Volckamer von Kirchensittenbach
Die Volckamer von Kirchensittenbach (auch Volkamer oder Volkmar) sind eine Nürnberger Patrizierfamilie, erstmals urkundlich in Neumarkt erwähnt im Jahr 1278. Die Volckamer waren ab 1362, mit kurzen Unterbrechungen, bis zum Ende der reichsstädtischen Zeit im Jahre 1806, im Inneren Rat vertreten und gehörten nach dem Tanzstatut zu den zwanzig alten ratsfähigen Geschlechtern. Zweige des Adelsgeschlechts bestehen bis heute.
Geschichte
Ursprünglich trug die Familie den Namen Volckmeyr. Erst seit dem 15. bzw. 16. Jahrhundert wurde die Namensform Volckamer gebräuchlich. Das Geschlecht stammt aus der oberpfälzischen Stadt Neumarkt. Sie kamen aus angesehenen Verhältnissen und waren bis zum Anfang des 15. Jahrhunderts in Neumarkt sesshaft.
Der erste Vertreter der Volckamer kam Ende der 1330er Jahre mit Hartwig Volckmeyr (auch: Hertel Volkmar) in die 30 Kilometer entfernte Reichsstadt Nürnberg. Er ist ab 1337 in Nürnberg urkundlich nachgewiesen und konnte 1363 das berühmte Nassauer Haus bei St. Lorenz erwerben. Von seinen Söhnen Heinrich und Hartwig stammen die St. Lorenzer Linie und die St. Sebalder Linie ab, benannt nach den innerstädtischen Kirchgemeinden. Die St. Lorenzer Linie erlosch allerdings schon 1602, während sich die St. Sebalder Linie in mehrere Zweige aufspaltete. Die Sebalder Linie hatte 1694 das damals ausgestorbene Nürnberger Patriziergeschlecht Tetzel von Kirchensittenbach mitbeerbt und daraufhin den Namen Volckamer von Kirchensittenbach angenommen.
Zu Wohlstand gelangten die Volckamer unter anderem durch den Fernhandel. Um 1400 handelten sie mit Gewürzen und Tuchen am Niederrhein. Später engagierten sie sich auch im thüringischen Bergbau. Weitaus stärker als im Handel und Montanbereich traten die Volckamer jedoch im diplomatischen Dienst für Nürnberg hervor.
Das Geschlecht wurde zu einem der bedeutendsten und einflussreichsten im Nürnberger Stadtadel und blieb es bis zum Verlust der Reichsunmittelbarkeit Nürnbergs im Jahre 1806. Drei vorderste Losunger (Verwalter der städtischen Steuern[1]) und Reichsschultheiße von Nürnberg stellte die Familie: Paul (auch: Paulus) († 1505), Georg († 1633) und Christoph Gottlieb († 1752). Eine kaiserliche Wappenbesserung durch Verleihung einer goldenen Krone ist schon 1433 und eine weitere Wappenvermehrung 1696 an die Volckamer gekommen. 1813 wurde das Geschlecht im Königreich Bayern in die Adelsklasse der Adelsmatrikel eingetragen.
Besitzungen
- Als Verwalter der Schlüsselfelderschen Familienstiftung (im Wechsel mit den Kreß von Kressenstein – jeweils der älteste männliche Nachkomme der beiden Familien wird Administrator):
- Nassauer Haus in Nürnberg
- Schloss Kugelhammer in Röthenbach bei Sankt Wolfgang
- Als Verwalter der Tetzelschen Familienstiftung, die zuerst von den Schlüsselfeldern administriert wurde:
- seit 1709 das Tetzelschloss in Kirchensittenbach (im Wechsel zunächst mit den Pfinzing († 1764), Behaim († 1942) und seit 1942 mit den Stromer)
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Nassauerhaus in Nürnberg
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Schloss Kirchensittenbach
Ehemalige Besitzungen (Auszug)
In und um Nürnberg herum hatten die Volckamer umfangreiche Besitzungen. Unter anderem:
- 1400–1493 den oberen Sitz zu Burgfarrnbach
- 1414–1427 die Mühlen in Wörth, Brunn und Netzstall
- 1467–1473 die Unterbürg in Laufamholz
- ????–1516 Grundbesitz in Brunn und Netzstall
- 17./18. Jahrhundert das Herrenhaus Bremenstall bei Fürth-Unterfarrnbach
- 1737–1826 den Herrensitz Tennenlohe
- 1750–1781 das Gugel- oder Schreiberschloss in Erlenstegen (später Imhoff Schlösschen, im Zweiten Weltkrieg zerstört)
- 1750–1833 das Waldstromerschloss in Reichelsdorf
- 1755–1770 den Herrensitz Thumenberg / Platnersberg
- 1756–1813 den Herrensitz in Rasch (infolge Erbe von den Welsern)
- 1777–1794 den Herrensitz Weigelshof
- 1818–1842 das Zeidlerschloss in Feucht
- 1875–1900 den Herrensitz Heuchling (Lauf an der Pegnitz)
- ????–???? Grundbesitz in Eschenbach bei Pommelsbrunn
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Waldstromerschloss in Reichelsdorf
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Zeidlerschloss in Feucht
Stiftungen
- Die Verkündigungsgruppe in der Sebalduskirche (sog. Volckamer’sche Verkündigung, vermutlich gestiftet von Peter Volckamer, um 1430)
- Der Deocarusaltar mit Predella in der Lorenzkirche (Andreas Volckamer und Ehefrau Margaretha Haller, 1436/37)
- Die Deocaruskapelle mit Treppenturm in der Kartäuserkirche (Andreas Volckamer und Ehefrau Margaretha Haller, 1440)
- Das Volckamer-Fenster in der Lorenzkirche, von Peter Volckamer nach 1480 gestiftet
- Der Volckamer-Altar aus dem Katharinenkloster Nürnberg, 1493 (Germanisches Nationalmuseum)
- Das Epitaph für Paulus Volckamer in der Sebalduskirche von Veit Stoß (sog. „Volckamer-Gedächtnisstiftung“; Paulus Volckamer, 1499), mit den Szenen Abendmahl, Ölgartengebet und Judaskuss
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Deocarusaltar in der Lorenzkirche mit den Stifterfiguren und -wappen des Andreas Volckamer und der Margaretha Haller (1436)
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Volckamer-Fenster in der Lorenzkirche, von Peter Volckamer nach 1480 gestiftet
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Flügel des Volckamer-Altars aus St. Katharina, Nürnberg, 1493 (mit ehelichem Stifterpaar und -wappen Volckamer/Mendel)
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Volckamer-Epitaph von Veit Stoß in der Sebalduskirche, 1499 (darüber Stifterwappen Volckamer/Mendel)
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Schmerzensmann mit Stifterwappen, Sebalduskirche
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Engel mit Stifterwappen, Sebalduskirche
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Heiligenfigur mit Stifterwappen, Sebalduskirche
Wappen
Das Stammwappen ist geteilt. Oben in Silber ein halbes rotes Rad und unten in Blau eine silberne Lilie. Auf dem bekrönten Helm ist ein halbes, nach oben gekehrtes rotes Rad, das in der Mitte mit schwarzen Federn besteckt ist. Die Helmdecke ist rot-silbern.
Bekannte Familienmitglieder
- Peter Volckamer (* ?; † 1432), neben Sebald Pfinzing um 1411/31 der wichtigste Verbindungsmann Nürnbergs zu König Sigismund. Er vertrat Nürnberg 1415 auf dem Konstanzer Konzil und begleitete Sigismund zu dessen Kaiserkrönung nach Rom. Er verstarb aber kurz zuvor 1432 in Siena.
- Clemens Volckamer (* 1495; † 1541), zusammen mit Christoph Kreß unterzeichnet er 1530 auf dem Augsburger Reichstag, im Namen der Reichsstadt Nürnberg, das von Philipp Melanchthon verfasste Glaubensbekenntnis (Confessio Augustana). Er war zudem ab 1538 maßgeblich am Ausbau der Burgbasteien durch Antonio Fazuni beteiligt.
- Guido Friedrich Christoph Jobst Volckamer von Kirchensittenbach (* 1860; † 1940), Sammler und Fotograf (seine Sammlung wurde im Germanischen Nationalmuseum aufgenommen)[2]
- Friedrich Jobst Volckamer von Kirchensittenbach (* 1894; † 1989), General der Gebirgstruppe im Zweiten Weltkrieg
- Helena Jakobina Karoline Friederike Volckamer von Kirchensittenbach (1794–1820) war die Ehefrau des bayerischen Generals Karl Freiherr von Pflummern (1787–1850), Stadtkommandant von Nürnberg.
Weblinks
Siehe auch
- Volkamer
- Patriziat (Nürnberg)
- Geschichte der Stadt Nürnberg
- Burgen, Schlösser und Herrensitze im Stadtgebiet Nürnberg
- Liste deutscher Adelsgeschlechter N - Z
Einzelnachweise
- ↑ Glossar Deutsch-Neuhochdeutsch ( des vom 31. Dezember 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , uni-hamburg.de. Abgerufen am 30. Dezember 2013.
- ↑ Erwähnung der Stiftung des Guido von Volckamer auf der Website des GMN pdf (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
Literatur
- Otto Hupp: Münchener Kalender 1930. Buch u. Kunstdruckerei AG, München / Regensburg 1930.
- Christoph von Imhoff (Hrsg.): Berühmte Nürnberger aus neun Jahrhunderten. Nürnberg: Hofmann, 1984, 425 S., ISBN 3-87191-088-0; 2., erg. u. erw. Auflage, 1989, 459 S.; Neuauflage: Edelmann GmbH Buchhandlung, Oktober 2000.
- Michael Diefenbacher, Frhr. Bertold Haller von Hallerstein: Volckamer von Kirchensittenbach, Patrizierfamilie. In: Michael Diefenbacher, Rudolf Endres (Hrsg.): Stadtlexikon Nürnberg. 2., verbesserte Auflage. W. Tümmels Verlag, Nürnberg 2000, ISBN 3-921590-69-8 (online).