Antioch College
Antioch College | |
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Motto | Be ashamed to die until you have won some victory for humanity. |
Gründung | 1850 |
Trägerschaft | privat |
Ort | Yellow Springs, Ohio, USA |
Präsident | Thomas Manley[1] |
Studierende | 116 (Herbst 2020)[2] |
Mitarbeiter | 17 Dozenten (Herbst 2020)[2] |
Website | antiochcollege.edu |
Das Antioch College ist eine Privatuniversität (Liberal Arts College) in Yellow Springs, einer kleinen Universitätsstadt südlich von Springfield im Greene County im US-Bundesstaat Ohio. Zwei Träger des Nobelpreises haben dort akademische Abschlüsse erworben – José Ramos-Horta (Friedensnobelpreis 1996) und Mario Capecchi (Nobelpreis für Physiologie oder Medizin 2007). Das College ist die Keimzelle der Antioch University, hat sich aber 2008 von ihr gelöst, was aus Sicht des damaligen Präsidenten an keiner anderen Bildungseinrichtung in vergleichbarer Form gegeben habe.[3]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gegründet wurde die Einrichtung 1850 von der Christian Connection, der Lehrbetrieb ging im Jahr 1852 los.[4] Erster Präsident – und zugleich Professor für Politische Ökonomie, intellektuelle und moralische Philosophie sowie Physikotheologie – war der Politiker (Whig Party) und Bildungsreformer Horace Mann.
Das College war von Anfang an koedukativ ausgelegt, gemäß der Charta der Christian Connection, der Kirchengruppe, die Antioch College inmitten der Getreidefelder und Wälder von Yellow Springs gründete. Das College war ebenso der Chancengleichheit für Schwarze verpflichtet, so dass sich bald auch Studenten aus diesem Teil der Bevölkerung immatrikulierten. In den ersten Jahrzehnten nach der Gründung „blühte Antiochia als Wiege des sozialen Aktivismus und des freien Denkens auf“ und war die liberalste Hochschule für Liberal Arts, so die New York Times.[3] In den 1960er Jahren gründete das Antioch College sogenannte „Satellitenschulen“, aus denen sich 1978 die Antioch University als übergeordnete Entität entwickelte.[5][6]
Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten musste das Institut zweimal im 19. Jahrhundert (1863 und 1881) sowie einmal früh im 20. Jahrhundert schließen (1919). Ab Mitte der 1980er Jahre erhielt das Antioch College von der umgebenden Antioch University, in deren System sie eingebunden war, einerseits siebenstellige Dollarbeträge zur Unterstützung, andererseits aber auch Budgetkürzungen.[3] Im Juni 2008 schloss das Antioch College seine Türen aufgrund langjähriger finanzieller Schwierigkeiten ein viertes Mal.[4] Als dies gut zwölf Monate zuvor angekündigt wurde, waren am Antioch College 260 Vollzeitstudenten eingeschrieben.[5]
Im Jahr der vierten Schließung gründeten ehemalige Treuhänder der Universität, wichtige Spender und Alumni-Führungskräfte die Antioch College Continuation Corporation mit dem Ziel, den Betrieb wieder aufzunehmen. Da die Antioch University nur wenig Interesse an einem verlassenen Campus – darunter ein Wissenschaftsgebäude mit veralteten Bunsenbrennern – oder einem ausschließlich für die Nutzung durch das College vorgesehenen 20-Millionen-USD-Stiftungsfonds hatte, verkaufte sie 25 Gebäude sowie ein 1.000 Hektar großes bewaldeten Tal mit einer uneingeschränkten Nutzung durch die Stiftung für 6,2 Millionen USD an die Continuation Corporation.[3]
Im Herbst 2011 erfolgte die Wiedereröffnung des Lehrbetriebs.[5]
Trivia
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Auf dem Campus gab es nie eine Fraternity und das Football-Team hatte in den über 40 Jahren seines Bestehens bis zur Auflösung 1929 nur eine erfolgreiche Saison.[3]
Anfang der 1990er Jahre sorgte eine Gruppe namens „Womyn of Antioch“ für die Einführung einer neuen Handlungsmaxime gegen sexuelle Straftaten: Für jede neue Ebene des physischen und/oder sexuellen Kontakts musste der aktive Part mündlich die Zustimmung einholen.[7] Von Saturday Night Live wurde das in dem Sketch „Is It Date Rape?“ parodiert.[8]
Das Antioch College ist Teil der Great Lakes Colleges Association, in der sich 13 Liberal Arts Colleges zusammengeschlossen haben, darunter die DePauw University in Greencastle (Indiana), das Oberlin College in Oberlin, die Ohio Wesleyan University in Delaware und das College of Wooster in Wooster (alle Ohio).[5]
Im Jahr 2014 wurde die 100 Jahre alte Turnhalle modernisiert und als 44.000 Quadratmeter großes Wellnesscenter, das auch den Bewohnern von Yellow Springs gegen einen Monats- oder Jahresbeitrag zur Verfügung steht, neu eröffnet. Etwa 2.000 der 3.500 Einwohner hatten sich zwischenzeitlich für dieses Angebot entschieden.[5]
Persönlichkeiten (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Liste umfasst Studenten/Absolventen ebenso wie Lehrpersonal
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Mario Capecchi
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Jewell James Ebers
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John de Jongh
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Coretta Scott King
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Leonard Nimoy
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Americus V. Rice
Politik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Chester G. Atkins (* 1948), ehemaliger Kongressabgeordneter der Demokraten für Massachusetts
- John Bachtell (* 1956), zeitweilig Vorsitzender der Kommunistischen Partei der USA (CPUSA)
- Simeon D. Fess (1861–1936), Politiker (Republikaner) und Präsident des Antioch College (1907–1917)
- José Ramos-Horta (* 1949), osttimoresischer Politiker und Empfänger des Friedensnobelpreises
- John de Jongh (* 1957), ehemaliger Gouverneur der Amerikanischen Jungferninseln
- J. Warren Keifer (1836–1932), Generalmajor, Politiker (Republikaner), Mitglied des US-Repräsentantenhauses und Sprecher des Repräsentantenhauses
- Coretta Scott King (1927–2006), Bürgerrechtlerin und Ehefrau von Martin Luther King, Jr.[9]
- John Little (1837–1900), Rechtsanwalt und Politiker (Republikaner)
- Eleanor Holmes Norton (* 1937), Mitglied des Repräsentantenhauses der Vereinigten Staaten als offizielle Delegierte des District of Columbia
- Americus V. Rice (1835–1904), General im Sezessionskrieg und zweimaliges Mitglied im US-Repräsentantenhaus
- William H. Wade (1835–1911), Landwirt und Politiker (Republikaner)
- Elihu S. Williams (1835–1903), Rechtsanwalt und Politiker (Republikaner)
Entertainment
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- John Flansburgh (* 1960), Singer/Songwriter (They Might Be Giants)
- Herb Gardner (1934–2003), Cartoonist, Dramatiker und Drehbuchautor
- Miles Goodman (1949–1996), Komponist, Arrangeur und Musikproduzent
- Ken Jenkins (* 1940), Schauspieler, Drehbuchautor und Regisseur
- Jorma Kaukonen (* 1940), Blues-, Folk- und Rockgitarrist (Jefferson Airplane, Hot Tuna)
- John Korty (1936–2022), Filmregisseur, Drehbuchautor und Kameramann
- Peter Kurland (* 1958), mehrfach Oscar-nominierter Toningenieur
- Leonard Nimoy (1931–2015), Schauspieler, Filmregisseur, Filmproduzent, Buchautor, Musiker und Fotograf
- Cliff Robertson (1923–2011), Schauspieler und Oscar-Gewinner
- Rod Serling (1924–1975), Drehbuchautor, Dramatiker, Filmproduzent und Moderator
- Cecil Taylor (1929–2018), Jazzpianist, Komponist und Dichter
- Jay Tuck (* 1945), Journalist und TV-Reporter (ARD)
Forschung und Wissenschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- William Arnold Anthony (1835–1908), Professor für Physik und Präsident des American Institute of Electrical Engineers (1890–1891)
- Warren Bennis (1925–2014), Wirtschaftswissenschaftler, Professor an der USC und Buchautor
- Mario Capecchi (* 1937), Empfänger des Nobelpreises für Physiologie oder Medizin
- George W. Comstock (1915–2007), Mediziner (Epidemiologie, Public Health)
- Drucilla Cornell (1950–2022), Professorin für Rechtswissenschaften, Frauenforschung und Politikwissenschaften
- Jewell James Ebers (1921–1959), Elektroingenieur
- William Anthony Gamson (1934–2021), Professor für Soziologie, 85. Präsident der American Sociological Association
- Thyrsa Anne Frazier (1930–1999), Mathematikerin und Hochschullehrerin
- Clifford Geertz (1926–2006), Anthropologe
- Stephen Jay Gould (1941–2002), Paläontologe, Geologe und Evolutionsbiologe, Autor
- Granville Stanley Hall (1846–1924), Professor für Englisch und Philosophie, Gründungspräsident der American Psychological Association
- Theodore Levitt (1925–2006), Wirtschaftswissenschaftler und Professor an der Harvard Business School
- Allan Pred (1936–2007), Geograph
- Joan Steitz (* 1941), Biochemikerin und Professorin in Yale
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Lawrence Block, Autor
- Virginia Hamilton, Kinderbuchautorin und MacArthur Fellow[10]
- Margaret Scherf (1908–1979), Autorin
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Jean Gregorek: Towards an Autonomous Antioch College: The Story of the Nonstop Liberal Arts Institute (PDF; 262 kB), in: Journal of Academic Freedom Vol. 1, 2010.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ President. Antioch College, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 8. Dezember 2020; abgerufen am 29. November 2020 (englisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ a b College Navigator – Antioch College. In: Integrated Postsecondary Education Data System > College Navigator > Antioch College. National Center for Education Statistics (NCES), U.S. Department of Education, Institute of Education Sciences IES, 2020, abgerufen am 7. Juni 2022 (englisch).
- ↑ a b c d e Bill Donahue: Can Antioch College Return From the Dead Again? In: nytimes.com. 16. September 2011, abgerufen am 10. November 2020 (englisch).
- ↑ a b Antioch University. In: britannica.com. Abgerufen am 10. November 2020 (englisch).
- ↑ a b c d e Megan Holden: The fall and rise of a college. In: Journal & Courier. Abgerufen am 10. November 2020 (englisch).
- ↑ AAUP: College and University Government: Antioch University and the Closing of Antioch College (PDF; 125 kB), in: Academe: Bulletin of the AAUP November-December 2009. Abgerufen am 12. November 2020 (englisch).
- ↑ Opinion – 'Ask First' at Antioch (Published 1993). In: nytimes.com. 11. Oktober 1993, abgerufen am 10. November 2020 (englisch).
- ↑ Don Roy King: Transcript „Is It Date Rape?“ In: snltranscripts.jt.org. Abgerufen am 10. November 2020 (englisch).
- ↑ Antioch College to Celebrate the Life and Work of Alumna Coretta Scott King ( vom 9. Mai 2016 im Internet Archive), 11. April 2010 (englisch).
- ↑ Virginia Hamilton – MacArthur Foundation. In: macfound.org. 19. Februar 2002, abgerufen am 10. November 2020 (englisch).