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Cornelius Gurlitt (Kunsthistoriker)

deutscher Kunsthistoriker und Architekt 1850-1939

Cornelius Gustav Gurlitt (* 1. Januar 1850 in Nischwitz; † 25. März 1938 in Dresden) war ein deutscher Architekt und Kunsthistoriker.

Cornelius Gurlitt als Rektor der TH Dresden 1905 in seinem Arbeitszimmer.

Leben und Wirken

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Das Gurlitthaus in Nischwitz, Geburtshaus Cornelius Gurlitts

Cornelius Gurlitt wurde als drittes von sieben Kindern des Landschaftsmalers Louis Gurlitt und dessen Frau Elisabeth, geb. Lewald, einer Schwester der Schriftstellerin Fanny Lewald, in Nischwitz bei Wurzen geboren. Weitere Mitglieder der Familie Gurlitt waren künstlerisch und wissenschaftlich tätig; so war der Namenspate Gustav Cornelius Gurlitt, ein Onkel väterlicherseits, ein bekannter Komponist und Musiktheoretiker.

Schon als Jugendlicher entschloss sich Cornelius Gurlitt, Architekt zu werden. Nach dem Besuch der Berliner Bauakademie lernte er in Gotha bei Ludwig Bohnstedt, bevor er 1868 in Wien ins Architekturbüro von Emil von Förster eintrat. Es folgten unstete Jahre am Polytechnikum Stuttgart, als Freiwilliger im Deutsch-Französischen Krieg 1870/1871 und in Architekten-Ateliers in Kassel und Dresden, bevor er sich im Zuge des Baus der Muldentalbahn für Bau- und Kunstgeschichte zu interessieren begann. In den folgenden Jahren veröffentlichte Cornelius Gurlitt zahlreiche Beiträge in Zeitungen und Zeitschriften, hielt Vorträge und schrieb Broschüren zur Architektur der Stadt Dresden. Sein unermüdliches Engagement für die Stadt und ihre Bau- und Kunstgeschichte führte 1878 zum Angebot einer Assistentenstelle im Kunstgewerbemuseum Dresden, die Gurlitt bis 1887 innehatte.

 
Grab von Cornelius Gurlitt, seiner Frau und seiner Tochter auf dem Johannisfriedhof in Dresden.

In den nächsten drei Jahren erschien mit einer dreibändigen Geschichte des Barock seine erste wichtige Veröffentlichung. Mit einer umfangreichen und positiven Darstellung der kunsthistorischen Epoche führte die Arbeit zu einer Neubewertung des Stils, der zuvor als verschwenderisch abgewertet worden war. Im Jahr 1889 arbeitete Cornelius Gurlitt für eine kurze Zeit als Privatdozent an der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg, bevor er 1893 als Nachfolger von Richard Steche außerordentlicher Professor am Lehrstuhl für Geschichte der technischen Künste an der drei Jahre zuvor gegründeten Königlich Sächsischen Technischen Hochschule in Dresden wurde. Mit der Professur war ebenfalls die Übernahme der Inventarisierung der Kunstdenkmäler in Sachsen, die 1881 vom Sächsischen Altertumsverein ins Leben gerufen worden war, verbunden. Durch Richard Steche entstanden bis zu dessen Tod 15 Bände, Gurlitt setzte diese als Inventarisator bis Band 41 fort, mit dem die Reihe 1923 abgeschlossen wurde. Wichtig war dabei, dass er „noch selbst vor Ort ging, selbst recherchierte, Maße nahm, Skizzen fertigte, Fotos machte. Mit einem Wort: Im Gegensatz zu vielen anderen Kunsthistorikern kannte Cornelius Gurlitt die Bauwerke, die er beschrieben hat.“[1] Er erhielt am 11. Dezember 1875 das Patent zum Leutnant der Landwehr-Jäger beim Landwehr-Bezirk Leipzig II und wurde am 24. Mai 1892 zur Disposition gestellt.[2]

Erst 1899 wurde Cornelius Gurlitt zum ordentlichen Professor berufen. Im folgenden Jahr wurde die Technische Hochschule Dresden auf seine Initiative die erste, die Architekten die Möglichkeit der Promotion zum Dr.-Ing. bot. Gurlitts erster Doktorand war der seit 1896 in England lebende Hermann Muthesius mit der 60-seitigen Dissertation Der Kirchenbau der englischen Secten.[3] Gurlitt war auch Doktorvater von Leo Adler, der 1920 über Beiträge zu einer Entwicklungsgeschichte der Baukunst an der TU Dresden promovierte.[4] Ab 1902 hielt Gurlitt als einer der ersten an einer Technischen Hochschule Vorlesungen zum Städtebau. Für das Jahr 1904/1905 wurde er zum Rektor der Hochschule gewählt. Das auf ein Studienjahr begrenzte Amt hatte er nochmals 1915/1916 inne. Unter sein Rektorat fiel u. a. die Planung der im Sommer 1905 eingeweihten Gebäude der mechanischen Abteilung der Technischen Hochschule Dresden, heute u. a. Berndt-Bau und Zeuner-Bau.

Mit 70 Jahren endete Cornelius Gurlitts Tätigkeit als Professor an der Technischen Hochschule Dresden, doch auch seine letzten Lebensjahre waren arbeitsreich. Von 1920 bis 1926 war Gurlitt Präsident des Bundes Deutscher Architekten (BDA), den er 1903 mitgegründet hatte. Im Jahr 1922 wurde er Gründungspräsident der Freien Akademie des Städtebaus. Es folgten zahlreiche Buchveröffentlichungen. Im Dritten Reich galt Cornelius Gurlitt, der zu Beginn noch mit Adolf Hitler sympathisiert hatte, wegen der Herkunft seiner Mutter als Halbjude. Nach seinem Tod im März 1938 gab es deshalb keine offiziellen Würdigungen.

Cornelius Gurlitt wurde neben seiner Tochter Cornelia auf dem Dresdner Johannisfriedhof (3F) beigesetzt.

Ein Teil seines Nachlasses befindet sich seit 1996 im Universitätsarchiv der Technischen Universität Dresden.[5]

Würdigung, Ehrungen, Nachlass

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Cornelius-Gurlitt-Straße in Dresden

Cornelius Gurlitt gilt heute als Begründer der kunsthistorischen Barockforschung und als Begründer der sächsischen Denkmalpflege. Er gehörte der Kommission des 1900 in Dresden abgehaltenen ersten deutschen Tags für Denkmalpflege an, die Georg Dehio mit der Erstellung eines Handbuchs der deutschen Kunstdenkmäler beauftragte.[6]

Gurlitt unterstützte das Konzept einer „schöpferischen Denkmalpflege“ in den damals zeitgemäßen Formen des Jugendstils wie etwa am Schutzbau für die Goldene Pforte und einen Entwurf von Bruno Schmitz für einen Breitwestturm am Freiberger Dom, der wenig später als maßstabslos kritisiert wurde. Er bekämpfte seinerseits erbittert die Entwürfe Carl Schäfers für die Vollendung der Westtürme am Meißner Dom, die inzwischen allgemein als Baudenkmal anerkannt sind.[7] Andererseits kämpfte er um den Erhalt der mehrfach vom Abriss bedrohten Kreuzgänge am Freiberger Dom, wodurch dieser seinen fragmentarischen, uneinheitlichen Charakter bis heute behielt.

Die Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung, die aus der Freien Akademie für Städtebau hervorgegangen ist, verleiht zur Erinnerung an ihren Gründungspräsidenten seit 1954 die Cornelius-Gurlitt-Denkmünze für besondere Verdienste um den Städtebau.[8]

Einige Werke Cornelius Gurlitts finden auch heute noch wissenschaftliches Interesse: Neben seinem Werk zum Barock und der Inventarisierung der Bau- und Kunstdenkmäler Sachsens zählt dazu auch sein großes Alterswerk über August den Starken, das er 1924 beendete.

Cornelius Gurlitt stand in regem Kontakt zu bedeutenden Künstlerpersönlichkeiten seiner Zeit, so z. B. Paul Wallot, Arno Holz, Max Klinger oder Alfred Lichtwark.

Teile des schriftlichen Nachlasses Cornelius Gurlitts befinden sich im Besitz des Archivs der Technischen Universität Dresden.[5]

Im Süden Dresdens trägt heute eine Straße seinen Namen. Auch eine Straße im Dortmunder Stadtteil Aplerbeck wurde nach ihm benannt.[9]

Cornelius Gurlitt heiratete 1888 Marie Gerlach (1859–1949), Tochter des Justizrats Ferdinand Heinrich Gerlach. Der Ehe entstammten der Musikwissenschaftler Wilibald Gurlitt (1889–1963), die Malerin Cornelia Gurlitt (1890–1919) sowie der Kunsthistoriker und Kunsthändler Hildebrand Gurlitt (1895–1956), Vater des Kunstsammlers Cornelius Gurlitt (1932–2014).

Veröffentlichungen (Auswahl)

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Cornelius Gurlitt war – ganz gleich in welcher aktuellen Funktion – bis ins hohe Alter dauerhaft publizistisch aktiv. Mit mehr als 100 Büchern wurde er zum wohl bedeutsamsten Kunsthistoriker Sachsens. Eine von seinem Sohn Hildebrand Gurlitt erstellte Auflistung aller Veröffentlichungen von Cornelius Gurlitt umfasst 16 Manuskriptseiten.[1]

Literatur

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  • Otto SchubertGurlitt, Cornelius. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, ISBN 3-428-00188-5, S. 327 f. (Digitalisat).
  • Hans Petzold (Hrsg.): Cornelius Gurlitt. Lehrer und Förderer der städtebaulichen Aus- und Weiterbildung an der Technischen Hochschule Dresden. Institut für Ökologische Raumentwicklung e. V., Dresden 1997.
  • Jürgen Paul: Cornelius Gurlitt. Hellerau-Verlag, Dresden 2003, ISBN 3-910184-79-0.
  • Matthias Lienert (Hrsg.): Cornelius Gurlitt (1850 bis 1938). Sechs Jahrzehnte Zeit- und Familiengeschichte in Briefen (= Bausteine aus dem Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde, Band 10). Thelem, Dresden 2008, ISBN 978-3-939888-37-6.
  • Gurlitt, Cornelius. In: Robert Volz: Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft. Das Handbuch der Persönlichkeiten in Wort und Bild. Band 1: A–K. Deutscher Wirtschaftsverlag, Berlin 1930, DNB 453960286, S. 616 f.
  • Gurlitt, Cornelius. In: Die Kunstwissenschaft der Gegenwart in Selbstdarstellungen; Cornelius Gurlitt, Carl Neumann, A. Kingsley Porter, Julius von Schlosser, August Schmarsow, Josef Strzygowski. Felix Meiner Verlag, Leipzig 1924, Digitalisat
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Commons: Cornelius Gurlitt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Cornelius Gurlitt – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

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  1. a b Wulf Skaun: Kunsthistoriker aus Nischwitz. Cornelius Gurlitt (1850–1938) als Denkmalpfleger neu zu entdecken. In: Leipziger Volkszeitung, Regionalteil Muldentalkurier, 23. Dezember 2013, S. 29.
  2. SLUB Dresden: Rangliste der Königlich-Sächsischen Armee. Abgerufen am 18. November 2023 (deutsch).
  3. Bibliographie der an den deutschen Technischen Hochschulen erschienenen Doktor-Ingenieur-Dissertationen 1900-1910. Springer 1913. S. 74 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Myra Warhaftig: Der Aufstieg und der Fall des „Neuen Bauens“ – Zu Leo Adlers Zeitdokumentation. In: Leo Adler (Hrsg.): Neuzeitliche Miethäuser und Siedlungen. Gebr. Mann, Berlin 1998, ISBN 3-7861-1845-0, S. 277.
  5. a b Nowak, Wiese: Nachlaß C. Gurlitt. (MS Word; 1,5 MB) Dresden 2007. (Nachlassverzeichnis auf tu-dresden.de, abgerufen am 11. Juni 2023.)
  6. Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Band I. Mitteldeutschland. Berlin 1905, S. III.
  7. Geschichte der Denkmalpflege. Sachsen. Verlag für Bauwesen, Berlin 1989, ISBN 3-345-00292-2, S. 128–129.
  8. Stephan Prager: Die Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung – Rückblick und Ausblick 1922–1955. Verlag Ernst Wasmuth, Tübingen 1955, S. 153
  9. Straßennamen im Stadtbezirk Aplerbeck, auf aplerbeck.de, abgerufen am 10. Juni 2023.