Vorzeichen (Permutation)
Das Vorzeichen, auch Signum, Signatur oder Parität genannt, ist in der Kombinatorik eine wichtige Kennzahl von Permutationen. Das Signum einer Permutation kann die Werte oder annehmen, wobei man im ersten Fall von einer geraden und im zweiten Fall von einer ungeraden Permutation spricht.
Es gibt mehrere Möglichkeiten, gerade und ungerade Permutationen zu charakterisieren. So ist eine Permutation genau dann gerade, wenn die Anzahl der Fehlstände in der Permutation gerade ist. Jede Permutation lässt sich auch als Verkettung endlich vieler Transpositionen darstellen und ist genau dann gerade, wenn die Anzahl der dabei benötigten Transpositionen gerade ist. Eine Permutation kann zudem auch in Zyklen zerlegt werden und ist genau dann gerade, wenn die Anzahl der Zyklen gerader Länge gerade ist. Das Signum einer Permutation ist auch gleich der Determinante der zugehörigen Permutationsmatrix.
Das Signum ist als Abbildung ein Gruppenhomomorphismus von der symmetrischen Gruppe der Permutationen in die multiplikative Gruppe über der Menge . Ein wichtiges Einsatzbeispiel des Signums ist die Leibniz-Formel für Determinanten.
Definition
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ist die symmetrische Gruppe aller Permutationen der Menge , dann wird das Vorzeichen einer Permutation durch
definiert, wobei
die Menge der Fehlstände der Permutation ist.
steht für die Mächtigkeit (Anzahl der Elemente) von .
Ist das Vorzeichen , so nennt man die Permutation gerade, ist es , nennt man sie ungerade.
Allgemeiner können auch Permutationen beliebiger endlicher geordneter Mengen betrachtet werden, für die mathematische Analyse kann man sich jedoch auf die ersten natürlichen Zahlen beschränken.
Beispiele
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Permutation | Fehlstände | Signum |
---|---|---|
– | +1 | |
(2,3) | −1 | |
(1,2) | −1 | |
(1,3),(2,3) | +1 | |
(1,2),(1,3) | +1 | |
(1,2),(1,3),(2,3) | −1 |
Die Fehlstände der Permutation
sind und , somit ist
und damit die Permutation ungerade. Die identische Permutation
ist immer gerade, denn sie weist keine Fehlstände auf. Die nebenstehende Tabelle führt alle Permutationen der Länge drei mit ihren zugehörigen Vorzeichen auf.
Darstellung als Produkt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Produktformel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Vorzeichen einer Permutation der ersten natürlichen Zahlen kann auch durch die Produktformel
dargestellt werden. Aufgrund der Bijektivität einer Permutation tritt hierbei jeder Term für bis auf gegebenenfalls das Vorzeichen je einmal im Zähler und einmal Nenner eines Bruchs auf. Jeder Fehlstand führt dabei zu genau einem negativen Vorzeichen.
Beispiel
Das Signum der Permutation
ist durch
gegeben. Die beiden Fehlstände und führen dabei zu jeweils einem Vorzeichenwechsel.
Verkettungseigenschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Für das Signum einer Verkettung zweier Permutationen gilt aufgrund der Produktdarstellung:
Der letzte Schritt folgt daraus, dass in dem Produkt über die gleichen Faktoren, wie in dem Produkt über vorkommen, nur in anderer Reihenfolge. Für zwei durch vertauschte Zahlen kehrt sich dabei sowohl im Nenner und im Zähler das Vorzeichen um. Demnach ist die Verkettung zweier Permutationen genau dann gerade, wenn beide Permutationen das gleiche Signum aufweisen.
Weitere Darstellungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Darstellung über die Zahl der Transpositionen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine Transposition mit ist eine Permutation, die lediglich die zwei Zahlen und vertauscht, das heißt auf sowie auf abbildet und die übrigen Zahlen festlässt. Für das Signum einer Transposition gilt
- ,
denn jede Transposition lässt sich als Verkettung einer ungeraden Zahl von Nachbarvertauschungen der Form durch
darstellen. Hierbei wird zunächst die Zahl durch sukzessive Nachbarvertauschungen an die Stelle gebracht und dann die Zahl von der Stelle durch sukzessive Nachbarvertauschungen an die Stelle . Nachdem jede dieser Nachbarvertauschungen genau einen Fehlstand erzeugt, ist die Gesamtzahl der Fehlstände einer Transposition
und damit immer ungerade. Jede Permutation lässt sich nun als Verkettung von höchstens Transpositionen darstellen. Jede dieser Transpositionen vertauscht dabei jeweils die kleinste Zahl , für die gilt, mit derjenigen Zahl , für die gilt. Ist die Anzahl der dabei benötigten Transpositionen, dann gilt aufgrund der Verkettungseigenschaft
- .
Es gibt natürlich noch weitere Möglichkeiten, eine Permutation als Verkettung von Transpositionen darzustellen. Handelt es sich dabei aber um eine gerade Permutation, dann ist die Zahl der benötigten Transpositionen immer gerade, handelt es sich um eine ungerade Permutation immer ungerade.
Beispiel
Die Permutation
lässt sich durch
darstellen und ist damit gerade. Eine weitere Darstellung von als Verkettung von Transpositionen wäre etwa .
Darstellung über die Zahl und Länge der Zyklen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine zyklische Permutation ist eine Permutation, die die Zahlen zyklisch vertauscht, das heißt auf abbildet, auf bis hin zu auf und die übrigen Zahlen festlässt. Eine zyklische Permutation der Länge zwei entspricht gerade einer Transposition zweier Zahlen. Jede zyklische Permutation der Länge kann als Verkettung von Transpositionen geschrieben werden:
- .
Da Transpositionen ungerade sind, ist das Signum einer zyklischen Permutation der Länge aufgrund der Verkettungseigenschaft
- .
Eine zyklische Permutation ist also genau dann gerade, wenn ihre Länge ungerade ist. Jede Permutation lässt sich nun eindeutig als Verkettung von zyklischen Permutationen mit paarweise disjunkten Zyklen darstellen. Sind die Längen dieser Zyklen, dann gilt aufgrund der Verkettungseigenschaft
- .
Das Signum kann daher direkt aus dem Zyklentyp der Permutation abgelesen werden. Eine Permutation ist demnach genau dann gerade, wenn die Summe der Längen der einzelnen Zyklen minus der Anzahl der Zyklen gerade ist. Da Zyklen ungerader Länge das Signum nicht verändern, ist eine Permutation genau dann gerade, wenn die Anzahl der Zyklen gerader Länge gerade ist. Nachdem sich die Ordnung einer Permutation aus dem kleinsten gemeinsamen Vielfachen ihrer Zyklenlängen ergibt, ist eine Permutation mit ungerader Ordnung stets gerade.
Beispiel
Die Permutation
zerfällt in drei disjunkte Zyklen, in Zyklenschreibweise
- .
Da die Summe ungerade ist, ist die Permutation ebenfalls ungerade. Einerzyklen können in der Zyklenschreibweise und bei der Zählung auch weggelassen werden, ohne die Summe und damit das Signum zu verändern.
Darstellung über die Determinante der Permutationsmatrix
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ist die zu der Permutation zugehörige Permutationsmatrix mit Einträgen
dann entspricht das Signum von gerade der Determinante von , also
- .
Die Determinante einer Permutationsmatrix ist entweder +1 oder −1. Die folgende Methode zur Bestimmung der Determinante ist auch für große Matrizen praktikabel. Dazu wird für jede Spalte S der Matrix die Anzahl der Spalten ermittelt, die in der Matrix links von S stehen und bei denen die Eins tiefer steht als in S; diese Anzahl heißt Kennmarke. Ist die Summe der Kennmarken eine gerade Zahl dann ist die Determinante eins, sonst minus eins.[1]
Beispiel
Die zur Permutation
zugehörige Permutationsmatrix ist
- ,
deren Determinante sich nach der Regel von Sarrus zu
ergibt. Die Kennmarken lauten:
Spalte | 1 | 2 | 3 |
---|---|---|---|
Zeilennummer | 2 | 3 | 1 |
Kennmarke | 0 | 0 | 2 |
Die Summe der Kennmarken ist gerade, was obiges Ergebnis bestätigt.
Weitere Eigenschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mächtigkeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Es gibt genau verschiedene Permutationen der Menge . Für wird die Menge aller Permutationen durch die geraden und ungeraden Permutationen in zwei gleich große Hälften geteilt, denn es gibt gleich viele Möglichkeiten, die Vorzeichen im Zähler der Produktformel so zu wählen, dass das Produkt positiv bzw. negativ ist. Für die Mächtigkeit dieser beiden Mengen gilt demnach
- .
Aus diesem Grund spricht man hier neben dem Signum auch von der Parität (von lateinisch paritas ‚Gleichheit‘) einer Permutation.
Inverse Permutationen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Für das Signum der inversen Permutation von gilt:
- .
Durch Invertierung ändert sich also das Signum einer Permutation nicht, was mit der Verkettungseigenschaft auch direkt über
ersichtlich ist.
Signum-Homomorphismus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Aufgrund der Verkettungseigenschaft stellt die Abbildung
einen Gruppenhomomorphismus von der symmetrischen Gruppe in die multiplikative Gruppe dar (dies ist gerade die zyklische Gruppe vom Grad 2). Diese Eigenschaft wird in der Theorie der Determinanten, beispielsweise der Leibniz-Formel verwendet. Der Kern dieses Homomorphismus ist die Menge der geraden Permutationen. Sie bildet einen Normalteiler von , die alternierende Gruppe . Die Menge der ungeraden Permutationen bildet jedoch keine Untergruppe von , denn die Verkettung zweier ungerader Permutationen ergibt eine gerade Permutation.
Konjugierte Permutationen besitzen dasselbe Signum, wie aus den Eigenschaften des Signum-Homomorphismus folgt. Ist nämlich , dann gilt für alle
- .
Verwendung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Vorzeichen von Permutationen wird unter anderem in folgenden Bereichen verwendet:
- bei der Charakterisierung der Determinante einer Matrix über die Leibniz-Formel
- bei der Definition antisymmetrischer Funktionen, beispielsweise alternierender Multilinearformen
- bei dem Lemma von Zolotareff zur Darstellung des Legendre-Symbols
- bei der Ermittlung der erreichbaren Stellungen im 15-Puzzle
Ein sehr anschauliches Beispiel findet sich in der Futurama-Folge "Im Körper des Freundes". Der Charakter "Professor Farnsworth" erfindet darin eine Maschine, welche die Seelen zweier Menschen vertauscht (sodass die Seele von Person A im Körper von Person B ist und die Seele von Person B im Körper von Person A). Unabhängig von der Zahl der vorgenommenen Tausche (und wie viele Personen daran beteiligt waren), ist stets eine ungerade Zahl an Permutationen notwendig, damit jeder wieder in seinem eigenen Körper ist.[2]
Verallgemeinerung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine Verallgemeinerung des Signums für nicht notwendigerweise bijektive Abbildungen ist das Levi-Civita-Symbol , das mit der Notation für wie das Signum über
definiert werden kann. Im Unterschied zum Signum kann das Levi-Civita-Symbol jedoch auch den Wert annehmen, was genau dann der Fall ist, wenn die Abbildung nicht bijektiv ist. Das Levi-Civita-Symbol wird insbesondere in der Vektor- und Tensorrechnung in Anwendungen wie der Relativitätstheorie und der Quantenmechanik verwendet.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Albrecht Beutelspacher: Lineare Algebra. Eine Einführung in die Wissenschaft der Vektoren, Abbildungen und Matrizen. 6. Auflage. Vieweg, 2009, ISBN 3-528-56508-X.
- Siegfried Bosch: Lineare Algebra. Springer, 2009, ISBN 3-540-76437-2.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Eric W. Weisstein: Even Permutation. In: MathWorld (englisch).
- Eric W. Weisstein: Odd Permutation. In: MathWorld (englisch).
- Raymond Puzio, Larry Hammick, Pedro Sanchez: Signature of a permutation. In: PlanetMath. (englisch)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ R. Zurmühl, S. Falk: Matrizen und ihre Anwendungen 1. Grundlagen, Für Ingenieure, Physiker und Angewandte Mathematiker. Springer, Berlin u. a. 1997, ISBN 3-540-61436-2, S. 57.
- ↑ Burkard Polster: The parity of permutations and the Futurama theorem. Abgerufen am 21. Juni 2019.