Zenon von Kition
Zenon von Kition (griechisch Ζήνων ὁ Κιτιεύς Zēnōn ho Kitieus; geboren wahrscheinlich 333/332 v. Chr. in Kition; gestorben 262/261 v. Chr.), auch Zenon der Jüngere genannt, war ein hellenistischer Philosoph und Begründer der Stoa.
Leben und Lehre
BearbeitenZenon war der Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns namens Mnaseas.[1] In welchem Jahr er geboren wurde, ist nicht sicher. Die meisten Forscher halten die Daten, die sein Schüler Persaios in der Schrift Ἠθικαῖς σχολαῖς Ēthikais scholais nennt,[2] für am glaubwürdigsten.[1] Demnach war sein Geburtsjahr 333/332 v. Chr.[2]
Obwohl es Indizien dafür gibt, dass er semitischen Ursprungs war, war Zenon bereits von seinem Elternhaus her mit griechischer Sprache und Philosophie vertraut, so hat sein Vater von seinen Reisen etwa sokratische Schriften nach Kition mitgebracht.[1]
312/311[2] kam er nach Athen. Als ersten Philosophen hörte er dort den Kyniker Krates von Theben. Danach waren auch die Megariker Stilpon und Diodoros Kronos und schließlich der Akademiker Polemon seine Lehrer.[3]
Nach elf Jahren Studium begann Zenon 301/300[2] damit, selbst Philosophie zu lehren. In Ermangelung einer Alternative trafen sich er und seine Schüler in der Stoa poikilē („bemalte Säulenhalle“), die der philosophischen Schule der Stoa ihren Namen gab. Es ist nicht bekannt, wann sich die Stoa zu einer organisierten Schule formierte.[3]
Von seinen Werken hat sich keines erhalten, daher lässt sich seine Lehre nur aus späteren Überlieferungen rekonstruieren. Danach lehrte er, dass es Ziel des Menschen sein müsse, tugendhaft zu leben und nicht seinen Begierden nachzugeben (die Kathēkon-Lehre); den Wechselfällen des Lebens müsse man mit einer souverän-gelassenen, philosophischen, eben „stoischen“ Haltung ruhig begegnen. Das wichtigste Ideal seiner Philosophie ist die Apatheia, die er „die Abwesenheit von Affekten“ nannte. Sie ist nach Zenon am besten zu erreichen durch Indifferenz gegen Schmerz und Lust gleichermaßen. Durch Kontrolle der Affekte erwirbt der Stoiker aber nicht nur die Apatheia, sondern auch Weisheit. Der Mensch ist seiner Ansicht nach ein zur Vernunft fähiges Wesen, dem es prinzipiell möglich sei, herrschaftsfrei zu leben (siehe Anarchie).
Die wichtigste Quelle zu Zenon bildet Diogenes Laertios, der eine Reihe von Anekdoten über den Stoiker überliefert hat. Danach sei Zenon hager und asketisch mit einem etwas vernachlässigten Äußeren gewesen, was ihn in die Nähe der Kyniker rücken würde. Er war allerdings mit Persönlichkeiten wie Chremonides und Antigonos II. Gonatas befreundet.[4] 262/261 starb Zenon; er soll sich erhängt oder zu Tode gehungert haben, nachdem er sich eine leichte Verletzung zugezogen hatte.[5] Man richtete ihm ein prächtiges Begräbnis aus; sein positiver moralischer Einfluss insbesondere auf die Jugend wurde geschätzt.[6]
Werke
BearbeitenDiogenes Laertios’ Schriftenverzeichnis
BearbeitenDiogenes Laertios listet folgende 19 Titel auf:[7]
Ethische Schriften
Bearbeiten- Πολιτεία („Der Staat“)
- Περὶ τοῦ κατὰ φύσιν βίου („Über das naturgemäße Leben“)
- Περὶ ὁρμῆς ἢ Περὶ ἀνθρώπου φύσεως („Über Motivation oder Über die Natur des Menschen“)
- Περὶ παθῶν („Über die Leidenschaften“)
- Περὶ τοῦ καθήκοντος („Über das Angemessene“)
- Περὶ νόμου („Über das Gesetz“)
- Περὶ τῆς Ἑλληνικῆς παιδείας („Über griechische Erziehung“)
Physikalische Schriften
Bearbeiten- Περὶ ὄψεως („Über die Sicht“)
- Περὶ τοῦ ὅλου („Über das All“)
- Περὶ σημείων („Über sprachliche Zeichen“)
- Πυθαγορικά („Pythagoreisches“)
Logische Schriften
Bearbeiten- Καθολικά („Umfassendes“)
- Περὶ λέξεων („Über sprachliche Mittel“)
- Προβλημάτων Ὁμηρικῶν εʹ („5 Bücher über homerische Probleme“)
- Περὶ ποιητικῆς ἀκροάσεως („Über den Vortrag von Dichtung“)
Ohne Angabe eines Sachgebietes
Bearbeiten- Τέχνη („Handwerk“)
- Λύσεις („Lösungen“)
- Ἔλεγχοι βʹ („2 Bücher Argumentationen“)
- Ἄπομνημονεύματα Κράτητος ἠθικά („Kommentare des Krates zur Ethik“)
Weitere Titel
BearbeitenAußerdem sind folgende 6 Titel bekannt:[7]
Rezeption
BearbeitenZenon unterrichtete unter anderem Persaios von Kition, Ariston von Chios, Herillos aus Kalchedon, Dionysios Metathemenos, Kleanthes, Sphairos vom Borysthenes, Philonides von Theben, Kallipos von Korinth, Poseidonios von Alexandria, Athenodoros von Soloi und Zenon von Sidon.[5]
Literatur
Bearbeiten- Robert Bees: Zenons Politeia. Brill, Leiden 2011, ISBN 978-90-04-19202-7.
- Maximilian Forschner: Stoa, Stoizismus. In: Joachim Ritter (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 7, Basel/Stuttgart 1974, S. 176–185.
- Maximilian Forschner: Die ältere Stoa. In: Friedo Ricken (Hrsg.): Philosophen der Antike. Kohlhammer, Stuttgart/Berlin/Köln 1996, S. 24–39.
- Matthias Gatzemeier: Zenon von Kition, in: Jürgen Mittelstraß (Hrsg.): Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie. 2. Auflage. Band 8: Th – Z. Stuttgart, Metzler 2018, ISBN 978-3-476-02107-6, S. 662 f. (Lexikonartikel mit ausführlichem Literaturverzeichnis).
- Jean-Baptiste Gourinat, Jörn Lang: Zénon de Citium. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques. Band 7, CNRS Éditions, Paris 2018, ISBN 978-2-271-09024-9, S. 364–396
- Peter Steinmetz: Zenon aus Kition. In: Hellmut Flashar (Hrsg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike, Bd. 4/2: Die hellenistische Philosophie. Schwabe, Basel 1994, ISBN 3-7965-0930-4, S. 518–554
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b c Peter Steinmetz: Zenon aus Kition. In: Hellmut Flashar (Hrsg.): Die hellenistische Philosophie (= Die Philosophie der Antike. Band 4). Schwabe, Basel 1994, ISBN 3-7965-0930-4, S. 519.
- ↑ a b c d Peter Steinmetz: Zenon aus Kition. In: Hellmut Flashar (Hrsg.): Die hellenistische Philosophie (= Die Philosophie der Antike. Band 4). Schwabe, Basel 1994, ISBN 3-7965-0930-4, S. 518.
- ↑ a b Peter Steinmetz: Zenon aus Kition. In: Hellmut Flashar (Hrsg.): Die hellenistische Philosophie (= Die Philosophie der Antike. Band 4). Schwabe, Basel 1994, ISBN 3-7965-0930-4, S. 520.
- ↑ Peter Steinmetz: Zenon aus Kition. In: Hellmut Flashar (Hrsg.): Die hellenistische Philosophie (= Die Philosophie der Antike. Band 4). Schwabe, Basel 1994, ISBN 3-7965-0930-4, S. 520–521.
- ↑ a b Peter Steinmetz: Zenon aus Kition. In: Hellmut Flashar (Hrsg.): Die hellenistische Philosophie (= Die Philosophie der Antike. Band 4). Schwabe, Basel 1994, ISBN 3-7965-0930-4, S. 521.
- ↑ Diogenes Laertios, Über Leben und Lehren der Philosophen 7,10–12; 7,29.
- ↑ a b Peter Steinmetz: Zenon aus Kition. In: Hellmut Flashar (Hrsg.): Die hellenistische Philosophie (= Die Philosophie der Antike. Band 4). Schwabe, Basel 1994, ISBN 3-7965-0930-4, S. 521–522.
- ↑ Zenon von Kition im Gazetteer of Planetary Nomenclature der IAU (WGPSN) / USGS
Personendaten | |
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NAME | Zenon von Kition |
ALTERNATIVNAMEN | Zenon aus Kition |
KURZBESCHREIBUNG | griechischer Philosoph, Begründer der Stoa |
GEBURTSDATUM | unsicher: 333/332 v. Chr. |
GEBURTSORT | Kition |
STERBEDATUM | 262/261 v. Chr. |