Mary Elise Sarotte

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Mary Elise Sarotte (* 16. Januar 1968) ist eine US-amerikanische Historikerin, die vor allem durch ihre Forschungsarbeiten zur NATO-Osterweiterung bekannt wurde.

Sarotte studierte Geschichte an der Harvard-Universität und schloss mit einem Bachelor of Arts ab. Das Jahr 1989 erlebte sie als Austauschstudentin in West-Berlin.[1] Anschließend promovierte sie in Geschichte an der Yale-Universität. Sie arbeitete zunächst als White House Fellow und folgte dann einem Ruf an die University of Cambridge, wo sie 2004 eine Festanstellung (englisch tenure) erreichte. Sie kam in die USA zurück, um an der University of Southern California zu lehren. Sie lehrt zurzeit an der Johns Hopkins School of Advanced International Studies.[2]

2009 und 2022 war sie Stipendiatin an der American Academy in Berlin.[3]

Nicht einen Schritt weiter, 2023

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Darstellung behandelt die erste Phase bis 1992, in der die USA und ihre Alliierten entscheiden, die NATO zur Aufnahme neuer Mitglieder in den ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten zu öffnen. Die Jahre 1993 bis 1994 bilden den zweiten Entwicklungsabschnitt mit Clintons Partnerschaft für den Frieden. In der letzten Phase von 1995 bis 1999 wurde die Aufnahme Polens, Tschechiens und Ungarns vorbereitet, das Verhältnis zu Russland verschlechterte sich dementsprechend.[4]

Eine der Hauptthesen Sarottes in ihrem 2023 in deutscher Übersetzung erschienenen Buch Nicht einen Schritt weiter nach Osten. Amerika, Russland und die wahre Geschichte der Nato-Osterweiterung ist, dass insbesondere Bakers im Titel zitierte Äußerung zur Nichtausweitung eher hypothetischer oder „explorativer“ Natur gewesen sei; seine sowie Genschers Aussagen hätten nicht den Auffassungen der US-amerikanischen und der bundesdeutschen Regierungen (Helmut Kohl) entsprochen. George Bush habe sich früh festgelegt, dass die USA keine Zugeständnisse anbieten müssten, die sowjetische Zustimmung zur deutschen Einheit könne durch ein finanzielles Entgegenkommen Bonns erkauft werden. Eine ihrer zentralen Botschaften sieht Matthias Dembrowski (Peace Research Institute Frankfurt, Portal für Politikwissenschaft) darin, dass Clintons Idee einer Partnerschaft für den Frieden geeignet gewesen wäre, „einerseits Stabilität in die östliche Hälfte Europas zu projizieren und andererseits Russland institutionell einzubetten.“ Die Hardliner in Washington und das Drängen mittel- und osteuropäischer Regierungschefs hätten dies konterkariert. Matthias Dembinski merkt kritisch an, Sarotte unterschätze möglicherweise die Bedeutung der NATO-Russland-Grundakte für die europäische Sicherheitsarchitektur. „Mehr als die unmittelbaren militärischen Folgen der Erweiterung fürchtete Moskau wahrscheinlich zwei andere Konsequenzen, nämlich vollständig Einfluss bei den früheren Warschauer-Pakt-Partnerländern und Sowjetrepubliken zu verlieren und sukzessive von den Entscheidungen über europäische Sicherheitsfragen ausgeklammert zu werden.“[5]

In einem Gespräch mit T-Online merkte Sarotte an, Putins Behauptungen über die NATO-Osterweiterung seien Propaganda: Der Zwei-plus-Vier-Vertrag erlaube es der NATO, sich nach Osten auszudehnen. Die mündlichen Aussagen, „nennen wir es meinethalben ein mündliches Gentlemen’s Agreement“, stünden dem schriftlichen Zwei-plus-Vier-Vertrag gegenüber. Jeder habe gewusst, dass nur das zähle, was schwarz auf weiß im Vertrag stehe.[6]

Ausgewählte Schriften

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Monographien

  • Nicht einen Schritt weiter nach Osten. Amerika, Russland und die wahre Geschichte der NATO-Osterweiterung. C. H. Beck, München 2023, ISBN 978-3-406-80831-9 (englisch: Not One Inch. America, Russia, and the Making of Post-Cold War Stalemate. New Haven 2021).[7] Die deutsche Ausgabe wurde etwas gekürzt und enthält ein neues Vorwort.
  • Collapse. The Accidental Opening of the Berlin Wall. Basic Books, New York 2014, ISBN 978-0-465-04990-5.
  • 1989. The Struggle to Create Post-Cold War Europe. Princeton University Press, Princeton 2014, ISBN 978-0-691-16371-0.
  • Dealing with the Devil. East Germany, Détente, and Ostpolitik, 1969–1973. University of North Carolina Press, Chapel Hill 2001, ISBN 978-0-8078-4915-6.

Essays und Artikel

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Thomas Speckmann: Wider Moskaus Mythen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 14. November 2023, S. 6.
  2. Mary Elise Sarotte. Abgerufen am 21. Januar 2022 (englisch).
  3. Mary Sarotte. The American Academy in Berlin, abgerufen am 19. Mai 2024 (englisch).
  4. so die Rezension von Boris Begovic; ab 2002 gab es den NATO-Russland-Rat
  5. Matthias Dembinski: Mary Elise Sarotte: Nicht einen Schritt weiter nach Osten: Amerika, Russland und die wahre Geschichte der Nato-Osterweiterung. In: Portal für Politikwissenschaft. 6. Februar 2024, abgerufen am 29. Februar 2024.
  6. Christopher Clark über 1848. Anna Daytan über Bergkarabach. Daniel Ziblatt - 9punkt - Die Debattenrundschau vom 30.09.2023 - Perlentaucher. Abgerufen am 2. März 2024.
  7. Rezensionen: Thomas Speckmann: Wider Moskaus Mythen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 14. November 2023, S. 6; Andreas Hilger: M. Sarotte: Not One Inch. In: H-Soz-Kult, 17. Mai 2022; Fred Kaplan: “A Bridge Too Far”. In: The New York Review of Books. Band 69, Nr. 6, 7. April 2022 (englisch).