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Joke van Leeuwen

niederländische Schriftstellerin

Joke van Leeuwen (* 24. September 1952 in Den Haag), eigentlich Johanna Rutgera van Leeuwen, ist eine niederländische Autorin, Illustratorin und Kabarettistin. Sie gilt als eine der bedeutendsten niederländischen Autoren der Gegenwart und wurde national wie international mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet, unter anderem 1988 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis und 2013 mit dem James Krüss Preis für internationale Kinder- und Jugendliteratur.

Joke van Leeuwen in ihrem Haus in Antwerpen, Januar 2008

Leben und Werk

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Van Leeuwen wurde in Den Haag geboren, studierte in Brüssel und Antwerpen Geschichte, Kunst und Grafik. Als Gewinnerin des angesehenen Delfter Kabarettfestivals präsentierte sie nach dem Studium ihre eigenen Kabarettprogramme. Mit De Appelmoesstraat is anders (1978) gab van Leeuwen ihr Debüt als Autorin und hat bis heute rund 60 Bücher verfasst – sowohl für Erwachsene, als auch für Jugendliche und Kinder. Für viele ihrer Bücher fertigt sie auch die Illustrationen an. In den Niederlanden kommen van Leeuwens Bücher vor allem bei den Verlagen Querido und Zwijsen heraus.

Im deutschsprachigen Raum sind 13 ihrer Bücher in Übersetzung erschienen: Ein Haus mit sieben Zimmern (1983), Magnus fährt U-Bahn (1985), Deesje macht das schon (1988), Die Geschichte von Bobbel, die in einem Wohnrad lebte und reich werden wollte (1989), Ist es nicht laut, dann ist es (1990), Viegelchen will fliegen (1999), Prinz Bussel (2002), Weißnich (2005), Jahre ohne Amrar (2006), Rissi – Das Kind, das alles wusste (2006), Hast du meine Schwester gesehn? (2008), Augenblick mal – Was wir sehen, wenn wir sehen, und warum (2012) und Als mein Vater ein Busch wurde und ich meinen Namen verlor (2012). Ihre Bücher wurden von Hanni Ehlers, Birgit Göckritz, Andrea Kluitmann, Helmut Mennicken, Mirjam Pressler und Marie-Thérèse Schins-Machleidt ins Deutsche übersetzt, wobei Hanni Ehlers mit sechs übersetzten Büchern ihre Stammübersetzerin ist. In Deutschland sind van Leeuwens Bücher bei Beltz & Gelberg, Gerstenberg Verlag, Hanser, Herold und Sauerländer erschienen. In den letzten Jahren brachte vor allem der Gerstenberg Verlag ihre Bücher in Deutschland heraus.

Mit Viegelchen will fliegen (1999), Prinz Bussel (2002), Rissi – Das Kind, das alles wusste (2006), Augenblick mal – Was wir sehen, wenn wir sehen, und warum (2012) und Als mein Vater ein Busch wurde und ich meinen Namen verlor (2012) sind derzeit nur fünf ihrer Bücher erwerbbar, alle anderen sind vergriffen. Van Leeuwens literarisches Werk wurde ins insgesamt 14 Sprachen übersetzt (Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Katalanisch, Italienisch, Slowenisch, Russisch, Dänisch, Schwedisch, Japanisch, Hebräisch, Georgisch, Türkisch).

 
Joke van Leeuwen (1986)

Van Leeuwen wurde für ihr literarisches Schaffen vielfach ausgezeichnet. Ihr in Deutschland vermutlich bekanntestes Buch, Deesje macht das schon, erhielt 1988 den Deutschen Jugendliteraturpreis in der Kategorie Kinderbuch. Charakteristisch ist hier wie auch in anderen ihrer Bücher ihr experimenteller Umgang mit Sprache, Typographie und Illustration. Nominierungen für den Deutschen Jugendliteraturpreis erhielt van Leeuwen 1986 für Magnus fährt U-Bahn, 2000 für Viegelchen will fliegen, 2006 für Weißnich und 2013 für Als mein Vater ein Busch wurde und ich meinen Namen verlor. Im Jahr 2000 bekam sie den mit 60.000 Euro dotierten Theo Thijssenprijs. 2002 wurde sie für den Hans Christian Andersen Award nominiert. Van Leeuwen erhielt außerdem zehn Mal einen Zilveren Griffel (1980, 1982, 1989, 1993, 1996, 1997, 1999, 2005, 2007, 2009) sowie einen Gouden Griffel (1986). 2013 erhielt sie den erstmals ausgeschriebenen James-Krüss-Preis für Internationale Kinder- und Jugendliteratur.[1]

Ihr Buch Viegelchen will fliegen wurde 2010 in den Niederlanden unter der Regie von Rita Horst mit einem Budget von vier Millionen Euro unter dem Titel Iep! (internationaler Titel: Eep!) verfilmt. Im März 2013 stellte sie ihre Bücher Augenblick mal – Was wir sehen, wenn wir sehen, und warum und Als mein Vater ein Busch wurde und ich meinen Namen verlor auf der Lit.Cologne vor, im September 2013 die gleichen Bücher im Kinder- und Jugendprogramm des 13. Internationalen Literaturfestivals Berlin. Im Rahmen dessen war sie auch Jurymitglied der Auszeichnung Das außergewöhnliche Buch.

Seit Januar 2014 ist van Leeuwen Präsidentin des PEN in Flandern.[2] Neben ihrer Tätigkeit als Autorin arbeitet van Leeuwen fürs Fernsehen und schreibt Theaterstücke. Sie lebt seit 2002 in Antwerpen.

Literarische Bedeutung

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Für Monika Osberghaus stellt sich van Leeuwens literarisches Schaffen wie folgt dar:

„Die niederländische Kinderbuchautorin und -zeichnerin Joke van Leeuwen schreibt nicht jedes Jahr ein neues Buch; es liegt immer eine so lange Zeit dazwischen, daß man erleichtert ist, wenn wieder etwas Neues kommt. Und jedesmal ist es wirklich etwas ganz Neues und zugleich eine Wiederbegegnung. Joke van Leeuwen macht es mit ihrem Gesamtwerk so wie mit jedem einzelnen Buch, das sie herausbringt: Sie erzählt eine immergleiche Geschichte auf so viele verschiedene Arten und Weisen, daß man am Ende zwar nicht genau weiß, welche nun die eigentliche Geschichte ist. Aber eines ist gewiß: Es gibt unendlich viele Möglichkeiten – angenehme und weniger angenehme –, es kann alles passieren, und man hat immer eine Wahl. Die immergleiche Geschichte der Variationsmeisterin Joke van Leeuwen handelt vom Verlorengehen und Gefundenwerden, vom Sichkümmern und Einanderversorgen, vom Glück, gebraucht zu werden, und von dem schwierigen, befreienden und kühlen Moment, in dem dieses Glück endet. Außerdem geht es immer um die große Freiheit der Entscheidung. Joke van Leeuwens Figuren sind in dieser Hinsicht sehr gelassen und genehmigen sich stets ein ausführliches, geradezu genießerisches Hin und Her.“

Monika Osberghaus: FAZ, 2005[3]

Auf die literarische Vielfalt von van Leeuwens schriftstellerischem und illustrativem Werk weist Wieland Freund hin:

„Talent ist unberechenbar: Unmöglich zu sagen, was Joke van Leeuwen als Nächstes macht. In den letzten Jahren hat die x-fach prämierte Niederländerin ein Pappbilderbuch veröffentlicht, auf dessen Seiten man nur so von Überraschung zu Überraschung stolpert, hat wie nebenbei eine kleine Schule des Sehens verfasst und mit Rissi – Das Kind, das alles wusste den einzig legitimen Nachfolgerroman von Roald Dahls wunderbarer Matilda geschrieben – eine herrlich absurde Geschichte über die Begabung im Zeitalter der Quiz-Show, von der beim besten Willen kein Weg zu van Leeuwens neuem Buch zu führen scheint. Denn Als mein Vater ein Busch wurde und ich meinen Namen verlor erzählt von Krieg, Verlust und Flucht.“

Wieland Freund: Die Welt, 2012[4]

Martina Wehlte vom Deutschlandfunk führte 2012 aus:

„Für die renommierte niederländische Schriftstellerin und Grafikerin ist ein erfindungsreicher, spielerischer Umgang mit der Sprache, und eine kongeniale Verbindung von Text und Zeichnung, in ihren dreieinhalb Schaffensjahrzehnten charakteristisch geworden. Ebenso wie Humor und ein Erproben immer neuer Sichtweisen, die den Blick auf scheinbar Eindeutiges schärfen und versteckte Sinnebenen oder manipulative Absichten erkennen lassen.“

Martina Wehlte[5]

Die Jury des James-Krüss-Preises für Internationale Kinder- und Jugendliteratur schreibt in ihrer Preisbegründung:

„Jedes ihrer Bücher ist ein kleines Gesamtkunstwerk. Die Autorin und Illustratorin beherrscht grandios sprachliche und visuelle Mittel. Mit großer Leichtigkeit wechselt sie zwischen der Text- und Bildebene, indem sie mit der Bildhaftigkeit von Sprache und der Zeichenhaftigkeit von Bildern spielt. Wie bei James Krüss zeichnet sich ihr Werk durch ein hohes Sprach- und Formengefühl, durch eine metaliterarische Qualität der Texte, in denen sie den Möglichkeitsraum von Literatur fantasievoll durchwandert, und durch eine große Sympathie für ihre kindlichen Protagonisten aus. Charakteristisch für Joke van Leeuwens Bücher ist ein frischer, respektloser und unbekümmerter Ton, mit dem sie Kindheit als eigenen Kosmos beschreibt, ohne diesen zu idealisieren oder zu verklären. Ihre Bücher besitzen eine gesellschaftskritische Tiefe und sprechen von einer leidenschaftlichen Parteinahme der Autorin für die Rechte des Kindes. Auch darin zeigt sich die literarische Verwandtschaft Joke van Leeuwens mit dem Namensgeber des Preises James Krüss.“[6]

Sybil Gräfin Schönfeldt führte aus:

„Eine Frau, hinter deren vogelleichten Wörtern sich die Stärke einer Unerschütterlichen verbirgt. […] Das ist Joke van Leeuwens Thema: das Kind inmitten der Welt. Das Kind, das diese Welt begreifen muss. Das Kind, das damit auch fertig werden muss, in dieser Welt wie in der Fremde zu leben. […] Joke van Leeuwen kann keine Geborgenheit versprechen. Ihre Romankinder müssen eine Stärke entwickeln, die sie trägt, und sie überrascht ihre Leser immer wieder wie ein Zauberer mit neuen Exempeln, neuen Bildern, neuen Figuren.“

Presseschau

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„Deesje macht das schon“ (1987)

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„Dieses Kinderbuch ist wie eine Collage angelegt. Mosaiksteinen vergleichbar, wechseln sich Prosatexte, Verse und schwarz-weiße Zeichnungen auf unterhaltsame Weise ab. Dabei übernehmen die Zeichnungen eine originär narrative Funktion. Die Fülle der in den Zeichnungen verankerten Perspektiven – in Aufsicht, Einsicht, Seitenansicht, Übersicht – macht vergnügtes Schauen möglich. Obwohl die völlig verwickelte Geschichte sich häufig bis ins Surrealistische steigert, hat sie doch einen roten Faden. Einen roten Faden, der Sinn und Spaß macht.“

Renate Sternchen: Die Zeit, 1987[8]

„Das ist ein schmales von 130 Seiten, aber in Wirklichkeit ein ganzer Kosmos. […] Man kann die Geschichte als ein Einmaleins der Kindererziehung betrachten. Man kann sich bestärkt fühlen, in das Lob der Langsamkeit und der Stille einzustimmen. Man kann die Leichtigkeit bewundern, mit der die Autorin mit Angst und Schrecken, mit Sehnsucht und Liebe spielt. Und wenn sie findet, dass ein Bild die Wörter ersetzen muss, dann zeichnet sie, und das so erstklassig, wie man es nicht mehr so oft in der Kinderliteratur zu sehen bekommt.“

„Viegelchen will fliegen“ (1999)

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„Eine vielschichtige, hintergründige Kindergeschichte über das Erwachsenwerden, über den Zwiespalt zwischen Liebe und Fürsorge einerseits und das Gewähren von Freiräumen zur Entwicklung andererseits. Ein Kinderroman über Lieben und Loslassen können – gleichermaßen phantasievoll in der Sprache und der bildnerischen Umsetzung. Die witzig-verspielten Zeichnungen illustrieren über den Text hinaus. Ein phantastisches Kinderbuch, komisch, poetisch, leicht und philosophisch zugleich.“

Jury des Deutschen Jugendliteraturpreises[10]

„Weißnich“ (2005)

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Weißnich ist ein – von Hanni Ehlers witzig übersetztes – Sprachprobierbuch, das zum Nachmachen anregt. Vor allem bieten Joke van Leeuwens Geschichten jedoch einen auch im rasant durchkomponierten Layout vergnüglich-sinnlichen und unangestrengten Literaturkurs mit gekonnter Rhythmisierung, ein Füllhorn voller Ideen, die auf phantasievolle Weise zeigen: So also funktionieren Geschichten.“

Jury des Deutschen Jugendliteraturpreises[11]

„Joke van Leeuwen […] blättert einen Strauß von Ideen auf, der für dreißig Bücher reicht. Mit Hilfe der Zauberformel »Es war einmal« geraten Weißnich und der Junge in stürmische und windstille Geschichten, in Science-Fiction-Storys und Fabeln, Geschichten mit Lücken und welche, die platzen. Doch die Wundertüte sammelt nicht nur denkbare Anfänge, sie enthält auch ein Kaleidoskop von Mal- und Bildstilen, das vom Comic bis zum Fotoalbum reicht. […] Es ist unübersehbar, dass die 1952 geborene Joke van Leeuwen Grafik und Geschichte(n) studierte, dass ihre Vorhang-auf-Vorhang-zu-Technik aus ihrer langen Erfahrung fürs Theater und Kabarett kommt. Und so ist das Sprachprobierbuch auch eine spannende Bilderflut voller Rätsel und kreativer Anregungen.“

Konrad Heidkamp: Die Zeit, 2005[12]

„Auf wunderbare Weise jongliert die niederländische Bilderbuchkünstlerin Joke van Leeuwen mit Zeichnungen, Fotos, Farben – und Buchstaben. […] Die Geschichten und Bilder haben einen doppelten Boden; sie sprechen von der Lust am Fabulieren und von der Sehnsucht nach Geborgenheit. Zauberhaft.“

Andrea Huber: Die Welt, 2005[13]

„Jahre ohne Amrar“ (2006)

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„Joke van Leeuwen ist ein präzises Porträt gelungen, das über die Schilderung eines individuellen Familienschicksals hinausgeht.“

Gabriele Kossack: FAZ, 2006[14]

„Geschichte mag man aus Sachbüchern lernen, tiefer aber prägen sich Geschichten ein. Vor allem, wenn große Schriftstellerinnen sie erzählen wie die vielfach preisgekrönte Niederländerin Joke van Leeuwen. Für hat sie eine Coautorin, Malika Blain aus Marokko, zugezogen, zu deren Familie Joke van Leeuwen als Mitglied von amnesty international jahrelang Kontakt hatte und auf deren Erzählungen und Zeugnissen der Roman basiert – Geschichte als Grundlage für Geschichten.“

Hilde Elisabeth Menzel: Die Zeit, 2006[15]

„Dieses Buch porträtiert einerseits die marokkanische Familie und zeigt auf liebevolle Art, wie die einzelnen Mitglieder mit der Situation umgehen, dabei aber vor allem zusammenhalten. Die Besonderheit liegt in der Schreibweise: Einfache Sätze, lustige Dialoge und ehrliche Gedankengänge sind ebenso schlicht wie ergreifend. Erschütternd und lustig zugleich reißt das Schicksal von Zima und ihrer Familie den Leser mit sich und informiert ganz nebenbei über eine schwierige und bewegte Zeit Marokkos.“

Nora Lenzen: Süddeutsche Zeitung, 2006[16]

„Rissi, das Kind, das alles wußte“ (2006)

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„Herzerfrischend komisch und zugleich voller Tiefgang erzählt Joke van Leeuwen von der (un)heimlichen Sehnsucht, etwas Besonderes zu sein. Es geht dabei um große Themen. Um Wissen und Nichtwissen, ums Fehlermachendürfen, um den Blick auf die berühmten Leute und nicht zuletzt um den ehrlichen Blick auf sich selbst. […] Joke van Leeuwen gewährt uns einen Blick hinter die Kulissen des Bühnendaseins. Heimlichkeiten, nächtliche Ängste, der anstrengende Spagat zwischen Schein und Sein – und tief im Herzen der Wunsch, von den Eltern einfach so geliebt zu werden, wie man ist.“

Cordula Gerndt: FAZ, 2006[17]

„Augenblick mal – Was wir sehen, wenn wir sehen, und warum“ (2012)

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„In ihrer wunderbaren Sehschule unternimmt die Niederländerin einen spielerischen Streifzug durch die Geschichte unserer wohl wichtigsten Kulturtechnik. Von Leonardo da Vincis Abendmahl zu Aufnahmen von Putin, von der antiken Plastik zum grell-bunten Comic: Die Illustratorin spürt quer durch die Jahrhunderte der Frage nach, wie unsere Wahrnehmung konstruiert – und manipuliert wird. Wie kann man mit wenigen Strichen Gefühle darstellen? Wie verändern Licht und Schatten, Perspektive und Ausschnitt die Wirkung eines Bildes? Die 13 Kapitel verändern unseren Blick auf die Welt.“

aba: Die Welt, 2012[18]

„Als mein Vater ein Busch wurde und ich meinen Namen verlor“ (2012)

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„Aus allen Zeilen quillt bedrohlich Fremdliches. Lesestoff für Kinder? Aber ja! Der Niederländerin Joke van Leeuwen gelingt hier ein Meisterstück. In schlichter Sprache erzählt sie von Angst und Verlorensein – ohne zu strapazieren. Ihre einfallsreiche, kesse Hauptfigur bringt uns zum Weinen, wenn sie sich nach Normalität sehnt, und zum Lachen, wenn sie sich vorstellt, wie sich Feind und Feind, als Büsche getarnt, ratlos gegenübersitzen. Ihre Geschichte stünde ‚mit beiden Beinen in der Wirklichkeit‘, sagt Joke van Leeuwen – vielleicht, weil sie und ihre Familie wiederholt Flüchtlinge aufgenommen haben, weil es sie beschäftigt, was Heimatlosigkeit bedeutet.“

Annemarie Schickert: Die Zeit, 2012[19]

„Dass solche Szenen einerseits mit geradezu brutaler Direktheit beschrieben werden können und, andererseits, doch auszuhalten bleiben, verdankt sich einzig und allein Joke van Leeuwens kindlicher Erzählerin, der, einerseits, die rhetorischen Mittel fehlen, um um den heißen Brei herum zu reden, und die, andererseits, schon ihrem Wesen nach von buchstäblich entwaffnender Offenheit ist.“

Monika Osberghaus: FAZ, 2005[20]

„Die Niederländerin Joke van Leeuwen ist nicht nur eine der originellsten, sondern auch eine der mutigsten Kinderbuchautoren der Gegenwart. […] Joke van Leeuwen versteht die Kunst, die Spannung auf engstem Raum ins Unerträgliche wachsen zu lassen. Wenn Toda auch ungeschoren davonkommt, so bleibt es ihr doch nicht erspart, schuldig zu werden. Mit der trivialen Rubrik der Mutmacherbücher hat dieses Buch nichts zu schaffen. Hier haben wir es mit existenziellem Schreiben zu tun: Joke van Leeuwen packt die Angst ihrer Leser beim Schopf. Gerade weil diese oft Mut brauchen, um weiterzulesen, vermittelt das Buch Lebensmut.“

Sieglinde Geisel: NZZ, 2012[21]

„Eine parabelhafte Geschichte über einen Krieg, der eine Familie zerrissen hat, über Flüchtlinge, Fluchtwege, Woanders und Anders sein, erzählt aus der Perspektive eines Mädchens. Es werden weder ein konkretes Land noch irgendwelche Ursachen benannt, es gibt keinerlei Parteilichkeit außer der persönlichen Bindung, die fremde Sprache ist eine künstliche – eine sehr ungewöhnliche Perspektive, die es erlaubt, sich auf das Wesentliche, nämlich die menschlichen Beziehungen, zu konzentrieren. Absurd und wahrhaftig zugleich – ein sehr gelungener Beitrag zu einem hochaktuellen Thema.“

Heike Brandt: Kulturradio, 2012[22]

„Joke van Leeuwen hat das Kunststück vollbracht, ein Buch zum Lachen und Weinen, zum Mitfiebern und Nachdenken zu schreiben. Ein kluges Buch über den Krieg, der weit weg ist und doch so nah. Ein Buch, das Kinder verstehen. Und sogar Erwachsene.“

„Allein für den Satz ‚Draußen tat die Sonne so, als ob es uns gutging‘ verdienten die niederländische Autorin Joke van Leeuwen und ihre Übersetzerin Hanni Ehlers einen Preis für die treffendste Beschreibung eines heiklen Zustands: der Gemütsverfassung der achtjährigen Toda in der Erzählung Als mein Vater ein Busch wurde und ich meinen Namen verlor. […] Gleichzeitig enthält die Geschichte – dank der naiven, grundehrlichen Erzählweise – eine zarte ironische Note, die zwar nicht der kleinen Toda bewusst ist, den etwas erfahreneren Lesern aber allemal. Ohne künstliche Dramatisierung werden Angst, Weltsicht und Hoffnungen eines Kindes offenbart, egal, wo es lebt.“

Siggi Seuss: Süddeutsche Zeitung, 2013[24]

„Die Erfahrung, jemand von woanders zu sein, dem man mit Misstrauen, offener Feindseligkeit oder aufgesetzter Freundlichkeit begegnet, macht die kindliche Ich-Erzählerin aufgrund eines Krieges, der sie dazu zwingt, ihre Heimat zu verlassen. Die konsequent durchgehaltene kindliche Weltsicht und die schnörkellos nüchterne Sprache machen die Absurdität des Geschehens deutlich, das in einem fiktiven, gleichsam zeit- und ortlosen Raum angesiedelt wurde. Die Protagonistin nennt die Dinge bei ihren Namen und nimmt die Namen wörtlich. Indem sie Euphemismen, gefühliges Pathos und Bildsprache unterläuft, torpediert sie das uneigentliche Sprechen der Erwachsenen. In ihrer entlarvenden Naivität und schonungslosen Konkretheit scheinen die Illustrationen der Verfasserin eine ähnliche Strategie zu verfolgen. Auf diese Weise wird das Grauen auch komisiert, manche Schilderungen lösen ein Lachen aus, das im Halse stecken bleibt. Joke van Leeuwen ist hier eine gänzlich unplakative Parabel gegen den Krieg gelungen, die durch die spannungsreiche Verbindung von sinnlicher Konkretion und symbolhafter Verdichtung überzeugt. Ein vielschichtiger Text, der – besonders mit Blick auf die Komik und auf die Sprache – unterschiedliche Lesarten zulässt.“

Jury des Deutschen Jugendliteraturpreises 2013[25]

„Joke van Leeuwen ist eine ungewöhnliche Schriftstellerin und auch ihr neuer Kinderroman Als mein Vater ein Busch wurde und ich meinen Namen verlor bietet trotz der farbigen Covergestaltung keine ‚leichte Kost‘. […] Krieg, Verlust der Heimat und der Muttersprache sind komplexe Themen, die nicht ungewöhnlich in der Kinderliteratur sind. Doch Joke van Leeuwen nähert sich dem Themenfeld auf eine Art und Weise, die zumindest auf den ersten Blick irritiert. Der Leser bzw. die Leserin kann nicht erahnen, um welchen Krieg es sich handelt und auch nicht, an welchem Ort die Handlung schließlich stattfindet. Weder die Illustrationen noch die Sprache in der Exilheimat liefern Hinweise. Gerade das aber macht den Roman aus, bietet er so doch die Möglichkeit, allgemein über Krieg und über den Verlust von Heimat und Sprache nachzudenken. […] Als mein Vater ein Busch wurde und ich meinen Namen verlor ist ein schwieriges, irritierendes und zugleich poetisches Kinderbuch, das das Potential von Kinderliteratur unterstreicht.“

Jana Mikota: Fachverband Deutsch, 2013[26]

Publikationen

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Nominierungen / Auszeichnungen

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Jahr Auszeichnung ausgezeichnetes Buch Kommentar
1980 Zilveren Griffel Ein Haus mit sieben Zimmern
1982 Zilveren Griffel Magnus fährt U-Bahn
1986 Nominierung für den Deutschen Jugendliteraturpreis in der Kategorie Kinderbuch Magnus fährt U-Bahn
1986 Gouden Griffel Deesje macht das schon
1986 Zilveren Penseel Deesje macht das schon
1987 Luchs des Monats im November Deesje macht das schon
1988 Deutscher Jugendliteraturpreis in der Kategorie Kinderbuch Deesje macht das schon
1989 Zilveren Griffel We zijn allang begonnen, maar nu begint het echt
1993 Zilveren Griffel Niet wiet, wel nel
1996 Zilveren Griffel Ik ben ik
1997 Woutertje Pieterse Prijs Viegelchen will fliegen
1997 Goldene Eule Viegelchen will fliegen
1997 Zilveren Griffel Viegelchen will fliegen
1999 Woutertje Pieterse Prijs Jahre ohne Amrar
1999 Zilveren Griffel Prinz Bussel
2000 Nominierung für den Deutschen Jugendliteraturpreis in der Kategorie Kinderbuch Viegelchen will fliegen
2000 Theo Thijssenprijs Gesamtwerk Dotierung: 60.000 €
2002 Nominierung für den Hans Christian Andersen Award Gesamtwerk
2005 Luchs des Monats im Februar Weißnich
2005 Buch des Monats des Instituts für Jugendliteratur im Mai Weißnich
2005 Zilveren Griffel Waarom een buitenboordmotor eenzaam is
2006 Nominierung für den Deutschen Jugendliteraturpreis in der Kategorie Kinderbuch Weißnich
2006 Die besten 7 Bücher für junge Leser im Mai Rissi – Das Kind, das alles wusste
2007 Empfehlung der Jury des Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreises Jahre ohne Amrar zusammen mit 14 anderen Büchern empfohlen, einen Preisträger gab es in diesem Jahr nicht
2007 Bücherwelpe beim Bücherlöwen Hast du meine Schwester gesehn?
2007 Zilveren Griffel Hast du meine Schwester gesehn?
2009 Empfehlungsliste der Luchs-Jury im Juni[27] Hast du meine Schwester gesehn?
2009 Nebenpreis beim AKO Literatuurprijs Alles nieuw
2009 Zilveren Griffel Augenblick mal – Was wir sehen, wenn wir sehen, und warum
2012 Constantijn Huygensprijs Lebenswerk
2013 Nominierung für den Deutschen Jugendliteraturpreis Als mein Vater ein Busch wurde und ich meinen Namen verlor
2013 James-Krüss-Preis für Internationale Kinder- und Jugendliteratur[28] Lebenswerk Jury: Roswitha Budeus-Budde, Robert Elstner, Emer O’Sullivan, Michael Schmitt, Christiane Raabe
2013 AKO Literatuurprijs[29] Feest van het begin Dotierung: 50.000 €
2018 Zilveren Griffel Toen ik

Weitere Auszeichnungen:

  • 1980: Gouden Penseel, für Een huis met zeven kamers
  • 1995: C. Buddingh'-prijs, Laatste lezers
  • 1999: Libris Woutertje Pieterseprijs, für Bezoekjaren
  • 1999: Jany Smelik Ibby-prijs für Bezoekjaren
  • 2004: Die besten 7 Bücher für junge Leser, für Kweenie
  • 2005.. Plantin-Moretusprijs, für Waarom een buitenboordmotor eenzaam is
  • 2007: Herman de Coninckprijs, für Andermans Hond
  • 2007: Gouden Penseel, für Heb je mijn zusje gezien
  • 2010: Gouden Ganzenveer, für das Gesamtwerk

Theateraufführungen

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Festivalteilnahmen

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Literatur

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Einzelnachweise

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  1. James Krüss Preis geht an Joke van Leeuwen
  2. tzum.info
  3. Monika Osberghaus: Ich weiß nicht, wer ich bin. In: FAZ, 16. März 2005.
  4. Wieland Freund: So ist das, wenn man flüchten muss. In: Die Welt. 11. August 2012.
  5. Martina Wehlte: Warum wir Dinge manchmal buchstäblich falsch sehen – Zwei Bücher der niederländischen Schriftstellerin Joke van Leeuwens. Deutschlandfunk, 21. Juli 2012.
  6. James Krüss Preis geht an Joke van Leeuwen
  7. Sybil Gräfin Schönfeldt: Das Kind inmitten der Welt. In: Süddeutsche Zeitung. 9. August 2013, S. 30.
  8. Renate Sternchen: Luchs 14. In: Die Zeit, Nr. 46/1987
  9. Sybil Gräfin Schönfeldt: Das Kind inmitten der Welt. In: Süddeutsche Zeitung. 9. August 2013, S. 30.
  10. djlp.jugendliteratur.org
  11. djlp.jugendliteratur.org
  12. Konrad Heidkamp: Es ist einmal – und andere seltsame Anfänge. In: Die Zeit, Nr. 7/2005
  13. Andrea Huber: Kurz und knapp. In: Die Welt. 11. Juni 2005.
  14. Gabriele Kossack: Als die großen Brüder fehlten. In: FAZ, 16. September 2006.
  15. Hilde Elisabeth Menzel: Revolution im himmelblauen Schrank. In: Die Zeit, Nr. 16/2006
  16. Nora Lenzen: Jahre ohne Amrar. In: Süddeutsche Zeitung. 28. April 2006.
  17. Cordula Gerndt: Geld, Matsch oder Liebe. In: FAZ, 15. März 2006.
  18. Komm, wir machen uns ein Bild. In: Die Welt. 7. April 2012.
  19. Schickert: Versteck mich! Wie erzählt man Kindern von Krieg und Flucht? So! In: Die Zeit, Nr. 47/2012, S. 50.
  20. Monika Osberghaus: Ich weiß nicht, wer ich bin. In: FAZ, 16. März 2005.
  21. Sieglinde Geisel: Die Angst beim Schopf packen – «Als mein Vater ein Busch wurde» – Joke van Leeuwens aussergewöhnlicher Kinderroman. In: NZZ, 7. Juli 2012.
  22. Heike Brandt: Lesestoff – Joke van Leeuwen: „Als mein Vater ein Busch wurde und ich meinen Namen verlor“. (Memento vom 26. Juni 2013 im Internet Archive) Kulturradio, 7. November 2012.
  23. Ralf Mielke: Keine Angst! In: Berliner Zeitung. 19. September 2012.
  24. Siggi Seuss: ++Mit den Augen eines Kindes Joke van Leeuwens Erzählung vom Krieg. In: Süddeutsche Zeitung. 16. Juli 2013, abgerufen am 14. August 2020.
  25. Als mein Vater ein Busch wurde und ich meinen Namen verlor. djlp.jugendliteratur.org
  26. Jana Mikota: Deutscher Jugendliteraturpreis 2013 – Nominierungen in der Sparte „Kinderbuch“. Fachverband Deutsch, 6. Mai 2013.
  27. Luchs. In: Die Zeit, Nr. 29/2008
  28. James Krüss Preis geht an Joke van Leeuwen
  29. nos.nl
  30. theater-pfuetze.de (PDF)
  31. schauspielhaus.de
  32. t-online.de