Anaerobe Methanoxidation

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Drei verschiedene Mechanismen der anaeroben Methanoxidation sind bekannt. In der ersten Variante (oben) wird die Methanoxidation von anaeroben methanotrophen (ANME) Archaeen der Stämme 1 und 2a,b,c durchgeführt, in Symbiose mit sulfat-reduzierenden Bakterien (SRB).[1][2] In der zweiten Variante (Mitte) wird Methan mittels Nitrat oxidiert, in Symbiose mit Anammox-Bakterien, welche das gebildete Nitrit umsetzen.[3] Im dritten Mechanismus (unten) wird ebenfalls Methan mittels Nitrat oxidiert, das gebildete Nitrit wird dann aber von NC10-Bakterien zur Oxidation von weiterem Methan verwendet. Im Gegensatz zu den ersten beiden Mechanismen wird also Methanoxidation von beiden Partnern durchgeführt.[4]

Die Anaerobe Methanoxidation ist ein Stoffwechselprozess, welcher von verschiedenen Mikroorganismen in Symbiose durchgeführt wird. Dieser Prozess findet in sauerstofffreien Meerwasser- und Süßwasser-Sedimenten statt. Methan wird nicht mittels Sauerstoff, sondern mittels Sulfat, Metalloxiden, Nitrat oder Nitrit oxidiert.

Methanoxidation mit Sulfat

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dieser Prozess stellt eine Symbiose von methanotrophen Archaeen mit sulfatreduzierenden Bakterien dar.[5] Die beiden Organismen schließen sich meist zu Aggregaten (Konsortien) zusammen oder sie kommen als voluminöse Matten vor. Co-Kulturen können im Labor unterhalten werden, die Verdopplungszeit beträgt jedoch mehrere Monate.[6] Die Archaeen werden ANME genannt (für anaerobe Methanotrophe) und sind eng verwandt mit methanogenen Archaeen. Der Stoffwechsel der anaeroben Methanoxidation ist umgekehrt zur Methanbildung. Aufgrund genetischer[7] und enzymatischer[8] Untersuchungen wird angenommen, dass sehr ähnliche Enzyme die jeweilige Rückreaktion katalysieren. Die Verknüpfung der Methanoxidation mit der Sulfatreduktion wird gemäß der neuesten Hypothese durch elektrische Leitfähigkeit ermöglicht.[1][2] Dabei fließen Elektronen via multi-heme c-type Cytochrome[9] von den methanotrophen Archaeen zu den sulfat-reduzierenden Bakterien.

Die Reaktionsgleichung lautet:

Methanoxidation mit Metalloxiden

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anaerobe Methanoxidation gekoppelt mit der Reduktion von Eisen- und Manganoxiden wurde berichtet[10], jedoch konnte dieser Vorgang nicht einem spezifischen Organismus zugeordnet werden. Es konnte gezeigt werden, dass ANME, welche normalerweise mit sulfatreduzierenden Bakterien zusammenleben, in der Lage sind Elektronen von Methan auf verschiedene künstliche Oxidationsmittel zu übertragen.[11] Aufgrund dieser Entdeckung kann spekuliert werden, dass Methanoxidation mit Metalloxiden ebenfalls funktionieren muss und somit ein alternativer Metabolismus darstellt für ANME, welche normalerweise mit sulfatreduzierenden Bakterien zusammenleben.[12]

Methanoxidation mit Nitrat

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Methanoxidation mit Nitrat wird von Methanoperedens nitroreducens (ANME-2d) durchgeführt. Für diesen Organismus wurde das Genom entschlüsselt und zeigt, dass alle Gene für den Stoffwechsel der reversen Methanogenese vorhanden sind. Eine Kultivierung im Labor gelingt bislang nur in Co-Kultur, z. B. mit Anammox-Bakterien, welche das Stoffwechselprodukt Nitrit effizient entfernen.[3][13][14]

Die Reaktionsgleichung lautet:

Methanoxidation mit Nitrit

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Methanoxidation mit Nitrit wird vom Bakterium Candidatus Methylomirabilis oxyfera durchgeführt.[15] Es wird angenommen, dass dieses Bakterium intern Sauerstoff herstellt. Die eigentliche Methanaktivierung ist deshalb nicht anaerob. Der Stoffwechsel findet analog zur aeroben Methanoxidation statt.

Die Reaktionsgleichung lautet:

Die anaerobe Methanoxidation überführt das starke Treibhausgas Methan in das weniger starke Treibhausgas CO2. Es wird geschätzt, dass bis zu 300 Millionen Tonnen Methan pro Jahr mit Sulfat oxidiert werden.[8]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b Shawn E. McGlynn, Grayson L. Chadwick, Christopher P. Kempes, Victoria J. Orphan: Single cell activity reveals direct electron transfer in methanotrophic consortia. In: Nature. 526, 2015, S. 531–535, doi:10.1038/nature15512.
  2. a b Gunter Wegener, Viola Krukenberg, Dietmar Riedel, Halina E. Tegetmeyer, Antje Boetius.: Intercellular wiring enables electron transfer between methanotrophic archaea and bacteria. In: Nature. 526, 2015, S. 587–590, doi:10.1038/nature15733.
  3. a b Mohamed F. Haroon, Shihu Hu, Ying Shi, Michael Imelfort, Jurg Keller, Philip Hugenholtz, Zhiguo Yuan, Gene W. Tyson: Anaerobic oxidation of methane coupled to nitrate reduction in a novel archaeal lineage. In: Nature. 500, Nr. 7464, 2013, S. 567–570, doi:10.1038/nature12375.
  4. Ashna A. Raghoebarsing u. a.: A microbial consortium couples anaerobic methane oxidation to denitrification. In: Nature. 440, Nr. 7086, 2006, S. 918–921, doi:10.1038/nature04617.
  5. Katrin Knittel, Antje Boetius: Anaerobic Oxidation of Methane: Progress with an Unknown Process. In: Annual Review of Microbiology. 63, Nr. 1, 2009, S. 311–334, doi:10.1146/annurev.micro.61.080706.093130, PMID 19575572.
  6. Katja Nauhaus, Melanie Albrecht, Marcus Elvert, Antje Boetius, Friedrich Widdel: In vitro cell growth of marine archaeal-bacterial consortia during anaerobic oxidation of methane with sulfate. In: Environmental Microbiology. 9, Nr. 1, 2007, S. 187–196, doi:10.1111/j.1462-2920.2006.01127.x.
  7. Steven J. Hallam, Nik Putnam, Christina M. Preston, John C. Detter, Daniel Rokhsar, Paul M. Richardson, Edward F. DeLong: Reverse Methanogenesis: Testing the Hypothesis with Environmental Genomics. In: Science. 305, Nr. 5689, 2004, S. 1457–1462, doi:10.1126/science.1100025, PMID 15353801.
  8. a b Silvan Scheller, Meike Goenrich, Reinhard Boecher, Rudolf K. Thauer, Bernhard Jaun: The key nickel enzyme of methanogenesis catalyses the anaerobic oxidation of methane. In: Nature. 465, Nr. 7298, 2010, S. 606–608, doi:10.1038/nature09015.
  9. Sahand Pirbadian, Mohamed Y. El-Naggar: Multistep hopping and extracellular charge transfer in microbial redox chains. In: Physical Chemistry Chemical Physics. 14, 2012, S. 13802–13808, doi:10.1039/c2cp41185g
  10. Emily J. Beal, Christopher H. House, Victoria J. Orphan: Manganese- and Iron-Dependent Marine Methane Oxidation. In: Science. 325, 2009, S. 184–187, doi:10.1126/science.1169984.
  11. Silvan Scheller, Hang Yu, Grayson L. Chadwick, Shawn E. McGlynn, Victoria J. Orphan.: Artificial electron acceptors decouple archaeal methane oxidation from sulfate reduction. In: Science. 351, 2016, S. 703–707, doi:10.1126/science.aad7154.
  12. Amelia-Elena Rotaru, Bo Thamdrup.: A new diet for methane oxidizers. In: Science. 351, 2016, S. 658–659, doi:10.1126/science.aaf0741.
  13. Katharina F. Ettwig, Baoli Zhua, Daan Speth, Jan T. Keltjens, Mike S. M. Jetten, Boran Kartal: Archaea catalyze iron-dependent anaerobic oxidation of methane. 24. Oktober 2016, doi:10.1073/pnas.1609534113 (pnas.org).
  14. Annika Vaksmaa, Simon Guerrero-Cruz, Theo A. van Alen, Geert Cremers, Katharina F. Ettwig, Claudia Lüke, Mike S. M. Jetten: Enrichment of anaerobic nitrate-dependent methanotrophic ‘Candidatus Methanoperedens nitroreducens’ archaea from an Italian paddy field soil, in: Appl Microbiol Biotechnol, Band 101, Nr. 18, S. 7075–7084, 4. August 2017, doi:10.1007/s00253-017-8416-0, PMID 28779290, PMC 5569662 (freier Volltext)
  15. Katharina F. Ettwig u. a.: Nitrite-driven anaerobic methane oxidation by oxygenic bacteria. In: Nature. 464, Nr. 7288, 2010, S. 543–548, doi:10.1038/nature08883.