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Proserpina-Sarkophag

römischer Marmorsarkophag in der Aachener Domschatzkammer

Der Proserpina-Sarkophag ist ein römischer Marmorsarkophag aus der 1. Hälfte des 3. Jahrhunderts n. Chr., in dem möglicherweise Karl der Große am 28. Januar 814 im Aachener Dom bestattet wurde. Er ist heute in der Aachener Domschatzkammer ausgestellt.

Proserpina-Sarkophag, Aachener Domschatzkammer
Frontseite mit dem Hauptbild

Entstehung

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Der in einer stadtrömischen Werkstatt aus Carrara-Marmor gefertigte Sarkophag gehört zu einer großen Zahl[1] weiterer römischer Sarkophage mit der Darstellung des Raubes der Persephone. Lange Zeit wurde der Sarkophag ins späte 2. Jahrhundert n. Chr. datiert.[2] Seit 1982 überwiegen (divergierende) Datierungen in die 1. Hälfte des 3. Jahrhunderts.[3]

Beschreibung

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Der im inneren Bereich der Öffnung 205 cm lange, 50 cm breite und 49 cm tiefe Sarkophagkasten ist an der Frontseite mit einem aufwendigen, vielfigurigen Relief geschmückt, während die Schmalseiten jeweils von dreifigurigen Gruppen in Relief eingenommen werden. Ein 1843 entstandener[4] Transportbruch durchzieht das Frontrelief des ansonsten gut erhaltenen Sarkophagkastens. 1998 wurde der Sarkophag restauriert; dabei wurden alle Bruchstellen bündig geschlossen.[5] Der Sarkophagdeckel ist nicht erhalten.

Das Relief der frontalen Schauseite zeigt den Raub der Persephone und gibt in der dargestellten Szene 15 Götter und göttliche Wesen wieder. Die zentrale Gruppe der nach rechts bewegten Szene wird von Hades eingenommen, der Persephone auf seinem Wagen entführt. Unterstützt wird er von der hinter ihm zu sehenden Athena, Eros vor ihm weist ihm den Weg. Sein Wagen wird von einem Gespann aus vier Pferden gezogen. Geführt wird das Gespann von Hermes am rechten Rand des Reliefs, zwischen seinen Füßen ist der Höllenhund Kerberos zu sehen. Unter den Vorderhufen der Pferde erscheint der Gott der Unterwelt, Tartaros. In einem von Schlangen gezogenen Wagen verfolgt von links Demeter den Entführer ihrer Tochter. Eine kleinere Person lenkt den Wagen und treibt die Schlangen an, während Demeter zwei Fackeln in ihren Händen schwingt. Zwei ihrer Gehilfinnen sind vor ihr zu Boden gestürzt und versuchen, die Früchte ihrer umgefallenen Körbe zu schützen. Über ihnen schwebt Aphrodite, Verbündete des Hades bei seinem Raub.

Die linke Schmalseite zeigt zwei junge Mädchen und einen Jungen beim Pflücken von Blumen, während die vom Betrachter aus rechte Schmalseite von einem Früchte tragenden Jungen und zwei Schäfern eingenommen wird.

Wiederverwendung

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Ob Karl der Große bereits 814 in dem Proserpina-Sarkophag bestattet wurde, ist umstritten. Die Quellen zum Tod und zur Bestattung Karls des Großen erwähnen ihn nicht ausdrücklich. Trotzdem wurde angenommen, dass sich dieser Sarkophag unter „den Säulen und dem Marmor“ befunden haben könnte, die Karl laut Einhards Vita Caroli Magni, Kap. 26, aus Rom und Ravenna zum Bau seiner Pfalzkapelle nach Aachen bringen ließ. In diesem Fall wäre er in dem Sarkophag einem weströmischen Herrscher gleich bestattet worden. Im Jahr 840 wurde auch Karls Sohn Ludwig der Fromme in Metz in einem antiken Reliefsarkophag bestattet, allerdings nicht mit einer heidnischen, sondern einer christlichen Darstellung.[6]

Andererseits vermutete der Historiker Dieter Hägermann, dass der Proserpina-Sarkophag erst 1165 nach Aufdeckung des Karlsgrabes durch Friedrich Barbarossa verwendet wurde, um Karls Gebeine darin aufzubewahren. Zur Begründung führt Hägermann an, dass die Quellen zur Beisetzung Karls im Jahr 814 nichts von dem Sarkophag, dafür aber von der Bestattung Karls im Boden der Aachener Pfalzkapelle berichten. Dass man jedoch gerade einen so prächtigen reliefgeschmückten Marmorsarkophag im Kirchenboden versenkt haben sollte, hält Hägermann für unwahrscheinlich.[7]

Der Grund, warum man einen Sarkophag mit „heidnischen“ Motiven für die Gebeine eines christlichen Kaisers ausgewählt hat, könnte in einer christlichen Deutung der Persephone-Geschichte liegen: Die Tatsache, dass es Demeter im Fortgang des Mythos von der Entführung Persephones durch ihr Bitten gelang, dass ihrer Tochter für je zwei Drittel des Jahres die Rückkehr zur Erde gewährt wurde, ist möglicherweise als Hinweis auf die Auferstehung umgedeutet worden.

Spätestens im Jahr 1215 müssen die Gebeine Karls dem Sarkophag entnommen worden sein, denn seit diesem Jahr befinden sie sich im Karlsschrein. Von dieser Zeit an stand der leere Sarkophag im unteren Oktogonumgang des Aachener Münsters – nur die Vorderseite war durch ein Gitter sichtbar – vermutlich gemeinsam mit der heute in der Schatzkammer ausgestellten Holzfigur Karls aus dem 14. Jahrhundert, welche wohl Teil einer sogenannten Karlsmemorie war.

Im 16. Jahrhundert beschrieben Reisende erstmals das Aussehen des Sarkophags und erkannten ihn als Werk der Antike. Im Codex Coburgensis ist eine Zeichnung des Vorderseitenreliefs überliefert.[8][5][9] 1794 ließ Napoleon I. den Sarkophag zusammen mit den antiken Säulen des Münsters nach Paris bringen, 1815 kehrte er jedoch wieder nach Aachen zurück und wurde in der Nikolauskapelle aufgestellt, seit 1843 auf der der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Michaelsempore der Nikolauskapelle. Bei dem Versuch, den Sarkophag auf die Empore zu hieven, nahm er schweren Schaden. Ab 1972 stand er in der Karlskapelle,[4] und seit 1979 wird er in der Domschatzkammer gezeigt.

Anmerkungen

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  1. Guntram Koch, Hellmut Sichtermann: Römische Sarkophage (= Ulrich Hausmann [Hrsg.]: Handbuch der Archäologie). Verlag C. H. Beck, München 1982, ISBN 3-406-08709-4, S. 175: „etwa 90 fragmentierte oder vollständige Exemplare“
  2. Carl Robert: Einzelmythen. Dritte Abtheilung: Niobiden – Triptolemos. Ungedeutet (= Die antiken Sarkophagreliefs. Band 3.3). G. Grote’sche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1919, DNB 367778599, S. 467–469 Nr. 378 Taf. 122, hier S. 469 (uni-heidelberg.de): „Späte Antoninenzeit.“ – Ernst Günther Grimme: Der Aachener Domschatz. Mit einer Einführung von Erich Stephany. Photos: Ann Münchow (= Peter Ludwig [Hrsg.]: Aachener Kunstblätter. Band 42). 2., erweiterte und revidierte Auflage. Verlag L. Schwann, Düsseldorf 1973, S. 8 Kat. 3; 192–193 Taf. 3–4 (uni-heidelberg.de): „spätes 2. Jahrhundert n. Chr.“Erich Stephany: Aachen. Aufnahmen von Michael Jeiter (= Deutsche Lande, deutsche Kunst, begründet von Burkhard Meier). 3. Auflage. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 1983, ISBN 3-422-00129-8, S. 17–18 zu Tafel 12: „Mit Recht gilt dieser römische Sarkophag aus dem 2. Jahrhundert nach Chr. als der schönste im Rheinland.“ – Claudia Euskirchen, Olaf Gisbertz, Ulrich Schäfer u. a. (Bearbeiter): Nordrhein-Westfalen I: Rheinland (= Georg Dehio [Begründer], Dehio-Vereinigung [Hrsg.]: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler). Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2005, ISBN 3-422-03093-X, S. 24–25: „spätes 2. Jh.“Paul Zanker, Björn Christian Ewald: Mit Mythen leben. Die Bilderwelt der römischen Sarkophage. Hirmer Verlag, München 2004, ISBN 3-7774-9650-2, S. 12 Abb. 4: „späteres 2. Jh. n. Chr.“
  3. Guntram Koch, Hellmut Sichtermann: Römische Sarkophage (= Ulrich Hausmann [Hrsg.]: Handbuch der Archäologie). Verlag C. H. Beck, München 1982, ISBN 3-406-08709-4, S. 177: „Im frühen 3. Jh. sind die Kästen wieder niedriger und die Bewegungen und Falten erstarrt. (...) vielleicht um 220 n. Chr. folgt ein Fragment in Karlsruhe, wenig später (...) der Kasten in Aachen.“ – Theun-Mathias Schmidt: Proserpina-Sarkophag. In: Christoph Stiegemann, Matthias Wemhoff (Hrsg.): 799 – Kunst und Kultur der Karolingerzeit. Karl der Große und Papst Leo III. in Paderborn. Katalog der Ausstellung Paderborn 1999. Band 2. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1999, ISBN 3-8053-2456-1, S. 758–763 Kat. X.41 mit Abb. S. 416–417: „1. Viertel 3. Jahrhundert“. – Helmut Jung: Der Persephonesarkophag Karls des Großen. In: Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts. Band 117, 2002, S. 283–312 (Zusammenfassung online; Datierung in „die Jahre unmittelbar nach 240 n. Chr.“). – Michael Imhof, Christoph Winterer: Karl der Große – Leben und Wirkung, Kunst und Architektur. 3. Auflage. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2015, ISBN 3-932526-61-9, S. 69: „Anfang des 3. Jahrhunderts.“
  4. a b Ernst Günther Grimme: Der Aachener Domschatz. Mit einer Einführung von Erich Stephany. Photos: Ann Münchow (= Peter Ludwig [Hrsg.]: Aachener Kunstblätter. Band 42). 2., erweiterte und revidierte Auflage. Verlag L. Schwann, Düsseldorf 1973, S. 8 Kat. 3; 192–193 Taf. 3–4 (uni-heidelberg.de).
  5. a b Theun-Mathias Schmidt: Proserpina-Sarkophag. In: Christoph Stiegemann, Matthias Wemhoff (Hrsg.): 799 – Kunst und Kultur der Karolingerzeit. Karl der Große und Papst Leo III. in Paderborn. Katalog der Ausstellung Paderborn 1999. Band 2. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1999, ISBN 3-8053-2456-1, S. 758–763 Kat. X.41 mit Abb. S. 416–417.
  6. Theun-Mathias Schmidt: Fragmente eines Sarkophags mit dem Durchzug der Israeliten durch das Rote Meer. In: Christoph Stiegemann, Matthias Wemhoff (Hrsg.): 799 – Kunst und Kultur der Karolingerzeit. Karl der Große und Papst Leo III. in Paderborn. Katalog der Ausstellung Paderborn 1999. Band 2. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1999, ISBN 3-8053-2456-1, S. 763–766 Kat. X.42.
  7. Dieter Hägermann: Karl der Große, Herrscher des Abendlandes. Propyläen, München 2000, S. 628 ff.
  8. Carl Robert: Einzelmythen. Dritte Abtheilung: Niobiden – Triptolemos. Ungedeutet (= Die antiken Sarkophagreliefs. Band 3.3). G. Grote’sche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1919, DNB 367778599, S. 467–469 Nr. 378 Taf. 122 (uni-heidelberg.de, mit Abbildung der Zeichnung).
  9. Datenbankeintrag 159784 beim Census of Antique Works of Art and Architecture Known in the Renaissance.

Literatur

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Commons: Proserpina-Sarkophag – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 50° 46′ 30,1″ N, 6° 4′ 58,3″ O