Coesit

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Coesit
Mikroskopaufnahme unter gekreuzten Polarisatoren: Coesitkorn (grau, ≈ 1 mm) in Eklogit. Kleiner, farbiger Einschluss ist Pyroxen und polykristalliner Rand Quarz
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1962 s.p.[1]

IMA-Symbol

Coe[2]

Chemische Formel SiO2
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide und Hydroxide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

IV/D.01b
IV/D.01-050[3]

4.DA.35
75.01.04.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m[4]
Raumgruppe C2/c (Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15[5]
Gitterparameter a = 7,13 Å; b = 12,37 Å; c = 7,17 Å
β = 120,4°[5]
Formeleinheiten Z = 16[5]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 7,5 bis 8[6]
Dichte (g/cm3) 2,92[6] bis 3,01[7]
Spaltbarkeit vermutlich nach {010} und {012}[6]
Bruch; Tenazität schwach muschelig[6]
Farbe farblos[6]
Strichfarbe weiß[3]
Transparenz durchsichtig[6]
Glanz Glasglanz[6]
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,593 bis 1,599[8]
nγ = 1,597 bis 1,604[8]
Doppelbrechung δ = 0,004 bis 0,005[8]
Optischer Charakter zweiachsig positiv
Achsenwinkel 2V = 54° bis 64°[8]

Coesit ist ein auf der Erdoberfläche selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“. Als Hochdruckmodifikation von Quarz hat Coesit dieselbe chemische Zusammensetzung SiO2 (Siliciumdioxid) und wird damit der Kieselsäure-Familie zugeordnet, zu der neben den weiteren Quarzmodifikationen Seifertit, Tridymit, Cristobalit, Stishovit noch Opal, Mogánit und Melanophlogit sowie der bisher als hypothetisch geltende β-Quarz und der Lechatelierit mit fraglichem Mineralstatus gehören.

Coesit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem und entwickelt nur mikrokristalline, körnige Aggregate, überwiegend als Einschlüsse in anderen Mineralen. Seine Dichte von 2,92 bis 3,01 g/cm3 ist die zweithöchste der Kieselsäurefamilie (im Vergleich dazu Quarz: 2,65 g/cm3).

Etymologie und Geschichte

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Coesit wurde nach Loring Coes Jr. (1915–1978) benannt, einem amerikanischen Chemiker, dem es 1953 erstmals gelang, das Mineral synthetisch herzustellen.[9] Der Name für das synthetische Material wurde 1954 von Robert B. Sosman vorgeschlagen.[10]

In der Natur wurde Coesit erstmals in Mineralproben aus dem Barringer-Krater im Coconino County des US-Bundesstaates Arizona entdeckt und von E. C. T. Chao, E. M. Shoemaker und B. M. Madsen beschrieben, die den von Sosman vorgeschlagenen Namen für die Synthese auch für das Mineral übernahmen. Ihre Erstbeschreibung des Minerals wurde 1960 im Fachmagazin Science veröffentlicht.[11] Sie erfolgte damit kurz nach der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) 1958, als das Prüfungs- und Genehmigungsverfahren für neue Minerale und Mineralnamen noch nicht etabliert war. Coesit wurde daher zusammen mit vielen anderen in einem nachträglichen Prüfverfahren unterzogen und 1962 von der Commission on new Minerals and Mineral Names (heute: Commission on new Minerals, Nomenclature and Classification, CNMNC) einstimmig als eigenständige Mineralart anerkannt.[12] Seitdem wird Coesit in der „Liste der Minerale und Mineralnamen“ der IMA unter der Summenanerkennung „IMA 1962 s.p.“ (special procedure) geführt.[1] Die seit 2021 ebenfalls von der IMA/CNMNC anerkannte Kurzbezeichnung (auch Mineral-Symbol) von MineralName lautet „Coe“.[2]

Ein Aufbewahrungsort für das Typmaterial des Minerals ist bisher nicht dokumentiert.[6][13]

Bereits in der zuletzt 1977 überarbeiteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Coesit zur Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort zur Abteilung „MO2- und verwandte Verbindungen“, wo er gemeinsam mit Keatit und Stishovit in der „Keatit-Coesit-Stishovit-Gruppe“ mit der Systemnummer IV/D.01b steht.

In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer IV/D.01-050. Dies entspricht ebenfalls der Abteilung „Oxide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : Sauerstoff = 1 : 2 (MO2 und verwandte Verbindungen)“, wo Coesit zusammen mit Bosoit, Chibait, Cristobalit, Lechatelierit, Melanophlogit, Mogánit, Opal, Quarz, Seifertit, Stishovit und Tridymit die „Quarzreihe“ mit der Systemnummer IV/D.01 bildet.[3]

Auch die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[14] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Coesit in die Abteilung „Metall : Sauerstoff = 1 : 2 und vergleichbare“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung Hier ist das Mineral in der Unterabteilung „Mit kleinen Kationen: Kieselsäure-Familie“ zu finden, wo es als einziges Mitglied eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer 4.DA.35 bildet.

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Coesit die System- und Mineralnummer 75.01.04.01.

Im Gegensatz zu den von Strunz entwickelten Mineralsystematiken ordnet die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana den Coesit in die Klasse der „Silikate“. Hier hat er die System- und Mineralnummer 75.01.04.01, was der Abteilung der „Gerüstsilikatminerale“ entspricht, wo sich das Mineral zusammen mit Mogánit in einer unbenannten Gruppe mit der Systemnummer 75.01.04 innerhalb der Unterabteilung „Gerüstsilikate: tetraedrisches Si-Gitter, SiO2 mit [4]-koordiniertem Si“ findet.

Kristallstruktur

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Coesit-Struktur; rote Atome = Sauerstoff

Coesit kristallisiert in der monoklinen Raumgruppe C2/c (Raumgruppen-Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15 mit den Gitterparametern a = 7,13 Å, b = 12,37 Å, c = 7,17 Å und β = 120,4° sowie 16 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[5]

Bildung und Fundorte

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Das Quarz-Coesit-Gleichgewicht (also diejenigen Druck- und Temperaturbedingungen, bei denen Hochquarz und Coesit nebeneinander bestehen können) wurde experimentell sehr genau bestimmt.[15] Die experimentellen Befunde weisen auf Drücke im Bereich von etwa 2,5 bis 3,8 GPa und Temperaturen von 450 bis 800 °C hin, dies entspricht einer Entstehungstiefe von mindestens 75 km unter der Erdoberfläche. Bei Normaldruck ist Coesit daher metastabil.

Die Anwesenheit von Coesit kann in Gesteinsproben oft nur mehr indirekt festgestellt werden: durch den Übergang der Hochdruckmodifikation (Coesit) in die Tiefdruckmodifikation (Quarz) steigt das Volumen des Minerals: Es entstehen radiale Risse, die unter einem Mikroskop beobachtet werden können. Seltener findet man Quarzkörner mit noch erhaltenem Coesitkern.

Hauptsächlich wird Coesit in Gesteinen der Ultra-Hochdruck-Metamorphose (englisch ultrahigh-pressure metamorphism, UHPM, welche das Mineral zeitgleich auch definiert) gefunden (Alpen, Dabie Shan in Ost-China, Himalaya). Hier kommt Coesit sowohl in basischen, „klassischen“, Eklogiten als auch in Metasedimentiten bzw. Metaplutoniten mit saurer Zusammensetzung (Krustengesteine) vor. Bei der Ultra-Hochdruck-Metamorphose wird kontinentale Kruste meist bei einer Kontinent-Kontinent-Kollision unterschoben und Drücken und Temperaturen ausgesetzt, die die Bildung und Stabilität von Coesit ermöglichen. Coesit kann auch durch Einschlag von Meteoriten (Impaktmetamorphose) entstehen. So konnte etwa aufgrund von Coesit-Vorkommen nachgewiesen werden, dass das Nördlinger Ries ein Einschlagkrater ist. Ein weiterer, wichtiger Fundort ist der Barringer-Krater (auch Meteor Crater) in Arizona.[16]

Coesit wird auch in Xenolithen in Diamant führenden Kimberliten gefunden wie unter anderem nahe Juína in Brasilien, Mengyin in Ostchina und der Kimberlit-Bergbaubezirk State Line im Larimer County, Colorado.[16]

Weltweit sind insgesamt bisher rund 90 Vorkommen für Coesit bekannt (Stand 2024).[17]

  • E. C. T. Chao, E. M. Shoemaker, B. M. Madsen: First natural occurrence of coesite. In: Science. Band 132, Nr. 3421, 22. Juli 1960, S. 220–222, doi:10.1126/science.132.3421.220 (englisch).
  • Michael Fleischer: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 45, 1960, S. 1313–1317 (englisch, rruff.info [PDF; 383 kB; abgerufen am 15. Juli 2024]).
  • S. R. Bohlen, D. H. Lindsley: Thermometry and Barometry of Igneous and Metamorphic Rocks. In: Annual Review of Earth and Planetary Sciences. Band 15, Nr. 1, 1987, S. 397–420, doi:10.1146/annurev.ea.15.050187.002145 (englisch).
  • Kunal Bose, Jibamitra Ganguly: Quartz-coesite transition revisited: Reversed experimental determination at 500–1200°C and retrieved thermochemical properties. In: American Mineralogist. Band 80, 1995, S. 231–238 (englisch, minsocam.org [PDF; 772 kB; abgerufen am 8. Juli 2024]).
  • Louise Levien, Charles T. Prewitt: High-pressure crystal structure and compressibility of coesite. In: American Mineralogist. Band 66, 1981, S. 324–333 (englisch, rruff.info [PDF; 1,1 MB; abgerufen am 8. Juli 2024]).
Commons: Coesite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
  2. a b Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 8. Juli 2024]).
  3. a b c Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  4. David Barthelmy: Coesite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 8. Juli 2024 (englisch).
  5. a b c Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 206 (englisch).
  6. a b c d e f g h Coesite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 74 kB; abgerufen am 8. Juli 2024]).
  7. Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie. Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. 7., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. Springer, Berlin [u. a.] 2005, ISBN 3-540-23812-3, S. 110, 115.
  8. a b c d Coesite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 15. Juli 2024 (englisch).
  9. Patent US2876072: Coesite Silica. Veröffentlicht am 3. Februar 1959, Erfinder: Loring Coes, Jr..
  10. Robert B. Sosman: New high-pressure phases of silica. In: Science. Band 119, 1954, S. 738–739 (englisch, web.archive.org [PDF; 122 kB; abgerufen am 8. Juli 2024]).
  11. E. C. T. Chao, E. M. Shoemaker, B. M. Madsen: First natural occurrence of coesite. In: Science. Band 132, Nr. 3421, 22. Juli 1960, S. 220–222, doi:10.1126/science.132.3421.220 (englisch).
  12. International Mineralogical Association: Commission on new minerals and mineral names. In: Mineralogical Magazine. Band 33, 1962, S. 260–263 (englisch, rruff.info [PDF; 168 kB; abgerufen am 15. Juli 2024]).
  13. Catalogue of Type Mineral Specimens – C. (PDF 312 kB) Commission on Museums (IMA), 9. Februar 2021, abgerufen am 15. Juli 2024.
  14. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  15. S. R. Bohlen, D. H. Lindsley: Thermometry and Barometry of Igneous and Metamorphic Rocks. In: Annual Review of Earth and Planetary Sciences. Band 15, Nr. 1, 1987, S. 397–420, doi:10.1146/annurev.ea.15.050187.002145.
  16. a b Fundortliste für Coesit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 15. Juli 2024.
  17. Coesite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 15. Juli 2024 (englisch).