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Raimon Panikkar

indischer Theologe, Professor der Religionsphilosophie und Vertreter des interreligiösen Dialoges

Raimon Panikkar i Alemany (* 3. November 1918 in Barcelona; † 26. August 2010 in Tavertet, Provinz Barcelona)[1] war ein spanisch-katalanischer, römisch-katholischer Priester, Professor der Religionsphilosophie und bedeutender Vertreter des interreligiösen Dialoges. Internationale Bekanntheit erreichte er als Autor zahlreicher Bücher, die spirituelle und mystische Themen behandeln.

Raimon Panikkar, 2007

Biographie

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Raimon Panikkars Mutter war eine katholische Katalanin aus dem Bürgertum; sein Vater war Hindu, stammte aus Süd-Indien und arbeitete als Auslandsvertreter einer deutschen Firma in Barcelona. Nach dem Besuch einer Jesuitenschule studierte Panikkar Chemie und Philosophie an den Universitäten Barcelona, Bonn und Madrid, sowie Katholische Theologie in Madrid und Rom. Er besaß drei Doktortitel in Philosophie (1945), Chemie (1958) und in Theologie (1961, Päpstliche Lateranuniversität in Rom). 1946 empfing Raimon Panikkar die Priesterweihe für das Bistum Varanasi.[2]

Von 1946 bis 1953 war Raimon Panikkar Professor für Philosophie an der Universität Complutense Madrid. Ab 1953 arbeitete er über indische Philosophie und Hinduismus an den Universitäten von Mysore und Varanasi (Benares). Zu dieser Zeit begann er sich im christlich-hinduistischen Dialog zu engagieren. Nach einer Professur in Rom von 1962 bis 1963 lehrte er von 1967 bis 1971 an der Harvard University (USA), und von 1971 bis 1978 an der University of California, Santa Barbara. Panikkar gehörte seit seiner Priesterweihe dem Opus Dei an, von dem er sich 1966 im Streit abwandte.[3] Zuletzt lebte er in Tavertet (Comarca Osona), in den Bergen von Katalonien, in der Nähe Barcelonas. Panikkar hat über 30 Bücher und mehr als 900 Artikel geschrieben.

Sein Bruder Salvador Pániker ist ebenfalls ein bekannter Autor, Philosoph und Verleger.

Interkultureller Dialog

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Raimon Panikkars Arbeit ist in mehrfacher Hinsicht eine Vermittlung zwischen verschiedenen „Welten“. Zunächst versuchen viele seiner Schriften eine Verständigung zwischen der christlichen und der hinduistischen Tradition zu befördern, indem sie Gemeinsamkeiten deutlich machen. Dabei konzentriert sich Panikkar eher auf den spirituellen Teil der Religionen im Gegensatz etwa zu Hans Küng, der stärker die ethischen Grundlagen und Gemeinsamkeiten betrachtet. Panikkar sieht den religiösen Dialog immer auch im gesamten Kontext der Kultur, Philosophie und besonders der Spiritualität.

Ein echter Dialog ist demnach erst möglich, wenn man sich in „Liebe und Sympathie“ zueinander öffnen kann und dabei die Wirklichkeitserfahrung des anderen teilt. Panikkar will damit auf die Grenzen verweisen, die ein rein intellektueller Dialog mit sich bringt, da einige philosophische Grundannahmen, die der europäischen Geistesgeschichte selbstverständlich sind, vielen anderen Kulturen fremd sind. Dies führt ihn zur „Rückkehr zum Mythos“, der intellektuell und sprachlich nicht erschöpfend beschrieben und reduziert werden kann und dadurch zu einem verbindenden, weil umfassenden Element zwischen Menschen und Kulturen wird. So ist für Panikkar die Wirklichkeit immer reicher als jedes philosophische oder religiöse Konzept und jede interkulturelle Verständigung sollte deshalb auf der direkten Erfahrung der Lebenswirklichkeit und nicht auf intellektuellen Konzepten gründen.

Dabei geht es ihm nicht um eine Vermischung von Kulturen und Religionen. Auch ist es für niemanden notwendig, zu einer anderen Religion zu konvertieren. Vielmehr betont Panikkar die Möglichkeit für jeden Menschen, die eigene „Befreiung“ in seiner angestammten Religion finden zu können.

Theologie

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Panikkar spricht von einem trinitarischen Wesen der Wirklichkeit bestehend aus Mensch, Gott (oder göttliches Prinzip) und Kosmos. Keiner ist dabei ohne den anderen denkbar. Er richtet sich damit gegen ein rein anthropozentrisches Weltverständnis, in dem der Mensch als alleiniger Herrscher auch über den Menschen auftritt. Eine daraus folgende, umfassende Krise – sogar den dritten Weltkrieg – sieht er schon in den Lebensbedingungen der Armen in den Städten der dritten Welt. Die Lösung könne nur lauten, eine ganzheitliche „kosmotheandrische“ Sicht zu etablieren, die der „Welt“ ebenso Rechte zubilligt wie dem Menschen. Der praktische Weg dorthin sei eine Ganzheitserfahrung, wie sie einigen Kulturen noch selbstverständlich sei.

Philosophie und Ökosophie

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Ausgehend von seinen Arbeiten zum interkulturellen Dialog kritisiert Panikkar einseitig westliche Standards für eine komparative Philosophie. Ein sinnvoller Vergleich müsste von einem über-menschlichen Standpunkt aus erarbeitet werden, da der kulturspezifische, philosophische Standpunkt nicht vom Menschen getrennt werden könne.

Wie Arne Naess prägte auch Raimon Panikkar den Begriff Ökosophie. Bei Panikkar bezeichnet Ökosophie die Kunst des Umgangs mit der Natur. „Ökosophie“ sei eine ganzheitliche Sicht der Natur, die Menschen, Tiere und Pflanzen als Teile der Schöpfung bzw. als Mitschöpfung berücksichtige. Natur ist in ökosophischer Perspektive kein Objekt, sondern ein Subjekt. Die Bedürfnisse und Lebensäußerungen der Natur seien daher von den Menschen wahrzunehmen und zu berücksichtigen.[4] Nach Francis D’Sa[5][6] geht es in der Ökosophie für die Menschen darum, die Weisheit der Natur zu erkennen. So könne dann in einen symbiotischen Lebenszusammenhang getreten werden. In ökosophischer Perspektive wird die Welt als Gewebe begriffen, das aus drei Dimensionen geflochten ist, nämlich aus dem Göttlichen, dem Menschlichen und dem Kosmischen.

Deutsch

  • Kultmysterium in Hinduismus und Christentum. Ein Beitrag zur vergleichenden Religionstheologie. Karl Alber, Freiburg i. Br. und München 1964.
  • Rückkehr zum Mythos. Insel-Verlag, Frankfurt am Main 1985, ISBN 3-458-14241-X.
  • Den Mönch in sich entdecken. Kösel, München 1989, ISBN 3-466-20307-4.
  • Der neue religiöse Weg. Im Dialog der Religionen leben. Kösel, München 1990, ISBN 3-466-20320-1.
  • Der Weisheit eine Wohnung bereiten. Kösel, München 1991; überarbeitete und gekürzte Neuausgabe 2002 als Einführung in die Weisheit. Herder-Spektrum, Freiburg i. Br., ISBN 3-451-05256-3.
  • Gottes Schweigen. Die Antwort des Buddha für unsere Zeit. Übers. aus dem Span. von Susanne Schaup, Kösel, München 1992, ISBN 3-466-20359-7.
  • Trinität. Über das Zentrum menschlicher Erfahrung. Übers. aus dem Span. von Susanne Schaup, Kösel, München 1993, ISBN 3-466-20378-3.
  • Gott, Mensch und Welt: Die Drei-Einheit der Wirklichkeit. Verlag Via Nova, Petersberg 1999, ISBN 3-928632-40-X.
  • Christophanie. Erfahrung des Heiligen als Erscheinung Christi. Übers. aus dem Span. von Ruth Heimbach. Herder, Freiburg i. Br. 2006, ISBN 978-3-451-29097-8.

Literatur

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Deutsch

  • Klaus Butzenberger: Raimon Panikkars Buddhismusrezeption. In: Bernhard Nitsche (Hrsg.): Gottesdenken in religiöser Perspektive. Raimon Panikkars Trinitätstheologie in der Diskussion. Bonifatius Verlag, Frankfurt/M. 2005, S. 169-191, ISBN 3-87476-449-4.
  • Hans-Peter Dürr/Raimon Panikkar: Liebe – Urquelle des Kosmos  –  Ein Gespräch über Naturwissenschaft und Religion. Herder, Freiburg 2008, ISBN 978-3-451-05965-0. Der Band verdeutlicht den von Panikkar im interreligiösen Dialog hervorgehobenen Begriff der 'Kosmotheandrischen Vision'.
  • Bettina Bäumer (Hrsg.): Raimon Panikkar. Das Abenteuer Wirklichkeit. Gespräche über die geistige Transformation. Geführt mit Constantin von Barloewen und Axel Matthes. Matthes & Seitz, Berlin 2000, ISBN 3-88221804-5.
  • Francis X. D’Sa SJ: Mission des Dialogs. Eine hermeneutische Betrachtung. In: Thomas Franz, Hanjo Sauer (Hg.): Glaube in der Welt von heute. Theologie und Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Festschrift für Elmar Klinger. Bd. 2: Diskursfelder. Echter Verlag, Würzburg 2006, ISBN 978-3-429-02854-1, S. 370–388. (zu Panikkars Deutung von Religion als „Verstehen“ und Sprache einer Welt der Symbole)
  • Manuel Gogos: Raimon Panikkar. Matthias-Grünewald, Ostfildern 2000, ISBN 3786722765
  • Bernhard Nitsche: Gott – Welt – Mensch: Raimon Panikkars Gottesdenken – Paradigma Fur Eine Theologie in Interreligioser Perspektive? (Beitrage Zu Einer Theologie der Religionen 6), Theologischer Verlag Zürich, 2008, ISBN 978-3-290-17476-7.
  • Bernhard Nitsche (Hrsg.): Gottesdenken in interreligiöser Perspektive: Raimon Panikkars Trinitätstheologie in der Diskussion. Lembeck, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-87476-449-4.
  • Roland R. Ropers (Hrsg.): Gott, Mensch und Welt: Die Drei-Einheit der Wirklichkeit. Verlag Via Nova, Petersberg, 1999. ISBN 978-3-928632-40-9.

Englisch

  • Aporias in the comparative philosophy of religion, Man and World, vol 13, 1980, S. 357–83.
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Commons: Raimon Panikkar – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Muere el filósofo y escritor Raimon Panikkar a los 91 años
  2. Ralf Tooten: Augen der Weisheit. Das spirituelle Gesicht der Religionen. Herder, Freiburg im Breisgau 2002, ISBN 3-451-27011-0, S. 74.
  3. Victorino Pérez Prieto: El intento de recuperación de la figura de Panikkar por parte del Opus Dei. In: Religión Digital, 19. März 2018, abgerufen am 22. August 2019 (spanisch).
  4. Raimon Panikkar: Gott, Mensch und Welt. Verlag Via Nova, Petersberg 1999, S. 132.
  5. Francis Xavier D’Sa: Regenbogen der Offenbarung. Das Universum des Glaubens und das Pluriversum der Bekenntnisse. IKO - Verl. für Interkulturelle Kommunikation. Frankfurt am Main 2006.
  6. Raimon Panikkar: Ökosophie, oder: Der kosmotheandrische Umgang mit der Natur. In: Kessler, H. (Hrsg.): Ökologisches Weltethos im Dialog der Kulturen und Religionen. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1996, 58-66.