieck 283
Breathhold-Technik 382 Cholezystolithiasis 406, 472, 474, 481, – – diaphragmale 282
Bride 214 560, 563, 564 – – direkter Leistenbruch 283
Bronchialkarzinom 549 Cholezystostomie, perkutane 481, 488 – – echte 282
Brunner-Drüsen 249 Chromosomenaberration 546 – – falsche 282
Budd-Chiari-Syndrom 458, 533, 545, Cirrhose cardiaque 589 – – indirekter Leistenbruch 283
546, 582, 589, 592, 607 Clonorchiasis, biliäre 497 – iatrogene Läsionen 289
Bulbus duodeni 479 Clonorchis sinensis 496, 497, 541, 568 – Invagination (Intussuszeption)
Bullaugen-Phänomen 463 Clostridien 483 – – Abdomenübersichtsaufnahme 281
Bursa omentalis 404, 638, 720, 730 CMV, siehe Zytomegalievirus – – CT 282
Colitis ulcerosa 293, 500 – – Kontrasteinlauf 282
C – Hauptsymptome 294 – – Ultraschall 281
Caecum fixum 5 – Kragenknopfulkus 295 – Karzinoid 331
Campylobacterinfektion 227 – Pseudopolypose 295 – Karzinom 309
Candidainfektion 231 – Spiculae 294 – kolorektales Karzinom 324
Candidaösophagitis 66 Colon – – Carcinoma in situ 324
Candidiasis 303 – ascendens 716 – – TNM-Klassifikation 324
– der Leber 463 – descendens 716 – Lageanomalie 276
Carbamylphosphatssynthetase- – mobile 5 – Leiomyom 332
Mangel 613 – sigmoideum 716 – Leukämie 334
Caroli-Syndrom 400, 414, 418, 568 – transversum 716 – Liposarkom 332
carrel patch 609 Common-cavity-Syndrom 49 – maligne Tumoren 324
central dot sign 419 cotton wool appearance 514 – – Lymphom 333
Chagas-Krankheit 76, 274 Cowden-Syndrom 321 – – Melanom 331
Charcot-Trias 495 creeping fat 220 – Malrotation 276
Chemoembolisation, katheter- – MALT-Lymphom 333
gestützte 533 D – mesenteriale Ischämie 311
Chilaiditi-Syndrom 8, 278, 394, 717 Darm, siehe auch Kolon – Neurofibrom 333
Children’s Cancer Study Group 539 – chronisch-entzündliche Veränderun- – Neurom 333
Cholangiodysplasie 401 gen (CED) 293 – Nonrotation 276
Cholangiographie 405, 407 – irritabler (Reizdarm) 266 – partielle Rotation 277
– intravenöse 413 – Ischämie – Pilzinfektion 303
Cholangiohepatitis, asiatische/ – – akute 253 – Plasmozytom 334
orientalische 496 – – arterieller Verschluss 253 – Polypen 309
Cholangiopankreatographie, endosko- – – chronische 253 – skip area 294
pische retrograde (ERCP) 618 – – fokale 253 – skip lesion 294
– Komplikationen 619 – – nichtokklusive 253, 311 – Stenose 274
– Strahlenexposition 619 – – venöse Thrombose 253 – traumatische Veränderungen 287
Sachverzeichnis 749

– Tumorrezidiv – intestinal hurry 266 – Exzision 173


– – extraluminal 330 – Invagination 216 – Fistel 173, 174
– – intraluminal 330 – Kapselendoskopie 195 – – aortoduodenale 174
– Verätzungen 292 – Karzinoid 240 – Gastrektomie 173
– Verletzungen – Leiomyom 242 – Gastroenterostomie 173
– – bei diagnostischen und inter- – Leiomyosarkom 242 – gastrojejunale Invagination 175
ventionellen radiologischen – Lipom 242 – Gastroplastie 173
Verfahren 290 – Lymphangiom 242 – Gastrostomie 173
– – endoskopisch bedingte 289 – Magnetresonanztomographie 195 – Hämangioperizytom 166
– – fremdkörperbedingte 288 – Malrotation 202 – Hamartom der Brunnerdrüsen 166
– – medikamentös bedingte 289 – mesokolische innere Hernien 204 – innere Hernie 175
– – perkutane 288 – Metastasen 214 – – in die Bursa omentalis 175
– – postoperative 200 – Meteorismus 211 – – retroanastomotische 175
– virale Infektion 303 – MR-Enteroklysma 296 – – transmesokolische 175
– Volvulus 273 – Neurofibrom 242 – Intussuszeption 189
– – Colon transversum 279 – nichtstenosierende Adhäsionen 214 – – enteroenterale 175
– – linke Flexur 279 – Nonrotation 202 – – jejunogastrische 175
– – Sigma 279 – Nuklearmedizin 195 – Invagination 189
– – Zökum 279 – Obstruktionsperistaltik 213 – Keilresektion 173
digital spot imaging (DSI) 40 – Pilzinfektion 228 – Lageanomalie
Dilatation, periportale sinusoidale – Schwannom 242 – – Duodenum librum 142
(PSD) 595 – segmentale Dilatation 209 – – Duodenum mobile 142
Divertikel 309 – sondenlose Kontrastmittelunter- – – Nonrotation 142
– Resektion 128 suchung 195 – leukozytoklastische Vaskulitis 187
Divertikelkrankheit 343 – Sonographie 195 – malignes Lymphom 166
Divertikulitis 343 – Tuberkulose 228 – Metallclips 173
– Abszesse 345 – Tumore 236 – Metastasen 169
– CT 345 – – sekundäre 248 – – Bronchuskarzinom 169
– extraluminale Komplikationen 345 – Ulkus 232 – – Gallenblasenkarzinom 169
– Kolonkontrasteinlauf 348 – Verwachsungen 214 – – Genitalkarzinom 169
– Perforation 345 – Virusinfektion 228 – – Kolonkarzinom 169
– Peritonitis 345 – Volvulus 216 – – malignes Melanom 169
– Ultraschall 344 Duodenalatresie 145 – – Mammakarzinom 169
Dolichokolon – double bubble sign 146 – – Nierenzellkarzinom 169
– Colon elongatum 276 Duodenaldivertikel 142 – – Ösophaguskarzinom 169
Dottersackvene 386 Duodenalduplikatur 145 – – Ovarialkarzinom 169
double duct sign 506, 573, 574, 658, 659 Duodenalobstruktion 145 – – retroperitoneales Syndrom 169
Double-bubble-Zeichen 631 – Bouveret-Syndrom 154 – mobile 188
DSI, siehe digital spot imaging – chronische Pankreatitis 154 – Paraganglionom 166
Ductus – Morbus Crohn 154 – postoperative Atonie 173
– choledochus 389, 405, 415, 479, 505, – Sarkoidose 154 – postoperatives Pneumoperito-
560 Duodenalvarize 154 neum 173
– cysticus 384, 405, 476, 478, 480, 560 Duodenalverletzung – Pyloromyotomie 173
– hepaticus 389, 405 – Blutung 155 – Pyloroplastik 173
– – communis 499 – chronische Pankreatitis 155 – Schleimhautprolaps 174
– pancreaticus 415 – Duodenalwandhämatom 155 – Segmentresektion 173
– Santorini 628 – Fibrinkleber 155 – Syndrom der abführenden
– venosus 387, 430, – Vena-cava-Filter 155 Schlinge 176
– Wirsungianus 628, 667 Duodenalwandhämatom 155 – Syndrom der zuführenden
Dünndarm Duodenum 506, 716 Schlinge 176
– Adenokarzinom 238 – Anastomosenenge 174 – – Braun’sche Fußpunktanasto-
– Anatomie 195 – – Hämatom 174 mose 176
– Angiographie 195 – – innere Hernie 174 – – perkutane transhepatische
– Briden 214 – – Invagination/Intussuszeption 174 Duodenaldrainage 176
– Computertomographie 195 – Anastomoseninsuffizienz 174 – Tumore der Nachbarorgane 170
– Differenzialdiagnose 197–200 – Angiodysplasie 155 – – Milzarterie 170
– Divertikel 206 – Antrektomie 173 – – Neuroblastom 170
– Doppelkontrast nach Sellink 296 – aortomesenteriale Kompression 146 – Übernähung 173
– Duplikatur 205 – – Strong-Operation 146 – Vagotomie 173
– entzündliche Erkrankungen 219 – Blue-rubber-bleb-Nävus- Duplikatur, ösophageale 53
– Fehlbildungen 201 Syndrom 166 Dyschondroplasie, metaphysäre 634
– GEP-NET, siehe Karzinoid 240 – Dumping-Syndrom 175 Dyskinesie, ziliäre 9
– Hamartom 249 – Duodenopankreatektomie 173 Dysphagie 27, 179
– Hernien 216 – Duodenotomie 173 – bei Säuglingen und Kindern 48
– Hypermotilität 266 – Duplikatur 141 Dysplasie, arteriohepatische 422
– Hyperperistaltik 266 – – Choledochuszyste 141
– Hypomotilität 266, 269 – – heterotope Magenschleim- E
– Hypoperistaltik 266 haut 141 Echinococcus-multilocularis-Zyste 468
– Ileus 210 – – Mesenterialzyste 141 Echinokokkose, hepatisch-alveo-
– Indikationen für bildgebende – – Pankreatitis 141 läre 468
Verfahren 195 – endoskopischer Ultraschall Echinokokkuszyste 463, 466
– Infektionen 226 (EUS) 140 Einschlusszyste, peritoneale 733, 734
750 Sachverzeichnis

Eisenoxid 519 – kongenitale portokavale 433 – – endoskopischer Ultraschall 379


– Nanopartikel 378 – ösophagotracheale 122 – – farbkodierte Dopplersono-
Eisenpartikel, supraparamagnetische Flow-void-Phänomen 430, 516 graphie 379
(SPIO) 377 – intrahepatisches 593 – – hepatobiliäre Funktionsszinti-
Eisenspeicherkrankheiten 704 Fremdkörperdetektion 45 graphie 383
Eiweißverlust-Gastropathie 187 – radiologische Untersuchungs- – – intraduktaler Ultraschall 379
Eiweißverlustsyndrom, technik 45 – – intravenöse Cholangio-
intestinales 263 Fundusvarize 154 graphie 380
Eklampsie 597 – – konventionelle Abdomen-
Ektopie 404 G übersichtsaufnahme 379
Endodermalsinus 574 Gadolinium-Chelat 541, 599 – – Magnetresonanzcholangio-
Endometriose 249, 340 Galaktosämie 433, 520 graphie 380
Endorem 378 Gallenblase (Vesica fellae) 374, 379, 390 – – Minimum-Intensitäts-Projek-
Entamoeba histiolytica 462, 463 – Adenom 556 tionen 380
Enteroklysma 296, 743 – Adenomyomatose 412 – – MR-Cholangiopankreatiko-
– andere Methoden 195 – Ausriss 443 graphie 381
– Appendix 194 – benigne Wandhyperplasie 558 – – perkutane Sonographie 379
– Barium 192 – – Adenomyomatose 558 – – perkutane transhepatische
– Bariumphase 193 – – Cholesterolose 558 Cholangiographie 380
– Durchleuchtungszeit 194 – Divertikel 408, 412 – – Steady-state-free-precision-Signal-
– Instrumente 192 – Duplikatur 409 gebung 381
– Kolon 194 – Ektopie 404 – Duodenalkarzinom 568
– Kontraindikationen 195 – Empyem 487 – embryonales Rhabdomyosar-
– Kontrastmittelmenge 195 – Hydrops 404, 407, 476, 482, 487 kom 574
– Methylzelluloselösung 192 – Karzinom 379, 490, 558, 560, 565 – entzündliche Erkrankungen 494
– Methylzellulosephase 193 – Karzinomsarkom 564 – Epitheldysplasie 566
– Obstruktionen 194 – Konkrement 481 – extrahepatisches System 385
– praktische Hinweise 194 – Kontusionen 443 – Granularzelltumor 566
– Strahlenexposition 195 – Lageanomalien 405 – intrahepatisches System 385, 389
– Transitzeit 194 – Lagevarianten – Karzinoidsyndrom 566
– Vorbereitung 192 – – der arteriellen Gefäße 424 – Karzinom 379
Enterokolitis 721 – – der portalen Gefäße 426 – kongenitale Atresie 384
Enterozele 364, 366, 367 – malignes Melanom 564 – Lagevarianten
Enzephalopathie, hepatische 453 – multiseptierte 411 – – der arteriellen Gefäße 424
Eovist 378 – Papillom 558 – – der portalen Gefäße 426
Epidermolysis bullosa dystrophica 66 – Pendelgallenblase 404 – Malignom 505, 567
Epitheldysplasie 566, 572 – Perforation 443, 485 – Pankreaskopfkarzinom 568
Epstein-Barr-Virus 614 – Polyp 558, 560 – papilläres Adenom 566
– Hepatitis 454 – primärer Lymphombefall 564 – Peritonealkarzinose 568
Erdbeergallenblase 558 – Segmenteinteilung 387 – Segmenteinteilung 387
Escherichia coli 483 – Tumoreinbruch 565 – sekundäre Malignome 576
Etagenspasmus 75 – Tumoren 556 – Trauma 452
Ewing-Sarkom 738 – vaskuläre Versorgung 391 – Tumoreinbruch 576
Exulceratio simplex Dieulafoy 151 – Zerreißungen 443 – Tumoren 447, 556
Gallenfistel 445, 485 – Verletzungen 444
F Gallenflüssigkeit 491 – Zysten
Fahrradspeichenmuster 520 Gallengang – – Einteilung nach Todani
Fanconi-Anämie 520 – Atresie 420, 538, 607, 608 und Traverso 414
FAP, siehe Polypose, familiäre – Dilatation 506 Gallertbauch 730
adenomatöse – Hypoplasie 423, 607 Ganglioneurom 333, 737
Fasciola hepatica 496 – Karzinom 634 Gardner-Syndrom, siehe auch FAP 320,
Faszie – Leck 612 538, 557, 572, 739
– bukkopharyngeale 29 – multiple segmentale Zysten 417 Gas, portomesenterisches 23
– prätracheale 29 – Obstruktion 659, 664 Gas-bloat-Phänomen 131
– prävertebrale 29 – Stenose 612 Gastrin 566
fat ring sign 742, 743 – Striktur 445 Gastritis
feline esophagus 61 Gallenkolik 472, 560 – chemische 149
Ferritin 598 Gallenkonkrement 473 – – Verätzung der Magenschleim-
Ferucarbotran 378 Gallenleck 444, 450 haut 149
Festkörperdysphagie 126 Gallenstein 402, 452, 471, 480, 494 – Crohn 151, 187
Fettgewebenekrose 724, 726 – Ileus 492 – cystica polyposa 180
Fettleberhepatitis 4535 Gallenwege 379 – phlegmonöse 149, 187
– akute 453 – akute extrahepatische Obstruk- Gastroduodenitis Crohn 150
Fibrin 597 tion 494 – Pflastersteinrelief 150
Fibromatose, aggressive 739, 741, 743 – Atresie 399 Gastroenteritis, eosinophile 150, 232,
Fibrose – cholangioläres Adenokarzinom 567 306
– retroperitoneale 741 – Diagnostik Gastroenterostomie 179
– zystische 645 – – 2D-RARE-Verfahren 381 Gastrografin 79
Fistel – – 3D-TSE-Sequenz 381 Gastrojejunostomie 180
– arterioportale 430 – – 3D-Ultraschallverfahren 379 Gastropathia diabetica 186
– biliär-enterale 492 – – endoskopisch retrograde Gastroplastie 177
– bilioenterale 445 Cholangiographie 380 Gastrotomie 177
Sachverzeichnis 751

Gefäßfehlbildungen 258 Herzinsuffizienz 515 K


GERD, siehe gastroösophageale Hetereotaxiesyndrom 396 Kalkmilchgalle 491
Refluxerkrankung Hiatus Kaposi-Sarkom 250, 335
GIST, siehe gastrointestinale – oesophagei – Kolon 335
Stromatumoren – – Fundoplikation 130, 131 Kapseldehnungsschmerz 589
Globus pharyngis 27 – – Gas-bloat-Phänomen 131 Kapselendoskopie 195, 259
Glühbirnenphänomen 511 – – hyperkompetente Man- Kardiomegalie 602
Glykogenolyse 601 schette 131 Kartagener-Syndrom,
Glykogenose Typ I 538 – – minimal-invasive Verfah- siehe ziliäre Dyskinesie
Glykogenspeicherkrankheit 601 ren 130 Karzinoid des Dickdarms 331
Goldenhar-Syndrom 433 – – Slipped Nissen 131 Karzinom
Graft-versus-host-Erkrankung 231 – – Teleskopphänomen 131 – cholangiozelluläres (CCC) 541
Granularzelltumor 566 – – Thal-Plastik 130 – hepatozelluläres (HCC) 422, 530, 531
Gummiblasennävussyndrom, blaues, – urogenitalis 369 – – fibrolamelläres 537
siehe Blue-rubber-bleb-Nävus- Hiatushernie 1 – kolorektales
Syndrom – axiale 63 – – Carcinoma in situ 324
– Dreifaltenzeichen 31 – – Screening 323
H – gemischte 65 – – TNM-Klassifikation 324
Hämangioendotheliom 510, 515 – paraösophageale 63 Karzinomsarkom der Gallenblase 564
– juveniles 515 – sekundärer Brachyösophagus 63 Kasabach-Merritt-Syndrom 432, 516
– malignes epithelioides 544 Hide-bound-Zeichen 268 Kaskadenmagen 141
Hämangiom 379, 431, 510 Hippel-Lindau-Syndrom 635, 668 Katheterangiographie,
– kapilläres 510 Hiss-Winkel 39 intraarterielle 378
– kavernöses 510 Histoplasmose 303, 457 Katzenleberegel 497
Hämangiomatose, disseminierte 515 HNPCC, siehe hereditäres nichtpoly- Kawasaki-Syndrom 477
Hamartom 249 pöses Kolonkarzinom Kayser-Fleischer-Ring 600
– biliäres 401 Hodgkin-Lymphom 553, 731 Killian-Dreieck 97
– mesenchymales 528 Hong-Kong-Krankheit 496 Killian-Jamieson-Divertikel 101
Hämatoperitoneum 448, 545 Hydatidensand 466 Killian-Jamieson-Muskelschwachstelle,
– Blutungsschock 448 Hydatidezyste 468 Pouches 101
Hämatozechie 309 – unilokuläre 466 kissing ulcer 153
Hämobilie 451 hyperattenuating ring sign 726 Klatskin-Tumor 568, 571
Hämochromatose 543, 598, 704 Hyperlipidämie 602 Klippel-Trénauney-Syndrom 510
Hämoglobinurie, paroxysmale Hyperplasie Kokzygodynie 361
nächtliche 702 – adenomatöse 525, 568, 585 Kolitis
Hämosiderose 598, 704 – fokal noduläre (FNH) 379, 518 – Adenom, echtes 318
Helicobacter-pylori-Gastritis 149 – lymphfollikuläre 233, 249 – bakterielle 301
HELLP-Syndrom 434, 597 Hypersplenie 717 – ischämische 317
Hemihypertrophie 538 Hypertension, portale 400, 581 – – thumb prints 317
Hemipharyngektomie – Kollateralwege 583 – Polypen
– horizontale Resektion 127 Hyperurikämie 602 – – hyperplastische 318
– longitudinale Resektion 127 Hypoplasie – – sägeblattartige 318
Hepatikusgabel 499 – der Bauchwandmuskulatur 142 – – Schleimhauthyperplasie 318
Hepatitis 423 – der Leber 396, 397 – – tubuläre 318
– akute 453 – – tubulovillöse 318
– chronische 455 I – – villöse 318
– granulomatöse 457 Ikterus 445, 537, 543, 560, 570 – pseudomembranöse 299
– neonatale 456 Ileitis, terminalis, unspezifische 233 – radiogene 300
Hepatobida 383 Ileum 716 – tuberkulöse 302
Hepatoblastom 448, 515, 533, 538 – Jejunisierung 260 Kollagenose 268
Hepatomegalie 400, 457, 461, 516, Ileus (Darmverschluss) 17, 722 Kolon, siehe auch Dickdarm, Darm
521, 537, 543, 548, 553, 584, 586, – mechanischer 17, 210 – Amyloidose 341
597, 602 – paralytischer 210, 218 – Endometriose 340
Hepatosplenomegalie 400, 455, 458, Infektion, virale 303 – Fibrom 332
593, 602 Interferon alpha 455 – Fibrosarkom 332
Hepatozyten 524, 579, 581 Irisblendenphänomen 511 – Kaposi-Sarkom 335
– Regeneration 453 Ischämie 726 – Leiomyosarkom 332
– Schwellung 454 – mesenteriale – Lupus erythematodes 341
Hernia – – akute 253 – Metastasen 335
– ischiadica 284 – – arterieller Verschluss 253 – Polyp 557
– obturaturia 284 – – chronische intestinale 253 – Sklerodermie 341
– perinealis, siehe Beckenboden- – – fokale 253, 254 Kolonkarzinom 425, 487, 513, 549, 551,
bruch – – Mesenterikographie 254 572
– praevesicalis 284 – – nichtokklusive 253 – hereditäres nichtpolypöses
Hernie 273 – – Spiral-CT 253 (HNPCC) 319
– epigastrische 285 – – venöse Thrombose 253 Koloskopie, virtuelle 325
– innere 6 Ivemark-Syndrom 142 Kolpozystorektographie 356, 357
– innere abdominelle 285 Kontrastmitteluntersuchung,
– lumbale 285 J sondenlose 195
– paraduodenale 147, 285 Jejunoileitis, ulzerierende 260 Korkenziehergefäße 587
Herpeskolitis 304 Jejunum 716 Korkenzieherspasmus 75
Herpesösophagitis 61, 66 – Kolonisierung 260 Kragenknopfulkus 295
752 Sachverzeichnis

Krukenberg-Tumor 730 – Fibrose 453 – – Klassifikation nach Child-


Krypterchismus 142 – – kongenitale 402 Pugh 585
Kryptosporidiose 230, 499 – fokale entzündliche Erkrankun- – Zyste
Kupffer-Sternzellen 517, 524 gen 460 – – blande kongenitale 398
– RES-haltige 598 – fokale Läsion – – Nativ-CT 398
– – perkutane Ultrasonographie 374 – – Ultraschall 398
L – – Powerdopplermethode 374 Leberausfallskoma 596
Ladd-Bänder 203 – Gefäßverletzung 440 Leberbucht 385
Laktatazidämie 602 – Gewebe 385 Leberegel 497, 541
Laktoseintoleranz 259, 260 – Hamartose 518 Leberknospe 385
Lambliasis 228 – Hämatom 434, 436, 448, 597 Leberstanzbiopsie, perkutane 451
Lamina propria serosa 715 – – abdominelle Blutung 440 Lebervene
Larrey-Hernie 1 – – Blutungsschock 440 – Lagevarianten 427
Laryngektomie 125 – – hepatobiliäre Funktionsszinti- – Mündungsvarianten 428
– Festkörperdysphagie 126 graphie 438 – Verschluss 582
– Stimmprothese 126 – – intraparenchymatöses 438 – zweifarbige 593
Laryngitis posterior 59 – – konventionelle Abdomenüber- Leiomyom 242, 332
Laryngo-Hyoido-Mento-Pexie 85 sichtsaufnahme 437 – Dickdarm 332
Larynxresektion 124 – – Sonographie 437 Leiomyosarkom 242
Lasertherapie (LITT) 552 – – subkapsuläres 438 Leistenkanal 715
Leber – Hilus 553 Leukämie
– Abszess 419, 440, 462 – Hypoplasie 396, 397 – Dickdarm 334
– – pyogener 497 – Infarkt 596, 597 – myeloische 701
– Adenom 520 – – Vaskulitis 596 Leukozytenszintigraphie 379
– akzessorischer Lappen 396 – inflammatorischer Pseudotumor 529 Ligamentum
– Angiomyolipom 526 – intravasale Ultraschallkontrast- – falciforme 715, 730
– Angiosarkom 543 mittel 374 – gastrocolicum 716
– Aplasie 396 – kongenitale polyzystische Erkran- – gastrolienale 716
– Biopsie 608 kung 399 – hepatoduodenale 715, 730
– Blutversorgung 390 – Lagevarianten – hepatogastricum 715
– Candidiasis 463 – – der arteriellen Gefäße 424 – teres hepatis 715
– Diagnostik – – der portalen Gefäße 426 light bulb sign, siehe Glühbirnen-
– – Äquilibrierungsphase 376 – Lazeration 434, 448 phänomen
– – Blutpoolszintigraphie 378 – – Parenchymzerreißung 440 Lipidcholezystitis 558
– – Computertomographie 375 – Malignom 547 Lipodystrophie 740
– – CT-Angiographie 376 – Metastasen 442, 547 Lipom 242
– – CT-Arteriographie (CTA, – – intraoperative Ultrasono- Liposarkom 332
CTHA) 376 graphie 375 Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte 49
– – CT-Arterioportographie – Neuroblastom 547 – 64-Schicht-Multislice-CT 51
(CTAP) 376 – package 441 – diagnostische Methoden 51
– – Eisenoxid-Nanopartikel 378 – pädiatrische Diagnostik – dynamische MRT 51
– – Eisenpartikel, suprapara- – – Sonographie 375 – Videofluoroskopie 51
magnetische (SPIO) 377 – polyzystische Erkrankung 401 Littre-Hernie 208
– – Ferucarbotran 378 – Regenerationsfähigkeit 374 Lobus caudatus 585, 593
– – Fettsaturation 376 – Ruptur 444 Lungentuberkulose 465
– – Gd-BOPTA (MultiHance) 378 – – Klassifikation 436 Lupus erythematodes
– – Gd-EOB-DTPA (Eovist) 378 – Schwellung 592 – Kolon 341
– – intraarterielle Katheterangio- – Segmenteinteilung 387 – systemischer 703
graphie 378 – Sinusoid 386, 393 Luschka-Gänge 385
– – kontrastverstärkte MR-Angio- – Stauung 589 Lymphadenopathie 503
graphie 376 – stimulierte akustische Emission 374 – lokale 466
– – Leukozytenszintigraphie 379 – Teilnekrose 442 Lymphangiektasie, intestinale 263
– – Maximum-Intensitätsprojektion – Transplantation 427, 429, 607 Lymphangiom 242
(MIP) 376 – – Abstoßung 614 Lymphogranuloma venerum 303
– – Mehrschicht-CT (MSCT) 375 – – Infektion 613 Lymphom 245
– – multiplanare Sekundärrekonstruk- – – Lebendspende 607 – malignes 333
tion (MPR) 375 – – lymphoproliferatives – primär gastrointestinales
– – Nativ-CT 375 Syndrom 614 (PGIL) 244
– – Phasenkontrasttechnik 377 – – Post-mortem-Spende 607 – sekundärer Befall 553
– – Positronenemissionstomographie – – postoperative Nachblutung 612 Lynch-Syndrom 319
(PET) 379 – Trauma 449, 450, 452 Lyposom, hepatozelluläres 600
– – Schwefelkolloidszintigraphie 378 – traumatische Veränderungen 436
– – selektive interne Radiotherapie – Tumoren 508 M
(SIRT) 379 – – Altersverteilung 509 Maffucci-Syndrom 510
– – SPECT-Technik 378 – – Klassifikation 508, 532 Magen
– – System, retikuloendotheliales – unilokuläre Hydatidezyste 466 – Abdomenleeraufnahme 189
(RES) 377 – vaskuläre Malformation 429 – Adenom 156, 157
– – Time-of-flight-Technik 377 – vasoproliferative Tumoren 429 – Aktinomykose 150
– diffuse Erkrankungen 453, 579 – Verfettung 579, 580, 590 – Amyloidtumor 187
– Divertikel 385 – „weiße“ 598 – Anastomosenenge 174
– embryonales Sarkom 546 – Zirrhose 453, 503, 531, 584, 598, 607 – – Hämatom 174
– Entzündung nach Radiotherapie 457 – – Hepatitis-induzierte 534, 582 – – innere Hernie 174
Sachverzeichnis 753

– – Invagination/Intussuszep- – Gastrojejunostomie 180 – – Neurinom 166


tion 174 – Gastroplastie 173, 177, 179 – – Neurofibrom 166
– Anastomoseninsuffizienz 174 – – axiale Pouchherniation 179 – – Sarkom 165
– Anastomosierungspyloroplastik 179 – – Bandherniation 179 – Metallclips 173
– Antirefluxoperation 185 – – Diskonnektion 179 – Metastasen 169
– Antrektomie 173 – – Pouchdilatation 179 – – Bronchuskarzinom 169
– Bauchwandhämatom 180 – Gastrostomie 173, 180 – – Gallenblasenkarzinom 169
– Bestrahlungsfolgen 185 – – operative 180 – – Genitalkarzinom 169
– Bezoare 179 – Gastrotomie 173, 177 – – Kolonkarzinom 169
– Billroth-I/II-Operation 185 – Hofmeister-Defekt 182 – – malignes Melanom 169
– Braun’sche Enteroanastomose 181 – Hydro-CT 159 – – Mammakarzinom 169
– Bypass 178 – innere Hernie 175 – – Nierenzellkarzinom 169
– chronische Niereninsuffizienz 187 – – in die Bursa omentalis 175 – – Ösophaguskarzinom 169
– Diabetes mellitus 186 – – retroanastomotische 175 – – Ovarialkarzinom 169
– Divertikel 143 – – transmesokolische 175 – – retroperitoneales Syndrom 169
– – Pulsationsdivertikel 142 – intragastraler Ballon 178 – Non-Hodgkin-Lymphom 164
– – Trisomie 21 – Intussuszeption 189 – Papillotomie 177
– Doppelkokarde 189 – – enteroenterale 175 – Perforation 177
– Drainagen 177 – – jejunogastrische 175 – perkutane endoskopisch platzierte
– Dumping-Syndrom 175 – Invagination Gastrostomie (PEG) 180
– Duodenalstumpf 181 – – Morbus Ménétrier 189 – Pneumatosis ventriculi 180
– Duodenopankreatektomie 173 – – Peutz-Jeghers-Syndrom 189 – Pneumoperitoneum 180
– Duplikatur (Doppelmagen) 140 – Karzinom 187, 482 – Polyp 156, 157
– Dysphagie 179 – – 18Fluor-(F-)FDG-PET 162 – – gastroduodenale Invagination 156
– endokrine Tumoren 165 – – endoskopische MRT 162 – – hyperplasiogener 157
– – 18Fluor-(F-)FDG-PET 165 – – EUS 162 – Polyposis ventriculi 157
– – chronische atrophische – – Frühkarzinom 157, 159, 160 – postoperative Atonie 173
Gastritis 165 – – Hydrosonographie 162 – postoperatives Pneumoperito-
– – EUS 165 – – intermediärer Typ 158 neum 173
– – Gastrinom 165 – – Klassifikation von Laurén 161 – Post-Vagotomie-Syndrom 179
– – Ghrelinom 165 – – Laparoskopie 162 – Pouches 177
– – Karzinoidtumor 165 – – laparoskopische Sonogra- – Pseudolymphom 150, 187
– – multiple endokrine Adenomatose phie 162 – Punktionen 177
Typ I 165 – – Metallendoprothesen 159 – Pyloromyotomie 173, 179
– – neuroendokrines Karzinom 165 – – Peritonealkarzinose 161 – Pyloroplastik 173, 179
– – Somatostatinom 165 – – virtuelle Endoskopie 162 – Rekonstruktion Typ Roux-en Y 182
– – Somatostatinrezeptorszinti- – Keilresektion 173 – Resektion
graphie 165 – Lageanomalie – – Typ Billroth I 180
– – Zollinger-Ellison-Syndrom 165 – – Asplenie 142 – – Typ Billroth II 181
– endoskopischer Ultraschall – – Hypoplasie der Bauchwand- – Sarkoidose 150
(EUS) 140 muskulatur 142 – Säureverätzung 149
– Ernährungsfistel 180 – – Ivemark-Syndrom 142 – Schleimhautprolaps 174
– Erosion – – Kryptochismus 142 – Segmentresektion 173
– – Amyloidose 151 – – Prune-belly-Syndrom 142 – Silikonband 178
– – Gastritis Crohn 151 – – Situs inversus – Sonographie 186
– – Salizylate 151 – Lymphom 187 – Spontanruptur 149
– – Sarkoidose 151 – Magenteilresektion – Syndrom der abführenden
– Erweiterungsplastik 179 – – mit Gastroduodenostomie 173 Schlinge 176
– Exzision 173 – – mit Gastrojejunostomie 173 – Syndrom der zuführenden
– Fistel 173, 174 – Magenwandhämatom 180 Schlinge 176
– – aortoduodenale 174 – malignes Lymphom 163 – – Braun’sche Fußpunktanasto-
– Fremdkörper 186 – MALT-Lymphom 164 mose 176
– – Arzneimittelbezoare 186 – mesenchymale Tumoren 165 – – perkutane transhepatische
– – Billroth-I-Operation 186 – – Carney’s triade 166 Duodenaldrainage 176
– – Gallenkonkrement 186 – – gastrointestinale Stromatumoren – Tuberkulose 150
– – Gossypibome 186 (GIST) 165, 166 – Tumore der Nachbarorgane 170
– – intrakorporaler Drogentrans- – – Glomustumor 166 – Übernähung 173
port 186 – – Granularzelltumor 166 – Umwandlungsoperation 182
– – Laktobezoare 186 – – Hämangiom 166 – – Duodenopankreatektomie 183
– – Mykobezoare 186 – – Hämangioperizytom 166 – – nach Henley-Soupault 185
– – Perforation 186 – – Imatinib 165 – – Ösophagojejunoplicatio 182
– – Phytobezoare 186 – – Kaposi-Sarkom 166 – – Ösophagojejunostomie 182
– – Tablettenreste 186 – – Leiomyoblastom 166 – – Pankreaslinksresektion 182
– – Trichobezoare 186 – – Leiomyom 166 – – Pankreatoduodenektomie 182
– – Vagotomie 186 – – Leiomyosarkom 166 – – Querkolonteilresektion 182
– Fundusmanschette 185 – – Leiomyosarkomatose 166 – – T-Drain-Cholangiographie 183
– gastrale Duplikationszyste 140 – – Lipom 166 – – totale Gastrektomie 182
– Gastrektomie 173, 189 – – Liposarkom 166 – Vagotomie 173, 179
– Gastritis cystica polyposa 180 – – Lymphangiom 166 – Varize 154
– Gastroenterostomie 173, 179, 181, – – malignes fibröses Histiozytom – Verweilsonden 177
189 166 – Volvulus 188
– gastrojejunale Invagination 175 – – Neurilemmom 166 – Witzel-Fistel 178
754 Sachverzeichnis

Magenausgangsstenose 145 – Beteiligung bei Speicherkrank- Muir-Torre-Syndrom 320


– selbstexpandierende Metall- heiten 703 Mukosa
stents 152 – Beteiligung bei systemischen – Ulzeration 484
Magengeschwür, Perforation 152 Erkrankungen 702 – Verkalkungen 490
Magenschleimhautverätzung 149 – Echinokokkose 694 Mukoviszidose 187
Magenstumpfkarzinom 183 – echte Zysten 690 MultiHance 378
Magenwandemphysem 185 – Eisenspeicherkrankheiten 704 Münchner Drainage 562
– gastric corona sign 186 – Größe 607 Mundhöhle, Anatomie 28
– Röntgenleeraufnahme 185 – hämatologische Erkrankungen 701 Musculus levator ani 362, 363, 369
– Überdruckbeatmung 185 – Histoplasmose 696 Muskatnussleber 589
– Verätzung 185 – idiopathische thrombozytopenische Myasthenia gravis 92
– Volvulus 185 Purpura 702
Magnetresonanzcholangiopankreato- – Infarkt 706 N
graphie (MRCP) 624 – Intervention 710 Narbenhernie 284, 285
– Pankreas – inzidentelle Läsion 709 Nebenmilz 690
– – Multi-slice-Techniken 625 – lobulierte 689 Nekrose 638, 724, 725
– – Sekretin 625 – Morbus Gaucher 703 Nekrosehöhle 650
– – Single-slice-Aufnahmen 624 – Morbus Niemann-Pick 704 NEMD, siehe nichtspezifische
Malformation – myeloische Leukämie 701 ösophageale Motilitätsstörung
– arteriovenöse 429 – Osteomyelofibrose 702 Neonatalhepatitis 456
– ösophageale 51 – paroxysmale nächtliche Hämo- Neoplasie
– pharyngeale 46 globinurie 702 – intraduktale papilläre muzinöse
– – leichte Störung 49 – Pneumocystis-carinii-Infektion 695 (IPMN) 669
– – schwere Störung 49 – Polyarteriitis nodosa 703 – – Hauptgangtyp 671
– – velopharyngealer Verschluss- – Polycytaemia vera 702 – – Seitenasttyp 670
mechanismus 50 – Pseudotumor 709 – pankreatische intraepitheliale 656
– vaskuläre 429 – Pseudozysten 690 Nesidioblastose 676
Mallory-Körperchen 453 – rheumatoide Arthritis 703 Netzinfarkt 724–726
Malrotation 276 – Ruptur 691 Netznekrose 724, 726
– des Dickdarms 276 – Sarkoidose 705 Neugeborenenhepatitis 420
– des Dünndarms 202 – Sichelzellenanämie 701 Neugeborenenikterus 421, 456
MALT-Lymphom 333 – Splenose 707 Neuroblastom 538, 547
Mammakarzinom 549, 729 – systemischer Lupus erythemato- Neurofibrom 242, 333
Meckel-Divertikel 207, 309 des 703 Neurofibromatose Typ I 543
– Szintigraphie 208 – Thalassämie 701 Neurom 333
Megakolon 274 – Trauma 692 Nierenarterienstenose 608
– Amöbenruhr 275 – Tuberkulose 694 non-cardiac chest pain 73
– Colitis ulcerosa 275 – Tumoren Non-Hodgkin-Lymphom 553, 564, 731,
– idiopathisches 275 – – Angiosarkom 700 732
– toxisches 275, 298 – – Hämangiom 696 Nonrotation 276
– – Kriterien 298 – – Hamartom (Splenom) 697 – des Dickdarms 276
Melanom, malignes, des Dick- – – Lymphangiom 697 – des Dünndarms 202
darms 331 – – malignes Lymphom 698 Noonan-Syndrom 433
Membrane thyreohyoidea 101 – – Metastasen 699 Nussknackerösophagus 75
– Pouches 101 – Wegener-Granulomatose 703
Mesenterialinfarkt 719 Milzindex 687 O
Mesenterialvenenthrombose 254 Mirizzi-Syndrom 478, 495 Obstruktionsileus, s. mechani-
– akute 314 misty mesentery 740 scher Ileus
– Bildgebung 315 Morbus Odynophagie 27
– Diagnostik 315 – Behçet 305 omental cake 729
Mesenterialzyste 141 – Crohn 66, 67, 145, 154, 219, 293, 500, Omentum
Mesenteritis 735 – majus 415, 720, 724
– retraktile 234, 740, 742, 744 – – Abszesse 221, 224 – minus 715
– sklerosierende 740, 741 – – bildgebende Verfahren 298 Opisthorchis
Mesenterium 715, 729 – – Fisteln 221, 223 – felineus (Katzenleberegel) 498
– commune 203 – – Pseudopolyp 222 – viverrini 568
Mesoappendix 740 – – Strikturen 222, 223 Organ Injury Scaling (OIS) 434
Mesogastrium 715 – Gaucher 703 Ösophagitis
Mesokolon 715, 716, 740 – Hirschsprung 274 – eosinophile 68
Mesotheliom 730 – Ménétrier 187, 189 – Grad I 60
Methylzellulosephase 194 – Niemann-Pick 704 – Grad II–IV 61
Mikrogastrie – Osler 155, 349, 431, 635 – immunologische 68
– Asplenie 140 – Osler-Weber-Rendu 429, 430 – – Graft-vs-host-Ösophagitis 68
– Duodenalatresie 140 – von-Willebrandt-Jürgens 155 – kaustische 67
– Hydrozephalus 140 – Werlhof 702 – medikamenteninduzierte 61, 66
Mikrohamartom 401 – Whipple 233, 721 – peptische Striktur 61
Mikrokolon 274 – Wilson 600 – Schatzki-Ring 61
Milz Morgagni-Hernie 1 – strahleninduzierte 67
– Abszess Morrison-Pouch 719 – Webs 61
– – bakterieller 692 Morrison-Tasche 435 Ösophagus
– – mykotischer 693 Motilitätsstörung, nichtspezifische – 24-Stunden-pH-Metrie 60
– Amyloidose 704 ösophageale (NEMD) 77 – 24-Stunden-Refluxaspiration 60
Sachverzeichnis 755

– Atresie 51 – – diffuse Substanzverluste 92 – Stenose 52


– benigner Tumor – – insuffiziente Larynxelevation 95 – Szintigraphie 58
– – Mukosa 106 – – Myotomie des PE-Segments 95 – tertiäre Kontraktionen 39
– – Submukosa 106 – – Neurotransmitter 92 – traumatische Veränderungen 54
– diffuser Spasmus 73 – – ohne Aspiration 91 – – Boerhaave-Syndrom 55
– Divertikel 97 – – Pseudobulbärparalyse 92 – – Fremdkörper 55
– – epiphrenische 104 – – symmetrischer Pharynx- – – Laugenverätzungen 55
– – Traktionsdivertikel (Divertikel des befall 95 – – pharyngealer Abszess 55
mittleren Ösophagus) 103 – nuklearmedizinische Magen- – Tylosis 117
– endoskopische Gastroplastie 130 entleerungsstudie 60 – unterer Sphinkter 33
– Engen und Verlagerungen 31 – oberer Sphinkter 30, 38, 99 – – Augmentation 130
– entzündliche Erkrankungen 56, 66 – – Öffnungsstörungen 128 – – Innervation 33
– – Behçet-Krankheit 66 – Operation nach Merendino 124 – – Schatzki-Ring 33
– – Candidaösophagitis 66 – oropharyngeale Dysfunktion – – Z-Linie 33
– – Epidermolysis bullosa – – orale Boluskontrolle 92 – Varize 154
dystrophica 66 – – Strumektomie 92 – Webs 52
– – Herpesösophagitis 66 – Perforation 54 Osteomyelofibrose 702
– – intramurale Pseudodivertiku- – Physiologie 37 Ovarialkarzinom 728–730
lose 66 – – Erwachsene 37
– – Morbus Crohn 66 – – orale Phase 37 P
– – Strahlenösophagitis 66 – – Patterngenerator 37 Pancreas
– – Zytomegalievirusösophagitis 66 – – primäres Triggerareal 37 – aberrans 147
– Etagenspasmus 75 – – quaternäres Areal 37 – – heterotope Magenschleim-
– Fehlbildungen 46 – – Reflextriggerung 37 haut 147
– Fremdkörperdetektion 45 – – Säugling 37 – – hyperplastische Brunner-
– Funktionsszintigraphie 57 – – sekundäres Areal 37 drüsen 148
– hypertensiver unterer Sphinkter 78 – – tertiäres Triggerareal 37 – anulare 146, 630
– Impedanzmessung 56, 57, 60 – posttherapeutische Veränderungen – – klinische Formen 631
– Innervation 32 bei Tumorerkrankungen 123 – divisum 629, 636, 646, 660
– intramurale Pseudodivertiku- – – angepasste Physiologie 123 – – klinische Bedeutung 630
lose 105 – – Botulinumtoxininjektion 128 Pankreas
– – Klinik 105 – – Bougierung 128 – aberrierendes Gewebe 143
– – Pathogenese 105 – – funktionelle Störungen 128 – Abszess 641
– – radiologische Symptomatik 105 – – Hirnblutung 124 – Agenesie 634
– Jejunuminterponat 124 – – Hochfrequenzverkauterung 130 – Angiographie 618
– Koloninterponat 124 – – Operation eines Hirntumors 214 – Aplasie 634
– Korkenzieherspasmus 75 – – Pneumodilatation 128 – arteriovenöse Malformationen 635
– laryngeale Penetration 91 – – posttraumatische, – Azinuszelltumor 665
– maligner Tumor 113 postläsionale und postoperative – – Polyarthritis 665
– – Adenokarzinom 113, 114 Veränderungen 127 – – subkutane Fettnekrosen 665
– – endoskopische Sonographie 119 – – Rekonstruktion des Hiatus 129 – duktales Adenokarzinom 656
– – Invasion der Aorta 121 – – selbstexpandierendes Schaum- – – Resektabilität 657, 662
– – Invasion von Umgebungs- stoffkissen 130 – – Staging 662
organen 120 – Presby-Ösophagus 39 – – vaskuläre Infiltration 660
– – Komplikationen 122 – primäre Ösophagusperistaltik 39 – ektopes 145, 633
– – ösophagotracheale Fistel 122 – radiologische Untersuchungstechnik – – Pseudozystenbildung 633
– – Perikardinvasion 122 – – Audiovideoradiographie 40 – Fernmetastasen 663
– – PET-CT 120 – – Bariumsulfat-Gelatine-Kugeln 43 – Fisteln 652
– – PET-MRT 120 – – digital spot imaging (DSI) 40 – Gastrinom 676, 679
– – PET-Untersuchung 119 – – Hochfrequenzkinematographie 40 – Glukagonom 676, 677
– – Plattenepithelkarzinom 113, 114 – – Isoosmolarität 42 – – Diabetes mellitus 677
– – radiologische Symptomatik 118 – – Kalziumantagonist 43 – – Glossitis 677
– – radiologische Untersuchungs- – – Kontrastmittel 41, 42 – Hypoplasie 634
technik 117 – – Magnetresonanztomographie 40 – idiopathische kongenitale Zysten 635
– – Stadieneinteilung 120 – – Multislice-Computertomogra- – Insulinom 676, 678
– – TNM-Klassifikation 120 phie 40 – Karzinom 650, 654
– – Tumorstaging 120 – – Nitrate 43 – Lipomatose 627
– Motilitätsstörung 70 – – pharmakologische Tests 42 – lymphoepitheliale 674
– – primäre 70 – – Positronenemissionstomographie – Lymphom 666
– – sekundäre 70, 76 (PET) 40 – Magnetresonanzcholan-
– muskulärer Aufbau 30 – – Radiomanometrie 40 giopankreatographie (MRCP) 624
– Neoplasie – – thermische Provokationstests 42 – – Multi-slice-Techniken 625
– – hohe zervikale Anastomose 132 – – Ultraschall 40 – – Sekretin 625
– – Koloninterponat 133 – – Videofluoromanometrie 40 – – Single-slice-Aufnahmen 624
– – Magenhochzug 132 – – Videofluoroskopie 40 – Metastasen 667
– – Operation nach Merendino 133 – Radiomanometrie 56 – MRT 621
– – zervikales Jejunuminterponat 133 – Refluxerkrankung 58 – – Indikationen 626
– neurogene/nichtneurogene – Reinigungsfunktion 57 – – Mangan-haltiges Kontrast-
Krankheitsbilder 96 – Ruptur 54 mittel 623
– neurologisch bedingte Funktions- – sekundäre peristaltische – nichthormonaktive 677
störungen 78 Wellen 39 – peritoneale Metastasen 664
– – asymmetrische Larynxelevation 95 – spontane Perforation 45 – Pseudoaneurysma 651
756 Sachverzeichnis

– Pseudozysten 647 Pericarditis constrictiva 582 – benigner Tumor


– Retentionszyste 650 Pericholangitis 478 – – Mukosa 106
– Somatostatinom 676, 677 Pericholezystitis 444, 480, 485, 489, – – Submukosa 106
– Sonographie 619 500 – Divertikel 97
– – Stimulation mit Sekretin 620 periportal tracking 439 – Hemiparese 93
– Spiral-CT 621 Peristaltikmuster 193 – Innervation 30
– – arterielle Phase 622 Peristaltikstörung, ösophageale – maligner Tumor 108
– – pankreatische Phase 622 – refluxinduzierte 95 – – der Pharynxhinterwand 111
– – portalvenöse Phase 622 Peritonaeum – – der Postkrikoidalregion 111
– – Untersuchungsdesign 621 – parietale 715, 720, 725 – – der supraglottischen Region 110
– Transplantation 683 – viscerale 715 – – des Sinus piriformis 111
– – Thrombose 683 Peritonealdialyse (CAPD) 722 – – histomorphologische Malignitäts-
– traumatische Pseudozyste 674 Peritonealduplikatur 718 graduierung 110
– tuberkulöser Befall 636 Peritonealhöhle 715 – – radiologische Untersuchungs-
– Tumoren 633 – Anomalien 717 technik 109
– – endokrine 675 Peritonealkarzinose 248, 724, – – Stadieneinteilung 109
– – solid pseudopapillärer 673 728–730 – – TNM-Klassifikation 109
– – Somatostatin-Rezeptor-Szinti- Peritoneozele 368 – – Tonsillenkarzinom 110
graphie 680 Peritoneum 715 – – Veränderungen nach Therapie 112
– – zystische 667 – Abszess 735 – Motilitätsstörung 70
– Verletzungen 681 – aggressive Fibromatose 736, 739 – – primäre 70
– VIPoma 676 – – Gardner-assoziierte 740 – – sekundäre 70, 76
– Zystadenom 141 – Aszites 717 – neurologisch bedingte Funktions-
– zystische Fibrose 634 – CT-Peritoneographie 717 störungen 78
Pankreasgang 628 – Desmoid 739 – – ohne Aspiration 91
– Kaliber 628 – Duplikationszyste 734 – Physiologie 37
Pankreasparenchym 627 – Empyem 735 – postoperative Instabilitäten 128
Pankreaszyste 141 – Fibrosarkom 736 – posttherapeutische Veränderungen
Pankreatitis 141, 142, 416, 633, 670, 719, – Hamartome 733 bei Tumorerkrankungen 123
723 – Leiomyosarkom 736, 737, 739 – – angepasste Physiologie 123
– akute 636 – Lipom 735, 736 – – Operation eines Hirntumors 214
– – Abszesse 639 – Liposarkom 735, 736 – – posttraumatische, postläsionale
– – bakterielle Infektion 638 – Lymphangiom 734 und postoperative Verände-
– – Formen 637 – Lymphozele 734 rungen 127
– – Gaseinschluss 639 – malignes Lymphom 731, 744 – Pulsionsdivertikel 97
– – Klassifikationen 640 – malignes Mesotheliom 732 – Saug-Pump-Mechanismus 38
– – parenchymatöse Verände- – Malrotation 717 – unilaterale Resektion 124
rungen 638 – Pseudozysten 733 – Vernarbungen 128
– – peripankreatische Flüssig- – Schwannom 737 – Zenker-Divertikel 97
keitsansammlungen 638 – Tumoren 728 – Zungengrundstempelmechanis-
– chronische 644 – Zysten 733 mus 38
– – Abszesse 675 Peritonitis 485 Phenobarbital 421
– – alkoholische 644, 650 – adhaesiva 723 Phlebolithen 433
– – morphologische Verände- – bakterielle 719, 721 Phrygische Mütze 405, 410–412
rungen 646 – – Abszesse 720 Piggy-back-Anastomose 609
– – obstruktive 645, 653 – – Empyeme 720 – Vena cava 609
– ERCP-induzierte 636 – – Perforation 719 Pilzinfektion 228
– hereditäre 645 – biliäre 448, 449 – Dickdarm 303
– idiopathische 636 – Differenzialdiagnose 724 Plasmazellen, polygonale 530
– tropische 645 – Sepsis 719 Plasmozytom, Kolonbefall 334
Pankreatoblastom 666 – sterile 722 Plummer-Vinson-Syndrom 117
Pankreatoduodenektomie 664 – – Vaskulitis 722 Pneumatosis
Pankreaskopfpankreatitis 506 Petersen-Kelly-Syndrom 117 – Zökalwand 315
Pannikulitis, mesenteriale 732, 740–742 Peutz-Jeghers-Syndrom 189, 249, 319, – coli (Pneumatosis cystoides
Papilla Vateri 572, 574 321, 557, 560 intestinalis) 459
Papillendyskinesie 506 Pflastersteinrelief 220, 222 – intestinalis 23, 253, 300, 460
Papillenkarzinom 406, 572, 573 Pfortader 386 – – primäre 23
Papillensklerose 490 – Anastomose 611 – – sekundäre 23
Papillenstenose 505 – Hauptstamm 393 – ventriculi 180
Papillotomie 380, 506 – Hochdruck 398, 584, 586 Pneumonektomie 399
Parenchymnekrose 595 – präduodenale 427 Pneumoperitoneum 19, 180
Pars – Thrombose 315, 458, 581, 590, 591 Polyarteriitis nodosa 703
– cystica 385 Pfortaderast 392 Polycythemia vera 592, 702
– flaccida 478 Pfortadergas 459 Polypose
– hepatica 385 PGIL, siehe primär gastrointestinales – familiäre adenomatöse (FAP) 319, 321
patchy liver enhancement 587, 591, 593, Lymphom – hamartomatöse 321
594 Pharyngoösophagogramm, – coli 739
Peitschenwurm Standardprojektionen 44 – – familiäre 538, 572
(Trichuris trichuria) 305 Pharyngozele 95, 97 – ventriculi 157
Peliosis hepatis 594, 601 Pharynx Polyposissyndrom 319
Pendelgallenblase 404 – Anatomie 28 Polyspleniesyndrom 420, 422, 608
Periarteriitis 635 – Augmentation der Rückwand 51 Polyvinylchlorid 543, 544
Sachverzeichnis 757

Porphyria cutanea tarda 598 Riedel-Struma 501 Sjögren-Syndrom 503


Portoenterostomie nach Kasai 421 Riesenzellhämangiom 514 skip area 220
Portographie, direkte 451 Riesenzellhepatitis, neonatale 607 skip lesion 220
Porzellangallenblase 489, 560, 562 Rigler-Trias 493 Sklerodermie 57, 268
posttransplantation lymphoproliferative rim sign 489 – Kolon 341
disorder (PTLD) 732 Rim-Enhancement 461 Sklerolipomatose 222, 223
Post-Vagotomie-Syndrom 179 Rinderbandwurm Sklerose
Präeklampsie 597 (Taenia saginata) 305 – progressive systemische,
Presby-Ösophagus 77 Ring, vaskulärer 53 siehe Sklerodermie
primary epiploic appendagitis Rinnenpankreatitis 653 – tuberöse 526
(PEA) 726 Riolan-Anastomose 312 Somatostatin 566
Processus RLC-Quotient 586 Somatostatinrezeptorszinti-
– uncinatus 671 Rokitansky-Aschoff-Sinusoid 483, 558, graphie 265
– vaginalis peritonei 715 559 SPECT-Technik 378
Prostaglandin E1 145 Röntgenanatomie 34, 35 Speicherkrankheiten 703
Protozoeninfektion 499 – Passavant-Wulst 35 Speisewege, obere, Anatomie 28
Prune-belly-Syndrom 142 – Plica ventricularis 35 Sphinktermyotomie 85
Pruritus, generalisierter 503 – Pseudo-Valsalva-Manöver 35 Spindelzellen 530
Pseudoachalasie 76 – Ventriculus Morgagni 35 Splenomegalie 584, 588, 687
Pseudodivertikulose, Roviralta-Syndrom 145 Split-liver-Transplantation 429, 609,
intramurale 66, 68 610
– Candidiasisinfektion 68 S Spondylodiszitis, tuberkulöse 465
– Diabetes mellitus 68 Salmonellose 227 Sprue (Zöliakie) 259, 260
– Immunschwäche 68 Salz-und-Pfeffer-Verkalkungs- Stauungsleber 589
Pseudokapsel 528, 539 muster 516 Steakhouse-Syndrom 75
Pseudomonasinfektion 461 Sanduhrgallenblase 411, 558 Steatorrhö 262
Pseudomyxoma peritonei 730 Sanduhrmagen 151 Steatose 589
Pseudopneumoperitoneum 21, 22 sandwich sign 731 Steatosis hepatis 469, 579
Pseudoulkus 151 Sarcoma botryoides 574 Steingallenblase 474
Pseudozyste, postpankreatitische 642 Sarkoidose 457, 458, 705 Stenose, peptische 59
Pseuodobstruktion, intestinale 267 Sarkom, embryonales 546 Steroide 529
Ptosis viscerum 146 Sarkomatose 730 Stimmprothese 126
Purpura Schönlein-Henoch 187 Säuglingsneuroblastom 547 Strahlenenteritis 255
Purpura, idiopathische thrombo- Schatzki-Ring 33 – picket fence 257
zytopenische 702 Scheidenabschlussdeszensus 364, 366 – stack of coins 257
Pyloromyotomie 179 Schießscheibenzeichen 549, 550 Strahlenhepatitis 457
Pylorospasmus 145 Schistosomiasis, Bilharziose 305 Strahlenkolitis 300
Pylorus Schleimhautheterotopie 249 Strahlenösophagitis 66
– Atresie 141 Schleimhautprolaps, Stressgallenblase 407
– benigne Hypertrophie transpylorischer 148 string sign 221, 223, 224
des Erwachsenen 145 Schluckstörung Stromatumor, gastrointestinaler
– gedoppelter 152 – Beurteilungskriterien bei Säuglingen (GIST) 165, 242, 737, 738
Pylorusstenose, hypertrophische 143 und Kindern 48 Strongyloides stercoralis 305
– gastroösophagealer Reflux 145 – pharyngoösophageale Strongyloidiasis 229
– Roviralta-Syndrom 145 – – Computertomographie 134 Strumektomie 92
– – MRT 134 Stuhlentleerungsstörung 368
R – – Multislice-Computertomo- Sturge-Weber-Syndrom 510
Radiomanometrie 39 graphie 134 Subperitoneum 715
Refluxerkrankung, gastroösophageale – – Ultraschall 133 Syndrom
(GERD) 52, 56 – – virtuelle Endoskopie 134 – der abführenden Schlinge 176
– Dysfunktionen 59 – Therapie bei Säuglingen – der zuführenden Schlinge 176
Refluxösophagitis 56 und Kindern 48 – lymphoproliferatives 608
– Motilität 60 Schrumpfgallenblase 489 Syphiliskolitis 303
Reizkolon (Colon irritabile), Schwannom 242, 737 System, retikuloendotheliales
siehe auch irritabler Darm 349 Schwefelkolloidszintigraphie 378 (RES) 377, 623
Rektozele 363, 364, 366, 369 Schweinebandwurm
Rektum (Taenia solium) 305 T
– Intussuszeption 368 Septum transversum 385 TACE 537
– Karzinom 325 Shigellose 227 Tachyarrhythmie 603
– – Dukes-Klassifikation 325 Shunt, kongenitaler intrahepatischer Taenia
– Prolaps 368 portohepatischer 433 – solium, siehe Schweinebandwurm
Rektusdiastase Shwachman-Bodian-Syndrom 634 – trichuria, siehe Rinderbandwurm
– Hernia linea albae 284 Sichelzellenanämie 701 target sign 545, 549
– mediale ventrale Hernie 284 Sigmadivertikulitis 425, 726 Tela subserosa 715
Relaparotomie 441 Silhouetten-Phänomen 456 Teleangiektasie, hereditäre
Relaxatio diaphragmatica 1, 188, 395 Situs hämorrhagische 349, 429, 430
Resistive Index (RI) 609 – ambiguus 394, 395 Teleskopphänomen 131
Resovist 378 – inversus 276, 394, 395 Thalassämie 701
Retroperitoneum 715 – – partialis 8, 142 Thoriumdioxid 604
Rezidivulkus 183 – – totalis 8, 142 Thorotrast 543, 544
Rhabdomyosarkom 530 – – viscerum 141 – Leber 604
Riedel-Lappen 396 – solitus 394 – Tumor 530
758 Sachverzeichnis

Thrombose, arterielle 311 Ureterabgangsstenose 608 – Peitschenwurm


Thrombozytämie 592 Uterusdeszensus 363, 366, 367 (Trichuris trichuria) 305
Thrombozytopenie 515 – Rinderbandwurm
thumb prints 253 V (Taenia saginata) 305
Tigermilz 687 Vaginalprolaps 367 – Schweinebandwurm
TIPSS-Anlage 451 Vagotomie 179 (Taenia solium) 305
Transplantationsradiologie 607 van-Gierke-Erkrankung 601 – Strongyloides stercoralis 305
Transversalsepten, isolierte 411 Varicosis coli 349
Trapping 519 Vasospasmus, arterieller 597 Y
Tree-in-winter-Bild 501, 503 Velopharyngoplastik 51 Yersinia
Treitz-Hernie 6, 285 Vena – enterocolitica 302
Trichuris trichuria, – cava 607 – pseudotuberculosis 302
siehe Peitschenwurm – – Verschluss 582 Yersiniose 226
Triglyzeride 579 – mesenterica superior
Trisomie 21 433 – – Luft 300 Z
Trompetenbläserkrankheit 86 – portae 590, 607 Zenker-Divertikel 97
Truncus coeliacus 312, 609, 717 – – Luft 300 – Fremdkörpergefühl 99
Trypanosomen 274 veno occlusive disease – Globus pharyngis 99
Tuberkulose 228, 230 (VOD) 545, 546 – Heiserkeit 99
– peritoneale 721 Verner-Morrison-Syndrom 676 – nächtliche Aspiration 99
Tuberkuloseinfektion 465 Verschlussikterus 548 – Regurgitation 99
Turcot-Syndrom 320 – intermittierender 415 – Stadium I–IV 98
Typhilitis 232 Verschlussmechanismus, Zervixkarzinom 723
velopharyngealer 50 Zirrhose, primäre biliäre (PBC) 453,
U Verwachsungsbauch 723 503
Ulcus Vesica fellae, siehe Gallenblase Zöliakie, siehe auch Sprue 259
– callosum 152 VIBE-Sequenz 626 Zollinger-Ellison-Syndrom 153, 165,
– duodeni 153 Videokapselendoskopie, 183, 264, 676
– – Akerlund-Pseudodivertikel 154 siehe Kapselendoskopie Zuelser-Wilson-Syndrom 274
– – Faltenstern 154 Vinylchlorid 544 Zwerchfell (Diaphragma) 1
– – Gießkannenphänomen 154 Virusinfektion 228 – Anatomie 1
– – Hart-Tasche 154 VOD, siehe veno occlusive disease – Hernien 1
– – Kleeblattform 154 Volvulus 273 – – traumatische 1
– – Zollinger-Ellison-Syndrom 153 Von-Hippel-Lindau-Syndrom 510 – Lücken 1
– pepticum jejuni 183 von-Meyenburg-Komplex 401 Zwerchfellhernie 395
– ventriculi – traumatische 283
– – Exulceratio simplex Dieulafoy 151 W Zwerchfellhochstand 461
– – Faltenstern 151 wall-echo sign 490 Zystadenokarzinom 666, 672
– – Hampton-Linie 151 Wandermilz 690, 717 – biliäres 575, 577
– – Pseudoulkus 151 Wasserlilienzeichen 466 Zystadenom
– – Stalaktitenphänomen 151 Wasser-Siphon-Test 60 – muzinöses 666, 672
– – Ulkusfinger 151 Wegener-Granulomatose 703 – seröses 668, 669
Ulkus Wermer-Syndrom 676 Zystikusverschluss 492
– aphthoides 220, 221 Whipple-Operation 183, 572, 574 Zystojejunostomie 673
– Rezidiv 183 Wilms-Tumor 538, 547 Zystozele 363, 366, 367
Ulkusfinger 151 Witzel-Fistel 178 Zytomegalievirus (CMV) 230, 304, 499
Unterbauchperitonitis 425 Wurminfektion – Ösophagitis 66
upside-down stomach 64 – Ascaris lumbricoides 305

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