Satz von Picard
Die Sätze von Picard (nach Émile Picard) sind Sätze der Funktionentheorie, eines Teilgebietes der Mathematik.
Sie lauten wie folgt:
- Der Kleine Satz von Picard besagt, dass das Bild jeder nicht-konstanten ganzen Funktion die gesamte komplexe Zahlenebene ist, aus der höchstens ein Punkt herausgenommen wurde.
- Der Große Satz von Picard besagt, dass eine holomorphe Funktion mit einer wesentlichen Singularität in jeder noch so kleinen Umgebung dieser Singularität jeden komplexen Wert mit höchstens einer Ausnahme unendlich oft annimmt.[1]
Bemerkungen
Bearbeiten- In beiden Sätzen ist die eventuelle „Ausnahme eines Punktes“ offenbar nötig. Zum Beispiel bildet nicht auf ab, ebenso ist nicht im Bild von einer jeden punktierten Umgebung von enthalten.
- Der Kleine Satz folgt sofort aus dem Großen Satz, denn eine ganze Funktion ist entweder ein Polynom oder sie hat eine wesentliche Singularität in .
- Der Große Satz verallgemeinert den Satz von Weierstraß-Casorati.
- Eine Vermutung von B. Elsner[2] ist mit dem Großen Satz von Picard verwandt: Seien offene zusammenhängende Teilmengen von , deren Vereinigung die punktierte offene Einheitskreisscheibe ist. Auf jedem sei eine schlichte (d. h. injektive holomorphe) Funktion gegeben, so dass auf jeder Schnittmenge . Dann verschmelzen die Differentiale zu einer meromorphen 1-Form auf der Einheitskreisscheibe . (Im Fall, dass das Residuum verschwindet, folgt die Vermutung aus dem Großen Satz.)
Beweis
BearbeitenMit Hilfe der Theorie der j-Funktion kann ein kurzer Beweis des kleinen Satzes von Picard gegeben werden. Unter der Annahme, sei ganz und lasse die beiden Werte aus, ist die Funktion
ganz und lässt die Werte 0 und 1 aus. Die j-Funktion bildet nun die mit Spitzen vereinigte obere Halbebene auf eine Riemannsche Fläche mit unendlich vielen Blättern und Verzweigungspunkten an den Bildpunkten und ab. Es folgt, dass ihre Inverse diese Riemannsche Fläche (ohne Einschränkung) auf den Abschluss des Standardfundamentalbereichs abbildet. Da für alle und und , bzw. , ist lokal analytisch für alle komplexen Werte außer 0 und 1. Daraus folgt, dass die Komposition
in jedem Punkt lokal analytisch ist, da gerade 0 und 1 auslässt. Damit lässt sich zu einer ganzen Funktion ausdehnen, für welche allerdings für alle gelten muss, da . Daraus folgt mit dem Satz von Liouville, dass und folglich auch konstant ist.
Literatur
Bearbeiten- Heinrich Behnke, Friedrich Sommer: Theorie der analytischen Funktionen einer komplexen Veränderlichen. 3. Auflage. Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg / New York 1965.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Heinrich Behnke, Friedrich Sommer: Theorie der analytischen Funktionen einer komplexen Veränderlichen. 3. Auflage. Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg / New York 1965, S. 490.
- ↑ Bernhard Elsner: Hyperelliptic action integral. In: Annales de l’institut Fourier. Band 49, Nr. 1, 1999, ISSN 1777-5310, S. 303–331, hier S. 330 (englisch, numdam.org [PDF; 2,0 MB; abgerufen am 9. September 2010]).