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Schelmuffskys Reisebeschreibung: Band 149
Schelmuffskys Reisebeschreibung: Band 149
Schelmuffskys Reisebeschreibung: Band 149
eBook156 Seiten2 Stunden

Schelmuffskys Reisebeschreibung: Band 149

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Über dieses E-Book

Christian Reuters Reisebeschreibungen des Schelmuffsky erschienen 1696 und 1697. Reuter nahm in seinen Erzählungen zwischen Schelmenroman und Kleinbürgersatire die Gesellschaft aufs Korn. Seine Sittengemälde brachten ihm so manchen Karzeraufenthalt ein.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum8. Dez. 2020
ISBN9783752698886
Schelmuffskys Reisebeschreibung: Band 149
Autor

Christian Reuter

Christian Reuter war ein deutscher Schriftsteller des Barocks. Er lebte von 1665 bis nach 1712, zuletzt in Berlin.

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    Buchvorschau

    Schelmuffskys Reisebeschreibung - Christian Reuter

    Inhaltsverzeichnis

    Einleitung von Dr. Gotlieb Fritz

    Erster Teil

    Kapitel.

    Kapitel.

    Kapitel.

    Kapitel.

    Kapitel.

    Kapitel.

    Kapitel.

    Kapitel.

    Zweiter Teil

    Kapitel.

    Kapitel.

    Kapitel.

    Kapitel.

    Kapitel.

    Einleitung.

    Der Leipziger Student Christian Reuter, der im Jahre 1696 »Schelmuffskys wahrhaftige, curiöse und sehr gefährliche Reisebeschreibung zu Wasser und Lande« anonym erscheinen ließ, ist als der Verfasser eines der lustigsten Bücher unserer Literatur, das die Aufschneidereien des weltberühmten Freiherrn von Münchhausen noch übertrumpft, erst vor wenigen Jahrzehnten aus der selbstgewählten Verborgenheit an das Licht gezogen worden.

    Von seinem Leben wissen wir, abgesehen von seinen tollen Studentenjahren, über die uns die umständlichen Disziplinarakten eines hochlöblichen akademischen Senats Auskunft geben, herzlich wenig; aber gerade die Leipziger Jahre Reuters, der, 1665 als Sohn eines Bauern in der Nähe von Zörbig bei Halle geboren, 1694 die Universität bezog, sind mit der Entstehung des »Schelmuffsky« auf das engste verknüpft und bieten auch sonst ein interessantes Bild von dem akademischen Leben jener Tage.

    Christian Reuter, den wir uns als einen frischen, übermütigen Burschen, dem ein gehöriger Schalk im Nacken saß, denken müssen, wohnte als Student in dem Hause »Zum roten Löwen« auf dem Brühl bei einer gewissen Frau Müller, die verwitwet war und eine Reihe erwachsener Kinder, drei Söhne und zwei Töchter, hatte.

    Die Familie Müller, dummstolz und hoffärtig, scheint wegen ihrer ungebildeten, stereotypen Redensarten in studentischen Kreisen ein beliebtes Ziel des Spottes gebildet zu haben; der älteste Sohn Eustachius, das Urbild des Schelmuffsky, war ein Aufschneider und Tagedieb und nach einer gemäß der Sitte junger Edelleute angeblich von ihm unternommenen Auslandsreise in das mütterliche Haus zurückgekehrt, wo er sich nicht wenig aufspielte und durch einen liederlichen Lebenswandel die Wirtschaft herunterbrachte. Es dauerte nicht lange, so geriet Reuter, wohl wegen rückständiger Miete, mit seinen Wirtsleuten in Streit und mußte, nachdem ihm, wie es scheint, übel mitgespielt worden war, das Haus verlassen. Aber die Familie Müller sollte das bald bitter bereuen.

    Reuter, dem es wahrlich nicht an schlagfertigem Witz gebrach, wußte sich zu rächen und schrieb das Lustspiel »L'honnête femme oder die ehrliche Frau zu Plissine«, worin er unter Anlehnung an Molières Komödie »Die lächerlichen Preziösen« die ganze Familie — seine frühere Wirtin tritt unter dem Namen »Die ehrliche Frau Schlampampe«, der Sohn Eustachius unter dem Namen »Schelmuffsky« auf - in der blutigsten Weise verhöhnte. Die Gestalten des Stückes sind mit nicht geringer dramatischer Lebendigkeit und derbkomischer Kraft nach dem Leben gezeichnet – nicht minder auch in einem zweiten Lustspiel »Der ehrlichen Frau Schlampampe Leben und Tod«, das die Verhältnisse der Familie Müller aufs neue an den Pranger stellte.

    Zwischen die Abfassung dieser beiden Stücke fällt nun die Entstehung des »Schelmuffsky«. Der erste Teil erschien zuerst 1696, im darauffolgenden Jahre entstand ein zweiter Teil und wurde mit dem umgearbeiteten ersten zusammen veröffentlicht. Der Triumph Reuters dauerte jedoch nicht lange.

    Zwar hatte er die Lacher auf seiner Seite, die die unglückliche Familie reichlich mit Spott und Hohn überschütteten und vor allem nicht versäumten, den Sohn Eustachius in gebührender Weise als Schelmuffsky zu feiern; aber eine Klage nach der andern wurde von der gequälten Witwe Müller in beweglichen Worten gegen ihn erhoben, und der akademische Senat sah sich zunächst veranlaßt, Reuter mit Karzer zu bestrafen, dann aber, als der zweite Teil des Schelmuffsky erschien und mit gewaltigem Hallo unter den Studenten und in der Bürgerschaft aufgenommen war, ihn schlankweg von der Universität zu relegieren. Reuter hat dann in der Folgezeit in Dresden eine Anstellung erhalten. 1703 taucht er in Berlin auf, wo er zur Krönung des Königs und noch einmal später im Jahre 1710 zu dessen Geburtstag ein Festspiel schrieb. Über seine weiteren Lebensschicksale ist so gut wie nichts bekannt.

    Den »Schelmuffsky« werden wir unbedingt zu den Meisterwerken der deutschen humoristischen Literatur zählen müssen.

    Die Prachtgestalt des Helden mit seiner Renommiersucht und grotesken Erfindungsgabe kann sich ruhig neben Falstaff sehen lassen und übertrifft an komischer Kraft jedenfalls den Münchhausen um ein bedeutendes.

    Das Ganze ist wie aus einem Gusse, die bunte Fülle der Erlebnisse und drastisch ausgemalter Situationen, dazu die köstliche Selbstcharakteristik Schelmuffskys, seine stetig wiederkehrenden Redensarten, wie das zum geflügelten Wort gewordene „Der Tebel hol mer" und die eindrucksvolle Erzählung von seiner wunderbaren Geburt werden ihre Wirkung nie verlieren.

    Aber der »Schelmuffsky« ist mehr als der Ausfluß persönlichen Rachegefühls und jugendlichen Übermutes einer humoristisch veranlagten Natur: er ist zugleich eine glänzende Satire auf die lügenhaften Reiseschilderungen, die in jener Zeit zahlreich erschienen und begierig gelesen wurden, und vor allem auf die »alamodische« Sucht gewisser bürgerlicher Kreise, es in Haltung, Kleidung und sonstigen Gewohnheiten dem Adel gleichzutun.

    Der vorliegende Abdruck hält sich genau an den Wortlaut des Originals; nur mußten einige für unsere Ohren allzu derbe Stellen, an denen die Zeitgenossen Reuters keinen Anstoß nahmen, fortbleiben. Auch ist die Rechtschreibung mehr den heutigen Verhältnissen angepaßt worden.

    G.Fritz.

    Charlottenburg,

    Mai 1912.

    1. Teil

    1. Kapitel.

    Deutschland ist mein Vaterland, in Schelmerode bin ich geboren, zu Sankt Malo[1] habe ich ein ganz halb Jahr gefangen gelegen und in Holland und England bin ich auch gewesen. Damit ich aber diese meine sehr gefährliche Reisebeschreibung fein ordentlich einrichte, so muß ich wohl von meiner wunderlichen Geburt den Anfang machen. Als die große Ratte, welche meiner Frau Mutter ein ganz neu seiden Kleid zerfressen, mit dem Besen nicht hatte können totgeschlagen werden, indem sie meiner Schwester zwischen den Beinen durchläuft, fällt die ehrliche Frau deswegen aus Eifer in eine solche Krankheit und Ohnmacht, daß sie ganzer vierundzwanzig Tage daliegt und kann sich, der Tebel hol mer [2], weder regen noch wenden. Ich, der ich dazumal die Welt noch niemals geschaut und nach Adam Riesens Rechenbuche vier ganzer Monat noch im Verborgenen hätte pausieren sollen, war dermaßen auch auf die sappermentsche Ratte so töricht, daß ich mich aus Ungeduld nicht länger zu bergen vermochte, und kam auf allen Vieren sporenstreichs in die Welt gekrochen. Wie ich nun auf der Welt war, lag ich acht ganzer Tage unten zu meiner Frau Mutter Füßen im Bettstroh, ehe ich mich einmal recht besinnen kunnte, wo ich war. Den neunten Tag so erblickte ich mit großer Verwunderung die Welt. O sapperment! wie kam mir alles so wüste da vor, sehr malade war ich, nichts hatte ich auf dem Leibe, meine Frau Mutter hatte alle Viere von sich gestreckt und lag da, als wenn sie vor den Kopf geschlagen wäre, schreien wollte ich auch nicht, weil ich wie ein jung Ferkelchen dalag, und wollte mich niemand sehen lassen, weil ich nackend war, daß ich also nicht wußte, was ich anfangen sollte. Endlich dachte ich, du mußt doch sehen, wie du deine Frau Mutter ermunterst, und versuchte es auf allerlei Art und Weise; bald kriegte ich sie bei der Nase, bald krabbelte ich ihr unten an den Fußsohlen, letztlich nahm ich einen Strohhalm und kitzelte sie damit in dem linken Nasenloche, wovon sie eiligst auffuhr und schrie: Eine Ratte! Eine Ratte!

    Da ich nun von ihr das Wort Ratte nennen hörte, war es, der Tebel hol mer, nich anders, als wenn jemand ein Schermesser nähme und führe mir damit unter meiner Zunge weg, daß ich hierauf alsobald ein erschreckliches Auweh! an zu reden fing.

    Hatte meine Frau Mutter nun zuvor eine Ratte! eine Ratte! geschrien, so schrie ich hernachmals wohl über hundert Mal: Eine Ratte! Eine Ratte! denn sie meinte nicht anders, es nistelte eine Ratte bei ihr unten zu ihren Füßen. Ich war aber her und kroch sehr artig an meiner Frau Mutter hinauf, guckte bei ihr oben zum Deckbett heraus und sagte: Frau Mutter, Sie fürchte sich nur nicht, ich bin keine Ratte, sondern ihr lieber Sohn; daß ich aber so frühzeitig bin auf die Welt gekommen, hat solches eine Ratte verursacht. Als dieses meine Frau Mutter hörte, Ei sapperment! wie war sie froh, daß ich so unvermutet war auf die Welt gekommen, daß sie ganz nichts davon gewußt hatte. Indem sie sich nun so mit mir eine gute Weile in ihren Armen gehätschelt hatte, stund sie mit mir auf, zog mir ein weiß Hemde an und rief die Mietsleute im ganzen Hause zusammen, welche mich alle miteinander höchst verwundernd ansahen und wußten nicht, was sie aus mir machen sollten, weil ich schon so artig schwatzen kunnte. Herr Gerge, meiner Frau Mutter damaliger Präzeptor, meinte, ich wäre gar von dem bösen Geiste besessen, denn sonst könnte es unmöglich von rechten Dingen mit mir zugehen, und er wollte denselben bald von mir austreiben. Lief hierauf eiligst in seine Studierstube und brachte ein groß Buch unter dem Arme geschleppt, damit wollte er den bösen Geist nun von mir treiben. Er machte in die Stube einen großen Kreis mit Kreide, schrieb einen Haufen kauderwelsche Buchstaben hinein und machte hinter und vor sich ein Kreuz, trat hernachmals in den Kreis hinein und fing folgendes an zu reden:

    Hokus pokus schwarz und weiß, Fahre stracks auf mein Geheiß Schuri muri aus dem Knaben, Weils Herr Gerge so will haben.

    Wie Herr Gerge diese Worte gesprochen hatte, fing ich zu ihm an und sagte: Mein lieber Herr Präzeptor, warum nehmet Ihr doch solche Köckelpossen vor und vermeinet, ich sei von dem bösen Geiste besessen; wenn Ihr aber wissen wolltet, was die Ursache wäre, daß ich flugs habe reden lernen und weswegen ich so frühzeitig bin auf die Welt gekommen, Ihr würdet wohl solche närrische Händel mit Eurem Hokuspokus nicht vorgenommen haben.

    Als sie mich dieses nun so reden höreten, O sapperment! was erweckte es vor Verwunderung vor den Leuten im Hause. Herr Gerge stund, der Tebel hol mer, da in seinem Kreise mit Zittern und Beben, daß auch die um ihn Herumstehenden alle aus der Luft mutmaßen kunnten, der Herr Präzeptor müßte wohl in keinem Rosengarten stehn.

    Ich kunnte aber seinen erbärmlichen Zustand nicht länger mit ansehen, sondern fing da an, meine wunderliche Geburt zu erzählen, und wie es niemand anders als diejenige Ratte verursacht hätte, welche das seidene Kleid zerfressen, daß ich so frühzeitig auf die Welt gekommen wäre und flugs reden können.

    Nachdem ich nun mit vielen Umständen den sämtlichen Hausgenossen die ganze Begebenheit von der Ratte erzählt hatte, so glaubten sie hernach allererst, daß ich meiner Frau Mutter ihr Sohn wäre. Herr Gerge aber, der schämte sich wie ein Hund, daß er meinetwegen solche Narrenpossen vorgenommen hatte und vermeint, ein böser Geist müßte aus mir reden. Er war her, löschte seinen Hokuspokuskreis wieder aus, nahm sein Buch und ging stillschweigend immer zur Stubentüre hinaus. Wie auch die Leute hernach alle mit mir taten, und mich zu herzten und zu poßten, weil ich so ein schöner Junge war und mit ihnen flugs schwatzen kunnte, das wäre, der Tebel hol mer, auf keine Kuhhaut zu schreiben; ja sie machten auch alle miteinander flugs Anstalt, daß mir selben Tag noch bei großer Menge Volks der vortreffliche Name Schelmuffsky beigelegt wurde. Den zehnten Tag nach meiner wunderlichen Geburt lernte ich allmählich, wiewohl etwas langsam, an den Bänken gehn, denn ich war ganz malade, weil ich auf der Welt gar noch nichts weder gefressen noch gesoffen hatte. Was trug sich zu? Meine Frau Mutter, die hatte gleich selben Tag ein groß Faß voll Ziegenmolken auf der Ofenbank stehn; über dasselbe gerate ich so ohngefähr und titsche mit dem Finger hinein und koste es. Weil mir das Zeug nun sehr wohl schmeckte, kriegte ich das ganze Faß bei dem Leibe und soffs, der Tebel hol mer, halb aus. Wovon ich hernach ganz lebend wurde und zu Kräften kam.

    Als meine Frau Mutter sah, daß mir das Ziegenmolken so wohl bekam, war sie her und kaufte hernach noch eine Ziege, denn eine hatte sie schon, die mußten mich also bis in das zwölfte Jahr meines Alters mit lauter solchem Zeuge ernähren und auferziehen.

    Ich kanns wohl sagen, daß ich denselben Tag, als ich gleich zwölf Jahr alt war, der Tebel hol mer, Speck ellendicke

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